- Schriftgröße +

 

Jenna war zu Maron unterwegs, um ihm die Meinung zu sagen, was das unfreundliche Abkanzeln Ginallas anging. Von Shannon hatte sie zwar nicht viel erfahren, konnte sich aber denken, wie die Sache abgelaufen war. Jetzt stand die hoch intelligente Halbschottin vor der Tür des Quartiers des ersten Offiziers, wohin dieser sich nach der Vernehmung aufgrund des Beginns seiner dienstfreien Zeit begeben hatte. Durch ihre Intelligenz bedingt wusste Jenna aber, dass Maron für sie trotzdem ein offenes Ohr haben würde und die Aussage aus ihrem Mund vielleicht noch eher glauben würde, auch wenn sie sich inhaltlich nicht von der Ginallas unterscheiden würde. Sie wusste genau, welchen Status sie bei Maron hatte und wie sie diesen ausnutzen konnte.

„Wer ist dort?“, fragte eine Jenna sehr wohl bekannte Stimme, nachdem sie die Sprechanlage betätigt hatte. „McKnight, Sir.“, stellte sie sich knapp vor. „Ich muss mit Ihnen reden.“ „Kommen Sie rein, McKnight!“, kam es zurück und die Türen glitten vor Jenna auseinander, die sogleich festen Schrittes hindurch ging. Maron, der sie im Flur erwartete, führte sie ins Wohnzimmer, wo sich beide auf das Sofa setzten. „Was gibt es, Jenna?“, fragte der Demetaner fürsorglich. „Es geht um Ginallas Aussage, Agent.“, kam Jenna zur Sache. „Ihre Aussage?“, fragte Maron mit leicht irritierter Stimmlage. „Woher wissen Sie davon?“ „Ginalla muss es meiner Assistentin erzählt haben.“, mutmaßte Jenna. „Shannon!“, rief Maron aus. „Dann wundert mich gar nichts mehr. Ihre Assistentin ist stationsweit als Klatschbase der Nation bekannt.“ Bei seinem letzten Satz musste er laut lachen, was Jenna aufatmen ließ. Jetzt wusste sie, dass Shannon wegen der Sache keinen Ärger zu erwarten hatte.

Maron stand auf, um zwei Tassen klingonischen Kaffees zu replizieren und dann damit zu seinem Gast zurückzukehren. Er schob Jenna eine der Tassen hin. „Also gut, McKnight.“, sagte er dann. „Was stört Sie genau an der Sache mit Ginallas Aussage?“ „Um ehrlich zu sein ist es Ihr Umgang damit, Sir, der mir Kopfzerbrechen bereitet. Meiner Ansicht nach hätten Sie Ginalla zumindest anhören können und ihr nicht gleich so über den Mund fahren müssen, nur weil sie etwas sagt, dass es noch nie gegeben hat.“ „Techniker, können Sie sich etwa vorstellen, dass Tolea und Sytania zusammenarbeiten würden?“, fragte Maron. „Unter gewissen Umständen schon, Agent.“, sagte die naturwissenschaftlich sehr begabte junge Frau. „Und was wären das für Umstände, McKnight?“, fragte der Agent. „Wut, Sir.“, sagte Jenna sachlich.

Maron verzog das Gesicht und musste ob ihrer Aussage einen großen Schluck aus seiner Tasse nehmen. Er hatte nämlich das Gefühl, dass sie ihn ertappt hatte. Auch er war über Ginallas in seinen Augen unerhörte Aussage sehr wütend gewesen und hatte sie wohl nur deshalb so behandelt. Sie hatte ihn offenkundig genau dort erwischt, wo es ihm richtig wehtat.

