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Der König leugnete die Tat keineswegs, der Maron ihn beschuldigte. Im Gegenteil, er brüstete sich noch vor seiner gesamten Dienerschaft und uns allen damit. „Du demetanischer Narr!“, griff er Maron an. „Helfen wollte ich euch damit, sonst nichts!“ „Die einzige, der Ihr geholfen habt, Vater.“, lachte Sytania schadenfroh. „Bin ich. Jetzt steht es, wie Maron schon richtig gesagt hat, eins zu eins und die dritte Prüfung …“ „Die dritte Prüfung wird keiner von euch bestreiten.“, hörten wir alle plötzlich Valoras Stimme in unserem Geist. „Aufgrund von Querelen und Rachegelüsten könnt ihr anscheinend das hier nicht allein lösen. Weder ihr Sterblichen noch du, Logar.“ Da Valora mächtiger war als selbst Logar, durfte sie ihn auch so behandeln und duzen. „Die letzte Prüfung werden Sytanias Schöpfung und ich bestreiten, indem wir miteinander kämpfen. Noch ein Sonnenlauf und wir werden uns in der Dämmerung vor dem Schlosse einfinden.“, erklärte Valora.

Wir waren alle damit einverstanden. Nur Logar schien sich irgendwie gekränkt zu fühlen. „Wer glaubt sie denn, die sie ist?“, fragte er vor Wut schäumend. „Vermutlich ein Quellenwesen.“, erklärte Maron mit leicht zynischem Tonfall. „Sternenflottentheoretiker glauben, dass die Einhörner Quellenwesen sind, oder zumindest von ihnen abstammen.“ „Und denen vertraut ihr mehr als eurem politischen Freund?“, fragte Logar weiter und dieses Mal konnte man richtig hören, dass er beleidigt war, auch, wenn man kein Empath war. Ein mittelmäßiges Gehör reichte da aus. „Mit jemandem, der aufgrund seiner Wut so unberechenbar ist und sogar einen Verrat begeht, werden meine Truppe und ich auch nicht mehr unter einem Dach leben.“, gab Maron seine Meinung zum Besten. „Alle fertig machen zur Quartierverlegung!“

Wir campierten bald weit außerhalb der Schlossmauern auf einer wilden Wiese. Shimar hatte uns Schlafsäcke hinuntergebeamt. Spät in der Nacht wachte ich dadurch auf, dass etwas an meinem Schlafsack zog. Ich drehte mich um und erkannte Slick. Am anderen Ende ihrer Leine befand sich Argus. „Was machst du denn hier?“, flüsterte ich. „Und, wie hasst du uns gefunden?“ „Slick hat euch gefunden.“, antwortete der Junge. „Ich hab Angst. Darf ich zu dir?“ Ich rückte ein Stück in meinem Schlafsack bei Seite. Sternenflottenschlafsäcke waren groß genug für zwei, zumal dann, wenn einer noch ein Kind war. „Krabbel’ rein.“, forderte ich ihn leise auf. Slick setzte sich neben uns und spitzte die Ohren, als wolle sie auf uns aufpassen. „Was ist denn?“, fragte ich den kleinen zitternden Argus schließlich. „Ich hab was gesehen.“, begann er. „Diese Uhurah hat die Sprache der Pferde sicher nicht drauf gehabt, aber du …“ „Was sollen deine Andeutungen.“, flüsterte ich zurück. „Dein König hört uns nicht. Ich trage eine Rosannium-Halskette, also ist alles OK.“ „Ich muss es dir zeigen.“, erwiderte Argus. „Aber nimm deinen Erfasser mit.“

Hinten herum schlichen wir zum Schloss zurück. Argus führte mich zu den Koppeln und beschrieb mir eine eigenartige Szene. In mitten der Pferde stand das böse Einhorn. Aber es verhielt sich, wie ich bald herausfand, nun so gar nicht wie ein höheres Wesen, sondern wie ein ganz normales Pferd. Jetzt hatte ich begriffen, worauf mein kleiner Freund hinaus wollte. Ich hielt meinen Erfasser in die Richtung und befahl ihm: „Erfasser, Interpretationsprogramm laden! Befindet sich im vorderen Gehirnteil das Neuralmuster eines Pferdes? Akustische Meldung!“ Ich hatte einen Ohrhörer angeschlossen. „Positiv.“, kam es nüchtern zurück. „Befindet sich im hinteren Gehirnteil das Muster eines mächtigen Wesens?“, fragte ich zur Verifizierung. „Positiv.“, antwortete der Erfasser auch dieses Mal. Das konnte nur eines bedeuten. In der Nacht, wenn das mächtige Wesen schlief, hatte der Geist des Ackergauls wieder die Kontrolle über seinen eigenen Körper. Tiere lernten durch Erfahrung. Sicher war er nicht in der Lage, die gesamte Tragweite zu verstehen, wusste jedoch, dass er, wenn ein bestimmter Zustand vorherrschte, fast frei war. Ich speicherte die Daten ab. „Wir müssen Agent Maron wecken!“, schlug ich vor. „OK, komm!“, sagte Argus und nahm mich bei der Hand.

