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Alesia hatte sich inzwischen mit Scotty beschäftigt und versucht, über die Aufzeichnung an noch mehr Informationen zu kommen, was Sytanias Pläne anging. Scotty aber versuchte nicht hinzuhören. Nach einer fruchtlosen Weile stoppte Alesia die Aufzeichnung. „Was ist Ihr Problem?“, fragte sie. „Mein Problem ist, Agent.“, antwortete Scotty leicht verärgert. „Dass ich nicht verantworten kann, wieder in Sytanias Einfluss zu geraten. Das wäre etwas, das sich keiner von uns wünschen würde, glauben Sie mir.“

Alesia dachte über das Gespräch zwischen Sedrin und sich nach. Was hatte sie über Scottys Angst bezüglich seiner Frau gesagt? „Ich glaube nicht, dass dies der einzige Grund ist, aus dem Sie sich nicht wirklich trauen.“, ertappte sie ihn. „Sie haben Angst, dass Ihre Frau von der Sache erfahren und dann vor Angst um Sie kein Auge mehr zu tun würde. Aber Agent Sedrin hat ihnen doch versichert, dass Allrounder Betsy das alles super wegstecken wird, weil sie mehr Wissen über Sytania hat als wir alle.“ „Das ist ihre Vermutung.“, meinte Scotty. „Aber ich bin mir da nicht so sicher. Meine Betsy wirkt manchmal so süß, unschuldig und zerbrechlich. Ich möchte nicht, dass sie sich meinetwegen noch etwas antut. Lassen Sie uns bitte für heute Schluss machen, Agent. Soweit ich gehört habe, will Sedrin für dieses Problem eine Lösung suchen.“ „Also gut.“, sagte Alesia und verließ die gemeinsame Wohnung von Scotty und King, in der die Vernehmung stattgefunden hatte.

Korelem und ich waren nach Alaris unterwegs. Fasziniert hatte er mich beim Abdockvorgang beobachtet. „Jammerschade, dass Sie nicht aussteigen und mich heraus winken konnten.“, scherzte ich. „Wie ich gesehen habe, war das ja völlig unnötig.“, erwiderte er lächelnd. „Obwohl ich nicht ganz verstehe, Pilotin ohne Augenlicht, wie Sie das machen.“

Ich replizierte einen zweiten Ohrhörer und gab ihn ihm, während ich den Anschluss in eine Buchse steckte. „Passen Sie auf.“, lächelte ich und flog mit Absicht nah an einem Kometen entlang, auf den mich mein Hilfssystem längst aufmerksam gemacht hatte. „Warnung: Der Abstand zum Hindernis ist zu gering. Bitte steuern Sie nach links.“, kam es aus dem Computer. „So was macht das Programm in allen kritischen Situationen.“, erklärte ich. „Aber es assistiert nicht nur beim Fliegen, ich kann damit auch die Waffen bedienen und mir auch Sensorenbilder beschreiben lassen.“ „Faszinierend.“, erwiderte Korelem.

Er griff unter seinen Sitz und holte einen großen Becher hervor, der die Form einer Blüte hatte. „Ein kleines Andenken an mich.“, erklärte er. „Bitte benutzen Sie ihn beim Frühstück. In unserem Glauben ist dies ein Zeichen dafür, dass man aneinander in tiefer Freundschaft denkt.“ „Danke.“, sagte ich gerührt. Dann stellte ich den Becher sicherheitshalber zunächst in ein verschließbares Staufach im Frachtraum des Shuttles. Dabei schaute ich ihn mir genau an. „Auf dem Boden des Kelches ist ein Kristall.“, stellte ich fest. „Hat er irgendeine religiöse Bedeutung?“ „Ja.“, sagte Korelem. „Wir nennen sie Freundschaftssteine. Von ihnen geht die symbolische Kraft aus.“ „Faszinierend.“, erwiderte ich. „Und wer bin ich schon, dass ich Gebräuche und Sitten anderer Kulturen nicht akzeptiere. Gleich morgen werde ich den Becher benutzen. Verlassen Sie sich drauf. Wir werden ja noch eine Weile unterwegs sein, weil wir wegen einer aktiven Sonne und einem Bürgerkrieg einen extremen Umweg fliegen müssen.“ „Um so besser.“, meinte Korelem. „Dann kann ich dieser faszinierenden jungen Frau noch länger über die Schulter schauen.“

Auch Sedrin war unterwegs. Sie hatte den Jeep genommen und war wieder in Richtung von Datas und Cupernicas Haus gefahren. Dort angekommen parkte sie den Jeep etwas weiter vom Grundstück weg und ging den Rest zu Fuß, um nicht so viel Aufsehen zu erregen.