Er versuchte, sich nichts anmerken zu lassen und fragte weiter: „Können Sie mir das erklären, Jenna?“ „Sicher.“, sagte sie, räusperte sich und stand auf. „Laut Aussage von Ginallas Schiff ist es einem Geistwesen begegnet, das zum Zweck, sich als die Wächterin von Gore auszugeben, von Clytus geschaffen wurde. Dieses Wesen hat er in die Vergangenheit geschickt, damit es den Körper der obersten Prätora besetzt und sie dazu bringt, das tindaranische Universum und das Universum der Föderation zu erobern.“ „Moment.“, fiel Maron ihr ins Wort. „Dill hätte doch bestimmt was dagegen unternommen, oder?“ „Sicher.“, sagte Jenna. „Wenn Clytus allein gehandelt hätte. Aber das hat er nicht. Sytania soll sich ebenfalls beteiligt haben. So konnte Clytus gegen Dill überhaupt nur ankommen. Das aber hat wiederum Tolea gesehen. Sie wissen, wie stark wir Sterblichen ihr am Herzen liegen und dass sie auf keinen Fall zulassen würde, dass unserer Zeitlinie ein Leid geschieht. Sie muss so wütend gewesen sein, dass sie Sytanias Angebot, Clytus gemeinsam zu bestrafen, ohne Argwohn angenommen hat.“ „Erst hilft Sytania Clytus, ein Verbrechen zu begehen und dann hilft sie Tolea, ihn zu bestrafen?“, fasste Maron die Aussage fragend zusammen. „Genau.“, bestätigte Jenna und sah ihn freundlich an. „In jedem Fall wäre Sytania die lachende Dritte.“, erklärte sie ihre Theorie weiter. „Dill ist tot und Tolea unberechenbar. Was mit Kairon geschehen ist, weiß ich nicht, aber er käme meinen Berechnungen zur Folge allein gegen Sytania und Tolea nicht an. Eldisa ist zu jung, um die Zeit …“ „Unfassbar!“, sagte Maron. „Wenn Ihre Theorie stimmt, McKnight, dann stecken wir mitten in einer riesigen Katastrophe!“ „Das ist richtig, Sir.“, sagte Jenna nüchtern.

Maron trank seine Tasse in einem Zug aus. Es schien ihn nicht wirklich zu stören, dass der Kaffee noch sehr heiß war. „Warum sollte Clytus das überhaupt getan haben?“, fragte der Agent in der Hoffnung, an ihrer Theorie doch noch einen Pferdefuß zu entdecken, der sie zur Umkehr bewegen könnte. Gern war er bereit, ihr zu glauben, weil McKnight eben McKnight war und einen sehr guten Ruf bei ihm, Zirell und auch der tindaranischen Regierung genoss, was ihre Theorien anging. Wahrscheinlich hätte sie ihnen auch sagen können, dass die Welt eine Scheibe sei und sie hätten es geglaubt. Aber diese Theorie war zu stark für das einfache Gemüt des ersten Offiziers und er hoffte, dass sie ihm im übertragenen Sinne die Tränen wieder aus den Augen wischen könnte. Dass sie seine Hoffnung aber bald zerstören würde und statt dessen noch mehr Pfeffer in seine Augen streuen würde, hätte er eigentlich ahnen müssen. „Genaues wissen Kamurus und Ginalla nicht.“, sagte Jenna. „Das Geistwesen hat nur ausgesagt, sein Schöpfer hätte aus Liebe gehandelt. Was das zu bedeuten hat, weiß ich allerdings nicht.“ „Wieso soll Clytus aus Liebe die Geschichte verändern wollen und die Genesianer da mit reinziehen?“, fragte Maron. „Aus Liebe zu wem?“ „Keine Ahnung.“, sagte Jenna. „Aber es könnte ja nur ein Mächtiger beziehungsweise eine Mächtige sein. Vielleicht sollten wir mal die Regenbogenpresse etwas aufmerksamer lesen, Sir!“ „Das war ein Scherz, oder, McKnight?“, fragte Maron. „Oh, nein, Agent.“, erwiderte Jenna. „Das habe ich durchaus ernst gemeint. Sie sagen doch immer, dass Sie als Ermittler alles heranziehen müssen, was Ihnen einen Hinweis geben könnte.“ „Das stimmt, Jenna.“, sagte Maron. „Aber ich hasse die Regenbogenpresse. Sie ist mir zu unsachlich. Außerdem bauscht sie alles unnötig auf und verkauft jede Lüge als Wahrheit. Wie soll ein Kriminalist da zurechtkommen?“ „Dann sollten Sie sich von jemandem Hilfe holen, die so etwas gern liest.“, lächelte Jenna. „Sie?“, fragte Maron. „Das hätte ich von Ihnen als wissenschaftlich orientierter Person nicht gedacht.“ „Nicht ich.“, korrigierte Jenna. „Ich habe von meiner Assistentin gesprochen.“ „O’Riley.“, seufzte Maron. „Also schön. Informieren Sie Shannon!“ „Sicher.“, lächelte Jenna und stand auf. „Ich werde dann gehen, Agent.“, sagte sie. „OK.“, nickte Maron.

