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Joran, Maron und Jenna waren wieder auf der Basis angekommen. Nun ging der erste Offizier in Begleitung der Chefingenieurin zu Zirell, um ihr das Ergebnis seiner Ermittlungen mitzuteilen. „Was hast du herausgefunden, Maron?“, fragte die Kommandantin. Sie war zum wiederholten Mal von der Regierung angesprochen worden, wann man denn nun endlich mit Ermittlungsergebnissen aufwarten wolle. „Sag Joran, er soll mich mit Zoômell und Tamara verbinden.“, sagte Maron fast stolz. „Ich weiß jetzt, wer die Plattform manipuliert hat. Shimar trifft jedenfalls an dem Ganzen keine Schuld. Er hat uns die volle Wahrheit gesagt. IDUSA und er konnten nicht wissen, dass sie auf eine falsche Spur gelockt worden sind.“ „Jetzt hör auf, mich so auf die Folter zu spannen!“, forderte Zirell. „Wer war es denn nun?“ „Niemand Geringeres als Ginalla.“, sagte Maron. „Jenn’ hat das am Signalschema erkannt. Sie wird alles näher erklären, wenn die Verbindung mit den Chief-Agents steht.“

Zirell nahm das Mikrofon der Sprechanlage und gab das Rufzeichen der Kommandozentrale ein. „Joran.“, sagte sie, nachdem dieser sich gemeldet hatte. „Verbinde mich mit Chief-Agent Zoômell und Chief-Agent Tamara in einer Konferenzschaltung. Ich habe etwas für sie, das sie sicher interessieren wird.“ „Wie du wünschst, Anführerin.“, gab der Vendar zurück und schaltete die gewünschte Verbindung.

Jannings und seine Assistentin standen mal wieder vor einem erneuten Rätsel. „Hat dieser King nicht gegenüber Allrounder Betsy am SITCH behauptet, dass der Navigationscomputer seines Shuttles abgestürzt sei?“, fragte Jannings seine Assistentin, die von mir die direkten Informationen bekommen hatte. „Das ist korrekt, Sir.“, antwortete die Androidin. „Davon kann ich aber hier nichts sehen.“, ergänzte ihr Vorgesetzter. „Es sieht laut dem Netzwerkprotokoll so aus, als wäre er korrekt heruntergefahren worden.“ „Das ist merkwürdig.“, sagte Elektra und stand von ihrem Sitz vor ihrer Arbeitskonsole auf. „Wohin wollen Sie, Assistant?“, fragte Jannings. „Zu Agent Mikel.“, sagte sie und drehte sich zur Tür. „Wir werden ihm sagen müssen, dass ein neues Puzzleteil hinzugekommen ist.“ „Sicher.“, meinte Jannings ruhig, der manchmal in seiner Art etwas an Chief O’Brien erinnerte. „Aber ich bin sicher, das wird nicht das Einzige bleiben. Kommen Sie mit.“

Er zog sie hinter sich her aus der technischen Kapsel zu den Shuttlerampen und dort gingen sie an Bord von Kings Schiff. „Was haben Sie vor?“, fragte Elektra. „Ich will mir den Frachtraum mal genauer ansehen.“, sagte Jannings. „Der Computer hat gepetzt, wie Sie wissen, Assistant. Das mit dem angeblichen Rechnerabsturz war nicht das Einzige, was mich irritiert hat. Laut seinem Frachtmanifest hat King medizinische Proben und Vorräte an Bord. Aber der Hauptrechner hat keine Verbindung zu irgendeiner Stasekammer oder so etwas. Ich wette mit Ihnen, dass die Frachträume leer sind oder dass es nur ein Täuschgerät gibt, das Sensoren von herannahenden Schiffen weismachen soll, dass er medizinische Vorräte geladen hätte. Dafür, dass sein Schiff angeblich so stark beschädigt war, ist er mir zu ruhig. Allrounder Betsy und ich haben viel Zeit mit ihm verbracht, seit dem er an Bord ist und er hat sich kein einziges Mal nach seiner Fracht oder seinem Schiff erkundigt, geschweige denn nach dem Stand der Reparaturen.“

