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Ginalla staunte nicht schlecht, als sie sich in IDUSAs Cockpit neben Shimar und N’Cara wieder fand. „Die Kleine gehört also zu dir, Soldat.“, sagte sie abschätzig zu dem lächelnden Tindaraner. „Ja, wie du sehen kannst, Ginalla.“, antwortete N’Cara an seiner Statt. „Ich gehöre zu ihm. Aber du solltest ihn wirklich besser behandeln und mich auch. Schließlich haben wir dir gerade das Leben gerettet.“ „Das kann mir doch egal sein.“, schnippte Ginalla zurück. „Wenn ihr meint, eure soziale Ader raushängen lassen zu müssen, ist das euer Problem. Ich hätte das sicher nicht für meinen Konkurrenten getan, Soldat. Das glaub du man. Aber die Föderation an sich und ihre Freunde sind ja so angehaucht. Ihr würdet ja auch mit Freuden die andere Backe hinhalten. Ne! In so einem Verein will ich nich’ leben.“ „Niemand sagte, dass wir dich wieder mitnehmen in die Föderation!“, sagte Shimar und sah sie streng an. „Aber etwas mehr Dankbarkeit könntest du zeigen. Ich sage auch nicht, dass wir nicht mehr nach dem Tor suchen. Wenn es darum geht, kannst du gern einmal versuchen, uns abzuhängen.“ „Ich frage mich nur, wie das gehen soll ohne Schiff!“, schrie Ginalla. „Die Genesianer haben …“ Sie ließ sich verzweifelt auf den Notsitz im hinteren Teil des Cockpits fallen und schlug die Hände vors Gesicht. Wo machen wir das mit der Überraschung für sie?, wendete sich N’Cara telepathisch an Shimar. Auf dem Nebenmond in der Nähe., gab er auf gleichem Wege zurück. Ich habe IDUSA schon Bescheid gesagt und sie wird es Kamurus sagen. Sie wird staunen! Das hoffe ich., gab N’Cara zurück. Hoffentlich ist sie so überrascht, dass sie diese eingebildete Feindschaft ganz schnell vergisst. Das hoffe ich auch., dachte Shimar.

Joran hatte Marons Fesseln entfernt und war mit ihm in das Cockpit der neuen IDUSA-Einheit gegangen. Hier hatte er Maron auf den Notsitz und sich selbst neben Sedrin platziert, falls er ihr hätte helfen müssen. „Sobald wir das Sonnensystem verlassen haben, möchte ich auf interdimensionalen Flug gehen.“, sagte die Demetanerin. „Ich möchte diese unsägliche Grenze kein zweites Mal überqueren müssen. Wenn wir dich noch bei uns haben, Maron, könnten die Patrouillen unangenehme Fragen stellen, auf die unter Umständen noch nicht einmal ich eine Antwort habe. Joran, ich möchte, dass du dann übernimmst. Ich bin wie gesagt mit Gedankenbefehlen immer noch sehr zögerlich und habe Angst, dass IDUSA mich unter Umständen falsch verstehen könnte. Dann landen wir vielleicht ganz woanders und das hätte ich gern vermieden, zumal du, Maron, noch eine Verabredung mit unserem genialen Techniker hast.“ „So zögerlich, wie du behauptest, bist du gar nicht, Sedrin El Demeta.“, sagte Joran. „Schmeichler.“, gab sie zurück. „Hast du die Eclypse nicht auch schon im Interdimensionsmodus geflogen?“, fragte der Vendar, dessen Argument Sedrin tatsächlich schlüssig vorkam, die sich dies aber nicht hatte anmerken lassen wollen. „Das war etwas anderes.“, sagte sie. „Die Eclypse hat nicht direkt auf Gedankenbefehle reagiert. Dort hatte ich eine echte Konsole mit echten Hebeln und Tasten vor mir.“ „So etwas zeigt IDUSA dir doch auch.“, erinnerte Joran sie. „Außerdem bist du immer sehr klar in deinen Gedanken. Warum sonst hättest du Huxley oft so gut von deinen Argumenten überzeugen können.“ „Wie genau hast du die Berichte der Eclypse studiert?!“, fragte Sedrin, die schon längst gemerkt hatte, dass sie bei ihrem momentanen Gesprächspartner auf Granit beißen würde und wohl keine Chance hatte, sich kompromissfrei durchzusetzen. Die Diskussion mit Joran war offenbar etwas anderes als die Gespräche mit Huxley. „Ich habe die Berichte jeweils nur einmal gelesen.“, sagte Joran. „Aber ich bin ein Vendar und wir haben gute Gedächtnisse. Aber wenn du willst, kann ich dir einen Kompromiss vorschlagen. IDUSA, Flugschulmodus!“ „Wer ist der Lehrer?“, fragte das Schiff zurück. „Ich.“, sagte Joran. Alsbald führte IDUSA seinen Befehl aus und Sedrin sah alles so, als könnte Joran ihr jederzeit helfen. „Also gut.“, sagte die Demetanerin mit zitternden Knien. „Gehen wir es an!“ Sie aktivierte den Interdimensionsantrieb und strich in Gedanken über die Darstellung der tindaranischen Dimensionsfalte auf dem virtuellen Schirm. „Danke, Joran.“, sagte sie lächelnd, nachdem sie erkannt hatte, wo sie waren. „Das warst du ganz allein, Sedrin El Demeta!“, sagte der Vendar stolz und strich ihr über das Haar. „Wenn du dich aber ausruhen musst, kann ich bis zur Basis übernehmen.“ „Ich glaube, das ist auch bitter nötig.“, sagte Sedrin und nahm ihren Neurokoppler ab.

