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Cupernica und Data saßen auf ihrer Terrasse, als Caruso nach Hause kam. Data hatte etwas ziemlich gewurmt, von dem er seiner Frau erzählt hatte. Da die Augen von Androiden eine höhere Auflösung haben und die Kamera an Carusos Halsband genau so, konnte er genau sehen, dass das Haus und alles drum herum verschwunden, wahrscheinlich durch telekinetische Einwirkung, war. Er hatte Energiereste wahrgenommen, die von Sytanias Energie stammen könnten. Sie waren zwar nur zu 0,1 % von ihr, aber Data hatte in der Zwischenzeit und seinem nun schon mehr als 1000 Jahre andauernden Leben gelernt, dass es nichts gab, was es nicht gab. Deshalb schickte er Caruso auch wieder zurück. „Du wirst heute nicht daheim schlafen, mein kleiner Spion.“, flüsterte Data ihm zu. „Du schläfst heute bei Onkel Scotty.“ Freudig hob der Kater den Schwanz, als Data ihn auf den Arm nahm, um ihn zu meinem Haus zurückzutragen. An der Hofeinfahrt stellte sich jedoch Cupernica in seinen Weg. „Wo willst du mit ihm hin?“, fragte sie. „An sich ist jetzt doch seine Schlafenszeit. Ich mache dich darauf aufmerksam, dass du damit seinen gesamten körperlichen Rhythmus durcheinander bringen kannst.“ „Geschäfte.“, erwiderte Data. „Dringende Geschäfte, bei denen ich Carusos Hilfe brauche.“ „Was sind das für merkwürdige Geschäfte, bei denen du seine Hilfe brauchst?“, wollte Cupernica wissen. Data stellte sein internes Kommunikationssystem auf ihre Frequenz ein und übermittelte ihr, was er über Carusos Halsband gesehen hatte. „Du denkst also, dass Sytania gelernt haben könnte, das telepathische Muster einer Betazoiden zu imitieren?“, fragte sie. „Das ist korrekt.“, antwortete Data. „Eine andere logische Erklärung für die Vorgänge, die ich gesehen habe, habe ich nicht.“ „Also schön.“, sagte Cupernica und ging ins Haus. Im Eingang rief sie Data noch zu: „Gib mir doch bitte deine Codes für das Programm, damit ich unserem Rechner sagen kann, er soll alles aufzeichnen, was Carusos Kamera sieht.“ Data übermittelte ihr die Codes und brachte Caruso dann zu seinem Spionagearbeitsplatz.

Shannon, IDUSA und Joran waren in der Zwischenzeit im Dunklen Imperium angekommen. „Hast de nich’ auch das Gefühl, dass das zu leicht war, Grizzly?“, sorgte sich die blonde Irin. „In der Tat.“, antwortete Joran. „Wir sollten auf jeden Fall auf der Hut sein.“ „Bestätigt.“, meinte IDUSA und stellte ihnen ein Sensorenbild auf die Neurokoppler. Shannon, die dieses nicht einordnen konnte, fragte alarmiert: „Was sind das für Dinger, Grizzly?“

Bevor Joran antworten konnte, hatte einer der seltsamen Energiekegel bereits eine von IDUSAs Antriebsspulen beschädigt. Dann ein zweiter eine zweite. „Sytania will uns hier eindeutig nich’ haben.“, stellte Shannon fest. „In der Tat, Shannon O’Riley.“, antwortete Joran, der jetzt sehr gestresst war. In einer Dimension wie dem Universum waren zwei zerstörte Spulen nicht schlimm, aber in einer Dimension mit Gravitation und Atmosphäre wie dem Dunklen Imperium verlangte die Situation ihm alle fliegerischen Kenntnisse ab. Auf Automatik schalten konnte IDUSA nicht, denn kein Computer, auch nicht ein tindaranischer, konnte das Bauchgefühl eines guten Piloten ersetzen, auf das sie jetzt angewiesen war.

Shannon hatte sich von IDUSA die Waffenkonsole zeigen lassen. Sie versuchte alles, um die drei zu verteidigen, aber, wenn immer sie auf einen Kegel geschossen hatte, bildeten sich aus ihm mindestens zehn neue.

Krach, schmor, Funken sprüh, das war die vorletzte Antriebsspule. „Jetzt wird es total unangenehm, Shannon O’Riley.“, sagte Joran. „Ich halte sie nur noch mit der Buckspule und kann nicht garantieren, dass wir nicht doch noch abstürzen. Eine falsche Steuerbewegung und es passiert.“ „Dann machst de eben alles richtig, Grizzly.“, ulkte Shannon. „Ich denke eher, Sie sollten jetzt etwas tun, Shannon.“, erwiderte IDUSA. „Erlauben Sie mir, die Rosannium-Waffe einzusetzen.“ „Bist du wahnsinnig, IDUSA!“, rief Shannon aus. „Wenn ich das in dieser Atmosphäre tue, verseuche ich die ganze Dimension und eine Menge Wesen werden Schaden nehmen.“

Eine Erschütterung traf IDUSA und legte sie fast auf die Seite. Nur unter größter Konzentration gelang es Joran, sie zu stabilisieren. „Sie hat Recht, Shannon O’Riley.“, sagte Joran. Ohne die Waffe werden wir das hier nicht überleben. „Na gut, IDUSA.“, sagte Shannon. „Du darfst.“ „Gut.“, entgegnete IDUSA. „Setze Rosannium-Waffe unter Energie.“ Es gab ein kurzes Aufflackern der Waffe aber nicht mehr. „Was ist los, IDUSA.“, fragte Joran. „Der Energiekristall für den Generator der Waffe ist chemisch instabil.“, analysierte IDUSA ihre Situation. „Um die Waffe aktivieren zu können, benötige ich Energie aus anderen Systemen. Ich müsste die Energie fast aller Systeme umleiten. Das betrifft leider auch die Lebenserhaltung.“ „Schon gut.“, sagte Joran, nahm seinen Neurokoppler ab und sagte in IDUSAs Mikrofon: „Beame Shannon O’Riley und mich herunter. Dann hast du genug Energie, um dich zu verteidigen. Dann versuchst du, mit Hilfe des Interdimensionsantriebes nach Hause zu kommen.“ „Ich danke Ihnen.“, sagte IDUSA und führte den Befehl, zumindest zur Hälfte, aus. Sie würde Joran und Shannon nicht aus den Augen lassen, solange sie irgendwo eine stabile Umlaufbahn halten konnte. In einer Luftströmung mit Aufwind würde ihr das schon gelingen.

