Maruk und der Ruf der Wildnis

von aroessler2003
Zusammenfassung:

 

 

Maruk ist ein fuchsroter Wolf, der in den Wäldern Kanadas geboren wurde. Nachdem ein Puma seine Mutter und seine Geschwister tötete, wurde er zufällig von Henry Johnson, einem Ranger, gefunden, der den hilflosen Wolfsjungen mit nach Hause nahm, wo Kathryn, die Tochter des Rangers, ihn liebevoll aufzog. Trotz der liebevollen Fürsorge der Menschen, verspürte der junge Wolf bald eine Sehnsucht, die im Laufe der Zeit rasch stärker wurde. Eines Tages konnte Maruk nicht mehr anders, als dem Ruf der Wildnis zu folgen und verließ die Johnsons. Doch schon nach sehr kurzer Zeit in der Wildnis musste sich Maruk mit einem Problem auseinander setzen, was er bis dahin noch nicht in so einen Umfang kennen gelernt hatte. Er hatte Hunger und der musste irgendwie gestillt werden. Schnell musste der Wolf feststellen, dass das Jagen gelernt sein will.....


Kategorien: Eigene Stories, Non-Science-fiction und -Fantasy Charaktere: Keine
Genres: Abenteuer
Herausforderung: Keine
Serie: Maruk - Der fuchsrote Wolf
Kapitel: 1 Fertiggestellt: Ja Wörter: 3836 Aufgerufen: 3021 Veröffentlicht: 02.05.09 Aktualisiert: 02.05.09
Hinweise zur Geschichte:

Teil 1 der Mini-Serie "Maruk - Der fuchsrote Wolf"

Maruk und der Ruf der Wildnis

von aroessler2003
Hinweise des Autors:

keine

 

 

In den tiefen Wäldern Kanadas herrschten die Gesetze der Natur. Hier, wo sich Fuchs und Hase „gute Nacht” sagen, sollte eines Tages ein besonderer Wolf geboren werden. Dieser Wolf sollte Maruk sein. Maruk, der rote Wolf.....

Viele Menschen waren schon dem „Ruf der Wildnis” gefolgt und zum Opfer gefallen. Der Ruf der Wildnis wurde für viele Forschern, Jägern und Abenteurern zum Verhängnis. Wer die Natur herausforderte, riskierte sein Leben.....

Eines Tages wurde eine Gruppe von Schatzsuchern von einem Wolfsrudel angefallen und auf beiden Seiten gab es Verletzte und Tote zu beklagen. Eine Jagd wurde daraufhin eingeleitet und alle Wölfe des Rudels wurden getötet. Nur eine trächtige Wölfin entkam dem Massaker. Die Jäger merkten es nicht.....

Fünf Wochen später lag die Wölfin mit ihren fünf Wollknäueln in einer der kleinen Höhlen. Hier waren die Wölfchen besonders gut geschützt. Vier Jungtiere hatten eine graue bis braune, sogar mitunter eine schwarze Färbung. Nur eines der Jungtiere hatte eine nicht ganz so übliche Färbung. Dieses Wölflein war rötlich gefärbt. Trotz der seltsamen rötlichen Färbung wurde das Wölflein von der Mutter nicht vernachlässigt oder sogar verstoßen. Instinktiv schien das Muttertier zu wissen, dass der rote Wollknäuel ein besonderer Wolf sein würde. Das rote Wölflein war stärker als seine Geschwister.

Mit dieser fuchsroten Fellfarbe sollte es später noch Probleme haben. Wochen und Monate vergingen und die fünf jungen Wölfe wurden größer und stärker. Bisher war ihr Geburtsort, die Höhle, ihre eigene kleine Welt gewesen. Alles außerhalb der Höhle kannten sie bisher nicht. Vier der Jungtiere sollten das auch nicht kennen lernen.

