Tabrun Nandor - Im Reich der Xulari von aroessler2003
Hinweise zur Geschichte:

 

Anthologie zur Science-Fiction-Fantasy-Mini-Serie "Die Arimus-Missionen"

 

In aller Heimlichkeit von aroessler2003

 

Langsam ging er in die Hocke. Vorsichtig tastete er die kleinen Pflanzen ab, deren Triebe und Blätter kraftlos herabhingen. Stellenweise begannen sie sogar gelb zu werden, was dem alten Farmer gar nicht gefiel. Die Sonne brannte erbarmungslos herab. Der heiße Wind vermochte keine Abkühlung bringen. Gūrad Nandor stand am Rande eines Feldes, auf dem er Tbuki angepflanzt hatte. Hilflos musste er schon seit einigen Wochen zusehen, wie seine gesamten Tbuki- und auch Taluzatu-Felder durch die Hitze dieses Sommers austrockneten. Er seufzte, als er die trockene Erde zwischen seinen Fingern zerrieb. Das Rieseln des Sandes war bei der herrschenden Windstille nicht zu überhören. Wenn das so weitergeht, können wir dieses Jahr unsere komplette Ernte vergessen!, dachte er frustriert, Wenn das mit dieser verdammten Hitze noch so weiter geht, ist die ganze Arbeit eines kompletten Jahres umsonst gewesen! Er richtete sich wieder zu seiner vollen Größe auf und wandte sich der anderen Straßenseite zu. Auch das Feld sah nicht besser aus. Die heiße Luft flirrte und flimmerte, als er über das weite Feld blickte. Hoffentlich gibt es bald Regen!, fuhr der Weißhaarige in Gedanken fort, Möge Zātul uns allen doch bald etwas Regen schicken! Seufzend kehrte er wieder zu seinem Karren, an dem zwei Kuš-Kuš eingespannt waren, zurück. Bevor er wieder auf den Karren stieg, blickte er sich noch einmal um. Der alte Farmer gab einen tiefen Seufzer von sich. Als er wieder auf dem Kutschbock saß, schnalzte er mit der Zunge und zog die Zügel an. Bereitwillig setzten sich die Tiere in Bewegung.

Die Tiere schnaubten, als sie den leeren Karren hinter sich herzogen. Als Nandor einen weiteren Feldweg erreichte, stoppte er den Karren erneut. Auf dem Feldweg ritt ihm jemand auf einem Kojn-Kojn entgegen. Direkt neben dem Karren hielt der junge Mann sein Reittier an. „Wie sieht es aus?”, fragte Gūrad seinen jüngsten Sohn, der sich gerade den Schweiß von der Stirn wischte. Dieser verzog sorgenvoll das Gesicht. „Es sieht nicht gut aus, Vater.”, erwiderte Mandrak Nandor wahrheitsgemäß und versuchte dabei sein Tier ruhig zuhalten, das unruhig mit den Hufen auf der Erde scharrte, wobei es ein wenig Staub aufwirbelte, „Unsere gesamte Ernte ist in Gefahr. Wenn uns nicht bald etwas Gescheites einfällt, was wir tun könnten, stehen wir bald vor dem Ruin.” „Aber was können wir tun, um unsere Ernte noch zu retten?”, fragte Gūrad, „Ich weiß mir keinen Rat mehr. Wenn das so weiter geht und kein Regen in den nächsten Tagen fällt, dann sind wir endgültig ruiniert.” Der alte Farmer gab wieder einen tiefen Seufzer von sich. „Es gibt vielleicht noch eine Möglichkeit.”, antwortete Mandrak vorsichtig, „Aber das kostet viel Geld.” „Woran denkst du, mein Sohn?”, erkundigte sich der alte Farmer, der bereits ahnte, worauf sein jüngster Sohn hinauswollte. Der Hellbraunhaarige lächelte. „Was hältst du von einer Bewässerungsanlage, Vater?”, fragte er, „Vielleicht ist die Idee von Tabrun doch nicht so schlecht.” Gūrad schnalzte mit der Zunge, worauf die beiden Kuš-Kuš sich wieder in Bewegung setzten. Mandrak wendete sein Reittier und ritt neben dem rumpelnden Karren her.