„Ich muss dir etwas gestehen.“, sagte Joran zu Shannon, nachdem sie eine Weile in Richtung von Logars Palast, zu dem sie wollten, gegangen waren. „Ich habe seit einigen Tagen vor lauter Aufregung meine Medizin vergessen und befinde mich bereits wieder am Anfang eines neuen Sifa-Zyklus.“ „Heißt das, du könntest auch zu ’ner Gefahr für Logar werden?“, fragte Shannon.

Bevor er antworten konnte, wurden beide einer seltsamen Szene ansichtig. Überall in den Gebüschen hatten sich Vendar-Krieger auf Pferden versteckt. „Das sind Telzans Leute, Shannon O’Riley.“, erklärte Joran. „Versteck dich. Ich sehe auch die Einhörner. Wenn das zutrifft, was ich vermute, kann ich gleich nicht mehr auf dich aufpassen und ich würde mich besser fühlen, wenn ich dich in Sicherheit wüsste.“ Shannon nickte und drückte sich in eine Felsnische.

Valora und ihre Herde zogen weiter gen Sytanias Palast, denn sie konnten nicht zulassen, was diese beabsichtigte. Aber genau das hatten Telzan und seine Leute einkalkuliert. Telzan hatte das Rosannium-Seil in der Hand. Er trug wie alle anderen auch strahlungsdichte Handschuhe. Jetzt zogen die Einhörner an seinem Versteck vorbei. „Angriff!!“, befahl Telzan. Schon preschten einige Reiter mitten in die Herde. Valora wurde von ihren Freunden getrennt. Telzan warf ihr die Schlinge um den Hals. Sofort brach sie, durch die große Menge Rosannium geschwächt, zusammen.

Joran hatte alles gesehen. Er sprang hinzu und fasste Valoras Kopf, um ihren Geist in seine Sifa aufnehmen zu können und sie somit zu retten. Ihr Körper war verloren, das wusste der Vendar. Aber ihren Geist würde sein Geist nähren und heilen. Dann würde man versuchen, für sie einen neuen Körper zu finden.

Telzan wusste, dass er dies nicht zulassen konnte. Wenn er gemäß dem Befehl seiner Herrin handeln sollte, durfte er nicht erlauben, dass Joran sie rettete. Auch er warf seine Handschuhe von sich und legte ebenfalls seine Hände auf Valoras Stirn. Er würde, würde er Valoras Geist in seiner Sifa haben, diesen mit Hilfe eines Rosannium-Kristalls vernichten, sobald er wieder in Sytanias Schloss wäre. Das würde für ihn zwar Kopfschmerzen bedeuten, aber die würde er gern in Kauf nehmen. So kämpften beide nun um Valoras Bewusstsein.

„Gib auf, Verräter.“, zischte Telzan. „Nein.“, erwiderte Joran. „Gib du auf. Ich werde nicht zulassen, dass du Valora tötest.“

Shannon hatte mittlerweile einiges begriffen. „Vorwärts, Grizzly!“, schrie sie aus ihrem Versteck. „Du schaffst das!! Lass diesen Hurensohn auf keinen Fall gewinnen, hörst du, auf keinen Fall!!“ Sie überlegte, was sie tun konnte, um Joran zu helfen. In ihrer Tasche fand sie ihren Phaser und eine Rosannium-Linse. Eilig steckte sie beides zusammen und begann, mit der Waffe auf Telzan zu zielen. Leider war er zu nah an Joran. „So genau kann ich nie zielen.“, sagte sie leise. „Wenn Telzan sich drehen würde …“ „Shannon.“, hörte sie plötzlich eine künstliche weibliche Stimme im Ohrhörer ihres Sprechgerätes. „IDUSA.“, antwortete sie. „Wir hatten dir doch befohlen …“ „Ich weiß.“, fiel ihr das Schiff ins Wort. „Aber ich bin ein Beschützerschiff und als solches programmiert, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, meine Crew und die Ihrigen zu beschützen. Sie brauchen Hilfe beim Zielen, so weit ich das sehe, nicht wahr? Halten Sie Ihre Waffe genau so. Versuchen Sie, Telzan in Ihre Richtung zu lenken. Den Rest mache ich. Ihr Phaser und ich sprechen die gleiche Sprache. Über den Diagnoseport habe ich bereits Zugang.“

Shannon hatte registriert, dass, wenn immer sie Joran anfeuerte, Telzan sich empfindlich gestört fühlte. Deshalb schrie sie jetzt aus Leibes Kräften: „Los, Grizzly, mach schon! Immer feste konzentrieren!“ Telzan drehte sich wütend um und gab zurück: „Halt den Mund! Wirst du endlich schweigen, du Hexe!“ „Das war sein Fehler, Shannon.“, analysierte IDUSA. „Bewegen Sie sich nicht. Nicht-be-we-gen.“ Dann ließ sie Shannons Phaser eine Rosannium-Salve abfeuern. Telzan hielt sich den Kopf. Dadurch gelang es Joran endlich, Valora in seine Sifa zu ziehen. Gebeutelt zog Telzan ab. Auch IDUSA aktivierte nun ihren Interdimensionsantrieb, um die zweite Hälfte des Befehls auszuführen.

