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Die aktuelle Zeitrechnung arbeitete in meine Hand. Diesen Monat würde es einen Freitag den 13. geben und der war sogar schon diese Woche. Ich meldete mich freiwillig, um den Jugendtreff von Little Federation an diesem Wochenende zu betreuen. Auch die Freunde von Melissa und Nalas würde ich in meinen Plan einbeziehen müssen.

Der Computer meines Hauses und ich hatten das Musikprogramm für den Abend zusammengestellt. Ich hatte den Datenkristall ins Laufwerk geschoben und hatte dann dem Rechner im Partyraum des Gemeindehauses befohlen, das Mikrofon für Ansagen zu öffnen. „OK, ihr Lieben.“, sagte ich in ruhigem Ton. „Bevor wir heute anfangen zu feiern, muss ich noch etwas loswerden. Ihr alle wisst, was letzte Woche passiert ist. Vielen von euch mag das seltsam vorkommen. Aber dort, wo ich herkomme, ist Aberglaube normal gewesen. Melissa und Nalas möchten aber, dass das aufhört und Melissa keine Angst mehr vor schwarzen Katzen und dergleichen haben muss. Dafür brauchen sie und Nalas aber euer aller Hilfe. Alle, die den Beiden helfen wollen, treffen sich um halb zwölf mit mir vor dem Eingang. Bis dahin.“ Ich betätigte eine Taste, worauf der Computer die Musik beginnen ließ. „Amüsiert euch!“

Evain hatte ihr Schiff gelandet und sich sofort von einem niederen Soldaten zum Präsidentenpalast bringen lassen. Hier wollte sie Ethius unbedingt berichten, was geschehen war.

„Es tut mir leid.“, lächelte ihr Ethius’ Sekretärin zu. „Der Allverstehende Präsident ist gerade in einer …“ Weiter sprechen konnte sie nicht, denn Evain schob sie unsanft zur Seite und verschaffte sich so Zutritt zu Ethius’ Büro. Dieser beendete eilig das SITCH-Gespräch, das er gerade geführt hatte und wendete sich dann seiner Militärführerin zu. „Evain, was ist passiert? Sie sind ja total blass.“ „Die Tindaraner wissen Bescheid!“, stieß Evain fast panisch hervor. „Dieser verdammte Demetaner, der für sie arbeitet. Er hat alles gesehen. Er sagt, sein Schiff habe aufgezeichnet, wie wir die trojanischen Pferde benutzt haben. Er wird alles seinem Commander sagen und die wird es der Zusammenkunft sagen und die sagen es Nugura. Wenn die erfährt, dass wir geächtete Waffen haben, wird sie …“ Der Präsident stellte sich neben sie und fasste ihre Schulter. Dann drehte er sie zu sich um. „Reißen Sie sich zusammen, Evain!“, befahl er. „Denken Sie mal logisch. Er mag zwar gesagt haben, dass sein Schiff alles aufgezeichnet hat, aber es gab doch vorher keinen Verdacht auf trojanische Pferde, nicht wahr?“ „Natürlich nicht, Allverstehender Präsident.“, atmete Evain auf. „Also.“, fuhr Ethius fort. „Dann waren der Demetaner und sein Schiff doch durch diese Tatsache überrascht und konnten allenfalls erst dann aufzeichnen, als deine Truppen schon auf die Flüchtlinge schossen.“ Fragend sah Evain ihren Oberbefehlshaber an. „Soll das heißen, er hat nur geblufft?“, wollte sie wissen. „Natürlich!“, antwortete Ethius. „Die Tindaraner können uns gar nichts beweisen und das bedeutet, wir machen weiter wie bisher.“

Ich war überrascht, als ich die Tanzfläche bereits um elf völlig leer vorfand. Wo waren alle hingegangen? Die Frage erübrigte sich aber bald, weil alle geschlossen zurückkamen. Jeder hatte seine Jacke an. Ich war froh darüber, dass sich wirklich alle Jugendlichen mit Melissa und Nalas solidarisch erklärten. Eilig packte ich meine Ausrüstung zusammen, die ich mitgenommen hatte und dann gingen wir langsam in Richtung Friedhof. Neben meiner Uniform, die ich angezogen hatte, hatte ich auch die Tasche mit meinem Erfasser, meinem Phaser und meinem Sprechgerät dabei. Ich dachte, dass die Kids sich vielleicht beschützter fühlen würden, wenn sie wüssten, dass ich ihnen damit im Notfall Schutz bieten könnte, da der Erfasser uns vor Gefahren warnen konnte, ich diese mit dem Phaser unschädlich machen könnte und mit dem Sprechgerät im Notfall Hilfe holen würde.

Guten Mutes gingen also „meine kleinen Zivilisten“ und ich jetzt zum Zentralfriedhof von Little Federation. Unterwegs SITCHte ich mit Data. „Cupernica, Caruso und ich sind auf Position, Allrounder.“, erklärte mir der Androide plangemäß. „Wir werden uns Ihnen beide anschließen, wenn Sie nichts dagegen haben.“ Ich drückte kurz die Sendetaste und nickte. Sagen durfte ich nichts, denn die Kids sollten nicht merken, dass die bald erfolgende Begegnung mit einer schwarzen Katze geplant war. Aus demselben Grund benutzte ich auch einen Ohrhörer.