Gūrad stieß einen abfälligen Laut aus. Wut kroch in dem alten Farmer hoch. „Fängst du jetzt auch noch mit diesem neumodischen Quatsch an?”, antwortete der Alte schärfer, als beabsichtigt, „Hat dir dein Bruder nun auch die Sinne vernebelt?” „Seit dem Tabrun wieder aus der Stadt zurück ist, erzählt er nur noch von dem ganzen technischen Schnickschnack, mit denen er unseren Hof modernisieren will.”, fuhr Gūrad schimpfend fort, „Bewässerungsanlage! Wer soll das denn bezahlen?” Schweigend ritt Mandrak neben seinem Vater her, der weiter vor sich hinschimpfte. „Schon unsere Vorfahren kamen ohne technischen Errungenschaften aus.”, ereiferte sich der alte Farmer weiter, „Warum soll sich das jetzt ändern? Bis jetzt haben Zātul und alle anderen Götter immer für unser Wohl gesorgt. Warum sollte sich das auf einmal ändern?” Gūrad stieß erneut einen abfälligen Laut aus. In der Ferne begann ein Mivuku zu jaulen. „Glaubt ihr jungen Leute etwa, dass ich schon zum alten Eisen gehöre und unseren Hof nicht mehr ordentlich führen kann?”, polterte der Weißhaarige weiter, „Habt ihr schon entschieden, wann ich abzutreten habe?” Erschrocken zuckte Mandrak zusammen, als er die Worte seine Vaters vernahm. Mit diesem Richtungswechsel des Gesprächs hatte er nicht gerechnet. Beschwichtigend hob er die Hände. „Zātul behüte!”, antwortete er, „Nein, Vater! Wie kannst du nur so etwas von uns denken? Davon ist doch gar nicht die Rede. Niemand will dich zum alten Eisen machen. Mein Bruder meint es doch nur gut. Er will doch nur, dass wir nicht mehr so hart arbeiten müssen wie bisher.” Gūrad fiel seinem Sohn ins Wort. Seine Stimme hatte dabei einen harten Klang angenommen. „Harte Arbeit hat bisher noch niemanden geschadet.”, brummte der Alte missgestimmt, „Ich habe mein ganzes Leben lang hart gearbeitet und unseren Hof mit meinem Vater und meinen Brüdern zusammen aufgebaut. Wir sind damit immer gut gefahren, Mandrak. Auch ohne technische Veränderungen.” Der Hellbraunhaarige seufzte, als sein Vater eine verbale Pause einlegte. „Denk doch mal an unseren Nachbarn, der seinen Hof komplett modernisiert hatte.”, fuhr der Weißhaarige fort und wies dabei mit seiner freien Hand in die Richtung, wo einst der Hof von Arānos Marak war, „Er hatte auf seine Kinder gehört und hat alles verloren, weil er nichts mehr bezahlen konnte. Ich möchte nicht, dass uns dasselbe blüht.” Mandrak sah seinen Vater nachdenklich von der Seite an. „Wenn ihr später euren eigenen Höfe habt, könnt so viele technischen Veränderungen vornehmen, wie ihr wollt.”, brummte der Alte weiter, „Aber solange ich lebe, bleibt es auf unseren Hof, so wie es ist und damit basta. Ich mache diesen Quatsch auf keinen Fall nicht mit.” „Ich verstehe deine Bedenken, Vater.”, antwortete Mandrak aufrichtig, „Aber du wirst dich nicht immer davor verschließen können. Auch ein alter Baum muss sich dem Sturm beugen, ob er will oder nicht.” Gūrad sah seinen Sohn grimmig an. Deutlich konnte er das wütende Glitzern in den blauen Augen seines Vaters sehen. „Sage mal, auf wessen Seite stehst du eigentlich, Mandrak?”, fuhr der Weißhaarige seinen Jüngsten an, „Willst du mir etwa in den Rücken fallen?” „Nein, natürlich will ich dir nicht in den Rücken fallen, Vater.”, erwiderte der Hellbraunhaarige, „Ich wollte damit nur sagen, dass niemand die Entwicklung aufhalten kann. Weder du noch ich, Vater. Mehr wollte ich damit nicht sagen.” Deutlich konnte er sehen, wie sich sein Vater wieder ein wenig entspannte und seine Schultern sinken ließ. „Ich weiß, mein Sohn.”, gab der Alte wieder etwas milder gestimmt zu, „Etwas anderes habe ich auch nicht von dir erwartet. Du warst schon immer der Vernünftigste von allen unseren Kindern.” „Es tut mir Leid, Vater.”, sagte Mandrak nach einer Weile, die sie ein weiteren Teil ihres Weges schweigend zurückgelegt hatten, „Ich wollte dich nicht erzürnen.” Der alte Farmer nickte. „Es ist schon gut, mein Sohn.”, erwiderte Gūrad milde, „Ich weiß ja, was du mir sagen wolltest und es stimmt ja auch. Die Entwicklung vermag niemand aufzuhalten. Auch ein alter Mann wie ich hat das begriffen.” Schweigend setzten beide ihren Heimweg fort.

