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Kissara wälzte sich unruhig auf ihrem Bett hin und her, obwohl sie fest schlief. Sie träumte extrem intensiv, konnte den Traum aber nicht wirklich einordnen. Sie sah sich in Logars Thronsaal, in dem sich außer ihr und dem König niemand sonst befand. Es gab keine Leibwachen, keine Diener und auch keine aufgeregt um den König herumwuselnden Höflinge. Außerdem sah Kissara sich neben dem Herrscher sitzen, was in ihren Augen sehr ungewöhnlich war. „Was ist hier los?“, fragte sie. „Bitte hab keine Angst, Kissara von Thundara.“, antwortete Logar. „Du träumst. Aber ich habe dich deswegen in diese Situation geholt, weil ich dir etwas sagen muss. Wahrscheinlich bist du die Einzige, die mir helfen kann.“ „Aber ich bin mit Euch auf Augenhöhe.“, stellte mein Commander fest. „Warum?“ „Weil du mich mit deiner goldenen Brücke, die du mir gebaut hast, sehr beeindruckt hast.“, gab der Herrscher zu. „Wovon redet Ihr?“, fragte Kissara. „Von deinem Trick mit dem Rätsel.“, sagte Logar. „So etwas hätte auch einem Rechtsgelehrten einfallen können.“ „Danke für die Blumen.“, sagte Kissara, der ihre Situation etwas unangenehm war. „Was ist denn eigentlich passiert? Was gibt es für ein Problem, das der mächtige Logar nicht lösen kann und bei dessen Lösung er auf die Hilfe einer einfachen Sterblichen angewiesen ist.“ „Ich weiß, dass dies nicht in dein Konzept von Glauben passt, was uns Mächtige angeht.“, erklärte Logar verständig. „Aber in einem hat Tolea aus dem Raum-Zeit-Kontinuum Recht. Ihr Sterblichen seit viel erfindungsreicher als wir, wenn es darum geht, Probleme zu lösen, die euch meine Tochter eingebrockt hat. Sytania rechnet mit einem mentalen Einmischen meinerseits. Aber darauf ist sie vorbereitet. Sie mag zwar schwächer als ich sein, was die reine mentale Kraft angeht, aber wenn sie meinen Versuch, das Problem zu beseitigen, erwartet, könnte sie mich rein theoretisch an Geschwindigkeit übertreffen.“ „Ihr meint eine Überrumpelungstaktik?“, fragte Kissara. „Genau.“, sagte Logar. „Aber bei euch weiß sie nie, welche von euren vielen Strategien ihr anwenden werdet.“ „Worum geht es denn überhaupt.“, wollte Kissara jetzt wissen.

Es gab einen weißen Blitz und sie schwebten hoch über einem Kristallmassiv. „Dies ist der Wald der Steine.“, erklärte der König. „Hier gibt es jemanden, der hier eigentlich nicht sein sollte. Schau!“ Kissara sah die geschwächte Silhouette eines Mannes, der im Inneren von einem der Felsen auf dem Boden kauerte. Als sie sein Gesicht erkannte, erschrak sie. „Das ist König Brako!“, rief sie aus. „Was macht er denn hier?! Ich dachte, er sei tot!“ „Das ist er auch.“, sagte Logar. „Dass ich ihn dir zeige, als wäre er noch immer in seiner körperlichen Form, soll dir nur beim Verständnis helfen. Sieh ihn dir genau an.“

Kissara wandte den Blick zu Brako hinunter. „Er liegt in Ketten.“, stellte sie fest. „Ja.“, antwortete Logar. „Und den Schlüssel zu diesen Ketten hat meine Tochter. Aber vielleicht hast ihn ja auch du. Ich sagte bereits, ihr Sterblichen seid verdammt gut darin, meine Tochter zu überlisten. Darin stimme ich Tolea zu. Aber ich habe auch über meine Äußerung nachgedacht. Tolea wusste genau, was sie tat, als sie Brako seine Zukunft offenbarte. Sie wusste wohl, dass er einen Großteil des Geheimnisses mit ins Grab nehmen würde.“ „Ihr vergebt ihr also?“, vergewisserte sie sich. Logar nickte.

