Tabrun Nandor - Im Reich der Xulari

von aroessler2003
Zusammenfassung:

Diese Geschichte stammt aus der Chronik von Bellurānia Prime. Eine lange Dürreperiode macht dem Farmer Gūrad Nandor zu schaffen, denn seine Ernte droht zu verdorren. Aus Sorge vor dem drohenden Ruin seines Hofes, ruft er den Familienrat zusammen, um gemeinsam eine Lösung zu finden. Nachdem Gūrad den Vorschlag von Tabrun, eine Bewässerungsanlage für die Felder zu kaufen, ablehnt, fasst Tabrun einen folgenschweren Entschluss. Gegen den Willen seines Vaters macht sich Tabrun zusammen mit seinem jüngsten Bruder Mandrak auf den Weg in ein sehr fernes Land, um neue Saat zu besorgen. Keiner von beiden ahnt, dass sie etliche gefährliche Abenteuer während ihrer Reise zu bestehen haben…..


Kategorien: Eigene Stories Charaktere: Keine
Genres: Fantasy
Herausforderung: Keine
Serie: Die Arimus-Missionen
Kapitel: 11 Fertiggestellt: Ja Wörter: 61788 Aufgerufen: 122692 Veröffentlicht: 02.05.09 Aktualisiert: 02.05.09

Auf Scoutsuche

von aroessler2003

 

Die Überfahrt dauerte mehrere Wochen. Als sich am Horizont ein Sturm zusammenbraute, befahl der Kapitän des Schiffes den Kurs zu ändern, um dem Sturm zu entgehen. Er wollte weder sein Schiff noch die Leute an Bord gefährden. Als nach endlosen Tagen auf See endlich Land wieder in Sicht kam, atmeten die Mannschaftsmitglieder des Schiffes erleichtert auf. Auch Simdu, Tabrun und Mandrak waren froh, als sie in Melīnos an Land gehen konnten. Melīnos war die größte Handelsmetropole und zugleich die Hauptstadt des aldoranischen Imperiums. Interessiert und zutiefst beeindruckt ließen Tabrun und Mandrak ihren Blick durch das Hafenviertel schweifen. Sie sahen die großen Mengen an Handelswaren, die von den Schiffen ausgeladen wurden. Zahlreiche Befehle in verschiedenen Sprachen wurden erteilt, die von den Angesprochenen sorgfältig ausgeführt wurden. Der Geruch des salzigen Meeres vermengte sich mit den zum Teil sehr würzigen Gerüchen der verschiedensten Obst- und Gemüsesorten, die kistenweise ausgeladen wurden. Weitere Gerüche stammten von den Tieren, die aus den Schiffen geführt wurden. Deutlich hörten die drei Männer die Rufe der Leute, die mühselig versuchten ihre Tiere in der fremden Umgebung ruhig zu halten.

Nach einigen Minuten führte Simdu die beiden Brüder aus der Hafengegend heraus in die Innenstadt. Wortlos folgten ihm die beiden Brüder. Vor einem kleinen Gasthaus blieb er stehen und wandte sich zu seinen beiden Begleitern um. „Wartet hier auf mich.”, sagte er, „Ich will mal sehen, ob wir hier für diese Nacht ein Zimmer bekommen könnten.” Kurz darauf betrat Simdu das Gasthaus. Gerüche von verschiedenen Speisen und alkoholischen Getränken wehte den beiden Wartenden entgegen, als Simdu die Tür öffnete und eintrat. Lautes Stimmengewirr, das Tabrun und Mandrak ebenfalls entgegenschwappte, verebbte schnell wieder, als die Tür wieder ins Schloss fiel.

In dem Wirthaus bahnte sich Simdu zwischen den zahlreichen Gästen hindurch einen Weg direkt an die Theke. Fragend blickte ihn der Wirt an, als der Blonde vor ihm stehen blieb. „Guten Abend.”, begrüßte er den neuen Gast, „Was kann ich für Euch tun?” „Habt Ihr vielleicht noch ein oder zwei Zimmer für mich und meine beiden Begleiter für heute Nacht frei?”, erkundigte sich Simdu auf Aldoranisch. Die Augenbrauen des Wirts kletterten in die Höhe und der kahlköpfige Mann sah den Blonden interessiert an, als er den fremden Akzent des Neuankömmlings vernommen hatte. „Ja, wir haben noch Zimmer frei.”, antwortete dieser im gewohnten Geschäftston, „Wenn Ihr hier zur Nacht bleiben wollt, müsst Ihr zehn Jüntakus pro Nacht und pro Person im Voraus bezahlen. Speisen und Getränke gehen allerdings extra.” Simdu begann zu lächeln. „Fünf Jüntakus pro Nacht für drei Personen.”, begann der Blonde zu feilschen. „Aber edler Herr!”, rief der Wirt mit gespieltem Entsetzen, „Ihr bringt mich an dem Bettelstab, wenn ich das zuließe! Ich habe eine Familie, die ich ernähren muss, edler Herr. Für acht Jüntakus pro Person könnt Ihr für die Nacht hier bleiben.” Simdu zog die Stirn in Falten. Lächelnd hielt im der Wirt seine schwielige Hand zum Einschlag hin, doch der neue Gast schüttelte erneut mit dem Kopf. „Nein, dann macht Ihr uns arm.”, erwiderte Arankas Mann gelassen, „Dann müssen wir uns wohl eine andere Möglichkeit zum Übernachten suchen. Möge Zātul über Euch und Eure Geschäfte wachen.” Simdu wandte sich um und ging zur Tür. Rasch eilte ihm der Wirt hinterher. „Bei Zātul! Für sechs Jüntakus pro Person für eine Nacht mit Abendbrot und Frühstück.”, rief der kahlköpfige Mann dem Blonden hinterher, „Das ist mein letztes Angebot.” Simdu blieb stehen und begann zu lächeln, als er sich wieder zu dem Wirt umwandte. „Für sechs Jüntakus pro Person für eine Nacht mit Abendbrot und Frühstück?”, fragte Simdu, „Ist das wirklich Euer letztes Angebot?” Der Kahlköpfige nickte. „Ja, genauso ist es.”, antwortete der Wirt und blickte dem blonden Mann offen ins Gesicht, „Ihr werdet nirgendwo in dieser Stadt bessere Zimmer bekommen als hier, edler Herr. Meine Mägde reinigen die Zimmer täglich.” Simdu trat einen kleinen Schritt auf dem Wirt zu. „Also gut.”, entschied Simdu ein wenig amüsiert, „Wir nehmen Euer Angebot an, obwohl Ihr uns dabei arm macht.” „Aber edler Herr!”, versicherte der Wirt, „Es sind die besten Zimmer, die Ihr in ganz Melīnos bekommen könnt.” Wenig später wurde der Handel von beiden durch den Handschlag besiegelt.