Mein Vorgesetzter war nicht sehr erbaut darüber, dass ich ihn aus dem Schlaf holte. Als ich ihm aber meinen Erfasser vor die Nase hielt, änderte sich das schlagartig. „Mutter Schicksal!“, rief Maron aus. „Jetzt weiß ich, warum sich Valora mit dem bösen Einhorn in der Dämmerung duellieren will. Ihre Chancen, das Duell zu gewinnen, sind dann viel größer, weil der Geist des armen Pferdes, in dessen Körper das böse Einhorn ist, noch ein Wörtchen mit zu reden hat. Der ist ja mit dem Tun des Einhorns nicht gerade einverstanden und hätte sicher gern seinen Körper wieder für sich. Ich muss Ihnen noch etwas sagen, Betsy. Mc’Knight hat Berechnungen angestellt, was den Kampf und seine Folgen angeht. Laut ihr müsste das ganze Schloss evakuiert werden. Der Energieaufbau zwischen den beiden könnte alles zum Einsturz bringen. Falls Logar sich jemals wieder beruhigt, müssen alle in die Wälder gebracht werden. Dort wären sie weit genug weg. Am Schnellsten ginge das natürlich mit IDUSAs Transporter. Joran hat den Gauklern bereits nahe gelegt zu verschwinden. Ich will so wenig Zivilisten wie möglich hier haben, wenn die Musik los geht.“ Ich wusste genau, was er mit der „Musik“ meinte. Das Wort war unter Sternenflottenvorgesetzten zu einem geflügelten Begriff für heftige Ereignisse geworden. „Werden Sie Logar entsprechend informieren, Sir?“, fragte ich. „Woher denn?“, erwiderte mein kommandierender Offizier abschätzig. „Der ist doch angeblich so mächtig und weiß über alles Bescheid. Wenn Sie aushalten können, dass ich ihn seinem Schicksal überlasse, tue ich gar nichts. Diplomatisch tätig würde ich allenfalls für Sie oder sonst einen von Ihnen oder für einen von Logars Dienern. Die können ja alle nichts dafür. Aber auf keinen Fall für ihn. Das kann er sich abschminken.“ „Ich schaffe das schon, Sir.“, entgegnete ich und versuchte, so zuversichtlich wie möglich zu klingen.

Ein Unwetter war aufgezogen. Shimar hatte ziemlich zu tun, IDUSA stabil zu halten. „Laut meiner Datenbank.“, begann das Schiff. „Geschieht das immer dann, wenn sich zwei Einhörner duellieren. Zumindest glauben das die Imperianer.“ „Interessant.“, brummelte Shimar. „Trotzdem sollten wir einen Landeplatz suchen. Jenna hat gesagt, dass während des Kampfes eine Energiewolke die Dimension einhüllen wird, die deine Sensoren blendet. Und ich soll telepathisch den Kampf beobachten, damit du aufzeichnen kannst. Dann kann ich dich nicht fliegen und du dich auch nicht. Also.“ IDUSA scannte die Umgebung. „Es gibt einen Hügel ganz in der Nähe.“, sagte sie. „OK.“, erwiderte Shimar. „Dann nehmen wir den.“

Logar hatte sich, der fortschreitenden Zeit wegen, doch mit unserer Hilfe einverstanden erklärt. Mit Hilfe von IDUSAs Transporter hatten wir seinen gesamten Hofstaat in die umliegenden Wälder verteilt. Nur er war geblieben.

„Pfui Teufel, was ’ne Suppe.“, kommentierte Shannon das Wetter. „Na ja.“, meinte ich. „Wenn zwei Einhörner miteinander kämpfen, ist das schließlich ein Großereignis.“ „Ach so.“, meinte sie platt. „Sie denken, dazu hat der Himmel auch noch was zu sagen.“ Ich lachte ob ihres Scherzes.