Es dauerte etwas, bis sie dort jemanden fand. Cupernica war in den hinteren Räumen ihrer Praxis mit Laborarbeiten beschäftigt und Data widmete sich im Garten seiner Orchideenzucht. Langsam näherte sich Sedrin dem Beet. Der Androide sah auf, als er ihre Schritte wahrnahm. „Guten Tag, Agent.“, sagte er. „Was führt Sie zu uns?“

Sedrin setzte sich auf einen großen Findling in der Nähe. „Um ehrlich zu sein, Commander.“, begann sie. „Müsste ich eher mit Ihrer Frau sprechen.“ „Aus welchem Grund müssen Sie mit Cupernica sprechen, Agent?“, fragte Data. „Es ist alles nicht so einfach.“, erwiderte Sedrin. „Im Prinzip geht es um Techniker Scott und seine Frau.“ „Ich werde Cupernica Bescheid geben.“, erwiderte Data. Dabei unterbrach er aber seine Arbeit nicht. Sedrin kannte den Grund hierfür. Sie wusste, dass er Cupernica über f-14-Code informieren würde.

Wenig später legte Data doch den Sparten weg und forderte sie auf: „Bitte kommen Sie mit ins Haus, Agent. Cupernica wartet dort bereits auf uns.“ „In Ordnung.“, sagte Sedrin und folgte ihm.

Er führte sie ins Wohnzimmer, wo tatsächlich bereits Cupernica auf beide wartete. Sedrin setzte sich auf das Sofa, nachdem Data Caruso kurz hoch genommen hatte, der dieses eigentlich kurzerhand gerade zu seinem Schlafplatz erklärt hatte. Dann legte er den laut schnurrenden Kater wieder auf Sedrins Schoß ab. Er wusste, dass die Demetanerin und der Kater sich sehr gut verstanden. Caruso schnupperte kurz seine nächste Umgebung ab, bevor er sich schnurrend zusammenrollte.

„Data sagte, Sie wollten mich sprechen, Agent?“, versicherte sich Cupernica. „Das ist richtig.“, bestätigte Sedrin. „Sie wissen, Scientist, dass wir Techniker Scott zu seiner eigenen Sicherheit mit in eine Einrichtung des Geheimdienstes genommen haben.“, setzte sie voraus. „Das ist korrekt. Über dieses Wissen verfüge ich.“, sagte die künstliche Lebensform. „Wir haben jetzt leider ein Problem.“, sprach Sedrin weiter. „Scott hat so viel Angst vor Sytanias Denkmuster, dass er sich nicht wirklich traut, mit uns zusammenzuarbeiten. Außerdem glaubt er, dass, wenn er zuließe, dass das Denkmuster zu aktiv wird, er wieder zu Sytanias Zombie werden könnte, wie er sich ausdrückt. Er sorgt sich, dass Allrounder Betsy dies nicht verkraften könnte. Ich wüsste gern, für wie stabil Sie den Allrounder halten.“ „Ich denke, dass sie durchaus in der Lage wäre, mit der Information umzugehen, dass Scotty ein Denkmuster von Sytania in sich trägt. Sie hat durch ihre Freundschaft zu Agent Mikel bedingt, der Dills Nennsohn ist, mehr Wissen über die Mächtigen Zeitlands und des Dunklen Imperiums als wir alle zusammen.“ „Das habe ich auch schon versucht, Techniker Scott beizubringen.“, sagte Sedrin. „Leider ohne Erfolg.“ „Dann können wir nur eines tun.“, sagte Cupernica. „Sie bringen Scott her und wir rufen von unserem Haussprechgerät aus die Granger. Falls meine Vermutungen nicht stimmen sollten und Allrounder Betsy es doch nicht verkraftet, kann ich sie im Gespräch sicher auffangen. Falls sie Scotty versichern kann, dass er keine Angst um sie haben muss, kann sie ihm das auch direkt sagen.“ „Einverstanden.“, stimmte Sedrin zu.