Kurz darauf trat Simdu vor die Tür und forderte die beiden Brüder auf, ihm zu folgen. Arankas Mann führte die beiden zu einem kleinen Tisch und nahm dort Platz. Sowohl Tabrun und Mandrak taten es ihm gleich und setzten sich ebenfalls. „Und wie sieht es aus?”, wollte Tabrun wissen, als der Wirt den drei Männern jeweils einen Krug Wein auf dem Tisch abstellte. „Wie soll’s denn aussehen?”, antwortete Simdu trocken und deutete dabei auf dem kahlköpfigen Mann, „Ich habe für uns bei diesem gerissenen Mivuku zwei Zimmer genommen.” Das Lächeln des Wirts wurde breiter, als er antwortete. „Ich habe nur sehr selten Gäste aus Übersee, die in unserer Zunge so geschickt mit mir feilschen können.”, gestand der Wirt, „Da konnte ich doch nicht ablehnen.” „Woher wisst Ihr, dass wir aus Übersee sind?”, erkundigte sich Mandrak, nachdem Simdu übersetzt hatte. „Ich sah es bereits an der Kleidung und hörte es auch gleich an seinem Akzent, als er mich nach freien Zimmern fragte.”, antwortete der Wirt und wies mit seiner schwieligen Hand auf den blonden Mann, „Nur woher Ihr genau seid, konnte ich aber nicht raushören. Ich kann mich aber daran erinnern, dass ich schon einmal vor etlichen Jahren einen Gast hatte, der Eure Zunge sprach und auch Kleidung trug, die der eurigen sehr ähnlich war. Wenn ich mich recht entsinne, hieß der Fremde Gamdu Mālak und stammte aus einem Dorf namens Kamušolva.” Simdu nickte, worauf ihn der Wirt fragend ansah. „Ich sehe, Ihr kennt diesen Mann.”, konstatierte der Kahlköpfige. Jakodos verneinte. „Nein.”, antwortete Arankas Mann, „Diesen Mann kenne ich zwar nicht, aber mir ist das Dorf bekannt, von dem Ihr gesprochen habt. Es liegt nur wenige hundert Duks südlich von Merānos entfernt. Dort werden zurzeit die besten Mivukus gezüchtet.” „Demzufolge sprecht Ihr ebenfalls Ulanisch als Muttersprache.”, stellte der Wirt fest. „Gefällt Euch der Klang unserer Zunge?”, wollte Tabrun durch Simdus Übersetzung wissen. Der Kahlköpfige nickte. „Ja, sie klingt genauso schön wie unser Aldoranisch.”, gestand Alānos Kimbraš, „Bedauerlicherweise habe ich sie nie gelernt.”

Das laute Stimmengewirr erstarb plötzlich, als vier Fremde in Uniform und schwer bewaffnet das Gasthaus betraten. Der Größte von ihnen ließ langsam sein Blick durch den Raum schweifen. Als er einen freien Tisch in einer Ecke des Raumes erblickte, gab er seinen Begleitern einen Wink ihm zu folgen. Laut hallten ihre Schritte durch den Raum. Kurz darauf nahmen sie an dem Tisch Platz. „Was ist das für ein Service hier?”, brüllte der Graumelierte ungeduldig, „Wo steckt denn der Wirt schon wieder?” Rasch war Alānos von seinem Stuhl bei seinem ulanischen Gästen aufgestanden und eilte wieselflink zu den Neuankömmlingen. „Ich bin hier, edler Herr.”, antwortete er und blickte dabei von einem zu anderen Uniformierten, „Was kann ich Euch bringen?” Der Hüne begann süffisant zu grinsen. „Wie wär’s denn mit deiner Frau?”, fragte der Graumelierte in Uniform, während seine Begleiter zu lachen anfingen, „Oder noch besser ist es, wenn du uns deine Tochter bringen könntest.” Erschrocken zuckte Kimbraš zusammen, als er die Worte des Fremden vernahm. „Aber, edle Herren!”, protestierte er entsetzt, „Unser Gasthaus ist ein anständiges Haus. Wenn Ihr Zerstreuung sucht, dann solltest Ihr lieber Euer Glück woanders versuchen.” Der Kleinste in Uniform schoss von seinem Stuhl hoch und zog ein scharfes Messer, das er Alānos drohend an dem Hals hielt. „Soll das etwa heißen, dass du uns deine Gastfreundschaft verweigerst, Wirt?”, zischte der Rothaarige. Alānos Kimbraš schluckte. Der Graumelierte blickte den Rothaarigen an. „Steck gefälligst das Messer wieder ein.”, befahl er, „Wir wollen das mal nicht übertreiben. Sonst kriegen die anderen Gäste noch Angst und laufen möglicherweise noch unseretwegen davon. Der gute Mann soll uns lieber ein Bier bringen. Wenn du ihn umbringst, gehen wir leer aus.” Rasch ließ der Angesprochene seine Waffe wieder in seinem Gürtel verschwinden. Schnell entfernte sich der Wirt von seinen neuen Gästen und brachte ihnen nach wenigen Minuten das gewünschte Bier. Als er vor ihnen die Krüge abstellte, legte der Graumelierte ein paar Münzen auf dem Tisch. Dann gab er dem Wirt ein Zeichen, sich von dem Tisch wieder zu entfernen.

