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    Tchey und ich waren inzwischen wieder aus der interdimensionalen Schicht ausgetreten und hatten Zeitland erreicht. In meinem Fall hatte Lycira allerdings übernehmen müssen, weil ich zu unkonzentriert war. Was ist dir passiert, meine arme Betsy?, fragte mich ihre schmeichelnde Stimme telepathisch, denn sie musste wohl gemerkt haben, dass mit mir etwas nicht stimmte und dass hier etwas geschehen war, das mir gewaltig gegen die moralische Hutschnur ging. „Ich hätte nicht gedacht, dass ich das mal sage, Lycira.“, begann ich. „Aber die Genesianer tun mir leid. Irgendein Mächtiger hat sich anscheinend Shashanas Körper geschnappt oder durch eine seiner oder ihrer Schöpfungen schnappen lassen und sie dann für irgendein krankes Spielchen benutzt. Weiß der Himmel, warum die Genesianer das Gebiet der Föderation und auch das der Tindaraner erobern sollten. Aber ich bin sicher, derjenige wird Shashana fallen lassen wie eine heiße Kartoffel, sobald sie den Plan erfüllt hat!“ Du solltest in jedem Fall gegenüber Mikel eine Aussage machen., schlug Lycira vor. Er wird sicher ermitteln müssen. „Darauf kannst du deinen Warpkern verwetten!“, bestätigte ich mit leichter Wut in der Stimme. Soll ich dich mit Tchey verbinden, damit du deinem Ärger Luft machen kannst?, fragte Lycira. Ich meine, sich bei einer Leidensgenossin auszusprechen kann mitunter schon recht hilfreich sein. Ich nickte ihr nur zu.

    Was Ermittlungen anging, so war Mikel bereits gut dabei. Kissara hatte ihm gegenüber ihre Eindrücke geschildert, die sie bei dem Gipfeltreffen erhalten hatte. Jetzt saßen sie gemeinsam in Kissaras Bereitschaftsraum auf der Granger. Elektra hatte sie auf Kissaras Geheiß an Bord gebeamt. „Wer kann die Zeit so arg schädigen, dass selbst Dill es nicht mehr vermag, sie ausreichend zu schützen, Agent?“, fragte Kissara betroffen, nachdem sie mit ihrem Bericht geendet hatte. „Und vor allem, wer hätte ein Motiv?“ „Ein Motiv, Commander, hätte zum Beispiel Sytania!“, erwiderte der erste Offizier und ausgebildete Agent mit dem Brustton der Überzeugung. „Aber Sytania allein ist gegen Dill viel zu schwach, Mikel.“, widersprach Kissara. „Sie muss einen oder mehrere Komplizen gehabt haben.“ „Ich stimme Ihnen zu, Kissara.“, sagte Mikel. Als direkter Vertrauter Kissaras hatte er als einziger das Recht, sie mit Vornamen anzusprechen, siezte sie aber, was sie bei ihm nicht anders machte. Dies war bei Kommandanten und ihren ersten Offizieren in der Sternenflotte schon manchmal beobachtet worden, zum Beispiel auf der Voyager. Kissara fand dies durchaus übernehmenswert. Sie hatte überhaupt eine sehr familiäre Kommandostruktur auf der Granger eingeführt, was meiner Meinung nach den Zusammenhalt zwischen uns sehr stärkte. „Ich weiß nur auch noch nicht, wer diese Komplizen sein sollten.“, gab Mikel zu. „Ich hatte so gehofft, Sie könnten mir etwas mehr sagen.“, entgegnete Kissara mit gut hörbarer Enttäuschung in der Stimme. „Wo Sie sich doch mit den Machenschaften der Mächtigen viel besser auskennen als ich. Also kommen Sie schon, Mikel. Die Wahrheit ist hart, aber ich bin meistens härter. Also schonen Sie mich nicht!“ „Ich schone Sie nicht, Kissara.“, erwiderte Mikel. „Ich habe wirklich keine Ahnung.“ „Gibt es nicht irgendwelche imperianischen Adeligen, die auf Sytanias Seite sind und die ihr geholfen haben könnten?“, fragte Kissara. „Das kann ich weder bestätigen noch verneinen, Kissara.“, sagte Mikel und hob die Hand vor die Brust, als wollte er sie vor etwas warnen. „Ich weiß, Agent, dass einen Mächtigen für etwas zu beschuldigen, ohne Beweise zu haben, ganz schnell nach hinten losgehen kann. Deshalb sollen Sie mir ja auch erst die Beweise bringen, bevor wir tätig werden.“, beruhigte Kissara. „Was meinen Sie mit tätig werden, Kissara?“, fragte Mikel. „Wir können nicht so einfach ohne Befehl irgendeinen Imperianer verhaften. Vorsicht, Kissara!“ „Ich dachte, Sie würden mich besser kennen, Agent.“, sagte die Thundarianerin und stand von ihrem Sessel auf. „Ich dachte, Sie wüssten, dass ich mich auf ein solches Abenteuer nicht einlasse, obwohl wir eine große Rosannium-Waffe an Bord haben. Aber ich weiß auch, dass Sie zunächst gründlich ermitteln müssen und dass ich mir für jegliche Aktion diesbezüglich zunächst das OK von Nugura zu holen habe. Aber ich denke, das wird sie mir schon geben, wenn …“

