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Ginalla und Kamurus waren dem genesianischen Schiff bis zu einem kleinen Klasse-M-Planeten gefolgt, der sich am Rand des genesianischen Sonnensystems befand. Hier waren jetzt beide Schiffe in eine Umlaufbahn geschwenkt.

„Da wären wir also.“, sagte Kamurus zu Ginalla, nachdem er seinen Antrieb, genau wie das genesianische Schiff auch, auf Minimum gedrosselt hatte. „OK.“, sagte die Celsianerin. „Dann beam’ mich mal runter. Schließlich will ich ja nich’ zu spät kommen.“ „Eines solltest du aber noch unbedingt mitnehmen.“, sagte das Schiff und ließ eine Lampe neben dem Auswurffach des Replikators aufleuchten.

Ginalla drehte sich in Richtung des Gerätes. Jetzt sah sie eine vollständige Tropenausrüstung samt festen Schuhen und einem Anzug, den selbst die schärfsten Zähne einer Giftschlange nicht durchdringen konnten. „Was soll das?!“, fragte Ginalla mit strengem Ton. „Ich bin für deinen Schutz verantwortlich.“, erklärte Kamurus ruhig. „Ich habe den Planeten gescannt. Es handelt sich um eine Dschungelwelt. Es gibt dort eine Menge giftiger Tiere, die dir sehr gefährlich werden können. Ich kann nicht verantworten, dass …“

Ginalla nahm die Kleidung und warf sie in die Materierückgewinnung. „Ich werde nichts anderes am Leib tragen wie die Genesianerinnen auch. Klar?!“, wies sie ihn zurecht. „Sie sollen ja nicht den Eindruck bekommen, ich sei feige oder hätte gar vor zu schummeln. Nein, nein. Immer schön ehrlich. Und jetzt mach! Cyrade und Ataura warten!“

Unwillig folgte das Schiff ihrem Befehl. Er hatte den Verdacht, dass sie völlig außer Acht gelassen hatte, dass auch sie nicht ganz ehrlich gegenüber den Genesianerinnen gewesen war. Er hoffte inständig, es würde zu keiner Situation kommen, die alles außer Kontrolle geraten lassen würde. Er hoffte, dass sie im richtigen Moment den Mund halten könnte. Über die Verbindung zu seiner Sonde würde Kamurus immer auf dem Laufenden sein und ihr hoffentlich im richtigen Moment helfen können. Das Schiff war mit der Situation, wie sie im Moment aussah, gar nicht einverstanden! Aber was konnte er dagegen tun? Wenn er ihre Befehle nicht ausführen würde, hätte sie seine Systeme heruntergefahren, bevor er die Daten noch einmal hätte speichern können. Das hätte zu erheblichen Schäden führen können, die so leicht nicht wieder behoben werden konnten. Kamurus konnte nur zusehen und versuchen, die Sache so gut es ging unter dem Deckel zu halten. Er wusste, dass sie nur sehr wenig Hilfe zuließ.

Ginalla war auf einer Lichtung materialisiert worden. Sie zog ihren Erfasser und scannte nach Atauras oder Cyrades Biozeichen. Von der Mutter war weit und breit nichts zu sehen. Aber das Biozeichen der Tochter konnte sie bald ausmachen.

Sie ging in die Richtung. Dort konnte sie aber leider nicht wirklich etwas erkennen. Sie sah nur einen Klumpen ineinander verkeilter Leiber. Was war hier passiert? Kamurus, scann mal das hier., dachte sie. Sie wusste, dass ihr Schiff über seine Sonde immer noch auf diese Weise mit ihr Kontakt hielt. Ich sehe Ataura, die mit einer Raubkatze ringt., gab das Schiff auf gleichem Wege zurück. Ein zweites totes Tier liegt in der Nähe. Oh, nee., dachte Ginalla. Eins hat s’e gekillt und dann is’ der Partner aufgetaucht.