Sie wandte sich wieder Brako zu. „Wie meint Ihr, dass ich ihm helfen kann?“ „Das kann ich dir nicht sagen.“, erwiderte Logar. „Aber du wirst schon eine Möglichkeit finden.“

Die Umgebung um Kissara verschwamm vor ihrem geistigen Auge und machte dem optischen Eindruck ihres Quartiers Platz. Aber dies sah sie nun auch tatsächlich. Doch sie sah nicht nur das. Neben ihr stand Learosh. Er hatte einen Stimulator in seiner rechten Hand, den er über ihren Kopf hielt. Mit der anderen Hand hatte der medizinische Assistent ihre Schultern gefasst und schüttelte sie. „Ma'am!“, rief er. „Wachen Sie auf! Wachen Sie auf!“

Verwirrt befreite sich Kissara aus seinem Griff. „Was wollen Sie in meinem Quartier, Learosh und was ist überhaupt los?“, fragte sie. „Erst träume ich von Logar und dann … Uff! Ich weiß überhaupt nichts mehr.“

Er gab ihr eine Spritze. „Das wird Ihre Verwirrung lindern.“, sagte er. „Ich kann übrigens bestätigen, dass Sie nicht nur von Logar geträumt haben, sondern tatsächlich in telepathischem Kontakt mit ihm waren.“ „Dann braucht er uns wirklich.“, sagte Kissara und versuchte aufzustehen. „Dann war das kein …“

Learosh musste sie auffangen. „Langsam, Ma'am.“, sagte er und legte sie mit geübtem Griff in ihr Bett zurück. „Sie sollten sich erst einmal ausruhen. Agent Mikel sollte solange das Kommando behalten, bis Sie wieder bei klarem Bewusstsein sind. Er war es übrigens auch, der uns gemeldet hat, dass Sie nicht zum Dienst erschienen sind. Loridana hat mich dann sofort hierher geschickt, weil sie sich gedacht hatte, dass Sytania vielleicht ihre Finger im Spiel haben könnte. Immerhin haben Sie sich mit ihrem Vater getroffen und das sieht sie bestimmt nicht gern.“

Erneut versuchte sie sich aufzusetzen. „Oh, Gott, Learosh.“, bat sie. „Können Sie mir nicht etwas geben, damit der verdammte Schwindel endlich abklingt? Wir haben weiß Gott andere Probleme als meine Gesundheit. Viel wichtigere Schwierigkeiten. Aber das würde ich lieber mit Ihnen allen in der Offiziersmesse besprechen. Und mit Sytania hat der Agent im Prinzip gar nicht so Unrecht. Nur hat sie nicht mich angegriffen, sondern … Oh, diese Kopfschmerzen!“ „Ich habe Ihnen bereits das stärkste Medikament gegeben, das ich Ihnen geben darf.“, antwortete Learosh. „Den Rest der Genesung muss Ihr Körper allein schaffen. Ich bin überzeugt, bis zum Nachmittag sind Sie wieder auf den Beinen.“ Er schob sie sanft aber bestimmt in die Kissen zurück. „Schlafen Sie, Commander.“, flüsterte er. „Schlafen Sie. Bald wird es besser.“ Er beobachtete noch wie sie die Augen schloss und verließ dann ihr Quartier.

Kang hatte mich mit Jannings verbunden, dem ich eine gehörige Standpauke hielt. „Wie kommen Sie dazu, Techniker, die Kapsel einfach so an Bord zu holen?!“, sagte ich streng. „Leiden Sie unter Gedächtnisschwund?! Was haben wir denn abgesprochen?!“ „Ich sollte die Kapsel an Bord holen, wenn Sie die Dose hineingelegt haben, Ma'am.“, sagte der Chefingenieur kleinlaut. Da die Kapsel eine Kameraeinrichtung hatte, wie ich es auch bestellt hatte, musste er genau gesehen haben, wer sich daran zu schaffen gemacht hatte. „Ja genau!“, sagte ich. „Wenn ich sie hineingelegt hätte. Ich und niemand sonst. Ich hatte mein Sprechgerät auch in der Höhle immer auf Bereitschaft. Sie hätten mich fragen können, ob es in Ordnung sei. Statt dessen haben Sie den armen Argus zu Tode erschreckt. Sehen Sie zu, wie Sie das wieder gerade biegen!“ Ich drückte die 88-Taste.