    Die Sprechanlage beendete ihre Ausführungen. „Ja, Mr. Kang.“, antwortete sie, nachdem sie das Rufzeichen im Display abgelesen hatte. „Allrounder Betsy ruft uns, Commander.“, erwiderte der Klingone am anderen Ende der Verbindung. „Allerdings tut sie das von einem Rufzeichen aus, das ich so nicht kenne. Der Computer weist es als Lycira aus. Ich verstehe das alles nicht.“ „Geben Sie Betsy her, Kang.“, sagte Kissara. „Aber bevor Sie das tun, werde ich Ihnen noch einmal alles erklären. Lycira ist das private Schiff des Allrounders. Ich verstehe zwar auch nicht, warum sie hier ist, aber das wird mir Betsy hoffentlich gleich selbst erklären.“

    Es erfolgte eine kurze Schaltung und dann hatte Kissara mich an der Strippe. „Bitte verzeihen Sie, Commander, aber ich muss Ihnen einiges beichten.“, begann ich. „Eine Sache weiß ich schon.“, sagte Kissara. „Ihr Schiff ist hier. Aber was haben Sie denn noch erlebt, Betsy? Sie machen ein total verstörtes Gesicht.“ „Das würde ich Ihnen gern im Beisein von Agent Mikel sagen, Ma’am.“, entgegnete ich. „Außerdem bin ich nicht allein. Es gibt noch eine Zeugin für das, was ich erlebt habe.“

    Mikel drehte sich näher zu ihr und flüsterte ihr zu: „Wenn es eine weitere Zeugin gibt, dann werde ich beide vernehmen, Kissara. Bitte geben Sie mir das Mikrofon, damit ich es Allrounder Betsy selbst sagen kann.“ „Na schön.“, meinte Kissara leicht genervt. Sie hatte von der ganzen Situation längst genug. Wahrscheinlich würde das wieder so ein Puzzle werden, das uns in die entferntesten Winkel des Universums führen würde und in dem es zu einer Menge verwirrender Situationen kommen würde. Sie hatte es langsam satt, immer wieder in so etwas hineingezogen zu werden, aber auf der anderen Seite hatte sie ja wohl am wenigsten zu jammern. Schwieriger war es da wohl für Mikel, der ja die Hauptarbeit bei den Ermittlungen zu leisten hatte. Kissara wusste, dass es bei einer Bedrohung wie Sytania im Hintergrund jederzeit zu so einem Problem kommen konnte und dass die Zeit, in der Sternenflottenschiffe nur unschuldig nach neuen Lebensformen forschten, lange vorbei war. Dass man jetzt öfter auch für die Föderation die Kastanien aus dem Feuer holen musste, war ihr längst klar.