Kurz vor den Toren des Friedhofes blieben wir stehen. „So.“, sagte ich. „Bitte nehmt jetzt Nalas und Melissa fest in eure Mitte. Wir müssen ihnen vermitteln, dass sie keine Angst haben müssen.“ „Mir brauchen Sie das nicht zu vermitteln, Mrs. Scott.“, entgegnete Nalas. „Ich weiß.“, sagte ich. „Aber dann kannst du deiner Freundin um so besser helfen.“

Nalas nahm fest Melissas Hand und die Anderen scharten sich um die Beiden. „Komm schon, Mely.“, flüsterte Nalas. „Solange Mrs. Scott bei uns ist, wird schon nichts geschehen.“ „Wenn du meinst.“, antwortete Melissa unsicher, folgte ihm aber dann doch.

„So!“, sagte ich etwas lauter, nachdem sich alle sortiert hatten, denn dies war auch das Signal für Data und Cupernica. „Kommt jetzt!“ Wir gingen weiter, aber im gleichen Moment hörte ich eine leise mir wohl bekannte Stimme „Caruso!“, rufen. Gleichzeitig hörte ich eine Schelle und das gewohnte „Min-Mang.“ Caruso schnurrte der gesamten Gruppe um die Beine. Sogar Melissa streichelte ihn. „Du bist aber ein lieber Kater.“, flüsterte sie ihm zu. „Ich kann gar nicht verstehen, warum meine Eltern glauben, dass du Unglück bringen sollst.“ Caruso beschmeichelte sie, als wollte er sagen: „Das verstehe ich auch nicht. Ich bin doch so ein niedliches Kätzchen. Fühl mal, wie weich ich bin.“

Einer der anderen Teenager flüsterte mir plötzlich zu: „Mrs. Scott, Melissa hat ihn sogar auf dem Arm.“ „Hey, klasse, Melissa!“, rief ich in ihre Richtung.

Data und Cupernica waren hinzugekommen. Jetzt konnte wirklich nichts mehr geschehen, so empfanden es zumindest die Jugendlichen. Mit drei Sternenflottenoffizieren an ihrer Seite, was sollte da noch schief gehen?

Zwischen den Gräbern herrschte die normale, fast gespenstisch anmutende Stille, die man eben auf einem Friedhof gewohnt ist. Ich versuchte, alles für die Jugendlichen so normal wie möglich wirken zu lassen, indem ich mich auch ganz alltäglich verhielt und keine großen Worte über Tot und dergleichen verlor.

Die Grabstellen waren als solche nur dadurch zu erkennen, dass dort so genannte „elektronische Grabsteine“ standen. Das waren ähnliche Anzeigewürfel, wie sie auch im Straßenverkehr genutzt wurden. Nur waren die Gehäuse hier in angemessenem Schwarz gehalten. Aufgeschüttete Hügel gab es nicht mehr, denn die Toten wurden im 30. Jahrhundert unter die Erde gebeamt. Ein Angehöriger, der dies wollte, konnte bei der Beerdigung nach Einweisung den mobilen Transporter bedienen. Diese Geräte, die den Bestattungsunternehmen gehörten, waren idiotensicher. Ein Knopfdruck und es ging los. Da konnte nichts passieren.

„Mrs. Scott!“ Der aus der Ferne an mein Ohr dringende Ausruf einer mir bekannten Jungenstimme verwirrte mich zunächst leicht. Ich hatte nicht bemerkt, dass sich einer meiner Schützlinge entfernt hatte. Data, der ihn blitzschnell lokalisiert hatte, hakte mich unter und führte mich zu dem Jungen, der etwas entdeckt haben musste. Jedenfalls kauerte er am Boden. Ich konnte ihn anhand seiner Stimme als Mikor identifizieren, einen Waisenjungen cardassianischer Herkunft, der im Kinderheim von Little Federation wohnte.

Ich hockte mich neben ihn und fragte: „Was hast du denn da?“ Mikor griff langsam meine Hand und führte sie auf einen Erdhügel. Dieser war rund und in vier Stufen unterteilt. Die Erde war sehr fest und unterschied sich von ihrer Beschaffenheit sehr von der umliegenden. Ich vermutete, dass entweder ihre Festigkeit oder eine Unterkonstruktion den stufigen Aufbau möglich machten. Oben auf der letzten Stufe fand sich eine Büste aus mir ebenfalls fremdem Material. Sie zeigte das Gesicht und den Oberkörper einer Frauengestalt, die zwei weitere Statuetten in einen weiten Umhang gehüllt hatte. Diese lagen in ihren Armen. Sie waren, im Gegensatz zu ihr, völlig nackt und stellten Amphibien dar. Um den seltsamen Hügel herum standen Tongefäße mit fremdartigen Symbolen.

Mikor wies auf den Hügel und fragte erschauernd: „Ist da jemand drunter?“ Ich hatte schon viele Begräbnisrituale außerirdischer Völker gesehen. Außerdem gehörte das in gewisser Weise zum Standardwissen eines jeden Sternenflottenoffiziers. Aber so etwas hatte ich noch nie gesehen.

