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Die Frachtkiste mit Novus war in Kamurus’ Frachtraum verstaut und die Frauen waren in seinem Cockpit mit der backenbärtigen Simulation des Schiffsavatars allein. „Nun mal Hand aufs Herz, mein guter Agent.“, flapste Ginalla. „Wie hab’ ich es geschafft, Sie doch noch zu überzeugen?“ „Um ehrlich zu sein.“, setzte Sedrin an. „Es war Ihre burschikose Art, Ginalla. Als Celsianerin haben Sie die ja ohnehin, aber ich kann mir vorstellen, dass sie Ihnen auch schon aus so mancher Situation geholfen hat. Außerdem habe ich Sie auf der Hochzeit der beiden Miray gut genug kennen gelernt, dass ich beurteilen kann, ob Sie für den Posten der Taxipilotin auf dieser Mission in Frage kommen.“ „Oh, Mann.“, stöhnte Ginalla. „Und ich dachte, die Vulkanier hätten eine geschwollene Sprache. Vielleicht sollten Sie mal Ihren Kehlkopf kühlen, Sedrin. Ich bin sicher, das hilft.“ Sedrin grinste. Sie wusste, dass im Vergleich zu den Celsianern nahezu jede Redeweise geschwollen anmutete.

Kamurus lud plötzlich beide Tabellen in den Simulator in der Kabine und räusperte sich. „Ich habe das starke Gefühl, Ginalla, dass du noch eine Sache bei dem Plan außer Acht gelassen hast.“ „Was soll das für eine Sache sein, Kamurus?“, fragte Ginalla zurück. „Was ist, wenn Chief-Agent Tamara oder die Genesianer uns sagen, dass kein Roboter bestellt wurde.“ „Oh, Shit!“, rief Ginalla aus. „Du hast Recht. Daran habe ich nun wirklich nicht gedacht.“

Sedrin hatte sich auf einen Sitz gesetzt und zu überlegen begonnen. Dann wandte sie sich an den Avatar: „Kamurus, wir werden denen einfach sagen, dass wir im Rahmen einer Werbeaktion jedem potenziellen Kunden unsere Produkte vorstellen, damit sie sehen, dass wir keine leeren Versprechungen machen. Ich kriege das den Genesianern schon beigebracht, falls irgendeine Verwalterin uns Ärger machen sollte. Außerdem werde ich versuchen zu erreichen, dass ich zu Tamara durchgestellt werde. Ich weiß, sie hält mich für tot, aber sie weiß auch, dass ich ziemlich listig bin. Wenn ich ihr erkläre, dass ich temporal isoliert war, als die Geschichte verändert wurde, wird sie hoffentlich meine Hilfe annehmen.“ „Sie gehen ein hohes Risiko ein, Sedrin.“, sagte Kamurus. „Du kannst mich duzen.“, erinnerte Sedrin ihn. „Weißt du nicht mehr, was wir am SITCH vereinbart haben?“ „Pfui Spinne!“, rief Ginalla aus. „Sie haben also wirklich mit ihm gemeinsame Sache gemacht, als …“ „Ja.“, fiel ihr Sedrin ins Wort. „Als Sie die beleidigte Leberwurst spielten.“

„Meine Sensoren empfangen das Transpondersignal der Regierungsbasis der Föderation.“, meldete Kamurus. „OK.“, sagte Ginalla. „Geh auf Impuls und mach der guten Sedrin 'ne Verbindung mit denen. Ich hab’ schon kapiert, dass sie das Reden übernimmt. Ich bin ja nur die Chauffeurin.“