Eines Tages ging die Mutter wieder einmal auf die Jagd und ließ die fünf Jungen allein zurück. Eine Stunde später näherte sich ein junger Puma auf seinen weichen Pfoten. Ahnungslos balgten sich die Wolfsjungen und machten sich, mit den Geräuschen, die bei der Balgerei entstanden, auf den Puma aufmerksam.

Von der Neugier geweckt, schlich sich das Raubtier auf weiche Tatzen an die Höhle heran. Als der Puma die fünf Wolfsjungen sah, bekam das katzenartige Raubtier Appetit auf den Wolfsnachwuchs. Dann überschlugen sich die Ereignisse.

Blitzschnell schoss eine Pumapranke in die Höhle und ergriff die vier graubraunen bis schwarzen Wolfsjungen. Blitzschnell, wie ein Pfeil, jagte eine Wölfin aus dem Gebüsch und griff den Puma erbarmungslos an. Es war die Mutter! Nach wenigen Minuten wurde die Wölfin getötet. Nach dem Kampf stillte die Großkatze ihren Hunger an seiner Beute. Der Puma verlor bei dem Kampf ein Auge. Ein harter Preis für die Raubkatze! Nachdem die Großkatze gesättigt war, zog sie weiter.

Nur das zwei Monate alte rote Wölflein überlebte. Es betrat, nach dem die Katze verschwunden war, den Ort des Geschehens und fand seine tote Mutter und Geschwister, die es ebenfalls nicht überlebt hatten. Von jetzt an musste er alleine zurechtkommen, aber vielleicht war ja das Glück auch weiterhin auf seiner Seite. Bald entfernte sich das Wölflein von den traurigen Überresten seiner Mutter sowie Geschwistern und nach einigen tollpatschigen Schritten drehte es sich ängstlich um. Dann machte es kehrt und verschwand wieder schnell in der schützenden Höhle.

Stunden verstrichen, bis sich für einen Wolf, der gerade erst zwei Monate alt war, seltsame Schritte der Höhle näherten. Äste und Sträucher knisterten und brachen unter dem Gewicht eines Menschen, der jetzt vor den Überresten der toten Wölfin stehen blieb. Henry untersuchte die Wolfskadaver und schließlich war die Höhle an der Reihe. Eine Hand fuhr in die Höhle und ergriff das böse knurrende, fuchsrote Wollknäuel. Als der Ranger den Wolf genauer anschaute, spürte dieser, dass von diesem seltsamen Wesen keine Gefahr ausging.

„Na, wem haben wir denn da?”, begrüßte er das ängstliche junge Tier und fuhr fort, „Du kommst am besten mit mir.” Mit diesen Worten ließ die merkwürdige Gestalt den roten Wolfsjungen in seinen Rucksack verschwinden.

Er nahm den roten Wolf mit nach Hause. Dort sollte das rote Wölflein von seiner Tochter aufgezogen werden. Bei der Familie Johnson wuchs nun das Wölflein heran. Kathryn liebte Maruk sehr und verbrachte sehr viel Zeit mit ihm. Jahre vergingen und aus dem kleinen niedlichen fuchsroten Wölflein wurde ein stattlicher großer kräftiger Wolf. Doch dann kam der Ruf der Wildnis.

Ein Gefühl der Sehnsucht nach Freiheit machte sich in Maruk bemerkbar. Und dieser Ruf wurde immer stärker. Eines Tages würde der Ruf der Wildnis siegen. Von Tag zu Tag wurde es auch immer schlimmer damit und Maruk wusste nicht, woher diese Sehnsucht kam; nur dass er ihr irgendwann folgen musste.

Eines Tages verließ er das Grundstück der Johnsons und verschwand in dem nahen Wald. Mehrere Tage blieb er fort. Im Wald musste Maruk feststellen, dass er kein besonders guter Jäger war. Das war ja auch kein Wunder, denn er wurde bisher immer regelmäßig von den Johnsons gefüttert und brauchte daher das Jagen nicht zu erlernen. Darum konnte er natürlich keine Beute schlagen.