„Uff.“, machte Argus. „Ich wusste gar nicht, dass du so die Brückenoffizierin heraushängen lassen kannst. Bitte mach den armen Jannings nicht zu sehr fertig wegen mir. Es ist ja auch gar nicht mehr so schlimm.“ „Trotzdem hätte er das nicht machen dürfen.“, sagte ich. „Wenn Kipana mich nicht geholt hätte, hättest du dir vielleicht in deiner Verzweiflung noch was angetan. Immerhin hast du geglaubt, dass wir beraubt worden sind.“ „Ach, Betsy.“, spielte Argus die Situation herunter. Er musste eine Menge Mitleid mit Jannings haben. „Es war doch nur … Wow!“

Seine letzte Äußerung ließ mich den Kopf herumwerfen. Er nahm meine Hand und zog mich zu einem mir bereits bekannten Felsvorsprung. Hier stand ein riesiger Teller mit einem Kuchen in Form eines Hufeisens, der mit Schokolade überzogen war. Oben drauf stand in Schrift aus dickem Marzipan: „Sorry!“ Außerdem war der Kuchen über und über mit 4-blättrigen Kleeblättern und kleinen Schweinchen verziert. „Was heißen die Symbole?“, fragte Argus. „Jannings will dich mit Glücksbringern überhäufen.“, sagte ich gerührt, denn ich konnte mir denken, woher der Kuchen so plötzlich gekommen war. „Oh, fein!“, rief Argus. „Und dann auch noch Schokoladenkuchen! Ich liebe Schokoladenkuchen!“ „So was hat er sich wohl schon gedacht.“, lächelte ich. „Die meisten Kinder lieben Süßes.“

Ich drehte mich um. „Ich muss zurück zu Arkantus.“, erklärte ich. „Aber wenn ich zurück bin, dann können wir uns gern um den Kuchen kümmern, wenn du willst.“ „Oh ,ja.“, sagte Argus. „Dann machen wir ein Picknick!“ Ich nickte lächelnd und ging.

Jannings hatte sich nach meiner Standpauke auf die Krankenstation begeben. Als Sensibelchen, das dringend einer Gesprächstherapie bedurfte, war er gerade nicht bekannt, aber er wollte sich ja auch nicht ausheulen. Viel mehr hatte er eine ganz andere Absicht. Eine, die uns unter Umständen, so dachte zumindest er, sehr helfen könnte.

„Wo tut’s denn weh?“, fragte Learosh freundlich, als Jannings die Arbeitsräume der Mediziner betrat. „Ich habe keine Schmerzen, Medical Assistant.“, sagte Jannings und packte seinen Werkzeugkoffer aus. Darin hatte er auch sämtliche Software. „Oh.“, sagte Learosh hektisch, als Jannings sich an einer medizinischen Konsole zu schaffen machte. „Die Wartung der Geräte war doch erst vor drei Tagen.“ „Ich will die Konsole auch nicht warten.“, sagte Jannings. „Ich will sie umprogrammieren.“ Der medizinische Assistent sah den technischen Offizier fragend an. „Commander Kissara könnte doch bestimmt unsere Hilfe brauchen, nicht wahr?“, fragte Jannings und Learosh bekam den Eindruck, dass er etwas von der Situation, in der sich Kissara befunden hatte, wissen könnte. Erklären konnte er es sich zwar nicht, aber er war überzeugt, der Chefingenieur würde ihm schon irgendwann die Lösung liefern. „Woher wissen Sie?“, fragte Learosh. „Ach, Mikel ist so furchtbar gesprächig, wenn er aufgeregt ist.“, sagte Jannings. „Er hatte mal wieder an seinem Erfasser herumgestellt und hatte mich dann gebeten, das Ding wieder gangbar zu machen. Dabei ist ihm herausgerutscht, was Kissara und er auf der Brücke beredet haben. Es soll mit uns allen dazu heute Nachmittag eine Konferenz geben. Angeblich hat Logar ihr erzählt, dass Sytania den toten König Brako aus dem Jenseits entführt hätte. Sie soll ihn im Wald der Steine eingekerkert haben. Um das zu erreichen, muss sie meiner Meinung nach einen undurchlässigen Schleier aus Energie über den Wald gebreitet haben. Den kann man nur zerstören, wenn man einen Strahl mit starker Energie darauf richtet, der genau auf der entgegen gesetzten Frequenz des Schleiers liegt. Sytanias Gedanken sind extrem negativ und böse. Positive Denkmuster müssten genau das Gegenteil bewirken. Die genaue Frequenz müssten wir zwar berechnen, wenn wir den Schleier sehen, aber wie meine verehrte Kollegin Jenna Mc’Knight immer sagt: Energie ist Energie, ist Energie, ist Energie. Für alle Energiemuster gelten also die gleichen physikalischen Grundsätze.“

