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Sedrin hatte Mahony vor dem Geheimdienstgebäude abgesetzt und sich wieder auf den Weg in Richtung Washington gemacht. Auf dem Grünstreifen neben dem Freeway stellte sie den Jeep ab und gab das Rufzeichen von Chief-Agent Tamaras Büro in das Sprechgerät des Fahrzeuges ein. Die Halbklingonin war etwas irritiert, als sie das unbekannte Rufzeichen im Display sah. „Bitte stellen Sie keine Fragen, Tamara.“, bat Sedrin inständig. „Ich bin wieder auf dem Weg zu King und rufe Sie daher aus einem dienstlichen Jeep. Es ist etwas geschehen, das die Strategen dringend interessieren könnte.“ „Machen Sie es nicht so spannend, Sedrin!“, drängte Tamara. „Was ist denn nun geschehen? Ich denke, es wird nichts Schlimmeres sein, als das, was ohnehin schon durch die Nachrichten kommt. Die werden im Moment nur von einem Thema beherrscht: Die Sache mit dem Tor zum Himmel. Mal im Ernst, glauben Sie an so etwas?“ „Ich weiß im Moment nicht, was ich glauben soll, Tamara.“, erwiderte Sedrin. „Aber zurück zu unserem eigentlichen Thema. Techniker Scott ist auf der Erde. Er wollte eigentlich seine Frau überraschen, wenn sie von der Mission der Granger zurückkommt. Aber jetzt hat sich durch einen Zufall herausgestellt, dass Scott denken kann wie Sytania, wenn man sein Gehirn entsprechend stimuliert. Scientist Cupernica und Agent-Scientist Mahony können das bestätigen.“ „Was meinen Sie damit, Scott könne denken wie Sytania?“, fragte die Chefagentin ungläubig. „Er hat uns mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eröffnet, dass sich Sytania früher oder später in die Sache mit Miray einmischen wird!“, sagte Sedrin mit sicherer fester Stimme. Tamara lachte laut auf. „Warum sollte sie das denn tun, Sedrin, he?“, fragte sie dann. „Was hätte Sytania für ein Motiv, sich in einen internen Konflikt zweier Prinzessinnen einzumischen?“ „Laut Techniker Scott die Eroberung des Universums der Föderation.“, antwortete Sedrin und fügte hinzu: „Das war ja schon immer ihr stärkstes Motiv. Laut Scott wird sie warten, bis eine der Prinzessinnen verzweifelt genug ist und dann wird sie ihr ihre Hilfe anbieten. Die Prinzessinnen haben bestimmt nicht das Wissen über Sytania, das wir haben. Ich befürchte, sie wird darauf eingehen und dann vielleicht sogar aus reiner Dankbarkeit ihr den mirayanischen Thron überschreiben.“

Sedrin sah im Display des Sprechgerätes, dass Tamara sich ein Glas Blutwein repliziert hatte und sich setzte. „Wenn das stimmt, Sedrin.“, stammelte sie ins Mikrofon. „Dann müssen wir ganz dringend etwas tun. Wenn Sytania einen der beiden Planeten im Miray-System quasi geschenkt bekäme, dann würde das bedeuten, dass sie einen Brückenkopf in unserem Universum hätte. Wir wissen aus Erfahrungen, dass dies nie passieren darf. Es wäre der Anfang vom Ende. Ich glaube Ihnen, Sedrin. Fahren Sie mit Kings Ausbildung fort, aber bleiben Sie auch für Scott erreichbar. Sagen Sie ihm, er darf die Erde auf keinen Fall verlassen. Legen Sie ihm nahe umzuziehen. Sie wissen schon. Scott ist ein wichtiger Zeuge. Damit wir ihn zuverlässig schützen können, sollte er sich mit King die Wohnung teilen. Kehren Sie um und holen Sie ihn ab!“ Sie beendete das Gespräch.