Erschöpft aber zufrieden kehrte Joran zu Shannon zurück. „Ich danke dir, Shannon O’Riley.“, sagte er und fiel geschwächt neben ihr nieder. „Wenn du nicht gewesen wärst, wäre Valora jetzt tot.“ „Ach was.“, wischte die Irin sein Lob weg. „Das war eigentlich IDUSA. Bevor du fragst, sie hat meinen Phaser ferngesteuert. Aber erklär’ mir mal, Grizzly, wie die Valora zu Fall bringen konnten. Erklär’ mir das, Grizzly.“ „Mit demselben Stoff, den auch du benutzt hast. Mit Rosannium.“ „So ’ne Gemeinheit.“, erwiderte Shannon. „Aber wir müssen weiter. Komm schon.“ „Ich muss eine Weile ruhen.“, sagte Joran. „Mir geht es zwar gut, aber das Rosannium und der Kampf haben Valora ziemliche Schmerzen bereitet.“ „Oh.“, antwortete Shannon. „Das is’ schlecht. Aber versuch doch diese Fütterungsgeschichte.“ „Das werde ich.“, entgegnete Joran. „Aber ich glaube nicht, dass ich sie allein stabilisieren kann. Wenn ein zweiter Vendar hier wäre, dann könnten wir sie gemeinsam füttern, aber du bist keine …“ „Warte mal, Grizzly.“, sagte Shannon plötzlich und zog zwei Neurokoppler aus ihrer Tasche. Dann nahm sie Joran sein Sprechgerät ab und schloss einen Koppler an. Den zweiten steckte sie in ihr eigenes Gerät. Dann aktivierte sie auf beiden Geräten das entsprechende Programm, das sich automatisch auf tindaranischen Sprechgeräten befindet und gab Joran sein Gerät zurück. „Was wird das?“, fragte der etwas verwirrte Vendar. „Wir brauchen doch für das gemeinsame Fütterungsritual nur eine Verbindung zwischen unseren beiden Gehirnen.“, erklärte sie. „In der Tat.“, bestätigte Joran. „Also.“, gab Shannon zurück. „Halt die Klappe und ruf mich.“

Zögernd gab Joran ihr Rufzeichen ein. Als die Verbindung stand, stellten sich beide vor, wie sie mit Valora in einem Raum waren und sie aus einer Raufe, die ihre geistige Energie enthielt, mit den Händen fütterten. Das Bild musste natürlich auf Valora angeglichen werden. Joran verspürte nach einer Weile tatsächlich einen Erfolg.

Sie beendeten das Ritual wenig später. Dann sagte Joran zufrieden: „Wenn du noch einmal behauptest, Shannon O’Riley, dass du dumm bist, lege ich dich persönlich übers Knie.“ „War’n Glückstreffer, Grizzly.“, stapelte sie gewohnt tief. „Das glaube ich nicht.“, negierte Joran. „Du bist intelligent. Du musst es nur zugeben.“

Joran und Shannon wussten, dass sie nicht ewig in diesem Gebüsch bleiben konnten. Aber wo sollten sie hingehen? Jeder auf Sytanias Seite würde nach einem Vendar und einer Terranerin suchen. Im Dunklen Imperium würden sie auffallen. Hier waren sie ja zwei ziemlich schräge Vögel. Da wurde Shannon plötzlich durch Wagenlärm aufgeschreckt. Ein Zug Gaukler kam vorbei. Sie erkannte ihre Gelegenheit. „Los, komm, Grizzly.“, versuchte sie Joran zum Aufstehen zu bewegen. „Der Agent sagt immer, eine Erbse versteckt man am Besten in einer Erbsensuppe oder so ähnlich. Unter den schrägen Vögeln da fallen wir nicht weiter auf. Vielleicht können wir dazustoßen.“

Joran hatte erfolglos versucht, ihr zu folgen. „Lass mich hier.“, sagte er schließlich. „Ohne mich kannst du sie sicher schneller einholen.“ „OK.“, meinte Shannon und rannte los. „Bei ja kommen wir zurück und holen dich!“, rief sie ihm noch von fern zu. „Bei nein komme ich allein.“

Tatsächlich gelang es ihr nach einer ganzen Zeit, den vergleichsweise langsam fahrenden Zug der Gaukler einzuholen. „Halt!“, rief sie dem Mann auf dem Kutschbock des vordersten Wagens zu. „Mein Freund und ich brauchen Hilfe!“ Er winkte nach hinten und zog die Zügel sanft an, worauf die beiden zottigen Pferdchen vor der Kutsche sofort still standen. „Brav!“, lobte er sie. Dann zog er Shannon neben sich. „Erzähl mal, Mädchen.“

Shannon berichtete ihm alles. Sie war sicher, dass sie ihm vertrauen konnte und er vertraute auch ihr. Wie eine Räuberin, die unschuldige Gaukler überfiel, sah sie bei Leibe nicht aus. Das sah auch der Mann, den Shannon zwischenzeitlich als den Theaterdirektor Namens Ticione identifiziert hatte. So kamen Shannon und Joran tatsächlich bei den Gauklern unter, was sie nicht zuletzt dem Umstand zu verdanken hatten, dass Shannon einen irischen Gassenhauer nach dem anderen herausgeschmettert hatte und Ticione damit auf künstlerische Art sehr imponiert hatte. Durch Joran fühlten sich die Gaukler sehr beschützt, was bei seiner Statur kein Wunder war. Besonders Piccolina, die 4-jährige Tochter Ticiones, sah zu ihm auf.

Sytanias Gesichtsausdruck verfinsterte sich, als Telzan ihren Audienzsaal betrat. Die Prinzessin ahnte wohl schon, dass der Plan, Valora zu töten, in die Hose gegangen war. „Es tut mir Leid, Milady.“, begann der immer noch arg gebeutelte Vendar. „Valora lebt. Der Verräter hat ihren Geist. Wenn Ihr mir das Geistwesen jetzt schon geben könntet, könnte ich aber dafür sorgen, dass es trotzdem ein Einhorn gibt, das auf unserer Seite ist. Valora ist verletzt. Außerdem müssen sie einen neuen Körper für sie finden. Den eigentlichen habe ich einem Schlachter in einem Dorf verkauft. Der macht daraus Pferdefleisch. Wird kein dummer Bauer merken, den Unterschied.“ Er lachte gemein auf. „Ich sehe, Telzan.“, setzte Sytania an. „Du hast unsere Niederlage abgefedert. Deshalb sollst du auch haben, wonach du verlangt hast. Berühre meine Schläfen.“ Das tat Telzan auch und holte sich somit Sytanias Schöpfung. „Wenn es sein muss.“, begann er. „Werde ich das Fütterungsritual mehrmals am Tag durchführen.“, sagte er, nachdem die Übertragung abgeschlossen war. „Das musst du nicht. Ich sorge schon für alles.“, entgegnete Sytania. Dann nahm sie den Kontaktkelch zur Hand. „Wollen doch mal sehen, was mein anderer Plan macht.“, grinste sie. Durch den Kelch sah Sytania, dass Caruso Scotty auf Schritt und Tritt folgte. Sie sah auch sein Halsband. „Oh, nein!“, rief sie aus. „Ich hasse Mitwisser. Aber der Katze werde ich nichts tun. Eher ihrem Besitzer. Ich kann zwar direkt auf Androiden keinen Einfluss ausüben, aber ein Keshmek schon. Telzan, hole deines und gib es mir.“

Ein Keshmek ist eine Mikrosonde, die einen Kristall enthält, in den Mächtige telekinetische Befehle einspeisen können. Trifft das Keshmek auf sein Opfer, wird der Befehl ausgelöst. Der Kristall bleibt im Opfer und die Sonde entkoppelt sich. Dann fliegt sie in die Heimat zurück. Das Wort Keshmek bedeutet im Vendarischen übrigens: verwunschenes Schwert.

