Das Unvorstellbare von Visitor
Hinweise zur Geschichte:

Star-Trek-Kurzgeschichte

Sytanias Ermordung von Visitor

Im Dunklen Imperium auf Sytanias Seite war es Nacht geworden. Über dem Lager von Logars Soldaten, die sich über die Grenze geschlichen hatten, schien der Mond taghell.

Ihr müsst wissen, dass das Dunkle Imperium eine so genannte Pangäa-Dimension, also eine riesige Sphäre ist, über der ein Mond und eine Sonne kreisen.

Lucius, ein junger Rekrut, schlich an das Zelt seines Hauptmannes heran. Eine seltsame Unruhe hatte den 16-jährigen Bauernjungen befallen. Er verstand nicht, was Logar, sein oberster Befehlsherr, von den Soldaten wollte, spürte aber, dass hier etwas nicht mit rechten Dingen zugehen konnte. Lucius sagte es nicht laut, aber er hatte das Gefühl, sein Gebieter habe jetzt endgültig den Verstand verloren und sich von seiner Macht korrumpieren lassen. Genau das war ihm passiert, dessen er seine böse Tochter, Sytania, immer beschuldigte. Würde Lucius das laut sagen, würde sicher sein Kopf rollen.

Gordian sah kurz auf, als der Junge an ihn herantrat. „Was willst du?“, knurrte er mürrisch. „Vergib mir, Hauptmann.“, begann Lucius mit zitternder Stimme. „Ich habe gestern Morgen, als du mir auftrugst, die Waffen zu inspizieren, einen Pfeil gefunden, dessen Spitze aus Rosannium-Quarz besteht. Damit kann man, wie du mir beigebracht hast, Wesen wie Logar oder Sytania töten. Da ich nicht davon ausgehe, dass wir unseren Gebieter töten sollen …“ Weiter kam er nicht, denn Gordian sprang auf, gab ihm links und rechts eine solche Backpfeife, dass seine Wangen anschwollen und brüllte: „Du wagst es, die Befehle unseres Herrn in Frage zu stellen?! Ich will dich lehren, was es heißt …“ Bevor Gordian allerdings weiter machen konnte, stürzte ein weiterer Soldat hinzu und meldete: „Hauptmann, Der Wachposten hat Sytanias Tross gesehen. Sie scheint tatsächlich auf unsere scheinbare Unverfrorenheit hereinzufallen.“

Gordian ließ von Lucius ab und trat vor das Zelt. „Zu den Waffen!“ In seinem Befehl schwang ein wenig Freude mit. Lucius, der wusste, was ihm blühte, würde er sich bei seinem Boss nicht wieder lieb Kind machen, bat: „Bitte bitte Hauptmann. Lass mich beweisen, dass ich nicht willens war, den Befehl unseres Herren und Meisters zu hinterfragen, um ihn zu verweigern, sondern eigentlich nur genaues wissen wollte, um ihn gewissenhafter ausführen zu können.“

In den Ohren des alt gedienten Soldaten waren diese Worte wie Musik. Sein harter Gesichtsausdruck schmolz zu einem Lächeln und er sagte: „Nun gut, mein Sohn. Dann sollst du die Ehre haben, Sytania zu töten.“

Mit leuchtenden Augen sah Lucius, wie der Hauptmann einen Bogen mit goldenen Beschlägen aus dem Waffenzelt holte. Dann folgte der besagte Pfeil mit der Rosannium-Spitze.

Rosannium ist ein Kristall, der auf vielen Planeten vorkommt. Im Grunde weiß man um seine Wirkung schon seit dem Mittelalter. Es gibt Legenden, denen zu Folge manche Edelsteine vor dem bösen Blick schützen. Erst im 30. Jahrhundert kann man allerdings diesen Stoff isolieren und sichtbar machen. Es handelt sich um eine Energieform, welche die Energie von telepathischen und anderen übernatürlichen Kräften, bedingt durch ihre Wellenlänge, neutralisiert.

Bald standen alle Soldaten in voller Montur und im Begriff, auf ihre Pferde zu steigen, bereit. Als Lucius aber einen alten Schimmel besteigen wollte, nahm ihm Gordian diesen ab und führte ihm stattdessen einen langbeinigen muskulösen jungen Rappen vor, der, wie Lucius beobachtet hatte, das schnellste Pferd im Lager war. Dieses Pferd gehörte eigentlich Gordian selbst. Das wusste Lucius. Er wusste auch, dass der Hauptmann es sich nicht nehmen ließ, es eigentlich selbst zu versorgen. Noch nicht einmal den Stallburschen ließ er an seinen Liebling heran und jetzt sollte Lucius ihn im Kampf reiten dürfen? „Wie.“, stammelte der Junge. „Wie komme ich zu …“ „Ach.“, machte Gordian. „Frag nicht so dumm. Du wirst ein schnelles Pferd brauchen, um deinen Auftrag auszuführen.“ Damit hob er Lucius in den Sattel.

Alle, bis auf Lucius, folgten Gordian hinter eine Baumgruppe. Sie sollten Sytanias Wachen dadurch ablenken, dass sie sie in einen Kampf verwickelten. Lucius sollte allein hinter Sytania her reiten und sie zur Strecke bringen.