Nach dem Abendessen rief Gūrad seine Familie zusammen. Gelassen saß der alte Farmer in seinem Sessel. Neben ihm stand ein Krug kaltes Wasser auf dem Tisch. Nachdem die komplette Familie im Wohnzimmer Platz genommen hatte, ergriff Gūrad das Wort. „Heute war ich wieder auf einem Karren rausgefahren, um unsere Felder zu kontrollieren, die etwas weiter draußen liegen.”, begann er, „Leider muss ich sagen, dass es um unsere gesamte Ernte nicht gut bestellt ist. Die Hitze lässt die Saat vollständig ausdörren. Es gibt kein einziges Feld, dass uns noch Anlass zur Hoffnung gibt.” Der Alte machte ein kurze Pause, um seine Worte auf die Anwesenden wirken zu lassen. „Die Götter haben wohl scheinbar nicht die Absicht, uns in der nächsten Zeit etwas Regen zukommen zu lassen.”, fuhr er mit einer finsteren Miene fort, „Deshalb müssen wir uns selbst etwas einfallen lassen, wenn wir unsere Ernte noch irgendwie retten wollen. Wenn jemand einen Vorschlag parat hat, dann her damit! Ich bin für jede Idee dankbar.” Aufmerksam sah er jeden Einzelnen in der Stube an. Tabrun räusperte sich, als er das Wort ergriff. „Ich hatte dir schon vor einigen Wochen einen Vorschlag gemacht und den hattest du damals burschikos abgelehnt.”, sagte er, „Aber davon willst du ja nichts hören.” „Ich glaube, da fällt mir etwas ein, was uns vielleicht helfen könnte.”, sagte Mandrak nachdenklich. Interessiert sahen ihn alle an. „Heraus damit!”, verlangte Gūrad, „Vielleicht ist das eine bessere Idee, als die mit dieser teuren Bewässerungsanlage.” „Erinnert ihr Euch noch an das, was uns der Kojn-Kojn-Züchter Arānos Marak mal erzählt hatte, als er noch seine ersten Kojn-Kojns selbst gefangen hatte?”, begann Mandrak und blickte fragend in die Runde. Einige der Familienangehörigen nickten wortlos. „Damals hatte er mal von einem sehr fruchtbaren Gebiet erzählt, wo er seine ersten Zuchttiere einfing.”, fuhr er fort, „Er hatte immer wieder von diesen Obstbäumen berichtet, die das Wasser aus dem Boden aufnehmen und im Stamm speichern konnten. Die Früchte waren sehr saftig und schmeckten etwas süßlich. Ich glaube, er nannte diese Bäume Larunos. Leider hatte der gute Mann niemals Saat davon mitgebracht, als er damals mit seinen ersten selbstgefangenen Zuchttieren zurückkam. Vielleicht sollten wir mal versuchen, diese Bäume zu finden und welche von dort mitbringen.” Talāna nickte. „Stimmt, jetzt ich erinnere mich auch daran, dass er damals davon gesprochen hatte.”, sagte sie, „Aber die Sache hat einen Haken.” Fragend sah Mandrak seine älteste Schwester an. „Anscheinend hast du nicht daran gedacht, dass diese Pflanzen in einem Gebiet gedeihen, in dem es dort nur so von diesen grässlichen Xularis wimmelt.” Tabrun schüttelte energisch mit dem Kopf. „Da irrst du dich, Schwesterlein.”, widersprach er, „Die Xularis leben ganz woanders. Die Larunos wachsen im Brondus-Damrajd und dort gibt es keine Xularis. Die findest du eher in den Tälern im Tāma-Gumrajd und anderen Gebieten, wo die Vulkane noch weiter aktiv sind. Genauso wie die Pemkos, die solche Gegenden eher bevorzugen. Dort jagen sie am liebsten im weiten Grasland Kalunos, Mulanos und Kundos sowie Wūlunžidis.” „Trotzdem sollten wir wieder auf unser eigentliches Thema zurückkommen.”, unterbrach Gūrad seine Familie ungeduldig, „Also, Mandrak, wenn ich dich richtig verstanden habe, schlägst du vor, dass jemand von uns dahin reisen soll, um von dort Saatgut mitzubringen. Ist das richtig?” „Ja, Vater.”, antwortete der Hellbraunhaarige, „Genau das war mein Vorschlag.” Nachdenklich lehnte sich Gūrad in seinem Sessel zurück. Nach einigen Sekunden schüttelte er energisch mit dem Kopf. „Nein, das kommt überhaupt nicht in Frage.”, entschied das Familienoberhaupt, „Ich kann niemanden von Euch bei der Arbeit auf unseren Feldern entbehren. Außerdem würde das viel zu lange dauern, weil niemand außer Kojn-Kojn-Züchter Arānos Marak selbst, der letztes Jahr mit seiner Familie zusammen fortgezogen ist, den Weg dahin kennt, und es wäre obendrein wegen der vielen Raubtiere dort viel zu gefährlich. Ich möchte nicht, dass ihr unterwegs von irgendwelchen Wildtieren verletzt oder gar getötet werdet. Lasst Euch was Besseres einfallen.” „Aber Vater!”, protestierten Tabrun und Mandrak unisono, „Nur weil dort ein paar wilde Tiere leben, kannst du doch nicht unseren Vorschlag ablehnen!” „Oh doch, ich kann.”, erwiderte Gūrad entschlossen, „Es muss noch eine andere Lösung geben. Also denkt nach!” Es vergingen einige Minuten des Schweigens, ohne dass jemand von der Familie eine Idee hatte. Seufzend und frustriert erhob sich der Alte nach einer Weile aus seinem Sessel. Enttäuscht blickte er die Anwesenden an und schüttelte ratlos mit dem Kopf. „Ich glaube, das hat heute keinen Sinn mehr.”, sagte er und ging bereits zur Tür, „Ich hau mich jetzt aufs Ohr. Geht auch Schlafen. Morgen wird ebenfalls ein harter Tag werden. Gute Nacht!” Wenig später erhoben sich auch die anderen im Wohnzimmer von ihren Sitzgelegenheiten und zogen sich in ihre eigenen Zimmer zurück.