Wenige Sekunden danach sah Sedrin das Gesicht einer missmutig dreinschauenden Genesianerin auf dem virtuellen Schirm vor ihrem geistigen Auge. „Ich bin Verwalterin Sangara.“, stellte sie sich vor. „Angenehm.“, erwiderte Sedrin. „Mein Name ist Yetrin. Ich bin Außendienstmitarbeiterin der Firma Workaholic Roboters. Ich würde dem Chief-Agent gern unsere Produkte vorstellen.“ Sie ließ die Sendetaste los, um der etwas irritierten Genesianerin zunächst die Möglichkeit zum antworten zu verschaffen. Wenn sie in ihrem ohnehin schon verwirrten Zustand jetzt noch in Zugzwang geriet, antworten zu müssen, würde Sedrin sie noch viel eher am Haken haben. „Ohne meine Genehmigung geschieht nichts auf dieser Basis.“, tat Sangara groß. „Wenn der Chief-Agent einen Roboter bestellt hätte, wüsste ich davon.“ „Sie missverstehen mich, meine Dame.“, flötete Sedrin überaus höflich. Sie ahnte, dass sie die Genesianerin damit noch mehr verwirren konnte, denn im Allgemeinen waren die Genesianer einen solchen Umgangston nicht gewohnt. Bei ihnen ging es weitaus rauer zu. Dies hatten auch alle Sternenflottendiplomatinnen beachtet, mit denen sie zu tun hatten. Aber woher sollte eine Zivilistin das wissen, die noch dazu auf freundlichen Umgang mit Kunden getrimmt war und auch die oft sehr schleimig anmutende Art einer Vertreterin beherrschen musste. „Ich möchte dem Chief-Agent lediglich unsere Produkte vorstellen. Wissen Sie, wir sind noch neu im Geschäft. Aber der Chief-Agent könnte doch sicher einen Roboter gebrauchen, der ihr zum Beispiel das lästige Sortieren von Akten abnimmt. Sie wird ja ihren Sekretär entlassen haben müssen und, seien wir doch ehrlich, welche Frau würde sich heute für so eine niedrige Arbeit hergeben. Wir dürfen uns doch glücklich schätzen, weitaus höher qualifizierte Tätigkeiten verrichten zu können. Der Chief-Agent müsste doch ihre kostbare Zeit nicht dafür verschwenden und auch Sie dürften sich den Roboter gern einmal ausleihen. Ich könnte bereits bei einer Bestellung arrangieren, dass er entsprechend programmiert wird, dass der Chief-Agent und Sie die gleichen Zugriffsrechte haben.“

Eine Weile verging, ohne dass sich am anderen Ende der Verbindung etwas tat. Da aber niemand die 88-Taste gedrückt hatte, war davon auszugehen, dass sie noch immer bestand, was Kamurus auch bestätigte. „Die denkt jetzt nach.“, vermutete Ginalla. „Aber ich glaube, Sie haben sie schon.“ „Natürlich.“, erwiderte Sedrin. „Die Genesianer hassen Büroarbeit. Wenn man diesen Fakt kennt, ist alles andere ein Kinderspiel.“ „Papierkram is’ denen zu abstrakt, wie?“, überlegte Ginalla laut. „Das is’ nich’ so plastisch wies Kriegshandwerk.“ „Exakt.“, lobte Sedrin. „Und genau diesen Fakt nutzen wir jetzt aus.“

Ginalla sah Sedrin an. Sie hatte überlegt, die jetzt in ihren Augen sehr langsam vergehende Zeit zur Klärung eines anderen Faktes zu nutzen, der ihr noch immer Kopfzerbrechen bereitete. „Sagen Sie mal, Agent.“, begann sie. „Was für einen Fakt, wo wir schon mal beim Thema sind, haben Sie eigentlich geschaffen, damit Kamurus das Rufzeichen, von dem aus Sie mit uns in Kontakt getreten sind, nicht verfolgen konnte. Wo kriegt man rein numerische Rufzeichen her? Sie können ja wohl schlecht an eine Wanze gekommen sein, die solche Rufzeichen rein technisch gesehen wohl haben könnte. Man stelle sich das vor. 'ne Tote spaziert ins Geheimdienstbüro von Little Federation und verlangt nach 'ner Wanze. Ich glaub’, Ihre Kollegen wären reihenweise in Ohnmacht gefallen.“ Sie grinste. „Ich muss Sie enttäuschen, Ginalla.“, erwiderte Sedrin ebenfalls mit einem Grinsen und zog Carusos Halsband aus der Tasche. Dann gab sie es ihr, die es sich genau ansah. „Das is’ ’n Halsband für 'ne Katze.“, stellte Ginalla fest. „Aber da is’ Technik drin.“ „Genau.“, erklärte Sedrin. „Und ich denke, dass Ihrem geschulten celsianischen Auge auch klar sein wird, um was für eine Art von Technik es sich handelt. Im Prinzip lagen Sie mit der Wanze gar nicht so falsch.“ Erneut schaute Ginalla sich das Halsband an. „Das is’ 'n Überwachungshalsband.“, stellte sie fest. „Damit kann der Haustierbesitzer jede Bewegung seines Lieblings überwachen, wenn das Ding Verbindung mit dem Hausrechner hat. Das Mikrofon nimmt die Umgebungsgeräusche auf und überträgt sie, genau wie die kleine Kamera das Bild überträgt. Über den Lautsprecher, der wohl nahe beim Ohr des Tierchens postiert ist, kann der Mensch im Notfall auch mal ein Nein oder so übermitteln.“ „Genau.“, sagte Sedrin. „Cupernica und Data haben dies angeschafft, um Caruso beim Stromern vor Schaden bewahren zu können. Aber Caruso wurde leider von einer genesianischen Jägerin getötet.“ „An so 'ner Hauskatze is’ doch nix dran!“, meinte Ginalla tadelnd. „Offensichtlich war ihr das egal.“, schloss Sedrin. „Zumindest, wenn ich der Zeugenaussage meines Mannes glauben kann und er die Wahrheit gesagt hat, wovon ich ausgehe.“ „Auf Genesia Prime und den Nebenwelten wird eine heimische Raubkatzenart von den Genesianerinnen gejagt.“, mischte sich Kamurus ein. „Es wäre logisch, wenn die Genesianerin aufgrund dessen Caruso getötet hätte.“ „Du hast Recht.“, bestätigte Sedrin und auch Ginalla nickte, denn sie konnte sich noch gut an die Szene erinnern, die sie damals zu diesem Thema beobachtet hatte.

