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Kissara trat an mich heran und berührte mein Gesicht mit ihren Schnurrhaaren. „Sie und ich in meinem Raum.“, flüsterte sie mir mit einem leisen Schnurren im Hintergrund ins Ohr. Daraus schloss ich, dass der Grund für das Gespräch wohl nicht schlimm sein konnte. Ich kannte dieses konspirative Schnurren von ihr und wusste, dass sie irgendwas im Schilde führen musste. Deshalb aktivierte ich den Autopiloten und ging mit ihr.

Wir setzten uns in ihrem Bereitschaftsraum auf die üblichen Sitzmöbel. Dann fragte sie: „Haben Sie irgendeine Möglichkeit, Shimar die Informationen, die wir zwei gesammelt haben, zukommen zu lassen? Ich meine, der SITCH wäre das Offensichtlichste, aber darüber habe ich bereits mit Kang gesprochen. Er hält es für möglich, dass Sytania nur darauf wartet und die Verbindung dann mittels irgendeines Phänomens stören könnte.“ „Da gehe ich mit dem Warrior konform.“, sagte ich. „Sytania wird nicht wollen, dass die Informationen zu Shimar gelangen. Das wäre äußerst schlecht für ihren Plan. Aber ich denke, dass wir eine andere Möglichkeit finden könnten, über die ich aber noch mit Loridana sprechen muss.“ „Warum mit Loridana?“, fragte Kissara. „Weil sie mich sozusagen operieren muss.“, erwiderte ich. „Aber das hängt auch davon ab, ob unser Vorhaben mit der Störfrequenz funktioniert.“ „Was hat das miteinander zu tun, Allrounder?!“, fragte Kissara etwas lauter. Sie mochte es gar nicht, wenn man sie im Ungewissen ließ.

Die Sprechanlage machte ein weiteres Gespräch unmöglich. „Was gibt es, Mikel.“, beantwortete Kissara den Ruf. „Der Computer meldet, dass wir uns über dem Wald der Steine befinden, Ma'am.“, entgegnete der erste Offizier. „Bin unterwegs.“, schnippte sie zurück und hängte das Mikrofon ein, um gleich danach meine Hand zu nehmen und mich mit sich aus dem Raum in Richtung Brücke zu ziehen. Hier nahmen wir beide sofort wieder unsere Posten ein.

„Bericht, Agent!“, forderte Kissara. „Laut Computer ist der Wald der Steine genau unter uns.“, begann der junge Terraner. „Betsy, stellen Sie uns das Bild auf den Hauptschirm.“, wendete Kissara sich an mich. Ich nickte und tat, was sie verlangt hatte. „Diesen Wald der Steine gibt es also wirklich.“, staunte Kang. „Ich habe immer gedacht, dass er ein Mythos sei.“ „Wie Sie sehen, Warrior, ist er das nicht.“, sagte Mikel. „Dann wollen wir mal sehen, ob der König hier ist.“, sagte Kissara. „Betsy, lassen Sie den Erfasser nach mirayanischen Neurofrequenzen suchen. Bei der Gelegenheit können Sie ihm gleich noch befehlen, nach einem Energieschleier zu suchen, der Sytanias Signatur trägt.“ „Aye, Ma'am.“, sagte ich und gab dem Gerät die entsprechenden Befehle. Beides wurde mir als positiv bestätigt. „Also tatsächlich.“, sagte Kissara. „Dann lassen Sie ihn gleich mal die genaue Frequenz des Schleiers berechnen und geben Sie die Informationen an unsere Techniker weiter. Die warten sicher schon darauf.“ „Zu Befehl.“, sagte ich und machte die entsprechenden Eingaben. Die Informationen würde ich als SITCH-Mail direkt auf Jannings’ Sprechgerät schicken.

Elektra und Jannings hatten einen der engen Wartungsschächte erreicht. „OK, Assistant.“, sagte Jannings. „Ich werde in den Schacht klettern und Sie reichen mir an, was ich brauche.“ „Sicher, Sir.“, erwiderte die Androidin und setzte die Taschen ab. „Ich habe übrigens die Simulation zu dem Thema beendet, die unser Commander von mir haben wollte. Leider muss ich Ihnen mitteilen, dass es für uns nicht sehr gut ausgegangen wäre. Anhand der Daten, die ich …“ „Ach, Elektra.“, stöhnte Jannings. „Sie hat es doch nicht so wörtlich gemeint. Als sie sagte, Sie sollten es sich vorstellen, da meinte sie … Entschuldigung, das ist schon wieder so ein Androidending. Aber wenn Sie wollen, können Sie die Simulation ja in den Rechner überspielen, wenn wir hier fertig sind. Wer weiß, wozu es einmal gut sein könnte.“