Data war ins Wohnzimmer gekommen und hatte das Gespräch mitbekommen. „Meinen Daten nach ist der Allrounder gerade auf einer Außenmission.“, sagte er. „Sie werden sich also noch etwas gedulden müssen, Agent.“ „Macht nichts.“, sagte sie. „Es muss ja auch nicht heute sein.“ „Am Besten wird sein.“, schlug Data vor, wenn ich Ihnen Bescheid sage, sobald sie von der Außenmission zurück ist. Ich stehe in privatem SITCH-Mail-Kontakt mit dem Allrounder.“ „OK.“, sagte Sedrin und verabschiedete sich.

Nachdem sie gegangen war, nahm Data seine Frau kurz zur Seite. „Du hast neulich zu mir gesagt, dass die Information Allrounder Betsy nie erreichen darf und heute redest du ganz anders.“, fasste er zusammen. „Bitte erkläre mir das.“ „Wenn ich dabei bin, wird nichts geschehen.“, erwiderte sie. „Ich bin ausgebildete Ärztin und habe auch ein psychologisches Examen. Mein Nein bezog sich auf eure reinen Privatgespräche, wenn ich nicht dabei bin. Außerdem hat sich die Situation grundlegend geändert und es kann sein, dass der Geheimdienst auf Scotts Informationen angewiesen ist. Wir müssen also alles tun, um dafür den Weg zu ebnen.“ „Verstanden.“, sagte Data.

Maron war gemeinsam mit Shimar in die technische Kapsel gekommen. „Wollen Sie ihn auf die Mission begleiten, Sir?“, fragte Jenna ob dieses Anblicks, mit dem sie nicht gerechnet hatte. „Nein, Mc’Knight.“, sagte Maron. „Ich möchte nur sicher gehen, dass er seine Befehle einhält.“ Er sah Shimar an, der darauf sagte: „Mein primärer Befehl lautet auf Ginalla zu achten und darauf, dass es keinen interdimensionären Krieg gibt. Das Tor zum Himmel zu finden ist zwar genau so wichtig, aber sollte es darauf hinauslaufen, dass Ginalla aus irgendeinem Grund die Suche abbricht, breche auch ich sie ab, um keiner der beiden Prinzessinnen einen unlauteren Vorteil zu verschaffen. Dies entspricht nicht nur unseren Gesetzen, sondern auch dem Ty-Nu-Lin-Ritus.“ „Sehr gut!“, lobte Maron. Dann winkte er Shimar, weiter zur Shuttlerampe zu gehen.

Jenna sah den ersten Offizier, der neben ihr stand, fragend an. „Was gibt es, Sir?“, wollte sie wissen. „Ich muss Sie noch einmal um etwas bitten, Techniker.“, sagte Maron fast kleinlaut und in der terranischen Ingenieurin reifte der Verdacht, dass dies wohl wieder so ein Ding werden würde, bei dem ihr Genie das Einzige war, das ihm aus seiner Situation helfen konnte.

Sie drehte sich zu ihrer Assistentin: „Shannon, Sie übernehmen hier!“ Dann ging sie mit Maron aus der Tür. „Können wir zu Ihnen gehen, Techniker?“, fragte der Demetaner. „Warum nicht.“, erwiderte Jenna und schlug den Weg zum nächsten Turbolift ein.

Sie mussten nicht lange warten, bis sie in den gerade angekommenen Lift steigen konnten. „Was genau ist denn jetzt das Problem, Sir?“, fragte Jenna. „In Ihrem Quartier, Mc’Knight.“, sagte Maron. „Nirgendwo anders.“

Wenige Minuten danach betraten Jenna und Maron das gemeinsame Quartier von Jenna und Joran, in dem der Vendar, der gerade dienstfrei hatte, sich aufhielt. „Du hast schon frei, Telshanach?“, fragte er Jenna und sah sie verwirrt an. „Nein.“, lächelte die hoch intelligente Halbschottin zurück. „Ich soll Agent Maron nur etwas erklären und das soll ausgerechnet hier passieren.“ „Techniker!“, zischte Maron.