    Sie übergab Mikel das Mikrofon: „Hier, Agent. Versuchen Sie Ihr Glück. Vielleicht kann sie ihnen ja den entscheidenden Hinweis geben.“ „Ich bin es, Betsy.“, gab sich Mikel gegenüber mir zu erkennen. „Wer ist die zweite Zeugin, von der du gesprochen hast? Versteh mich bitte nicht falsch. Ich werde auch dich vernehmen, aber wenn sie jemand ist, der sehen kann, dann wird, denke ich, nur aus euren beiden Aussagen ein Schuh.“ „Es ist Allrounder Tchey Neran.“, gestand ich. „Sie hat in Zeitland Urlaub gemacht und fliegt jetzt mit einem gemieteten Shuttle neben mir her. Bitte sorge dafür, dass wir beide docken können. Dann werden wir dir alles erzählen!“ „Ich veranlasse alles, Betsy.“, beruhigte Mikel mich, denn er hatte mitbekommen, dass ich ziemliche Angst haben musste. Dann drückte er die 88-Taste.

    Kissara gab einen Laut von sich, der Mikel schließen ließ, dass ihr auch klar war, dass hier etwas im Busch sein musste. „Sie hat unheimliche Angst, Kissara.“, stellte Mikel fest, der mich und meine Reaktionen ja schon etwas länger kannte. „Sie sollten zunächst Allrounder Tchey vernehmen, Agent.“, schlug Kissara vor. „Ihre Freundin sollte zunächst in ihr Quartier gehen und sich beruhigen. Ich werde dann nach ihr sehen und ihr versuchen, ihre Angst zu nehmen. Keine Sorge. Ihre Aussage werde ich nicht verfälschen. Nur, wenn sie solche Angst hat, könnte sie unter Umständen Dinge durcheinander bringen. Betrachten Sie das bitte nicht als negative Einmischung, Mikel. Im Gegenteil. Ich will Ihnen damit nur den Weg ebnen. Es ist keinesfalls mein Ziel, Ihnen ins Handwerk zu pfuschen, was die Spionagearbeit angeht. Sie mischen sich ja im Allgemeinen auch nicht in die Art ein, in der ich dieses Schiff führe, obwohl Sie als mein erster Offizier jedes Recht dazu haben. Aber …“ „Ich habe schon verstanden, Kissara.“, sagte Mikel. „Falls Sie nichts dagegen haben, werde ich jetzt diese Sprechanlage benutzen, um Elektra Bescheid zu geben, damit sie die freien Schleusen vorbereitet. Ich werde sie auch beauftragen, Tchey und Betsy die Reihenfolge der Vernehmungen auszurichten.“ „Ist gut.“, nickte Kissara.

    Wie es Lycira vorgeschlagen hatte, verband sie mich nach meinem Gespräch mit Kissara noch einmal mit Tchey. „Du bist ja völlig aufgelöst!“, stellte meine reptiloide Freundin fest. „Kein Wunder.“, entgegnete ich. „Die Zeitlinie ist im Eimer, Dill liegt bestimmt im Sterben, Mikel hat sicher Sytania in Verdacht und für alles sind die Genesianer mehr oder minder verantwortlich. Wieso passieren eigentlich ständig solche Sachen?“ „Beschwer dich beim Schicksal, nicht bei mir.“, schnodderte Tchey zurück. „Wo ist ein demetanischer Geistlicher, wenn man einen braucht?“, stöhnte ich. „Wieso.“, meinte sie. „Weil die doch einen direkten Draht zum Schicksal haben.“, antwortete ich. „Weißt du das nicht?“

    Von ihr erfolgte keine Antwort. Die Einzige, die mir etwas sagte, war Lycira. Betsy, Tchey ist eingeschlafen, zumindest sieht es für mich so aus! Ihre Biozeichen zeigen, dass ihr Stoffwechsel auf niedrigem Level läuft. „Oh, Gott!“, rief ich aus. „Sie kann den Autopiloten nicht aktivieren! Die Menüs sind komplett auf Zeitländisch! Sie kann die Sprache auch nicht umstellen! Sie wird mit der Granger kollidieren oder abstürzen! Diese Dimension hat eine Atmosphäre! Traktorstrahl, Lycira, los!“

    Lycira ließ vor meinem geistigen Auge das Symbol für eine positive Kopplung mit dem Traktorstrahl erscheinen und ich zerrte sie in einer großen Kurve herum, so dass wir in der komplett umgekehrten Richtung zur Granger lagen. „Gute Reaktion, Lycira!“, lobte ich mein Schiff. Ausgezeichnete Flugkunst!“, gab Lycira zurück. Ich kenne nicht viele, die sich ein solches Manöver in einer Atmosphäre zugetraut hätten. „Wenn man muss, dann muss man.“, sagte ich erleichtert, denn erst jetzt wurde mir klar, dass das ganz schön in die Hose hätte gehen können. Wenn ich Lycira verrissen hätte, hätten wir alle böse abstürzen können.