Er stieg in den Schacht. „Elektra, geben Sie mir jetzt bitte meine Werkzeugtasche und die Schachtel mit den Fokussionslinsen herüber!“, rief er ihr zu, die seine Befehle sofort ausführte. „Wäre natürlich gut, wenn wir jetzt schon die genauen Frequenzen wüssten.“, murmelte er in seinen britischen Bart. Im gleichen Moment piepte sein Sprechgerät und er öffnete die soeben von mir gesendete Mail. „Unser lieber kleiner Allrounder ist zuverlässig wie ein Schweizer Uhrwerk.“, lächelte er und suchte sich die richtigen Linsen aus der Schachtel, um sie sofort in die Phaser einzubauen. Die eigentlichen Linsen reichte er Elektra, die sie sofort sicher verwahrte. „Wir werden sie ja irgendwann wieder einbauen müssen.“, erklärte er. „Wäre ja höchst peinlich, wenn sie dann nicht mehr aufzufinden wären.“ Die Androidin nickte ihm bestätigend zu.

Jannings nahm einige letzte Messungen vor und kletterte dann zufrieden aus dem Schacht. Dann befestigte er die Abdeckung. „Mit den Phasern sind wir fertig, Elektra.“, sagte er. „Jetzt müssen wir uns nur noch um die Torpedos kümmern. Kommen Sie!“

Elektra nahm die Taschen wieder auf und folgte ihm über einen schmalen Steg zu einem benachbarten Wartungsschacht. Hier öffnete Jannings mehrere Klappen mit einem Spezialwerkzeug, aus denen ihm und seiner Assistentin die Sprengköpfe der Photonentorpedos entgegenblitzten. Elektra griff in die Tasche mit dem Material und holte eine Schachtel hervor. „Das brauchen Sie doch sicher.“, sagte sie und hielt ihm eine Schachtel mit den entsprechenden Kristallen unter die Nase. „Genau.“, sagte Jannings und nahm ihr die Schachtel vorsichtig ab, um sie neben sich auf einen Vorsprung zu legen. Dann löste er eine Magnetverriegelung an einem Torpedo und ersetzte den Sprengkopf. „Darf ich Ihnen zur Hand gehen, Sir?“, fragte Elektra höflich. „Sicher.“, entgegnete Jannings. „Um so schneller dürften wir fertig sein.“ „Danke.“, sagte die Androidin, nahm sich einige Kristalle aus der Schachtel und auch das gleiche Werkzeug und widmete sich ebenfalls einem Torpedo nach dem anderen. Allerdings musste sie sich sehr zurückhalten, um ihrem Vorgesetzten überhaupt noch Arbeit übrig zu lassen. Jannings’ Arbeitsgeschwindigkeit war lange nicht so hoch wie ihre, das wusste sie. Aber sie ging auch davon aus, dass ihr Vorgesetzter das wusste, und ihr nicht ohne Grund die Erlaubnis zur Mithilfe gegeben hatte.

Kang atmete auf, als wenige Minuten danach wieder die Displays der Waffensysteme zu leuchten begannen. „Jetzt sind Sie froh, was?“, grinste ich. „Davon können Sie ausgehen.“, sagte mein klingonischer Kamerad. „Ein Waffenoffizier ohne Waffen ist wie ein nackter Mann.“ „Dabei sollte doch die stärkste Waffe eines Sternenflottenschiffes das Wort und somit die Diplomatie sein.“, grinste Mikel. „Schöne graue Theorie.“, grollte Kang. „Ich bin gespannt, ob die Genesianer oder Sytania das genau so sehen.“ „Mikel!“, ermahnte ich ihn auf Deutsch. „Mach doch bitte keine Witze auf seine Kosten. Das versteht er heute nicht.“ Mikel grinste.

„Die Techniker scheinen ihren Teil unseres Plans erfüllt zu haben.“, sagte Kissara und stand von ihrem Stuhl auf. „Wir sollten uns jetzt alle auf die Krankenstation begeben und unsere neue Waffe füttern.“ Wir alle loggten uns aus den Systemen und folgten ihr.