Sie zog ihren Phaser und nahm die Schwarze athletische Raubkatze ins Visier. Allerdings verhinderte Kamurus über den Diagnoseport, der eine Infrarotschnittstelle besaß, dass sie feuern konnte, indem er dem Gerät falsche Daten eingab. Warum machst du das?, wollte Ginalla wissen. Hat das Tier vielleicht eine Energiewaffe?, gab das Schiff genervt zurück. Nein., erwiderte die Celsianerin. Eben., erwiderte Kamurus. Wenn du deine Waffe benutzt, werden sie dir später Unehre vorwerfen, weil du ein unfaires Mittel angewendet hast. Aber ich habe eine andere Idee. Steck den Phaser bitte wieder ein und halte deine Hand in die Luft, als wolltest du etwas umgreifen.

Missmutig tat Ginalla, was er vorgeschlagen hatte. Wenig später spürte sie ein genesianisches Jagdmesser in ihrer Hand. Kamurus musste es repliziert und zu ihr gebeamt haben. Stell dich jetzt bitte in einem 45-Grad-Winkel zu den Kämpfenden., wies er sie an. Dann halte deine Hand mit dem Messer in einem 90-Grad-Winkel vor deinen Körper. Der Rest ist mir klar!, gab Ginalla zurück, führte seine Anweisungen aus, lief an, holte aus und jagte das Messer mit einem lauten Kampfschrei in den Körper des Tieres, wobei sie dessen Herz, Lunge und Wirbelsäule gleichzeitig durchstach. Schlaff und leblos fiel es vor ihr hin und Ataura konnte sich endlich auch aus seinem Griff befreien.

Ginalla kniete sich neben die am Boden kauernde Genesianerin. „Bist du verletzt?“, fragte sie. Ataura schaute erst jetzt auf. „Fremde!“, atmete sie auf. „Ich danke dir. Ohne dich wäre ich jetzt nicht mehr am Leben. Es gibt für eine Genesianerin keinen unehrenhafteren Tod, als von einem Tier jämmerlich zerfleischt zu werden.“ „Außer, sie würde von einem Mann ermordet.“, scherzte Ginalla. „Ataura musste lachen: „Das wäre in etwa das Gleiche.“

Beide standen auf. „Wie kommst du dazu, dich allein einem wilden Tier zu stellen.“, fragte Ginalla. „Ich wollte meinen Mut beweisen.“, erwiderte Ataura. „Aber du hättest doch ahnen können, dass das schiefgehen kann. Wenn du einen tötest, kann der Partner auftauchen. Ich bin überzeugt, sonst geht ihr auch immer gruppenweise auf die Jagd.“ „Du hast Recht, Ginalla.“, sagte Ataura. „Aber ich war aufgrund meiner Jugend vielleicht leichtsinnig.“

Schritte und Stimmen rissen sie aus ihrer Unterhaltung. Wer kommt da auf uns zu, Kamurus?, dachte Ginalla. Cyrade und einige ihrer Kriegerinnen., gab er zurück. OK., entgegnete die Celsianerin.

Die Genesianerinnen bildeten einen Kreis um Ginalla, Ataura und die beiden toten Tiere. „Warum hast du dich allein auf die Jagd begeben!“, fragte Cyrade ihre Tochter streng. „Du weißt doch, dass das nicht geht. dass du deinen Mut beweisen wolltest, ist völlig in Ordnung. Aber mutig zu sein bedeutet nicht, eine Närrin zu sein.“ Sie wendete sich Ginalla zu, die immer noch das blutige Messer in der Hand hielt. „Ohne dich, Fremde, wäre meine Tochter jetzt nicht mehr am Leben.“, sagte sie fast feierlich. „Du verdienst es, ein Mitglied des Clans der Artash zu werden. Das bedeutet, Atauras Initiationsfeier ist auch die Deine. Lass uns gehen.“ „Heißen Dank.“, erwiderte Ginalla. Dann folgte sie den Kriegerinnen, welche die beiden toten Tiere auf ihre Schultern geladen hatten. „Dank dir, Ginalla, werden wir heute gut zu Essen haben.“, sagte Cyrade stolz.