    Wir werden erneut gerufen, Betsy., meldete Lycira. „Wer ist es?“, fragte ich. Es ist Warrior Kang., erwiderte sie. „Gib her.“, entgegnete ich. Sie ließ ihren Avatar vor meinem geistigen Auge nicken und schaltete die Verbindung. „Ich höre, Kang.“, meldete ich mich. „Allrounder, ich weise Sie und das andere Schiff mit Allrounder Tchey an Schleuse drei und vier.“, setzte mich Kang in Kenntnis. „Da gibt es ein Problem, Warrior.“, erklärte ich. „Allrounder Tchey ist eingeschlafen. Ich habe ihr Schiff im Traktorstrahl. Leider kenne ich ihre Autopilotfrequenz nicht.“ „Dann lassen Sie das Schiff los, sobald Elektra das Bergungsfeld aufgebaut hat.“, schlug Kang vor. „Fliegen Sie selbst nach Schleuse drei. Wir kümmern uns um Ihre Freundin. Aber ich verstehe eines nicht. Allrounder Tchey ist eine ebenso erfahrene Pilotin wie Sie. Warum ist sie kurz vor einem Dockmanöver eingeschlafen?“ „Ich weiß es nicht.“, sagte ich, die ich mir mittlerweile ernste Sorgen um Tchey machte. Mir war auch klar, dass sie sich eigentlich hätte zusammennehmen müssen. Aber vielleicht stimmte ja auch etwas mit den Umweltkontrollen ihres Schiffes nicht. Sie hatte mir gegenüber durchblicken lassen, dass es sehr alt war. Vielleicht hatte die Lebenserhaltung versagt! „Lycira, scanne Tcheys Schiff nach atmosphärischen Problemen!“, befahl ich. Das habe ich schon, Betsy., gab sie zurück. Ich dachte mir schon, dass du mir das befehlen würdest. Die Temperatur im Inneren von Tcheys Schiff ist sehr niedrig. „Dann braucht sie vielleicht medizinische Hilfe!“, schloss ich alarmiert. „Für eine Reptiloide ist eine zu geringe Temperatur extrem gefährlich! Gib mir Kang!“

    Es gab ein kurzes Signal und dann hörte ich Kangs Stimme: „Was ist los bei Ihnen, Allrounder?“ „Tchey ist in großen Schwierigkeiten, Kang!“, erwiderte ich hektisch. „Irgendwas stimmt mit den Umweltkontrollen ihres Schiffes nicht! Verständigen Sie Loridana und Learosh!“ „Sicher, Ma’am.“, beruhigte mich Kang.

    Tcheys Schiff schwimmt auf dem Bergungsfeld der Granger, Betsy., informierte mich Lycira. Wir können loslassen. „Dann tu das.“, sagte ich erleichtert. „Und folge den Positionslichtern!“ Mir war klar, dass ich mir zu große Sorgen machte, um, selbst wenn Lycira mir die Signale der Positionslichter übersetzen würde, die Steuerkontrolle selbst zu übernehmen. Ich musste befürchten, dass meine Gedanken zu chaotisch waren und es in Lyciras Datenverarbeitung nur zu einem riesigen Durcheinander kommen würde. Dafür machte ich mir um Tchey viel zu große Sorgen.