Er wandte sich zur Konsole: „Das hier ist doch das Gerät, mit dem Traumprotokolle angefertigt werden?“, erkundigte er sich. Learosh nickte. „Also dann.“, sagte Jannings und holte einen Datenkristall aus seinem Koffer, den er in das Laufwerk legte. Dann startete er das Gerät neu und gab seine technische Clearence ein, worauf die Konsole ihm technische Menüs zeigte. Er nahm einige Einstellungen vor und legte sich dann auf das an die Konsole angeschlossene Biobett. „Jetzt brauche ich Sie, Learosh.“, sagte er. Der Mediziner lief eilig herbei und setzte sich an den Monitor, während Jannings sich den Neurokoppler aufsetzte. „Ich denke jetzt an etwas Schönes.“, sagte Jannings. „Merken Sie sich bitte das Kurvenmuster.“ „Das wird nicht gehen.“, sagte Learosh. „Das Gerät reagiert nur auf REM-Schlaf-Frequenzen.“ „Tut es nicht.“, sagte Jannings zuversichtlich. „Das habe ich gerade geändert.“ Learosh schaute ungläubig. Dann schüttelte er den Kopf. „Bin ich der Ingenieur oder Sie?!“, fragte Jannings bestimmt. Irritiert zeigte Learosh in Richtung Biobett. „Na also.“, sagte Jannings jetzt ganz sanft. „Tut mir Leid.“, entschuldigte sich Learosh. „Schwamm drüber.“, sagte Jannings. „Also, Mr. Learosh. Dann geht es jetzt los. Schön merken!“

Minuten lang hatte Learosh jetzt auf das Muster gestarrt, das sich ihm auf dem Bildschirm zeigte. Er hatte versucht, sich jede einzelne Kurve der Graphik einzuprägen. Er dachte sich, dass sich Jannings bei diesem ganzen Experiment etwas dachte. „Ich habe es, Techniker.“, sagte Learosh. „OK.“, sagte Jannings. „Dann denke ich jetzt an etwas Negatives. Vergleichen Sie!“

Learosh sah jetzt eine weitere Graphik vor sich. Er schaute erneut genau hin und verglich sie mit der, die er sich gerade gemerkt hatte. „Oh, mein Gott!“, sagte er. „Sie haben Recht, Mr. Jannings. „Es sind genau gegenläufige Linien. Aber ich begreife nicht, wie uns das helfen soll.“

Jannings stand schwerfällig vom Bett auf und kam zu Learosh herüber. Zufrieden sah er aus. So zufrieden, als hätte er gerade das Ziel seines Lebens erreicht. „Genau das, was ich hören wollte, Learosh.“, lachte er. „Genau das.“ „Techniker, ich kann Ihnen nicht ganz folgen.“, gab Learosh zu. „Folgendes.“, begann Jannings und setzte sich neben Learosh. „Ich werde die Konsole so programmieren, dass sie sich mit den Waffen und mit dem Deflektor unterhalten kann, wenn Sie so wollen. Dann können wir die positiven Denkmuster aller Besatzungsmitglieder dort einspeisen. Die Konsole wird sie speichern und der Phaser und die Photonentorpedos werden sie sogar noch verstärken. Vom Deflektor ganz zu schweigen. Wie gesagt, die genauen Frequenzen müssen wir noch berechnen, wenn wir den Schleier sehen. Aber mein Grundgedanke funktioniert schon mal.“

Learosh überlegte. Dann aber sprang er auf und replizierte erst mal eine Flasche Sekt. „Aber Medical Assistant.“, scherzte Jannings. „Doch nicht im Dienst. Gerade Sie als Mediziner dürften wissen, dass …“ „Das ist Kindersekt.“, beruhigte ihn Learosh. „Den könnte ich sogar einer Schwangeren anbieten.“ Jannings schaute skeptisch. „Bin ich der Mediziner oder Sie?!“, fragte Learosh energisch. Jannings war durchaus klar, dass dies die Retourkutsche für vorhin war. Deshalb zeigte er mit einem beschämten Gesicht auf Learosh. „Na also!“, sagte dieser, goss ein und dann stießen die Männer an.

Ich hatte mich in Arkantus’ Höhle wieder meiner Strickerei gewidmet. Hat dein kleiner Freund jetzt keine Angst mehr?, wollte er wissen. „Nein.“, antwortete ich. „Es ist alles wieder gut.“ Dieses Pferd liebt euch beide wohl sehr., stellte er fest. „Ja, das tut Kipana.“, sagte ich.