Sie kamen zu einer weiteren Lichtung, auf der bereits ein Feuer in einem Steinkreis brannte. Die beiden toten Tiere wurden in eine Vorrichtung gespannt und samt Fell über dem Feuer gebraten. Das verursachte Gerüche, die den Genesianerinnen das Wasser im Mund zusammen laufen ließen und Ginalla blass werden ließen. „Ich werde mich an einiges gewöhnen müssen.“, gab sie zu. „Ich bin ja froh, dass die Tiere nicht bei lebendigem Leib geröstet werden.“ „Normalerweise ist das bei uns, wie bei den Klingonen auch, aber üblich, unsere Beute lebend zu verzehren.“, sagte Ataura. „Du meinst, es ist üblich.“, korrigierte Ginalla ihren kleinen grammatikalischen Fehler, ohne es böse zu meinen. „Danke, Ginalla.“, sagte die genesianische Jugendliche. „Deine Muttersprache ist nicht unsere Muttersprache.“

Cyrade hatte mit einem spitzen Gegenstand in das eine der Tiere gestochen und das Stück Fleisch, das sie herausgelöst hatte, probiert. „Es ist so weit.“, sagte sie und wuchtete gemeinsam mit Xena, Atauras jüngerer Schwester, das Tier vor allen auf einen Tisch. „Ginalla, dir gebührt der erste Schnitt!“, sagte sie dann laut und gab der Celsianerin einen großen Dolch in die Hand. „Die Organe und den Kopf lasst ihr …?“, fragte Ginalla, bevor ihr Ataura lachend ins Wort fiel: „Natürlich. Wir essen sie so frisch wie möglich, wenn es schon nicht möglich ist, sie lebend zu verspeisen.“ „Na ja.“, sagte Ginalla. „Das nennt man dann wohl natürliche Füllung. Na dann!“

Sie hieb den Kopf der gebratenen Raubkatze ab und saugte den Inhalt heraus. Die Genesianerinnen gaben einen Laut der Freude und der erstaunten Erregung von sich. „Das hätte ich dir nicht zugetraut, Ginalla.“, sagte Cyrade, die zum ersten Mal die Celsianerin mit deren Vornamen ansprach, was bei den Genesianern ein Zeichen von Respekt darstellt. „Tja.“, flapste sie zurück. „Wir von der Föderation sind eben nicht so zimperlich, wie im Allgemeinen vermutet wird.“

Nach dem Essen, das mit den Händen stattfand, gingen alle zu einem großen Platz. Cyrade hatte einen Eimer bei sich, in dem sie das Blut der Raubkatzen aufgefangen hatte. Sie gab jeder Kriegerin, inklusive Ginalla, einen Fellbusch in die Hand. „Tauche ihn in das Blut, Ginalla.“, sagte sie. „Dann reibe dir damit die Kehle ein. Es gibt nur ein Tier, vor dem die hiesigen Raubkatzen Angst haben müssen. Es ist die Flussschlange. Ihr Giftbiss bringt uns den Göttern so nah, dass wir hoffen, von ihnen Visionen zu empfangen. Sollte dir das aber zu heftig sein, kannst du ruhig wieder auf dein Schiff beamen.“

Ginalla nahm den schwarzen Fellbusch aus ihrer Hand an sich und tauchte ihn tief in das Blut. Dann rieb sie sich langsam, so dass es auch alle sehen konnten, damit den Hals ein. „Du bist es wert, eine genesianische Kriegerin genannt zu werden.“, sagte Ataura.

„Also.“, sagte Ginalla, nachdem sie allen dabei zugesehen hatte, wie sie das Gleiche getan hatten. „Wo ist eure Flussschlange.“ „Wo wohl?“, fragte Cyrade. „Im Fluss. Wir werden jetzt zum Ufer gehen und uns dort niederlegen. Ich weiß, dass die Schlangen gerade in der Paarungszeit sind. Dann brauchen sie viel Blut. Das werden sie sich bei uns holen wollen. Sie werden zwar merken, dass wir nicht ihre bevorzugten Opfer sind, aber bis dahin werden sie uns genug Gift injiziert haben, hoffe ich. Noch kannst du es dir überlegen, Ginalla.“ „Kommt nich’ in die Tüte.“, sagte Ginalla. „Wenn ich sage, ich bin Forscherin mit Leib und Seele, dann ist es so. Soll ja später keiner sagen können, wir von der Föderation brächen unser Wort, nur weil es mal kitzelig wird.“

Sie stellte sich so hin, dass sie allen voran gehen konnte. Dann schritten sie zum Fluss hinab. Hier legten sich alle ans Ufer und warteten still, bis die Nacht hereinbrach.