    Wir hatten das Dockmanöver erfolgreich hinter uns gebracht und ich hatte Lycira verlassen. Im Gang zwischen den Andockschleusen erwarteten mich bereits Loridana und Learosh. Ich war heilfroh, dass die Kommunikation so reibungslos geklappt hatte. „Was ist passiert, Allrounder?“, fragte Learosh, der mich als Erster gesehen hatte. „Lycira hat gemeldet, dass Tchey plötzlich eingeschlafen ist.“, erwiderte ich. „Mittlerweile weiß ich, dass die Temperatur in ihrem Shuttle zu gering ist. Sie ist eine Reptiloide! Das kann gefährlich werden!“

    „Überlassen Sie dieses Urteil besser uns!“, sagte Loridana ruhig, die jetzt aus dem Hintergrund dazukam. „Hat Ihre Freundin die Shuttleluke irgendwie gesichert?“ „Ich weiß es nicht.“, entgegnete ich. „Wir sollten für alle Fälle vorsorgen.“, sagte die Ärztin und drehte sich zum Innenraum des Hangardecks. „Elektra, kommen Sie besser mal mit einem Überbrückungswerkzeug her!“ Die im Rang eines Technical Assistant stehende Androidin nickte, holte das Werkzeug und stellte sich neben Loridana. „Also dann.“, sagte Loridana und streckte ihre linke Hand aus, um in die Sensorenmulde an der Shuttleluke zu fassen. Im gleichen Moment aber öffnete sich diese ohne ihr Zutun und eine breit grinsende Tchey entstieg dem Schiff. „Kannst du mir mal den großen Bahnhof erklären, Betsy?“, fragte sie mit einem unschuldigen Gesicht, das man förmlich hören konnte. Dann streckte sie sich und meinte: „Oh, Mann! So’n Sekundenschlaf an der Steuerkonsole ist echt tödlich.“ Dabei grinste sie noch mehr. „Ich glaube, du erklärst mir jetzt erst mal was!“, schmetterte ich ihr meine Empörung entgegen. „Das war doch alles von dir so geplant, oder?“ „Aber klärchen.“, grinste sie. „Ich wollte nur mal sehen, wie du reagierst. Ich habe die Menüs mittlerweile voll im Griff, obwohl ich kein Wort Zeitländisch kann. Aber die Sprachauswahl habe ich gefunden. Die Betriebssysteme von Shuttles sind überall fast gleich und ich wusste irgendwann, wo ich suchen musste. Dann habe ich so’n bisschen mit den Umweltkontrollen gespielt, um mich in einen Zustand zu bringen, in dem …“ „Na warte!“, drohte ich. „Das kriegst du bei Gelegenheit wieder!“ „Ich freu’ mich schon drauf!“, grinste sie.

    Elektra war auf mich zugekommen. „Agent Mikel lässt Ihnen ausrichten, dass Sie zunächst in Ihr Quartier gehen sollten.“, sagte sie. „Er wird zunächst Allrounder Tchey vernehmen und dann Sie. Aber Commander Kissara wird in der Zwischenzeit nach Ihnen sehen.“ „Danke, Elektra.“, sagte ich lächelnd und verließ mit dem nächsten Turbolift das Deck. „Ich soll zuerst aussagen?!“, meinte Tchey. „So hat es Agent Mikel ausrichten lassen.“, bestätigte Elektra. „Oh, nein!“, murrte Tchey. „Ich hasse Zeugenaussagen. Aber wenn er es so will, bitte sehr. Wo finde ich Ihren Agent Mikel, Technical Assistant?“ „Folgen Sie mir bitte, Allrounder.“, sagte Elektra höflich und ging voraus. Auch Tchey setzte sich in Bewegung und dachte im Gehen: Das ist sicher die Strafe für den Streich. Na ja. Bei manchen folgt sie eben auf dem Fuße.

    Bansabira, die Amidala ablöste, war keine Shashanistin. Aber leider war sie erst zu den Wachen gestoßen, nachdem Amidala Scotty über die neue Glaubensrichtung ihrer Kolleginnen informiert hatte. Sie war eine direkte Verwandte der Prätora des Clans und wahrscheinlich war dies der Grund, warum sie so schnell aufgestiegen war. Jedenfalls war sie zu Amidalas Stellvertreterin geworden.

    Die große breitschultrige Kriegerin mit den kurzen braunen Haaren erwartete die Männerfängerinnen von der Canara bereits im Transporterraum des Gefängnisses. „Was habt ihr da?“, fragte sie, zeigte auf Clytus und sah Tira an, die ihn gemeinsam mit Hypolithe hergebracht hatte. „Frischfleisch.“, antwortete diese nur recht kurz. „Ein Verrückter. Stell dir vor, Bansabira. Er behauptet, ein Q zu sein.“ Sie lachte gemein. „Gib ihn her!“, befahl Bansabira. „Wir werden ihm diese Flausen hier schon austreiben.