Wenige Momente danach sahen wir die Einhörner. Valora und ihr böser Gegner kamen aus zwei verschiedenen Richtungen. Die eine aus Süden, der andere von Norden. Sie stellten sich einander gegenüber auf. „Es geht los.“, flüsterte Maron. „In der Tat.“, bestätigte Joran. Jenna hatte uns allen verboten, Erfasser zu benutzen. Die Geräte könnten durch die hohe Menge an Energie Schaden nehmen, ja sogar explodieren und uns verletzen.

Auch IDUSA hatte das Geschehen beobachtet. Sie schaltete auf Shimars Befehl ihre Sensoren offline, denn ihr würde eventuell das gleiche Schicksal blühen. „OK, die einzigen Informationen kriegst du jetzt nur noch von mir.“, sagte Shimar. Dann schüttelte ihn bereits die erste telepathische Wahrnehmung einer hasserfüllten Energiewelle des bösen Einhorns. „Starte die Aufzeichnung!“, befahl Shimar mit verzerrtem Gesicht. „Starte die verdammte Aufzeichnung.“ IDUSA ließ ihren Avatar nicken und führte den Befehl aus.

Unter uns bebte die Erde. Die Mauern des Palastes begannen bedenklich zu schwanken. Die Luft war von zuckenden Blitzen erfüllt. Außerdem gab es ein lautes immer mehr anschwellendes Geräusch, das mich an Stromschläge erinnerte. Im Prinzip war es ja auch so. Wir hatten uns alle auf den Boden gekauert. Laut Jenna war dies die sicherste Stellung im Bezug auf Querschläger. Nur Shannon schien das nicht kapiert zu haben. Sie stellte sich plötzlich aufrecht hin und schrie: „Los, Valora! Zeig’s dieser Satansbrut!“ „Zurück auf den Boden mit dir, Shannon O’Riley!“, rief Joran und warf sie nieder. „Oder wollen Sie als Grillwürstchen enden, Assistant.“, pflichtete ihm Jenna bei.

Schlag um Schlag hatte Shimar die Energiesalven und Emotionen der Einhörner jetzt ausgehalten um dem Schiff die Aufzeichnung zu ermöglichen. Er war am Ende. „Erlauben Sie mir, einige leichte Störwellen zu senden.“, schlug IDUSA vor. „Auf keinen Fall!“, erwiderte Shimar. „Für unsere oberen 10000 und die der Föderation brauchen wir es ganz genau. Wenn du an der Sache drehst, dann denken die, wir hätten geschummelt. Also muss ich da wohl durch.“

„Ohne Erfasser ist es verdammt schwer, etwas über den Kampf zu sagen.“, meinte Maron nervös. „Ich glaube an Valora, Maron von Demeta.“, äußerte sich Joran. „Valora hat von mir während der Zeit in meiner Sifa alles Wissen, das ich über Sytania und ihre Schöpfungen hatte, bekommen. Du weißt, dass wir dann kommunizieren konnten.“ „Gut, dass du das sagst, Joran.“, atmete Maron auf. „Jetzt ist mir wohler.“

Aufgrund eines unbestimmten Gefühls war ich zu IDUSA gerobbt. Da ich sie wegen der Störungen nicht anSITCHen konnte, klopfte ich mit dem Finger an ihre Hülle. Sie verstand und ließ mich einsteigen. „Gut, dass Sie da sind.“, sagte sie. „Bitte helfen Sie Shimar. Er hat sich hoffnungslos übernommen.“ „Red’ keinen Quatsch, IDUSA.“, meldete sich der Angesprochene zu Wort. „Ohne mich geht es nicht. Ich bin der einzige mit telepathischer Wahrnehmung. Ohne mich kriegst du keine Daten und … Oh, Gott!!!“ Wieder war er von einer Welle erschüttert worden. „Ich bin bei dir, Shimar.“, flüsterte ich. „Zusammen schaffen wir das. Hier, nimm meine Hand.“ Er stieß mich weg. „Kleines, wenn ich das mache, dann kriegst du alles ab. Das wünsche ich meinem ärgsten Feind nicht. Nicht schon wieder!!!“ „Du kannst nicht mehr.“, stellte ich fest. Dann sagte ich: „IDUSA, Aufzeichnung beenden. Dann kann auch Shimar sein Wahrnehmungszentrum wieder schließen.“ „IDUSA, nein!!!“, entgegnete er. „Du zeichnest weiter auf. Wir wollen doch den Regierungen das Ende nicht vorenthalten, nicht wahr? Betsy, es hilft mir schon sehr, dass du bei mir bist. Aber berühre mich bitte nicht. Das muss ich allein … Es geht wieder los! Oh, Gott, den überlebe ich nicht!!!“