Mit Sorge hatte Kamurus die Aktivitäten seiner Pilotin beobachtet. Er hatte das Gefühl, dass heute noch etwas passieren müsste, bei dem seine Hilfe sehr wichtig sein würde. Ohne ihn, so dachte er sich, könnte Ginalla das hier wohl nicht überleben. Er fand, dass sie sehr verantwortungslos mit ihrem Leben umging. Wer ließ sich schon absichtlich von einer tödlich giftigen Schlange beißen und erwartete dann auch noch, dass er das Ganze überlebte?!

Kamurus sah, wie sich ein perlmuttartiger schlanker Leib aus dem Wasser des Flusses erhob. Dann ein zweiter und ein dritter. Er beobachtete, wie die Leiber jeder zu einer Spirale zusammenschnurrten, um sich dann ruckartig wieder zu entwirren, was zur Folge hatte, dass sie einen regelrechten Sprung vollführten. Dadurch konnten sie das steile Ufer überwinden. Einer der Leiber bewegte sich auf Ginalla zu und züngelte verdächtig nah an ihrem Hals entlang. Wie die Genesianerinnen auch ertrug Ginalla diese Situation. Kamurus rang mit sich, ob er sie an Bord beamen sollte oder nicht. Wenn er dies zu früh täte, würde man ihr einen Wortbruch vorwerfen können und das würde gegebenenfalls auf die gesamte Föderation zurückfallen. Aber wenn sie zu viel Gift abbekäme, könnte sie sterben. Das durfte er auch nicht zulassen. Zwischen der Physiologie der Genesianer und der der Celsianer gab es doch signifikante Unterschiede.

Es beruhigte das Schiff aber ungemein zu sehen, dass die Schlange zwar zugebissen, aber fast in der gleichen Sekunde fast angewidert wieder losgelassen hatte und ins Wasser verschwunden war. Sie hatte wohl tatsächlich gemerkt, dass Ginalla die falsche Beute war.

Ginalla fühlte etwas Merkwürdiges. Sie hatte den Eindruck zu schweben. Sie sah ihren Körper dort liegen und auch die Körper der Anderen. Aber sie sah auch eine große Licht durchflutete Ebene, zu der es sie zog. Hier war es paradiesisch! Die Luft roch nach Blüten und überall gab es viel Grün und Wasserfälle. Nahrung schien es hier im Überfluss zu geben.

„Sei gegrüßt!“ Eine Stimme, die Ginalla nicht kannte, hatte ihr dies zugerufen. Die Celsianerin drehte sich um und sah in der Ferne eine Frau auf sich zu kommen. Sie war groß, trug einen genesianischen Brustpanzer und hatte einen Lichtschein um sich herum. „Ich bin die Wächterin von Gore.“, stellte sie sich vor. „Sonst hast de keinen Namen?“, wollte Ginalla wissen. „Na ja. Auch OK. Also, ich heiß’ Ginalla.“ Sie gab der Göttin die Hand. „Komm mit mir.“, sagte diese.

Gerade wollten Ginalla und die Wächterin von Gore gehen, als sich ein riesiges stinkendes warziges Wesen zeigte, das mit zahnlosem Mund sprach: „Nein. Diese Seele gehört mir. Sie ist eine Fremde. Hast du jemals gehört, dass eine Fremde das genesianische Totenreich betreten hat?“ Die Stimme des Wesens war sehr verzerrt. Dennoch konnte Ginalla hören, dass es sich um eine männliche Stimme handelte. „Wer ist das Scheusal?“, fragte sie. „Das ist der Herrscher der Zwischenwelt.“, antwortete die Wächterin von Gore. „Dort hin kommen die Ehrlosen und alle Männer automatisch. Es ist so etwas wie die Hölle.“ „Ne. Da will ich nich’ hin.“, sagte Ginalla und ging entschlossen in die andere Richtung. „Fang mich doch, wenn du kannst!“ Sie schlug einige Haken. „Na, kommst wohl nich’ hinterher, du schwerfälliges Warzenschwein.“, spottete sie. „Na komm! Miez-Miez-Miez! Hier bin ich!“