Das Schneehuhn flog ihm davon und der Puma war ihm zu groß. Das Stachelschwein war auch nicht das Richtige für ihn. Die grunzende Stachelkugel war für Maruk eher eine schmerzhafte Angelegenheit und so musste der fuchsrote Wolfrüde mit einem knurrenden Magen den Heimweg antreten.

Kaum war der Wolf zu Haus angekommen, wurde er auch schon freudig begrüßt und von Kathryn zum Spielen aufgefordert. Aber Maruk hatte keine Lust zum Spielen. In den letzten Tagen, an denen er fort war, hatte Maruk viel lernen müssen. Seit dem machte Maruk regelmäßig immer längere Ausflüge. Eines Tages kam der rote Wolf nicht mehr zu den Johnsons zurück. Während dieser Ausflüge lernte Maruk auch das Jagen.

Nach einiger Zeit wurde aus ihm ein sehr geschickter Jäger, der es verstand in der Wildnis zu überleben. „Schade, dass Maruk nicht mehr bei uns ist.”, sagte Kathryn traurig, „Ich vermisse ihn sehr. Wahrscheinlich wird er nie mehr wieder zurückkommen.” Die Johnsons und besonders die Tochter trauerten um den Verlust. Niemand von ihnen ahnte, dass sie eines Tages Maruk wiedersehen sollten. Nur, dass sollte seine Zeit dauern, bis es soweit war.....

Mit dem ersten Schnee kam der Winter und damit auch die Hungersnot für Maruk. Die kalte Jahreszeit machte dem Wolf richtig zu schaffen, denn sein rotes Fell, ließ es im Schnee kaum zu, etwas zu fangen. Sein Fell war einfach zu auffällig, um in der Wildnis erfolgreich jagen zu können. Maruk magerte immer mehr ab. Der Hunger wuchs dafür ins Unermessliche. Eines Tages machte er eine Appetit anregende Entdeckung. Es war eine Karibuherde.....

Doch alleine konnte er keines von den Karibus schlagen. So war Maruk auf ein Jungtier aus der Herde angewiesen. Auch ein krankes oder schwaches Herdentier hätte für ihn vollkommen ausgereicht.

Lautlos schlich er sich an die Herde heran, die ihn noch nicht bemerkt hatten. Mit den Vorderläufen im Schnee nach Fressbarem suchend, schenkten die Karibus ihrer Umgebung keine Beachtung. Inzwischen hatte sich Maruk für ein Herdentier als Beute entschieden, auf das er sich nun konzentrierte. Langsam bewegte sich der rothaarige Jäger auf sein ausgewähltes Opfer zu. Jeder seiner Muskeln war bis zu Zerreißen angespannt. Noch witterte keines der Herdentiere die Gefahr. Sein Puls raste, der Geruch seiner Beute in der Nase.

Plötzlich, als Maruk gerade aus seinem Versteck heraus angreifen wollte, preschte die Herde aufgeschreckt los. Die Karibus rasten genau auf das Versteck des roten Wolfes zu, dass er nun auf Grund dessen verlassen musste, damit er nicht von ihnen tot getrampelt wurde. Ohne ihn zu beachten, flohen die Tiere wieder in den Wald zurück. Maruk war viel zu überrascht gewesen, um auch nur eines der Karibus zu schlagen.

Enttäuscht und hungrig sah er der flüchtenden Herde nach, die im Dickicht verschwand. Wieder waren seine Hoffnungen auf reiche Beute einer weiteren Enttäuschung gewichen. Ein bösartiges Fauchen holte ihn aus der Erstarrung in die Wirklichkeit zurück. Ein Puma raste auf Maruk zu. Der rote Wolf flüchtete. Die einäugige Raubkatze blieb ihm auf den Fersen.