Ginalla hatte bemerkt, dass sie sich von Genesia Prime entfernt hatten. „Wohin bringst du mich, Soldat?“, wollte sie von Shimar erfahren. „Überraschung.“, lächelte dieser zurück. „Glaub ja nicht, dass du dich damit bei mir einschmeicheln kannst!“, biss Ginalla. „Ich werde weder mit dir zusammenarbeiten, noch werde ich die Suche ganz aufgeben. Alegria hat mir eine sehr gute Bezahlung versprochen und die beabsichtige ich abzugreifen, wenn Euer Moralapostel nichts dagegen haben.“ „Niemand hat hier vor, dich zu irgendwas zu zwingen.“, versuchte N’Cara, die Wogen zu glätten. „Wir wollen nur, dass du nichts Falsches tust.“ „Wir wollen nur, dass du nichts Falsches tust.“, äffte Ginalla sie nach. „Keine Angst! Ich bin ein großes Mädchen! Ich kann allein auf mich achten!“

Die kleine Lithianerin vermied es, in dieser Situation weiter zu sprechen. Nur Shimar zeigte sie telepathisch das Bild einer verängstigten kleinen Katze, die in einem Netz gefangen war. Ich habe verstanden., gab er zurück. Das Gleiche denke ich auch.

Sie erreichten die Umlaufbahn eines Nebenmondes der genesianischen Heimatwelt und IDUSA beamte sie auf Shimars Geheiß von Bord. Um sie herum war nichts als eine Dschungellandschaft, der Ginalla nicht wirklich etwas abgewinnen konnte. „Was wollen wir hier in diesem Loch von Planet?“, fragte die sehr frustrierte Celsianerin. „Wirst du gleich sehen.“, lächelte Shimar und zog sein Sprechgerät. „IDUSA, ich brauche dich als Relais!“, informierte er sein Schiff. Da er das Gerät auf Lautsprecher geschaltet hatte, wussten auch seine Begleiterinnen bald, welche Frage das Schiff stellte: „Welches Rufzeichen?“ „Das von Kamurus.“, gab Shimar zur Antwort. „Wie Sie wünschen.“, sagte das Schiff sachlich.

Während IDUSA die Verbindung aufbaute, wurde Ginalla immer missmutiger. „Mir ist in der Hinsicht wirklich nicht nach Spaß zumute, Soldat!“, keifte sie Shimar an. „Kamurus ist tot, wenn man so will! Die Genesianer haben ihn zerstört!“ „Ist er nicht.“, lächelte Shimar in der Hoffnung, bei Ginalla eine Reaktion des Erstaunens auslösen zu können. „Komm schon, IDUSA.“, flüsterte er ins Mikrofon. „Wie lange dauert denn das?“ „Ich falle auf dein Spiel nicht rein, Soldat.“, sagte Ginalla mit schlechter Laune in der Stimme. „Ich weiß auch, dass ich kein Schiff mehr habe und du brauchst mir nicht noch unter die Nase zu reiben, dass du über mich triumphieren wirst.“ „Niemand hat irgendwas über Triumph oder Niederlage gesagt.“, mischte sich N’Cara ein. „Aber gedacht habt ihr’s, wetten?“, gab Ginalla immer noch extrem unwirsch zurück.