Joran hatte sofort geschlossen, dass Maron sich für irgendetwas gewaltig schämte. „Du musst dich nicht schämen, Maron El Demeta.“, sagte er. „Auch du musst nicht immer perfekt sein und alles verstehen.“ „Genau.“, bestätigte Jenna. „Auch ein Vorgesetzter darf mal etwas nicht ganz verstehen. Deswegen sind Sie nicht gleich ein Versager. Wir sind ja hier nicht auf einem Klingonenschiff, wo man beim kleinsten Anzeichen von Schwäche gleich getötet wird.“ „Dein Vergleich hingt, Telshanach.“, scherzte Joran, der das ganze Gespräch mit angehört hatte. „Bei denen bezieht sich das auf körperliche Stärke und nicht auf geistige, womit ich nicht sagen will, dass du dumm bist, Maron El Demeta. Das würde mir niemals einfallen. Zumal ich es als sehr stark erachte, wenn man zugibt, dass man etwas nicht weiß und sich Hilfe holt. Alles Andere wäre feige und damit in meinen Augen sehr schwach.“ „Sicher.“, sagte Maron. „Und ich habe dir auch nicht unterstellt, das zu glauben. Nur gibt es eine Frau in diesem Raum, die in der Lage ist, selbst die kniffligsten Dinge zu verstehen.“ „Na ja.“, meinte Jenna. „Da ich die einzige Frau in diesem Raum bin, kann ja nur ich gemeint sein. Also, was ist los, Agent?“

Maron setzte sich auf einen Stuhl und begann dann: „Um ehrlich zu sein, Mc’Knight, ich habe das aldanische Modell der Aufteilung der beiden mirayanischen Planeten nicht ganz verstanden. Was versprechen sich die Aldaner davon, über beide Planeten jeweils eine Grenze zu ziehen und jeder Prinzessin somit je eine Hälfte auf dem eigenen und eine auf dem anderen Planeten zur Verfügung zu stellen?“

Ohne zu antworten drehte sich Jenna zum Rechner. Ihren Lieblingsspruch: „Ganz einfach.“, wendete sie jetzt nicht an. Sie ahnte, dass sich Maron dadurch vielleicht entwertet fühlen könnte, denn für ihn war dies im Moment gar nicht einfach.

Maron wartete voller Spannung ab, bis seine Untergebene mit dem Schreiben der Simulation fertig war. Da sie die Programmiersprache im Prinzip wie die eigene Muttersprache beherrschte, dauerte es auch nicht sehr lang.

Maron zog seinen Neurokoppler aus der Tasche und schloss ihn an, nachdem Jenna ihm einen entsprechenden Wink gegeben hatte. Sofort lud IDUSA seine Reaktionstabelle. Jetzt sah Maron die beiden mirayanischen Planeten vor seinem geistigen Auge auf dem virtuellen Bildschirm. „Sehen Sie, Sir.“, erklärte Jenna. „Jeder Planet ist zur Hälfte Hestien und zur Hälfte Alegrien.“ „Das sehe ich sehr wohl, Techniker.“, sagte Maron noch immer unverständig. „Ich kapiere nicht, was die Aldaner damit erreichen wollten.“ „Das werden Sie gleich verstehen.“, sagte Jenna. „Lassen wir jetzt mal zwischen den Hestiern und den Alegriern einen Krieg ausbrechen, wie er mittlerweile zwischen den Planeten herrscht. So.“

Sie gab einige Befehle in die virtuelle Konsole vor ihrem geistigen Auge ein, denn auch Jenna hatte einen Neurokoppler auf. Maron staunte über die hohe Anzahl von Querschlägern, die diesseits und jenseits der Grenzen einschlugen. „Die Kriegsparteien sind zu nah beieinander!“, stellte er fest. „Wenn sie sich bekriegen, müssen sie davon ausgehen, dass alles auch auf den eigenen Staat viel schneller zurückkommt. Oh, Mc’Knight, dieses Modell ist ja fast salomonisch!“