Über die Reaktion ihrer Vorgesetzten war Sedrin sehr überrascht. Nie im Leben hätte sie damit gerechnet, dass Tamara ihr so schnell Glauben schenken würde. Aber wahrscheinlich lag es an der drohenden Gefahr durch Sytania. Tamara war in so einem Fall eigentlich immer schnell auf Seiten derer gewesen, die Sytanias Machenschaften aufgedeckt hatten. Sedrin konnte sich denken, dass Tamara zwar einerseits die ganze Sache für ein Hirngespinst halten könnte, andererseits aber auch die Situation auf den beiden mirayanischen Planeten gut genug kannte. Vielleicht hatte Mahony ihr auch schon die Beweise zugespielt.

Sie wendete den Jeep bei nächster Gelegenheit und fuhr nach Little Federation zurück. Data und Cupernica waren sehr erstaunt, als sie kurze Zeit darauf wieder vor ihrem Haus stand. „Was ist geschehen, Agent.“, fragte Data, der sie herein gebeten hatte. „Ich muss Mr. Scott mitnehmen.“, erklärte Sedrin. „Ich hoffe, er ist noch bei Ihnen.“

Data führte sie ins Wohnzimmer. „Bitte warten Sie hier.“, sagte er höflich. „Ich werde meine Frau fragen, ob sie ihn nach Hause geschickt hat. Das hatte Cupernica nämlich eigentlich vor.“ Sedrin nickte und Data machte sich in Richtung Praxis auf.

Tausend Dinge gingen Sedrin durch den Kopf, während sie auf Data wartete. Unter Umständen war Sytania längst dahinter gekommen, dass Scotty ihren Plan durchkreuzen könnte. Vielleicht hatte sie ihm bereits etwas angetan.

Um so froher war sie, als Data bald mit guten Nachrichten zurückkehrte. „Cupernica sagt, Techniker Scott hat das Haus vor fünf Minuten zu Fuß verlassen. Mit Ihrem Jeep könnten Sie ihn noch leicht einholen.“ „Vielen Dank, Commander.“, sagte Sedrin, war aus der Tür und im Jeep, den sie sofort in Bewegung setzte, um Scotty zu folgen. Tatsächlich fand sie ihn bald fröhlich über einen Fußweg schlendernd. Neben ihm brachte sie den Jeep zum Stehen, nachdem sie ihn per Lichtsignal auf sich aufmerksam gemacht hatte. „Bitte steigen Sie ein, Techniker.“, sagte sie und deutete auf den Beifahrersitz. Scotty drehte sich verdattert um. „Was wollen Sie denn noch von mir?“, fragte er. „Ich dachte, unser Experiment hat genau das ergeben, was Sie wollten.“ „Genau da liegt der Hase im Pfeffer, Techniker.“, begann Sedrin. „Aber ich wäre Ihnen dankbar, wenn wir den Rest auf der Fahrt beziehungsweise in Allrounder Betsys Haus besprechen könnten. Sie werden Ihre Sachen benötigen. Ich habe Befehl, Sie in eine Einrichtung mitzunehmen, wo der Geheimdienst ein Auge auf Sie werfen kann. Hier ist das nicht möglich und Sytania könnte Ihnen etwas antun.“ „Na gut.“, entgegnete Scotty und stieg auf der rechten Seite in den Jeep. „Lady Schreckschraube soll mich auf keinen Fall kriegen. Es reicht schon, dass ich denken kann wie sie.“ „Genau darum geht es uns.“, erklärte Sedrin, während sie in Richtung meines Hauses fuhren.