Er zog ein Überbrückungsgerät aus der Tasche und setzte es an zwei Modulen an, die dem Stromkreis der Tür angehörten. „Sollten wir dann nicht lieber den Agent dazu holen?“, fragte Elektra, die in einiger Entfernung gewartet hatte. „Immer nach Vorschrift, Elektra.“, lächelte Jannings ihr zu, nachdem er sich auf ihren Einwand hin umgedreht hatte. „Aber wenn Sie wollen …“

Er zog sein Sprechgerät und gab das Rufzeichen des Schiffsrechners ein. „Computer, wo ist Agent Mikel?“, fragte Jannings. „Agent Mikel befindet sich in Allrounder Betsys Quartier.“, kam eine nüchterne Antwort zurück. „Sie bleiben hier!“, befahl Jannings in Elektras Richtung und gab ihr das Überbrückungsgerät. „Falls King auftaucht, melden Sie das sofort.“ Elektra nickte.

Ich hatte Mikel den Kelch gegeben, den Korelem mir geschenkt hatte. Der Spionageoffizier hatte ihn mit seinem Erfasser gescannt und festgestellt, dass er die Quelle der Savarid-Strahlung war. „Von Wegen symbolisch.“, zischte Mikel. „Von diesem Kelch geht nicht nur eine symbolische Kraft aus.“ „Ich weiß.“, sagte ich. „Loridana könnte dein Gehirn einer Reinigung mit Rosannium unterziehen, das weißt du. Dann wärst du die Strahlung ganz schnell wieder los.“, schlug Mikel vor. „Das will ich nicht.“, sagte ich. „Außerdem würde sie damit auch Shimars Muster zerstören und das würde er spüren. Es würde ihm ziemlich weh tun, wenn nicht ihn und mich sogar verletzen. Ich denke sogar, dass bei uns beiden Hirnschäden die Folge wären.“

Mikel schluckte und dachte nach. „Entschuldige.“, bat er dann. „Aber vielleicht hat ja alles einen Sinn.“ „Du meinst wegen der Theorie vom großen Plan?“, suchte ich nach einer Bestätigung. „Genau deshalb.“, sagte er überzeugt. „Korelem war eine Art V-Mann. Ich bin gespannt, welche Rolle King hat. Die Sache mit dem unschuldigen Frachterpiloten nehme ich ihm nicht so richtig ab. Dafür benimmt er sich zu seltsam.“

Ich wusste, dass Mikel damit Recht hatte, denn ich hatte auch meine Erfahrungen mit King machen können. Kissara hatte Mikel und mir befohlen, sich um ihn zu kümmern und mir war aufgefallen, dass er die einfachen Dinge sehr genoss, eigentlich zu sehr, um einer aus dem einfachen Volk zu sein. Vielleicht spielte auch eine große Rolle, dass mir Korelem die Information über den abgetauchten Bruder der mirayanischen Prinzessinnen gegeben hatte, aber ich war fast sicher, dass wir es mit einem Prinzen zu tun hatten. Aber nicht nur ich war dessen sicher. Auch Mikel hatte mit ihm etwas durchgeführt, das er den Burgertest genannt hatte. Er hatte ihn einmal mit in sein Quartier eingeladen und mich auch, da er eine Zeugin benötigte. Dann hatte er einen typischen Burger repliziert und King Messer und Gabel hingelegt, die er nicht angerührt hatte. Ich sollte ihn immer wieder unterschwellig darauf aufmerksam machen, dass er sich doch die Hände schmutzig machen würde, wenn er mit ihnen äße und er doch lieber das Besteck zur Hand nehmen sollte. Aber mir schien, dass King das Essen mit der Hand regelrecht wie eine Zeremonie praktizierte, als wäre es etwas Besonderes, was er nicht alle Tage täte. Ein Prinz würde sicher die Art, in der das einfache Volk Nahrung aufnahm, nie oder nur selten praktiziert haben und einen Burger würde er schon gar nicht kennen. Sicherlich war er geimpft worden, sich wie ein einfacher Mann zu verhalten, aber Mikels Einladung war sehr spontan und damit überraschend gewesen. „Mikel, ich glaube ich kann den Prinzen in ihm erkennen.“, sagte ich. „Das wäre noch ein Indiz für dich, das uns hier jemand alle benutzt.“ „Deshalb willst du wohl auch nicht, dass man die Savarid-Strahlung entfernt und wirst den Kelch auch weiter benutzen.“, schloss der Agent. „Genau.“, sagte ich. „Und wie willst du den Prinzen herauskitzeln?“, lächelte Mikel. „Willst du King küssen?“ „Nein.“, sagte ich. „Aber ich habe da so meine Methoden.“