    Tira nickte und öffnete einen Verschluss an einer Art Kette, die sie in der Hand hatte und deren zweites Ende mit einem Reif verbunden war, den Clytus um den Hals hatte. Im gleichen Moment befestigte Bansabira eine ähnliche Kette daran. Dann zog sie eine Art Elektroschocker, schaltete ihn ein und hielt ihn in Richtung von Clytus’ Rücken. Danach befahl sie: „Vorwärts! Sonst setzt es was!“ Traurig und eingeschüchtert folgte Clytus dem Befehl. Er hatte keine Ahnung, wie er sich befreien sollte und hatte auch auf der Canara mittlerweile genug mitgemacht, um sich denken zu können, dass Widerstand nur noch mehr Schmerz bedeutete.

    Scotty war in seine Arbeit vertieft, als er die klirrenden Schritte der Wärterin und das traurige Schlurfen von Clytus vernahm. Er hatte in dem dunklen Schacht zwar kaum die Hand vor Augen sehen können, aber er hatte von mir doch eine Menge gelernt. „Ich erlaube dir zu sprechen, Terraner!“, sagte Bansabira im Befehlston, während sie sich vor Scotty aufbaute. „Schließlich musst du mir antworten, damit ich weiß, ob du verstanden hast, was ich von dir will. Also. Das ist ein kleiner Verrückter. Er behauptet, dass er ein Q wäre. Aber diese Flausen werden ihm ein paar Tage Arbeit schon austreiben. Arbeit, in die du ihn einweisen wirst. Das hast du dir verdient, wenn ich mir hier so betrachte, was du schon geleistet hast!“

    Sie drehte sich zu dem Haufen Kristalle um, der zu Scottys rechter Seite lag und immer weiter anwuchs. Dann nahm sie zwei der Kristalle auf und prüfte sie auf ihren Händen nach Gewicht, wonach sie dann beide betrachtete und dann lobend sagte: „Einer wie der andere. Gute Arbeit, Terraner. Dafür hast du dir eine Extraportion Essen verdient. Ich glaube sogar, dass ich euch in der nächsten Essenspause erlauben werde zu reden, obwohl wir Wächterinnen anwesend sind. Ja, das werde ich tun. Das haben deine Mitgefangenen nur dir zu verdanken. Kannst stolz auf dich sein. Aber nun zeig ihm erst mal wie das hier geht!“ Sie stellte eine weitere Kiste auf dem Boden ab, aus der sie ebenfalls Werkzeuge zum Vorschein kommen ließ. Dann ging sie.

    „Was mache ich mit den beiden Dingern?“, fragte Clytus. „Pass auf.“, sagte Scotty. „Das hier ist ein Erfasser und das hier ist ein Lasermesser. Mit dem Erfasser kannst du feststellen, wo sich energiehaltige Kristalle in der Wand befinden und mit dem Lasermesser schneidest du sie heraus.“ Er nahm die eigenen Werkzeuge in die Hand: „Sieh mir zu.“ Clytus beobachtete, wie Scotty mit dem Erfasser an der Wand entlang ging, um neue Kristalle zu suchen. Dann sah er zu, wie der Terraner das Lasermesser benutzte. „Ich glaube, ich hab’s verstanden.“, sagte Clytus. „OK.“, meinte Scotty. „Dann mach mal.“ Er wandte sich wieder der eigenen Arbeit zu.

    Einige Minuten lang hatten die Beiden jetzt schon stumm nebeneinander gearbeitet, als Scotty auffiel: „Wir haben uns ja noch gar nicht vorgestellt. Also, ich heiße Montgomery Scott. Du kannst aber ruhig Scotty zu mir sagen.“ „Clytus.“, sagte dieser leise. „Aus dem Raum-Zeit-Kontinuum. Mein Vater ist Kairon und meine Mutter ist Lady Miranda, eine zeitländische Adelige.“