Endlich hörte Shimar im Lautsprecher Kamurus’ Stimme. „Was gibt es, Shimar?“, fragte das Schiff. „Komm her, Kamurus!“, befahl Shimar. „OK.“, antwortete das selbstständig denkende Raumschiff und beendete die Verbindung. Wenig später wurde Ginalla einer wohl bekannten Silhouette ansichtig. „Das ist ein Trugbild, das ihr verdammten Telepathen mir schickt!“, schrie sie. „Hab ich mir doch gedacht, dass ihr euch noch an meinem Leid weiden wollt! Aber ich kann auch …“

Sie fand sich an Bord von Kamurus wieder, der sie zu sich gebeamt hatte. Hier fingerte Ginalla sofort nervös in der Ablagemulde für den Neurokoppler herum. Das gesuchte Gerät konnte sie zwar finden, fand es allerdings sehr verwunderlich, dass es erstens angeschlossen war und zweitens in einer Position lag, in der sie es niemals abgelegt hatte. „Was ist hier passiert, Kamurus?!“, fragte sie streng ins Mikrofon, bevor sie den Koppler aufsetzte und hinzufügte: „Lade sofort meine Tabelle!“ Kamurus kam ihrem Befehl zwar nach, wusste aber, dass ihn wohl bald ein Donnerwetter erwarten würde. „Wer hat den Neurokoppler benutzt?“, fragte Ginalla in einem ziemlichen Verhörton. „Warum ist er angeschlossen und liegt in einer anderen Position, als ich ihn hinterlassen habe. Ich ziehe immer den Stecker, das weißt du. Also muss ihn jemand außer mir benutzt haben. Wer war bei dir?“ „Wenn du es so genau wissen willst.“, meinte das Schiff. „Shimar hat mir geholfen. Er hat mit mir zusammen diesen Plan ausgeheckt, mit dem wir dafür gesorgt haben, dass die Genesianer gedacht haben, sie hätten mich zerstört. Aber ich benötigte dabei auch seine Hilfe. Ohne ihn hätte ich das nicht schaffen können.“ „Was habt ihr genau gemacht und vor allem, was hat er mit dir gemacht?“, fragte Ginalla fast angeekelt. „Wir haben eine Eisskulptur von mir erschaffen.“, erklärte Kamurus und zeigte ihr, was vorgegangen war. „Du hast dich von ihm fliegen lassen?“, fragte Ginalla , deren Laune immer schlechter wurde. „Ja.“, gab Kamurus zu. „Anders ging es nicht. Ginalla, er hatte mit allem, was er zu mir gesagt hat, Recht. Außerdem hatte ich ja auch schon festgestellt, dass du die Sache ein wenig zu sehr auf die leichte Schulter nimmst. Wenn Shimar nicht gewesen wäre, dann wärst du jetzt tot. N’Cara, IDUSA und er haben nur durch mich von deiner Situation erfahren. Ich habe einen Notruf abgesetzt.“ „Na schön.“, schnippte Ginalla zurück, an deren Gewissen Kamurus offensichtlich nicht herangekommen war. „Dann verbinde mich mit ihm. Bevor wir uns auf nimmer Wiedersehen verabschieden, möchte ich ihm noch gern um die Ohren hauen, was ich von seiner Aktion halte.“ „Na gut.“, sagte Kamurus und stellte die Verbindung her. „Hallo, Soldat.“, begrüßte Ginalla Shimar. „Ich will dir nur mal eben sagen, dass du dir diese ganze Aktion hättest schenken können. Ich bin nicht auf dich angewiesen und deine gönnerhafte Tour kannst du dir sonst wo hin stecken. Und komm mir jetzt nicht mit so etwas wie Diplomatie und Verständnis. Ihr aalglatten Föderationstypen, ihr macht mir Angst. Jawohl, Angst macht ihr mir, weil ich glaube, dass ihr verlernt habt, dass es im Leben manchmal notwendig sein kann zu kämpfen statt Verständnis zu zeigen. Irgendwann werdet ihr vielleicht mal auf einen Feind treffen, der über euer Verständnis lacht und über eure Diplomatie auch und der die Föderation einfach überrennt. Nein, das will ich nicht erleben! Deshalb bin ich jetzt weg.“ Sie beendete die Verbindung und befahl Kamurus, auf Warp zu gehen. Das Schiff tat, was sie ihm gesagt hatte, obwohl er eigentlich genau wusste, dass dies wahrscheinlich wieder eine Fehlentscheidung von ihr war. Aber er hatte immer noch ihre Drohung im Hintergrund seines festen Datenkristalls , dass sie seine Systeme ohne zu speichern herunterfahren würde, wenn er nicht täte, was sie sagte. Die Einzige, zu der Kamurus per Computer-SITCH Kontakt hielt, war IDUSA. Sie würde er über alles informieren, was geschehen würde.