Das Signal der Sprechanlage ließ Maron sich zum Terminal drehen. „Ja.“, meldete er sich knapp. „O’Riley, Sir.“, sagte eine helle Stimme. „Ich habe Sianach und Diran mitgebracht. Die Beiden müssen Ihnen unbedingt etwas sagen.“ „Diran?“, fragte Maron staunend. „Na, wenn der aus dem Raum-Zeit-Kontinuum zurückkommt, muss wirklich etwas nicht in Ordnung sein. Kommen Sie mit den Beiden rein, Shannon. Ich muss Sie ohnehin noch über etwas informieren.“ „OK.“, Sagte die Blonde Irin gewohnt flapsig und schob sich mit den beiden Vendar durch die sich öffnende Tür, durch die Jenna in Gegenrichtung das Quartier verließ.

„War das Jenna McKnight?“, wollte Sianach wissen. „Ja, das war sie.“, bestätigte Maron. „Was hat sie gewollt?“, fragte Diran. „Sie hat mir noch einmal ins Gewissen reden wollen, was Ginallas Aussage angeht. Ich habe sie wohl sehr barsch behandelt und sie hat mir noch einmal den Kopf gewaschen. Ich muss zugeben, aus ihrem Mund hat sich alles viel plausibler angehört, als aus Ginallas. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass die Aussage, die beide übereinstimmend gemacht haben, vielleicht doch richtig sein könnte. Aber mein Sternenflottendenken diktiert mir , dass Tolea und Sytania nie zusammenarbeiten würden.“ „Damit wären wir beim Thema, Maron El Demeta.“, sagte Sianach freundlich. „Mein Mann hat dazu einiges beizutragen. Er war Augenzeuge eines Geschehens, das dir sicher bei deinen Ermittlungen helfen wird.“

Sie flüsterte Diran etwas auf Vendarisch zu, worauf er vor Maron hintrat. „Ich habe gesehen, dass Tolea und Sytania sehr wohl zusammengearbeitet haben, um Clytus aus dem Raum-Zeit-Kontinuum zu bestrafen, Maron El Demeta!“, sagte er mit überzeugter Stimmlage. „Du bist schon der Dritte, der das behauptet.“, meinte Maron fast lästernd. „Gut, bei McKnight ist es nur eine Theorie, die sie aufgestellt hat, um Ginallas Aussage zu bestätigen und ich gebe zu, nur wenn man dieser Theorie Glauben schenkt, wird im Augenblick ein Schuh aus der ganzen verzwickten Angelegenheit. Aber wenn die Regierungen der Föderation oder der Tindaraner von meinen Ergebnissen erfahren, zerreißen sie die in der Luft. Hast du Beweise?“ „Der einzige Beweis in Form eines Abbildes eines vereinten Neuralmusters war in einem Datenkristall, der sich in einem zerstörten Erfasser befand. Der Erfasser wurde bei dem Duell zerstört, das Tolea, Sytania und Kairon um das Recht ausgefochten haben, Clytus bestrafen zu dürfen.“ „Ich finde es langsam höchst merkwürdig, dass wenn immer es um Beweise geht, diese urplötzlich verschwunden oder zerstört sind.“, spottete Maron, der ziemlich frustriert über die ganzen fruchtlosen Aussagen war.

