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Mikel hatte sich mit der Datei beschäftigt, die Elektra und Jannings ihm zukommen lassen hatten. Die Ingenieure hatten auch festgestellt, nach was wer auch immer meinen Erfasser suchen lassen hatte. „Savarid-Strahlung.“, sagte der Agent zu sich selbst. „Interessant. Ich werde gleich morgen mit Allrounder Betsy darüber reden müssen.“

Die Sprechanlage seines Quartiers piepte und zeigte somit an, dass sie gerade von außen betätigt worden war. „Ja bitte.“, beantwortete der erste Offizier den Ruf. „Hier ist Scientist Loridana, Sir.“, sagte eine Frauenstimme am anderen Ende. „Ich muss dringend mit Ihnen reden.“ „Kommen Sie rein, Scientist.“, sagte Mikel und entriegelte die Tür.

Loridana betrat sein Quartier und ging gleich ins Wohnzimmer durch, wo sie Mikel vorfand. Sie zog ihren Erfasser und legte ihn vor dem ersten Offizier auf den Schreibtisch. Gleich darauf korrigierte sie sich aber wieder und nahm das Gerät an sich, um es auf akustische Meldung umzustellen. „Hirnrindenscan von Allrounder Betsy Scott, zentrale Allzeit: 350805,0402. Vorkommen von Savarid-Strahlung entdeckt. Wert mit 2,33 Millyrahm noch vertretbar.“, meldete das Gerät.

„Savarid-Strahlung?“, fragte Mikel interessiert zurück. „Das ist sehr interessant, Loridana. Genau da nach hat jemand Allrounder Betsys Erfasser auch scannen lassen. Derjenige wollte wiederholt wissen, wie hoch ihr Wert ist.“ „Jemand hat Allrounder Betsys Erfasser benutzt, um sie nach der gleichen Strahlung zu scannen, die ich auch gesehen habe?“, fragte die Ärztin irritiert. „Ja.“, sagte Mikel. „Oder halten Sie für möglich, dass der Erfasser das von allein getan hat?“

Loridana schüttelte den Kopf. Dies war Mikel durch das Klingen ihres Haarschmuckes, den sie zur Vernehmung angelegt hatte, deutlich geworden. Aus Gründen der Sauberkeit hatte sie den Schmuck zwar nie bei Behandlungen getragen, aber jetzt war es wohl ihrer Meinung nach ein besonderer Anlass.

„Sehen Sie?!“, sagte Mikel fest. „Also muss jemand ihn benutzt haben. Aber ich werde schon herausfinden, wer das war.“ „Sir.“, erwiderte die Ärztin. „Das wird wohl kaum möglich sein. Der Allrounder hat doch zu dem Zeitpunkt, als ihr eigener Erfasser ihr entwendet worden war, sicher tief und fest geschlafen. Sie kann nichts wissen.“ „Aber vielleicht hat es während sie wach war Dinge gegeben, die irgendwie verräterisch waren.“, vermutete Mikel. „Sie denken, Korelem könnte etwas gewusst oder gesagt haben?“, fragte Loridana. „Ich denke, er hat nicht nur etwas gewusst, sondern er war es auch!“, sagte der Agent mit Überzeugung. „Er war der Einzige, der bei ihr war und der sie infizieren beziehungsweise dann auch scannen konnte, um seinen Fortschritt zu sehen.“ „Aber Korelem ist Zivilist.“, widersprach Loridana. „Was versteht er von Erfassern?“ „Abwarten.“, sagte Mikel. „Ich bin überzeugt, er ist nicht der harmlose Zivilist, für den wir ihn alle halten. Ich muss Sie jetzt bitten zu gehen, Scientist. Ich habe in diesem Fall noch das Opfer zu vernehmen. Danke für Ihre Aussage und jetzt wegtreten!“

Loridana drehte sich verwundert auf dem Absatz um und ging, obwohl sie nicht genau verstanden hatte, worauf ihr Vorgesetzter hinaus wollte. Aber es würde schon in Ordnung sein. Alle standen vor einem Rätsel. Aber Mikel war der Einzige, der es lösen konnte.