Kurz darauf kehrte Kimbraš zu seinen ulanischen Gästen zurück, die das ganze Schauspiel von ihrem Tisch aus beobachtet hatten. Fragend sahen ihn die Ulani an. „Was sind das denn für Herrschaften?”, wollte Simdu wissen. Der Wirt machte eine abwehrende Handbewegung. „Das sind Soldaten der imperialen Garde unseres Königs.”, antwortete Alānos, „Die kommen in regelmäßigen Abständen her, um in meinen Weinkrügen zu vergessen.” „Sind die immer so ruppig zu Euch?”, wollte Mandrak durch die Übersetzung Simdus wissen, „Ich fand, dass sie eben gerade sehr unfreundlich zu Euch waren. Zumindest klang das für mich so.” Der Wirt schüttelte energisch mit dem Kopf. „Nein, da liegt Ihr im Irrtum, edler Herr.”, erwiderte der Kahlköpfige mit einem leicht tadelnden Klang in seiner Stimme, „Diese Art ist typisch für die Soldaten der imperialen Garde. Allerdings sollte man vorsichtig sein, wenn man mit ihnen nicht aneinander geraten möchte. Sie sind sehr streitbare Leute. Besonders unangenehm wird es dann immer, wenn sie andere Gäste, die dem König nicht in seiner Armee dienen, zu ihrem Gelage einladen und das Ganze in einem Wetttrinken ausartet. Meistens endet das in einer Schlägerei, weil niemand alles alleine bezahlen will.” „Ist das schon oft vorgekommen?”, fragte Simdu. Der Wirt verzog leidvoll das Gesicht. „Leider kam das schon viel zu oft vor.”, gestand er, „Und jedes Mal ging dabei fast immer die gesamte Raumausstattung zu Bruch. Viermal habe ich schon angehörige Soldaten der imperialen Garde aus meinen Haus schmeißen lassen.” „Und das hatte bestimmt das eine und andere Mal Folgen gehabt.”, konstatierte Tabrun. Der Wirt pflichtete ihm bei. „Ja, das stimmt.”, antwortete Alānos, „Einer von ihnen hatte deswegen einmal versucht, mich umzubringen. Aber das ist eine Geschichte, über die ich nicht gern reden möchte.” Simdu lehnte sich in seinem Stuhl etwas zurück und atmete tief durch. „Das ist verständlich.”, sagte er, „Am besten wechseln wir das Thema. Wir könnten zum Beispiel Euren Rat gut gebrauchen.” Fragend blickte der Kahlköpfige seine ulanischen Gäste an.

„Sprecht.”, sagte Alānos interessiert, „Vielleicht kann ich Euch helfen.” Simdus Miene wurde sehr ernst, als er antwortete. „Wir wollen eine Expedition zum Brondus-Damrajd machen und suchen noch jemanden, der uns dorthin führen könnte. Am besten wäre es, wenn derjenige die erforderlichen Zungen jener Gebiete beherrschen würde, die wir dabei durchqueren müssten.”, sagte der blonde Ulani. Kimbraš zog grübelnd seine Stirn in Falten. „Brondus-Damrajd.”, wiederholte er nachdenklich, „Das soll ein sehr gefährliches Gebiet im oskonischen Kaiserreich sein, habe ich gehört. Was wollt Ihr dort?” „Wir suchen nach Larunos.”, gestand Arankas Mann, „Meine beiden Begleiter brauchen das Saatgut von diesen Pflanzen, um den Hof ihres Vaters vor dem endgültigen Ruin zu bewahren.” Der Wirt nickte verständnisvoll. „Euer Beweggrund ist sehr edel.”, antwortete der Wirt mit Bewunderung in seiner Stimme und fuhr gleich mit einem warnenden Unterton in seiner Stimme fort, „Momentan ist es nicht sehr ratsam, in das oskonische Kaiserreich einzureisen.” „Warum nicht?”, erkundigte sich Tabrun, nachdem Simdu übersetzt hatte. „Das ist ganz einfach, edle Herren.”, erklärte der Wirt, „Im oskonischen Kaiserreich herrscht zurzeit Bürgerkrieg. Der alte Kaiser ist schon seit Wochen schwer krank und liegt im Sterben. Seine beiden Söhne, Paludīn und Gēzul, kämpfen bereits um den Thron und damit um die Herrschaft über das gesamte Reich.” „Das hört sich nicht gut an.”, meinte Tabrun, nachdem Simdu die Aussage des Wirtes ins Ulanische übersetzt hatte, „Aber wir müssen trotzdem dorthin, wenn wir den Hof meiner beiden Begleiter retten wollen.” „Das ist der Grund, warum Ihr hier niemanden findet werdet, der bereit sein wird, Euch nach Brondus-Damrajd zu führen.”, erwiderte der Kahlköpfige, „Vielleicht ist es besser, wenn Ihr nach Osandušolva weiterreisen würdet. Dort werdet Ihr eher einen Führer oskonischen Blutes finden, der Euch sicher durch das Land bringen kann, wenn er selbst neutral ist.” Tabrun stieß nach Simdus Übersetzung einen Seufzer aus. „Es bleibt dabei.”, sagte der Schwarzhaarige entschieden, „Wir werden trotzdem unsere Expedition dorthin fortsetzen. Wir sind nicht hierher gekommen, um dann aufzugeben, wenn es etwas kniffelig wird. Wir müssen Vaters Hof retten und nichts wird uns davon abhalten. Auch kein Bürgerkrieg im oskonischen Kaiserreich.” Mit diesen Worten erhob sich Tabrun von seinen Stuhl und legte ein paar Münzen vor dem Wirt auf den Tisch. „Es wird Zeit das Nachtlager aufzusuchen.”, fügte er hinzu, nachdem Simdu übersetzt hatte, „Wir sollten etwas ausgeruht sein, wenn wir Morgen früh unsere Reise fortsetzen wollen.” Mandrak und Arankas Mann standen ebenfalls auf, nachdem sie ihre Getränke bezahlt hatten. Ein wenig nachdenklich sah Alānos Kimbraš den drei ulanischen Männern nach, die bereits die Treppe in den ersten Stock emporstiegen. Nachdem sie aus seinem Blickfeld verschwanden, steckte sich der Wirt rasch das Geld ein und kehrte mit den leeren Weinkrügen in seinen Händen wieder zu seiner Theke zurück.