Sianach richtete sich plötzlich auf und sah Maron fast wütend an. Von der Vendar, die eigentlich seine Freundin sein wollte, war er so einen bedrohlichen Anblick nicht gewohnt. Richtig Angst einflößend wirkte sie jetzt, wie sie da auf ihn zuging. Ihr Blick war starr nach vorn gerichtet und ihre Hände waren in die Hüften gestemmt, was sie noch größer wirken ließ. Außerdem bewegte sie sich fast schleichend, wie ein Raubtier, das seine Beute erspäht hatte. Dabei machte sie keine schnellen Schritte, sondern ging eher langsam. Dabei fixierte sie ihn mit den Augen. „Sytania wird Ginalla El Celsius nicht ohne Grund töten gewollt haben, Maron El Demeta!“, sagte sie langsam und bedrohlich. „Ich bin sicher, sie hat etwas gesehen, das ihr missfallen hat. Shannon O’Riley hat mir alles berichtet! Ich weiß von ihr, wie du mit Ginalla umgegangen bist! Aber ich denke, wenn du das hier nicht ernst nimmst, wirst du mit deinen Ermittlungen niemals vorankommen! Das sage ich dir voraus!“

Maron überlegte. Unter Umständen hatte sie gar nicht so unrecht. Warum, wenn nicht aus dem Motiv heraus, eine Mitwisserin und ihr Schiff zu beseitigen, hätte Sytania ein schwarzes Loch erschaffen sollen, das beide vernichtete. Dem Agenten war bekannt, dass Sytania Mitwisser nicht mochte und ein Motiv, Tolea zur Zusammenarbeit zu verführen, das hatte sie auch. Bisher hatte sie immer den direkten Weg gewählt in dem Versuch, die Zeit zu erobern, um die Föderation schlicht und einfach aus der Geschichte löschen zu können, allerdings ohne jeglichen Erfolg. Was war, wenn sie jetzt, da sie damit nicht erfolgreich war, den Indirekten wählte. Sich an die ganze Sache mit Clytus zu hängen erschien Maron plötzlich auch sehr lohnenswert, wenn er wie Sytania dachte. „Könnt ihr Sytanias und Toleas gemeinsamen Mordversuch an Ginalla beweisen?“, fragte Maron. „Der Beweis ist im Mishar unseres Schiffes, Maron El Demeta.“, sagte Diran. „Aber wie kommst du darauf, dass deine Freundin Tolea da mitgemacht hat?!“, spielte Sianach Empörung vor, um ihm eine Falle zu stellen. Sie war nicht sicher, ob er ihr wirklich glaubte. „Weil ich weiß, was die Infektion mit schwarzer Macht für Folgen haben kann.“, sagte Maron. „Ich habe es damals bei Shimar gesehen. Derjenige verändert sich charakterlich und wird zu einem Monster.“ „In der Tat.“, sagte Sianach, deren Schultern sich wieder senkten und deren Blick wieder weicher wurde. „Du bist nicht in die kleine Falle getappt, die ich dir gestellt habe, Maron El Demeta. Das finde ich sehr lobenswert.“

Sie flüsterte Diran erneut etwas in ihrer gemeinsamen Muttersprache zu, worauf dieser nickend den Raum verließ. „Er holt dir die Daten.“, sagte Sianach. „Wenn du die hast, wirst du hoffentlich zufrieden sein.“ „Das denke ich schon.“, sagte Maron.