Ich zog meinen Erfasser aus der Tasche, schloss den Ohrhörer an und stellte ihn darauf ein, das Innere des Hügels zu scannen. Dann drehte ich mich zu Data und flüsterte in sein Ohr: „Sir, bitte holen Sie Ihre Frau, aber so, dass keiner etwas mitkriegt.“ Die Kinder sollten durch die Erfasserergebnisse nicht beunruhigt werden. Eigentlich wollte ich ja mit meinem Gang auf den Friedhof erreichen, dass sie lernen, dass es hier keine seltsamen Vorkommnisse gab, vor denen man Angst haben musste. Dieses Vorhaben konnte ich jetzt jedoch gründlich vergessen. „Ich habe verstanden.“, gab Data ebenfalls sehr leise zurück. Dann übermittelte er Cupernica folgende Sätze in F-14-Code: Allrounder Betsy braucht hier deine Hilfe. Ich werde Caruso und die Kinder nach Hause bringen. Mikor wird eventuell als Einziger bleiben müssen. Er ist vielleicht ein Zeuge.

Mittlerweile hatten sich alle Jugendlichen um den Hügel versammelt. Auch Melissa schaute interessiert. Dabei hielt sie aber Nalas’ Hand ganz fest. Er schien ihr, obwohl sie sehr große Angst zu haben schien, in gewisser Weise Schutz bieten zu können. „Kids.“, wendete ich mich freundlich an die Teenies. „Mr. Data bringt euch jetzt alle nach Hause. Wir führen das hier ein anderes Mal fort. Ich habe gehört, das Wetter soll schlechter werden und ihr seid ja alle nur leicht bekleidet. Will ja keiner verantworten, dass ihr nachher alle krank werdet.“ Natürlich war das nur ein Vorwand. Mit der Wahrheit, die mir mein Erfasser offenbart hatte, konnte ich sie ja wohl schlecht konfrontieren. Sie hätten davor ja nur schreckliche Angst bekommen und sicher Nächte lang kein Auge zugetan.

Cupernica stand nun neben mir. Sie scannte den Hügel mit ihren Augen, wobei sie auch meinen Erfasser, den ich ihr auf ihr Geheiß gegeben hatte, zum Vergleich heranzog. Sie wartete, bis Data und die Kinder außer Hörweite waren. Dann sagte sie: „In diesem Grab befinden sich zweifelsfrei die Leichen von zwei nihillanischen Kindern.“ Ich stutzte. Dann fragte ich: „Aber, Scientist. ich dachte immer, die Nihillaner begraben ihre Toten nicht.“ „Das ist korrekt.“, stellte sie fest. Dann nahm sie mich bei der Hand, als wollte sie mich vor etwas schützen, bevor sie fort fuhr: „Sie tun dies deshalb nicht, weil sie die Existenz einer Seele negieren und ein Lebewesen für sie also nur aus chemischen Verbindungen besteht, wie alle andere Materie es auch tut. Also gilt jeder quasi ohne moralische Bedenken als Ersatzteillager für jeden. Zwangsorganspende ist auf Nihilla an der Tagesordnung. Man argumentiert, dass ja eine Maschine auch nicht gefragt wird, wenn sie verschrottet wird, ob man die funktionsfähigen Teile noch verwenden darf. Jemand, der die Organe eines Angehörigen zurückhält, gilt als Verbrecher.“ Ich schluckte. Gleichzeitig lauschte ich nach hinten, denn ich hoffte sehr, dass Mikor diesen gruseligen Vortrag nicht mit angehört hatte. Ich war erwachsen und eine ausgebildete Sternenflottenoffizierin. Mir machte das nicht viel aus. Aber wie würde ein Teenager auf so einen Vortrag reagieren? Aber auch ich musste bei Cupernicas Worten schlucken. „Wir werden sehen, was an der Sache dran ist.“, beruhigte mich Cupernica. „Es wird wohl besser sein, wenn sich der Geheimdienst hiermit befasst. Meine Dienste werden sie vielleicht in Anspruch nehmen müssen, aber das macht nichts.“ Damit zog sie ihr Sprechgerät und gab das Rufzeichen der Geheimdienstzentrale von Little Federation ein.

Sedrin und Agent Jones, ein etwas untersetzter Terraner mit Schnauzbart von 51 Jahren und etwa 1,60 m Größe, betraten bald den Ort des Geschehens. Zielstrebig ging die Demetanerin auf Cupernica zu. „Ah, Sie sind schon hier, Scientist. Also, was haben wir?“ Die Androidin sah die ehemalige erste Offizierin der Eclypse an. „Das sollte ich besser erläutern, Ma’am, wenn das Kind nicht dabei ist.“, entgegnete sie.

Sedrins Blick ging durch die Runde und fiel schließlich auf Mikor und dann auf mich. „Allrounder, Sie bringen den Kleinen besser ins Heim zurück. Was wir gleich besprechen werden, ist mit Sicherheit nicht für die Ohren von unter 18-Jährigen gedacht.“ Ich nickte und nahm Mikors Hand. „Aber ich bin ein wichtiger Zeuge.“, widersprach Mikor meiner tätlichen Aufforderung, mir zu folgen. „Ich hole mir deine Aussage morgen.“, beschwichtigte ihn Sedrin. „Bitte geh jetzt mit ihr.“ Beleidigt schlappte Mikor neben mir her.