Das Schiff registrierte die Wiederaufnahme der Verbindung. „Da möchte jemand mit uns reden.“, sagte er und stellte Sedrin das Bild auf den virtuellen Monitor. Mit Erleichterung erkannte die Demetanerin das Gesicht ihrer Vorgesetzten. „Ich bin Chief-Agent Tamara.“, stellte die lockenköpfige Halbklingonin sich vor. „Ich sehe mir Ihr Produkt gern an. Kommen Sie ruhig her und führen Sie es vor.“ Damit beendete sie die Verbindung. „Das war ja leichter, als ich mir je träumen lassen habe.“, sagte Sedrin erleichtert. „Hoffentlich nicht zu leicht.“, entgegnete Kamurus. „Bitte passen Sie darauf auf, dass Sie nicht in eine eventuelle genesianische Falle geraten.“ „Sie is’ 'ne ausgebildete Spionin, Kamurus.“, erinnerte Ginalla ihr Schiff. „Die würde Fallen zehn Meilen gegen den Wind riechen. Aber du kannst sie ja überwachen und mir alles durchstellen. Beim kleinsten Anzeichen von Problemen holen wir sie wieder.“ „Ist in Ordnung.“, sagte Kamurus. „Wenn du mit mir zusiehst, besteht auch nicht die Gefahr, dass wir etwas übersehen. In manchen Situationen bin ich auf einen biologischen Piloten mit Bauchgefühl angewiesen.“ „Weiß ich doch.“, lächelte Ginalla.

Sedrin stand von ihrem Platz auf. „Ich gehe nach hinten und befreie Novus aus seiner Kiste. Er wird mich zu Fuß begleiten. Das ist denke ich besser. Ich kann immer sagen, dass seine Leistungen besser zu beurteilen sind, wenn man ihn in Aktion sähe.“ „OK.“, sagte Ginalla. „Kamurus und ich warten auf Ihren erhobenen Daumen. Sie wissen ja, wo im Frachtraum die Sprechanlage is’.“

Die Agentin nickte und drehte sich in Richtung der Tür zur Achterkabine. Beim Hindurchgehen viel ihr auf, dass Kamurus ihr den Weg leuchtete. „Ist schon gut, Kamurus.“, flüsterte sie. „Ich weiß, wo es lang geht. In dir kann man sich ja nicht verlaufen. Du bist ziemlich fürsorglich, wenn man bedenkt, dass du von der gleichen Spezies abstammst, von der auch Alice gekommen ist. Aber in jeder Rasse gibt es solche und solche.“

