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Ich bin´s wieder Flexy.

Admiral Carter war ein sehr wachsamer Mensch. Und er tat viel, um den Aufgabenbereich seiner Untergebenen zu erweitern und an Bord zu fördern.

"Flexy.", dröhnte es eines Tages bei der Einnahme des Abendbrotes im Casino neben mir. Admiral Carters riesiger Schatten verdunkelte den Tisch wie die Mondfinsternis die Savanne. "Flexy, Spezialauftrag. Sie übernehmen heute für mich die private Nachtwache. Als meine rechte Hand sozusagen. Ich nehme zu sehr später Stunde noch an einer wichtigen Konferenz teil. Ich möchte Sie bitten, so lange das Captains Room zu hüten."

Konferenz. Andere Leute würden das als Pokerspiel mit alten Kumpels bezeichnen, aber für die hochrangigen Ädmiräle war es eben eine Konferenz. Alten Leuten soll man nicht widersprechen.

"Aye, Sir."

Und so fand ich mich zu später Stunde im Captains Room ein. "Okay, die Instruktionen lauten...wimmeln Sie alles ab, was mich stören könnte, Flexy. Nur in äußersten Notfällen kontaktieren Sie mich."

"Verstanden, Sir." Ich fragte mich, was er mit Notfällen meinte. Immerhin dümpelten wir seit Wochen im Orbit von Ceti Alpha IV herum und taten im Grunde nichts als zuzusehen, wie auch dieser Planet allmählich unter gewaltigen Erdbeben zerbrach.

Carter eilte davon. Ich nahm in dem äußerst bequemen Stuhl Platz, drehte mich ein wenig hin und her und wartete.

Und wartete. Stand auf, betrachete die Waffensammlung an der Wand, holte mir eine Cola und noch eine Cola und wartete.

Und irgendwann fand ich zufälligerweise den Zugang zu dem intergalaktischen Fernsehprogramm. So zappte ich herum, durch Wiederholungen alter Filme, durch Werbeszenen, in denen flotte Damen vom Orion die Beine breit machten.

Schließlich blieb ich auf "Kosmi-TV" hängen. In einem einfachen Studio saß eine Doppelköpflerin und erklärte den Anrufern gerade, dass sie eine Hellseherin sei, die mit Hilfe ihrer Fähigkeiten Jenseitskontakte, Blick in die Zukunft und ähnliches vollbringen könnte.

Eigentlich waren es zwei, di erklärten, denn Doppelköpfler hatten gemäß ihrem Namen zwei Köpfe. In diesem Fall einen weiblichen Kopf - Isolde - und einen männlichen Kopf - Chucky.

Aha. Sie klassischer Theaterliebhaber und er Horrofan also.  

Warum ich mich letztendlich dort einwählte, weiß ich selbst nicht mehr. Auf jeden Fall war ich plötzlich über die externe Kommunikation mittendrin. Na ja, fast.

"Willkommen bei Kosmi-TV. Es folgt eine Auflistung unserer Angebotsbereiche. Wenn Sie den entsprechenden Angebotsbereich für Sie gefunden haben, sagen Sie Stop und nennen Sie die Zahl. Sie werden sodann mit nächsten freien Leitung ins Studio verbunden. Jede Minute kostet Sie 2,5 Credits."

Drei Minuten und 51 Zahlen später kam ich ins Studio.

"Guten Abend." Doppelkopf-Sie blickte in die Kamera, Doppelkopf-Er nach unten. "Hier sind Isolde und Chucky. Was können wir für Sie tun?"

"Guten Abend.", erwiderte ich. "Ich hätte gerne einen Blick in meine Zukunft geworfen."

"Gerne doch. Nennen Sie uns den Anfangsbuchstaben Ihres Namens und das Jahr, in dem Sie geboren wurden."

Ich tat es.

Chucky hob den Kopf. "Alscho...Schie haben schon einigsches an Weg gehabt, nä? Esch war nisch immer leicht für Se. Schie werden noch nen weiten Weg vor sisch haben. Esch winkt Ihnen dasch grosche Glück."

"Entschuldigung.", unterbrach ich. "Aber...könnten Sie das bitte noch einmal wiederholen?"

Isolde brachte Chucky mit einem strengen Blick zum Schweigen. Man merkte deutlich, wer zu Hause und auch im Studio das Sagen hatte.

"Also...was Chucky sagen möchte..." - oha, für Carter wäre das die perfekte Frau gewesen, ihre Stimme war so hart wie Blei - "...wir sind ja hellsichtig. Wir stehen in Kontakt zu den mächtigen Q, die flüstern uns die Antworten quasi zu und wir geben Sie an Sie weiter."

"Die Q?" Ich war überrascht. "Mir war nicht bewusst, dass die Q sich neuerdings als Astro-Berater betätigen."

"In unserem Fall schon.", knallte sie mir entgegen. Widerspruch wurde also nicht geduldet.

"Die göttliche Macht sagt mir...", fuhr Isolde hochkonzentriert fort. "...dass das Glück winkt. In Sachen Geld kann ich eine größere Bereicherung erkennen...vielelicht durch ein Erbe. Oder eine Gehaltserhöhung. Im Beruf lautert Gefahr. Rot leuchet gefährlich auf. Was sind Sie von Beruf?"