Die Verfolgung endete schlagartig auf einem Felsvorsprung. Die andere Seite war für einen Sprung auf die andere Seite zu weit für den Wolf. Auch wenn er sich noch solche Mühe geben würde, aber Hinüberspringen konnte er nicht. Der Abstand zur anderen Seite war einfach zu weit gewesen. Langsam näherte sich der Berglöwe seiner Beute. Maruk schaute die große Katze an. Er wusste, dass er nur noch eine Chance hatte. Er musste kämpfen, wenn er überleben wollte! Der einäugige Puma ging in Stellung, war nun zum tödlichen Sprung bereit. Beide Tiere fixierten ihre Blicke auf jeweils den anderen. Die Muskeln waren bei beiden zum Zerreißen angespannt.

Langsam wich Maruk vor der drohenden Gefahr zurück. Er wusste instinktiv, dass er nur eine Chance gegen die Katze hatte, indem er sich zum Kampf stellte. Dann sprang der Puma den Wolf an. Instinktiv duckte sich Maruk. Der Berglöwe war trotzdem schneller, als der Wolf sich ducken konnte. Beide Tiere kämpften ums nackte Überleben. Maruk versuchte immer wieder geschickt den tödlichen Krallen des gefährlichen Gegners auszuweichen, was ihm aber nicht immer gelang. Mehrmals bohrten sich die Krallen in die Flanken des Wolfes. Ebenso oft konnte dieser der kräftigen Raubkatze schmerzhafte Bisswunden zufügen.

Niemand der beiden bemerkte während des kurzen Kampfes die Risse im Boden, die sich bildeten und schnell breiter wurden. Dann gab der Felsen mit lautem Krachen nach und die Kämpfenden stürzten mitsamt der Felsbrocken in die Tiefe. Sowohl der Puma als auch der rote Wolf erschraken, als sie ins eiskalte Wasser fielen. Als Maruk wieder aufgetaucht war, begann er, ohne den Puma zu beachten, ans Land zu schwimmen. Am Flussufer schüttelte sich Maruk kräftig. Dann vernahm er das bösartige Fauchen wieder. Der Wolf wandte seinen Kopf in die Richtung, aus der das Fauchen kam. Auch der Berglöwe war ans Ufer geschwommen und schüttelte sich nun ebenfalls. Ihre Blicke trafen sich. Dann wiederholte der einäugige Puma sein Fauchen über den etwas breiteren Fluss, machte kehrt und verschwand daraufhin im Dickicht. Auch Maruk machte sich, nachdem er sich seine schmerzenden Wunden ausgiebig geleckt hatte, wieder auf die Futtersuche.

Maruks Suche nach Nahrung blieb eine lange Zeit erfolglos. Während er die Wälder und Felder Kanadas durchstreifte, wurde sein Hunger immer größer. Der Puma hatte ihn schon mehrmals seinen Jagderfolg zunichte gemacht. Tagelang wanderte der einsame Wolf, bis ihm ein Geruch sein Interesse weckte. Er blieb stehen, richtete seinen Kopf in die Luft und schnupperte. Da ist doch etwas? Irgendwie roch es nach Futter. Der rote Wolf folgte dem Geruch. Die Suche dauerte nicht lange. Hinter einer Böschung entdeckte er einen toten Hirsch.

Sofort näherte er sich dem Kadaver. Plötzlich stutzte er. Ein drohendes Knurren ertönte von dem toten Hirsch entgegen. Der Wolf war stehen geblieben. Hinter dem Hirsch kam ein Vielfraß zum Vorschein, der ihn böse anknurrte. Maruk hatte bis zu diesem Zeitpunkt noch nie zuvor so etwas gesehen. Das schwarze knurrende Etwas kam auf ihn zu. Instinktiv wich der Wolf ein paar Schritte zurück. Als der Abstand zwischen beiden groß genug war, widmete sich der Felsenmarder wieder seiner Nahrung.