Sie war bei der Frachtkiste angekommen und gab den Code zur Entsicherung des Schlosses ein. Dann schob sie den Deckel zur Seite und flüsterte Novus’ Namen in sein Ohr, worauf seine Systeme sofort hochfuhren und er die Augen öffnete. „Wir sind da, Novus.“, informierte sie ihn knapp. Dann gab sie ihm die Tüte mit seiner Kleidung. „Zieh dich bitte an und dann halt dich bereit.“, sagte sie. „Ginalla und Kamurus beamen uns gleich herunter. Ich werde dich in einem Ton ansprechen, als wärst du ein Roboter oder eine andere Maschine. Ich hoffe, das stört dich nicht.“ „Aber nein, Agent.“, erwiderte Novus höflich. „Für die Genesianer bin ich ja auch nichts anderes. Damit unser Plan funktionieren kann, werde ich dies wohl erdulden müssen.“ „Ich hatte nur Sorge, dass du das Gefühl haben könntest, dass man euch Androiden in der Rechtsprechung um Jahrhunderte zurückgeworfen hat.“, begründete die Demetanerin. „Das wäre nicht nur ein Gefühl.“, entgegnete Novus. „Selbst wenn ich dieses Gefühl aufgrund der Tatsache, dass ich das Emotionsprogramm meines Vaters geerbt habe, entwickeln könnte. Wie Sie wissen, Agent, entspricht es der Wahrheit. Wir sind in der Rechtsprechung um Jahrhunderte zurückgeworfen worden. Dies ist aber ganz logisch, da die Genesianer nicht die gleiche Geschichte im Bezug auf uns Androiden haben können wie die Föderation. Dieser Fakt, den wir jetzt ausnutzen werden, ist mir also nicht unbekannt.“ „Musst du immer jedes Wort, das ich sage, auf die Goldwaage legen, Novus?!“, fragte Sedrin nervös. „Ich dachte, du hättest auf Celsius gelernt …“ „Das habe ich auch.“, fiel ihr der Androide ins Wort. „Ich versuchte lediglich, Ihre Sorge zu zerstreuen.“

Sedrin atmete tief durch und zählte bis zehn. „Entschuldige, Novus.“, sagte sie dann schon viel ruhiger. „Das ist sehr lieb von dir. Danke, dass du auf mich biologisches Wesen solche Rücksicht nimmst. Bist du so weit?“ Novus nickte und Sedrin betätigte die Sprechanlage: „Ginalla, wir sind so weit!“ „OK.“, erklang eine burschikose Antwort aus dem Cockpit. „Dann haltet euch mal bereit.“

Wenig später fanden sich Sedrin und Novus im Korridor vor Tamaras Büro wieder. Eine ernst dreinschauende genesianische Kriegerin mit braunen Haaren, sportlicher Figur und in die typische Rüstung einer genesianischen Kämpferin gekleidet, stellte sich ihnen mit gezogenem Phaser in den Weg. Mit einem Handzeichen bedeutete Sedrin Novus, hinter ihr zu bleiben. „Mit der ist sicher nicht gut Kirschen essen.“, flüsterte sie dem Androiden zu. Dann wandte sie sich an die Genesianerin: „Ich komme von Workaholic Roboters.“, sagte sie freundlich aber bestimmt. „Ich bin angemeldet. Sie können sich gern davon überzeugen, dass ich die Wahrheit gesprochen habe.“

Die Genesianerin betätigte die Sprechanlage und erklärte in ungelenkem Englisch, dass wohl eine Vertreterin draußen stand. „Sie soll hereinkommen.“, erwiderte Tamaras Stimme von drinnen langsam und deutlich. Sedrin interpretierte aus dieser Tatsache, dass die Chefagentin wohl befürchtet haben musste, die Wache würde sie nicht verstehen, wenn sie schneller spräche.

Die Genesianerin betätigte den Türsensor. Dann deutete sie auf Sedrin und die sich langsam öffnende Tür. „Vielen Dank.“, flötete die Demetanerin zur genesianischen Wache gewandt. Dann drehte sie sich zu Novus: „Soong III, folgen!“

Wortlos stapfte der Androide hinter ihr her. Bald fanden sie sich in Tamaras Büro wieder, die erst jetzt von ihrem großen schweren holzfarbenen Schreibtisch aufsah. „Von den Beiden wird keine Gefahr ausgehen.“, sagte die Chefagentin wiederum sehr deutlich zu der sie fragend ansehenden Wächterin, deren Englisch offenbar nicht ausreichte, um ihr die Frage nach dem Gefühl der eigenen Sicherheit auch verbal zu stellen. „Sie können die Tür ruhig schließen.“ Die Wächterin nickte und ließ den Sensor los, der bisher bedingt durch ihren Finger als Signalgeber das Schließen der Tür verhindert hatte.