Schemenhaft konnte Lucius bald in der Ferne eine Frauengestalt in einem langen schwarzen Kleid entdecken, die im Damensitz auf einem feurigen Hengst heran galoppierte. Ihr folgten ebenfalls berittene Wächter unter starker Bewaffnung. Lucius spürte, wie sein Pferd jeden Muskel anspannte, bereit loszuspritzen, sobald er auch nur ein Wort sagen würde. Das Tier schien, so empfand es Lucius jedenfalls, genauer zu wissen, was jetzt zu tun war, als er selbst. „Ruhig.“, flüsterte er. „Gleich geht es sicher los und dann kannst du deine läuferischen Qualitäten unter Beweis stellen.“ „Attacke!!“, rief Gordian von jenseits der Bäume. Lucius ließ die Zügel locker und dachte nur noch an seinen Auftrag. Das Säbelrasseln und Aufeinanderklirren von Schwertern und Schilden sowie die Schreie der Verwundeten und Sterbenden versuchte er auszublenden. Er hatte nur noch Sytania vor Augen, die tatsächlich bald von ihren Wachen getrennt war. „Jetzt, Junge! Jetzt!“, schallte ihm Gordians Stimme entgegen. Lucius bekam das Gefühl, irgendwie nur noch mechanisch zu handeln. Ohne eine Gefühlsregung spannte er den Bogen, legte den Pfeil ein, zielte, schoss und traf Sytania mitten ins Herz, worauf sie vom Pferd sank. Lucius erschauerte. Er hielt an, stieg vom Pferd und beugte sich über die sterbende Prinzessin. „Bevor ich nun für immer meine Augen schließe.“, begann diese mit leiser werdender Stimme. „Will ich meinem Vater doch noch durch dich ausrichten lassen, dass er diese Tat noch bitter bereuen wird.“ Dann starb sie.

In der Dimension der Filidea Sapiens auf Terra Gataa, gingen Minor, eines von Zoras und Carusos Kindern und Mischka, eine Schleichkatze, die bei uns wohl unter die Art der Erdmännchen fallen würde und die die Chefin des Geheimdienstes der Katzen war, die lange Straße zum Regierungsgebäude entlang. Minor war ihr bester Agent. Aus Sentimentalität gegenüber ihrer toten Freundin hatte Zora ihren einzigen Sohn nach Minora benannt. Minor war stolz auf das, was er erreicht hatte. Keine seiner fünf Schwestern hatte einen solch geheimen Posten. „Wirst du den Majestäten wirklich vorschlagen, mich ins Dunkle Imperium zu schicken?“, wollte Minor von seiner Chefin wissen. „Aber natürlich.“, antwortete Mischka wie selbstverständlich. „Warum sonst hätten wir uns denn die Mühe gemacht, dir beizubringen, wie man eine Maus fängt und auch alle anderen Verhaltensweisen der primitiven Katzen von dort?“ „Was ist, wenn sie nein sagen?“ Minors Frage schien Mischka etwas zu verärgern. Sie stellte ihre Haare auf und fauchte: „Das werden sie nicht. Sie wissen genau so gut wie du und ich, das im Dunklen Imperium etwas im Argen liegt.“

Katzen wird nachgesagt, dass sie Telepathen spüren können. Wenn also irgendwas mit so einem passiert, sind sie alarmiert.

Kleinlaut betrat der Kater neben seiner Vorgesetzten das Sprechzimmer, in dem Leo und Tigra bereits auf die beiden Geheimdienstler warteten. Mischkas Standpauke war auf jeden Fall angekommen. Bevor die beiden sich überhaupt setzen konnten, kam der Löwe mit der dicken schwarzen Mähne gleich zur Sache. „Nun.“, begann er. „Wir alle haben den Tod von Sytania gespürt. Wir wissen alle, dass die Dimensionen das nicht aushalten. Normalerweise weiß das Logar auch. Wir müssen herausfinden, was hier los ist und was ihn zu so einem Schritt getrieben haben könnte.“ Tigra nickte ihrem Gemahl beifällig zu und wandte sich dann an Mischka. „Du sagst, du hast einen ausgebildeten Agenten, der das für uns erledigen könnte?“ „Das stimmt, Milady.“, erwiderte Mischka und zeigte mit einer Bewegung ihres Kopfes auf Minor. „Ich persönlich habe ihn entsprechend geschult. Er hat so schnell gelernt, dass ich gar nicht mehr mit dem Vorbereiten der Lektionen hinterher kam. Er scheint die richtige Mischung aus der Intelligenz seiner Mutter und den Instinkten seines Vaters geerbt zu haben, was ihn zu einem perfekten Spion in dieser Sache macht.“

Die Löwin wechselte einen kurzen Blick mit ihrem Mann, dann sagte sie: „Tut, was notwendig ist. Leo und ich werden uns an die Regierung der Zweibeiner wenden. Sie muss wissen, dass einer ihrer politischen Freunde über die Stränge geschlagen hat.“

Ein Veshell, ein kleines Raumschiff der Vendar, flog durch die interdimensionale Schicht. An Bord befanden sich Tolea und ihr oberster Vendar Namens Diran.