Erneut ging er zum Replikator und bestellte sich einen Raghtajino. „Ihr habt mir ganz schön eingeheizt.“, gab er zu. „Aber ich hätte euch auch ohne Drohgebärden geglaubt.“ „Dessen bin ich nicht sicher.“, sagte Sianach. „Du bist so stark in deinem Denken verhaftet, dass nicht sein kann, was nicht sein darf, dass du uns ohne Weiteres ebenso behandelt hättest wie Ginalla El Celsius, wenn ich nicht ein bisschen forsch aufgetreten wäre.“ „Mag sein.“, sagte Maron. „Aber eure Daten können ja zumindest den Mordversuch beweisen. Alles andere wird sich dann hoffentlich ergeben. Wisst ihr vielleicht, was Clytus damit gemeint haben könnte, dass er aus Liebe gehandelt hat?“ „Tut mir leid, Maron El Demeta.“, sagte Sianach. „Das ist für Diran und mich ebenso ein Rätsel wie für dich.“

Diran betrat den Raum erneut. „Hier bringe ich die Daten, die du verlangt hast, Maron El Demeta.“, sagte er stolz und legte einen Datenkristall vor dem Demetaner auf dessen Schreibtisch ab. „Danke, Diran.“, sagte Maron und legte den Kristall in IDUSAs Laufwerk. Dann befahl er: „IDUSA, den Inhalt des Datenkristalls im Laufwerk an dieser Konsole abspielen!“

Der Rechner kam seiner Aufforderung nach und Maron sah jetzt genau, was sich während, vor und nach der Rettungsaktion abgespielt hatte. Auch die Sensorenbilder waren vorhanden. „Das gibt es doch nicht!“, entfuhr es Maron, der angesichts des Gesehenen sehr niedergeschlagen war. „Ich war so ein törichter Narr! Warum habe ich ihr nicht geglaubt und sie in meinem Hochmut wieder ins All geschickt? Unvorstellbar, was geschehen wäre, wenn ihr nicht vorbeigekommen wärt! Ich hätte sie schützen müssen! Statt dessen trieb ich sie in Sytanias Arme! Sie mag zwar einen nicht so glaubhaften Ruf haben, weil sie zu früheren Zeiten vielleicht gelogen und betrogen hat, um ihr Leben zu gestalten, aber das hat sich längst geändert. Ich weiß doch, dass das nur eine Trotzreaktion war! Als Sternenflottenoffizier hätte ich ihr eigentlich offen gegenübertreten müssen und hätte mich nicht von meinen Vorurteilen leiten lassen dürfen! Ich sollte mich schämen!“ „Das solltest du in der Tat.“, sagte Sianach gewohnt vendarisch direkt. „Wenn du nichts dagegen hast, werden Diran und ich jetzt wieder gehen und dich mit deiner Scham allein lassen.“ Sie gab ihrem Mann ein Zeichen und beide waren blitzschnell aus der Tür.

Verschämt sah Maron Richtung Boden, als ihn eine kleine Hand in die Seite piekte. Er drehte sich um und sah Shannon, deren Anwesenheit ihm wohl völlig entgangen sein musste. „Wenn ich wollte, könnte ich Sie jetzt wegen einer Tätlichkeit gegenüber einem vorgesetzten Offizier belangen, O’Riley.“, scherzte er. „Aber ich will nicht. Schließlich habe ich Sie ja völlig übersehen und irgendwie müssen Sie sich ja bemerkbar machen.“ „Der Meinung bin ich auch, Sir.“, sagte Shannon mit ihrer kleinen zuweilen etwas quietschend wirkenden Stimme. „Aber Sie hatten mich auch nich’ weggeschickt. Deshalb hab’ ich gedacht, Sie brauchen vielleicht die Hilfe der kleinen Shannon.“ „Ihre Entscheidung zu bleiben war goldrichtig, Technical Assistant.“, lobte Maron. „Endlich mach’ ich auch mal was richtig.“, witzelte Shannon. „Aber wieso?“ „Weil Sie mir bei meinen Ermittlungen zur Seite stehen werden.“, antwortete Maron. „He?“, machte Shannon. „Sie lesen doch gern die Regenbogenpresse.“, sagte Maron. Shannon nickte. „Sehen Sie? Und ich erwarte, dass Sie genau das tun. Melden Sie mir, wenn Sie etwas über eine Liebesbeziehung von Clytus zu einer anderen Mächtigen herausgefunden haben sollten. Solange ist Ihre Arbeit im Maschinenraum zweitrangig. Das muss ich zwar noch mit Zirell klären, aber sie wird mir zustimmen.“ „’n komischen Job geben Sie mir da, Sir.“, antwortete Shannon. „Aber wenn’s weiter nix is’. Dann werde ich mich jetzt verdünnen, wenn Sie nix dagegen haben.“ „Nein, das habe ich nicht.“, sagte Maron. „Das war alles, Technical Assistant. Wegtreten! Und viel Spaß beim Lesen!“ „Den werde ich wohl haben, Sir.“, grinste Shannon, während sie den Raum verließ.