Ginalla hatte nicht bemerkt, dass das Wesen statt ihrer die Göttin in den Würgegriff genommen hatte. Mit seinen klebrigen Tentakeln hielt es sie an Armen und Beinen fest. Sie versuchte alles, was in ihrer Macht stand, aber konnte sich nicht befreien. „Oh, weih.“, flüsterte Ginalla. „Jetzt kämpfen die um meine Seele und ich kann nichts machen. Aber eins ist mal sicher. Der Teufel darf nich’ gewinnen. Wo kämen wir denn da hin?“

Sie sah angestrengt um sich. Irgendwas musste es doch hier geben, das sie als Waffe verwenden konnte. Plötzlich fiel ihr Blick auf einen silbrigen Gegenstand, der genau vor ihr lag. Ein Phaser! Das war ja ein Phaser! „Schwein muss man haben.“, sagte Ginalla und hob die Waffe auf. „Hoffentlich funktionierst du auch.“

Sie zielte und feuerte auf etwas, das sie als das Auge des Wesens erkannt hatte. Von dort würde es nicht weit ins Gehirn sein. Das Wesen gab einen letzten Schrei von sich, bevor es schwer verletzt von der Göttin abließ und sich trollte. „Ich danke dir, Ginalla.“, sagte die Wächterin von Gore. „Du hast mein Leben gerettet.“

„Ginalla! Ginalla!“ Die Celsianerin war wieder in der Achterkabine ihres Schiffes erwacht. Die Stimme, die ihren Namen gerufen hatte, gehörte Kamurus. Er benutzte allerdings den Bordlautsprecher. Langsam setzte sich Ginalla auf und sprach in Richtung Mikrofon: „Was zur Hölle ist mit mir passiert?“ „Du wurdest vergiftet, das ist passiert.“, entgegnete der Schiffsavatar ernst. „Ich hatte ganz schön zu tun, jedes Giftmolekül einzeln mit dem Transporter aus deinem Blut zu pulen. Aber jetzt ist es wieder sauber. Das Gift der Schlange hatte allerdings eine bewusstseinserweiternde Wirkung wie eine Droge.“ „Na und!“, schimpfte Ginalla. „Hauptsache, ich war im Himmel.“ „Das warst du nicht.“, sagte das Schiff und zeigte ihr medizinische Daten. „Du warst nicht tot, du warst im Drogenrausch.“

Ginalla fuhr herum: „Was?!“ „Ja.“, sagte Kamurus. „Aber diese Art der Visionserzeugung praktizieren die Genesianer schon seit Jahrhunderten. Du darfst nicht …“ „Ist mir gleich!!!“, schrie Ginalla. „Verbinde mich mit der Prätora! Der werde ich was erzählen. So ein Betrug!“ „Ich darf dich darauf aufmerksam machen, dass auch du …“ „Darfst du nicht!“, regte sich Ginalla auf. „Und jetzt tu, was ich dir gesagt habe. Sonst …“

Kamurus führte ihren Befehl aus, obwohl es ihm dabei nicht wohl war. Bald sah Ginalla Cyrades Gesicht vor ihrem geistigen Auge. „Ihr seid Betrüger! Alle miteinander!“, beschuldigte Ginalla sie. „Ihr seid nichts als ein Haufen drogensüchtiger Scharlatane, die glauben, was sie im Rausch sähen, sei göttlich. Von Wegen starke Kriegerinnen. Ich wollte das Tor zum Himmel sehen, um mir dann eine fette Bezahlung von meiner Auftraggeberin abzuholen. Aber daraus wird wohl nichts.“ „Willst du damit sagen, du hast aus reiner Gewinnsucht unsere heiligen Zeremonien entweiht?“, fragte Cyrade mindestens genau so empört. „Ja, das habe ich.“, gab Ginalla zu. „Und damit Ihr Bescheid wisst. Ich habe in meiner Vision der Wächterin von Gore das Leben gerettet. Bin neugierig, ob Eure Tochter mit so was auch aufwarten kann.“ „Dann ist die Föderation nicht besser als die Ferengi. Das bedeutet Krieg!“ Sie beendete das Gespräch.