Maron hatte Shimar über dessen heimatliches Sprechgerät gerufen, nachdem er sich durch IDUSA sein Rufzeichen hatte geben lassen. „Warum machst du ein solches Geheimnis aus dem Grund, warum du mich sprechen wolltest?“, wollte der junge Patrouillenflieger wissen. „Es ist nicht so einfach.“, begann Maron und replizierte sich einen Drink. „Ich muss dich darum bitten, Allrounder Betsy zu fragen, ob sie uns eine bestimmte Aufzeichnung besorgen kann. Meines Wissens hat die Granger-Crew eine Aufzeichnung vom Ende des mirayanischen Königs.“

Shimar fuhr zusammen. „Das kannst du nicht verlangen, Maron. Nugura will keine Hilfe von uns oder sonst jemandem. Wenn Betsy uns irgendwelche Aufzeichnungen diesbezüglich geben sollte, wäre das nicht legal. Sie könnte extremen Ärger kriegen. Das kann und werde ich nicht zulassen!“

Er warf Marons Bild einen verächtlichen Blick zu und wollte das Gespräch beenden. „Warte, Shimar!“, drängte Maron ihn zum Halten der Verbindung. „Irgendwas stimmt da nicht und ich kenne Betsys Commander. Kissara ist auch immer an allem und jedem interessiert, was eine Aufklärung bringen kann. Der Krieg zwischen den Prinzessinnen muss enden. Vielleicht enthält die Aufzeichnung dafür genau den Schlüssel, den nur ein Außenstehender finden kann. Vielleicht finden wir ja auch einen Weg zu helfen, ohne dass Nugura ihr Gesicht verliert. Sag Allrounder Betsy, ich übernehme sämtliche Verantwortung, falls es zu Problemen kommt. Darauf kannst du dich verlassen und sie auch.“ „Also schön.“, sagte Shimar. „Dann entschuldige noch mal wegen gerade eben.“ „Schon gut.“, erwiderte Maron. „Ich hatte nur gedacht, du als Telepath würdest mich besser einschätzen können.“ Shimar grinste und beendete das Gespräch.

Ich war auf dem Weg in mein Quartier, um mir in dem bisschen dienstfreier Zeit, das ich zur Verfügung hatte, mal eine Mütze Schlaf zu gönnen, als der Computer mich auf eine eingegangene Nachricht aufmerksam machte. „Von wem ist die Nachricht, Computer?“, fragte ich etwas genervt. Ich hatte heute definitiv keine Lust mehr auf die Millimeter genauen Berichte über Datas Orchideen oder sonst etwas Belangloses. Wir hatten heute mit einer Menge Frachtern zu tun gehabt, deren Piloten nicht immer ganz einsichtig waren und uns nicht immer ganz freiwillig gefolgt waren. Viele von ihnen hatten gegenüber uns behauptet, sie flögen diese Strecke schon lange und es habe nie eine Gefahr gegeben. Diese Leute hatte ich zwar mit Kissara verbunden, aber die hatte auch ellenlange Diskussionen mit ihnen führen müssen.

„Die Nachricht ist von Shimar.“, antwortete der Rechner. „Vorlesen.“, strahlte ich zurück. Denn eine Nachricht von Shimar würde mir sicher den Tag versüßen. „Es ist nur eine akustische Version vorhanden.“, gab der Computer zurück. „Dann spiel sie ab.“, sagte ich ruhig. „Hallo, Kleines.“, begann die Nachricht. „Ich will dich nicht in halblegale Machenschaften hineinziehen, aber wir benötigen die Aufzeichnung über Brakos Tod. Der tindaranische Geheimdienst denkt, dass die Aufzeichnung etwas enthalten könnte, das uns helfen könnte, euch zu helfen. Maron hat gesagt, es gibt vielleicht irgendeinen Schlüssel, den nur ein Außenstehender finden kann. Er meint, Kissara wäre damit schon einverstanden.“

Ich verließ mein Quartier in Richtung des nächsten Turboliftes. Wenn Shimar und Maron dachten, dass Kissara mit der Sache einverstanden sei, könnten wir das ja gleich mal ausprobieren. Mit einem mulmigen Gefühl stieg ich in den Lift und gab mein Fahrziel an. Kissara würde mich jetzt nicht erwarten. Sie wusste ja, dass ich eigentlich dienstfrei hatte. Entgegen aller Regeln würde jetzt Mikel das Schiff fliegen, da er der Einzige war, der außer mir noch mit dem speziellen Hilfsprogramm umgehen konnte.