Die Vendar sind in einem Paralleluniversum zur Heimat der Föderation beheimatet. Sie sind ein kriegerisches Volk. Ihre Gestalt erinnert leicht an die von Bären, aber mit menschlichen Gesichtszügen. Die Vendar können große Mengen telepathischer Energie in einem Organ namens „Sifa“ speichern, die sie Telepathen abzapfen. Falls sie einmal das gesamte Bewusstsein eines Telepathen mit aufnehmen, sorgt ein weiteres Organ Namens „Nashach“ dafür, dass der Geist des Telepathen dem Vendar nichts anhaben kann durch eine Art biologisches Rosannium, welches im Nashach produziert wird. Sifa und Nashach sitzen nebeneinander am unteren Schädelende in der Nähe des Nackens. Beide sind Anhängsel des Gehirns. Manche Vendar haben im Laufe der Zeit gelernt, die Reaktion des Nashach umzuleiten oder ganz abebben zu lassen, was ihnen ermöglicht, Auch Energiefelder mit Bewusstsein zu tragen. Außerdem können diese Vendar auch durch ein Fütterungsritual, eine Art bestimmte Meditation, diese Energiefelder füttern und somit verstärken. Eine willentliche Übertragung dieser Felder auf das mächtige Wesen, dem die Vendar dienen, ist nur in den ersten zehn Wochen des so genannten Sifa-Zyklus möglich. Ist der Zeitraum überschritten, muss das Feld bis zum Ende des Zyklus getragen und versorgt werden. Energie ohne Bewusstsein kann jederzeit übertragen werden. Ein Sifa-Zyklus dauert im Allgemeinen ein Jahr. Die inneren Zellen des Organs bilden eine neutrale Struktur, die theoretisch zu jeder Wellenlänge von neuraler Energie passen könnte. Am Ende des Zyklus wird diese Schleimhaut abgebaut und vom Körper resorbiert. Viele Mächtige greifen auf die Hilfe von Vendar zurück, um ihre Feinde zu schwächen und sich selbst zu stärken. Perfektioniert hat Sytania dies vor knapp 1000 Jahren vom 30. Jahrhundert an gerechnet. Um mit ihr Schritt halten zu können, mussten auch viele andere Mächtige diesen Schritt gehen. Die Sprache der Vendar ähnelt in ihrer Klangstruktur dem Hebräischen oder auch dem Altägyptischen oder Arabischen.

„Alle Achtung.“, wandte sich Tolea lobend an ihren Bediensteten, der das Schiffchen sicher im Dunklen Imperium aus dem Interdimensionsmodus geholt hatte. „Logar scheint unsere Anwesenheit nicht zu bemerken.“ „Deshalb habe ich Euch vorgeschlagen, Gebieterin, dass wir mein Schiff nehmen und durch das Tenjaâl fliegen.“, antwortete der Vendar mit zufriedener Miene. „Hättet Ihr Eure Kräfte benutzt, wäre Logar sicher aufmerksam geworden.“ „Wie Recht du hast.“, entgegnete die Bewohnerin des Raum-Zeit-Kontinuums und sah aus dem Fenster.

Tolea, ihr Bruder, Kairon, und deren Anhänger wollen von uns Sterblichen nicht länger als Q bezeichnet werden, weil dies an die schmerzliche Vergangenheit erinnert. Die neue Begrifflichkeit verstehen Tolea und Kairon als Handreichung zum Neuanfang.

„Achtet bitte gut auf Euch.“, versuchte Diran die Aufmerksamkeit seiner Herrin zurückzubekommen. „Ich möchte nicht, dass …“ „Diran, tshê.“, unterbrach sie ihn. „Lande auf dieser Lichtung und warte auf mich!“

Die Silbe „Tshê“ ist eine Art Bannwort. Alle Vendar reagieren mit sofortiger Erstarrung darauf. Erst am Ende nachfolgender Sätze können sie sich aus der Erstarrung lösen. Einem unter dem Einfluss des Bannwortes gegebenen Befehl können sie nicht zuwider handeln.

Diran landete das Schiff auf der Lichtung und sah zu, wie Tolea es mit festem Schritt verließ. Er gab dem Versuch seiner Gebieterin, Logar ins Gewissen zu reden, nicht viele Chancen. Wenn, dann würde sie die Hilfe sämtlicher Gottheiten bedürfen, die er kannte. Diran schaltete den Annäherungsalarm seines Schiffes ein und vertiefte sich ins Gebet.

Lucius ließen die Bilder der sterbenden Sytania nicht mehr los. Jedes Mal, wenn er einschlief, hatte er die Prinzessin mit der klaffenden Wunde vor sich. Deshalb schlich er sich aus der Kaserne in den Wald. Sein Weg führte ihn aber leider auch an der Stelle vorbei, an der Sytania ihr Leben gelassen hatte. Warum musste er sie töten? Was würde jetzt geschehen? Wer würde ihren Platz einnehmen, damit die Dimension nicht stürbe? Wütend hob er einen Zweig auf und warf ihn in Richtung des Flusses. Was hatte er getan? Warum hatte er nicht genauer nachgefragt? Warum hatte er sich von seinem Hauptmann so einschüchtern lassen? Dazu war er doch eigentlich viel zu intelligent. Warum nur? Warum? Er spürte, wie die Verzweiflung ihn übermannte und sank weinend zu Boden.

Wie viel Zeit vergangen war, wusste Lucius nicht, als er eine pelzige große Hand spürte, die ihm über den Kopf strich. „Lucius.“, flüsterte eine Mädchenstimme. „Mein geliebter Lucius. Was ist dir nur geschehen?“ Als Lucius sich umgedreht und durch seinen Tränenschleier gesehen hatte, erkannte er Simach, die Vendar-Novizin, mit der er eine Beziehung pflegte. Zwar waren beide von verschiedenen Spezies, aber wo die Liebe hinfällt, ihr wisst schon.

Lucius, der Simachs Muttersprache heimlich lernte, stammelte: „Menal shem madan.“ „Heute habe ich getötet.“ Simach antwortete: „Tumaishan, Lucius, saâdenach.“ Das heißt: „Sorge dich nicht, ich vergebe dir.“ Dann half sie ihm auf und sie gingen zum Flussufer, wo sie sich setzten.