N’Cara hatte den SITCH mitbekommen und schmiegte sich eng an Shimar, der sie gewähren ließ, weil er ihre Angst und ihr Leid auch spüren konnte. „Ich hab es mir überlegt.“, sagte N’Cara betroffen. „Ich glaube, ich mag sie doch. Ich weiß, dass hinter ihrer harten Schale ein ganz weicher Kern steckt, dem irgendwann mal jemand ganz übel mitgespielt haben muss. Sie hat sicher einiges falsch verstanden und handelt nur aus Angst so. Nur, das muss man ihr klarmachen und irgendwie korrigieren.“ „Das sind ja ganz neue Töne von dir.“, sagte Shimar und strich ihr über das kleine Gesicht, das nass von Tränen war. Ginallas Schicksal hatte N’Cara sehr bewegt. So sehr, dass sie zu weinen begonnen hatte. „Sie tut mir so Leid.“, schluchzte sie. „Sie tut mir so unendlich Leid. Weißt du, Shimar, das ist wie mit der Vulkanierin damals im Gefängnis. Erinnerst du dich?“

Shimar gab IDUSA den Gedankenbefehl zum Übernehmen und nahm den Neurokoppler ab. „Komm her.“, sagte er und zog sie so nah an sich, dass ihr Kopf auf seiner Schulter landete. „Was du gerade gesagt hast, finde ich sehr reif und sehr erwachsen von dir.“, lobte er mit leiser Stimme. „Aber im Gegensatz zu der Vulkanierin von damals können wir Ginalla vielleicht helfen. Wir müssen es nur richtig anstellen. Mit der Brechstange wird das nichts. Wenn wir sie mit der Nase auf ihre Angst stoßen, wird sie nur mauern. Aber warten wir’s ab. Irgendwann wird sich sicher eine Gelegenheit bieten.“

IDUSA gab plötzlich ein Alarmsignal auf den Bordlautsprecher, das N’Cara und Shimar aufhorchen und die Neurokoppler wieder aufsetzen ließ. „Was ist los?“, fragte Shimar, nachdem IDUSA die Tabellen geladen hatte. „Kamurus hat mir gerade eine alarmierende Nachricht zukommen lassen.“, sagte das Schiff. „Er sagt, Prinzessin Alegria hätte Ginalla und ihn zurückbeordert, da sich das Tor zum Himmel angeblich genau vor ihrer Nase im mirayanischen Sonnensystem befinden würde. Ich weiß aber von keinem Phänomen oder etwas ähnlichem dort. Wenn es dort ist, dann ist es dort erst seit ganz kurzer Zeit. Das könnte bedeuten, Sytania versucht es jetzt dort. Eine Chance, an die genesianische Welt zu kommen, hat sie nicht mehr und jetzt …“ „Oh, Mann!“, rief Shimar aus. „Los, hinterher! Wir müssen das verhindern! Warp acht! Halt dich fest, N’Cara! Halt dich gut fest. Ich übernehme, IDUSA!“

Sedrin, Maron und Joran waren wieder auf der tindaranischen Basis angekommen. Maron hatte Zirell berichtet, was sie erreicht hatten. „Das ist ja sehr gut gelaufen.“, lobte die Tindaranerin. „Ja, Zirell El Tindara.“, sagte Joran. „Das ist in der Tat gut gelaufen. Aber auch nur, weil Shashana El Chenesa der Überbringerin der Aufzeichnung vertraut hat.“ „Vitamin B ist manchmal sehr nützlich.“, fügte Sedrin hinzu. „Das kann man wohl sagen.“, sagte Zirell und holte eine Flasche mit jenem quietschgrünen Getränk aus dem Schrank, das auf Tindara in aller Munde war. „Ich würde nicht so schnell feiern, Sea Tindarana.“, mahnte Maron zur Vorsicht. „Immerhin haben wir erst einen Teilerfolg zu verbuchen und ich muss gehen. Ich muss mich auf etwas vorbereiten.“ Zirell nickte ihm zu. „Ich sollte auch ins Gästequartier zu Techniker Scott gehen.“, sagte Sedrin. „Der wird sich wundern, wo ich so lange war.“ „Na gut.“, sagte Zirell und stellte die Flasche wieder weg. „Allein trinken macht keinen Spaß. Oder willst du vielleicht einen Schluck, Joran?“ „Tut mir Leid, Anführerin.“, sagte der Vendar. „Aber Maron und Sedrin El Demeta haben Recht. Die Situation ist noch lange nicht überstanden und wir sollten mit dem Feiern noch warten und nicht zu leichtsinnig sein.“ „Das mag ich so an den Demetanern.“, sagte Zirell, während sie die Flasche wieder in den Schrank stellte. „Vorsichtig und umsichtig bis zum Letzten.“