Ich verstand in der Zwischenzeit die Welt nicht mehr. IDUSA, der Stationsrechner, hatte mir ein Gespräch von der Sternenflotte durchgestellt. Am anderen Ende der Verbindung waren Agent Hilda Schrodinger und ihr Kollege, Agent Pedro Hernandes. „Wir müssen Sie vernehmen.“, begann Schrodinger. „Es geht um das, was dieser Tindaraner Ihnen angetan hat.“ Ihre Stimme war sehr mütterlich. „Ich habe keine Ahnung, wovon Sie reden.“, sagte ich. „Meine Partnerin meint, dass Sie von Shimar vergewaltigt worden seien. Aber ich glaube das nicht. Ein Opfer verhält sich ganz anders als Sie, Allrounder. Ich habe ja die Vermutung, dass Sytania irgendwas hiermit zu tun hat. Diese Amante del diablo versucht wahrscheinlich, Ihnen das einzureden oder dafür zu sorgen, dass alle Welt glaubt, dass unsere neuen Freunde …“ „Pedro.“, fiel ihm seine Kollegin ins Wort. „Das ist mal wieder typisch Mann …“ „Allrounder Betsy, Oiga, ich meine, hören Sie mir zu. Ich bin auf Ihrer …“

Mir reichte es. Mir reichte es definitiv. „Sie wollte mich aus irgendeinem Grund unbedingt zum Opfer machen. Aber ich war kein Opfer und das würde sie jetzt lernen. Listig sagte ich: „Na schön, Agent Schrodinger. Ich gebe es zu. Ich weiß, dass alle Opfer zunächst bei sich die Schuld suchen und es gibt Dinge, die eine Frau lieber mit einer Frau allein bespricht. Also, würden Sie, Agent Hernandes, bitte den Hörer aus dem Ohr nehmen?“ Ihn wollte ich mit dem, was ich zu tun beabsichtigte, ja nicht treffen. Er war ja auf meiner Seite.

„Gut.“, sagte ich nach einer Weile. „Jetzt sage ich Ihnen, wie es war.“ Schrodinger lauschte erwartungsvoll. Statt einer Aussage kam aber nur eine heftige Rückkopplung, die ich mit Hilfe des Mikrofons und des Lautsprechers verursachte. Als gelernte Kommunikationsoffizierin wusste ich ja, wie so etwas geht. Zwar hatten wir das eigentlich gelernt, um eben so etwas zu vermeiden, aber, jeden Prozess kann man umkehren.

Schreiend riss sie sich den Ohrhörer heraus. „Ich wünsche einen angenehmen Hörsturz, Ma’am!“, schrie ich ins Mikrofon. „Wer mich jetzt noch für ein Opfer hält, bitte vortreten. Ja, es stimmt, ich, Allrounder Betsy, ging fremd mit Shimar vom Planeten Tindara und hatte noch Spaß dabei.“ Dann drückte ich wütend die 88-Taste. Was war da bloß passiert? Warum wollte man mich unbedingt zum Opfer stempeln?

IDUSA war inzwischen auch wieder in der heimatlichen Dimension angekommen und schleppte sich mühsam durch das Universum der Tindaraner. Zu nah an der Basis durfte sie aus physikalischen Gründen nicht aus dem Interdimensionsmodus gehen. Das wusste das Schiff. Aber mit einer Spule zu fliegen, das war unmöglich. IDUSA vermied Sonnensysteme. Sie wusste, dass sie dort leicht ins Trudeln kommen konnte und ohne einen biologischen Piloten mit Bauchgefühl abstürzen würde.

Tibar und seine Truppe waren in der Nähe auf Patrouille, als IDUSA dann doch einen Notruf absetzte. Sie dachte zwar, dass er ihr nicht helfen würde, denn sie vermutete, er würde die Schlappe von neulich noch nicht weg gesteckt haben, aber weit gefehlt. IDUSA bemerkte den Traktorstrahl seines Schiffes und SITCHte ihn an. „Warum helfen Sie mir, Commander Tibar?“, fragte sie irritiert. „Weil ich dir und deinem Commander längst vergeben habe, IDUSA-Einheit.“, kam es freundlich zurück. „Man sollte eben nicht auf 18-jährige Rotzlöffel hören, die sich zu wichtig nehmen. War mein Fehler. Zirells kalte Dusche war da ganz richtig am Platz. Sag ihr das. Ich schleppe dich jetzt zu deiner Basis. Wie heißt dein betreuender Techniker? Was ist dir überhaupt passiert? Wo ist deine Crew?“ IDUSA berichtete ihm alles.