Sedrin hatte Tamara die Bilder überspielt, die sie aus Scottys Pad herunter geladen hatte. Darauf hin hatte die Chefagentin sofort mit ihrer Untergebenen Kontakt aufgenommen. „Wer sind Ihrer Meinung nach die Prinzessinnen auf dem Bild?“, wollte die Halbklingonin wissen. „Ich weiß es nicht.“, gab die Demetanerin zu. „Ich tippe auf die beiden mirayanischen Königstöchter.“, meinte Tamara.

Sedrin fuhr erschrocken zusammen. „Das kann ich gar nicht bestätigen!“, sagte sie. „Und wie kommen Sie überhaupt auf so etwas?!“ „Ruhig Blut, Sedrin.“, beruhigte sie Tamara. „Mit dieser Reaktion Ihrerseits habe ich schon gerechnet und sie mir offen gestanden erhofft.“ „Was meinen Sie damit?“, fragte Sedrin verwirrt. „Um ehrlich zu sein.“, setzte Tamara an. „Die Theorie, dass die Prinzessinnen sich friedlich wie durch ein Wunder an einen Tisch setzen würden, stammt nicht von mir. Sie ist auf Nuguras Mist gewachsen. Ich wollte nur wissen, was Sie davon halten.“

Sedrin nahm einen großen Schluck Sommerfruchttee aus einem Glas, das neben der Sprechanlage auf dem Tisch stand. Dann sagte sie: „Bei allem Respekt, Chief-Agent, welche Drogen hat Nugura genommen?! Vielleicht sollte man mir mal den Kontakt zu dem Dealer vermitteln, damit ich auch in den Genuss komme, alles durch eine rosarote Brille zu sehen. Haben Sie ihr gesagt, dass dies hier vermutlich mit Sytania zu tun hat?“ „Das habe ich.“, erwiderte die Chefagentin. „Aber Nugura hat gesagt, dass Sytania die Prinzessinnen eventuell dazu bringen könnte, doch noch Friedensverhandlungen zu führen. Wenn beide Frieden durch sie finden würden, dann bestünde die Möglichkeit, dass beide Sytania ihre Planeten überschrieben und sie hätte dann zwei Brückenköpfe.“ „Das glaube ich nicht!“, sagte Sedrin mit fester Stimme. „Die mirayanischen Prinzessinnen hassen sich zu sehr, als dass sie freiwillig zu einem Frieden bereit wären. Sytania müsste sie schon hypnotisieren, um dies zu erreichen. Aus jeder Hypnose wacht man irgendwann auf. Und spätestens dann würden sie merken, dass sie manipuliert wurden und würden sich wieder gegeneinander wenden. Aber auch gegen Sytania. Das würde sie nicht riskieren, zumal die Miray auch in Kontakt mit der Föderation standen und sich somit auch Wissen über Rosannium besorgt haben. Nein. Das riskiert Sytania nicht! Ich kenne sie gut genug und weiß, dass sie immer den Weg wählt, der für sie am risikolosesten erscheint und bei dem sie die Bedingungen diktieren kann. Ich halte eine der Prinzessinnen auf Scottys Zeichnung Eher für Sytania selbst und die andere für eine der Mirayanerinnen. Ich weiß nur nicht, welche es ist.“ „Dann sind wir ja einer Meinung.“, atmete Tamara auf. „Ich habe Nuguras Theorie aus den gleichen Gründen wie Sie auch nicht unterstützt, Sedrin.“

Shimar hatte nach dem Aufwachen entdeckt, dass der Schlafsack neben seinem leer war. Er blickte sich um, konnte aber N’Cara nirgends finden. Nur noch IDUSA, die vielleicht gesehen hatte, was geschehen war, würde ihm jetzt helfen können.