„Endlich allein.“, atmete Tamara auf, die nach dem ins Schloss Fallen der Tür die Besucherin und ihren Anhang genau gemustert hatte. Irgendwie war ihr die Statur der demetanischen Frau bekannt vorgekommen. Nur war sie eine ähnlich aussehende Person in Sternenflottenuniform gewohnt und nicht mit so viel Makeup. Die künstliche Lebensform, die sie begleitete, kannte Tamara nicht.

Sedrin räusperte sich und sah ihrer vermeintlichen Kundin in die Augen. „Chief-Agent, darf ich Ihnen das Modell Soong III vorstellen? Er kann vorbildlich Akten sortieren und ist auch sonst mit allerlei anfallenden Arbeiten vertraut. Ich könnte Ihnen gern etwas zeigen. Nehmen wir doch einmal diesen Stapel Datenkristalle dort im Regal. Soong III, Ordnungssystem scannen und einprägen!“

Tamara und Sedrin beobachteten, wie Novus’ Augen über die Hüllen der Kristalle wanderten. „Lernphase abgeschlossen.“, erwiderte der Androide nach einigen Sekunden. „Welches Ordnungssystem hast du erkannt?“, fragte Sedrin. „Erkannte alphanumerisches Ordnungssystem in aufsteigender Reihenfolge.“, entgegnete Novus. Dabei betonte er fast ohne Modulation, da er sich schon denken konnte, dass genau das von ihm erwartet wurde. Schließlich musste er aufrecht erhalten, eine Maschine und keine Lebensform zu sein. „Korrekt.“, bestätigte Sedrin. Dann sprach sie weiter, an Tamara gewandt: „Sie sehen also, Chief-Agent, unsere Modelle sind auch in der Lage, selbstständig Ordnungssysteme zu erkennen und nach ihnen zu verfahren, wie ich demonstrieren werde.“

Sie griff wahllos Kristalle aus dem Regal und legte sie auf eine Ecke des Schreibtisches. Aber bevor sie noch weitermachen konnte, stand Tamara, die sie die gesamte Zeit über beobachtet hatte, plötzlich auf, zog einen Erfasser und scannte sowohl sie, als auch den angeblichen Roboter. Dann sagte sie bestimmt aber leise, da es nicht in ihrem Interesse lag, dass die Genesianer hiervon auch nur ein Sterbenswörtchen mitbekommen sollten: „Schluss mit dem Theater! Wer sind Sie wirklich?! Ich nehme Ihnen nicht ab, dass Sie gerade jetzt von einer Firma für Roboter gekommen sind. Dafür erinnern Sie mich zu stark an jemanden, die zwar offiziell tot ist, aber die mir auch als sehr listig bekannt ist, und zwar als so listig, dass sie unter Umständen sogar dem Sensenmann ein Schnippchen schlagen könnte, Sedrin!“

Jetzt war es heraus! Erleichtert über den Umstand, dass ihre Vorgesetzte sie doch erkannt hatte, ließ sich Sedrin in einen der an der hinteren Wand des Büros stehenden Gästesessel fallen. „Ich hatte so gehofft, dass Sie doch überlebt haben.“, sagte die Chefagentin, während sie von ihrem Schreibtisch aufstand, um sich neben Sedrin auf einen weiteren Sessel zu setzen. „Sie und Huxley haben das alles geplant, nicht wahr? Ich meine, da vergeht ein halbes Jahr, in dem alle Welt geglaubt hat, Sie wären tot und das halten Sie solange aufrecht, bis keiner mehr Verdacht schöpfen kann und dann tauchen Sie auf wie die gute Fee und …“ „So ähnlich.“, bremste Sedrin sie. „Ich war temporal isoliert, als die Geschichte verändert wurde. In der Zeitlinie, die ich kenne, haben die Genesianer bis heute keine Anstalten gemacht, die Föderation zu erobern und schon gar nicht unter der Führung ihrer obersten Göttin.“ „Damit währen wir beim Thema.“, sagte Tamara. „Mir kann niemand erzählen, dass diese Schlacht damals wirklich mit rechten Dingen zuging. Das war nicht die Art, auf die genesianische Kriegerinnen kämpfen. Außerdem kann mir niemand weismachen, dass sie plötzlich derartige mentale Kräfte entwickelt haben.“ „Ich weiß.“, erwiderte Sedrin. „Ich habe die angebliche Schlacht gesehen. Mir wurden Daten zugespielt. Irgendwas stimmte da nicht.“ „Ich kann Ihnen sagen, was da nicht stimmt!“, sagte Tamara. „Sytania hat der obersten Prätora weisgemacht, sie sei die Wächterin von Gore und dann …“ „Nein!“, widersprach Sedrin entschieden. „Ich gehe davon aus, dass Sytania auf den Zug aufgesprungen ist, aber nicht die treibende Kraft war. Wenn Sytania die Haupttäterin gewesen wäre, hätte sie uns längst aus der Geschichte getilgt, wie sie es immer vorgehabt hatte. Den Umweg über die Eroberung der Föderation wäre sie nicht gegangen.“ „Ganz Ihrer Ansicht.“, erwiderte Tamara. Sedrin sah sie fragend an. „Die Vermutung mit Sytania war nur ein Test.“, fuhr die Halbklingonin fort. „Ich wollte erfahren, wie weit Sie schon ermittelt haben. Aber was ist mit dem Androiden? Warum begleitet er Sie?“ „Er hat Daten im Kopf, die meine Behauptung, ich käme aus einer anderen Zeitlinie, beweisen.“, entgegnete Sedrin und übergab Novus ein Haftmodul. Dann zischte sie ihm zu: „Du kannst aufhören zu schauspielern.“