Scotty war erwacht und hatte Caruso gesehen, der neben ihm auf dem Kissen saß. „Mieze.“, erschrak er, denn er hatte jetzt auch das Datum auf dem Display der Sprechanlage gesehen. „Was machst du hier? Wo ist der gestrige Tag? Oh, Gott.“ Sein Blick war auf die Zeitung gefallen, die immer automatisch vom Rechner herunter geladen wurde. Darin war auf Seite eins deutlich zu lesen: „Montgomery Scott entlarvt wahre tindaranische Absicht!“ Flüchtig las Scotty den Artikel und wurde leichenblass. Auch in den Nachrichten strahlte ihm sein eigenes Bild entgegen, wie er fröhlich lügend ein Interview nach dem anderen gab. Und sogar im Sternenflottenhauptquartier gab es einen SITCH mit den gleichen Lügen. Scotty nahm Caruso verzweifelt auf den Arm. „Oh, Mann, Mieze, was habe ich da gemacht? Warum erinnere ich mich an kein verdammtes Wort? Hilf mir!“ Caruso versuchte, ihn durch Schnurren zu trösten. Aber ohne Erfolg. Scotty ließ ihn wieder herunter und Caruso ging in Richtung Tür. „Das ist eine gute Idee, Mieze.“, sagte Scotty. „Erst mal frische Luft. Frische Luft.“

Für Ticione, seine Frau Rumbanella und die gesamte Schauspieltruppe waren Joran und Shannon ein großer Gewinn. Joran machte sich hier und da nützlich und Shannon wurde als Sängerin beschäftigt. Aber auch bezüglich Valoras Geist in Jorans Sifa gab es gute Nachrichten. Durch das gemeinsame Fütterungsritual ging es ihr besser und besser und Joran brauchte bald Shannons Hilfe nicht mehr.

Eines Tages holte Ticione alle zusammen. „Hört mal her.“, begann er. „Demnächst werden wir in Logars Schloss auftreten. Rumbanella und ich haben ein Stück ersonnen, das auf einem Witz gründet, den neulich ein Bauer am Stammtisch in einer Dorfkneipe gemacht hat. Er hat gesagt, dass sich Sytanias oberster Vendar neuerdings mit griechischen Dichtern im Ehebett messen muss. Daraus haben wir ein satirisches Stück gemacht und wollen nun die Rollen verteilen. Shannon, du singst die Erzählerrolle. Joran, du könntest deinen eigenen Widersacher spielen, wenn du Lust hast. Du würdest ihn sicher gern einmal verulken.“ „In der Tat.“, nahm Joran an und lachte sich halb scheckig. Piccolina trat vor. „Darf ich Sytania sein?“, fragte sie mit einem wichtigen Gesicht. Rumbanella und Ticione sahen sich an. „Warum nicht?“, fragte die rothaarige und eher figürlich einer typischen Rubens-Dame ähnelnde Schaustellerin ihren Mann. „Schließlich ist es eine Satire und da kann man die große Sytania auch mal von einem Kleinkind spielen lassen. Es wäre zwar ihre erste Erfahrung auf der Bühne, aber irgendwann muss sie ja mal anfangen.“ „Wie Recht du hast, meine Rumbanella.“, zwitscherte Ticione.

Sytania und Telzan hatten ihren Plan, der Einhornherde eine Führung zu geben, die auf ihrer Seite war, inzwischen vollständig umgesetzt. Sytania hatte die Entwicklung des Geistwesens in Telzans Sifa so stark beschleunigt, dass es bereits nach einigen Tagen ins Gehirn eines armen Pferdes gepflanzt wurde. Dann verpasste es mittels seiner Fähigkeiten dem armen Tier ein Telepathiezentrum und machte sich zu seiner Herde auf. „Ich hätte einen Vorschlag, wie wir herausbekommen können, ob die Einhörner jetzt wirklich auf unserer Seite sind.“, sagte Telzan zufrieden. „Schieß los.“, antwortete Sytania. „Überfallt den Palast Eures Vaters. Wenn er dann, unwissend wie er ist, die Einhörner zur Hilfe ruft, wird er sich schwer wundern. Außerdem schlagen wir so zwei Fliegen mit einer Klappe. Euer Vater ist demoralisiert und die Sternenflotte oder die Tindaraner hätten keine funktionsfähige Etappenbasis, falls sie ein Team schicken, das nach dem Rechten sehen soll. Übrigens war es mir eine große Freude, Eure Schöpfung zu tragen. Ihre und meine geistige Energie haben so gut harmoniert, dass mir das Fütterungsritual leicht wie nie von der Hand ging.“ „Das freut mich.“, grinste Sytania und schickte nach ihrem General, um mit ihm den Überfall auf Logar zu besprechen.

Auf Piccolinas Wunsch hatte Joran begonnen, ihr das Kutschieren beizubringen. Mit den beiden lammfrommen Pferdchen, die den Wagen ihrer Familie zogen, war das ja kein Problem. Plötzlich spürte er, wie die Kleine sich angstvoll an ihn kuschelte. „Was ist dir, Piccolina?“, fragte Joran und übernahm die Zügel selbst wieder, denn er hatte die Befürchtung, dass sich die Angst des Mädchens auf die Pferde übertragen könnte. So weit, sie selbst beruhigen zu können, war Piccolina noch nicht. „Wird Logar nicht böse, wenn wir seine Tochter verhöhnen?“, fragte Piccolina. „In der Tat nicht.“, tröstete Joran. „Weißt du, das ist nicht so wie bei deinem Vater und dir. Logar und Sytania sind Feinde. Sie sind zwar Vater und Tochter, aber sie sind beide schon erwachsen. Manchmal kommt es vor, dass aus Vater und Tochter dann Feinde werden können.“ Piccolina atmete erleichtert auf.

Caruso hatte Scotty jetzt schon fast durch die ganze Stadt geführt. „Wo willst du denn mit mir hin, Mieze?“, fragte Scotty. Sie waren schon im Captainsviertel am Janeway Place angekommen und standen jetzt vor dem Haus der Handersons. Auch Data hatte sich von seinem Haus aus aufgemacht. Erleichtert nahm Scotty zur Kenntnis, dass er auf ihn zu kam. „Hallo, Mr. Scott.“, begrüßte der Android ihn. „Data, alter Knabe.“, gab Scotty zurück und beobachtete, wie Caruso vertrauensvoll auf Datas Arm Platz nahm. „Die Mieze gehört also Ihnen.“, stellte Scotty fest. „Er heißt Caruso und wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie ihn nicht ständig Mieze nennen würden.“, erwiderte Data. Scotty kraulte Carusos Kinn und sagte: „Dann entschuldige, Mi … ääähh Caruso.“

Scotty war auf ein Geräusch aufmerksam geworden und schaute nach oben. Er sah etwas, das wie ein großes Insekt aussah und sich schnell Data näherte. „Deckung, alter Knabe!“, rief er, aber es war zu spät. Das Ding hatte Data erreicht und gestochen. Scotty musste Caruso auffangen, denn Data hatte jegliche Kontrolle über seine Motorik verloren. Mit einem lauten Krach fiel er vor Scotty hin.