Er nahm sein Sprechgerät und gab das Rufzeichen des Schiffes ein, bemerkte aber gleich, dass das Menü umsprang und er statt dessen gerufen wurde. „Ich konnte mir schon denken, dass Sie meine Hilfe in Anspruch nehmen wollen, Shimar.“, erklärte das Schiff ihr Verhalten. „Wie gut du mich doch kennst.“, lächelte der junge Patrouillenflieger. „Also, wo ist sie?“ „N’Cara hat Ihren gemeinsamen Schlafplatz um 00:03 Uhr und 20 Sekunden verlassen.“, sagte das Schiff gewohnt mathematisch genau. „OK.“, sagte Shimar. „Und wo hin ist sie dann gegangen?“ „In ihr Bett, vermute ich.“, analysierte IDUSA. „Jedenfalls kann ich aufgrund Ihrer gemeinsamen Unterhaltung keinen anderen Schluss ziehen.“

Shimar stand auf und näherte sich der Einstiegsluke. Diese wurde von IDUSA bereitwillig geöffnet. Shimar stieg ein, setzte sich hin und dann den Neurokoppler auf. „Wo hin?“, fragte IDUSA und ließ ihre Atmosphärentriebwerke aufsummen. „Antrieb aus!“, befahl Shimar. „Ich brauche dich mehr in deiner Eigenschaft als Datenbank. Zumindest im Moment. Heute ist Sonntag. Da ist N’Caras Spiel. Hast du zufällig Daten über Stoßball?“ „Selbstredend.“, sagte IDUSA. „Und falls nicht, hätte ich die Föderationsdatenbank angezapft.“

Shimar lehnte sich zurück. „Dann zeig mal her.“, sagte er und machte sich auf eine Menge Lesestoff gefasst. Aber das Dokument, das IDUSA aufrief, war im Großen und Ganzen noch überschaubar. Es hatte ja nur 20 Seiten und war außerdem mit vielen Bildern zu Spielzügen und Beispielen sehr gut illustriert. Schnell hatte Shimar das Wichtigste drauf.

„Du kannst es wieder löschen.“, sagte er, nachdem er einige Stunden mit Betrachten und Lesen verbracht hatte. In der Zwischenzeit hatte er nicht gemerkt, dass es Nachmittag geworden war.

„Wissen Sie jetzt, was Sie wissen wollten?“, fragte IDUSA. „Für eine Stunde im Fanblock wird’s reichen.“, sagte Shimar. Dabei hatte er geschickt ein Stück des neuen Wissens in seinem Satz untergebracht. „Sie haben Recht.“, lobte IDUSA. „Ein Spiel dauert eine Stunde und es spielen sechs Teams in zwei Gruppen bestehend aus jeweils einem Masati und einem Menschen gegeneinander.“ „Drei auf der einen und drei auf der anderen Seite. Ich weiß.“, sagte Shimar gelangweilt. „Das Spiel ist in drei Innings aufgeteilt, von denen eines je zehn Minuten dauert. Dazwischen ist die gleiche Zeit Pause. Der Platz besteht aus einem Innen- und einem Außenkreis. Im Innenkreis befindet sich das Tor. Darin befindet sich der Mensch, der den Torwart gibt. Das Masati ist der Verteidiger. Außerdem befindet sich dort das Masati des Stürmers. Nach fünf Minuten wird getauscht. Der Mensch muss im Außenkreis bleiben. Beide dürfen die Tiere nur mit Hör- und Sichtzeichen und nicht mit Leinen oder anderen Hilfsmitteln dirigieren. Selbstständiges Verhalten der Tiere ist unter Umständen auch nicht nur erwünscht, sondern kann auch förderlich sein.“ „Ich sehe, Sie haben aufgepasst.“, bemerkte IDUSA.

Shimar sah auf die Uhr. „Oh, Mann.“, bemerkte er. „Das Spiel ist in vollem Gange und ich Schlaftablette sitze hier, anstatt N’Cara die Daumen zu halten.“ „Das kann ich ändern.“, sagte IDUSA. „Ich werde Sie direkt ins Stadion beamen.“ „OK.“, erklärte sich Shimar einverstanden.