„Tolea aus dem Raum-Zeit-Kontinuum.“, kündigte Logars Herold Tolea an, als diese den Palast betreten hatte. „Lass sie vortreten und lass uns dann allein.“, befahl der Herrscher gelangweilt. Dann stieg er von seinem Thron herab und setzte sich mit Tolea an einen Tisch. Danach ließ er den Mundschenk eine Kanne Met und zwei Trinkbecher bringen. „Nun.“, begann er scheinheilig. „Was führt Euch zu mir, Gevatterin?“

Sternenflottenwissenschaftler gehen davon aus, dass alle mächtigen Wesen irgendwo miteinander verwandt sind.

Tolea setzte ihren Becher ab. Was bildete er sich ein? Dachte er denn nicht, dass sie nicht schon längst wusste, was geschehen war? Sie sah ihm fest in die Augen und sagte dann: „Meint Ihr ernsthaft, Gevatter, mir sei entgangen, was ihr getan habt? Habt Ihr denn gar nicht über die Konsequenzen nachgedacht?“ „Konsequenzen.“, lachte Logar. „Es wird nur gute Konsequenzen haben, wenn meine üble Tochter nicht mehr lebt. Ich bin im Begriff ein Geistwesen zu schaffen, das einer meiner Vendar tragen und zu seiner vollen Stärke entwickeln wird. Dann wird eine Bäuerin ein totes Kind zur Welt bringen, das dann zu den Vendar gebracht wird. Somit hat es zumindest alles den Anschein einer natürlichen Schöpfung.“ „Seid Ihr des Wahnsinns!“, rief Tolea aus. „Das werde ich verhindern!“ Nestor, Logars Kammerdiener, und der Herold sahen nur noch weiße Blitze, die an der Decke des Palastes hin und her zuckten. Dann lag Toleas Körper leblos auf der Erde. Logar schickte nach seinen Wachen und beauftragte sie, die Tote zu dem Vendar-Schiff zu bringen, das er mit Hilfe seiner seherischen Fähigkeiten bereits wahrgenommen hatte.

Simach hatte Lucius mit ins Vendar-Dorf genommen. Es war beiden egal geworden, dass Lucius beim Morgenappell fehlen würde. Simach lebte während ihrer Novizinnenzeit bei ihrem Ausbilder, Shiran, und dessen Frau, Danajach. Danajach war Priesterin. Deshalb verstand sie sich auf das Heilen.

Vendar-Frauen können entweder Telepathenjägerinnen, wie die Männer, oder Priesterinnen werden. Das kommt darauf an, ob ihre Sifa schon zum Zeitpunkt ihrer Geburt rückgebildet oder normal ist. Im Glauben der Vendar ist jedes medizinische Wissen göttlich. Deshalb haben auch nur die Priesterinnen Zugang dazu.

Danajach bereitete Lucius einen Kräutertee zur Beruhigung und dann berichteten Simach und er, was passiert war. Shiran stand plötzlich auf und forderte seine Novizin unmissverständlich und mit Nachdruck auf, ihm zu folgen. „Was gibt es, Ausbilder?“, fragte Simach neugierig. Der Vendar-Ausbilder legte den Kopf in die Hände und überlegte eine Weile. Dann sagte er: „Unser Gebieter, Logar, will dich morgen sehen.“ „Mich?“, fragte die Jugendliche irritiert. „In der Tat.“, bestätigte Shiran. „Es hat etwas damit zu tun, dass dein neuer Sifa-Zyklus begonnen hat.“ „Heißt das, Ausbilder, ich soll ein Energiefeld …“ Dem erwachsenen Vendar fiel es schwer, angesichts der freudigen Erregung seiner Schülerin die Wahrheit zu verschleiern. Natürlich hatte der Soldat, der ins Vendar-Dorf gekommen war, ihm gesagt, was los war. Aber das konnte er Simach auf keinen Fall sagen. Außerdem erinnerte er sich noch gut daran, als er sein erstes Energiefeld tragen durfte. Es war zwar nur erjagte Energie ohne Bewusstsein, Aber Simach würde jetzt sogar ein Feld mit Bewusstsein erhalten. Dies zeugte von einem großen Vertrauen ihres Gebieters und diese Hoffnung wollte er nicht zerstören. Überglücklich versprach Simach, sich an alles zu halten, was sie gelernt hatte, um ihren Gebieter, Logar, nicht zu enttäuschen.

Diran hatte das Zeitgefühl verloren. Das Signal des Computers seines Schiffes ließ ihn aufschrecken. Er nahm das Mikrofon in die Hand und sagte: „Was gibt es, Mishar?“ „Annäherung registriert.“, erfolgte die nüchterne Antwort des Rechners. Bevor Diran die Richtung erfragen konnte, hörte er bereits selbst den Hufschlag mehrerer Pferde und das Scheppern von Rüstungen. Wen bringt sie denn jetzt mit?, dachte er bei sich.

In der Nähe des Veshell kam der Tross zum Stehen und einige Soldaten stiegen von ihren Pferden. Einer löste einen Riemen an einem Packgeschirr und Toleas Leiche fiel Diran direkt vor die Füße. Fassungslos starrte Diran auf den toten Körper seiner Herrin. „Mach’ dir mal nicht gleich ins Hemd.“, schnodderte ein Soldat ihm entgegen. „Ihr Körper ist zwar tot, aber ihren Geist hat Logar für immer in den Wald der Steine gebracht. Hier kommt sie nicht mehr raus. Es sei denn, sie findet einen Sterblichen, in dessen Körper sie schlüpfen kann. Der Eigene wird ja bald total verwest sein. Ha, ha, ha. Aufsitzen, Kameraden, wir rücken ab.“

Der Tross entfernte sich. Traurig blieben Toleas Leiche und Diran zurück. Der Vendar wusste, dass die Soldaten bezüglich der Verwesung Recht hatten. Ohne ihren mächtigen Geist hatte Toleas Körper jegliche Unverwundbarkeit verloren und schon jetzt machten sich die Fliegen, so empfand es Diran auf jeden Fall, einen Spaß daraus, sich das beste Stück auszusuchen. Er wusste weder, was dieser verdammte Wald der Steine war, noch wo er sich befand, oder wo nach er seinen Schiffscomputer suchen lassen sollte.