Maruk blieb in sicherer Entfernung stehen und begann auf seine Chance zu warten. Irgendwann musste doch auch der Vielfraß satt sein. Dieser blickte immer wieder über seine Beute wachend zu dem Wolf hinüber. Maruk blieb unberührt an einem Busch sitzen.

Nach einer Weile nahm der Felsenmarder einen Teil des Hirsches mit und verschwand im Wald. Ohne zu Zögern nahm der rote Wolf seine Chance wahr, näherte sich dem Kadaver und begann gierig zu fressen.

Nachdem er sich satt gefressen hatte, nahm er ebenfalls einen Teil des Fleisches mit und begann nach einem sicheren Versteck zu suchen, wo er es sicher vergraben konnte. Als Maruk endlich einen geeigneten Platz dafür ausgesucht hatte, begann er zu buddeln. Doch er hatte keinen Erfolg, denn der Boden war bereits steinhart gefroren. Dann setzte er seine Suche nach einem geeigneteren Ort als Versteck fort.

Nach einiger Zeit fand Maruk eine leere Höhle, in der er sich ein wenig ausruhte und den Rest seiner Beute genüsslich vertilgte. Danach schlief er ein. Erst ein Geräusch riss ihn aus dem Schlaf. Neugierig schlich er sich zum Höhleneingang. Ein vertrauter Geruch stieg ihm in die Nase. Es war ein Kaninchen, das im Schnee nach Futter suchte und mit seinen Vorderläufen im Schnee danach scharrte.

Verlockend lag Maruk der Duft des Tieres in der Nase. Sein Puls begann wieder zu rasen. Sein Jagdtrieb war wieder erwacht. Neugierig und interessiert beobachtete er das Kaninchen, welches nichts von der Gefahr ahnte, in der es sich gerade befand. Der Wolf wartete, bis der weiße Flitzer direkt vor seiner Höhle saß.

In dem Moment, als das Kaninchen den Kopf schnuppernd in die Höhe reckte, sprang der rote Wolf aus der Höhle auf seine Beute zu. In wenigen Sekunden schmolz der Abstand zwischen Jäger und Gejagten. In dem Augenblick, als der Flitzer flüchten wollte, schmiss Maruk seine Beute zu Boden und biss zu. Das Langohr hatte keine Chance. Das laute Fiepen des Kaninchens erstarb, als der Wolf ihm das Genick brach. Zufrieden verschwand der Jäger mit seiner Beute wieder in seiner Höhle.

Das Wetter verschlechterte sich und es wurde immer kälter. Für Maruk wurde es auch deswegen immer schwieriger, etwas Fressbares zu finden. Er war solange in der Höhle geblieben, bis ihn der Hunger wieder hinaustrieb. Nach dem er das Langohr vertilgt hatte, hielt er sich noch an den Resten des toten Hirsches, von dem ihn damals der Vielfraß mehrfach vertrieben hatte. Inzwischen war auch von dem nichts mehr übriggeblieben und der rote Wolf musste sich wieder nach neuer Beute umsehen.

Auf der Suche nach neuer Beute kam der Wolf nach einigen Tagen in die Nähe einer Menschensiedlung. Die Gerüche, die er wahrnahm, hatten sein Interesse geweckt. In der Abenddämmerung schlich er sich um die Häuser und begann die Mülleimer zu durchsuchen. Als einer der Metalldeckel laut scheppernd auf den Boden fiel, erschrak er. Der Deckel rollte die Einfahrt bis zum Straßenrand herunter und blieb dort liegen. Der Wolf flüchtete erschrocken.