Saron hatte die Entschuldigung der obersten Prätora an Präsidentin Nugura durchgestellt. „Unfassbar.“, sagte das Staatsoberhaupt. „Auf die Aussage einer einzelnen Prätora hin lässt sich Shashana zu einem sinnlosen Krieg mit uns hinreißen. Wie gut, dass es Agent Sedrin und ihre Freundschaft zur obersten Prätora gibt.“ „Dieser Krieg ist ja jetzt, Mutter Schicksal sei Dank, vorbei, Sea Federana.“, tröstete Saron. „Damit hätten wir ein Problem schon mal aus der Welt. Die Sache mit dem Tor zum Himmel kann sich jetzt endlich auch bald klären und soweit ich das verstanden habe, läuft trotz einiger Komplikationen doch alles nach Plan.“ „Was ist, wenn die Granger oder die Tindaraner etwas über das geheime Treffen herausbekommen, das zwischen mir und …“ „Das werden sie und das sollen sie auch.“, erinnerte der Sekretär seine Chefin. „Genau so hat Tolea es doch vorausgesehen.“ „Das hat sie.“, bestätigte Nugura. „Aber ich habe schreckliche Gewissensbisse, weil König Brako und ich …“ „Mit Verlaub, Madam President.“, unterbrach Saron sie. „Die Mächtigen werden schon einen Grund gehabt haben, warum sie Brakos Bitte damals nachgekommen sind. Ich bin überzeugt, es würde die Zukunft nicht ändern, wenn er eine Warnung an seine Töchter ausgesprochen hätte. Das wusste Tolea sicher auch. Sonst hätte sie sich niemals darauf eingelassen. Wir wissen nur sehr wenig und die ach so unumstößlichen Regeln des Universums sind sicher nicht so unumstößlich, wie wir immer denken. Ich bleibe dabei. Tolea wusste genau, was sie tat.“ „Ihren Optimismus möchte ich haben, Mr. Saron.“, sagte Nugura und sank im Sessel nieder. „Vielleicht kann ich ihnen nachher etwas davon abgeben, wenn ich in Stimmung bin.“, scherzte Saron. „Das wäre wirklich nett von Ihnen.“, witzelte die Präsidentin zurück. „Dann will ich mal dafür sorgen.“, grinste Saron und verließ das Büro.

Alana und Timor hatten ihren Interdimensionsflug hinter sich und waren in der tindaranischen Dimension eingetroffen. Dass sie verfolgt wurden, hatten sie noch nicht registriert. Jetzt waren sie in der Nähe der roten Kugel, die im Allgemeinen als New-Vendar-Prime bekannt war. „Da liegt sie vor uns, unsere neue Heimat.“, stellte Alana fest und zeigte auf den Bildschirm. „Da ist es, New-Vendar-Prime.“ „Du scheinst eine Menge über diese Welt zu wissen.“, bemerkte Timor. „Woher hast du dieses Wissen.“ „Ich war fleißig, als wir noch mit der Föderation befreundet waren.“, entgegnete die junge Kammerjungfer. „Ich hatte schon so etwas geahnt und schon länger das Gefühl, dass unsere Herrinnen sich an die Gurgel wollten und nur den passenden Zeitpunkt abwarten mussten, wenn ihr Vater, der sie ja immer noch auf Distanz gehalten hat, nicht mehr da wäre.“ „Lass das aber niemanden hören.“, flehte Timor. „Damit kannst du dich ganz schön in die Nesseln setzen.“ „Warum?“, lächelte Alana. „Die Prinzessinnen sind doch nicht da.“

Ein Piepen ließ Timor aufhorchen. „Die Prinzessinnen nicht.“, stellte er nach einem Blick auf den Schirm fest. „Aber ihre Soldaten. Alana wandte den Kopf in die gleiche Richtung. Sie sah zwei Gruppen von in Formation fliegenden Schiffen, die sich von zwei Seiten ihrer Position näherten. Beide Gruppen hatten geladene Waffen. „Die zielen aufeinander.“, stellte Timor fest. „Die wollen nichts von uns.“ „Da irrst du dich aber gewaltig.“, sagte Alana nervös und versuchte, das Shuttle aus der Schussreichweite zu bringen. „Die sind nur wegen uns hier. Die Tatsache, dass sie aufeinander zielen, beweist nur, dass sie sich gegenseitig dabei behindern wollen, uns aufzubringen.“ „Was tun wir jetzt?“, fragte Timor, dem die Lage jetzt endlich auch klar wurde. „Ich weiß es nicht.“, resignierte Alana. „Ich kann nur versuchen, uns außer Schussweite zu halten.“