Als die Sonne aufging, verließen sie gemeinsam das Gasthaus, in dem sie die letzte Nacht verbracht hatten. Sofort führte sie eine junge Magd, wie es ihr Alānos Kimbraš aufgetragen hatte, zu dem besten Kojn-Kojn-Händler der Stadt. Ausgiebig begutachteten sie gemeinsam mehrere Reittiere, die sie für ihre Expedition brauchten. Zu guter Letzt entschieden sich Tabrun, Mandrak und Simdu für fünf sehr kräftige Tiere, die ihnen von Anfang an gut gefielen. „Wohlan, Zātul ist wohl mit Euch, Fremde!”, sagte der Händler auf Aldoranisch mit einem starken bungäischen Akzent zufrieden lächelnd, als Simdu für die Tiere bezahlte, „Ihr habt Euch für sehr gute Reittiere entschieden, edle Herren! Es sind die besten, die ich habe. Sie werden Euch treue Dienste leisten.” Rasch luden Tabrun, Mandrak und Simdu ihre Ausrüstung für die Expedition auf zwei der Kojn-Kojns, die ruhig stehen blieben. Zwischendurch gaben die Tiere Laut von sich und schnaubten. Anschließend stiegen die drei Ulani in ihre Sättel und verließen auf ihren neuerworbenen Kojn-Kojns die aldoranische Handelmetropole Melīnos.

Es vergingen viele Tage, bis sie bei Anbruch der Nacht das Dorf Osandušolva am Pelkošari erreichten. Dort angekommen hielt Simdu sofort nach einer Übernachtungsmöglichkeit Ausschau. Es dauerte nicht lange, bis sie eine kleine Taverne mit Übernachtungsmöglichkeiten entdeckten. Dort erkundigte sich Simdu auf Aldoranisch bei der Wirtin, wo man in dem Dorf am besten jemand finden kann, der bereit wäre, für die Expedition in seine Dienste zu treten. Nachdenklich sah ihn die alte Frau an. „Ich glaube, am besten wäre es, wenn Ihr mal Pelto Gōlad fragt.“, antwortete sie mit kratziger Stimme, „Der war schon bei einigen Expeditionen dabei gewesen und ist auch mit einigen anderen Zungen vertraut.” „Und wo finden wir diesen Pelto Gōlad?”, erkundigte sich Arankas Mann weiter, „Ist er denn zuverlässig?” Die Alte gab ein abfälliges Schnauben von sich. „Ich weiß nicht, ob er zuverlässig ist.”, sagte sie etwas genervt, „Bis jetzt hat sich noch nie jemand über seine Arbeit beklagt.” Forschend blickte Jakodos die Wirtin an. „Wie gut kennt Ihr diesen Pelto?”, erkundigte sich der Blonde. Die Frau begann schallend an zu lachen. „Wollt Ihr wirklich wissen, wie gut ich ihn kenne?”, platzte es aus ihr heraus, „Er war weit und breit der beste Feldjunge, der meinem Vater auf dem Land jemals gedient hat.” Simdu nickte. „Also gut.”, sagte er entschieden, „Dann lasst nach ihm schicken.” Sofort wandte sich die Alte um und brüllte durch das ganze Haus. „Pelto, du alter Schlawiner!”, rief sie so laut, dass sich die drei Ulani die Ohren zuhalten mussten, um nicht taub zu werden, „Wo steckst du denn schon wieder? Komm gefälligst her, denn es gibt wieder jede Menge Arbeit für dich!” Bei Zātul!, dachte Tabrun, Die brüllt ja noch lauter, als alle Götter in ihrem Zorn gemeinsam brüllen würden! Wenig später knarrten bereits die ersten Stufen der alten Holztreppe und eine hagere Gestalt mit einem griesgrämigen Gesichtsausdruck tauchte aus dem Keller auf. Er war graumeliert und trug einen Vollbart, der ihm bereits bis zum Solarplexus reichte. Dicht vor den Neuankömmlingen blieb Pelto stehen und musterte die drei Fremden mit gelassenen Blicken. Rasch erzählte sie dem ehemaligen Feldjungen ihres Vaters, was sie von ihm wollte. Als sie sagte, dass die drei Männer aus Übersee jemanden suchten, den sie für ihre Expedition als Führer in ihre Dienste stellen wollten, begann es in seinen Augen zu glitzern. Sofort war sein Interesse erwacht. „Wohin soll denn die Expedition gehen, edle Herren?”, wollte er mit sonorer Stimme wissen. „Wir wollen nach Brondus-Damrajd.”, antwortete Arankas Mann wahrheitsgemäß, „Wir wollen dort nach Larunos suchen.” „Brondus-Damrajd.”, wiederholte Pelto nachdenklich, „Das liegt mitten im oskonischen Kaiserreich. Ich bin zwar noch nie dort gewesen, aber das klingt interessant. Das könnte bestimmt eine interessante Reise werden, wenn ich euch dorthin begleiten würde.” Dann blickte er die drei Ulani herausfordernd an. In seinem Blick erkannten Tabrun, Mandrak und auch Simdu Entschlossenheit und Abenteuerlust. „Also gut.”, fuhr Gōlad fort, „Ich bin dabei.” Es dauerte nicht lange, bis Pelto mit seinen neuen Arbeitgebern über seinen Lohn verhandelt hatte. Zufrieden schlugen Arankas Mann und der hagere Mann mit seiner sehnigen Hand ein. „Möge Zātul diesen Handel seinen Segen geben.”, sagte der graumelierte Alte mit glänzenden Augen feierlich.

