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Lange vor dem Anbeginn der Zeiten lebten in der Vorwelt die Göttin Astra und ihr Gemahl Absolus. Viele Kinder hatten sie bekommen und einige von ihnen hatten sich entschieden, zu Welten zu werden und sterblichen Wesen eine Heimstadt zu sein.


Als Letztes bekamen Astra und Absolus noch drei Töchter. Sie waren Drillinge und wurden Lucia, Helia und Tindara genannt. Lucia und Helia waren schön und von großer und schlanker Gestalt. Ihre Köpfe zierten lange blonde Haare. Tindara hingegen war schmächtig, klein und hatte nur spärliches dünnes schwarzes Haar. Doch war sie der drei Schwestern Klügste und Besonnenste. Wenn sie gemeinsam durch die Welten wandelten, sah Tindara oft zu, wie sich ihre Schwestern mit viel Tand umgaben und nichts mehr zu tun hatten, als sich in den Gewässern der Welten zu spiegeln und die eigene Schönheit zu bewundern. Tindara hörte den Spott und Hohn ihrer Schwestern. „Schau uns an.“, meinte Helia und Lucia fügte hinzu: „Wir sind die schönsten aller Wesen, ob Sterbliche oder unsterbliche Götter. Ach, wie hässlich du doch im Gegensatz zu uns bist!“


Zwar war Tindara über diese Worte nicht gerade froh, aber sie schreckten sie nicht wirklich, denn sie wusste, dass sie diejenige war, die sich um die Schöpfung sorgte. Sie hatte viel Leid von sterblichen Wesen genommen, ja, sogar geholfen, ihre Streitigkeiten zu lösen, wenn sie selbst nicht weiterkamen und sich an Tindara gewendet hatten. Sie hatte oft lang grübeln müssen, aber immer eine Lösung gefunden. Sie wusste, ihre eitlen Schwestern würden dies nicht zuwege bringen.


Doch Astra blutete das Mutterherz. Tag für Tag klagte sie Absolus ihr Leid. „Oh, mein Gemahl.“, klagte sie. „Was können wir noch tun? Lucia und Helia fühlen keine Liebe für ihre Schwester. Wie können wir dafür sorgen, dass sie aufhören, ihr so arg zu spotten? Alles, was wir bis jetzt getan haben, war umsonst.“ „Verzage nicht.“, tröstete Absolus sie.


Nun kam also der Tag, an dem sich die drei Töchter entscheiden mussten, ob sie auch als Erwachsene lieber Welten werden wollten, oder als Geistwesen das Universum durchstreifen wollten. Der weise Absolus wandte sich zuerst an Tindara. „Nun, mein Kind.“, begann er. „Wie hast du entschieden?“ „Wenn ich darf, Vater.“, antwortete Tindara zögernd. „Dann möchte ich eine Welt werden, die vielen Sterblichen eine Heimat ist. Immer will ich gut für sie sorgen und …“ „Du!!“, lachten Helia und Lucia wie aus einem Munde. Ohnehin konnten sie nicht verstehen, warum sich ihr Vater zuerst an Tindara, die in ihren Augen hässliche Schwester, gewandt hatte. Sie fanden, sie als wahre Schönheiten, hätten das Recht, zuerst gefragt zu werden.


„Nun denn.“, sprach Absolus. „Es sei.“ Auf sein Wort verwandelte sich Tindara in eine Welt und gab vielen sterblichen Wesen eine Heimat.


Helia und Lucia blickten mit garstigen Augen, Neid und Missgunst auf die Geschicke ihrer Schwester. Sie sahen, wie aufgehoben und gut sich die Sterblichen bei Tindara fühlten. Gekränkt suchten sie wieder ihren Vater auf und sagten: „Vater, warum hast du ihr diesen Wunsch gewährt. Hättest du nicht uns eine Aufgabe geben müssen, die unserer Schönheit gebührt?“ „Ihr wollt eine Aufgabe, die eurer Schönheit gebührt?“, fragte Absolus. Die Schwestern nickten. „Nun gut.“, sprach Absolus. „Es sei!“ Und er verwandelte Helia und Lucia in zwei Sonnen. „Für eure Schwester.“, so sprach er dann. „Sollt ihr nun ewig mit eurer Schönheit dienlich sein. Ihr werdet ihr mit eurem Glanze helfen, das Leben, das sie beherbergt, zu erhalten. Auf ewig sollt ihr sie beschützen und beschirmen und ihr Licht sein. Schatten habt ihr lang genug auf eure Seelen geladen!“


So kam es, dass das Tindaranische bis heute das Schimpfwort: „Helucis“ verwendet, wenn eine eitle Frau beschrieben wird.


ENDE

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