Von der Oberfläche des Planeten New-Vendar-Prime war zum gleichen Zeitpunkt eine Gruppe Shuttles aufgestiegen, an deren Spitze sich ein mit zwei weiblichen Vendar besetztes Schiff befand. An Bord des Schiffes waren nämlich Sianach und Tchiach, die sich nicht nur in fliegerischer Hinsicht sehr gut entwickelt hatte. Für ihre elf Jahre war sie schon ziemlich weit. Das hatte auch ihre Ausbilderin und Ziehmutter festgestellt, was auch der Grund dafür war, dass sie bereits jetzt eine Flugstunde im Formationsflug absolvieren durfte. „Wie mache ich mich, Ziehmutter Sianach?“, wollte das Mädchen wissen. „Sehr gut, Sashnachi.“, antwortete Sianach. Den Kosenamen „Kleine Maulwürfin“ hatte Sianach ihr schon sehr früh gegeben. „Das freut mich!“, freute sich Tchiach. „Ich will einmal eine genau so gute Pilotin werden, wie mein Vater ein guter Flieger ist.“ „Das schaffst du leicht.“, urteilte Sianach, der sehr wohl die Flugkünste von Joran bekannt waren. „Unter uns, du könntest ihn sogar noch übertreffen.“

„Sieh, Ziehmutter!“, rief Tchiach plötzlich und zeigte auf den Monitor. Hier sah jetzt auch Sianach, was ihre Schülerin so beunruhigt hatte. „Das ist ein Shuttle aus der Dimension der Föderation.“, stellte Sianach fest. „Ja.“, sagte Tchiach. „Und es sieht aus, als würde es verfolgt.“ „In der Tat.“, bestätigte Sianach in typischer Vendar-Manier. „Von der Bauart scheinen alle Schiffe ähnlich.“, erkannte Tchiach. „Aber das kleine Schiff hat keine Waffen. Oh, was machen die bewaffneten Schiffe denn jetzt?“

Sianach konnte nicht glauben, was sie sah. Obwohl sie dem Mishar befohlen hatte, ihr alles in Nahaufnahme zu zeigen und bis ans Limit zu vergrößern, wurde sie aus den Bildern einfach nicht schlau. „Sieht aus, als würden sie zwar aufeinander schießen wollen, aber es nicht können.“, stellte sie fest. „Ja.“, sagte Tchiach. „Und das kleine Shuttle ist genau dazwischen. Was ist, wenn das der Grund ist, dass sie nicht feuern.“ „Ungewöhnliche Theorie, Sashnachi.“, meinte Sianach. „Aber wir sollten versuchen, sie zu verifizieren. Mishar, Sammelverbindung mit allen in Reichweite befindlichen Rufzeichen.“ Dass ihr Befehl auch die Rufzeichen ihrer Vendar-Truppen mit einschloss, hatte Sianach beabsichtigt.

Eine blinkende Lampe meldete den Aufbau der Verbindung. „Ich bin Sianach Ed Diran, Anführerin der hier lebenden Vendar. Ich dulde nicht, dass in meinem Gebiet ein ziviles Shuttle bedroht oder gar zerstört wird.“

Ihrem Satz ließ sie einige Befehle auf Vendarisch folgen, denen ihre Truppe sofort Folge leistete. Jetzt war das zivile Shuttle von Schutzschilden vendarischer Shuttles umringt, die sich in Kugelformation zu allen Seiten aufhielten. „Aber wir bedrohen das Shuttle doch gar nicht.“, meldete sich General Gordian, der Hestias Soldaten vorstand, bei Sianach. „Wir bedrohen nur unseren Feind da drüben.“ „Das Gleiche gilt auch für mich.“, bemerkte General Varus, der Alegrias Soldaten befehligte. „Ich will auch nur auf meinen Feind feuern, aber das geht nicht, weil auch mein Schutzbefohlener in dem Shuttle sitzt.“ „Ich habe das gleiche Problem.“, räumte Gordian ein. „Auch meine Schutzbefohlene ist auf dem Schiff.“ „Faszinierend.“, spottete Sianach. „Dann habt ihr doch sicher nichts dagegen, wenn wir euer Problem lösen.“

Wieder folgten ihren Sätzen vendarische Befehle, auf welche hin ein Teil der Vendar das Shuttle außer Gefahr brachte, während ein anderer Teil auf die Waffen und Schildgeneratoren der fremden Shuttles zielte und immer näher an sie heran flog, was sie zum Ausweichen zwang. „Noch einmal.“, sagte Sianach eindringlich. „Führt euren Krieg in eurer Heimat. Hier ist dafür kein Platz. Zumal dann nicht, wenn ihr dabei ein ziviles Schiff bedroht, was ich nicht dulden kann. Das verstößt nämlich eindeutig gegen hier geltendes Recht!“