Scotty wusste nicht, wem er zuerst helfen sollte. Er setzte den zitternden und laut jammernden Caruso vorsichtig ab. „Ist ja gut, Caruso.“, versuchte er, ihn zu beruhigen. „Wenn ich mit deinem Herrchen fertig bin, kommt alles wieder in Ordnung.“

Er beugte sich über Data und sah ihn sich genau an. Dabei bemerkte er die Sonde, die sich gerade von ihrem Stachel löste. Mit festem Griff packte er sie und schlug sie so fest auf die Straße, dass ihr Antriebsmodul zerbrach. „So, Freundchen, dir habe ich erst mal die Flügel gestutzt.“, sagte Scotty. „Und was du mit Data gemacht hast, kriege ich auch noch raus. Insekt, pah, du magst zwar so aussehen, aber, der Blitz soll mich beim Scheißen treffen, wenn du wirklich eines bist.“

Klein David war durch den Krach aufmerksam geworden und vor das Haus getreten. Als der Junge Data sah, rollten ihm dicke Tränen über die Wangen. „Kriegen Sie ihn wieder Hin, Mr.?“, weinte David. „Bitte, Sie müssen ihn wieder hinkriegen, er ist mein Freund.“

Auch Davids Eltern kamen jetzt aus der Tür. Scotty erbat sich Techniker Handersons Hilfe und die beiden brachten Data ins Haus. Mrs. Handerson kümmerte sich um den völlig geschockten Caruso.

„Ist deine Frau nicht auch Ärztin, Kollege.“, wendete sich Scotty an Mr. Handerson. „Ja.“, erwiderte dieser. „Warum?“ „Die sollte mich mal untersuchen. Ich hab’ wohl im umnachteten Kopf ziemlichen Mist gebaut.“, gab Scotty zu. „Dann sage ich ihr am Besten gleich Bescheid.“, sagte Mr. Handerson und meinte angesichts der chaotischen Bilder auf seinem technischen Erfasser: „Das ist wohl das einzige, was wir tun können. Mit Data kommen wir nicht weiter.“ „Ich wüsste jemanden, die uns helfen könnte.“, entgegnete Scotty. „Kann ich dein Sprechgerät benutzen?“ Techniker Handerson nickte.

Ich hatte Shimar beim mentalen Training zugesehen. Seine Aufgabe war es, ein Bild in seinem Geist aufzubauen. IDUSA sendete dann ein Störsignal über den Neurokoppler, das ihn irgendwann zwang, das Bild zusammen brechen zu lassen, weil er sich nicht mehr konzentrieren konnte. IDUSA nahm die Zeit bis dahin. „Sie haben sich schon enorm gesteigert, Shimar.“, stellte der Rechner fest. „Gestern waren es noch durchschnittlich 10 Minuten, heute sind es schon 20. Den Rekord hält zwar immer noch Nidell mit 30 Minuten, Aber das heißt ja nichts.“ Da IDUSA auch meine Reaktionstabelle geladen hatte, konnte auch ich hören, was sie sagte. „Nidell.“, staunte ich. „Hätte ich ihr nicht zugetraut.“

Plötzlich löschte IDUSA Shimars Tabelle und sagte zu mir: „Ich habe eine Verbindung für Sie, Allrounder.“ „Wer ist es?“, wollte ich wissen, denn ich hatte keine Lust, schon wieder von irgendeinem Geheimdienstler belästigt zu werden, der mir eine Opferrolle in den Mund legen wollte. „Unbekanntes Rufzeichen.“, entgegnete der Rechner. „Aber ich kann die Stimme identifizieren. Sie gehört Ihrem Mann. Außerdem muss ich Sie warnen. Laut Frequenzschema seiner Stimme ist er panisch.“ Mir lief es eiskalt den Rücken herunter. „Verbinde, IDUSA!“, befahl ich alarmiert. „Sofort!“ „Betsy, Oh, Gott, es ist alles meine Schuld! Hilf mir!“, hörte ich Scotty sagen. „Ganz ruhig.“, versuchte ich seine Wortflut einzudämmen. „Was ist los?“ „Krieg!“, entgegnete er. „Es gibt bald Krieg! Ich hab’ wohl im umnachteten Kopf ’ne Menge Scheiße über die Tindaraner erzählt und jeder Schwanz von der Regierung hat mir geglaubt! Oh, Gott, Betsy! Data ist von irgendwas getroffen worden! Wahrscheinlich, weil er alles gesehen hat! Hol’ mir Techniker Mc’Knight! Nein, besser, hol’ uns irgendwie ab! Auf der Tindaranerbasis habt ihr doch ganz andere Möglichkeiten! Rede mit Zirell! Bitte, schnell!“

Ich fiel Shimar zitternd um den Hals. Meine Gedanken waren für ihn jetzt ein offenes Buch, aber das machte mir nichts. „Oh, je, Kleines. Dein armer Mann. Komm, wir gehen zu Zirell.“

Auf Lancelot, ihrem schwarzen Hengst, ritt Sytania selbst ihren Truppen voran. Im Gegensatz zu ihren Soldaten trug sie keine Rüstung, da sie für normale Pfeile, Schwerter und Speere als Mächtige ja unverwundbar war. „Vorwärts, Männer!“, keifte sie ihren Soldaten zu. „Der Sieg wird unser sein!“

Leider hatte sie damit nun ganz und gar nicht Unrecht. Durch den Führungswechsel bei den Einhörnern hatten sich auch alle Machtverhältnisse im Dunklen Imperium zu Sytanias Gunsten umgekehrt. Das schien aber König Logar noch nicht begriffen zu haben, als er seiner Tochter auf Kipana, seiner Lieblingsstute mit schwarzem Fell und einer weißen Blässe entgegenkam. Kipana war das Intelligenteste unter Logars Pferden. Sie lernte am Schnellsten, wenn man ihr etwas beibringen wollte, spürte aber auch als erste, wenn etwas nicht stimmte. Das war auch heute der Fall. Vergeblich hatte sie versucht, ihre Menschen auf den Missstand aufmerksam zu machen. Jetzt stand sie mit weit aufgerissenen Augen da. Sytania kam immer näher und Kipanas Angst wurde schließlich so groß, dass sie Logar abwarf. Dann flüchtete sie zu dem einzigen Menschen, von dem sie noch Schutz erwarten konnte. Das war der kleine Argus, Logars Stallbursche. Auch der 10-jährige Junge mit zerschlissenen Hosen und ebensolchem Hemd und Schuhen hatte auch das Gefühl, dass hier etwas ganz und gar nicht in Ordnung war. Sonst hatten Logars Soldaten immer in jeder Schlacht gegen Sytania gesiegt. Jetzt war alles anders.