Sedrin sah Cupernica an und wiederholte ihre Frage: „Was haben wir hier?“ „Meinen Scanns nach, Agent.“, begann Cupernica. „Handelt es sich hier um das Grab zweier nihillanischer Kinder.“ Ungläubig sah die Demetanerin ihre ehemalige Untergebene an. Cupernica kannte diesen Blick und seine Bedeutung. Deshalb sprach sie weiter: „Ich weiß auch, dass die Nihillaner aus Ihnen sicherlich bekannten Gründen ihre Toten nicht begraben, weil normalerweise nicht mehr viel von ihnen bleibt, wenn die Mediziner erst mal mit ihnen fertig sind. Aber …“ „Cupernica!“, ging Sedrin scharf dazwischen. „Verzeihen Sie.“, versuchte die Angesprochene ihre Vorgesetzte zu beschwichtigen. „Aber das ist die normale Verfahrensweise auf Nihilla.“ „Das kann ja sein.“, gab die Agentin zu. „Aber trotzdem muss ich nicht damit einverstanden sein.“ „Das war derjenige, der dieses Grab geschaufelt hat, sicher auch nicht. Anders lässt sich das hier nicht erklären.“, referierte Cupernica. „Sei’s, wie’s sei.“, erwiderte die demetanische Agentin. Dann zog sie einen ballistischen Hypor und forderte Cupernica auf, damit eine Probe zu nehmen, die später untersucht werden sollte. Die Androidin richtete den Hypor auf den Grabhügel und nahm einige Einstellungen vor. Dann beamte der Minitransporter des Gerätes eine Zellprobe der Leichen in die leere aufgesteckte Patrone. „Dieser Teil des Friedhofes gilt als Tatort. Er muss abgesperrt werden.“, erklärte Sedrin, bevor alle gingen.

Maron hatte Zirell von seinen Erlebnissen berichtet. Hierzu war er in ihr Quartier gegangen. Es kam selten genug vor, dass ihr erster Offizier sie hier aufsuchte, das wusste die tindaranische Kommandantin. Aber wenn es dann mal geschah, wusste sie, dass er den Kanal wohl ziemlich voll haben musste.

An der Tür hatte Zirell ihn bereits erwartet. Gemeinsam gingen sie nun den schlauchartigen Flur zum Wohnzimmer entlang. „Ich muss dringend reden, Zirell!“, stieß Maron hervor. „Was ich da gesehen habe! … Nein! … Wie kann Nugura nur so jemanden einbürgern wollen!“

Sie waren im Wohnzimmer vor einem kleinen runden Tisch, der wohl aus einem auf Tindara vorkommenden Mineral gehauen war, angekommen. Vor dem Tisch lagen zwei große etwa 80 cm große zylindrische Sitzkissen. Sie bestanden aus einem für Maron nicht identifizierbaren Stoff und waren mit einer elastischen Füllung gefüllt.

Verspielt kickte Zirell ihrem Untergebenen eines der Kissen zu und bedeutete ihm, sich neben sie zu setzen. Nachdem auch sie Platz genommen hatte, sagte sie auffordernd: „Nun mal los, raus mit der Sprache! Oder wollen wir hier den ganzen Abend Wände anstarren, bis wir uns einbilden, die Zukunft darauf zu sehen?“ Ihr letzter Satz, der sich auf einen tindaranischen Brauch zu Neujahr bezog, versetzte Maron einen Stich in die Magengegend. Sie hatte genau den Nerv getroffen. Wahrscheinlich war das nicht ungewöhnlich, da sie Telepathin war, aber etwas feinfühliger hätte sie, zumindest seiner Meinung nach, schon vorgehen können.

„Ich sehe schon.“, meinte Zirell nach einer weiteren fruchtlosen Pause. „Du brauchst einen Zungenlöser.“ Damit ging sie zum Replikator und befahl der IDUSA-Einheit der Station etwas auf Tindaranisch, das Maron nicht verstand. Aber er vertraute ihr. Für ihn war es ohnehin schon fünf vor zwölf und was sollte jetzt denn noch Schlimmeres passieren?

Maron sah zögernd zu, wie Zirell einen großen Schluck der quietschgrünen Flüssigkeit nahm und mit genießerischem Blick ihre Kehle herunter rinnen ließ. „Nur Mut!“, forderte sie Maron auf. „Ich dachte immer, ihr Föderationsoffiziere liebt die Herausforderung und das Neue.“ Maron sah auf die Flüssigkeit in seinem Glas. Von ihrer Konsistenz erinnerte sie ihn an sehr dicke Schokoladenmilch. Allerdings passte die grüne Farbe nicht zu dieser Theorie. Schließlich rang er sich dazu durch, doch einen kleinen Schluck zu nehmen. Der Geschmack erinnerte sehr an eine Mischung aus Minze, Erdbeeren und Karamell.