Die Sprechanlage riss uns aus unserer Unterhaltung. „Hier Agent Mikel.“, meldete sich Mikel vorschriftgemäß. Ich hatte ihm erlaubt, die Anlage zu benutzen, denn ein unbestimmtes Gefühl sagte mir, dass es nur für ihn sein konnte. „Hier ist Techniker Jannings.“, kam es zurück. „Bitte um Erlaubnis, eine Aussage zu machen, Sir.“ „Erteilt.“, sagte Mikel. „Kommen Sie herein. Ich denke, der Allrounder darf ruhig einiges mitbekommen. Vielleicht interessiert sie das ja auch.“

Jannings betrat mein Quartier und ging durch bis ins Wohnzimmer, wo er uns beiden ansichtig wurde. Wir setzten uns alle drei auf das Sofa. „Dann erzählen Sie mal.“, sagte Mikel und zog ein Pad, um Jannings’ Aussage protokollieren zu können. „Es geht um Kings Schiff.“, sagte der Techniker. „Elektra und ich haben ihren Rechner auf den Kopf gestellt und dabei ist uns aufgefallen, dass der Rechner für die Navigation nicht abgestürzt ist, sondern korrekt heruntergefahren wurde. Es gibt gewisse Unterschiede im Systemprotokoll, wenn …“ „Schon gut.“, sagte Mikel, der befürchten musste, mit Jannings’ Fachchinesisch nicht viel anfangen zu können. „Aber das war noch nicht alles, Agent.“, fügte der Chefingenieur noch hinzu. „Es gibt anscheinend keine Systeme, die medizinische Fracht vor Verderben schützen können. Ich hatte Fehlermeldungen erwartet bis sonst wo. Aber da war nichts. Der Rechner weiß noch nicht einmal, dass er solche Systeme haben soll. Ich würde mich ja nicht wundern, wenn der Frachtraum bis auf ein Täuschgerät komplett leer ist.“

Mikel stand auf. „OK.“, sagte er. „Gehen wir der Sache auf den Grund. Kommen Sie, Jannings!“ „Eins noch.“, sagte Jannings, als sich die Beiden bereits im Gehen befanden. „Elektra musste ein Profil für das Licht in Gästequartier eins erstellen, das, wenn King dem Computer das Einschalten des Lichtes befiehlt, dafür sorgt, dass es nur ganz langsam angeht. Dieses Profil hängt an Kings Stimme.“ „Danke für die Information, Jannings.“, grinste Mikel. „Wer weiß, wozu sie gut ist.“

Die Männer fuhren mit einem Turbolift in die technische Kapsel zurück. Hier erwartete sie Elektra, die sich immer noch nicht vom Fleck gerührt hatte. „Sie kann den Frachtraum sofort öffnen, wenn Sie es wünschen, Agent.“, sagte Jannings und deutete auf seine Assistentin. „Normalerweise ist es gesetzeswidrig, so in die Privatsphäre eines Anderen einzudringen.“, sagte Mikel. „Aber hier sind zu viele merkwürdige Dinge passiert. Die Sicherheit des Schiffes könnte gefährdet sein. Also, aufmachen, Elektra!“, befahl der Geheimdienstler.

Die Angesprochene folgte dem Befehl und öffnete die Luke. Jetzt standen Jannings und Mikel tatsächlich vor einem fast leeren Frachtraum. Fast leer, da sich in einer winzigen Ecke tatsächlich das vom Ingenieur vermutete Täuschgerät befand. Jannings überlegte, wie er es Mikel am besten deutlich machen konnte. „Bitte erlauben Sie, dass ich Sie führe, Agent.“, sagte der technische Offizier und hielt dem blinden Agenten seinen Arm hin. „OK.“, sagte Mikel wenig förmlich, denn er war in der Zwischenzeit ganz aufgeregt geworden.