Die Türen des Liftes öffneten sich und ich vernahm die typischen Geräusche der Brücke. Wie sehr hatte ich mir gewünscht, die Fahrt würde noch etwas dauern oder der Lift würde mittendrin ausfallen. Ich dachte mir, dass Kissara vielleicht unwirsch reagieren könnte und mich vielleicht sogar degradieren würde, wenn ich mit so einer unverschämten Bitte an sie herantreten würde. Maron und Shimar hatten sich bestimmt geirrt. Kissara konnte damit nicht einverstanden sein! So wie ich die Aufzeichnung verstanden hatte, wollte Nugura keine Hilfe und wenn wir hinten herum den Tindaranern Informationen zuspielen würden, würden wir unsere Befehle missachten und das hätte für uns alle einen ziemlichen Karriereknick zur Folge. Dafür wollte ich nicht verantwortlich sein.

Das Herz schlug mir bis zum Hals, als ich mich langsam aus dem Lift wagte. Vorsichtig schlich ich zu Kissaras Platz. Diese bemerkte mich zunächst kaum. Erst als ich sie ansprach, drehte sie den Kopf. „Was machen Sie denn hier, Allrounder?“, fragte sie erstaunt. „Sie haben doch dienstfrei. Oder können Sie nicht von Ihrer Arbeit lassen?“ „Mafam.“, begann ich. „Bitte um Erlaubnis, Sie unter vier Augen zu sprechen.“

Sie griff meine Hand. Dann drehte sie sich kurz zu Mikel um. „Aktivieren Sie den Autopiloten, Agent. Sie haben die Brücke!“, sagte sie und zog mich durch die Tür ihres Bereitschaftsraumes, der sich auf dem gleichen Deck befand und nur durch eben diese Tür vom Rest der Brücke getrennt war.

Sie führte mich zu einem Sessel und befahl dem Computer dann: „Computer, Tür verriegeln!“ Der Schlossmechanismus klackte und wir waren allein. Sie setzte sich zu mir auf einen weiteren Sessel und fragte: „Was gibt es denn, Betsy?“ Sie beobachtete mich genau. Etwas sagte ihr, dass mit mir gewaltig etwas nicht stimmte. „Nun mal raus damit.“, drängte sie weiter. „Sie kennen mich doch und wissen, dass ich meiner besten Kommunikationsoffizierin und Pilotin niemals den Kopf abreißen würde.“ „Shimar hat mich angeSITCHt.“, begann ich und machte eine erneute Pause. „Ach.“, scherzte sie. „Was für ein Weltuntergang. Ihr Freund übersendet Ihnen einen kleinen Liebesschwur. Wir sollten uns ganz schnell eine neue Dimension zum Bleiben suchen, wenn das Universum zusammenbricht. Aber warten Sie mal. Jetzt repliziere ich uns erst mal einen starken Kaffee.“ „Es war kein Liebesschwur.“, sagte ich. „Was war es dann?“, wollte Kissara wissen. Sie schien aber freundlich zu bleiben, obwohl ich ihre Geduld ziemlich strapazierte. „Er will die Aufzeichnung.“, überwand ich mich schließlich doch. „Was will Ihr Freund mit der Aufzeichnung?“, fragte sie weiter. „Und von welcher Aufzeichnung reden wir hier überhaupt?“ „Von der Aufzeichnung über Brakos Tod.“