Die mirayanischen Militärschiffe zündeten ihre interdimensionalen Antriebe und waren verschwunden. Jetzt gesellten sich auch Sianach und der Rest ihrer Truppe zum Rest, der Alana und Timor bereits auf dem Planeten abgeliefert hatte. Sianach begab sich nach dem Aussteigen sofort zu den Beiden. „Seid gegrüßt.“, sagte sie. „Ich bin Sianach Ed …“ „Wir wissen, wer du bist.“, sagte Timor, dem man anmerken konnte, dass seine Nervosität endlich nachgelassen hatte. „Du warst am SITCH ja sehr deutlich. Mich wundert nur, dass ausgebildete Soldaten so schnell den Schwanz einziehen.“ „Nun.“, erklärte Sianach. „Ich hatte ihnen den Grund für ihren Krieg entzogen und damit jedes Recht, hier weiterhin herumzuballern. Abgesehen von der Tatsache, dass ihr nicht nur der Grund für den Krieg wart, sondern gleichzeitig auch der Grund, warum sie nicht feuern konnten. Damit kannten sie sich gar nicht mehr aus.“ „Du bist eine sehr gute Strategin.“, bemerkte Alana. „Danke.“, sagte Sianach bescheiden. „Ihr werdet erst einmal bei mir wohnen. Wer seid ihr überhaupt?“ „Ich bin Alana und das ist Timor.“, stellte Alana beide vor. „Wir dienten den beiden mirayanischen Prinzessinnen, die jetzt verfeindet sind. Aber wir lieben uns und würden gern hier oder auf Tindara heiraten. In unserer Heimat dürfen wir das nicht, obwohl wir den ganzen Krieg für Wahnsinn halten. Wer weiß, was das Tor zum Himmel am Ende ist.“ „Dabei bin ich euch gern behilflich.“, sagte Sianach. Dann wandte sie sich an Tchiach: „Geh zum Sprechgerät und melde Zirell El Tindara, was hier passiert ist.“ „Ja, Ziehmutter.“, nickte das Vendar-Kind und war verschwunden. „Muran.“, wendete sich Sianach dann an einen der umstehenden Vendar. „Bring das fremde Shuttle in unser Bergversteck.“ „Ja, Anführerin.“, antwortete der Angesprochene, ein junger Mann mit weißem Fell.

Bei dem Versteck handelte es sich um einen Hohlraum in einem Berg, den auch die Vendar als Hangar für ihre Schiffe benutzten. Von Außen war dieser Platz durch Sensoren aufgrund von Strahlung im Gestein fast nicht auszumachen, wenn man nicht wusste, wonach man suchen sollte.

Jenna hatte die Krankenstation aufgesucht und lag nun bäuchlings auf Biobett eins. Ihr Rücken war frei. Neben ihr stand Nidell mit einem Erfasser. „Hast du Angst, Jenn’?“, fragte die junge Tindaranerin mitfühlend. „Das ist für dich doch sicher nur eine rhetorische Frage.“, entgegnete die hoch intelligente Halbschottin. „Du als Telepathin weißt das doch besser als ich.“

Maron betrat den Ort des Geschehens und wurde sogleich von Ishan gescannt. Der Androide brauchte ihn nur anzusehen und wusste Bescheid. Das wusste der Demetaner. „Deinen Werten nach bist du bereit.“, stellte er fest. „Stimmt.“, sagte Maron ruhig. „Ist Mc’Knight es auch?“ Der Arzt nickte und führte ihn zu Jenna. „OK, Techniker.“, sagte Maron, während er langsam seine Hände in Richtung ihrer Wirbelsäule bewegte. „Müssen wir noch etwas klären?“ „Nein, nein, Sir.“, sagte Jenna und lächelte. „Ishan war so freundlich, mich aufzuklären. Aber könnten Sie bitte bis drei zählen?“ „Sicher.“, beruhigte Maron und legte seine Hände auf ihren Rücken. Dann zählte er leise: „Eins, zwei, drei.“

Jenna fühlte ein leichtes Absinken ihres Blutdrucks. Aber da Ishan ihr dies bereits erklärt hatte, blieb sie ruhig und wartete entspannt ab, bis Maron ihre Kreisläufe synchronisiert hatte. Ein wohliges Gefühl der Entspannung entlohnte sie für jenen angsterfüllten Moment, der nur ganze drei Sekunden gedauert hatte. Jenna wusste, dass über diese Art von Verbindung auch eine Kommunikation möglich war, wenn man so wollte. Maron hatte ihr damit sagen wollen, dass er mit ihrer bisherigen Mithilfe sehr einverstanden war, obwohl sie ja eigentlich gar nichts tat. Aber wahrscheinlich war es gerade das, worauf es ankam.