Die Tür knarrte leise, als Mandrak das Zimmer seines älteren Bruders betrat. Tabrun wandte sich um und sah den Hellbraunhaarigen fragend an. Mandrak deutete mit einer Hand auf den kleinen Rucksack, der auf dem Bett lag. „Was hast du vor, Bruder?”, wollte Mandrak wissen, „Willst du etwa verschwinden, nur weil Vater unsere Vorschläge abgelehnt hat? Damit löst du bestimmt keine Probleme.” Tabrun schloss leise den Kleiderschrank, der die ganze Zeit offen stand. „Nein, das ist nicht der Grund, warum ich gleich aufbrechen werde.”, erklärte Tabrun seinem jüngeren Bruder gelassen, „Ich will nur unseren Hof vor dem endgültigen Ruin bewahren. Deshalb werde ich mich auf dem Weg zum Brondus-Damrajd machen, um dort nach den Larunos zu suchen. Sobald ich sie gefunden und genügend Saat von ihnen eingesammelt habe, kehre ich wieder heim.” Mandrak trat einen Schritt zurück und blickte Tabrun entgeistert an. „Aber das kannst du doch nicht machen!”, platzte es fassungslos aus diesem heraus, „Wenn Vater erfährt...!” Tabrun fiel dem Hellbraunhaarigen ins Wort. „Wenn du Vater nichts davon erzählst, wird er es erst dann erfahren, wenn es zu spät ist und ich schon viel zu weit weg bin.”, sagte er in einem Tonfall, der keinen Widerspruch duldete, „Dann wird er auch nicht versuchen, mir nachzureiten und mich von meinem Plan abzuhalten.” Deutlich konnte Mandrak an dem Gesichtsausdruck seines Bruders erkennen, dass dieser fest entschlossen war, seinen Plan umzusetzen. Dann kam ihn ein Gedanke in den Sinn. „Also, ich denke, dass ich dich nicht von deinem Plan abbringen kann.”, konstatierte er. „Nein, das kannst du nicht. Meine Entscheidung steht fest.”, bestätigte Tabrun, der weiterhin seinen Rucksack mit jenen Sachen packte, die noch auf seinem Bett lagen, „Ich tue, was ich tun musst.” Mandrak nickte und verließ das Zimmer. Wenig später kehrte er mit seinem ebenfalls gepackten Rucksack zu Tabrun zurück. „Also gut.”, sagte er entschlossen, „Dann werde ich dich begleiten, Bruder.” Perplex sah er seinen jüngeren Bruder an.

Mandrak begann zu grinsen. „Nein, Mandrak, das kann ich nicht zulassen!”, erwiderte Tabrun ernst, „Es ist besser, wenn du hier bleibst. Du musst Vater auf dem Feld helfen.” Das Grinsen in Mandraks Gesicht erstarrte. Der Hellbraunhaarige schüttelte mit dem Kopf. „Vater hat genug Feldjungen, die ihm bei der Arbeit auf dem Feld zur Hand gehen.”, sagte Mandrak, „Wozu habe ich denn noch weitere Geschwister, die alt genug sind?” „Außerdem kann es unterwegs sehr gefährlich werden.”, gab Tabrun weiter zu Bedenken, „Wenn dir was passiert, würde ich mir das niemals verzeihen können.” Mandrak begann erneut zu grinsen. „Oh Bruder, du hast immer noch nicht begriffen, dass ich genauso stur sein kann wie du.”, beharrte der Hellbraunhaarige, „Mach’ dir mal um mich keine Sorgen. Mir wird schon nichts passieren, denn ich kann gut auf mich selbst aufpassen. Deshalb werde ich mit dir kommen, ob du willst oder nicht. Wenn du ohne mich abhaust, werde ich dir heimlich nachreiten. Auf keinen Fall werde ich zu Hause bleiben.” Tabrun seufzte. „Na gut.”, sagte er widerstrebend, als er die feste Entschlossenheit in dem Blick seines jüngeren Bruders sehen konnte, „Aber ich habe dich nicht darum gebeten, damit du das weißt.” Mandrak hob abwehrend die Hände. „Ja, ja, schon gut! Ich weiß. Du hast mich gewarnt.”, erwiderte er genervt, „Ich soll lieber zu Hause bleiben, während du unterwegs die tollsten Abenteuer erlebst.” Tabrun sah seinen Bruder finster an. „Meine Güte!”, rief er fast, „Ich meine es doch nur gut mit dir. Immerhin ist das eine sehr lange Reise und ich weiß nicht, was für Gefahren unterwegs auf uns lauern, wenn ich es zuließe, dass du mich begleitest. Deshalb wäre es vernünftiger, wenn einer von uns beiden hier bliebe. Das meine ich damit und das meine ich ernst.” Die Augen des Hellbraunhaarigen verengten sich zu engen Schlitzen. „Meinst du nicht, dass ich mir darüber im Klaren bin?”, beharrte Mandrak, „Ich weiß schon, worauf ich mich da einlasse. Außerdem kann ich dich nicht allein reisen lassen. Schließlich muss doch jemand auf dich aufpassen, damit dir auch nichts geschieht.” Fassungslos blickte der Ältere seinen Bruder an. Mandrak grinste wieder. Inzwischen schulterte der Schwarzhaarige seinem gepackten Rucksack und ging an Mandrak vorbei aus dem Zimmer. Dieser griff nach seinem eigenen Rucksack und folgte rasch seinem Bruder, der bereits die Treppe hinter sich ließ. Wenig später traten beide aus dem Haus und überquerten rasch den Hof, der nur von Mondlicht erhellt wurde. Tabrun begann eines der Kuš-Kuš zu satteln, als Mandrak den Stall betrat. Die beiden Tiere scharrten mit ihren Vorderläufen auf dem Boden, als sie von den beiden jungen Männern gesattelt und bepackt wurden. Als die beiden Brüder mit ihren Vorbereitungen fertig waren, führten sie ihre Reittiere ins Freie. Wenig später verließen sie auf ihren Reittieren den elterlichen Hof. Keiner von beiden warf noch einmal einen Blick zurück. Sie wussten, dass ihr Abenteuer mit dieser Nacht begann.