Jenna ließ IDUSA den Bildschirm löschen. „Nicht nur fast.“, sagte sie. „Hätten sich die Prinzessinnen darauf eingelassen, hätten sie ihren Krieg aus Angst vor eigenen Verlusten sofort beenden müssen. Aber so können sie weiter machen wie bisher. Stellen Sie sich vor, sie benutzten chemische Waffen. Durch die gemeinsamen Atmosphären würden sie Gefahr laufen, auch das eigene Gebiet zu verseuchen. Wind ist immer in Bewegung.“ „Aber auch normale Waffen können in der Hinsicht sehr gefährlich sein, Maron El Demeta.“, mischte sich Joran ein. „Das habe ich gesehen.“, sagte Maron. „Ja, das habe ich gesehen. Vielen Dank, Techniker. Ich wusste, Sie kriegen das hin, mir diese vertrackte Situation zu erklären.“ „Kein Problem, Sir.“, sagte Jenna. „Aber warum hattest du eine solche Furcht zuzugeben, dass du es nicht verstanden hast, Maron El Demeta.“, fragte Joran fast mitleidig. „Ich weiß nicht.“, meinte Maron. „Ich kam mir einfach sehr dumm vor und im Allgemeinen ist es nicht üblich, dass ein Vorgesetzter sich von einer Untergebenen die Welt erklären lassen muss. Zumindest theoretisch nicht und zumindest nicht bei der Sternenflotte.“ „Schöne graue Theorie.“, lästerte Jenna. „Da können Sie ja froh sein, dass wir beide für die Tindaraner arbeiten. Die sehen das nicht ganz so eng.“

Maron stand auf und drehte sich zur Tür. „Noch mal vielen Dank, Techniker.“, sagte er. „Ich hoffe nur, dass Ihre Assistentin davon nichts erfährt.“ „Du liebes Bisschen!“, rief Jenna aus. „Ich dachte, Sie hätten sich gegenüber O’Rileys Sprüchen mittlerweile ein dickeres Fell zugelegt, Agent. Außerdem habe ich Ihnen gerade erklärt, dass es nicht schlimm ist, wenn auch ein Brückenoffizier von Zeit zu Zeit mal Hilfe braucht. Das hat nichts mit Autoritätsverlust oder dergleichen zu tun. Im Gegenteil. Ich denke, die Anderen vertrauen einer Führung mehr, die sich fundiertes Wissen holt, als einer, die dummdreist auf ihren Untergang zusteuert.“ Bei dummdreist hatte sie eine besondere Betonung auf dumm gelegt. „Sie haben Recht, Mc’Knight.“, überlegte Maron, bevor er ihr Quartier verließ.

Shimar hatte mit dem Schiff die Station verlassen und war mit ihr auf dem Weg nach Tindara. Hier wollte er Ginalla treffen, die ihn laut dem Ty-Nu-Lin-Ritus seiner Auftraggeberin vorstellen musste. „Kamurus ist neben uns in der Umlaufbahn.“, meldete IDUSA. „Gut.“, erwiderte Shimar. „Ruf ihn und sag ihm, er soll mich an Ginalla durchstellen.“

Wenig später sah Shimar das Gesicht der jungen Celsianerin auf dem Schirm. „Hey, Soldat.“, flapste sie. „Da bist du ja endlich. Was hat denn jetzt wieder so lange gedauert?“ „Ich hatte noch eine Mission.“, sagte Shimar. „Immer in Action.“, grinste Ginalla. „Aber jetzt komm mit! Hestia wartet sicher nicht gern. Übrigens, falls sie dich nicht will, muss ich jemanden anders suchen. Aber ich hoffe so sehr, dass sie dich will, Soldat. Ich hoffe es so sehr. Dann haben wir beide sicher einen heftigen Wettstreit. Ich liebe das!“ Sie drückte die 88-Taste.