N’Cara hatte immer wieder nervös die Zuschauerränge abgesucht. Aber von Shimar war weit und breit nichts zu sehen gewesen. Iron, ihr demetanischer Trainer, hatte dies durchaus bemerkt. „Beruhige dich bitte, N’Cara.“, sagte er. „Du machst auch Jean-Luc nervös, wenn du selbst nervös bist. Dann kann er sich genau so wenig konzentrieren wie du.“ „Aber er wollte kommen.“, sagte N’Cara enttäuscht. „Er hat gesagt, er würde mir die Daumen halten.“ „Iron hat Recht.“, mischte sich Professor Tamin ein, der seine Tochter natürlich auch begleitet hatte. „Außerdem weißt du doch, wie das bei denen vom Militär ist. Vielleicht hat er andere Befehle bekommen und musste los.“ „Aber er hätte doch …“, entgegnete sie. „Über manche Dinge dürfen die vom Militär mit uns Zivilisten nicht reden.“, erklärte Iron. „Und jetzt bereite Jean-Luc vor. Ihr werdet gleich eingewechselt.“

N’Cara legte dem Tier einen Gurt um den Bauch, auf dem in Rückenhöhe ein Schild mit einer Nummer befestigt war. Jean-Luc kannte diesen Gurt. Er wusste, dass er ihn nur zum Spiel umgelegt bekam. Auch hinten auf dem Hemd des Mädchens war die gleiche Nummer zu sehen. „Ihr spielt in Angriffsposition.“, sagte Iron, der mit dem Trainer des gegnerischen Teams Lose unter der Aufsicht des Schiedsrichters, eines älteren Terraners, ziehen musste. „OK.“, sagte N’Cara zu ihm und zu Jean-Luc: „Position!“ Das Masati-Männchen kannte dieses Kommando und stellte sich freudig mit dem Schwanz wedelnd an die Linie, auf die N’Cara gezeigt hatte. Von einem der Schiedsrichterassistenten wurde der Ball, der ähnlich aussah wie der, mit dem sie auch zu Hause gespielt hatten, in den inneren Kreis gerollt. Der Ball landete genau vor Jean-Lucs Nase.

Der Schiedsrichter hob einen Stab mit einem Tuch daran. Das war das Zeichen, dass es jetzt los gehen konnte. „Jean-Luc, Stups voran!“, befahl N’Cara. Das war für Jean-Luc das Zeichen, den Ball geradeaus zu stoßen.

Professor Tamin hatte Shimar bemerkt, der sich zunächst hinter einer Bank versteckt hatte. „Du bist ja doch da.“, stellte er fest. „Wenn ich sage, ich komme, dann halte ich mich auch daran.“, sagte Shimar. „Wie steht’s?“ „Sie sind im letzten Inning und es steht 20 zu 20.“, sagte Tamin nervös. „Ich hoffe, du kriegst vor Spannung nicht gleich einen Herzanfall.“, scherzte Shimar. „Du hast keine Kinder, nicht wahr?“, fragte Tamin. Shimar schüttelte den Kopf. „Dann weißt du auch nicht, wie ein Vater fühlt, wenn seine Tochter vor so einer Herausforderung steht. Die High School aus dem Nachbardorf ist sehr gut und …“

Ein Tumult vom Platz ließ die Männer aufhorchen. „Jean-Luc, nein! Stups Zickzack!“, rief N’Cara immer wieder. Aber Jean-Luc dachte gar nicht daran, ihrem Kommando zu folgen. Er hatte selbstständig eine Lücke in der Verteidigung entdeckt, die ihn wohl an jene Situation erinnern musste, die er auch im ausgelassenen Spiel mit Shimar erlebt hatte. „N’Cara, lass ihn laufen!“, rief ihr Iron zu, der die Situation von der Trainerbank wohl sehr gut im Blick hatte.

Jean-Luc trieb den Ball mit der Nase vor sich her. Dabei machte er eine Bewegung, als wolle er rechts einschießen, aber entschied sich im letzten Moment, den Ball galoppierend zu überholen, um ihn dann nach links zu drücken und ihn aus vollem Lauf links ins Tor zu befördern. All das geschah so schnell, dass der Gegner, ein lithianischer Junge mit einem jüngeren unerfahrenen Masati-Weibchen, die Situation nicht rechtzeitig erfassen konnte, um seiner Teamkameradin auf vier Beinen die passenden Kommandos zu geben.