Novus drehte sich Tamaras Rechner zu. „Ich habe Daten des Phänomens im Kopf, in dem sich die Manifestation der Veränderung der Zeitlinie ausgedrückt hat. Darf ich sie Ihnen zeigen?“ „Sicher.“, entgegnete Tamara und rückte näher an den Monitor ihres Rechners heran. Novus schloss sich mit dem Modul an den Rechner an und überspielte die Daten. Dann sahen alle, was sich an Bord des Passagiershuttles abgespielt hatte, aus seiner Sicht. „Wie sind Sie diesem Ding da draußen entkommen?“, fragte Tamara. „Ich habe die Piloten dazu gekriegt, das Shuttle in den Interdimensionsmodus zu bringen.“, sagte Sedrin ergänzend aus. „Ansonsten würde ich mich an die korrekte Zeitlinie genau so wenig erinnern wie 90 % aller anderen. Novus hat festgestellt, dass sich in dem Phänomen das Neuralmuster eines unbekannten Mächtigen befand. Das hat mich in Alarmbereitschaft versetzt.“ „Und dann haben Sie alles Weitere in die Wege geleitet.“, schloss die Chefagentin. „Wir müssen herausfinden, was da wirklich passiert ist und wer der oder die unbekannte Mächtige ist.“, insistierte Sedrin. „Deshalb möchte ich bei den Genesianern eingeschleust werden. Können Sie irgendwie dafür sorgen, Tamara?“ „Davon können Sie ausgehen.“, erwiderte die Halbklingonin zuversichtlich. Sie musste noch einen Trumpf im Ärmel haben, von dem noch nicht einmal Sedrin etwas ahnte.

Im gleichen Moment öffnete sich die Tür und die Wache nebst der genesianischen Verwalterin betrat das Büro. „Ich bestelle.“, schauspielerte Tamara. „Beamen Sie auf Ihr Schiff zurück und fliegen Sie zu ihrer Firma. Sie können sich glücklich schätzen, heute den Fisch Ihres Lebens geangelt zu haben. Wir hätten sogar gern noch zwei von denen.“ Dabei zeigte sie auf Novus. Sedrin war aufgefallen, dass Tamara den Fisch außerordentlich stark betont hatte. „Vielen Dank für Ihre Bestellung.“, flötete Sedrin. „Sie werden höchstens eine Woche warten müssen, dann sind die Roboter da. Ich garantiere Ihnen, Sie werden es nicht bereuen.“

Im gleichen Augenblick wurden Novus und Sedrin von Kamurus’ Transporter erfasst und an Bord gebeamt. „Scheint ja alles gut gelaufen zu sein.“, beglückwünschte Ginalla die Demetanerin. „Da hat Ihnen die gute Tamara aber 'n ganz schön dickes Überraschungsei ins Nest gelegt, was? Sie hätten nich’ geglaubt, dass die auf Ihrer Seite is’.“ „Ehrlich gesagt nicht.“, gab Sedrin zu. „Aber ich muss Sie um noch einen Gefallen bitten. Bitte holen Sie mit mir Cupernica und Data ab und bringen Sie uns dann ins Sternbild Fische. Bei Kamurus’ Höchstgeschwindigkeit werden wir dafür insgesamt wohl eine Woche brauchen. Das habe ich Tamara sagen wollen, nachdem ich ihren Wink verstanden hatte. Ich weiß nicht was, aber dort wird irgendwas passieren. Tamara machte eine entsprechende Andeutung.“ „Also gut.“, sagte Ginalla. „Aber hoffentlich merken die Genesianer nix, wenn wir so häufig zwischen der Erde und irgendwelchen anderen Planeten hin und her pendeln.“ „Das glaube ich nicht.“, versicherte Sedrin. „Außerdem lieben Sie doch Abenteuer. Sie stehen doch drauf, wenn es kitzelig wird.“ Ginalla nickte lächelnd. „Also.“, sagte Sedrin. „Dann los!“