Noch am selben Tag besprachen sie gemeinsam, wie sie am besten zum Brondus-Damrajd gelangen konnten. „Ich kenne einen guten Weg, von dem man mir einst mal berichtet hatte. Der führt von hier aus direkt durch das bungäische Fürstentum und setzt sich anschließend durch den östlichen Teil des oskonischen Kaiserreichs fort.”, erklärte der Alte und sein Blick verfinsterte sich, als er fortfuhr, „Aber wegen des Bürgerkrieges ist der kürzeste Weg zum Brondus-Damrajd auch der gefährlichste, denn zurzeit sind dort sehr viele Patrouillen beider verfeindeten Parteien auf den zahlreichen Straßen und Wegen des Imperiums unterwegs. Es vergeht kein Tag, an dem nicht jemand auf offener Straße überfallen, ausgeraubt oder gar getötet wird, nur weil derjenige auf der Seite des Gegners steht.” Die beiden ulanischen Brüder tauschten untereinander vielsagende Blickte aus, nachdem Simdu die Aussage des Alten für sie übersetzte. Was Pelto ihnen erzählte, gefiel weder Tabrun noch Mandrak. Auch Simdu gefiel es nicht, was er seinen beiden Begleitern übersetzen musste. „Das klingt nicht gerade nach einem Spaziergang.”, stellte Tabrun fest. Fragend sah Pelto den blonden Ulani an, der sofort übersetzte. „Macht Euch darüber keine Gedanken.”, erwiderte der Graumelierte versichernd, „Es gibt auch noch andere Wege, die uns zum Brondus-Damrajd führen. Wenn wir stets daran denken, dass dort Krieg herrscht, werden wir da schon irgendwie durchkommen. Solange wir den oskonischen Soldaten aus dem Weg gehen, wird uns schon nichts passieren.”

„Möge Euer Wort bei den Göttern Gehör finden.”, seufzte Jakodos voller Skepsis, „Ich hoffe, dass Ihr Recht habt.” Pelto hob beschwörend die Hände. „Wie ich schon sagte, solange wir uns unauffällig verhalten, wird uns nichts geschehen, edle Herren.”, versicherte er erneut seinen neuen Arbeitgebern in einem sehr ruhigen Ton, „Fazilāna wird schon schützend ihre mächtige Hand über uns halten und uns alle Widrigkeiten vom Hals halten. Wir können also getrost unsere Expedition durchführen. Falls dennoch etwas sein sollte, werden wir auch dort zurechtkommen, denn ich beherrsche die oskonische Zunge genauso gut wie die aldoranische und bungäische. Ferner bin ich auch ein wenig mit der ulanischen Zunge vertraut, aber bei weitem nicht so gut wie mit den anderen, da ich nur sehr selten Gelegenheiten dazu hatte, sie zu benutzen. Deshalb verzeiht mir, wenn ich doch mehr auf Aldoranisch statt auf Ulanisch mit Euch sprechen werde. Aber ich werde versuchen, möglichst viel von Eurer Zunge während dieser Expedition zu lernen, edle Herren.”

Noch am gleichen Tag traf Pelto alle Vorbereitungen, um selber an der Expedition seiner ulanischen Arbeitgeber teilnehmen zu können. Einige Zeit später brachen sie gemeinsam auf und Pelto führte die Expedition mit ihren Teilnehmern sicher durch das aldoranische Tiefland, bis sie nach mehreren Tagen die aldoranisch-bungäische Staatsgrenze erreichten. Rasch erledigte Pelto an der Grenze die Formalitäten. Anschließend konnten sie ungehindert ihre Reise fortsetzen. Unterwegs berichtete der Alte Arankas Mann von seinen bisherigen Expeditionen, an denen er schon teilgenommen hatte. Während Gōlad seine Begleiter über die Sitten und Bräuche der Bungäer und Oskonier aufklärte, übersetzte Simdu fast simultan Tabrun und Mandrak die Worte des alten Mannes. Aufmerksam und schweigend hörten sie zu. Gelegentlich unterbrachen die Ulani Pelto, wenn sie Fragen hatten. Ansonsten schwiegen sie die ganze Zeit über, während der Alte fortfuhr, seine neuen Arbeitgeber weiterhin über das Land und seine Einwohner zu informieren. Am dritten Tag erreichten sie am frühen Abend das Ufer des Gumlušari.