Mit Ausnahme von Jannings, von dem es ja schon ein positives Muster gab, fanden wir uns bald alle in Loridanas Behandlungsraum ein. „Ich werde mich als Letzte behandeln lassen.“, sagte ich. „Schon gut.“, meinte Kissara. „Sie wollen mit ihr ja auch noch über Ihre Operation sprechen.“ „Welche Operation?!“, fragte Mikel erschrocken. „Was hast du?“ Er griff alarmiert nach meiner Hand. „Ich habe nichts.“, beruhigte ich ihn. „Ich will nur die Verbindung zu Shimar ausnutzen, um ihm Informationen zu geben, die Kissara und ich von Logar haben.“ „Du willst das Lichte Träumen erlernen?!“, freute sich Mikel. „Na, deine Beziehung mit Shimar scheint doch einiges verändert zu haben. Du bist ja richtig mutig geworden!“ „Zu früh gefreut.“, holte ich ihn auf den Boden der Tatsachen zurück. „Das würde ich auch nicht schaffen. Du hast es drauf, weil du Jahre lang trainiert hast. Außerdem hast du schon von Geburt an eine Nervenbahn zwischen den Bereichen für dein Unterbewusstsein und deinem Bewusstsein, was dir das Ganze ungemein erleichtert. Bei mir müsste die Nervenbahn erst durch langes Training etabliert werden und die Zeit haben wir nicht. Aber ich habe eine andere Theorie. Eine Schnellere.“ „Dann gib mir die Informationen.“, bot Mikel an. „Ich kann Licht träumen und würde …“ „Gott, Mikel!“, unterbrach ich ihn harsch. „Du bist schon wieder viel zu aufgeregt, um das Wesentliche zu erkennen. Du bräuchtest eine telepathische Verbindung zu Shimar. Du und ich, wir sind beide Terraner, also keine Telepathen. Wir können nicht aktiv senden. Ich habe nur eine unbewusste Dauerverbindung zu ihm, weil wir eine Beziehung haben. Das ist bei dir nicht der Fall.“ „Du hast Recht.“, überlegte Mikel. „Ich stehe nicht auf Männer und Shimar offenkundig auch nicht.“

Learosh rief Mikel auf. „Ich muss jetzt.“, sagte er. „Schon gut.“, erwiderte ich. „Wahrscheinlich hat dich nur so erschreckt, dass ich von einer Operation geredet habe. Aber keine Panik. Was ich vorhabe, hat nichts mit Aufschneiden zu tun.“ Mikel machte: „Uff!“, und ging in den Behandlungsraum. Ich schmunzelte innerlich, denn ich hatte ihm mit Absicht nur einige wohl dosierte Tipps zukommen lassen. An diesem Rätsel würde er noch eine Weile zu knabbern haben.

Nach Mikel war ich die Letzte, die sich der Behandlung unterziehen musste. „Wir brauchen die Brille bei ihr nicht.“, erinnerte Loridana ihren Assistenten. „Nur den Kopfhörer und die Handschuhe.“ „OK.“, sagte Learosh, während er mich zum Biobett führte. „Also, Allrounder.“, sagte er. „Wir werden Ihnen jetzt gleich einen schalldichten Kopfhörer aufsetzen und Ihnen Handschuhe anziehen, durch die Sie nichts mehr fühlen. Sobald das geschehen ist, beginnen Sie damit, an das Positivste Erlebnis zu denken, das Sie je hatten. Wir müssen Ihre äußeren Sinne ausschalten, um ein deutliches Muster erhalten zu können. Sobald wir ein Muster haben, befreien wir Sie wieder.“ Ich lächelte und streckte ihm meine Hände hin. Er zog mir die Handschuhe über und setzte mir den Kopfhörer auf. Auch mein Geruchssinn wurde temporär durch Stöpsel außer Funktion gesetzt. Schmecken würde ich ja jetzt nichts, solange mir nicht irgendwer was in den Mund steckte.

Ich lag da und ließ die ganze schöne Beziehung zwischen Shimar und mir vor meinem geistigen Auge ablaufen, während der Computer meine Neurofrequenzen aufzeichnete. Plötzlich, ich war gerade an einer sehr pikanten Stelle, nahm Learosh vorsichtig die Sinneskiller weg. „Alles ist gut.“, beruhigte er. „Wir haben ein sehr schönes Muster von Ihnen. Sie müssen ja an etwas sehr Schönes gedacht haben, Sie kleine Grinsebacke.“ „Das habe ich auch, Medical Assistant.“, gab ich verschämt zu und räusperte mich. „Keine Angst.“, beruhigte Learosh. „Das will ich gar nicht so genau wissen.“