Meine Erwiderung schien sie nicht sonderlich zu beeindrucken, was für mich aber auch das Signal war, jetzt doch guten Mutes alles zuzugeben. „Eigentlich will der tindaranische Geheimdienst die Aufzeichnung.“, gab ich mein Wissen preis. „Shimar und ich sind nur die Brieftauben.“ „Na dann ist ja alles in bester Ordnung.“, meinte Kissara erleichtert. „Mafam?“, erwiderte ich unsicher und hielt mich an meiner Tasse fest. „Ich konnte mir schon denken, dass Sie das nicht auf Anhieb verstehen werden, weil Ihnen ein entscheidendes Detail an Wissen fehlt. Aber dass Sie solche Angst vor mir haben, hätte ich nicht gedacht. Sie wissen doch, dass Sie mir vertrauen können.“ „Eigentlich schon.“, räumte ich ein. „Ich hatte nur solche Angst, Sie würden mich degradieren und ich dürfte wieder drei Jahre auf der Akademie die Schulbank drücken. Danach würde ich dann auf irgendeinen Müllfrachter stationiert und …“ „Ich hätte Sie degradiert, hätten Sie Shimar und dem tindaranischen Geheimdienst in Form von Maron Ihre Hilfe verweigert.“, unterbrach sie mich. „Aber Nuguras Befehl …“, stammelte ich. „Der bezog sich nur auf diplomatische Hilfe. Hinter den Kulissen läuft fne Menge ab, von dem die Presse und das einfache Volk nichts wissen soll. Die Tindaraner finden sicher einen Weg, wie Nugura heil aus der Sache raus kommt, ohne wie ein kleines Schulmädchen auszusehen, das man an die Hand nehmen muss. Wie ich die Tindaraner kenne, haben sie nicht gerade vor, irgendeinen Botschafter nach Khitomer zu schicken, der zu ihr so was sagt wie: Rutschen Sie mal zur Seite, ich zeige Ihnen jetzt, wie es geht. Nein. Es geht sicher um etwas Geheimes.“ „Davon gehe ich auch aus, wenn schon der Geheimdienst involviert ist.“, lächelte ich, die ich mich in der Zwischenzeit schon viel befreiter fühlte. „Das heißt also, ich darf Shimar die Aufzeichnung schicken?“, versicherte ich mich noch einmal. „Aber sofort!“, befahl Kissara und deutete in Richtung Tür. „Danke, Mafam.“, strahlte ich und war aus der Tür, so schnell ich konnte.

Mein Weg führte mich wieder in mein Quartier zurück. Hier gab ich meinen dienstlichen Code in die Konsole ein, um Zugriff auf das entsprechende Verzeichnis bekommen zu können. Von dort kopierte ich die Aufzeichnung in mein privates SITCH-Mail-Verzeichnis. „Computer.“, befahl ich dem Schiffsrechner. „Ich möchte eine SITCH-Mail versenden.“ „Bitte geben Sie das Empfängerrufzeichen an.“, kam es zurück. „interdimensional/s h 19 8.tin.“, sagte ich. „Bitte nennen Sie jetzt den Betreff.“, wurde ich aufgefordert. „Deine Nachricht.“, erwiderte ich mit klopfendem Herzen, denn ich konnte immer noch nicht so recht glauben, dass mir Kissara soeben das OK zum Verraten eines Sternenflottengeheimnisses gegeben hatte. „Sie können jetzt mit dem Diktieren des Textes beginnen.“, erfolgte eine weitere Eingabeaufforderung. „Hey, Srinadar.“, begann ich. „Du bestellst und ich liefere prompt. Mir ist verdammt mulmig dabei, aber ich hoffe, es wird schon OK sein. Hoffentlich kriegt Maron aus der Aufzeichnung auch die Infos, die er braucht. Einen dicken Schmatzer aus dem Föderationsuniversum von deiner Betsy.“ In Ermangelung seiner Anwesenheit gab ich dem Mikrofon einen Kuss, dass es knallte. Dann befahl ich dem Computer, die Aufzeichnung als Anlage anzuhängen und die Mail zu senden.

Immer noch hatte ich eine ziemliche Angst. Ich fragte mich, wie das enden sollte. Würde das wirklich alles so glatt gehen? Was war das für eine komische Verschwörung zwischen Kissara und den Tindaranern? Was für ein Spiel spielte sie mit deren Geheimdienst?