Sein Schiff, natürlich. Diran stieg ins Cockpit zurück und programmierte von hier aus die Umweltbedingungen im Frachtraum so um, dass sie denen einer Leichenkammer entsprachen. Dann brachte er Toleas Körper hinein. Dann beauftragte er den Computer, die Koordinaten der Beschützerstation, auf der Joran, ein guter Freund, stationiert war, anzufliegen. Er selbst würde sich auf den Weg machen, den Geist seiner Gebieterin zu suchen, zu finden und zurückzubringen. Außerdem formulierte er noch eine Nachricht, die der Computer bei Ankunft abspielen sollte. Dann verließ er das Cockpit wieder.

„Wie beurteilen Sie die letzte politische Entwicklung, Allrounder.“, wollte Data an diesem Tag von mir wissen.

Cupernica war auf Mission und hatte mich gebeten, auf ihren „Strohwitwer“ ein Auge zu haben.“ Ich war kurzfristig an demetanischem Feuchtwangenfieber erkrankt gewesen und konnte deshalb auf die aktuelle Mission der Granger nicht mit. Allrounder Ribanna, eine Reservistin, hatte meinen Platz eingenommen. So konnte ich nach meiner Genesung Cupernicas Bitte nachkommen.

„Nun, Mr. Data.“, begann ich, nachdem ich einen großen Schluck heiße Schokolade getrunken hatte. „Ich weiß zwar nicht, was da wirklich los ist, aber die Regierung sollte die Katzen zumindest anhören. Macht kann sehr stark korrumpieren und auch Logar, unser politischer Freund, ist davor sicherlich nicht gefeit. Auch er ist ein Wesen und alle Wesen haben sowohl eine gute als auch eine böse Seite. Das Leben ist nun mal nicht schwarzweiß. Es gibt eine Menge Graustufen.“ „Das ist wohl korrekt.“, antwortete Data. Ich konnte in seiner Stimme fast ein Erstaunen wahrnehmen. „Was erstaunt Sie?“, fragte ich. „Faszinierend.“, antwortete er. „Was finden Sie so faszinierend.“, verlieh ich meiner Frage Nachdruck. „Mich fasziniert.“, erklärte der Android. „Dass eine blinde Frau so sicher über Farben spricht.“ „Oh.“, lachte ich. „Da gibt es wohl ein Missverständnis. Ich wollte damit nur gesagt haben, dass ich nicht glaube, dass selbst Logar nur gut ist. Allerdings glaubt das wohl die Regierung. Andernfalls hätten sie den Katzen sicher geglaubt. Das mit den Farben ist nur eine Allegorie.“ „Verstehe.“, antwortete Data. Dann führte er meine Hand an sein Gesicht. Ich spürte, wie seine Lippen zu einem Lächeln auseinander gingen. Dann sagte er fast triumphierend: „Reingefallen.“ „Sie hinterlistiges Etwas!“, rief ich aus.

Shiran und Simach waren an diesem Morgen schon sehr früh aufgebrochen. Sie waren auf dem Weg in Logars Schloss. Shiran war die Nachricht zugekommen, das Logar das Wesen erschaffen hatte und es jetzt in Simachs Sifa übertragen wollte. Dajanachs Untersuchung der Sifa der jungen Novizin hatte ergeben, dass genau jetzt der richtige Zeitpunkt war.

Die Wachen winkten die zwei Vendar zum Thron des Herrschers durch. Vorschriftgemäß knieten sie sich vor Logar hin. „Deine Schülerin soll aufstehen.“, wandte sich Logar an Shiran. Simach stand auf und ging näher an den Thron, wie Logar es ihr hieß. „Sieh mir in die Augen, Vendar-Mädchen.“, befahl Logar. Zögernd befolgte Simach seinen Befehl. „Wie lautet dein Name?“ „Simach, Tochter von Milach, Ehefrau von Dashan und Dashan, Ehemann von Milach.“, antwortete Simach jetzt mit fester Stimme. „Gut, Simach.“, sagte Logar. „Ich hoffe, dir ist bewusst, was für ein Geschenk ich dir mache und welche Verantwortung ich dir übertrage.“ „Natürlich, Gebieter.“, erwiderte Simach. „Wohlan, so berühre meine Schläfen.“ Simach tat, was Logar ihr befohlen hatte und begann, sich auf sein Telepathiezentrum zu konzentrieren. Alsbald spürte sie ein Kribbeln in ihren Händen, das bis in ihre Sifa wanderte. Nachdem dies aufgehört hatte, ließ sie Logar los und drehte sich ihrem Lehrer zu, der mit seinen Händen auf ihren Handgelenken ebenfalls eine Verbindung geschaffen hatte, allerdings nur beobachtet hatte. „Alles ist in Ordnung.“, sagte Shiran freundlich. „Ab jetzt trägst du dein erstes Energiefeld.“ Simach lächelte. Dann verließ sie mit ihrem Lehrer den Palast.

Shannon und IDUSA patrouillierten um die tindaranische Basis.