Sie betraten den Frachtraum und Jannings tippte einige Male mit seinen Füßen auf den Boden. „Ich glaube, dass ich jetzt weiß, worauf Sie hinaus wollen.“, lächelte Mikel. „Sie wollen mir verdeutlichen, dass der Raum komplett leer ist, indem Sie ein Echo erzeugen.“ „Richtig.“, erwiderte Jannings. „Aber ich frage mich, Sir, warum Ihre Kollegen so nachlässig gewesen sind.“ „Erklären Sie das bitte näher, Techniker!“, forderte Mikel. „Nun.“, begann Jannings etwas unsicher, denn er hatte Sorge, in den Augen seines Vorgesetzten vielleicht etwas zu sagen, was diesem nicht nur missfallen würde, sondern auch den gesamten Geheimdienst der Föderation in Misskredit bringen könnte. „Ich rede von den vielen Spuren, die hinterlassen wurden. Also, es gibt eine bestimmte Datei, in der alle Komponenten des Systems gespeichert sind. Sie wissen ja auch, dass Sie zwei Arme und zwei Beine haben. So ist der Computer auch darüber im Bilde, welche Geräte ihm angegliedert sind. Aber der Rechner des Shuttles hier weiß noch nicht einmal, dass er eine Stasekammer oder ähnliche Systeme zum Frischhalten medizinischer Proben hat. Ich meine, wenn mir ein Rechnerabsturz gemeldet wird, muss man davon ausgehen, dass ich das gesamte System auf den Kopf stelle, um die Ursache zu finden. Außerdem musste meine Assistentin ein merkwürdiges Profil für Gästequartier eins …“ „Ich weiß.“, sagte Mikel. „Aber Sie haben Recht, Jannings. Normalerweise ist meine Behörde nicht so schlampig, außer, Tamara wollte, dass die Spuren gefunden werden, weil die Theorie vom großen Plan stimmt.“ „Diese Theorie, die Allrounder Betsy und Sie haben?“, versicherte sich Jannings. „Genau die.“, lächelte Mikel. „Wissen Sie was? Betsy glaubt sogar, dass King eine falsche Identität hat. Sie meint, er sei der ins Exil gegangene Miray-Prinz und das will sie beweisen. Wir haben neulich einen Test mit ihm gemacht, in dem er uns zeigen sollte, wie er sich gegenüber dem Leben des einfachen Mannes verhält.“ „Ich weiß, worauf Betsy hinaus will, Agent.“, lachte Jannings verschmitzt. „Wie wäre es, wenn wir uns heute um acht in der Simulationskammer treffen. Ich kenne da eine Komödie, die genau das Thema behandelt.“ „Abgemacht.“, sagte Mikel, dem Jannings’ Anschauungsunterricht offensichtlich sehr gefallen hatte. Gemeinsam verließen sie Kings Schiff und gingen dann wieder getrennte Wege.

Logar hatte das Raum-Zeit-Kontinuum aufgesucht, wie er es Tolea telepathisch angekündigt hatte. In seiner Begleitung befand sich auch Dill. Beide hatten niemanden sonst mitgebracht, was Tolea veranlasste, auch Diran, der sonst immer in der Nähe war, fort zu schicken. Jetzt saßen die drei Mächtigen allein um einen großen Felsen herum, der allen als provisorischer Konferenztisch diente. Tolea saß an der Stirnseite und rechts und links von ihr saßen Dill und Logar auf kleineren Steinen. „Es tut mir Leid, dass ich uns im Moment keinen bequemeren Ort für unser Gespräch servieren kann.“, sagte Tolea. „Aber Ihr, edle Gevattern, habt es so dringend gemacht, dass ich einfach nicht mehr dazu gekommen bin.“ „Das macht nichts, liebe Freundin.“, beschwichtigte Dill. „Wir werden mit dem vorlieb nehmen, was die Natur uns bietet.“