„Kamurus setzt sich in Bewegung.“, meldete IDUSA. „Wir auch!“, befahl Shimar. „Hoffen wir, dass Hestia mit Ihnen einverstanden ist.“, sagte IDUSA. „Ansonsten können Sie Ihren Befehl vergessen.“ „Du hast Recht.“, sagte Shimar. „Aber du weißt, ich verstehe es, mich einzuschmeicheln.“

Shimar und IDUSA hatten die interdimensionäre Schicht verlassen und waren auf dem Weg nach Hestien, das ehemals Miray zwei hieß. „Beabsichtigen Sie, eventuelle materielle Zuwendungen von Hestia anzunehmen?“, wollte das Schiff wissen. Shimar ahnte, dass ihre Frage einen Hintergrund haben musste und antwortete daher: „Ich weiß, dass du eine solche Frage nicht ohne Grund stellst. Also, was weißt du, das ich unbedingt wissen sollte?“

IDUSAs Avatar ließ den Kopf leicht sinken. „Es ist etwas kompliziert.“, meinte sie dann. „Zumindest moralisch.“ „Was meinst du damit?“, fragte Shimar. „Rede schon. So schlimm kann das ja wohl nicht sein.“ „Sie wissen, dass auf Miray ein modernes Feudalsystem herrscht.“, setzte das Schiff voraus. „Klar.“, meinte Shimar. „Sie wissen, was das Problem in einem Feudalsystem ist.“, erklärte IDUSA weiter. „Jetzt mach’s nicht so spannend. Worauf willst du hinaus?“, drängte Shimar, der mit ihrem Herumdrucksen gar nicht einverstanden war. „Sie wissen, dass das Volk in einem Feudalsystem in erster Linie für den Herrscher und den Adel arbeitet, um ihn zu ernähren oder auch um übertriebenen Luxus zu finanzieren. Für die einfachen Leute selbst bleibt nichts oder besser fast nichts. Hestia wird Sie und mich mit Luxus überhäufen wollen. Aber Sie und ich, wir wissen genau, dass dafür sicher irgendein Hestier am Hungertuch nagen wird, der nicht viel hat und für den die hohen Abgaben den Ruin bedeuten. Ich wüsste gern, wie ich mich verhalten soll. Meine moralischen Unterprogramme verbieten mir, derartiges anzunehmen. Nur, wenn ich Reparaturen oder Energie verweigere, könnte man das eventuell als vollständige Beleidigung sehen und die Prinzessin würde ihnen kündigen, was wieder zur Folge hätte, dass Ginalla mit der Situation allein wäre und somit eine leichte Beute für Sytania. Ginalla ist Zivilistin und hat nicht das militärische Wissen über sie, das sie davor bewahren könnte, ihr auf den Leim zu gehen.“ „Mach dir keine Sorgen.“, sagte Shimar zuversichtlich. „Ich werde mir die Situation ansehen und dann entscheiden. Dann informiere ich dich selbstverständlich. Deine Ausführungen sind für mich sehr logisch.“ „Natürlich.“, sagte IDUSA, die seine Äußerung nicht als Kompliment verstanden hatte, als das sie aber gemeint war. „Ich bin eine künstliche Intelligenz. Wir können nur logisch handeln.“ „Das weiß ich doch.“, sagte Shimar und strich mit der Hand über die Konsole mit den Ports. „Und manchmal ist das auch echt hilfreich. Du hast mir schon aus so mancher fiesen Situation geholfen mit deiner Logik. Manchmal bin ich einfach zu impulsiv.“ „Aber es hat auch schon Situationen gegeben, in denen ich Ihr Draufgängertum gut brauchen konnte.“, sagte IDUSA. „Bitte stellen Sie Ihr Licht nicht unter den Scheffel.“

Auf Shimars Befehl schwenkte sie in die Umlaufbahn über Hestias Palast ein. „Wir sind da.“, sagte sie. „OK.“, erwiderte Shimar. „Beam’ mich etwas weiter vom Palast selbst runter. Ich will mich hier unten etwas umsehen.“ „Wie Sie möchten.“, gab IDUSA zurück und führte seinen Befehl aus.

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