Die Tindaraner sind ein telepathisches Volk. Sie sind auch als die Beschützer bekannt. Sie bewohnen ebenfalls ein Paralleluniversum zur Dimension der Föderation, mit der sie sogar eine politische Beziehung pflegen.

Shannon war technische Assistentin und hatte von ihrer Vorgesetzten, Techniker Jenna Mc’Knight, den Auftrag erhalten, IDUSAs Antrieb zu testen.

„Bisher gibt es keine Beanstandungen, nicht wahr, Shannon.“, wendete sich das Schiff an sie. „Nee nee.“, meinte die Irin flapsig. „Du schnurrst wie ein Kätzchen, mein Schätzchen.“

Shannon war für ihre Sprüche bekannt. Sie verglich sich des Öfteren zwar mit einem gewissen Jack O’Neill aus einem Sci-Fi-Unterhaltungsschmöker, den sie las und war der Meinung, dass sowohl sie als auch der erwähnte Gentleman nicht viel auf dem Kasten hatten, aber Sprücheklopfen, das konnten wohl beide.

„Würden Jenna und Sie nicht so zuverlässig meinen Antrieb warten.“, begann IDUSA. „Wäre dies sicher nicht der Fall. Oh, Shannon, wir bekommen Besuch.“ „Hätten die nicht vorher anrufen können?“, flappste Shannon. „Ich bezweifle ernsthaft, dass Sie sie verstanden hätten.“, erklärte das Schiff. „Es ist ein …“ „Ähm-ähm, zeig’s mir!“, forderte Shannon.

Über den Neurokoppler sah Shannon jetzt das Bild von Dirans Schiff.

„Was macht Sie so sicher, dass es sich um Dirans Schiff handelt, Shannon?“, fragte IDUSA. „Ich weise Sie darauf hin, dass dieses Schiff kein Transpondersignal aussendet. Es könnte jedem gehören.“ „Nee nee, IDUSA.“, erwiderte Shannon. „Da kannst du mir vertrauen. Ich erkenne doch den Kratzer am Buk und die Beule am Heck. Irgendwo läuft glaube ich auch noch Warbplasma aus.“

Shannons letzter Satz ließ IDUSA die Schubumkehr aktivieren, so dass Shannon durch den plötzlichen Ruck mit dem Kopf auf die Konsole knallte. „Was sollte das Manöver, he?“, empörte Shannon sich. „Wenn wir zu nah an austretendes Warbplasma fliegen, werden wir es entzünden und dann …“, setzte IDUSA an. „Ach.“, machte Shannon. „Das war maßlos übertrieben von mir. Wenn du mir nicht einfach blind vertraut hättest, sondern deine eigenen Sensoren benutzt hättest, dann hättest du gesehen, dass da gar nix ausläuft. Aber nun zu dem Schiff. Kannst du mich mit Diran, der alten Vendar-Socke, verbinden?“ „Kann ich leider nicht.“, entgegnete IDUSA. „Warum nicht.“, wollte Shannon wissen. „Weil er nicht an Bord ist.“ „Wie jetz’.“, staunte Shannon. „Wo is’ er denn?“ „Über Dirans Aufenthaltsort habe ich keine Informationen, Aber …“ „IDUSA?!“ Shannons strenge Ermahnung war angekommen. „Ach so, mal wieder so ein Spruch von Ihnen. Möchten Sie wissen, was das Schiff tut.“, erkundigte sich IDUSA. „Aber klärchen.“, antwortete Shannon. „Es nimmt Kurs auf unsere Basis.“ „Informier’ Zirell und den Grizzly.“, ordnete Shannon an.

Mit dem Grizzly war Joran gemeint. Der Vendar hatte sich mit einigen anderen gegen Sytania erhoben. Unter anderem war auch Diran unter den Rebellen gewesen. Er hatte sich aber bald Tolea angedient und den Planeten, auf dem die Rebellen lagerten, wieder verlassen. Shannon hatte gescherzt, dass er es ohne Gebieter wohl nicht aushalten könne.

Zu Simachs Ehren wurde im Dorf der Vendar ein Fest gegeben.

Vendar, die ein Energiefeld mit Bewusstsein tragen, haben in der Vendar-Gesellschaft eine erhöhte Stellung, da man davon ausgeht, dass sie, wie Logar es bereits sagte, großes Vertrauen ihres Gebieters genießen.

Lucius hatte sich heimlich auf die Party geschlichen. Weder seinem Hauptmann noch seinen Kameraden war aufgefallen, dass er sich jetzt öfter bei seiner Freundin als in der Kaserne aufhielt. Dort erinnerte ihn einfach zu viel an die tragischen Ereignisse, an denen er sich schuldig fühlte. Auswirkungen von Sytanias Tod waren auch schon längst zu spüren. Die Dimension Dunkles Imperium war starken Wetteranomalien ausgesetzt. Lucius ahnte, dass seine Eltern, einfache Bauern, sich das wohl nicht erklären können würden, aber er wusste ja, was los war. Würde er es ihnen erklären, würden sie ihn sicher vor Angst aus dem Haus jagen. Vorher würde der Vater ihn noch einmal kräftig übers Knie legen. Aber ändern würde dies die Situation natürlich in keinster Weise.

Simach lag abseits der sich auf das Fest vorbereitenden Menge auf ihrem Mekash, einer Art rituellem Teppich, und widmete sich dem Fütterungsritual. Lucius war hinzu geschlichen und kauerte sich neben sie. Sie sah jetzt so friedlich aus. Beinahe wie ein schlafender Engel. Aber Lucius wusste, dass sie zwar nicht ganz bei sich war, dennoch aber nicht schlief. Er strich über ihr Kopffell, ihr weiches lockiges weißes Kopffell, das er so liebte. Er wusste nicht, warum er dies fühlte, aber etwas schien ihm zu sagen, dass er ihr beistehen müsse. Zärtlich spielte er mit ihren Ohrpinseln. Er wusste, dass sie dies mochte.