Ich drehte mich in seine Richtung, um ihm meine Fortschritte zu zeigen. Das so etwas Schönes aus meinem Faden werden kann, hätte ich nicht gedacht., meinte er. „Da kann man mal sehen.“, lächelte ich. Du strickst übrigens sehr schön gleichmäßig., meinte er. „Danke.“, lächelte ich ihm zu.

Auf die bekannte Weise hatten wir bald genug Faden für die Decke produziert und ich hatte diesen verstrickt. Jetzt konnte ich die Decke mindestens zwei mal um mich herum wickeln, aber das war auch gut so. Schließlich sollte sie Shimar ja in jedem Fall schützen können und wir hatten ungefähr die gleiche Größe.

Sieht aus, als hättest du alles, was du brauchst., stellte Arkantus fest. „Ja, Arkantus.“, sagte ich traurig. „Das bedeutet, dass ich jetzt gehen muss. Am Liebsten würde ich noch bleiben, aber mein Dienst ruft. Ich habe deine Gesellschaft sehr genossen.“ Und ich die Deine., gab er zurück. Obwohl ich mir das, was du gerade gesagt hast, eigentlich nicht vorstellen kann. „Warum nicht?“, fragte ich, obwohl ich mir seine Antwort eigentlich schon denken konnte. Weil Frauen im Allgemeinen keine Spinnen mögen. Aber du bist ja nah genug, dass ich auch mit meinen begrenzten Fähigkeiten deine Gedanken lesen kann und daher weiß ich, dass du es ehrlich meinst. „Das stimmt.“, sagte ich, schulterte meine Tasche und die Decke und ging.

Argus erwartete mich bereits mit den gesattelten Pferden. Ich warf ihm die Decke zu. „Wow.“, sagte er. „Ist die weich!“ „Das ist sie.“, lächelte ich und nahm sie zurück, um sie in der Satteltasche zu verstauen. Dann saßen wir beide auf und ritten zum Schloss zurück, von wo ich mich sofort wieder auf mein Schiff beamen ließ.

Kissara persönlich empfing mich im Transporterraum. „Kommen Sie mit, Allrounder.“, sagte sie. „Wir müssen etwas besprechen.“ Ich nickte ihr zu und folgte.

Im Konferenzraum des Schiffes hatten sich bereits alle versammelt. „Worum geht es, Commander?“, fragte ich. „Das werden Sie gleich hören.“, sagte sie und setzte mich vor einem freien Stuhl ab. Dann ging sie in die Mitte des Raumes. „Ladies und Gentlemen.“, begann sie. „Ich nehme an, Sie alle wissen, was der Wald der Steine ist.“ Mikel und ich hoben die Hände. „Sie zwei nicht!“, sagte Kissara bestimmt. „Durch Ihre Beziehung zu einem gewissen Mächtigen gehe ich davon aus, dass Sie in jedem Fall informiert sind. Aber was ist mit dem Rest? Elektra, Sie können das Wissen ebenfalls in Ihrer Datenbank nachlesen. Aber.“, sie schaute in die Runde: „Loridana, was ist zum Beispiel mit Ihnen?“

Die Ärztin stand vom Stuhl auf und stellte sich neben Kissara. „Der Wald der Steine ist eine Formation aus in bestimmter Weise gearteten Kristallen, aus denen mentale Energie aufgrund der Struktur nicht entweichen kann.“, referierte sie. „Sehr richtig.“, bestätigte Kissara. „Dann wissen wir ja jetzt alle, wovon die Rede ist. Logar hat mir gegenüber in einem Traum, den ich letzte Nacht hatte, zugegeben, zumindest indirekt, dass es so etwas wie das Jenseits geben könnte. Er sagte mir, Sytania hätte den toten König Brako entführt und dort eingekerkert. Wahrscheinlich will sie verhindern, dass er uns oder besser Shimar die Wahrheit sagen kann, was das Tor zum Himmel angeht. Wenn wir die Wahrheit nicht erfahren, können wir auch Hestia nicht informieren und Sytania könnte ihr in aller Ruhe ein X für ein U vormachen.“ „Und das würde ihr doch noch ermöglichen, einen Brückenkopf im Universum zu besitzen.“, merkte Kang an. „Aber was Sie da gerade über Sto’Vo’Kor gesagt haben …“ „Sie hat gesagt: geben könnte.“, schritt ich ein. „Das ist ein kleiner, aber feiner Unterschied.“ „Ihre deutsche Gründlichkeit sollte unseren Klingonen vor einer tiefen Glaubenskrise bewahrt haben.“, lästerte Learosh. Loridana stieß ihm ihren Ellenbogen in die Seite und zischte ihm etwas zu, das ich akustisch leider nicht verstehen konnte.