„Könnten Sie Ihre Vorgesetzte holen?“, fragte ich und setzte mich auf. „Sicher.“, lächelte er und drehte sich fort, um gleich darauf mit Loridana zurückzukehren. „Was gibt es denn, Allrounder?“, fragte Loridana und setzte sich zu mir auf das Biobett. „Commander Kissara und ich haben Informationen im Dunklen Imperium gesammelt, die wir Shimar zukommen lassen müssen.“, erklärte ich. „Die müssen von dem bewussten Teil meines Gehirns in den unbewussten Teil. Ich kann weder licht träumen noch aktiv telepathisch senden. Das bedeutet, wir müssten ihm die Informationen sozusagen zum Herunterladen zur Verfügung stellen. Wenn wir einen neuralen Abdruck von den Informationen anfertigen würden und Sie den mit dem chirurgischen Transporter in mein Unterbewusstsein implantieren könnten, dann könnte mein Gehirn wie ein E-Mail-Postfach funktionieren.“ „Aber woher soll Ihr Freund wissen, wonach er zu suchen hat?“, fragte Loridana. „Ganz einfach.“, sagte ich. „Als trainierter Telepath wird ihm auffallen, dass da etwas Künstliches ist. Der Abdruck, verstehen Sie?“ „Ja.“, sagte die Ärztin. „Und Sie meinen, dann wird er neugierig und …“ „Genau.“, sagte ich. „Also gut.“, erwiderte Loridana. „Machen wir es so. Wenn die Sache mit dem König vorbei ist, treffen wir uns wieder hier.“ Ich nickte: „Abgemacht.“ Dann ging ich wieder zur Brücke.

„Konnten Sie alles mit Loridana bereden?“, wollte Kissara wissen. „Ja, Ma'am.“, erwiderte ich und wendete mich kurz an Mikel: „Du wirst wohl mit Shimar über etwas reden müssen.“ „Über was denn?“, fragte er. „Darüber, was passiert und passieren kann, wenn man seinen Körper verlässt.“, antwortete ich. „Kein Problem.“, sagte Mikel. „Aber dein Neuer wird als trainierter Telepath darüber wohl mehr wissen als ich.“ „Ihr Freund könnte aber vielleicht Hilfe brauchen. Ich meine, seinen Körper zu verlassen stelle ich mir nicht gerade einfach vor.“, merkte Kissara fürsorglich an. „Gibt es irgendein Medikament, mit dem man das unterstützen kann?“ „Vielleicht das Nashach-Gift eines Vendar.“, überlegte ich. „Wir haben nur leider keinen hier.“, mischte sich Kang ein. „Aber wir kennen einen und irgendein Schlauberger hat mal die Frachtsonde erfunden.“, sagte ich. „Verbinden Sie mich mit den Tindaranern!“, sagte Kissara, die bereits wusste, worauf ich hinaus wollte.

„Nashach-Gift.“, lachte Zirell. „Wenn es weiter nichts ist? Das hätten wir gerade frisch da. Es stammt aus einem Experiment und dürfte daher eine besondere Zusammensetzung haben, die Shimar tatsächlich beim Verlassen seines Körpers behilflich sein könnte.“ „Aber Nashach-Gift führt doch sowieso dazu, dass neurale Energie aus einem Gehirn entweicht, oder?“, fragte Kissara. „Nicht zwangsläufig.“, berichtigte Zirell. „Ishan sagt, wenn die Energie dort hin gehört, wo sie ist, dann bleibt sie dort auch. Normales Nashach-Gift reinigt die Sifa eines Vendar von einem unerwünschten Bewusstsein, das er oder sie trägt. Aber wir haben keine Erfahrung damit, was geschieht, wenn man das Gift direkt in ein Gehirn oder die Blutbahn eines Nicht-Vendar injiziert. Shimar wäre also der Erste.“ „Würdest du uns das Gift zur Verfügung stellen?“, fragte Kissara. „Aber sicher.“, antwortete die Tindaranerin. „Wenn das die einzige Möglichkeit ist, müssen wir es wohl riskieren. Ich nehme an, du hast eine kompetente Ärztin und dein erster Offizier soll ja ein Ass im Körperverlassen sein. Also, ich denke, es wird schon schiefgehen.“ „Hoffentlich nicht.“, erwiderte Kissara.