Der Schiedsrichter ließ den Stab mit dem Tuch drei mal auf den Boden tippen. Das war das Zeichen, dass dieses Spiel beendet war. Jetzt hatte auch N’Cara verstanden, dass Jean-Luc selbstständig alles richtig gemacht hatte. „Komm her!“, rief sie und nahm dem freudig zu ihr trabenden Masati den Gurt ab, um ihm wieder sein Spaziergeschirr anzulegen. „Feiner Junge!“, lobte sie. „Ich bin stolz auf dich.“ „Das kannst du auch.“, sagte Iron, der hinzugekommen war. „Du weißt doch, wie intelligent er ist und wie schnell er lernt.“ „Sorry.“, sagte N’Cara kleinlaut. „Wollte halt alles perfekt machen und …“

„Das hat er ja ganz allein erledigt.“, lachte Shimar, der jetzt auch N’Cara beglückwünschte. „Hey, Militärfliegerass!“, strahlte die Jugendliche. „Bist ja doch da.“ „Klärchen.“, grinste Shimar. „Wir lernen eines schon als Kadetten. Lass niemals deine Kameraden im Stich.“

Sedrin hatte sich mit Scotty getroffen und hatte ihm das Ergebnis des Gespräches mit dem Chief-Agent mitgeteilt. „Wieso glaubt Tamara, dass Sytania sich als Friedensbringerin betätigen würde?“, wollte Scotty wissen. „Tamara glaubt das, Mutter Schicksal sei Dank, nicht.“, verbesserte Sedrin. „Aber Nugura tut es. Wie sie darauf kommt, kann ich mir zwar auch nicht erklären, aber ich denke, dass sie einfach ab und zu etwas sieht, das sie unbedingt sehen will.“

Scotty lief die Gänsehaut über. „Wie viele Fehlentscheidungen muss sie denn noch treffen?!“, fragte Scotty empört. „So viele, wie der Wähler erträgt.“, sagte Sedrin und machte dabei fast ein weises Gesicht. „Ich weiß, worauf Sie hinaus wollen.“, sagte Scotty. „Aber das Problem ist, dass der Wähler fast nie über die wirklichen Probleme informiert ist. Wenn Time, Sie oder auch andere die Kastanien aus dem Feuer geholt haben, ist alles wieder in Ordnung und die einfachen Leute wissen nie, wie knapp es manchmal wirklich war.“ „Richtig.“, bestätigte Sedrin. „Aber wir Offiziere von der Sternenflotte wissen es.“

Sie holte das Pad mit Scottys Zeichnung hervor und legte es vor ihm auf den Tisch. „Wer sind die Beiden?“, fragte sie und zeigte auf das Bild der beiden Prinzessinnen. Scotty betrachtete es. Erst jetzt fiel ihm auf, wie die Zeichnung aussah. „Solche Strichmännchen!“, rief er aus. „Und das von jemandem, der normalerweise technische Zeichnungen aus dem FF anfertigen kann! Was werden Sie jetzt von mir denken?!“ „Genau genommen sind es Strichweibchen.“, verbesserte Sedrin. „Ich kann nämlich einwandfrei zwei Prinzessinnen erkennen. Das bedeutet, so mies, wie Sie es darstellen, ist Ihr Zeichentalent gar nicht. Also, Techniker, wer sind die Beiden?“

Konzentriert sah Scotty auf die unscharfen Gesichter der Figuren auf seiner Zeichnung. „Es bringt nichts.“, resignierte er. „Verstehe.“, sagte Sedrin. „Ich aktiviere den Stimulus.“ „Aber hatten Sie nicht gesagt, dass wir das nur unter ärztlicher Aufsicht tun sollten?“, fragte Scotty. „Ich bin durchaus in der Lage zu erkennen, wenn jemand Angst hat.“, antwortete die Agentin. „Sollte dies eintreten, breche ich das Experiment sofort ab.“ „Na gut.“, sagte Scotty.