Kamurus registrierte mehrere genesianische Schiffe, die aufstiegen. „Lass uns machen, dass wir hier weg kommen!“, sagte Ginalla. „Ich habe keine Lust, in einem genesianischen Gefängnis zu verrotten. Warp sechs, aber schnell, sonst …“

Es gab einen Ruck. „Ich kann nicht.“, sagte Kamurus. „Ich hänge an einem Traktorstrahl. Außerdem haben die Genesianer ihre Transporter meiner Schildharmonik angepasst.“

Kaum hatte er diese Warnung ausgesprochen, sah der arme Kamurus nur noch, wie seine Pilotin fortgebeamt wurde. Er konnte nichts tun und fühlte sich so unglaublich hilflos. Hätte er die Genesianer angegriffen, hätte er riskiert, selbst in Stücke geschossen zu werden. Und wer sollte dann Ginalla retten? Außerdem hätte das ihre Wut nur noch geschürt. Warum war sie nur immer so unvernünftig und spielte unnütz mit dem Feuer? Er wusste, dass die Celsianer das Leben locker sahen, aber Ginalla bildete da eine große Ausnahme. Sie sah es noch lockerer, eigentlich zu locker. Denn auch Celsianer konnten Verantwortung übernehmen, wenn es notwendig war.

Kamurus hatte gesehen, dass die Genesianer kommentarlos abgedreht hatten. Aber das war für ihn nur logisch. Sie hatten ja die, die sie wollten.

Ginalla erwachte auf einem kalten Lager aus Säcken in einem kahlen Raum. Hier war nichts zu hören, außer des Summens einer Lebenserhaltung. Technologie gab es hier scheinbar auch nicht. Ginalla konnte nichts entdecken, was sie an einen Replikator oder zumindest eine Computerkonsole erinnerte. Es gab nur einige in die Wände eingelassene Geräte, die der Celsianerin wie Emitter zur Erzeugung von Kraftfeldern vorkamen.

Vorsichtig setzte Ginalla sich auf. Dabei hoffte sie, keines der Geräte in Alarmbereitschaft zu versetzen. Sie tastete an sich herum und entdeckte ein merkwürdiges Armband. „Hätte nich’ gedacht, dass mir jemand Schmuck verehrt.“, scherzte sie und versuchte, das Armband zu entfernen. Ein Stromstoß durchzuckte sie. Dieser war so stark, dass sie erneut das Bewusstsein verlor.

Als sie nach einiger Zeit wieder zu sich kam, spürte sie nur zwei starke Hände auf ihrem Brustkorb und einen Mund auf dem Ihren. Da sie sich nicht anders zu wehren wusste, biss sie die Gestalt, die sie noch nicht wirklich erkennen konnte, in die Lippe.

Die Gestalt ließ von ihr ab. „Das haben wir gern.“, sagte sie und wischte sich das Blut und Ginallas Speichel aus dem Gesicht. Ginalla, die inzwischen die Augen geöffnet hatte, sah erst jetzt, wer sich hinter der heiseren Stimme, die diese Worte gesagt hatte, verbarg. Im Halbdunkel des Raumes, das nur durch die Bereitschaftslämpchen der Kraftfeldemitter erleuchtet wurde, konnte sie eine sehr große und muskulöse rothaarige Genesianerin erkennen, die sich jetzt vor sie gestellt hatte. „Wer bist du?“, fragte Ginalla benommen. „Ich bin Aruna, Tochter von Medea vom Clan der Artash.“, antwortete die Genesianerin. „Artash?“, fragte die immer noch sehr schläfrige Celsianerin. „Ja, du hast richtig gehört, Ginalla!“, sagte Aruna jetzt sehr laut und deutlich, um ihrem Gegenüber auf jeden Fall deutlich zu machen, dass sie wusste, wer sie war.