Tabrun und Mandrak ritten schweigend viele Stunden lang nebeneinander durch die Nacht. Nur der Hufschlag der beiden Kuš-Kuš waren kilometerweit zu hören. Es war eine sehr warme Sommernacht. Alle drei Monde standen hell am Himmel und zahlreiche Sterne funkelten wie Diamanten am Firmament. Das Mondlicht war hell genug, um die nähere Umgebung gut erkennen zu können. An einem kleinen See, der hinter einem dichten Wald lag, machten sie eine kurze Rast, um ihre Tiere zu tränken. „Was meinst du wohl, wie lange wir brauchen werden, bis wir den Brondus-Damrajd und damit auch die Larunos finden?”, fragte Mandrak. Dieser zuckte unschlüssig mit den Schultern. „Keine Ahnung.”, gestand der Schwarzhaarige, „Wir werden jedenfalls solange nach den richtigen Weg zum Brondus-Damrajd suchen, bis wir ihn gefunden haben. Sobald wir Ort gefunden haben, werden wir nach diesen Pflanzen suchen.” „Und sobald wir sie gefunden und genügend Saat eingesammelt haben, kehren wieder heim.”, ergänzte Mandrak. „Ja, genauso habe ich mir das gedacht.”, bekannte Tabrun, „Es ist nur dumm, dass wir Arānos Marak nicht mehr fragen können, da er mitsamt seiner Familie fortgezogen ist und wir nicht wissen, wo wir ihn finden könnten, um ihn um Rat zu fragen. Ich hoffe nur, dass wir nicht allzu lange nach diesen Larunos suchen müssen.” „Das hoffe ich auch.”, bekräftigte der Hellbraunhaarige. „Es wäre schön, wenn wir damit unseren Hof retten könnten.”, fuhr der jüngere von beiden nachdenklich fort, „Vater wäre bestimmt sehr stolz auf uns, wenn uns das gelänge.” Tabrun äußerte sich nicht zu den Gedanken seines Bruders. Aufmerksam hielt er die Gegend im Auge. Nachdem die Reittiere ihre Köpfe hoben und zufrieden Laut von sich gaben, trieb Tabrun sein Kuš-Kuš wieder an. Mandrak folgte seinem Beispiel. Wenig später ritten sie an dem See entlang, bis sie einen schmalen Waldweg erreichten. Gemeinsam folgten sie dem Waldweg direkt am Waldrand entlang, bis sich dieser in zwei verschiedenen Richtungen gabelte. Unschlüssig verharrten die beiden jungen Männer auf ihren Reittieren, bis sich Tabrun für eine Richtung entschieden hatte und in diese einbog. Der Weg führte zu einem kleinen Dorf am Mullumšari.

„Vielleicht ist es besser, wenn wir uns in dem Dorf nach den richtigen Weg zum Brondus-Damrajd und den Larunos erkundigen würden.”, sagte Mandrak nach einer Weile. Tabrun blickte seinen Bruder skeptisch an. „Ich glaube nicht, dass uns dort jemand weiterhelfen könnte.”, erwiderte er gelassen, „Außerdem muss nicht jeder gleich mitbekommen, dass unser Vater mit seinem Hof in Schwierigkeiten steckt.” Der Hellbraunhaarige kratzte sich in seinem Kinn. „Ich meinte ja nur.”, entgegnete er über die unwirsche Antwort seines Bruders verunsichert, „Vielleicht gibt es ja dort jemanden, der schon mal dort war oder zumindest etwas von diesen Pflanzen gehört hat.” „Ich habe dich schon verstanden.”, antwortete Tabrun, „Aber ich bin mir nicht sicher, ob wir hier die Hilfe bekommen werden, die wir momentan am meisten gebrauchen könnten.” „Aber Fragen kostet nichts.”, insistierte der jüngere der beiden, „Mehr als ,nein’ sagen können die im schlimmsten Fall auch nicht.” „Na schön.”, lenkte Tabrun etwas gereizt ein, „Wir werden uns hier mal umhören. Vielleicht hast du ja Recht und es gibt hier doch jemand, der uns weiterhelfen könnte.” Vor einer kleinen Schenke hielten die beiden Brüder ihre Reittiere an. „Warte du hier draußen und pass’ auf unsere Tiere auf, während ich mich da drinnen mal etwas schlau machen werde.”, sagte der Schwarzhaarige und stieg von seinem Kuš-Kuš. Mandrak sah seinem Bruder nach, der gerade die Schenke betrat.

Es vergingen einige Minuten, bis Tabrun wieder ins Freie trat. Fragend blickte der Hellbraunhaarige seinen Bruder an, der sich wortlos in den Sattel setzte. „Na, was ist?”, erkundigte sich Mandrak, „Was hast du herausbekommen?” Der Ältere machte eine wegwerfende Handbewegung. „Gar nichts.”, gab er verärgert von sich, „Die Leute da drinnen sagten jedenfalls, sie wüssten nicht, wie man zum Brondus- Damrajd käme und auch nicht, wo man dort diese Larunos finden kann. Sie hätten noch nie etwas über diesen Ort oder den Pflanzen gehört.” Mandrak sah seinen Bruder von der Seite an. „Und glaubst du ihnen?”, wollte er wissen. Der Schwarzhaarige zuckte mit den Schultern. „Ich hatte jedenfalls nicht den Eindruck gehabt, dass die mich angelogen haben.”, erwiderte er mit fester Stimme. „Dann müssen wir wohl so weitersuchen.”, konstatierte Mandrak. „So ist es.”, bestätigte der Schwarzhaarige.