Logar stand plötzlich auf und ergriff das Wort. „Ihr wisst, dass meine Tochter ein Motiv hätte, sich in das mirayanische Problem einzumischen.“, begann er. Tolea und Dill nickten. „Dann muss ich euch ja wohl nicht erklären, dass von unserer Seite her ein dringendes Eingreifen erforderlich ist.“, fuhr Logar fort. „Oh, das denke ich nicht.“, lächelte Tolea. „Ich denke, dass die Sterblichen diese Situation allein in den Griff bekommen werden und das sogar ohne unsere Hilfe. Gut, ich gebe zu, dass ich ein bisschen im Vorfeld dazu beigetragen habe, dass die Situation ist wie sie ist. Aber wenn wir eingreifen, edler Freund, dann begeben wir uns auf ein Schlachtfeld, dass Eure Tochter wohl kennt und auf dem sowohl sie als auch wir zu Hause sind. Das könnte dazu führen, dass alles außer Kontrolle gerät. Aber die Lösungsansätze der Sterblichen sind es, die Sytania immer wieder gern unterschätzt, weil es ihr bequem ist, sie zu unterschätzen. Aber genau das ist ihr Fehler. Wenn wir uns von ihr zu einem mentalen Kampf provozieren lassen, könnte es sein, dass sie mit Absicht bis zum eigenen Tod kämpfen würde, weil sie genau weiß, dass sie dann die Dimensionen über kurz oder lang zerstören würde. Das würde sie liebend gern in Kauf nehmen, denn, wenn sie die Dimensionen nicht haben kann, soll sie auch niemand sonst beherrschen. Würden wir früher aufgeben, um dies zu verhindern, hätte sie gewonnen. Zu beiden Fällen darf es nicht kommen und das können wir nur erreichen, wenn wir die Sterblichen auf ihre Weise mit der Situation umgehen lassen. Sie sind, so ironisch es vielleicht klingen mag, die Einzigen, die Sytania überraschen können.“

Logar erhob sich und hob drohend den Zeigefinger der rechten Hand, bevor er ansetzte: „Wie kannst du es wagen, so eine Aufgabe den Sterblichen allein aufzubürden?! Von Anfang an war ich mit deiner Einmischung nicht einverstanden. Dass du dem Miray-König die Zukunft gezeigt hast, halte ich für einen groben Verstoß gegen die universellen Regeln. Kein Sterblicher durfte das bisher.“ „Ich weiß sehr wohl, was ich getan habe!“, antwortete Tolea fest. „Egal was er tun würde, die Zukunft würde sich nicht ändern. Das liegt nur am Starrsinn seiner Töchter. Also war es legitim. Ihr, Gentlemen, müsst meiner Ansicht nach dringend aufhören, die Sterblichen zu unterschätzen. Sie können mittlerweile mit der Zeitlinie sehr gut umgehen und wissen aus Experimenten, was sie tun können und was nicht. Nur so können sie lernen und sie lernen gut. Ich glaube eher, Ihr habt Angst, dass sie sich entwickeln könnten und irgendwann einmal den gleichen Platz wie wir in der Evolution erreichen könnten. Ihr wollt nicht teilen. Darin seid, besonders Ihr, Logar, nicht besser als Eure Tochter!“

Logar wurde leichenblass. Mit ihrem letzten Satz hatte Tolea ihm einen Stich in die Magengegend versetzt. „Das muss ich mir nicht gefallen lassen.“, flüsterte er, dem die Luft fast weggeblieben war. „Oh, doch!“, sagte Dill. „Die Evolution hat gezeigt, dass auch wir beide, verehrter Gevatter, einmal aus sterblichen Vorfahren hervorgegangen sind. Wir sollten nicht vergessen, woher wir gekommen sind. Offensichtlich seid Ihr aber kräftig dabei. So lange die Rasse an der Spitze der Macht zu bilden, macht einsam und so mancher benimmt sich dann wie ein verwöhnter kleiner Junge, der sein Spielzeug nicht teilen will. Ich kann Euch beruhigen. Es wird noch eine ganze Weile dauern, bis die erste sterbliche Rasse diesen Entwicklungsschritt tun wird. Aber dann müssen wir bereit sein. Bereit, sie auch aufzunehmen und nicht sie zu bekämpfen. Denn das würde nur einen Krieg nach sich ziehen, den wir alle nicht wollen. Als Herr und Beschützer der Zeit weiß ich sogar, wann es so weit sein wird und wer es sein wird. Aber diese Information sollte ich, wie ich die jetzige Situation einschätze, besser zurückhalten.“