„Ach, die Föderation.“, seufzte Maron. „Am Liebsten würde ich dem Chief-Agent sagen, was IDUSA und ich gesehen haben. Auch, wenn wir es nicht wirklich beweisen können. Ich habe es zwar gesehen und könnte das Bild in IDUSA projizieren, wenn ich den Neurokoppler trage, aber wenn man dann ihre Speicherprotokolle ausliest, könnte man sehen, dass die Signale aus der falschen Region meines Gehirns gekommen sind. Ich hätte mir das Bild ja nur vorgestellt, verstehst du?“ Zirell nickte. Dann setzte sie aber einen tadelnden Blick auf und meinte: „Ich hoffe, du hast Jenna nicht befohlen, IDUSA zu manipulieren, damit sie diesen Umstand einfach mal vergisst.“ „Solche Aktionen habe ich mir schon lange abgewöhnt!“, entrüstete sich Maron. „Schon gut.“, lächelte Zirell. „Ich wollte ja nur mal testen, wie du reagierst.“ Auf den Schock leerte Maron sein Glas in einem Zug. Dann stand er auf und sagte: „Zirell, ich kann den Nihillanern zwar nicht beweisen, dass sie trojanische Pferde benutzen, aber dass Kriegsschiffe auf harmlose Zivilisten geschossen haben, das schon. Tamara wird das mit Sicherheit auch interessieren.“ Er setzte seinen mitgeführten Neurokoppler auf und wandte sich IDUSA zu: „IDUSA, verbinde mich mit Chief-Agent Tamara!“ Der Rechner folgte der Aufforderung und bald erschien das Gesicht der lockenköpfigen Halbklingonin vor Marons geistigem Auge auf IDUSAs virtuellem Bildschirm. „Was gibt es, Maron?“, lächelte Tamara ihrem ehemaligen Untergebenen zu. „Der Anlass, aus dem ich mich an Sie wende, Tamara.“, begann Maron ernst. „Ist leider kein erfreulicher. Die IDUSA-Shuttleeinheit dieser Station und ich können beweisen, dass die Nihillaner falsche Hunde sind!“ „Mäßigen Sie sich im Ton, Agent!“, gab Tamara zurück. „Das ist ein Befehl!“ „Sie haben mir lange keine Befehle mehr zu erteilen!“, schimpfte Maron. „Ich arbeite nicht mehr für Sie! Schon vergessen?!“

Als einer geschulten Telepathin war Zirell nicht entgangen, dass Maron jetzt sehr aufgeregt war. Sie befahl IDUSA eine Stummschaltung. Dann nahm sie geistigen Kontakt zu Maron auf: Ich bin hier. Lass mich dir helfen, dich auf deine Beweise zu konzentrieren. Gib mir deine Wut. Ich komme damit schon klar. Du musst einfach nur los und mich machen lassen. Maron spürte, wie sich ohne sein Zutun eine wohlige Entspannung über seinen Körper ausbreitete. „Oh, Zirell, was …“, stammelte er. Sie machte nur „Sch-scht-scht.“, ohne jedoch damit aufzuhören, ihn zu entspannen.

Sie hob die Schaltung wieder auf, nachdem sie zufrieden in ein ruhiges Demetanergesicht geblickt hatte. „Verzeihen Sie bitte, Tamara.“, entschuldigte sich Maron. „Ich habe mich wieder beruhigt. Aber die Nihillaner haben ein wahres Blutbad unter unschuldigen Zivilisten angerichtet. Ich habe den Verdacht, dass sie trojanische Pferde benutzen, kann es aber nicht beweisen.“ Da Tamara die Sendetaste ihres Sprechgerätes gedrückt hielt, konnte Maron sehen, dass sie den Kopf nach allen Seiten drehte, als wolle sie sich vergewissern, dass sie in dem Raum, von welchem sie sprach, allein war. Dann sagte sie: „Unter uns, Maron. Ich glaube auch, dass etwas faul ist im Staate Nihilla. Aber, solange wir nichts beweisen können, wird es unmöglich sein, Nugura davon zu überzeugen. Für sie zählt nur, dass die Nihillaner warpfähig sind. Für Nugura ist Warpfähigkeit gleich Fortschritt und das Gleiche wie eine integere Moral. Dass dies zwei verschiedene Paar Schuhe sein können, übersieht sie sehr gern.“ „Wenn das so ist.“, sagte Maron in einem ruhigen Ton, den er aber eigentlich gar nicht wollte. „Dann hätten wir uns ja damals mit Freuden von den Borg assimilieren lassen können. Immerhin waren die transwarpfähig.“ Tamara machte ein wütendes Gesicht, bevor sie zu einem konspirativen Lächeln überging und das Gespräch beendete. Im Augenblick beneidete Maron seine ehemalige Vorgesetzte um diese Fähigkeit. Er hatte ihr dies aufgebracht entgegenschmettern wollen. Aber seine Stimme hatte ihm irgendwie nicht so recht gehorchen wollen. „Hat doch prima funktioniert.“, lächelte Zirell. „Jetzt wissen wir zumindest, dass sie prinzipiell auf unserer Seite ist.“ „Allerdings.“, erwiderte Maron. „Könntest du mir jetzt bitte meine Fähigkeit zurückgeben, wütend zu werden?“ Zirell lächelte und löste den immer noch zu Maron bestehenden unbewussten telepathischen Kontakt.