Rasch ließen die beiden das Dorf hinter sich und folgten dem Mullumšari, bis sie nach einigen Wochen die Stadt Merānos erreichten, wo Tabrun viele Jahre lang studiert hatte. Vor der gewaltigen Stadtmauer von Merānos hielt Tabrun sein Reittier an. Mandrak sah Tabrun fragend an. „Was ist los?”, wollte er wissen, „Warum hältst du plötzlich an? Stimmt was nicht?” Aufmerksam blickte sich der Schwarzhaarige um. Mandrak tat es ihm gleich. „Momentan frage ich mich, wie wir unsere Suche am besten fortsetzen könnten.”, gestand der Ältere, „Allerdings glaube ich nicht, dass jemand von meinen Bekannten in der Stadt etwas über den Brondus-Damrajd oder die Larunos weiß.” Mandrak nickte. „Ich verstehe.”, sagte er, „Aber die Stadt hat doch einen Hafen. Dort könnten wir vielleicht auch Hilfe kriegen, wenn tatsächlich keiner von deinen Bekannten etwas darüber wissen sollte.” „Kennst du dich gut in Merānos aus?”, fragte der Hellbraunhaarige seinen Bruder, „Wenn ja, dann solltest du voranreiten und ich folge dir.” Tabrun nickte. „Ja, natürlich kenne ich mich in dieser Stadt gut aus. Immerhin habe ich hier viele Jahre lang studiert.”, sagte er und trieb sein Reittier wieder an, „Folge mir, mein Bruder. Du wirst es bestimmt nicht bereuen. Auf jeden Fall gibt es hier ein paar Leute, die ich noch aus meiner Studienzeit kenne. Das heißt, wenn sie noch hier in Merānos wohnen. Zumindest könnte jemand noch da sein, der uns weiterhelfen kann.” Es dauerte nicht lange, bis Tabrun seinen Bruder in eine schmale Seitenstraße führte. Vor einem kleinen Haus hielt er sein Kuš-Kuš an und stieg aus dem Sattel. Nach mehrmaligem Klopfen öffnete eine zierliche junge Frau die Tür und sah die beiden jungen Männer an. Als sie Tabrun Nandor wiedererkannte, begann sie zu lächeln.

„Na, wenn das mal nicht unser guter alter Streber Tabrun Nandor ist.”, sagte sie verschmitzt lächelnd, „Wir haben uns schon die ganze Zeit gefragt, wann Zātul uns wieder zusammen führen wird.” Der Schwarzhaarige sah sie fragend an. „Wir?”, echote er verdattert, während sich die junge Frau und Tabrun zur Begrüßung umarmten, „Wem meinst du denn mit ‚wir’?” Aranka Jakodos warf ihre langen schwarzen Haare zurück und begann schallend zu lachen. „Ich sehe, du hast dich jedenfalls nicht verändert.”, sagte sie amüsiert und winkte die beiden ins Haus, nachdem Tabrun ihr seinen jüngeren Bruder vorgestellt hatte, „Du bist genauso komisch drauf wie am ersten Tag, als wir uns kennen lernten. Das habe ich von Anfang an so an dir gemocht. Kommt rein. Simdu wird sich um eure beiden Tiere kümmern, sobald er zurück ist.” „Simdu?”, fragte Tabrun neugierig, als die junge Frau die beiden Brüder in das Wohnzimmer führte, „Wer ist denn Simdu?” Aranka warf dem Schwarzhaarigen einen mitleidigen Blick zu, der zusammen mit Mandrak auf dem Sofa Platz genommen hatte. „Was, du erinnerst dich nicht mehr an Simdu?”, fragte sie schmunzelnd. Tabrun dachte einen kurzen Augenblick nach, als ihm die junge Frau einen jungen Mann beschrieb, der mit ihr zusammen studiert hatte. Der Schwarzhaarige schüttelte bedauernd mit dem Kopf. „Nein, ich kann mich nicht an jemanden mit diesem Namen erinnern.”, gestand Tabrun, als Aranka ihren Gästen zwei Becher und einen Krug Wein auf den Tisch stellte, „Aber da war damals jemand gewesen, mit dem ich mich regelmäßig um dich gebuhlt habe.” Aranka nickte zufrieden und schenkte beiden ein. „Also erinnerst du dich doch noch an ihn.”, stellte sie fest. Tabrun griff nach seinem Becher und blickte sie fragend an. „Was ist denn aus meinem Rivalen geworden?”, wollte er wissen und nahm einen Schluck aus dem Becher. Die junge Frau begann zu lächeln. „Er wurde mein Mann.”, antwortete sie. Tabrun ließ verblüfft seinen Becher fallen, der auf dem Boden in zahlreiche Stücke zerbrach. „Du hast was gemacht? Du hast ihn geheiratet?”, platzte es fassungslos aus ihm heraus und sah dabei die junge Frau ungläubig an, „Aber du hattest mir doch damals erzählt, dass du ihn überhaupt nicht ausstehen konntest.” Aranka musste erneut lachen, als sie Tabruns Gesichtsausdruck sah. Der Schwarzhaarige schüttelte fassungslos mit dem Kopf, während die junge Frau einen neuen Becher vor ihn auf den Tisch stellte und ihn mit Wein füllte. „Meinst du nicht, dass du mir ein wenig erklären solltest, worüber ihr eigentlich sprecht?”, meinte Mandrak, der die ganze Zeit über geschwiegen und dem Gespräch der beiden gelauscht hatte. Gern kam Tabrun seiner Aufforderung nach und erzählte seinem Bruder detailliert, wie er Aranka Stūnan und einige Monate später Simdu Jakodos während seines Studiums in Merānos kennen gelernt und er sich in Aranka verliebt hatte, weswegen er sich ständig mit Simdu Jakodos regelmäßig um die Schwarzhaarige gebuhlt hatte. Wortlos hörte Mandrak mit ausdrucksloser Miene zu. Aranka erhob sich von ihrem Stuhl, als jemand das Haus betrat. „Das wird mein Mann sein.”, verkündete sie schmunzelnd, „Na, Simdu wird Augen machen, wenn er dich hier mit deinem jüngeren Bruder zusammen auf dem Sofa sitzen sieht.” Wenig später stand Tabruns früherer Rivale im Wohnzimmer.....