Wenig später bemerkte Jenna, dass er seine Hände wieder von ihr genommen hatte. „Drehen Sie sich bitte zu mir, Jenn’.“, sagte Maron etwas erschöpft, aber zufrieden. „Habe ich etwas falsch gemacht, Sir?“, fragte sie. „Im Gegenteil.“, lächelte Maron und hielt ihr einen Erfasser unter die Nase, den er Nidell vorher mit deren Einverständnis abgenommen hatte. „Das sind die chemischen Werte Ihres Hirnwassers und das die meinen.“, erklärte er dass Display. „Was fällt Ihnen auf?“ „Sie sind identisch.“, sagte Jenna. „Wenn das der Fall ist.“, setzte Maron an. „Können Sie dann etwas falsch gemacht haben?“ „Logischerweise nein.“, stellte Jenna fest. „Also.“, sagte Maron. „Sie haben das sehr gut gemacht, Mc’Knight. Sie haben mir sehr gut geholfen.“

„Erinnern Sie sich jetzt an irgendwas von Gajus, Agent?“, fragte Jenna. „Ich bin nicht sicher.“, antwortete Maron. „Aber wenn immer ich an unsere Fragestellung denke, verspüre ich den Drang, ins Labor zu gehen und mit Chemikalien zu arbeiten.“ „Dann tun wir das doch.“, sagte Jenna. „Nidell, bitte komm mit.“ Sie wendete sich an IDUSA: „IDUSA, alles, was im Labor ab jetzt passiert, aufzeichnen und an Allrounder Betsy an Bord der USS Granger senden. Lass sie im Notfall lokalisieren.“

Ich hatte mich in Kissaras Bereitschaftsraum mit ihr getroffen, um mein weiteres Vorgehen mit ihr abzusprechen. Zu viel war passiert. Zu viel, dass die Theorie vom großen Plan, die Mikel und ich hatten, immer wahrscheinlicher werden ließ. Jetzt mussten wir eigentlich nur noch wissen, wer in den Plan involviert war und wer die Fäden zog, denn ungewöhnliche Befehle hatte es zur Genüge gegeben.

„Der Prinz wird Sie begleiten, Allrounder.“, sagte Kissara zu mir, nachdem wir uns einen Raghtajino repliziert hatten. Eigentlich stand ich nicht sonderlich auf starken Kaffee, aber die momentane Situation hatte einiges geändert. Wer weiß, was mich auf Basiria erwarten würde! Die merkwürdigen Andeutungen des Prinzen hatten auch ihr Übriges dazu getan. Was meinte Hadrian damit, wenn er sagte, dass jemand die Grenze aller Grenzen überschreiten musste und was hatte Basiria damit zu tun? Was war die Grenze aller Grenzen überhaupt?

„Allrounder?“ Kissaras fragende Stimme hatte mich wieder aus meinen Gedanken geholt. „Entschuldigen Sie, Commander.“, bat ich. „Ich war gerade wohl ganz woanders.“ „Das glaube ich nicht.“, sagte sie und schnippte ein Stück Zucker in meine Tasse, für das ich mich höflich bedankte. „Ich kenne meine Kommunikationsoffizierin und Pilotin zu gut um zu wissen, dass sie, wenn sie sich für etwas interessiert, auf jeden Fall so lange dran bleibt, bis sie das Geheimnis gelöst hat. Sie lieben zwar Rätsel, wie auch Mikel mir versicherte, aber nur so lange diese lösbar sind. Mit diversen anderen Dingen, die Ihnen unerklärbar scheinen, haben Sie Ihre Schwierigkeiten, ja sogar oft auch Angst davor.“

Ich wusste, worauf sie hinaus wollte, dachte allerdings nicht, dass sie von Mikels spezieller Gabe, mit mentalen Phänomenen umzugehen, wirklich so genau wusste. „Ich habe keine Ahnung, wovon Sie reden, Ma'am.“, log ich. „Machen Sie mir nichts vor, Betsy!“, sagte mein Commander mit fester Stimme und ich wurde das Gefühl nicht los, dass sie mich ertappt hatte. „Mir ist sehr wohl bekannt, über welches Talent mein erster Offizier verfügt und dass Sie davon mehr wissen, als jeder Andere, weil Sie seine Schulfreundin waren und noch immer eine gute Freundin für ihn sind. Gesetz dem Fall, Ihre Theorie vom großen Plan stimme, dann wäre mir jetzt auch klar, warum ausgerechnet auf meinem Schiff so viele merkwürdige Dinge passieren und die Sache mit den Tindaranern …“ „Mit Verlaub!“, sagte ich und stand auf. „Ich weiß mehr über die tindaranische Mission, als sonst jemand auf diesem Schiff.“ „Ich weiß, Betsy.“, sagte Kissara und nahm mir meine Tasse mit dem heißen Getränk aus der Hand, denn sie befürchtete, dass ich mich verbrennen könnte, weil ich sehr zitterte. „Deshalb befehle ich Ihnen hiermit, so viel wie möglich auf Basiria in Erfahrung zu bringen. Lassen Sie nicht locker, Allrounder! Das ist ein Befehl!“ „Ja, Ma'am.“, nickte ich.

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