„Sei’s drum.“, führte uns Kissara wieder zum eigentlichen Thema. „Wir müssen dies auf jeden Fall ändern. Sytania wird mit einer Einmischung unsererseits nicht rechnen. Die Tindaraner oder andere telepathische Spezies hätte sie vielleicht auf der Rechnung, aber uns nicht. Sie würde es uns nicht zutrauen, weil wir für sie weniger wert sind als Fliegen an der Wand. Aber auch, weil es ihr bequem ist, es uns nicht zuzutrauen.“ „Darf ich anmerken.“, mischte sich Elektra ins Gespräch. „Dass sie diesen Fehler immer wieder macht?“ „Natürlich dürfen Sie das, Technical Assistant.“, erwiderte Kissara. „Und wir sollten verdammt noch mal froh sein, dass sie ihn immer wieder macht. Stellen Sie sich vor, was geschehen würde, wenn sie dazu, dass sie omnipotent und skrupellos ist, auch noch psychisch perfekt wäre.“ „Ich werde gleich eine Simulation der entsprechenden Situation erstellen und sie durchlaufen lassen.“, erwiderte Elektra. „Tun Sie das.“, lächelte Kissara. „Da Sie multitaskingfähig sind, können Sie uns sicher trotzdem zuhören und sich beteiligen.“ Elektra nickte und tat, was Kissara ihr gerade vorgeschlagen hatte. Kissara wusste, dass Elektra, wie es typisch für Androiden ist, ihre Befehle immer sehr genau nahm.

„Also.“, sagte Kissara. „Wir müssen ihn irgendwie aus seiner Situation befreien. Ich bin offen für Vorschläge, Ladies und Gentlemen!“

Learosh ging zu Jannings hinüber und zog ihn am Uniformärmel. „Kommen Sie mit.“, flüsterte er ihm zu. „Jetzt kommt unser großer Auftritt.“ Sie gingen in die Mitte und Jannings zog einen Datenkristall aus seiner Tasche. „Darf ich?“, fragte er und sah Kissara an. „Ich weiß zwar nicht, was Sie wollen, Techniker.“, erwiderte diese. „Aber machen Sie ruhig. Sie wissen, ich bin neugierig wie eine Katze.“ Jannings lächelte und schob den Kristall ins Laufwerk der sich in seiner Nähe befindenden Computerkonsole. Dann rief er die beiden Hirnmuster auf. Alle sahen gespannt zum Bildschirm und dann wieder Jannings an. „Was ist das, Techniker?!“, fragte Kissara energisch. „Wessen Hirnmuster sind das und wie soll uns das helfen?“ „Meine.“, gab Jannings unumwunden zu. „Learosh und ich haben auf der Krankenstation ein kleines Experiment gemacht.“ „Ihr Forschungsdrang in allen Ehren.“, sagte Kissara. „Aber ich begreife nicht, wie uns das helfen soll.“

Jannings sah Learosh an. „Positive und negative Gedanken haben zwei völlig gegenteilige Frequenzmuster.“, erklärte der medizinische Assistent. „Sytanias Gedanken sind von Grund auf böse und negativ, weil sie von Grund auf böse ist. So wird auch der Schleier gestrickt sein, den sie über den Wald der Steine gebreitet hat, um den König dort festzuhalten. Die genaue Frequenz des Schleiers müssten wir herausfinden, wenn wir ihn mit den Sensoren gescannt haben, aber dann müssten wir in der Lage sein, ihn mit Hilfe von positiven Energiemustern, die wir vorher per Neurokoppler in einer medizinischen Konsole gespeichert haben und die wir durch die Waffen und den Deflektor jagen, zu knacken. Zumindest hoffe ich, dass wir ein hübsches Loch hineinschlagen können, damit der König entweichen kann.“ „Wie wollen Sie das denn anstellen?“, fragte Kang. „Wie wollen Sie unsere Denkmuster durch die Phaser und die Photonentorpedos schicken? Wie das mit dem Deflektor geht, ist mir ja klar. Der kann jede Art von Energie ausstrahlen, mit der man ihn füttert. Er verstärkt die Energie sogar noch. Aber die Waffen?“ „Ich kann mir schon vorstellen, dass Sie Angst um Ihre Babies haben.“, sagte Jannings lakonisch. „Aber das brauchen Sie nicht. Ich weiß genau, was ich tue. Mit den entsprechenden Vorschaltungen wird das kein Problem sein. Ich werde Sie alle hier besser nicht mit Details langweilen. Wichtig ist nur, dass sowohl die Sprengköpfe der Torpedos, als auch die Fokussionslinsen der Phaser im Prinzip nichts anderes als Kristalle sind, deren Struktur darauf ausgelegt ist, bestimmte Energieformen zu transportieren. Strukturen kann man ändern.“