„Ich denke, wir sollten diese Nacht hier unser Nachtlager aufschlagen.”, schlug der Alte vor und schwang sich dabei aus dem Sattel seines Kojn-Kojns. Nachdenklich und die Stirn in Falten ziehend blickte der Alte über das Wasser hinüber auf die andere Seite des Stromes. „Ich glaube nicht mehr, dass der Fuhrmann heute Nacht noch mal auf diese Seite des Flusses zurückkommen wird.”, fuhr er fort, „Sein Boot befindet sich auf der anderen Seite des Gumlušari und es scheint verlassen zu sein.” Tabrun, Mandrak und auch Simdu stiegen ebenfalls ab und traten zu Gōlad an das Ufer des Flusses. Der Sand knirschte unter ihren Schuhen. Deutlich konnten sie das scheinbar herrenlose Gefährt des Fuhrmanns auf der andere Seite erkennen, das an einem Steg angebunden war und im seichten Wasser vor sich hindümpelte. „Vielleicht habt Ihr Recht.”, erwiderte Simdu nachdenklich stirnrunzelnd, „Zumindest sieht es momentan danach aus, dass wir tatsächlich die Nacht noch auf dieser Seite des Stromes verbringen müssen.”

Rasch kehrten die Männer zu ihren Reittieren zurück und führten sie etwas von dem Flussufer fort. Wenig später entfachten sie in der unmittelbaren Nähe eines Haines ein kleines Lagerfeuer und stärkten sich mit ihrem Proviant, den sie bei sich hatten. Während des Essens erkundigte sich Tabrun, über welchem Weg Pelto die Ulani zum Brondus-Damrajd führen wollte. Der Alte nickte, als er die Übersetzung von Simdu hörte. Er begann zu lächeln.

„Die edlen Herren mögen sich darüber keine Sorgen machen.”, sagte er in einem beruhigenden Tonfall, „Der gute alte Pelto wird Euch auf ruhigen Straßen führen, weil wir auf keinen Fall fliegen werden. Deshalb werden wir auch auf keine Soldaten treffen, weder oskonische noch bungäische oder andere. Sobald wir den Fluss überquert haben, werden wir auf der anderen Seite dem Gumlušari folgen. Er führt uns durch das bungäische Fürstentum direkt an den östlichen Rand des Brondus-Damrajd im oskonischen Kaiserreich. Dabei werden wir, sofern es möglich ist, alle oskonischen Städte und Dörfer am Fluss meiden. Nur wenn es absolut erforderlich ist, werden wir in den einen oder anderen Ort gehen, um dort alles Notwendige zu besorgen, was wir unter Umständen noch brauchen werden. So gehen wir den oskonischen Soldaten aus dem Weg und damit auch jeden unnötigen Ärger, der bei Begegnungen mit ihnen entstehen könnte. Meine edle Herren können also unbesorgt sein.” Nachdem Simdu wieder übersetzt hatte, blickten sich die beiden Brüder an. „Irgendwie beruhigt mich das keineswegs.”, sagte Tabrun leise auf Ulanisch zu Mandrak, der daraufhin mit dem Kopf nickte. „Geht mir genauso.”, pflichtete er seinem Bruder bei und nahm dabei einen kräftigen Schluck Wasser aus seinem Schlauch. „Trotzdem ändert das nichts an der Tatsache, dass wir uns bald aufs Ohr legen sollten, damit wir morgen früh wieder fit sind.”, meinte Arankas Mann. „Wer übernimmt die erste Wache?”, fragte der Hellbraunhaarige in die Runde. Jakodos hob seine linke Hand. „Wenn niemand Einwände hat, werde ich die erste Wache übernehmen.”, schlug Simdu vor, „Danach kommt Pelto dran und zum Schluss ihr beiden.” Der Vorschlag wurde einstimmig angenommen. Wenig später legten sich die beiden Söhne von Gūrad Nandor und auch Gōlad zum Schlafen hin, während der blonde Ulani die erste Wache übernahm.

Innerhalb von weniger Wochen durchquerten sie unter Peltos kompetenter Führung das kleine bungäische Fürstentum. Es war eine ruhige Reise und der Alte nutzte die Gelegenheit, um von seinen neuen Arbeitsherren deren Muttersprache zu lernen. Alle drei Ulani waren angenehm überrascht, wie schnell er von ihnen die ersten Worte und Sätze auf Ulanisch lernte. „Bei Zātul! Ihr seid ein hochbegabter Mann, denn Ihr lernt unsere Zunge sehr schnell.”, konstatierte Simdu nach einigen Tagen, „Die Götter haben Euch mit viel Klugheit gesegnet.” Der Alte begann zu lächeln. „Die edlen Herren aus Übersee sind zu gütig.”, antwortete Gōlad bescheiden mit sanfter Stimme, „Wenn es Zātuls Wille ist, dass ich eine weitere Zunge lernen soll, so werde ich es mit Freuden tun. Nur die Götter wissen, wann und warum ich sie lernen muss. Ich bin nur ihr Werkzeug und diene ihnen.” „Nichtsdestotrotz seid Ihr ein kluger Mann.”, insistierte der Blonde bewundernd, „Mit Euch haben wir den richtigen Tegoš für unsere Expedition gefunden. Ihr seid klug und schreckt auch nicht vor dem Unbekannten zurück, denn Ihr geht furchtlos dahin, wohin Euch die Götter führen.”