Als sie die Augen wieder aufschlug, küsste er vorsichtig ihr Gesicht. „Hallo, Telshanach, da bist du ja wieder.“, lächelte er. Sie drehte sich um und setzte sich auf. „Warst du die ganze Zeit bei mir, Telshan.“, fragte sie benommen. Lucius bejahte. Dann half er ihr auf und sagte: „Komm, es geziemt sich sicher auch bei euch nicht, wenn der Ehrengast zu spät kommt.“

Diran wusste nicht mehr, wohin er noch gehen sollte. Wenn immer er irgendeinem Bauern die Geschichte erzählte, wurde er des Hofes verwiesen. Einer hatte ihn sogar mit einem Speer bedroht. Bei den Adeligen war es ihm nicht viel besser ergangen. Alle hatten sich wohl nicht vorstellen können, dass Logar, ihr guter König, Logar, zu so einer Tat fähig sein würde.

Der Verzweiflung nahe hatte Diran an einem Flüsschen Rast gemacht. Ihm war klar gewesen, dass man auf Logars Seite des Dunklen Imperiumswohl nicht sehr empfänglich für die Wahrheit sein würde. Aber, dass man ihn geradezu dazu drängen würde, so einen folgenschweren Entschluss zu fassen, hätte er nicht gedacht. Tolea, seine Gebieterin, war auf Logars Seite gewesen und er würde unter normalen Umständen zum Veshan, einem Verräter werden, würde er Geheimnisse Logars an Sytania oder Personen, die auf ihrer Seite wären, ausplaudern. Das verstieß normalerweise gegen das Ehrgefühl eines jeden Vendar. Er wusste, es würde dem Geist seiner Gebieterin von Tag zu Tag schlechter gehen, würde Logar sie noch weiter dort lassen, wo immer das auch war. Er hatte gespürt, dass sie nicht aufgeben wollte und immer noch über ihre „Silberschnur“ mit ihrem Körper verbunden war, was ihn mit dazu gebracht hatte, diesen in Sicherheit zu bringen. Jetzt war diese Quelle für Schwäche zumindest schon mal ausgemerzt, sollte man auf der Beschützerbasis seine Nachricht verstanden haben und entsprechend seinen Anweisungen verfahren haben. Joran würde schon alles erklären, sollten sie aus der Nachricht allein nicht schlau werden. Dafür kannte Diran Joran gut genug. Die beiden hatten 90 gemeinsame Jahre in Sytanias Diensten verbracht, bevor der Aufstand losbrach. Er hatte sich zwar damals Jorans Truppe angeschlossen und sogar Sianach geheiratet, irgendwie hatte es ihn aber wieder in die Dienste einer Mächtigen, in diesem Fall Tolea, gezogen. Damals hatte er Joran gesagt: „Hege keinen Argwohn, mein Freund. Ich habe die Freiheit gekostet, aber gespürt, dass es mir doch anders besser geht. Tolea verlangt keine bösen Dinge. Deshalb denke ich, ich kann mich ihr ohne Bedenken anschließen.“ Joran, der der offizielle Anführer der Vendar-Rebellen war, hatte ihm seinen Segen gegeben. Sianach war ihm nicht gefolgt. Sie hatte andere Verpflichtungen. Joran hatte sie in seiner Abwesenheit zur Anführerin der Vendar auf dem Rebellenplaneten gemacht. Er selbst hatte auf der Beschützerbasis genug damit zu tun, Commander Zirell und ihre Crew über Sytania aufzuklären.

Data rief mich in dieser Nacht in seinen Bastelschuppen. Ich fand es irgendwie schräg, dass er sich das gleiche Hobby wie 90 % aller terranischen Männer zugelegt hatte, nämlich, Basteln bis der Arzt kommt. „Ich hoffe, Allrounder, Ihr Interesse an technischen Dingen hat nicht nachgelassen.“, begann er, als er mich in den Schuppen führte. Ich verneinte und betastete die seltsame Einrichtung, die er mir darauf zeigte. „Was ist das, Sir?“, fragte ich neugierig. Da er den Rang eines Commanders und ich nur den eines Allrounders bekleidete, musste ich ihn so ansprechen. Wir waren jetzt zwar nicht auf einem Raumschiff der Sternenflotte, aber trotzdem passierte es immer wieder, dass ich in diese Sprechweise abglitt. Data hatte fast verzweifelt versucht, mir das abzugewöhnen, war aber kläglich gescheitert.

„Es handelt sich um eine Einrichtung für Hobby-Interdimensionsforscher.“, erklärte er. Den Bausatz habe ich mir auf Celsius bestellt. Ich wollte das Gerät nicht eher in Betrieb nehmen, bis Sie Zeit hätten.“ Ich fühlte mich geschmeichelt. „Welche Ehre.“, erwiderte ich und nahm auf einem Stuhl Platz, den Data mir zugewiesen hatte. „OK.“, sagte ich dann. „Lassen Sie die Show beginnen!“

„Mund auf, Augen zu.“, neckte Lucius, als er mit einer Schüssel Tchalback, einem Getreidebrei, an Simachs und seinen Tisch zurückkam. Lächelnd stellte er die Schüssel vor seiner Freundin ab. Simach betrachtete ihren Inhalt. Dann schlug sie die Hände vor ihr Gesicht und rief aus: „Bei allen Göttern, wer soll das denn alles essen?!“ Die Schüssel war nicht nur bis zum Rand gefüllt, nein, in der Mitte türmte sich der Brei sogar noch zu einem kleinen Turm mit Spitze. „Immer die, die fragt.“, grinste Lucius. „Schließlich konzentriert sich ein leerer Bauch nicht gern und du musst ja jetzt …“ „Verstehe.“, erwiderte Simach und versuchte eine Stelle zu finden, an der sie anfangen konnte, ohne dass ihr die Hälfte gleich über den ganzen Tisch quoll.