Tabran flog hoch über der Ebene, auf der Shiranachs und sein Haus stand, mit seinem Schiff einige Kreise. „Dein Antrieb reagiert weich wie ein Kissen.“, flüsterte er. Dabei war er sehr stolz auf seine eigenen Künste, dieses Schiff zu warten und in Schuss zu halten. „Mal sehen, ob wir eine kleine Kunstflugeinlage hinkriegen.“ Er erinnerte sich an eine SITCH-Mail, die ihm Shimar bezüglich Kunstflug geschrieben hatte. Die Wächterin hatte nichts gegen den Kontakt der Beiden. Shimar würde ihn nie missbrauchen, um das Tembraâsh durch Feinde lokalisieren zu lassen. Das wusste die Mächtige. Deshalb ließ sie diesen Kontakt auch zu. Der tindaranische Patrouillenflieger hatte eine Kunstflugausbildung während seiner Kadettenzeit auf der tindaranischen Akademie genossen, weil er im normalen Flugunterricht der reinste Überflieger war und sogar einige Kurseinheiten gepflegt mit Einverständnis der Lehrer übersprungen hatte.

Tabran schaute jetzt über die Anzeigen auf dem Flugpult. Hier war rechts oben ein Bildschirm, auf dem untereinander der Höhenmesser, die Kursanzeige und die Geschwindigkeitsmessung angezeigt wurden. Darunter eine freie Fläche für variable Anzeigen wie zum Beispiel den Schleusenhorizont. Links daneben befand sich die Schalttafel mit der Sprechkonsole. Darunter befanden sich rechts der Geschwindigkeitsregler, ein Schieberegler und links neben ihm ein Joystick, den man nach vorn und hinten bewegen konnte, um die Höhe zu regulieren. Darunter einer mit Bewegungsmöglichkeit nach rechts und links für den Kurs und direkt vor Tabrans Nase das Computermikrofon, welches der Vendar auch gleich benutzte. „Mishar, elektronische Trimmung ausschalten.“ Es erfolgte ein kurzes Signal und aus dem Lautsprecher der Sprechkonsole, die bei Vendar-Schiffen auch die Antwort des Computers übermittelt, erklang dessen Stimme: „Elektronische Trimmung offline.“ Wenn Tabran jetzt die Höhe veränderte, das wusste er, würde die Nase des Schiffes wie normal zuerst herunter oder herauf gehen. Nur das Heck würde nicht folgen, weil der Impuls zum Ausgleich an den Antrieb nicht gegeben würde. Aber genau diesen Effekt brauchte Tabran jetzt. Vorsichtig schob er den Höhenregler nach vorn, so dass sich der Bug des Veshel senkte, bis dieses gewissermaßen einen Kopfstand hinlegte. Dann drehte er es mittels Kursregler um seine eigene Achse. Dabei ging es naturgemäß immer weiter abwärts.

„Halt den Höhenmesser im Auge.“, sprach er zu sich selbst. „Shimar hat gesagt, bei zwei Schiffslängen Abstand bis zum Boden musst du sie spätestens abfangen. Besser zu früh, als zu spät. Auch, wenn Shiranach zusieht, oder vielleicht gerade dann. Du bist schließlich kein leichtsinniger dummer Novize mehr. OK, jetzt abfangen.“ Er zog ruhig den Höhenregler wider zu sich, erhöhte die Geschwindigkeit und befahl dem Computer, die elektronische Trimmung wider einzuschalten. „Hat doch prima geklappt.“, lächelte Tabran. „Und jetzt ab nach Hause.“

Shiranach hatte zugesehen. Allerdings nur mit einem Auge. Mit dem zweiten hatte sie die Wächterin beobachtet, die sich in der Gestalt der jungen starken Vendar mit fuchsfarbenem Fell, in der sie alle kannten, langsam über die kleine Hügelkette hinter Tabrans und ihrem Haus näherte. Natürlich hätte sie auch mit Hilfe ihrer Macht direkt vor der Nase der alten grauen Vendar auftauchen können, aber die Mächtige zog es vor, derartige Demonstrationen nicht durchzuführen, denn sie wollte den Vendar gegenüber nicht als große Herrin auftreten. Das waren sie ja zur Genüge von ihren ehemaligen Gebietern gewohnt. Hier im Tembraâsh sollte alles anders sein. Die Vendar hier sprachen von Mächtigen, die diese Ansicht vertraten, auch respektvoll als: „Ishenn Medd“, also: „Freunden der Sterblichen“. Eine solche Freundin war die Wächterin ohne Zweifel für Tabran und Shiranach.

Langsam schritt die alte Vendar ihr entgegen. „Wächterin.“, begann sie verwundert. „Was ist der Grund, aus dem du uns mit deiner Anwesenheit beehrst?“ „Das will ich euch erst sagen, wenn dein Mann bei uns ist.“, erwiderte sie mit milder Stimme.