„Außerdem ist es nie verkehrt, wenn ich auch Anweisungen und Warnungen von Euren beiden Begleitern verstehen kann. Eines Tages seid Ihr vielleicht mal nicht in meiner Nähe, um mir zu übersetzen. Dann muss ich aber reagieren und das Richtige tun können, wenn sie mir in ihrer Zunge Befehle erteilen.”, erklärte der Alte sachlich, „Unter Umständen kann dadurch das eine oder andere Unglück verhindert werden, wenn es Zātuls Wille ist.” Arankas Mann begann zu grinsen. „Da habt Ihr Recht, Tegoš Pelto.”, pflichtete Simdu dem Alten bei, „Ich sehe, dass Ihr für unsere Expedition wahrlich eine Bereicherung sein werdet.” Der Graumelierte machte ein leichte Verbeugung vor Arankas Mann. „Ihr seid zu gütig, edler Herr.”, sagte Gōlad ergeben, „Ihr werdet Eure Wahl nicht bereuen, denn ich bin immer meinem Herrn treu ergeben. Das schwöre ich bei Faruls Schmiedehammer!” Simdu hob beschwichtigend die Hände. „Ihr braucht uns nichts zu schwören, Pelto.”, erwiderte der blonde Ulani mit starkem Akzent auf Aldoranisch, „Die Götter wissen, warum sie uns Euch als unseren Tegoš gesandt haben.” Schweigend setzten die drei Ulani zusammen mit Pelto ihren Weg am Gumlušari entlang fort. Am späten Nachmittag erreichten sie die bungäisch-oskonische Grenze.

Erst am nächsten Tag überquerten sie jene gemeinsame Staatsgrenze, die das bungäische Fürstentum vom oskonischen Kaiserreich trennte. Zielsicher führte der Alte seine ulanischen Arbeitsherren auf abgelegenen Straßen und Wegen durch das vom Bürgerkrieg zerrüttete Land. Nur sehr selten bekamen sie Einheimische zu sehen, die sich rasch versteckten, sobald sie die Mitglieder der Expedition entdeckten. Zahlreiche Felder lagen brach. Oftmals wirkten die vereinzelten Häuser und Siedlungen, auf die sie stießen, verlassen. Andere Häuser waren nur noch ausgebrannte Ruinen. Aber Pelto versicherte seinen neuen Arbeitsherren immer wieder, dass der Schein trog.

„Meistens kehren die Anwohner in ihre Siedlungen und Häuser zurück, wenn sie sicher sind, dass wir für sie keine Gefahr darstellen und weiterreisen, ohne uns um sie zu kümmern, was auch nicht ratsam wäre.”, erklärte der Alte sachlich. „Warum wäre das nicht ratsam?”, wollte Tabrun wissen, „Sind die denn nicht für jede mögliche Hilfe dankbar, die sie vielleicht bekommen könnten?” Der aldoranische Tegoš schüttelte energisch mit dem Kopf. „Nein. Sie sind viel zu misstrauisch.”, antwortete Pelto, „Sie sind zu oft verraten worden, denn wer auf wessen Seite steht, kann man nur extrem selten erkennen und das dauert meisten schon einige Tage oder gar Wochen.” „Und wenn sie einen Verräter entdeckt haben, dann war es wohl meisten schon zu spät.”, ergänzte Mandrak, „Denn der dürfte dann schon oftmals wieder zu seinen eigenen Leute und später mit Verstärkung zurückgekehrt sein, um sie dann alle umbringen zu lassen, die auf der falschen Seite stehen.” Simdu stieß einen Seufzer aus. „Na, dann können wir nur hoffen, dass wir niemals mit ihnen in Berührung kommen werden.”, sagte der Blonde, „Denn ich möchte nicht, dass wir in diesen Krieg mit hineingezogen werden. Schließlich sind wir hier keine Einheimischen sondern Fremde.” Gōlad nickte. „Deshalb führe ich uns ja auch auf Umwege zum Brondus-Damrajd.”, erwiderte er gelassen, „Solange wir auf keine oskonische Soldaten treffen, ist es gut für uns alle. Sobald wir ihnen in die Hände fallen, dann Gnade uns Zātul! Dann sind wir endgültig verloren.”

„Aber, ich möchte an dieser Stelle auch betonen, dass nicht alle Oskonier so sind.”, fuhr Gōlad fort, „In diesem Land leben schließlich auch noch Kandas und Xendavas, die in verschiedenen Regionen des oskonischen Kaiserreiches leben und zwar jedes Volk für sich.” „Und auf welcher Seite stehen die wiederum?”, wollte Simdu wissen.

„Sie sind neutral.”, antwortete Pelto, „Sowohl die Kandas als auch die Xendavas würden hier im Lande ihre Autonomie riskieren, wenn sie sich in die innenpolitischen Angelegenheiten des oskonisches Volkes einmischen würden. Deshalb werden sie weiterhin neutral bleiben und abwarten. Sie werden momentan auch die einzigen sein, von denen wir uns Hilfe erhoffen können, wenn wir jemals welche benötigen sollten.” „Seid Ihr auch deren Zungen mächtig?”, fragte Tabrun den Alten. Dieser nickte. „Ja, das bin ich.”, antwortete Pelto, „Mit deren Zungen bin ich ebenso vertraut wie mit jener, der wir uns gerade bedienen.” Mandrak pfiff anerkennend durch die Zähne. „Ich hätte nicht gedacht, dass Ihr so viele Zungen kennt.”, sagte der Hellbraunhaarige. Der Alte zuckte mit den Schultern. „Wenn es der Wille der Götter ist, dass ich all jene Zungen lernen muss, dann tu ich das.”, erwiderte er lapidar, „Bis jetzt hat es mir noch nie geschadet.”

Viele Wochen lang reisten sie von der einheimischen Bevölkerung unbeachtet durch das Land. Nach knapp zwei Monaten begann sich das Landschaftsbild langsam zu verändern. Die abwechslungsreiche Landschaft mit ihren zahlreichen Feldern und Wäldern, wurde nach und nach von einer Graslandschaft abgelöst, deren Vegetation immer spärlicher wurde, je weiter sie in dieses Land vordrangen. Nach wenigen Tagen erreichten sie bereits die Wüste, die sie noch von dem Brondus-Damrajd trennte.