Agent Maron betrat die technische Kapsel der Beschützerbasis. „Techniker Mc’Knight, berichten Sie.“, forderte er von Jenna, die gerade dabei war, Daten aus dem Rechner des in der Zwischenzeit automatisch an der Station angedockten Vendar-Schiffes zu überspielen. „Ich weiß noch nicht viel, Sir.“, begann die Terranerin. „Aber es sieht aus, als hätte Diran sein Schiff mit einem speziellen Auftrag zu uns geschickt, dessen genauen Inhalt ich noch nicht kenne.“ „Was wissen Sie denn bis jetzt?“, fragte der demetanische Kriminalist. „Eigentlich nur, dass der Auftrag etwas mit dem Inhalt des Frachtraumes zu tun hat. Die Umweltkontrollen sind merkwürdig eingestellt.“ „Was meinen Sie mit merkwürdig? Menschenskinder, Mc’Knight, lassen Sie sich nicht alles aus der Nase ziehen. Sie sind doch sonst nicht so!“, empörte sich der Demetaner. Mc’Knight versuchte, sich sehr gefasst zu geben und sagte: „Wie in einer Leichenhalle, Sir.“ „Interessant.“, meinte Maron. „Haben Sie schon nachgesehen?“ Jenna verneinte. Dann ergänzte sie: „Ich nicht, aber meine Assistentin ist …“ „Scheiiiße!“, schallte bald darauf die schrille Stimme Shannons aus dem Frachtraum des Shuttles.

Maron und Jenna sprinteten zum anderen Ende der Andockrampe. Dort fanden sie eine völlig aufgelöste Shannon vor, die schimpfend wie ein Rohrspatz gerade das Schiff verließ.

Jenna hielt ihre Assistentin an und fragte: „Was hat Sie schon wieder so aufgeregt, Shannon? Wir setzen uns jetzt erst mal beide hin und dann sagen Sie mir, wo der Schuh drückt, verstanden?“

Die hochintelligente Amerikanerin mit schottischen Wurzeln führte ihre irische Assistentin besonnen zu einem Sitz hinter einer Konsole. „Oh Mann.“, begann Shannon. „Leichenfund am frühen Morgen, mein Tag ist im Arsch!“ „Leichenfund?“, echote Jenna irritiert. „Lassen Sie mal sehen.“ Damit ging sie forschen Schrittes auf die offene Frachtluke von Dirans Schiff zu. Ein Laut der Entrüstung entflog ihrer Kehle, als sie Toleas toten Körpers ansichtig wurde. Maron trat hinzu und erschauerte ebenfalls. Dann riss er sich aber zusammen und ließ die Leiche sofort auf die Krankenstation beamen. Was immer hier geschehen war, bedurfte sicher einer Ermittlung.

Auch Kater Minor hatte in der Zwischenzeit längst sein Ziel erreicht. Es fiel ihm sehr leicht, sich als Streuner auszugeben und so kam er von Hof zu Hof, ohne Verdacht zu erregen. Die Bauern wussten ja nicht, dass es sich bei ihm um einen Vertreter der Spezies: „Filidea Sapiens“ handelte, der sehr wohl in der Lage war, ihre Gespräche zu verstehen. Sein Schiff hatte er gut versteckt. Im Heimatdorf von Lucius war er auch gewesen. Er hatte mitbekommen, dass der Junge dort wohl zurückerwartet wurde, aber auch von einer Trophäe hatte er gehört, die er mitbringen sollte. Doch sollte Lucius jetzt noch in der Kaserne weilen. Nichts wie hin!, dachte Minor und machte sich auf. Die Trophäe würde vielleicht einen Beweis enthalten für jene frevelhafte Tat, die Logar angeordnet hatte.

Simach und Lucius gingen durch den kleinen Walt, der das Vendar-Dorf vom Gelände der Kaserne trennte. „Er will ihn mir schenken.“, sagte Lucius und Simach konnte gut seine Empörung und den Ekel in seiner Stimme heraushören. Sie hatte einen starken Verdacht, aber um diesen zu bestätigen, fragte sie: „Wer will dir was schenken?“ Lucius bekam eine Gänsehaut, als er antwortete: „Mein Hauptmann will mir den verdammten Pfeil schenken. Du weißt schon, den, mit dem ich Sytania…“ „Oh nein.“, antwortete die junge Vendar mitleidig. Fast im selben Moment fuhr sie schreiend zusammen. Vor ihrem geistigen Auge war ein Bild erschienen. Eines, wie es schrecklicher nicht sein konnte. Sie sah eine Frau, die mit Blitzen, die aus ihren Händen kamen, zuerst Logar und dann alle anderen Mächtigen tötete. Dann hörte sie eine Stimme in ihrem Geist sagen: „Sei ohne Sorge, Simach, die du bei meiner Schöpfung hilfst. Ich werde euch von diesem Missetäter und allen anderen seines Schlages befreien und dann wirst du meine …“

 



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