„Wir sollten uns darauf einigen.“, lenkte Logar schließlich doch ein, nachdem er das erste Magengrummeln verdaut hatte. „Dass wir die Sterblichen beobachten. Sollte es zu einer gefährlichen Situation kommen, die sie wirklich nicht lösen können, können wir immer noch etwas tun. Tolea, ich denke, die Aufgabe der Beobachterin sollte dir zukommen. Schließlich ist es deine Theorie, dass die Sterblichen allein zurecht kommen.“ „Einverstanden.“, sagte Tolea, bevor sich alle als Symbol für ihre Einigung die Hände gaben und die Könige in einem weißen Blitz wieder verschwanden.

Tolea rief telepathisch nach Diran, der sofort herbeieilte. Der Vendar sah sehr wohl, dass sich seine Gebieterin gerade ziemlich aufgeregt hatte. „Was ist Euch?“, fragte er Anteil nehmend. „Es ist nur Logar.“, antwortete Tolea mit beruhigender Stimme. „Kein Grund für dich, sich Sorgen zu machen. Er begreift einfach nicht, oder will es nicht begreifen, wie weit ihr Sterblichen euch schon entwickelt habt und dass ihr sogar mit einer Gefahr wie Sytania auch allein fertig werden könnt. Aber deshalb habe ich dich nicht gerufen. Überprüfe den Rechner deines Veshel. Ziehe die Aufzeichnung von unserem Treffen mit Brako, Nugura und den anderen auf einen Datenkristall und verwahre ihn gut. Es wird der Zeitpunkt kommen, da du ihn jemandem aushändigen musst.“ „Ja, Gebieterin.“, nickte Diran und ging.

Nicht nur Mikel hatte ermittelt. Auch ich war nicht untätig geblieben. Sicher gehörte das Herumschnüffeln nicht zu meinen Aufgaben, aber ich hatte ein unbestimmtes merkwürdiges Gefühl, dass hier etwas nicht stimmte. Warum sollte man Schiffe mit Absicht durch ein Kriegsgebiet leiten und nur eine Hand voll Sternenflottenoffiziere zu deren Schutz abstellen? Warum hatte der Pilot eines Passagierschiffes alle Warnungen missachtet und war allein in ein Kriegsgebiet geflogen? Warum waren wir dann gerade Korelem begegnet, der seine medizinische Situation doch kennen musste und sich doch eigentlich rechtzeitig genug darum hätte kümmern müssen, dass er vielleicht von der Crew des Schiffes aus seiner Kabine geholt würde? Woher hatte gerade dieser Korelem einen Kristall, der Savarid-Strahlung produzierte? Warum hatte er mich somit quasi mit Shimar verbunden, so dass ich die ganze Mission mitbekam? Was sollte ich wissen? Warum brachte sich ein Frachtflieger absichtlich ausgerechnet in eine Situation, aus der ihn nur jemand retten konnte, der nichts sah? Warum hatte mir Korelem von dem verschollenen Prinzen der Miray erzählt? Warum war der Geheimdienst so schlampig beim Verwischen der Spuren gewesen? Hatte man sie überhaupt verwischen wollen oder wollte man nur, dass versierte Leute sie finden und was hatte das alles mit dem mirayanischen Bürgerkrieg und dem Erbe zu tun? Gut, die Hyperaktivität der platonischen Sonne konnte man berechnen und es war klar, dass dann Schiffe mit empfindlichen Systemen nicht an ihr vorbeifliegen sollten. Aber man leitete dann doch nicht ausgerechnet ein ziviles Schiff durch ein Kriegsgebiet! Mir war klar, dass Mikel und ich dieses Puzzle wohl nicht allein lösen konnten, sondern dass es dazu der Hilfe einer sehr genialen Person bedurfte, die schon immer gut im Puzzeln war. Ich tippte Jennas Rufzeichen in das Computerprogramm ein und schickte ihr eine entsprechende SITCH-Mail.

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