Shiranach drehte sich um. In der Ferne konnte sie jetzt die Landelichter des Veshel sehen. Auch erkannte sie am stetig tiefer werdenden Summen des Antriebes, dass Tabran das Schiff auf dessen angestammtem Platz gelandet haben musste. „Ich denke.“, meinte Shiranach. „Das wird gleich so weit sein.“

Tabran war aus dem Shuttle gestiegen und der beiden Frauen jetzt auch ansichtig geworden. Alle drei setzten sich in das von der Sonne warme Gras. „Logar El Imperia gibt eine Konferenz.“, begann die Wächterin in fließendem akzentfreien Vendarisch. „Jeder Mächtige, der daran Teil nimmt, soll einen oder eine Vendar-Vertraute mitbringen. Ich vertraue euch beiden sehr. Deshalb weiß ich nicht, wen ich wählen soll.“ „Nimm Shiranach mit.“, schlug Tabran vor. „Sie ist sehr besonnen und weise. Sie hat lange Jahre Dill von Zeitland treu gedient und weiß daher sicher am Besten Bescheid.“ „Nein.“, entgegnete die soeben über alle Maßen Gelobte. „Nimm Tabran. Er war langezeit ein großer Krieger Sytanias und ist daher sicher mit allen Wassern gewaschen. Wenn zum Beispiel eine Rosannium-Waffe deine Kräfte unwirksam macht, kann er sicher noch mit List und Tücke schlimmeres verhindern.“ „Aber, Telshanach.“, flüsterte Tabran seiner Frau zu. Er mochte es überhaupt nicht, wenn man ihm so schmeichelte. „Ich habe nur die Wahrheit gesprochen.“, entgegnete Shiranach. „Auch ich sagte nur die Wahrheit.“, verteidigte sich Tabran.

Die Wächterin verschränkte die Hände vor der Brust. „Ihr macht mir die Entscheidung wirklich nicht sehr leicht.“, sprach sie und nahm eine Haltung ein, als wolle sie ihre Fähigkeiten nutzen, um in die Zukunft zu sehen. Tabran und Shiranach verharrten still.

Nach einer ganzen Weile löste sich die Mächtige wieder aus ihrer Haltung und sah Shiranach traurig an. Die alte Vendar gab einen verständigen Blick zurück. „Ich muss Tabran wählen.“, gestand die Wächterin. „Er ist der bessere Pilot und angesichts der Gefahren …“ Sie seufzte. Zu viel wollte sie nicht verraten, denn sie wollte nicht, dass Shiranach sich zu große Sorgen um ihren Mann machen musste. „Ich habe schon verstanden.“, antwortete Shiranach. „Aber lass mich wenigstens dein Bündel schnüren.“ Diesen Satz hatte sie wohlweislich zu Tabran gesagt, denn sie wusste, wie unordentlich er manchmal sein konnte. „Das mache ich lieber selbst.“, lehnte Tabran ab. Er hatte Sorge, dass seine durchaus intelligente Ehefrau anhand der mitzunehmenden Dinge, die er ihr auftragen müsste, ins Bündel zu packen, Schlüsse darauf ziehen könnte, was die Wächterin und ihn dort erwartete und sich vielleicht doch zu stark sorgen könnte.

Die Wächterin zeigte auf die Haustür. „Gehen wir, Tabran.“, war ihre knappe und eindeutige Anweisung. „Noch etwas.“, fügte sie hinzu. „In den nächsten Nächten wirst du den Mishar das Schiff fliegen lassen. Du nämlich wirst schlafen und von Joran, deinem besten Schüler, träumen. So werdet ihr Kontakt haben. Dafür werde ich sorgen. Das ist sehr wichtig.“ Der alte Vendar nickte langsam.

Diran stand vor seinem gerade frisch überprüften Schiff. Er hatte es aber nicht nur überprüft, nein. Wie alle Vendar nahm er sich bei allen Tätigkeiten viel Zeit für Details. Dem Mishar hatte er befohlen, die Umweltkontrollen der Achterkabine auf ein angenehmes Frühlingsklima einzustellen. Auch sollten die Umweltkontrollen stets einen Rosenduft verbreiten. An der dem Cockpit zugewandten Wand hatte er eine Sänfte platziert, deren Einstieg ein roter Seidenvorhang zierte. Tolea mochte rote Seide, das wusste Diran. Die Sänfte war mit allerlei weichen Kissen und Decken ausgelegt. Neben ihr befand sich ein Tischchen mit Blumenschmuck und Süßem. Ein Zimmerbrunnen in runder Form aus glänzendem Kristall spendete einen angenehmen und fröhlichen Kontrast zum alltäglichen „Bssss“ der Schiffssysteme. Die Umweltkontrollen von Cockpit und Achterkabine hatte Diran getrennt. Vorn im Schiff sah es viel einfacher aus. Da waren nur die Sitze und Konsolen. Außerdem war dort die Standardeinstellung für die Luft programmiert. Diran ließ einen letzten Blick über alles schweifen, bevor er dem Mishar befahl, die Tür zu schließen.