„Woher weißt du, wer ich bin?“, fragte Ginalla, nachdem sie sich umgedreht hatte. „Weil du was Besonderes bist.“, grinste Aruna ihr zu, die sich inzwischen ihr gegenüber gesetzt hatte. „Wieso bin ich was Besonderes?“, wollte die junge Celsianerin wissen. „Ach.“, sagte Aruna verächtlich. „Jetzt machen wir doch nicht etwa auf Gedächtnisschwund. Aber weil ich heute gute Laune habe, was, die Götter wissen es, sehr selten ist, werde ich es dir erklären. Gotteslästerinnen kriegen wir hier nicht oft.“ „Wo wir schon mal dabei sind.“, sagte Ginalla. „Warum bist du hier?“ „Weil ich es gewagt habe, meinen Sohn in der Öffentlichkeit gegenüber einer anderen Kriegerin frei sprechen zu lassen, ohne, dass er mich um Erlaubnis bitten musste. Cyrade ist eine sehr religiöse Prätora und kennt da keine Verwandten, wie du siehst.“ „Tolle Mischung.“, kommentierte Ginalla das Gehörte. „Eine Blasphemistin und eine Liberale. Ich sehe schon, wir werden viel Spaß haben.“

Aruna deutete auf ihr rechtes Handgelenk. „Die Dinger, die wir tragen, sagen den Wärterinnen, wo wir wann sind.“, erklärte sie. „An deiner Stelle, Ginalla, würde ich nicht noch einmal versuchen, es zu entfernen. Je öfter du das versuchst, desto stärker wird der elektrische Schlag und beim nächsten Mal kann ich dich vielleicht nicht retten.“ „Schon gut.“, sagte Ginalla. „Aber mein Schiff wird auch wissen, wo ich bin. Er hat mir eine Sonde implantiert, die …“

Aruna lachte laut auf. „Die ist schon lange Geschichte. Die haben sie dir gleich entfernt, als du her gekommen bist. Sicher werden sie das Ding zerstört haben. Also, es wird dich niemand retten.“

Ginalla spürte tief in ihre Stirnhöhle hinein. Sie hatte Kamurus’ Sonde zwar nie als großes Gewicht wahrgenommen, dennoch hatte sie immer gemerkt, dass da etwas war. Jetzt hatte sie dieses Gefühl nicht mehr. „Sie ist tatsächlich weg.“, verzweifelte sie. „Woher wusstest du das?“ „Weil ich im Gegensatz zu dir die Wärterinnen verstehen kann.“, antwortete Aruna. „Sie haben über die Sonde gesprochen und dann ist die Ärztin gekommen und hat sie mit einem chirurgischen Transporter entfernt.“ „Hätte ich doch nur nicht so eine verdammt große Klappe!“, schrie Ginalla und begann zu schluchzen.

Aruna rückte näher an sie heran und wischte ihr mit dem Ärmel der eigenen Sträflingskleidung die Tränen vom Gesicht. „Tut mir Leid, dass ich dir kein Taschentuch mit Spitze replizieren kann.“, scherzte sie. Ginalla lächelte. „Hey.“, sagte sie. „Sprücheklopfen ist mein Job.“ „Aber du musst zugeben, dass ich darin auch ziemlich gut bin.“, gab Aruna zurück. Ginalla nickte.

Eine Zeit lang hatten sich die Frauen nur schweigend angesehen, bis Ginalla fragte: „Was passiert hier eigentlich den ganzen Tag? Sollen wir nur hier sitzen und uns langweilen?“ „Wo denkst du hin?“, antwortete Aruna verächtlich. „Glaubst du, dies hier ist ein Hotel? Nein. Dies hier ist das berüchtigste Gefängnis und Arbeitslager von ganz Genesia Prime. Morgen geht es in die Minen zum Kristalleschürfen. Weiß die Wächterin von Gore, was Prätora Cyrade damit will. Deshalb sollten wir jetzt schleunigst ans Schlafen denken.“ „Also gut.“, sagte Ginalla und legte sich wieder hin. „Noch einen Rat habe ich für dich.“, sagte Aruna. „Damit du keine unnütze Bestrafung riskierst, halte ich es für besser, du hältst dich an mich. Ich erkläre dir schon, wie hier der Hase läuft.“ „OK.“, antwortete Ginalla, bevor sie einschlief.

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