Wir hatten die Koordinaten des Schleiers erreicht und ich hatte Kissara dies gemeldet. „Na schön.“, sagte sie. „Gibt es noch irgendwas anzumerken?“ „Jannings hat berechnet, dass wir den Schleier am besten zerstören können, wenn wir uns genau in der Mitte über ihm befinden.“, erklärte ich. Jannings hatte mir diese Information in einer SITCH-Mail zukommen lassen. „Also gut, Allrounder.“, sagte Kissara. „Dann bringen Sie uns mal rein. Sie wissen schon: Nicht zu weit rechts, nicht zu weit links, sondern schön in die Mitte! Und dann, Mr. Kang, zeigen Sie Sytania mal kurz, wo der Hammer hängt!“ Kang und ich nickten und ich setzte unser Schiff in Bewegung, das ich vorher um einen Fixpunkt kreisen lassen hatte. Mein Hilfsmittelprogramm, das ich vorher entsprechend instruiert hatte, dirigierte uns vorschriftgemäß an die richtigen Koordinaten. „Haben optimale Schussposition erreicht, Ma'am.“, meldete ich. „Sehr gut, Betsy.“, sagte Kissara ruhig. „Und Sie, Mr. Kang, Sie feuern, was die Phaser hergeben!“ „Sollte ich nicht auch die Torpedos gleich einsetzen, Ma'am?“, fragte der Klingone an der Waffenkonsole. „Wer wird denn gleich, Warrior?“, sagte Mikel, der längst verstanden hatte, was Kissara mit ihrer scheinbaren Vorsicht erreichen wollte. „Wir dürfen doch unser Pulver nicht gleich so verschießen!“ „Du meinst unsere Photonentorpedos.“, grinste ich.

Kang fuhr die Schilde hoch, die durch Jannings’ Programmierung ein entsprechendes Profil hatten, das uns im Notfall vor Sytanias Energie schützen würde. Dann ließ er den hinteren und den vorderen Phaser gleichzeitig ein Dauerfeuer auf den Schleier abgeben. Da die Waffen mit der medizinischen Konsole auf der Krankenstation verbunden waren, die unsere Muster gespeichert hatte und diese Abdrücke immer und immer wieder reproduzierte, war bald ein immer dünner werdender Schleier zu sehen. Zumindest wurde er an der Stelle immer dünner, an der wir uns befanden.

Verzweifelt versuchte Sytania, gegen unsere Einwirkung anzukämpfen. Da das Schiff im Gegensatz zu ihr aber nicht müde werden konnte, gelang ihr das nicht. Nur schien sie dies nicht begreifen zu wollen oder zu können. Serdan, Telzans Novize, der zu diesem Zeitpunkt als Einziger im Thronsaal zugegen war, scannte sie immer wieder mit dem Erfasser. Die Bilder, die das Gerät ihm lieferte, gefielen dem jungen Vendar aber gar nicht. „Ich flehe Euch an, Gebieterin, hört bitte auf und ergebt Euch. Sonst ist das hier Euer sicherer Tod!“, bat er. „Was weißt du schon?“, presste Sytania angestrengt zwischen ihren vor Konzentration zusammengebissenen Zähnen hervor. „Du bist nur ein Vendar und erlaubst dir, so mit mir zu reden? Du maßt dir an, zu beurteilen, wann ich genug habe?!“

„Es sieht sehr gut aus, Ma'am.“, meldete Kang, dem es langsam richtig Spaß zu machen schien, Sytania zu bekriegen. „Der Schleier ist schon erheblich ausgedünnt.“ „Danke für die Informationen, Mr. Kang.“, sagte Kissara und betätigte die Sprechanlage: „Maschinenraum, Status!“ „Hier Technical Assistant Elektra.“, kam es nüchtern zurück. „Die Anzeigen sind alle im Toleranzbereich. Unsere Konstruktion hält.“ „Danke, Elektra.“, sagte Kissara erleichtert und hängte das Mikrofon wieder ein. „Wir dürfen ja nicht riskieren, dass unsere schöne Waffe mittendrin den Geist aufgibt.“ Ich lächelte in ihre Richtung, denn ich wusste, dass das mit dem Geist durchaus wörtlich zu nehmen war, wenn man bedachte, was die Ausgangsfrequenzen für unsere Waffe geliefert hatte. „Ja, ja, Betsy.“, sagte sie. „Sie verstehen mich schon. Aber ich hatte auch nichts anderes erwartet.“

Der Alarm von Serdans Erfasser schrillte durch den gesamten Thronsaal. Außerdem gab das Gerät unentwegt eine Meldung auf Vendarisch von sich, die so viel bedeutete wie: „Achtung, die Biozeichen der zu scannenden Person sind außerhalb des Toleranzbereiches. Lebensgefahr droht!“ Aber auch dies ließ Sytania nicht von ihrem Vorhaben abrücken. Serdan drehte sich um und verließ schnellen Schrittes den Thronsaal. Er musste jetzt für seine Gebieterin irgendwo Hilfe finden.