„Na, Vater.“, spottete Sytania. „Seid Ihr von Eurem eigenen treuen Ross verraten worden?“ „Schweig still, Tochter.“, gab der erboste König zurück. „Ich weiß nicht, was du getan hast, aber …“ „Ich?“, sagte Sytania mit unschuldigem Blick. „Was soll ich schon getan haben? Aber, wenn ihr wollt, dann ruft doch die Einhörner zu Eurem Schutze.“ „Wohlan, das werde ich!“, rief er aus und konzentrierte sich auf das Bild der Einhornherde.

Argus hatte Kipana auf eine Koppel weit vom Kampfplatz geführt. Er nahm ihr Sattelzeug und Rossharnisch ab. An ihrer schnellen Atmung, den schnorchelnden Lauten, die sie von sich gab, der angespannten Körperhaltung und dem Beben ihrer Nüstern konnte er gut sehen, was für eine große Angst sie haben musste. „Ich weiß doch auch nicht, was los ist.“, verzweifelte Argus. „Beruhige dich doch, meine Große. Ach, wäre doch nur Betsy oder jemand anderes von der Sternenflotte hier. Die könnten uns das sicher erklären.“

Die Einhörner waren inzwischen auf dem Schlachtfeld eingetroffen. Zum Schrecken von Logars Soldaten kämpften sie aber für Sytania. „Seht, Vater, der Sieg ist mein.“, krähte Sytania voller Verachtung. „Wenn ich Ihr wäre, würde ich mich ergeben, bevor ich Euch aus dem Schloss jage.“ „Nun gut, Tochter.“, lenkte Logar ein. „Ich weiß zwar nicht, was du getan hast, aber es ist wohl besser so. Zumindest, bis ich es herausgefunden habe.“ Dann rief er seinen Hornbläser. „Gib das Signal zum Rückzug!“, befahl er ihm. „Wie Ihr wünscht, Milord.“, erwiderte dieser ergeben.

Cupernica war im Haus der Handersons eingetroffen. Scientist Handerson hatte ihre Kollegin zur Verstärkung gerufen, da sie wusste, dass sie sich mit dem, was Scotty passiert war, am Besten auskannte. Die beiden Frauen Doktor hatten ihn jetzt quasi auf den Kopf gestellt, hatten aber leider kein Ergebnis. „So ein verdammter Scheiß!“, fluchte Scotty. „Aus mir können Sie wohl keine Beweise herausquetschen und der einzige Zeuge liegt in Techniker Handersons Werkstatt im Sterben …“ Er sprang auf, aber Cupernica verfrachtete ihn auf das Bett zurück. Als Androidin hatte sie ja durchaus die Reflexe und die Stärke dazu. „Sie sind unfair, Lady.“, kommentierte Scotty seine Situation. „Die Meinung werden Sie ganz schnell ändern, wenn wir durch die letzte Untersuchungsmethode, die uns noch bleibt, Energiereste gefunden haben, die nicht Ihre sind. Das Pikante an der Situation ist, dass Sie 24 Stunden geschlafen haben und somit die Halbwertzeit von telepathischer Energie längst überschritten ist. Aber mit einem Resonanzscan könnte es sein, dass wir noch etwas finden. Dafür brauchen wir aber Ihre aktive Mithilfe.“, referierte Cupernica. „Wie denn?“, fragte Scotty genervt. „Wir werden Ihnen jetzt einen Gegenstand vor die Augen halten. Dann möchten wir, dass Sie sich so stark darauf konzentrieren wie Sie können. Dadurch sammeln Sie all Ihre geistige Energie in Ihrem visuellen Zentrum. Alles, was sich dann in den übrigen Zentren befindet, kann also nicht von Ihnen sein. Das tun wir umschichtig mit allen Zentren. Zusätzlich werde ich eine Nasalsonde benutzen, damit wir näher an Ihrem Gehirn scannen können und nicht erst durch den Schädelknochen müssen. Diana, würdest du?“

Scientist Handerson reichte ihrer Kollegin ein längliches Teil aus deren Arztkoffer, das diese an ihren Erfasser anschloss. Dann schob sie Scotty den Gegenstand in die Nase bis zur Stirnhöhle. „Ich bin drin.“, sagte sie nüchtern. Handerson schnappte sich jetzt eine Tasse aus ihrem Schrank. „Schauen Sie auf die Tasse, Mr. Scott.“, forderte sie. „Ganz fest auf das Bild konzentrieren. Ganz fest.“ Scotty tat, was sie ihm gesagt hatte. Nach einer knappen Minute ordnete Cupernica an: „Stimulation des Audio-Kortex. Nehmen Sie irgendeine Tonquelle.“ „Himmel Arsch und Warbkernbruch!“, äußerte sich Scotty extrem unwillig. „Glauben Sie echt, dass das noch was bringt? Diese Resonanzsache ist verdammt anstrengend und am Ende kommt doch nichts dabei heraus!“ Cupernica und ihre Kollegin sahen ihn streng an. „Ich weiß.“, resignierte er. „Nicht lamentieren, konzentrieren.“

Viele Minuten verstrichen ohne Ergebnis. Cupernica befreite Scotty schließlich von der Nasalsonde und gab zu: „Sie hatten Recht, Scotty. Es ist einfach zu lange her.“ „Dann muss ich jetzt schnell zu meinem Kollegen und unserem einzigen Zeugen zurück.“ Sagte Scotty. „Vielleicht können wir ihn zumindest noch retten.“ Handerson und Cupernica nickten.