Die Wahrnehmung des Näherkommens seiner Gebieterin ließ ihn sich plötzlich umdrehen. „Hier bist du.“, sagte Tolea freundlich. „Ich sehe, du hast … Oh, nein, nein, nein. So fangen wir gar nicht erst an.“ Sie schnippte mit den Fingern, worauf es einen weißen Blitz gab. Dann war alles wieder so eingerichtet, wie es auf einem Vendar-Schiff normal ist. Fassungslos sah Diran sie an. „Warum habt Ihr das getan?“, stammelte der blasse Vendar, dessen Gesichtshaare sich aufgestellt hatten, was ein Zeichen dafür ist, wenn es einem Vendar nicht gut geht. „Mag sein, dass deine ehemalige Gebieterin, Sytania, auf so etwas abgefahren ist.“, lächelte Tolea. „Aber ich will und brauche diesen Tand nicht. Er ist außerdem nur hinderlich und verbraucht unnütz viel Energie deines Schiffes. Wir werden in eine hochdichte-Atmosphärendimension fliegen und da wird sie mit dem ganzen zusätzlichen Gewicht sehr schwer zu kontrollieren sein. Merke dir: Solange ich mit dir auf diesem Schiff bin, werde ich auf dem Sitz schlafen, das Gleiche essen und die gleiche Luft atmen wie du. Das macht mir nichts!“ Diran ahnte, dass zu widersprechen keine gute Lösung war. Also nickte er nur. „Wenn sie ansonsten funktionsfähig ist.“, fuhr Tolea fort. „Dann lass uns starten.“ Diran nickte erneut und legte seinen Finger in die Sensorenmulde an der Tür, worauf diese sich öffnete. Beide stiegen ins Cockpit und Diran startete den Antrieb.

Mikor und ich schritten die Auffahrt des Kinderheimes herauf. Mit Mittana, der celsianischen Erzieherin, die heute Nachtdienst hatte, hatte ich unser Vorhaben abgesprochen. Sie wusste, dass Mikor später zurückkommen würde.

Wir betraten das Gebäude. Es unterschied sich total von der Atmosphäre von Internaten oder Heimen, die ich aus meinem Heimatjahrhundert gewohnt war. Da gab es nichts, das annähernd einer kalten sterilen Umgebung ähnelte. Bereits der Flur war mit hellen Teppichen und Wandbehängen geschmückt. Geradeaus kam man zum Turbolift, der einen in die oberen Etagen brachte. Links und rechts vom Flur führten Türen in die einzelnen Gruppen, die wie kuschelige kleine Familienwohnungen eingerichtet waren. Es gab jeweils fünf Schlafzimmer, von denen eines der zuständige Betreuer bewohnte, dann eine kleine Küche, ein Bad und einen Gemeinschaftsraum. Diese Appartements waren hell und einladend eingerichtet.

„Hier ist es.“, sagte Mikor nüchtern, als wir vor einer der Türen stehen geblieben waren. Ich aber wusste genau, dass er mir etwas vorspielte. Es wurmte ihn anscheinend immer noch, dass er nicht sofort gegenüber den Agenten aussagen konnte. Dass ich mich nicht sofort verabschiedete, hatte Mikor wohl bemerkt. „Oh.“, sagte er höflich. „Tut mir leid, Mrs. Scott. Sie finden ja gar nicht mehr allein raus. Das hier ist für Sie ja eine unbekannte Umgebung. Warten Sie, ich bringe Sie wieder zum Ausgang.“ Er hielt mir seinen Arm hin. „Das ist es nicht, Mikor.“, antwortete ich in einem verständigen Ton. „Ich weiß, glaube ich, was dich wirklich bedrückt.“ „Wissen Sie das?“, fragte er erstaunt. „Ja.“, antwortete ich. Überrascht ließ er sich auf den Rand eines Blumenkübels am Eingang sinken. Ich setzte mich daneben, schlug lässig die Beine übereinander und sagte: „Als Sternenflottenoffizierin lernt man so einiges. Du zum Beispiel, du bist Cardassianer. Ihr seid dafür bekannt, dass ihr von Natur aus sehr vorschriftentreu seid. Ihr wollt von euch aus gern mit Autoritäten zusammenarbeiten. Deshalb wolltest du auch so schnell wie möglich deine Aussage loswerden. Aber ich weiß auch, dass ihr Cardassianer ein gutes Gedächtnis für Details habt. Also, wenn du morgen Sedrin und ihrem Partner Bescheid sagst, was du gesehen hast, wird deine Aussage sicher keine geringere Qualität haben als heute.“ Zögernd nickte Mikor.

Die Tür hinter uns öffnete sich plötzlich und heraus trat Mittana. Sie war eine durchschnittlich gebaute Celsianerin mit den typischen herzförmigen Augäpfeln und von mittelmäßiger Statur und Größe. Sie trug ein weißes wollenes Nachthemd und rote Hausschuhe. „Warum kommst du nicht rein, Mikor.“, wendete sie sich an ihren Betreuten. „Wir mussten noch etwas klären.“, mischte ich mich ein. „Ich muss morgen eine Aussage machen, Mittana.“, erklärte Mikor seiner Erzieherin stolz die Situation. „Na, kannst mir ja gleich drinnen alles berichten.“, flapste die Celsianerin zurück. „Mrs. Scott muss sicher auch gehen.“ „OK.“, erklärte sich Mikor einverstanden und ging mit ihr in die Gruppe. „Übrigens!“, rief ich ihm noch hinterher. „Nenn mich Betsy!“ Ich fand das besser so, denn wir würden so sicher leichter ein Vertrauensverhältnis aufbauen können.

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