Sie ging und holte den Datenkristall aus einem Schrank, danach ein zusätzliches Pad. Sie legte den Kristall ein. „Achtung, Scotty.“, sagte sie und spielte die Aufzeichnung ab. „Sehen Sie auf die Gesichter.“, instruierte sie ihn. „Was sehen Sie?“

Scotty blickte erneut auf die unscharfen Gesichter auf der Zeichnung. Aber jetzt schien alles irgendwie anders zu sein. Er hatte ein besseres Bild der Gesichter vor Augen. Dieses fügte er gleich in die Zeichnung ein. Dann gab er Sedrin das Pad. „Ich werde verrückt.“, sagte die Spionageoffizierin. „Das sind Sytania und Prinzessin Alegria von Miray. Wie schade, dass wir sie nicht warnen können. Nugura hat jeglichen Kontakt mit Miray für illegal erklärt. Außerdem ist ein solcher Kontakt nicht mehr möglich.“ „Ich weiß.“, sagte Scotty. Alle Leitungen sind dicht. Aber wir wissen es und vielleicht können einige unserer Freunde damit etwas anfangen. Wir sollten die Aufzeichnung vielleicht sogar nach Tindara oder Aldania Prime schicken.“ „Guter Vorschlag.“, sagte Sedrin. „Aber ich denke, wir sollten auch Sie nach Tindara verlegen. Die Tindaraner haben ganz andere Möglichkeiten, Sie zu beschützen. Sytania hasst Mitwisser und sie wird bestimmt nicht sehr erbaut über den Umstand sein, dass Sie ihre Pläne erraten können. Ich werde dem Chief-Agent die neuen Erkenntnisse mitteilen und alles Weitere mit ihr besprechen. Allerdings sollten Sie schon mal packen. Ich bin sicher, dass sie Ihrer Verlegung zustimmen wird.“ Ohne Widerrede verließ Scotty das Zimmer, in dem er sich mit Sedrin aufgehalten hatte. Er wusste, dass sie mit ihrer letzten Vermutung Recht haben könnte.

Shimar war mit N’Caras Familie in deren Jeep mit zu ihrem Grundstück gefahren. Hinter dem Jeep befand sich ein Anhänger, in dem sich Jean-Luc befand. N’Cara, die auf der Rückbank neben Shimar saß, hatte sehr geschmeichelt, dass er sie indirekt als „seine Kameradin“ bezeichnet hatte. In ihr keimte die Hoffnung, dass er sie doch noch mitnehmen würde.

Bald waren sie angekommen und N’Cara fütterte Jean-Luc, während Shimar zusah. „Du hast mich als Kameradin gesehen.“, sagte sie. „Heißt das, du nimmst mich doch noch mit?“ „N’Cara, es tut mir Leid.“, sagte Shimar so einfühlsam er konnte. „Ich kann dich nicht mitnehmen. Die Mission, auf die ich gehe, ist viel zu gefährlich für ein Mädchen in deinem Alter. Wenn ich noch auf dich aufpassen muss, dann …“ „Aufpassen kann ich auf mich allein.“, fiel die Jugendliche ihm ins Wort. „Du wirst sehen, ich mache dir keine Schwierigkeiten. Im Gegenteil. Diese Ginalla hat gegenüber dir einen Vorteil. Sie ist Celsianerin. Das bedeutet, sie hat die technische Begabung mit Löffeln gefressen. Wenn ihr Schiff was hat, dann kann sie es selbst reparieren. Sie ist zwei in eins. Aber du kannst sicher nicht jedes Mal nach eurer Technikerin schicken, wenn es ein Problem gibt und wir am Arsch des Universums sind. Ich bin gut in Physik und du brauchst einen Ingenieur.“ „Wenn du jetzt noch einen Freund anschleppst, der gut in Biologie ist und der deshalb behauptet, Arzt zu sein, bin ich zufrieden.“, scherzte Shimar. „Lach mich bitte nicht aus.“, sagte N’Cara traurig.

Shimar setzte sich zu ihr, die Jean-Luc gerade ein letztes Bündel Heu gereicht hatte. „Sorry.“, sagte er. „War nicht böse gemeint. Ich habe nur den Eindruck, dass du nur mit willst, um nicht zur Schule gehen zu müssen.“ „Hm ja.“, gab sie zu. „Aber das ist es nicht nur. Ich glaube wirklich, dass ich dir helfen kann.“ Sie zog beleidigt ab.