In den langen Reihen vor dem Saal wachender Vendar suchte er nach einem bestimmten Gesicht, das er auch bald fand. „Anführer!“, rief er Telzan verzweifelt zu. „Schau bitte!“ Damit hielt er seinem Vorgesetzten und Lehrer den Erfasser vor die Nase. Dabei fiel ihm das Gerät fast aus der Hand. „Was sind das für Bilder?“, fragte Telzan alarmiert, der die Bilder zwar im Prinzip erkannt hatte, sich aber wünschte, dass sie nicht wahr wären. „Sytania.“, stammelte Serdan. „Sie wird sich völlig verausgaben. Es gibt dort irgendwo eine Quelle unglaublicher Macht, die versucht, den Schleier zu zerstören, mit dem sie den mirayanischen König im Wald der Steine gefangen hält. Ich kann nicht sagen, was für eine Macht das ist, aber sie muss unglaublich mächtig sein. Anführer, Sytania wird sterben, wenn sie sich so …“ „Folge mir!“, befahl Telzan und schritt ihm voran in den Saal. Hier sahen sie Sytania, die inzwischen schon nicht mehr aufrecht sitzen konnte. „Legen wir sie auf den Boden!“, befahl Telzan und die beiden Vendar ergriffen Sytania und legten sie sanft auf dem Boden des Thronsaales ab. „Lasst mich zufrieden.“, sagte sie mit immer schwächer werdender Stimme. „Was ist das, gegen das sie kämpft, Anführer?“, wollte Serdan wissen. „Das werden wir gleich wissen.“, sagte Telzan. „Gib mir deinen Erfasser!“ Der Novize streckte seinem Lehrer das Gerät hin. Telzan nahm einige Einstellungen vor und scannte Sytania erneut. „Das ist Technologie!“, rief er aus. „Irgendwo muss hier ein Sternenflottenschiff sein, das positive Denkmuster seiner Crew reproduzieren kann. Die Götter mögen wissen, wie sie das angestellt haben. Aber dagegen kommt sie nicht an. Das Schiff kann nicht müde werden. Es wäre wirklich besser, wenn sie sich ergäbe.“ „Das habe ich ihr schon vorgeschlagen, Anführer.“, sagte Serdan verzweifelt. „Aber …“ „Dann gibt es nur noch eine Möglichkeit.“, sagte Telzan. „So ungeheuerlich sie auch ist. Hol mir eine Fokussionslinse für einen Phaser, die Rosannium enthält.“ „Aber das ist Frevel!“, sagte Serdan. „Aber es wird sie retten.“, erklärte Telzan. „Uns alle wird es retten. Du weißt was geschieht, wenn sie sterben würde.“ Serdan nickte. „Also!“, sagte Telzan etwas lauter. „Dann tu, was dir dein Anführer befiehlt!“ Der Novize nickte und rannte los.

„Achtern gibt es eine sehr dünne Stelle im Schleier.“, meldete Kang. „OK.“, sagte Kissara. „Dann wollen wir mal einen hübschen Riss produzieren. Hintere Torpedorampe Feuer, Mr. Kang. Bestellen Sie Sytania einen schönen Gruß! Betsy, bringen Sie ihrem Hilfsmittel bei, es soll Ihnen sagen, wenn der König entwichen ist.“ „Das sollte kein Problem sein, Ma'am.“, sagte ich. „Der Erfasser meldet, dass er sich bereits direkt unter der Stelle befindet.“ „Na dann los!“, befahl Kissara.

Kang ließ eine ordentliche Salve Torpedos aus der hinteren Rampe des Schiffes schnellen. Die Detonation ihrer Sprengköpfe ließ tatsächlich den gewünschten Riss entstehen, aus dem, wie mir der Erfasser bald meldete, ein Energiemuster entwich. Gleichzeitig hörten wir alle eine Stimme in unserem Geist: Ich erwarte Shimar!