Shimar und ich hatten Zirell und Maron alles berichtet. Der Demetaner war blass geworden. „Was ist los, Maron?“, erkundigte sich Zirell. „Troja.“, stammelte Maron. „Ich spreche kein Demetanisch.“, gab Zirell scherzend zurück. „Sir.“, wandte ich mich an den Agent. „Bitte um Erlaubnis, es selbst erklären zu dürfen.“ „Erteilt, Allrounder.“, gab Maron zurück. „Also, Zirell.“, begann ich. „Ein Mann begehrt eines anderen Mannes Frau. Der gehörnte Ehemann kriegt es raus und es gibt Krieg. Das ist der Inhalt der Sage von Troja. Die Sage war auf der Sonde, die die Sternenflotte als Köder an Sytania geschickt hat. Und …“ „Ach du liebe Zeit!“, rief Zirell aus. „Aber Scotty hat dir doch verziehen.“ „Ja.“, erwiderte ich. „Aber was ist, wenn Sytania, inspiriert durch die Sage, nachgeholfen hat.“ Zirell verzog erschrocken das Gesicht. „Joran hatte Recht. Sytania hat unsere vermeintliche Stärke, den Köder, auf den wir dachten, dass sie hereingefallen wäre, gegen uns benutzt.“, erklärte Maron.

Jenna betrat die Kommandozentrale und legte einen Energiekristall auf Marons Schreibtisch ab. „Was ist das, Mc’Knight?“, erkundigte sich der erste Offizier und Geheimagent. „Der Kristall aus IDUSAs Generator für die Rosannium-Waffe, Sir. Sie hatten mir doch befohlen, heraus zu bekommen, warum sie die Waffe nicht aktivieren konnte. Hier ist mein Ergebnis.“ Sie zog ihren technischen Erfasser und legte ihn neben den Kristall. „Ich kann Ihr Fachchinesisch nicht interpretieren, Jenna.“, muffelte Maron. „Na schön.“, sagte sie und nahm das Gerät wieder an sich. „Der Kristall ist chemisch instabil. Der hätte kein einziges Millyvolt an Energie abgegeben, wenn ihr mich fragt. So etwas hätte ich aber nie eingebaut. Das kann höchstens auf der Werft passiert sein.“ „Nurell.“, stöhnte Maron. „Joran hatte schon wieder Recht.“

„Ich höre schon wieder diese Vulkanier.“, machte Zirell einen Scherz, um die gedrückte Stimmung ein Bisschen aufzulockern. „Die glauben doch ohnehin, dass die Liebe das teuflischste aller Gefühle sei. Sie werden jetzt darauf drängen, dass sie per Gesetz abgeschafft wird.“ „Soweit ich weiß, gab es dazu einen Vorstoß von den Xylianern.“, schlug ich in Zirells Kerbe. „Die wollten vorschlagen, dass die Nervenbahnen bei den Spitzohren schon gleich nach der Geburt mittels eines chirurgischen Phasers getrennt werden. Allerdings hätte das auch zur Folge, dass bestimmte Gefühlsgesteuerte Dinge, auch alle sieben Jahre, nicht mehr funktionieren würden und die Rasse dann ausstürbe. Ich meine damit, dass die Vulkan-Männer auch alle sieben Jahre keinen mehr hoch …“ „Allrounder!“, entgegnete Maron ob meines Witzes. „Sie ist eben nicht nur Miss superbrav.“, stellte sich Zirell auf meine Seite.

„Wie helfen wir denn jetzt Mr. Scott?“, fragte Maron schließlich. „Tindara wird bei der Föderation bereits als Feind eingestuft. IDUSA würden sie erkennen.“ „Aber Tabrans Schiff nicht.“, erwiderte ich. „Und mich würden sie auch nicht erkennen, wenn ich wie eine Vendar-Novizin aussehe.“ Damit ging ich wortlos aus der Tür.

Mein Weg hatte mich zu Shiranachs und Tabrans Quartier geführt. Ich hatte den Vendar auseinandergesetzt, was ich plante. „Ich bin einverstanden.“, erwiderte Tabran. „Aber du müsstest wie eine extrem junge Novizin aussehen, beinahe wie ein Kind.“, überlegte Shiranach, als sie mich genauer gemustert hatte. „Für eine Vendar bist du nämlich wirklich klein.“ „Macht nix.“, erwiderte ich mit kindlich verstellter Stimme. Da ich auch Laienschauspielerin war, war dies für mich kein Problem. “Meine alten Ohren mögen mich täuschen.“, staunte Tabran. „Aber das klang verdammt echt.“ „Tja.“, machte ich. „Wer kann, die kann.“

„Jetzt werden wir an deinem Aussehen arbeiten.“, übernahm Shiranach das Heft. „Bitte begleite mich ins Schlafzimmer.“ Ich folgte ihr und ihrer Anweisung. Shiranach ging zum Replikator und sagte nur zu mir: „Zieh dich schon mal aus.“ Vertrauensvoll tat ich auch das.

Sie kam mit einem Anzug zurück, der ganz aus künstlichem Vendar-Fell bestand. Aber es war nicht nur ein Anzug. Er war dehnbar wie eine zweite Haut. Außerdem gab es einen Chip, der falsche vendarische Biozeichen aussandte. In die Mütze war eine Gesichtsmaske integriert. Ich zog den Anzug an. Obwohl er hauteng anlag, hatte ich nicht das Gefühl, eingeschnürt zu sein. Darüber zog ich noch die traditionelle Kleidung einer Vendar-Novizin. So gingen wir in die Zentrale zurück.

„Ach, wie siehst du denn aus?!“, rief Zirell aus. Maron nahm seinen Erfasser und scannte mich. Dann schlug er sich vor Begeisterung auf die Schenkel. „Nein so was. Ich ziehe mich gleich aus und tanze auf dem Tisch vor Begeisterung! Ich kann einstellen, was ich will, der Erfasser hält Sie tatsächlich für eine Vendar-Jugendliche, Allrounder. Das hätte unser Geheimdienst nicht besser hingekriegt!“ „Welches Stück soll ich denn zu Ihrer Begleitung singen, Sir.“, witzelte ich. „Auswendig kann ich einiges.“ „Wie wäre es mit: Ich gehe auf Mission, nach der Melodie: Sytanias Sieg wird verhindert. Mc’Knight, machen Sie Tabrans Schiff startklar!“ Jenna nickte und begleitete Tabran und mich zur Shuttlerampe.

 

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