Shimar überlegte. Wie konnte er das jetzt wieder gut machen. Er wusste, dass er seine neue Freundin gerade sehr verletzt hatte. Aber leider fiel ihm nichts ein. Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch kroch er an diesem Tag in seinen Schlafsack. Er hoffte sehr, dass er keinen all zu großen Schaden bei N’Cara angerichtet hatte.

Alles das, was auf der Initiationsfeier geschehen war, hatte Cyrade nicht ruhen lassen. Sie war sehr wütend auf das, was Ginalla ihr berichtet hatte. Außerdem hatte sie mit ihrer Tochter gesprochen. „Was hast du gesehen, als du im Rausch des Schlangengiftes warst?“, fragte sie. „Nichts, Mutter, einfach nichts.“, antwortete Ataura. „Wie kann das sein?!“, fragte Cyrade erbost. „Es kann doch nicht sein, dass du gar keine Vision hattest. Die Götter können doch dieser Fremden keine stärkere Vision geschickt haben, als der Erbprätora des Clans der Artash. Denk nach! Du musst doch irgendetwas gesehen haben.“ „Aber wenn ich dir sage, dass da nichts war, Mutter, dann war da auch nichts.“, erwiderte Ataura. „Vielleicht hatte ich noch zu viel Adrenalin im Blut von dem Kampf mit der Raubkatze. Ich meine, mein Leben stand auf dem Spiel und wenn die Fremde nicht gewesen wäre, dann ...“ „Halt den Mund!“, fuhr Cyrade sie an. „Diese Fremde! Ich will nichts mehr hören von dieser Fremden. Sie kann doch nicht höher in der Gunst unserer Götter stehen als du. Sie teilt doch noch nicht einmal unseren Glauben. Sie soll sich ja nichts einbilden …“

Eine Sprechanlage riss Cyrade aus ihrem Wutanfall. „Wer ist dort?“, antwortete sie. „Hier ist Athemes.“, sagte eine Stimme am anderen Ende. „Ich bin Wärterin in Eurem Gefangenenlager, Prätora.“ „Ich kenne dich.“, sagte Cyrade und klang dabei sehr genervt. „Was gibt es?“ „Ich muss Euch über die Gefangene Ginalla berichten.“, sagte Athemes. „Gut.“, sagte Cyrade. „Komm herein.“

Athemes, eine große starke Kriegerin mit kurzen schwarzen Haaren, der üblichen genesianischen Bekleidung und einem strengen Gesicht, betrat den Raum. „Setz dich!“, befahl Cyrade. „Was hast du zu berichten?“ „Sie widersetzt sich.“, sagte Athemes. „Sie sagt, sie sei ja etwas Besonderes, weil sie in ihrer Vision das Leben der Wächterin von Gore gerettet habe. Das hat leider dazu geführt, dass meine Kolleginnen sie ziemlich hofieren. Sie muss keine Kristalle waschen oder gar abbauen. Sie darf die Bohrsonden und alle anderen Geräte in Stand halten. Sie …“ „Genug!“, ereiferte sich Cyrade, die jetzt fast vom Neid auf Ginallas Vision zerfressen wurde. „Ihr werdet mit Absicht noch mehr kaputt machen. Ihr werdet ihr so viel zu tun geben, dass sie nicht mehr weiß, wo sie zuerst anfangen soll. Dann werdet ihr ihr vorwerfen, dass sie nicht schnell genug arbeitet. Das bedeutet eine Kürzung der Rationen. Anders geht es leider nicht. Wir brauchen Gefangene wie Ginalla, die unsere Geräte in Stand halten können. Anderenfalls können wir keine Kristalle mehr abbauen. Und dann wird …“ Sie unterbrach sich selbst. Athemes war nur eine kleine Wärterin und hatte von dem, wozu die Kristalle gebraucht wurden, Cyrades Meinung nach nichts zu wissen.