Serdan war zu seinem Anführer zurückgekehrt und hielt ihm die Linse aus Rosannium hin. „Danke.“, sagte Telzan nur und steckte sie auf seine Waffe. „Ich kann mich immer noch nicht damit anfreunden.“, gab der Novize zu. „Das musst du ja auch nicht.“, erwiderte Telzan mürrisch und zielte über Sytanias Kopf hinweg in die Luft. Deutlich sah er, dass Sytania bereits zu krampfen begann. „Gleich wird es besser, Milady.“, flüsterte er. „Auch wenn ihr dazu ein Opfer bringen müsst.“

Er legte seinen Zeigefinger auf den Feuerknopf. Aber das wollte sich nicht wirklich gut anfühlen. Er hatte das Gefühl, als stachen ihm tausend Nadeln ins Herz, denn er hatte so etwas noch nie tun müssen. Sein Verstand sagte dem erfahrenen Vendar, dass es sein musste, wollte er seine Herrin retten und mit ihr alle Dimensionen und somit nicht zuletzt auch sein eigenes Leben. Eiskalt fühlte sich der Knopf unter seinem Finger an. So eiskalt, wie ihm auch gerade sein eigenes Tun vorkommen musste. Aber er kannte Sytania auch gut genug um zu wissen, dass sie von allein von ihrem Vorhaben nicht abrücken würde.

Er sah zu Serdan herüber, der ängstlich das Ganze von einer Ecke aus beobachtete. „Bitte mach dem hier schnell ein Ende, Anführer.“, bat Serdan. „So habe ich unsere Herrin noch nie gesehen. Es macht mir Angst!“

„Hab keine Furcht!“, sagte Telzan plötzlich fest und feuerte. Die Sorge seines Schülers hatte in ihm jenen Schutzinstinkt wachgerüttelt, der ihm sagte, dass ein Vendar-Ausbilder auf jeden Fall immer zuerst an seine Schüler zu denken hat, wenn es darum geht, eine gefährliche Situation, in die sie geraten könnten, aufzulösen.

Durch die Verseuchung mit Rosannium wich auch der letzte Rest Muskelspannung aus Sytanias Körper und sie sank ohnmächtig vor Telzan hin. „Fass mit an.“, sagte dieser zu seinem Schüler. „Wir bringen sie in mein Haus. Natürlich weiß ich, dass auch jeder von uns sie spielend allein tragen kann, aber so ist sie stabiler und es würde für sie angenehmer, wenn sie aufwacht.“ Serdan nickte und fasste ihre Schultern.

Sytania kam in einem Haus außerhalb des Palastes wieder zu sich. Sie lag auf einem Lager. Neben ihr saßen Telzan und seine Frau Cirnach. „Was mache ich hier?“, fragte Sytania. „Ihr erholt Euch von einem aussichtslosen Kampf und von einer Ladung Rosannium, die mein Mann gezwungen war, auf Euch zu feuern, damit Ihr von Eurem Vorhaben ablast.“, antwortete Cirnach. „Nein!“, rief Sytania aus. „Das bedeutet, dass Brako frei ist?“ „Ja, Gebieterin.“, sagte Telzan. „Aber es wird sich bestimmt noch eine weitere Gelegenheit für Euch ergeben, wenn Ihr Euch erst einmal erholt habt. Bitte versucht zu schlafen.“ „Na gut.“, schnippte Sytania, die ihren Fehler jetzt doch einsah. Dann schloss sie die Augen.

Zirell hatte schneller auf unsere Nachfrage reagiert, als wir es alle für möglich gehalten hatten. Jedenfalls war die tindaranische Frachtsonde bald per Interdimensionsantrieb zu unseren Koordinaten geschickt worden, wo wir sie an Bord genommen hatten. Da es meine Idee war, Nashach-Gift einzusetzen, sollte ich die Sonde auch in Empfang nehmen und ihre Fracht persönlich auf der Krankenstation abgeben. Zumindest fand das Kissara.

Ich betrat den Maschinenraum, von dem aus es auch einen Durchgang zu den Andockplätzen gab. Jannings und die Sonde erwarteten mich bereits. „Gut ,dass Sie kommen, Allrounder.“, sagte Jannings, als sei ich die Erlöserin seiner kleinen Welt. „Die Sonde behauptet, sie dürfe ihren Frachtraum nur auf Ihren biologischen Fingerabdruck hin entsichern. Sie ist auch direkt an Sie adressiert. Ich hatte geglaubt, der Commander würde …“ „Treten Sie zur Seite, Techniker!“, sagte ich. „Aber vorher zeigen Sie mir die Sonde.“