Zum weiteren Nachdenken kam ich nicht, denn im nächsten Moment erfolgte das Signal für Alarm gelb und ich hörte Kissaras Stimme im Lautsprecher: „Alle Besatzungsmitglieder auf Ihren Stationen melden!“ Irgendwas musste passiert sein.

Ich begab mich erneut zum Lift und fuhr auf die Brücke. Hier erwarteten mich bereits Kang, Kissara und Mikel. „Was ist passiert?“, fragte ich. „Wir haben einen Notruf aufgefangen.“, antwortete Mikel knapp. „Ich habe an Commander Kissara durchgestellt, aber dann stellte sich heraus, dass Time näher dran war. Die Electronica hat sich kümmern wollen, aber jetzt ist irgendwas gewaltig daneben gegangen .“ „Schon gut.“, erwiderte ich. „Ich übernehme.“

Ich setzte mich wieder auf meinen Platz und gab meine Clearence ein. „Time ruft uns, Commander.“, meldete ich bald darauf Kissara, nachdem der Computer mich über den eingehenden SITCH informiert hatte. „Durchstellen!“, befahl Kissara nervös. „Kissara, schnell!“, hörten wir Times fast panisch anmutende Stimme, nachdem ich zu ihr durchgestellt hatte. „Wir benötigen vor allem deine Ärzte. Die haben doch tatsächlich ein Passagierschiff umgeleitet. Der Hornochse von Pilot wollte nicht auf sicheres Geleit durch uns oder die Niagara warten und ist einfach los geflogen. Dann ist er voll auf eine Gravitonmine gelaufen. Die Explosion hat die gesamte rechte Außenhülle aufgerissen. Cenda beamt alle Passagiere, die sie erreichen kann, auf unsere Krankenstation. Chechow macht das Gleiche bei Cinia. Cyra, Ketna, O’Connor und Solthea sind mit der Behandlung von so vielen aber restlos überfordert. Beeile dich!“

„Sehen wir uns das an!“, orderte Kissara. „Betsy, Kurs setzen. Warp zwei. Wir sind ja schon ziemlich nah dran. Sagen Sie auf der Krankenstation Bescheid. Loridana und Learosh sollen sich im Transporterraum melden. Informieren Sie auch Jannings!“ Ich nickte und führte ihre Befehle der Reihe nach aus.

Am Ort des Geschehens wurde das ganze Ausmaß deutlich. „Mein Gott!“, rief Kang angesichts des auf der Seite liegenden Schiffes aus, dessen gesamte rechte Seite ein großer Riss zierte. „Dass dort überhaupt noch jemand überlebt hat … Betsy, bringen Sie uns längsseits.“ Ich tat, was sie gesagt hatte und befahl meinem Hilfsprogramm, mir zu melden, wenn es noch Lebenszeichen auf dem Schiff geben sollte. Ich hatte ein unbestimmtes Gefühl.

„Es ist ein Biozeichen vorhanden.“, meldete der Computer nach Scannen des Schiffes. „Was?!“, fragte Kissara alarmiert, als ich ihr meldete, was ich gerade selbst vom Computer gehört hatte. „Ich kann nur das melden, was mir gerade selbst gesagt wurde.“, rechtfertigte ich mich. „Gut, dass Sie das sagen, Betsy.“, sagte Time am SITCH, der die Vorkommnisse auf unserer Brücke irgendwie mitbekommen haben musste. Wahrscheinlich hatte Kissara den Finger auf dem Sendeknopf. „Es fehlt nämlich ein Passagier laut Liste. Wir haben das Schiff im Traktorstrahl, aber Cenda ist sich nicht sicher, wie lange der das noch durchhält. Die Gravitonmine tut ihr Übriges. Scheiße!“

Auf der Electronica war etwas zu hören, dass sich wie ein näher kommender Flugkörper anhörte, der bald in die ohnehin schon sehr lädierte Seite des Schiffes einschlug und somit einen neuen Druckpunkt auf den Traktorstrahl legte. „Der Traktorstrahl der Electronica hält das Schiff am Bug.“, meldete Kang. „Dann sollten wir das Heck übernehmen.“, sagte Kissara. „Betsy, volle Kraft zurück und dann von achtern auf. Kang, sobald wir in Reichweite sind, Traktorstrahl aktivieren.“ Kang und ich nickten ihre Befehle ab und führten sie aus.