Telzan war in Sytanias Thronsaal zurückgekehrt, nachdem er und seine Männer, wie es die Prinzessin befohlen hatte, ihre Schiffe überprüft hatten. „Es wäre alles bereit, Milady.“, verkündete der Vendar stolz. „Falls Ihr also wollt, dass wir losschlagen, können wir …“ „Ich hoffe, du hast das Schiff deines holden Eheweibes gleich auch mit überprüfen lassen.“, fiel Sytania ihm ins Wort. „Natürlich, Gebieterin.“, sagte Telzan grinsend. „Wollt Ihr sie etwa wieder in das genesianische Gefängnis schicken, damit sie wieder Kristalle abholt?“ „Genau das!“, frohlockte die Königstochter. „Diese Cyrade verehrt mich doch tatsächlich als Göttin. Sie ließt Cirnach jeden Wunsch von den Augen ab, seit sie weiß, dass diese für mich arbeitet. Sollte es also mit den mirayanischen Planeten nicht klappen, kriege ich mit Sicherheit eine Welt von den Genesianern.“ Sie lachte schallend. „Ich werde Cirnach sogleich Bescheid geben.“, sagte Telzan und war aus der Tür.

N’Cara hatte das Arbeitszimmer ihres Vaters betreten. Im matten Schein eines gedimmten Lichtes saß der Professor da und sortierte Unterlagen. „Es droht zu scheitern, Vater.“, flüsterte N’Cara, nachdem sie sich ihm langsam genähert hatte. „Dann weißt du, was du zu tun hast.“, sagte Tamin. „Ja.“, nickte N’Cara und war verschwunden, um einen Datenkristall aus ihrem Zimmer zu holen.

Das lithianische Mädchen schlich im Schutz der Dunkelheit an dem fest schlafenden Shimar vorbei in Richtung IDUSA. Sie hatte Shimars Verhalten gegenüber dem Schiff sehr gut beobachtet. Deshalb wusste sie auch ganz genau, wo ihr Außenbordmikrofon war. „Schiff.“, flüsterte sie hinein. „Bitte lass mich ein. Ich muss dringend reden.“

Wortlos öffnete IDUSA die Luke und ließ N’Cara einsteigen. Gegen ein bisschen Reden war ja nichts einzuwenden, fand zumindest IDUSA. „Hallo, N’Cara.“, begrüßte das Schiff sie. „Im Fach unter dem Steuerpult ist ein Neurokoppler. Setze den bitte auf. Dann erstelle ich eine Reaktionstabelle von dir und dann können wir besser reden. Dann musst du nicht das Mikrofon benutzen und ich nicht den Lautsprecher.“

N’Caras suchender Blick fand bald das Objekt, das für sie wie ein Haarreifen aussah. Sie setzte es sich auf und steckte den daran befestigten Anschluss in einen der Ports. „OK.“, sagte IDUSA. „Ich schicke jetzt Testsignale an deine Nerven um zu sehen, wie sie reagieren. Wenn ich mit dem Signal, das zurück kommt, zufrieden bin, speichere ich es als entsprechende Reaktion ab.“ „Weiß ich alles schon.“, gähnte N’Cara. „Hör auf, mich zu langweilen.“

Bald sah das Mädchen das gleiche Bild des Avatars vor sich, wie es auch sonst Shimar sah. „Na endlich lernen wir uns kennen.“, lächelte der Avatar. „Hi, IDUSA.“, erwiderte N’Cara und stellte sich vor, ihr die Hand zu schütteln. „Bist du eigentlich der gleichen Meinung wie mein Vater und Shimar?“, wollte N’Cara wissen. „Ich weiß.“, setzte IDUSA an, „Dass eine High-School-Schülerin keine ausgebildete Ingenieurin ist.“, antwortete IDUSA. „Es gibt sicher Dinge, die du nicht weißt und, wenn du bei einem Warpantrieb etwas falsch machst, kann es sehr gefährlich sein.“ „Aber ich bin echt gut in Physik.“, sagte N’Cara. „Hier, lies mal meine letzten Arbeiten. Ich hatte überall fne Eins.“ Sie schob den Kristall ins Laufwerk.

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