Es gab eine kurze Pause des Schweigens. Dann ergriff Kissara das Wort: „Ich habe keine Ahnung, wie Sie das anstellen wollen, Jannings, und Sie haben in einem Recht. Wenn Sie uns jetzt noch jedes technische Detail Ihres Plans erklärt hätten, dann wäre die Hälfte von uns sicher vor Langeweile eingeschlafen. Ich vertraue Ihnen. Also, an die Arbeit, Mr. Jannings!“ „Danke, Commander.“, sagte Jannings und winkte seiner Assistentin. Dann verließen beide den Raum.

Kissara wandte sich Mikel, Kang und mir zu: „Sie drei kommen gleich mit zur Brücke. Betsy, sobald wir dort angekommen sind, setzen Sie Kurs Richtung Wald der Steine.“ „Ja, Ma'am.“, sagte ich und folgte ihr mit den anderen Beiden.

Elektra war bereits in der technischen Kapsel zugegen, als Jannings ihren und seinen Arbeitsraum betrat. „Assistant, wir müssen eine Menge auf diesem Schiff umbauen.“, sagte er. „Das kann ich mir denken.“, antwortete die Androidin. „Deshalb habe ich auch gleich einige der nötigen Einzelteile repliziert.“ Sie deutete auf einen Haufen Module, Kristalle und noch andere technische Einzelteile. „Sehr gut.“, lobte Jannings. „Dann packen Sie mal ein. Als Erstes müssen wir in die Wartungsschächte für die Waffen. Dazu müssen wir das Waffenpult kurz vom Netz nehmen, das bedeutet, dass wir den Rechner für die Waffensysteme herunterfahren müssen, damit das System Mr. Kang keine Probleme bereitet, wenn er es nachher benutzen will. Das mache ich. Kümmern Sie sich um unsere Ausrüstung!“ „Ja, Sir.“, antwortete Elektra und packte eilig alles in eine Tasche. Dann nahm sie diese und noch zwei Werkzeugtaschen für sich und ihren Vorgesetzten über die Schultern.

Per Sprechanlage informierte Jannings Kang: „Warrior, ich muss Ihren Arbeitsplatz kurz herunterfahren. Legen Sie die Beine hoch und entspannen Sie etwas.“ „Es wird mir schwer fallen, Techniker.“, erwiderte der Klingone. „Aber es wird mir ja wohl nichts anderes übrig bleiben.“ „Ich kann die Veränderungen auch so vornehmen.“, scherzte Jannings. „Dann werden Sie nur vor lauter Fehlermeldungen nicht mehr arbeiten können und uns nicht verteidigen können. Dann winseln Sie wieder nach mir.“ „Klingonen winseln nicht!“, erwiderte Kang. „Mein Gott, ist der heute empfindlich.“, beschwerte sich Jannings bei der immer noch auf ihn wartenden Elektra. „Und ich dachte, er könne Spaß verstehen.“ „Ich denke, dass es ihm aufgrund seiner Mentalität unmöglich ist, dies als Spaß aufzufassen.“, sagte Elektra. „Einem Klingonen zu sagen, man müsse seine Waffen deaktivieren, kommt für ihn mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit einem Abschneiden der …“ „Assistant!“, ging Jannings dazwischen. „Ich wollte damit ja nur sagen.“, erklärte sie. „Dass es jetzt für Kang unmöglich ist, uns zu verteidigen und das hat einen negativen psychologischen Effekt auf ihn.“ „Schon gut, Elektra.“, entschuldigte sich Jannings. „Habe wohl etwas zu forsch reagiert. Ich vergesse immer wieder, dass für euch Androiden das Vortragen medizinischer Fakten ja völlig normal ist, weil ihr so etwas wie Scham ja nicht kennt.“ „Entschuldigung akzeptiert, Sir.“, sagte Elektra und beide gingen aus dem Maschinenraum.

Shimar hatte mit Ginalla gesprochen. „Das habe ich doch gern gemacht, Shimar.“, erwiderte die Celsianerin auf seine Dankesrede. „Trotzdem war deine Idee echt klasse, Giny.“, mischte sich N’Cara ins Gespräch. „Danke für die Blumen, Kleene.“, sagte Ginalla.