Verdutzt blickte Simdu von einem zum anderen, nachdem er Tabrun Nandor wiedererkannt hatte. Aranka begann zu lächeln, als sie den Blick ihres Mannes sah. Er sieht etwas müde aus!, dachte Tabrun, als Jakodos die beiden Brüder begrüßte. Was Simdu über das plötzliche Auftauchen seines damaligen Rivalen dachte, verriet seine Miene nicht. Nur für einen sehr kurzen Augenblick sah Tabrun in seinen Augen das kurze Aufflackern der alten Rivalität. Forschend sah er den älteren Nandor und seinen Bruder, den er bisher noch nicht kannte, an. „Was willst du hier?”, fragte er etwas schärfer als beabsichtigt. Der Schwarzhaarige stand auf. Herausfordernd sahen sich die beiden Männer an. „Wir sind gekommen, weil wir Hilfe brauchen.”, antwortete Mandrak, der sich ebenfalls erhob. „Was für Hilfe?”, wollte Simdu wissen und starrte Tabrun nach wie vor misstrauisch an. „Sie brauchen deinen Rat, Simdu.”, sagte Aranka und berührte dabei sanft ihren Mann an seinem Oberarm, „Du bist der einzigste, der Tabrun und seinen Bruder helfen kann.” Er wandte sich seiner Frau zu, während sie alle wieder Platz nahmen. „Und warum sollte ich ihnen helfen?”, meinte er abweisend, „Wir waren schon damals keine Freunde und sind es auch heute nicht.” „Trotzdem solltest du die beiden ruhig anhören.”, erwiderte Aranka beharrlich, „Lass dir von Tabrun und seinem Bruder erzählen, weshalb sie deinen Rat brauchen. Ablehnen kannst du dann immer noch. Aber ich bin mir sicher, dass du ihnen helfen kannst, denn immerhin arbeitest du in der Quelle des Wissens.” Einen kurzen Augenblick sah er zuerst seine Frau an. Anschließend blickte er die beiden Brüder an, die seinen Blick ruhig erwiderten. „Also gut.”, sagte Simdu nach einigen Momenten, „Dir zuliebe will ich mal nicht so sein, Aranka. Dann sollen sie mir jetzt mal sagen, worum es geht.” Ein leichtes Lächeln umspielte Tabruns Lippen, als er das Wort ergriff. „Eigentlich geht es nur darum, dass wir den richtigen Weg zum Brondus-Damrajd suchen, um dort nach Larunos zu suchen.”, begann er, „Wir kennen diese Pflanzenart selbst nicht, weil sie bei uns nicht gedeiht. Nur einer unserer Nachbarn aus unserem Dorf, der weit in der Welt herumgekommen ist, hat mal davon gesprochen, wie ertragreich sie sind. Die Hitze dieses Jahr hat fast unsere gesamte Ernte vernichtet. Um den Hof unseres Vaters vor dem endgültigen Ruin zu bewahren, haben wir uns auf die Suche nach diesen Larunos gemacht, ohne jedoch ganz genau zu wissen, wo man sie finden kann.” Nachdenklich zog Simdu seine Stirn in Falten. „Larunos.”, überlegte er, „Unter anderem wachsen sie auch im Brondus-Damrajd, wie du schon sagtest. Am Hafen habe ich einiges darüber gehört und in der Quelle des Wissens auch schon etwas darüber gelesen.” Fragend blickten ihn seine Frau und die beiden Brüder an. „Und kannst du den beiden helfen?”, wollte sie wissen. Er nickte. „Ich denke schon.”, antwortete Jakodos etwas unsicher, „Aber das dürfte nicht ganz einfach sein.” Fragend blickten ihn die Anwesenden an. Als die junge Frau den Blick ihres Mannes sah, stieg ein ungutes Gefühl in ihr empor. „Was soll das heißen?”, erkundigte sich Aranka nichts Gutes ahnend, „Was meinst du damit?” Seine Stimme hatte einen warnenden Unterton, als er ihr antwortete. „Wenn ihr die Larunos wirklich suchen wollt, dann hättet ihr eine sehr lange Reise vor euch.”, sagte er. „Wie lange wäre denn diese Reise?”, wollte Mandrak wissen und sah Arankas Mann erwartungsvoll an. „Nun ja.”, antwortete Simdu, „Ihr wäret schon etliche Monate unterwegs. Aber das wäre allerdings das kleinste Problem.” Fragend sahen ihn die anderen an. „Welche Schwierigkeiten gäbe es dann noch?”, fragte Tabrun. Simdus Gesichts finsterte sich weiter, als er fortfuhr. „Unter anderem müsstet ihr Gebiete bereisen, in denen, nach meinem momentanen Kenntnisstand, schon seit einigen Jahren Krieg herrscht.”, sagte er, „Ferner müsstet ihr Regionen durchqueren, die kaum erforscht sind.” Simdu machte eine kurze Pause, bevor er das größte Problem offenbarte. „Euer Weg würde zuerst übers Meer führen. Anschließend müsstet ihr einen große Wüste durchwandern und zu guter Letzt müsstet ihr noch weit in den unerforschten Brondus-Damrajd vordringen, um dort nach jenem Ort zu suchen, wo die Larunos wachsen sollen.”, fuhr er fort, „Dort sollen auch sehr gefährliche Tiere leben.” „Was für Tiere meinst du?”, hakte Aranka nach, „Was weißt du darüber?” Jakodos kratzte sich nachdenklich am Kinn. „An und für sich weiß ich leider so gut wie gar nichts, außer das, was ich früher mal in der Quelle des Wissens erfahren hatte. Das Problem ist es, dass es keine genauen Informationen über diese Tiere gibt.”, erklärte er, „Bis jetzt weiß ich nur, dass diese Viecher sehr groß und sehr gefährlich sein sollen. So wurden sie zumindest von den wenigen Leuten beschrieben, die aus dem Gebiet wieder zurückkamen und es gibt keinen Einzigen von ihnen, der sich dort noch mal hinwagen würde. Zumindest hat mir jemand das mal in der Quelle des Wissens erzählt.” Tabrun und Mandrak tauschten untereinander Blicke aus. Dann nickte der ältere von beiden. „Es ändert nichts an der Tatsache, dass wir dorthin reisen müssen, wenn wir den Hof unseres Vaters retten wollen.”, entschied Tabrun ernst, „Wir brauchen unbedingt die Saat von diesen Pflanzen.” Die Stimme des Schwarzhaarigen klang entschlossen. „Aber ihr werdet niemanden finden, der euch dorthin führen wird.”, warf Simdu ein, „Jeder, der dort einmal war, würde sich weigern, noch mal in den Brondus-Damrajd zu reisen.” „Kannst du die beiden denn nicht dorthin begleiten?”, wollte Aranka von ihrem Mann wissen, „Immerhin weißt du schon ungefähr, wo dieses Gebiet sein soll. Zumindest hast du schon einige der vielen Berichte gelesen und auch einige der Karten studiert.” Nachdenklich blickte er seine Frau an. Er nickte. „Das stimmt allerdings.”, gab er zu, „Einige Gebiete habe ich mir schon auf den Karten etwas genauer angesehen und sie mit den Berichten von jenen Leuten verglichen, die mal dort waren und später wieder zurückgekehrt waren. Aber ich bin mir nicht sicher, ob es so klug wäre, dorthin zu reisen.” „Wenn du uns nicht begleiten möchtest, dann brauchst du es auch nicht.”, sagte Tabrun entschieden und stand auf, „Mandrak und ich schaffen das auch alleine.” Die Stimme des Schwarzhaarigen klang etwas schroff, als er dies sagte. Der Hellbraunhaarige erhob sich ebenfalls. Er folgte seinem Bruder, der entschlossen zur Tür schritt. Aranka warf ihren Mann einen tadelnden Blick zu, als sie ebenfalls aufstanden. „Du kannst sie doch so einfach im Stich lassen.”, flüsterte sie ihm protestierend zu, „Du musst ihnen helfen, auch wenn Tabrun nicht dein Freund ist. Aber er ist mein Freund und deshalb tu es mir zuliebe.” „Na schön.”, gab Simdu nach, „Also, wenn du darauf bestehst, werde ich sie begleiten.” Dankbar umarmte Aranka ihren Mann, der die beiden Brüder zurückrief. Mandrak und Tabrun blieben direkt vor der Haustür stehen und wandten sich im Flur zu Simdu um. Fragend sahen ihn die beiden an. „Wenn ihr nichts dagegen habt, werde ich Euch auf dieser Reise begleiten und helfen, wenn ich kann.”, sagte er mit fester Stimme, „Ich war zwar noch nie dort gewesen, aber ich kenne zumindest die Gebiete, die wir bereisen werden, zumindest von den Karten und Berichten her.” Verdutzt tauschten Mandrak und Tabrun untereinander überraschte Blicke aus. Verschwörerisch zwinkerte Aranka, die hinter ihren Mann stand, den beiden zu.