Direkt vor einem kleinen Abhang hielt Pelto sein Kojn-Kojn an. Die Sonne brannte gnadenlos heiß vom wolkenlosen Himmel herab. Angespannt starrte der Alte in die Ferne. Vor ihnen erstreckte sich die unendliche Weite der heißen Wüste. Am Horizont konnten die Männer nur schemenhaft die Gebirgsausläufer des Brondus-Damrajd erkennen. Die Luft flirrte und flimmerte vor Hitze. Pelto wandte sich zu seinen ulanischen Arbeitsherren um.

„Wir haben jetzt die berüchtigte Honduš-Wüste erreicht.”, verkündete Gōlad mit einem warnenden Unterton in seiner Stimme, „Man sagt, dass es bisher nur sehr wenige geschafft haben, diese mörderische Einöde zu durchqueren. Wenn die Götter uns wohlgesonnen sind, dann werden auch wir sie bezwingen. Möge Zātul und alle anderen Götter ihre schützenden Hände über uns halten!” Ohne auf eine Antwort seitens der drei ulanischen Männer abzuwarten, gab der Alte seinem Reittier die Sporen. Nur widerstrebend gehorchte das Kojn-Kojn und setzte sich schnaubend in Bewegung. Auch Tabrun, Mandrak und Simdu mussten ihre Tiere etwas antreiben, die sich rasch in ihr Schicksal ergaben.

Erbarmungslos brannte die Sonne herab. Die heiße Luft flimmerte und flirrte. Es waren bereits mehrere Stunden vergangen, die die vier Männer auf ihren Kojn-Kojns durch die endlose Wüste ritten. Es wehte kein Lüftchen. Immer wieder hielt Pelto seine freie Hand an die Stirn, um in der Ferne etwas erkennen zu können. Aber der weiße Wüstensand blendete durch das Tageslicht so sehr, dass er nichts erkennen konnte. Den anderen drei Männern erging es ebenso. Auch sie konnten wegen des hellen Sandes kaum etwas in der Ferne erkennen. Am frühen Abend hielt der Alte sein Reittier an. Die anderen taten es ihm gleich und stoppten ihre Kojn-Kojns ebenfalls.

„Was ist los?”, erkundigte sich Tabrun bei dem Aldoraner, der gerade von seinem Reittier abstieg, „Warum halten wir an?” Vor seinem Kojn-Kojn blieb Pelto stehen. Mit einem kleinen Tuch wischte er sich den Schweiß von seiner Stirn. Anschließend ließ er aufmerksam seinen Blick über die endlose Ebene schweifen. Nur sehr schwach waren die Gebirgszüge des Brondus-Damrajd durch die flirrende Luft zu erkennen. Dann wandte er sich um. „Es ist besser, wenn wir jetzt eine Pause machen und später bei völliger Dunkelheit weiterziehen.”, erklärte er mit ruhiger Stimme, „Das spart Kraft und auch jede Menge Wasser.” Verdutzt sahen ihn die drei ulanischen Männer an. „Wir sollen erst bei Dunkelheit weiterziehen?”, fragte Arankas Mann den Alten und stieg ebenfalls von seinem Reittier, „Ist das denn nicht viel gefährlicher?” Gōlad blieb ernst, als er ihnen antwortete. „Einerseits ja, wenn Ihr auf den Treibsand anspielt, den wir wiederum auch bei Tageslicht nicht erkennen würden.”, sagte der Aldoraner, „Aber sobald Bellus, Bellūra und Būrallus aufgegangen sind, werden wir mehr Licht haben. Zumindest wird es hell genug sein, um auch bei Nacht weiterziehen zu können.” Dicht neben dem Aldoraner waren Simdu, Tabrun und Mandrak stehen geblieben. „Aber was ist mit den gefährlichen Tieren, die hier in der Wüste leben?”, fragte Tabrun, „Wie können wir sie bei Dunkelheit meiden, wenn wir bei Nacht weiterreiten?” Pelto begann zu lächeln. „Wir werden das Gepäck auf unseren Tieren etwas besser verteilen und dann weiterfliegen.”, antwortete der Aldoraner, „Das spart nicht nur die Kraft unserer wertvollen Tiere, sondern auch noch eine Menge Zeit, weil sie dann nicht durch den meterhohen Sand staksen müssen.” Simdu pfiff anerkennend durch die Zähne. „An diese Möglichkeit habe ich momentan gar nicht gedacht.”, gestand Jakodos, „So entgeht man auch dem gefährlichen Treibsand. Sehr raffiniert, alter Knabe.” Peltos Grinsen wurde breiter. Tabrun kehrte als erster zu seinem Kojn-Kojn zurück. Rasch begannen die vier Männer das Gepäck auf ihren Reittieren besser zu verteilen. Als sie damit fertig waren, ruhten sie sich für eine längere Weile aus, um neue Kraft zu tanken. Die Sonne war inzwischen untergegangen und die Luft hatte sich rasch abgekühlt. Erst als der erste der drei belluranischen Monde aufging, setzten die vier Männer ihren Weg durch die Wüste fort.

„Woher wissen wir denn, dass wir in die richtige Richtung fliegen?”, erkundigte sich Mandrak, als sein Kojn-Kojn bereitwillig seine gewaltigen Schwingen ausbreitete und vom Boden abhob. „Wir werden uns nach den Sternen richten.”, antwortete Simdu, dessen Kojn-Kojn ebenfalls rasch an Höhe gewann, „Sowohl die Sterne als auch unsere drei Monde werden uns den Weg weisen.” Rasch pflichtete der Aldoraner Arankas Mann bei. „So ist es, edler Herr.”, erwiderte er, „Niemand wird uns besser den Weg weisen können als die Sterne.” Die Reittiere gaben zufrieden Laut von sich, als sie in Formation ihre Reise fliegend fortsetzten.....

 

Abschließende Hinweise:

keine

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