Vor Menschen hatte Maruk eigentlich keine Angst, denn er war ja bei ihnen aufgewachsen. An diesem Abend hatte er keinen Erfolg gehabt, denn die Mülleimer, die er durchgewühlt hatte, enthielten nicht viel, was er fressen konnte. Nach ein paar Tagen tauchte unverhofft ein kleiner Junge, der etwas in den Mülleimer werfen wollte, im Hinterhof auf. Als dieser den Wolf entdeckte, erschrak er zutiefst. „Mom! Dad!“, rief er so laut er nur konnte, „Ein riesengroßer Hund frisst aus unserer Mülltonne!“ Maruk, der den Jungen bisher nur wachsam angesehen hatte, preschte an David vorbei, riss den Sohn der Arlingtons dabei zu Boden und verschwand anschließend über die Felder flüchtend in dem nahe liegenden Wald.

Keuchend und mit einem Gewehr bewaffnet kam Davids Vater raus. Auch die besorgte Mutter war aus dem Haus gekommen und nahm ihren unverletzten aber erschrockenen Sohn sofort in die Arme, während der Vater sich wachsam umblickte. Als er Geräusche von einem davonlaufenden Tier zu hören glaubte, gab er sicherheitshalber einige Warnschüsse in die Richtung ab. „Geht sofort ins Haus!“, forderte er die beiden auf, „Vielleicht war es dieser Hund gewesen, der hier in der letzten Zeit die Tiere der umliegenden Farmen angefallen und getötet hat.“ Mutter und Sohn gehorchten und alle drei gingen wieder ins Haus.

Im Haus musste David noch einmal seinen Eltern ganz genau erklären, was er gesehen hatte. Als dieser geendet hatte, entschied Brian Arlington, dass weder David noch seine Frau Mary im Dunkeln das Haus verlassen durften. Anschließend informierte er telefonisch die Polizei von dem Vorfall. Die Furcht der Leute vor dem gefährlichen Raubtier, welches in der letzten Zeit in dieser Siedlung für Aufregung gesorgt hatte, hatte sie misstrauisch und ängstlich gemacht. Aber auch ihre Wachsamkeit hatte deswegen zugenommen. Jedes Tier wurde argwöhnisch beobachtet. Das galt sowohl für den Hund des Nachbarn als auch für alle anderen Tiere, die hier in der Umgebung lebten. Nach dem Anruf bei der Polizei, informierte Brian die Nachbarn.

In den darauf folgenden Tagen ließ sich Maruk nicht in der Siedlung blicken. Er war noch nie zuvor in seinem Leben vor einem Menschen, der geschossen hatte, davon gelaufen. Aber diesmal war es anders gewesen. Dieser Mensch hat auf ihn gezielt! Mit einem pochenden Herzen und Pulsrasen blieb er am Rande des Waldes stehen. Noch einmal wandte er sich zur Siedlung um und warf einen kurzen Blick auf die kleinen Häuser, die ihm früher mal Nahrung und Schutz bedeutet hatten. Dann verschwand er mit knurrendem Magen im Dickicht. Der Hunger war auch wieder in dieser Nacht sein Begleiter.....

Die Zeit verging und regelmäßig durchstöberte Maruk die Mülltonnen in der Siedlung. Gelegentlich fand er auch was Fressbares. Er ging zu jeder Mülltonne, die der Arlingtons allerdings ignorierte er. Die Angst, das der Mann noch einmal auf den Wolf schießen könnte, war zu groß gewesen. Zu schmerzhaft war die Wunde, die er durch den Streifschuss davongetragen hatte. Nachdem diese abgeheilt war, erinnerte nur noch eine Narbe an diese Verletzung.

Eines Abends gab es wieder Aufregung bei den Arlingtons. Die Tiere in den Stallungen waren sehr unruhig gewesen. Die Pferde wieherten, die Rinder muhten und auch die restlichen Tierbestände gaben Laut von sich. Brian verließ das Haus, um nach dem Rechten zu sehen. Dabei kontrollierte er einen Stall nach dem anderen, ohne etwas Verdächtiges zu entdeckten. Wie sehr er es auch versuchte, beruhigen konnte er die Tiere nicht. Irgend etwas lag in der Luft.....