Learosh, Loridanas Assistent, ein Taskonianer von großem Wuchs und mit einem roten Schuppenkleid – die Taskonianer sind Reptiloide – und seine zeonide Vorgesetzte waren auf dem Weg zum Transporterraum. „Was kann da in die Kontrolloffiziere gefahren sein, Mafam?“, erkundigte sich Learosh bei seiner Vorgesetzten. Aus welchem Grund leiten die ein Passagierschiff durch ein potentielles Bürgerkriegsgebiet? Gut, es hat auch schon Frachter gegeben, die hier durch geleitet wurden. Aber da ging es nur um ein paar Dinge und maximal um fünf Leute. Aber jetzt …“

Sie waren angekommen und Elektra beamte sie auf die Electronica, wo Ketna den Einsatz mit ihnen koordinieren sollte.

Unsere Ärzte waren aber nicht die Einzigen, die das Vorgehen der Kontrolloffiziere stark irritierte. Auch wir von der Brückenbesatzung fragten uns das Gleiche. „Mikel, sobald ein Überlebender Offizier des Schiffes auffindbar und vernehmungsfähig ist, möchte ich, dass Sie genau das mit ihm oder ihr tun.“, wendete sich Kissara an ihren geheimdienstlich ausgebildeten ersten Offizier. „Ich will verdammt noch mal wissen, wie man so verantwortungslos handeln kann. Die spinnen, die Kontrollettis! Ach, Betsy, welches Schiff ist das eigentlich?“

Ich versuchte, über mein Hilfsprogramm das Transpondersignal des Schiffes zu erhalten, aber das war nicht möglich. Der Transponder musste ebenfalls zerstört worden sein. „Es ist nicht möglich, eine Kennung zu erhalten, Mafam.“, meldete ich. „Dann geben Sie mir Time.“, gab Kissara zurück. „Vielleicht hat er vorher noch was rausgekriegt.“

Ich gab das Rufzeichen der Electronica ins Sprechgerät ein. Sensora verband mich mit Time, den ich wiederum mit Kissara verband. „Laut ihrem Notruf ist es die Space-Titanic.“, sagte Time. „Kissara, Cinia und ich werden die Passagiere zu den nächsten Sternenbasen bringen. Auf mein Zeichen werden wir gemeinsam die Traktorstrahlen lösen und das Schiff der Gravitonmine überlassen. Warum es umgeleitet wurde, ist sonnenklar. Die platonische Sonne ist momentan sehr aktiv und daran hätte es normalerweise vorbeifliegen sollen. aber das …“ „Negativ, Peter!“, gab Kissara zurück. „Auf dem Schiff ist noch jemand.“ „Was?“, gab Time verdattert zurück. „Aber der muss sich doch auch zu den Transportpunkten begeben haben. Hat der denn den Alarm nicht gehört?“ „Anscheinend nicht.“, erklärte Kissara. „Ich werde ein Außenteam schicken, das ihn lokalisieren und von Bord bringen wird. Die Space-Titanic wird dem Schicksal ihrer nassen Namensvetterin nicht folgen und ihre Passagiere und Besatzung mit in den Tod nehmen. Nicht, wenn wir es verhindern können. Betsy, Kang, Sie machen das! Mikel, nehmen Sie Betsys Posten ein. Ich bediene die Schilde und Waffen wenn nötig und überwache den Traktorstrahl!“

Kang nickte kräftig genug für uns beide, so schien es mir und zog mich am Arm von der Brücke in einen Turbolift, mit dem wir dann in den nächsten Transporterraum fuhren. Elektra beamte uns hinüber.

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