    Scotty seufzte. „Du solltest diese Fantasie ablegen, Junge. Sie macht dir nur Scherereien. Guck mal. Mich kann keine Genesianerin gebrauchen, weil ich mit ihnen nicht biologisch kompatibel bin. Solange mich keine Frau aus den eroberten Gebieten haben will, kann ich mein Leben nur durch gute Arbeit verlängern. Sonst wäre ich schon längst tot. Aber du, du siehst doch für 'n genesianischen Burschen ganz stattlich aus. Du könntest sogar der Ehemann einer Prätora werden, wenn sich eine in dich verguckt. Du machst dir das Leben nur selber schwer, indem du diesen geistesgestörten Bockmist von dir gibst. Also, wie heißt du wirklich? Fangen wir doch mal mit was ganz Einfachem an.“ „Ich heiße Clytus!“, schrie der kleine Junge so laut, dass Scotty dachte, er wollte mit seiner Stimme die Mine zum Einsturz bringen. „Und was ich gesagt habe ist wahr!!!! Es ist wahr, es ist wahr, es ist wahr!!!!“ Er warf sich weinend in den Staub.

    Scotty überlegte krampfhaft, wie er diese Geschichte bereinigen konnte. Für ihn sah es aus, als hätte er es mit einem verrückten Genesianer zu tun. Aber irgendwas störte ihn an der Sache gewaltig. Doch er war nicht sensibel genug, um sich in die Welt des Jungen versetzen zu können. Wo bist du, meine Betsy?, dachte er. So jemanden wie dich könnten wir hier jetzt gut gebrauchen.

    Nachdenklich arbeitete Scotty weiter. Er wusste nicht, ob er wie die anderen Gefangenen über das Leid des Jungen hinwegsehen oder vielleicht wie die Wärterinnen nach seiner Vorstellung Beifall klatschen und lachen sollte, oder ob er einen ganz anderen Weg einschlagen sollte. Er konnte kein Wort Genesianisch, konnte sich aber gut vorstellen, was die eine Wärterin zur anderen gesagt hatte, als sich zwei Wachen lauthals und in spöttischem Ton unterhalten hatten. Außerdem hatten beide laut gelacht und Amidalas Namen erwähnt. Wahrscheinlich würden sie ihr beim Schichtwechsel alles erzählen.

    Wenige Minuten später ertönte ein lautes Signal, das Scotty aus seinen Gedanken riss. „Essenfassen, alle miteinander!“, kommandierte Bansabira und sammelte die Werkzeuge ein. „In einer Reihe aufstellen! Los! Terraner, du bist der Erste! Und wehe, einer tanzt aus der Reihe!“ Sie zeigte auf eine Fernbedienung in ihrer Hand. „Bitte, einen Moment noch, oberste Wächterin.“, sagte Scotty, dem aufgefallen war, dass Clytus noch immer in der gleichen Stellung auf dem Boden kauerte. „Na gut.“, sagte Bansabira. „Aber strapaziere meine Geduld nicht über! Auch dein Bonus ist irgendwann verbraucht!“

    Langsam schlich Scotty zu Clytus herüber. „Verdammt, Kleiner, steh auf.“, flüsterte er ihm zu. „Ich habe gesehen, dass du den ganzen Tag noch nichts zustande gebracht hast. Wenn du so weiter machst, wird sie dich fürchterlich bestrafen. Vielleicht weißt du es noch nicht, aber dieses Ding um deinen Hals kann dir ganz schöne Schmerzen machen. Mit der Fernbedienung kann sie die Intensität steuern und auch willkürlich einen auswählen, dessen Halsband sie aktiviert. Also, pass auf, was du machst.“ Er zerrte Clytus auf die Beine, die er immer noch sehr unkoordiniert bewegte. „Jetzt gibt es aber erst mal was zwischen die Zähne.“, sagte er dann.

    Bansabira hatte einen Kessel vor sich stehen, aus dem sie eine merkwürdig riechende breiige Mischung in eine Art Näpfe verteilte. Diese verteilte sie dann an die Gefangenen. Dann schickte sie alle an eine leer geschürfte Wand im Raum. „Müssen wir wirklich wie Tiere mit der Zunge aus der Schüssel schlabbern?“, fragte Clytus. „Allerdings.“, nickte Scotty. „Einen Löffel bekämst du nur, wenn du eine Frau wärst.“

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