Jannings führte mich zu einem Arbeitstisch, wo er die Sonde an einen Rechner angeschlossen hatte. Ich legte meinen rechten Zeigefinger in die dafür vorgesehene Mulde. Da ich mich durch meine Beziehung zu Shimar mit tindaranischer Technik etwas auskannte, war es für mich kein Problem, diese zu finden. „Biomuster akzeptiert.“, sagte eine Rechnerstimme, die mich an die bekannten IDUSA-Einheiten erinnerte. Dann glitt der Deckel der Luke beiseite und gab den Blick auf eine Patrone frei. „Wie ich sehe, hat man das Gift schon für unsere Zwecke abgefüllt.“, stellte ich fest und nahm die Patrone an mich. „Loridana wird sich bestimmt freuen.“

Ich wandte mich um und wollte gehen, aber Jannings stellte sich mir in den Weg. „Was ist hier eigentlich los?“, wollte er wissen und ich hörte eine gewisse Angst und ein unbestimmtes Unwohlsein in seiner Stimme. „Ich meine, Sie empfangen Sonden mit Gift, die an Sie persönlich adressiert sind und Sie verschicken Frachtsonden mit in Stase gehaltenen Pferdeäpfeln an Commander Data. Ich dachte, Sie und der Commander seien gute Nachbarn und Freunde. Ich wusste gar nicht, dass Sie ihn so sch …“

Ich musste lachen: „Herr Gott, Jannings! Um die Pferdeäpfel hat mich Data sozusagen gebeten. Er hat den Inhalt seiner Nachricht, die er mir vor längerer Zeit geschickt hat, selbst so formuliert. Ich habe ihn nur beim Wort genommen. Er hat kein Problem mit dieser doch zugegeben sehr anrüchigen Fracht.“ Ich zog Luft durch die Nase. „Und er meint sogar, dass dies gesünder für seine Pflanzen ist, als replizierter Kunstdünger. Seine Orchideen sollen nur das Beste haben.“ „Damit ein Samenkorn im Vorbeiflug einem anderen erzählen kann: Bei Data ist es eine Lust zu wachsen. Lass dich dort doch nieder.“, lachte Jannings. Er hatte selbst mit der Gärtnerei nichts am Hut und musste, was ich ihm erzählte, als höchst lächerlich empfinden. „Sie finden das sicher schräg.“, sagte ich. „Auf den ersten Blick ja.“, gab er zu. „Aber ich finde es auch sehr lustig und auf eine Art auch sehr rührend von Ihnen. Jeder andere Mensch hätte Data vielleicht diesen Gefallen nicht getan, weil ihm die Sache im wahrsten Sinn des Wortes zu sehr gestunken hätte. Aber Sie, Sie nehmen ihn einfach beim Wort, eine Verhaltensweise, die man sonst von Androiden, aber nicht von Menschen gewohnt ist. Ah, so langsam verstehe ich. Sie wollen auf seine Reaktion warten. Das ist ein Test.“ „Nein, nein.“, sagte ich und machte ein unschuldiges Gesicht. „Ich meinte das ganz ernst.“ „Oh, Mann.“, sagte er. „Sind Sie schräg. Aber wenn ein Androide und eine schräge Terranerin sich anfreunden, dann kann ja nur so etwas dabei herauskommen.“ Ich grinste. „Dann wird die schräge Terranerin jetzt mal zur Krankenstation gehen.“, sagte ich und nahm einen neuen Anlauf, den Maschinenraum zu verlassen. „Dort hat sie nämlich noch zu tun.“ „Viel Spaß.“, grinste mir Jannings hinterher.

Loridana und Learosh erwarteten mich bereits. „Da sind Sie ja.“, lächelte mir die Ärztin zu. „Und wie ich sehe, haben Sie auch gleich das Nashach-Gift mitgebracht. Learosh, nehmen Sie ihr die Patrone ab und bringen Sie sie in die Stasekammer.“ Der medizinische Assistent nickte und tat, was sie gesagt hatte.

„Und nun zu uns.“, sagte Loridana zu mir und brachte mich zu einem Biobett. „Wollen Sie das wirklich immer noch? Ich meine, es wäre ein einmaliges Experiment und ich weiß nicht, ob es funktionieren wird. Nicht, dass Sie am Ende enttäuscht sind.“ „Das finden wir nur heraus, indem wir es ausprobieren.“, sagte ich und machte es mir auf dem Bett bequem. „Also gut.“, sagte Loridana. „Learosh, bereiten Sie alles vor!“

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