"Ich gehöre zum Sicherheitsteam eines Raumschiffs.", entgegnete ich. - "Oh, Jungschen...dasch isch ja auch nen gefährlischer Beruf.", nuschelte Chucky dazwischen, noch bevor Isolde ihn bremsen konnte. "Kopf hoch und den Blick immer geradesche ausch."

"Schon gut, Chucky.", knurrte Isolde. Chucky wurde ein Stück weit kleiner.

"In Sachen Gesundheit hat es Sie ja auch nicht gut getroffen? Ich sehe eine größere Operation in der Vergangenheit."

"Ich bin nicht operiert worden." - "Das sagt die göttliche Macht aber." - "Die göttliche Macht liegt falsch. Ich hatte nur Kinderkrankheiten." - "Und Ihr Vater oder Ihre Mutter?" - "Ja, meine Mutter hat sich mal den Fuß gebrochen beim Skiunfall." -"Sehen Sie.", lachte Isolde. "Die göttliche Macht."

"Schkifahren habsch auch mal gemacht. Isch toll, wenn der Wind um die Nasche weht. Man ischt unendlich frei.", brabbelte Chucky dazwischen.

"Ich habe eben gehört, dass Chucky der Experte in Sachen Liebe ist. Dazu hätte ich gerne auch noch etwas gewusst."

Isolde sah aus, als würde ihr gleich das Gesicht abfallen. Chucky strahlte wie ein Pferd über einen Eimer Äpfel. Isolde lächelte gequält. "Aber sicher. Okay, Chucky...sag du mal was dann."

"Gescherne. In Ssschachen Liebe bischt du bischer wohl ehscher auf dem Holzschwesch geweschen.", nuschelte Chucky.  Ich nickte. "Stimmt." -"Nisch so viel Erfolgsch beisch den Mädelsch. Dasch liegscht daran, dasch du nicht forsch genug bist." - "Nein? Ich dachte immer, ich gehe zu schnell und zu forsch vor."

Chucky schüttelte den Kopf. "Nein, die Q saschen mir, dasch du ruhisch mal wasch riskierschen sollst. Flirte. Zeigsch den Mädelsch, wo die Axt im Gartensch stehscht. Überrasch sie mit Geschenkschen. Isch sehe in drei bisch viersch Monaten Lischt am Horschizont. Eine dunkelhaarische aber kühlsche Schönheitsch. Reschviert, beherrscht, aber doch vollscher Emotschion. Eine Romulanscherin vielleischt. Oder Vulkanierin."

"Oh...ja, danke.", murmelte ich. Soleta? Ich und Soleta?

"Ich glaube eher, dass dies wohl nicht der Fall sein wird.", erwiderte ich vorsichtig. Isolde sah empört drein. "Die göttliche Macht der Q lügt nicht. Was Chucky sagt, trifft zu." - "Nun, aber...es wird bei der einen Dame nicht so ganz..." - "Vielleicht brauchen Sie ein unterstützende Mittel.", meinte Isolde. "In unserem Shop haben wir wundervolle Düfte, die bei richtiger Anwendung den Partner des Herzens stimulieren werden. Sehen Sie sich dort mal um. Ich wünsche noch einen schönen Abend. Auf Wiederhören..."´

Knack. Die Leitung war tot. Auf dem Schirm sahen sich Chucky und Isolde an. "Ein nettscher Kerl.", sagte Chucky. "Nen bischen schüschtern." - "Sie sehen, liebe Zuschauer, die göttliche Macht lügt nicht. Zweifeln Sie also nicht und rufen Sie hier an. Dem jungen Herrn eben konnten wir eine hundertprozentige Diagnose geben und er wird sehen, dass alles eintritt, wenn er nur mutig genug ist."

Das war ich dann auch.

Um vier Uhr morgens Bordzeit klingelte ich Soleta wach. Ich wollte es wissen.

Verschlafen stand sie in der Tür: "Gibt es einen Notfall, dass du mich weckst?" - "Nein, nein...Soleta...ich wollte nur fragen...ich...ich...ob es...na ja...ich habe mich gefragt, ob du schon einmal ein Date hattest?"

Sie schaute mich an. "Ein Date ist unlogisch, Flexy.", entgegnete sie. "Ich sehe es als reine Zeitverschwendung an, mit einer anderen Person stundenlang an einem Tisch zu sitzen und sich gegenseitig Zärtlichkeiten auszutauschen. Dafür ist Zeit in der Ehe. Warum fragst du?"

"Na jaa... Ich kam nicht mehr dazu, zu fragen.

Mit trommelnden Schritt stürmte Carter um die Ecke: "Da sind Sie ja! Wieso verlangt ein mir unbekannter Sender 25 Credits von mir? He...wo wollen Sie hin...hiergeblieben!"

Ich bin mir sicher, die Sterne hätten die Wahrheit gewusst. Sie hätte mir gesagt, dass Soleta nicht für eine romantische Beziehung geeignet ist. Aber Isolde und Chucky haben sie ja nicht zu Wort kommen lassen...

Bis zum nächsten Mal.

 

 

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