Ginalla gab Kamurus die entsprechenden Gedankenbefehle. Dann grinste sie Sedrin zu: „Sagen Sie, Agent, sind Sie eigentlich sicher, dass Sie keine Ferengi in der Familie haben? Ich meine, diese Halsabschneidernummer, die hätte …“ „Mutter Schicksal bewahre!“, rief Sedrin aus. „Außerdem sind Demetaner und Ferengi biologisch gar nicht kompatibel.“, mischte sich Novus ein, der jetzt mit den Frauen im Cockpit sein durfte.

Nugura, die wir auf der Regierungsbasis abgesetzt hatten, war gemeinsam mit Saron in ihr Büro gegangen. Dem demetanischen Sekretär war aufgefallen, wie abschätzig die Genesianerinnen ihn angesehen hatten. Er war außerdem überzeugt, sie würden hinter seinem Rücken getuschelt haben.

„Sie werden mich wohl entlassen und in die Kristallminen schicken müssen, Madam President.“, flüsterte Saron ihr hinter der geschlossenen Bürotür zu. „Kommt gar nicht in Frage!“, sagte Nugura bestimmt. „Ich lasse mir genau so wenig eine falsche Zeitlinie aufdrücken wie Commander Kissara. Sie haben ja wohl mitbekommen, was da passiert ist.“ „Sie haben mich informiert, Nugura.“, sagte Saron. „Ja.“, erwiderte Nugura. „Gleich nachdem mich Kissara und ihr erster Offizier selbst informiert hatten.“ „Dann wissen Sie ja wohl, dass ich Recht habe.“, verlangte der Sekretär weiter nach seiner Kündigung. Dann wendete er sich an den Computer: „Computer, gibt es männliche Minister im Parlament der Föderation?“ „Negativ.“, antwortete der Rechner. „Wann wurden sie entlassen?“, fragte Saron weiter. „Zentrale Allzeit 3034,1229.1430.“, gab der Computer zurück. Nachrechnend sagte Saron: „Das war vor ungefähr einem halben Jahr. Also, warum entlassen Sie mich dann nicht auch?“

Nugura ließ sich in ihren Stuhl sinken. „Ach, Gott, die Minister.“, sagte sie mit viel Luft in der Stimme. „Aber wenn Sie mir schon mit Hilfe des Computers glauben, etwas beweisen zu können, dann will ich Ihnen jetzt mal vormachen, dass ich das auch kann. Computer, ruf das Bild von der Parlamentssitzung auf Khitomer von zentraler Allzeit 3034,0622.1615 auf. Maximale Vergrößerung.“

Der Rechner folgte ihrem Befehl und bald sah Saron das Bild aus den Nachrichten, wie es auch die Fernsehzuschauer sahen. „Entdecken Sie sich irgendwo auf diesem Bild, Saron?“, fragte Nugura. „Nein.“, gab er zu. „Sehen Sie?“, fragte die Präsidentin. „Die Kameras sind nur immer auf die Minister gerichtet. Kleine Protokoll führende Sekretäre fallen keinem auf. Also wird niemand merken, dass Sie noch da sind und was hinter geschlossenen Bürotüren vorgeht, geht niemanden was an. Also, ich werde unser Arbeitsverhältnis nicht beenden und wenn Sie sich auf den Kopf stellen! Und jetzt ab in Ihr Büro. Das Protokoll vom Gipfeltreffen in Zeitland muss in den Computer diktiert werden!“ Betreten nickte Saron und schlich davon. Dass seine Vorgesetzte mit diesem Tun gefährlich lebte, war ihm bekannt. Deshalb würde er auch nicht müde werden bei dem Versuch, sie doch noch zu überzeugen.

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