Merkwürdig, dachte der Familienvater, als er den letzten Stall betrat, Genauso musste es auch bei den Newmans, Cunninghams und all’ den anderen gewesen sein, als ihre Tiere gerissen wurden. Sorgfältig schaute er sich im Stall bei den Ziegen und Schafen um. Auch sie waren alle aufgeregt gewesen und standen alle in einer Ecke, als ob sie jemand in diese Ecke getrieben hätte. Neugierig kam Brian näher, bis er direkt an dem Stallgatter stand. Der Farmer öffnete es, trat ein und schloss es wieder.

In einer dunklen Ecke entdeckte er das tote Schaf. Brian fluchte, als er sich das tote Tier näher ansah. Was es gewesen war, das sein Schaf getötet hatte, wusste er nicht. Aber er dachte sofort an den großen Hund, der seinen Sohn ‚angegriffen’ hatte. Gesehen hatte er ihn zwar nicht, als David ihn bei der Mülltonne entdeckt hatte, doch konnte er sich gut an die Geräusche erinnern, die Brian vernommen hatte, als der Hund geflohen war.

Verdammter Köter!, dachte der Farmer wütend, Dich werde ich höchstpersönlich in die Hölle schicken! Sorgfältig schloss er die große Tür des Stalls. Als er das Wohnzimmer betreten hatte, erzählte er seiner Familie und seinen Gästen, das eines seiner Schafe getötet worden war. Sein Bruder Henry bat Brian, ihn das tote Tier zu zeigen. Gern kam dieser seiner Bitte nach, denn er wusste, dass sich sein Bruder in solchen Dingen auskannte, denn dieser war Ranger im Naturreservat. Beide Männer gingen in den Stall, wo sich das tote Schaf befand. Neugierig folgten den Beiden der Rest der Familie.....

Auch an diesem Abend durchsuchte Maruk wieder die Abfalleimer. Plötzlich unterbrach er seine Suche, reckte neugierig den Kopf in die Höhe und begann aufmerksam zu horchen. Er hatte Geräusche gehört. Erst Türen, die geöffnet und geschlossen wurden, dann Schritte, die sich mit den Geräuschen der Türe abgewechselt hatten. Zu guter Letzt hörte er Stimmen von mehreren Menschen, von denen ihm einige bekannt vorkamen.

Der rote Wolf war schon den ganzen Tag ohne Erfolg auf Futtersuche gewesen. Neugierig näherte er sich nun der Farm, von dort er die Geräusche vernommen hatte. Wachsam um sich blickend und auf der Hut seiend schlich sich der Wolfsrüde in die Nähe der Stallungen. Die Stimmen und die Geräusche der Menschen waren nun sehr deutlich zu hören. Auch die Gerüche waren ihm mittlerweile etwas vertraut geworden. Dennoch blieb Maruk wachsam, denn sein Instinkt warnte ihn vor einer drohenden Gefahr. Da war ein Geruch dabei, der dort eindeutig nicht hingehörte.....

Nachdem Henry sich die tödlichen Verletzungen des Schafes angesehen hatte, verließen die beiden Männer den Stall. Bevor sie die Tür schließen konnten, blieb Henry abrupt stehen. Vor ihm stand auf dem Hof ein Puma. Die Raubkatze hatte nur noch ein Auge.....

Brian stand noch im Türrahmen, als er die Warnung seines Bruders vernahm. Geistesgegenwärtig griff dieser zur Heugabel und begann damit die Katze auf Abstand zu halten. Blitzschnell rannte Mary Arlington ins Haus und holte das Gewehr. Die Kinder folgten ihr. Alle bekamen eine Gänsehaut, als sie beobachten mussten, wie sich der Puma mit einem bösen Fauchen zum tödlichen Sprung bereitmachte.....