Shimar und N’Cara sahen, wie sich Kamurus langsam von ihnen entfernte. „Wo willst du hin?“, fragte Shimar. „Hier werden sich unsere Wege trennen müssen.“, antwortete Ginalla. „Ich werde in deine Dimension fliegen und mich dort für die Hackerangriffe auf euren militärischen Hauptrechner und die interdimensionale Sensorenplattform verantworten.“ „In Ordnung.“, sagte Shimar. „Ich wünsche dir den besten Anwalt.“

Kamurus ging in den Interdimensionsmodus. „Hoffentlich wird dein Wunsch wahr.“, sagte N’Cara. „Wie ist euer Strafrecht denn so?“ „Ich denke, nicht viel anders als eures auch.“, tröstete Shimar. „Ansonsten hätte Nugura mit Sicherheit keine politische Freundschaft zwischen unseren beiden Völkern gewollt. Die Gesetze müssen schon ganz genau übereinstimmen, wenn so etwas passiert.“ Die kleine Lithianerin atmete auf.

IDUSA meldete sich: „Ich registriere ein kleines Veshel, das sich aus der uns entgegen gesetzten Richtung nähert.“, sagte sie. „Ein Vendar-Schiff?!“, fragte N’Cara entsetzt. „Keine Panik.“, beruhigte Shimar. „Das muss nicht unbedingt etwas Schlimmes bedeuten. Zeig mir den Kurs des Schiffes, IDUSA!“ Der Schiffsavatar nickte und auf dem virtuellen Schirm erschien eine gerade Linie mit einem kleinen Raumschiff, das darauf entlang flog. Der Pfeil am Ende der Linie zeigte in Shimars Richtung. „Ruf das Schiff!“, befahl er. „Das ist nicht notwendig.“, sagte IDUSA. „Wir werden bereits gerufen.“ „Dann stell durch.“, erwiderte der tindaranische Patrouillenflieger.

Shimar sah bald ein bekanntes Gesicht vor sich. „Hallo, Iranach.“, sagte er. „Sei auch du gegrüßt, Shimar.“, entgegnete die junge Vendar. „Wer ist deine kleine Begleiterin?“ „Das ist N’Cara.“, stellte Shimar besagte vor. „Sie ist die Tochter eines Historikers, der in den Plan bezüglich des Tores zum Himmel eingeweiht ist. Er hat sie mir sozusagen mitgegeben.“ „Dann sei auch du gegrüßt, N’Cara.“, sagte Iranach. N’Cara machte ein verschämtes Gesicht. „Was sage ich?“, flüsterte sie Shimar zu. „Sag einfach hallo.“, meinte er. „Iranach wird dir bestimmt nicht den Kopf abreißen.“ „Hi.“, sagte N’Cara mit klopfendem Herzen. „Du musst wirklich keine Angst vor mir haben, N’Cara.“, beruhigte sie Iranach. „Ich bin eine Freundin, wie Shimar dir schon gesagt hat. Ich bin die Vertraute des Logar El Imperia.“, erklärte sie. „Von mir droht dir keine Gefahr, obwohl du Telepathin bist. Die Freunde meines Herrn sind auch meine Freunde und so werde ich dir kein Haar krümmen. Ich werde euch jetzt zum Schloss meines Gebieters eskortieren.“ Sie aktivierte ein Positionslicht am Heck ihres Schiffes. „Dann wollen wir mal.“, sagte Shimar und ließ IDUSA Kurs hinter ihr her setzen.

Mir war aufgefallen, dass Kang sehr nervös wirkte. „Armer Warrior.“, tröstete ich. „Ich kann mir denken, dass die Tatsache, dass die Techniker Ihren Arbeitsplatz lahm gelegt haben, Sie sehr wurmen muss.“ „Danke für Ihr Verständnis, Allrounder.“, sagte Kang. „Aber das ist völlig unnötig. Klingonen macht so schnell nichts nervös.“ „Ich höre die Worte, allein der Glaube fehlt mir.“, zitierte ich irgendeinen großen Mann, dessen Name mir gerade nicht einfiel.

Kang fühlte sich ertappt. „Woran haben Sie gemerkt …?“, begann er. „Vor allem an dem nervösen Herumgetrommel Ihrer Finger auf dem Gehäuse des Pultes.“, sagte ich. „Mir und meinem Gehör kann man so schnell nichts vormachen.“

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