Tabrun und Mandrak blieben noch einige Tage bei Aranka und Simdu. In dieser Zeit bereiteten sie gemeinsam die Expedition vor und kauften nach und nach die erforderliche Ausrüstung zusammen. Als die Reisevorbereitungen abgeschlossen waren, verabschiedeten sich die drei Männer von Aranka. „Nutze die Zeit um die Rivalitäten mit Tabrun zu beseitigen.”, bat sie Simdu eindringlich und umarmte ihn zum Abschied, „Es würde mir unheimlich viel bedeuten, wenn ihr beiden doch noch Freunde werden könntet.” Der Blonde nickte. „Also gut, Liebes.”, sagte er leise und sah ihr dabei tief in die Augen, „Ich werde versuchen, deinen Wunsch zu erfüllen.” Die Schwarzhaarige begann zu lächeln. „Ich danke dir.”, sagte sie, „Ich bin mir sicher, du wirst es nicht bereuen.” Wenig später brachen die drei Männer auf. Als erstes führte Simdu die beiden Brüder zum Hafen von Merānos, wo Arankas Mann bereits vor einigen Tagen die Überfahrt bezahlt hatte. Das Schiff stach am frühen Nachmittag in See.

Nachdenklich beobachteten die drei Männer, wie sich das Schiff mit ihnen an Bord immer weiter von Festland entfernte. Erst als das Land, und damit auch die Hafenstadt Merānos, zu einem schmalen Strich am Horizont zusammenschmolz, wurde ihnen klar, dass für sie eine neue Etappe ihres Abenteuers begann.

 



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