Dieser Energiestoß dauerte länger als die bisherigen. Ich fühlte seinen Puls, um nachzusehen, ob sich seine Vermutung bestätigte. „Nicht anfassen.“, ermahnte er mich.

Plötzlich öffnete IDUSA ihre Luke. Wir sahen in das schönste Sommerwetter. „Es ist vorbei.“, schloss ich. „Shimar, es ist gut. Du hast es geschafft.“ „Allrounder Betsy hat Recht.“, bestätigte IDUSA. „Ich habe alle Daten des Kampfes.“ Shimar machte nur: „Uff.“ Dann sagte er: „Das kriege ich kein zweites Mal hin.“ „Müssen Sie ja auch nicht.“, tröstete das Schiff.

Das Horn auf der Stirn des Ackergauls hatte sich zurückgebildet. Offensichtlich hatte Valora Sytanias Schöpfung getötet. Ruhig und erleichtert stand das Pferd nun da und graste.

Valora jedoch ging auf Sytania zu und berührte sie mit ihrem Horn. „Bitte, lass Gnade walten.“, bat Sytania, aber umsonst. Ohnmächtig sank sie zu Boden. Dann wurden wir alle Zeugen ihres Angriffes auf Scotty, da Valora zu uns allen eine telepathische Verbindung mit Sytanias Geist aufgebaut hatte. Geistesgegenwärtig griff ich Shimars Neurokoppler, zog ihn ihm vom Kopf und setzte ihn mir selbst auf. Dann befahl ich ihr, meine Neurotabelle zu laden. Dadurch konnte sie Sytanias Quasi-Geständnis auch für die Nachwelt aufzeichnen und Shimar war entlastet. „Danke, Kleines.“, flüsterte Shimar mir zu.

Auf dem Rückweg wurde es zwar etwas eng, aber wir sechs schafften es doch nach Hause. Ich wurde sogar auf Terra abgesetzt.

Wenige Tage danach traf ich mich mit Data, Cupernica und den Handersons am nahen Strand. „Jetzt, da alles bewiesen ist, wird der Krieg nicht fortgesetzt.“, erklärte Data die Nachrichten. „Darüber bin ich sehr froh.“, erwiderte ich. „Wo ist eigentlich Ihre Frau?“

Cupernica kam mit einem Tablett voller eingepackter Eistüten auf uns zu. „Wer möchte ein Eis?“, fragte sie fröhlich in die Runde und warf einige Tüten in unsere Richtungen. Eine davon traf meinen nur mit einem dünnen Badeanzug bekleideten Bauch. „Igitt!“, quietschte ich. „Cupernica, das war kalt!“ „Natürlich.“, kam es nüchtern zurück. „-18° um genau zu sein.“ Ich verzieh ihr und grinste.

Am nächsten Tag redete ich auch mit Commander Kissara über alles. Auch über mein Fremdgehen. „Wenn es der Liebe bedurfte, um Ihre Angst zu besiegen, habe ich nichts dagegen.“, sagte Kissara ruhig. „Aber, Sytania hat doch …“, wollte ich ansetzen, aber sie schnitt mir das Wort ab: „Wollen Sie etwa Ihre Handlungen durch Sytania bestimmen lassen? Ich sage Ihnen was. Sytania hasst es, wenn man sie nicht als Bedrohung ernst nimmt. Das kratzt gewaltig an ihrem Ego und das ist effizienter als jede Waffe. Meiner Meinung nach hätte man so mit jeder Art von Terroristen verfahren sollen. Sie haben nichts Unrechtes getan.“ Höflich bedankte ich mich und beendete die Verbindung. Manche Dinge im Leben geschahen halt einfach und durch unsere Reaktion hatten wir alles doch noch zu einem guten Ende gebracht. Mit diesem Gefühl trat ich am nächsten Tag beruhigt meinen Dienst wieder an.

ENDE

 

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