Im Dämmerlicht war alles nur noch schlecht erkennbar gewesen. Angsterfüllt blickten die Menschen den Berglöwen an. Dann schnellte der Puma wie vom Katapult abgefeuert durch die Luft.....

Die Heugabel schützend vor sich haltend erschraken die Männer zutiefst, als ein zweiter Schatten durch die Luft wirbelte. Verdammt, das sind ja zwei Viecher!, wollte Brian gerade sagen, als beide Tiere auf den Boden landeten und ein wilder Kampf zwischen den beiden entbrannte. Irritiert mussten die Menschen erkennen, dass sich der zweite Schatten als ein roter Wolf entpuppte.....

Niemand hatte bemerkt, wie sich Maruk angeschlichen hatte. Inzwischen hatte der rote Wolf jenen Berglöwen wiedererkannt, der vor Jahren seine Mutter und Geschwister getötet und ihm den Jagderfolg bei der Karibuherde zunichte gemacht hatte. Der gnadenlose aber ungleiche Kampf tobte solange, bis einige Schüsse laut krachend die Luft zerrissen. Zwei Raubtiere lagen bewegungslos am Boden. Langsam ließ Mary das Gewehr sinken....

„Maruk!”, rief Kathryn aufgeregt und rannte zu dem roten Wolf hin, der immer noch regungslos am Boden lag, „Maruk, mein geliebter Maruk!” Weinend kniete sich die Tochter des Rangers vor dem Wolf hin, nahm ihm in ihre Arme und drückte ihn fest an sich. Alle anderen näherten sich nun dem Mädchen, das den Wolf immer noch festhielt. Inzwischen hatte sich Brian vergewissert, dass der Puma wirklich tot war. „Daddy!”, rief sie verzweifelt in die Runde blickend, „Warum hat sie Maruk getötet?” Henry war zu seiner Tochter getreten, kniete sich ebenfalls nieder und begann den Wolf zu untersuchen. „Kathryn, mein liebes Kind.”, sagte er beruhigend, nachdem er den Puls des Wolfes gefühlt hatte, „Maruk lebt! Er ist nur verletzt.” In diesem Augenblick regte sich Maruk. Trotz der schmerzenden Wunden, die er durch den Kampf mit dem einäugigen Berglöwen davongetragen hatte, drehte er seinen Kopf um und begann vorsichtig das Gesicht des Mädchens zu lecken.

Erleichtert trugen die Menschen Maruk, der wieder bei seiner Familie war, ins Haus und begannen ihn wieder gesundzupflegen. Unzählige Male versicherte Mary, dass sie nicht auf den Wolf, sondern nur auf die Raubkatze geschossen hatte. Nach eingehenden Untersuchungen stellte ein Tierarzt aus der Siedlung fest, dass sämtliche Verletzungen, bis auf die Narbe von Brians Streifschuss, von den Kämpfen mit dem Berglöwen herrührten.....

Maruk wurde von der Familie wieder liebevoll gepflegt. Allen war inzwischen klar geworden, dass der rote Wolf niemals die Absicht hatte, weder David noch irgendeinen anderen Menschen etwas anzutun. Er hatte nur verzweifelt in den Abfalleimern nach Futter gesucht.

Die Tage vergingen bei den Arlingtons wie im Fluge und Maruks Genesung machte rasche Fortschritte. Besonders Kathryn war darüber glücklich, das der rote Wolf wieder zurück war. Als die Johnsons die Heimfahrt antraten, machten sie kurz in der nächsten Stadt halt, um für Maruk, der inzwischen wieder ganz gesund war, ein geeignetes Halsband zu besorgen. Henry wollte sichergehen, dass nie wieder ein Mensch seine Waffe auf den Wolf richtete. Bereitwillig ließ sich Maruk das Halsband von Kathryn anlegen. Anschließend wurde die Fahrt nach Hause fortgesetzt.....

E N D E

von Andreas Rößler, 1984 - Neubearbeitung 2004

Abschließende Hinweise:

keine

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