Telzan hatte Sytania von ihrem Thron gehoben, auf dem er sie zusammengekauert vorgefunden hatte. DA zwischen dem Thron und dem Boden doch ein gewisser Höhenunterschied herrschte, befürchtete der Vendar, seine Herrin würde sich etwas tun können, wenn sie herabgefallen wäre. Durch eine Untersuchung mit dem Erfasser hatte er nämlich festgestellt, dass sie großen Mengen von Rosannium ausgesetzt gewesen sein musste. Zumindest war ein Teil ihrer mentalen Energie diesem für sie doch sehr schädlichen Stoff ausgeliefert, was eine Art energetischer Rückkopplung in ihrem Gehirn ausgelöst hatte, da die Rosannium-Strahlung die zwischen ihr und dem Phänomen bestehende telepathische Verbindung als Leitung nutzte. Das bedeutete im Umkehrschluss, dass sie für kurze Zeit ihre Fähigkeiten verloren hatte und dann genau so schwach war wie jeder Sterbliche auch. Durch seine Aktion wollte Telzan also jeglichen Schaden von ihr abwenden, auch die Erfahrung von Schmerz, die ja für eine Mächtige, die eigentlich unverwundbar war, seiner Ansicht nach nichts Erstrebenswertes war.

Nach einer für Telzan schier endlos anmutenden Weile schlug Sytania endlich die Augen auf. „Was tue ich hier auf dem Boden, Telzan?!“, fragte sie. „Vergebt mir, Herrin.“, bat Telzan unterwürfig, was sich bei seiner donnernden und gemeinen Stimme ziemlich schleimig anhörte. „Aber ich musste Euch davor bewahren, Euch zu schaden.“ „Wovon sprichst du?“, wollte Sytania wissen. „Ich fand Euch bewusstlos vor.“, erklärte der Vendar. „Ich habe festgestellt, dass Ihr einer hohen Dosis Rosannium ausgesetzt wart.“ „Wo kam das her?“, fragte Sytania benommen. Ihre Fähigkeiten kehrten zwar langsam zurück, sie war aber noch nicht in der Lage, sie völlig frei einzusetzen. „Ich habe meinen teuren Kameraden Joran in Verdacht.“, sagte Telzan mit ironischer Stimmlage. „Oder einen seiner Helfershelfer. Vielleicht hat auch Jenna McKnight etwas da mit zu tun oder gar Diran und seine Frau. Zuletzt haben wir Diran ja im Zusammenhang mit der Granger gesehen. Er wollte doch zu Sianach. Was ist, wenn die Beiden …“

Wankend richtete sich Sytania auf. „Wo ist Ginalla?!“, fragte sie. „Ist sie etwa entkommen?!“ „Das kann ich so nicht sagen.“, gestand Telzan. „Dann gib mir den Kontaktkelch!“, forderte die Prinzessin. „Milady, Eure Fähigkeiten sind noch nicht ganz zurückgekehrt. Der Kelch wird Euch unter Umständen kaum verstehen, wenn Ihr ihn fragt. Bitte lasst mich in meine Garnison zurückkehren und veranlassen, dass wir eine Sonde ins tindaranische Universum senden. Diese wird Ginalla schon aufspüren.“, versuchte er, sie zu beschwichtigen. „Was redest du für einen Unsinn?!“, empörte sich Sytania. „Jeder Sterbliche kann einen Kontaktkelch bedienen, wenn …“ „Ja, wenn, Milady.“, mahnte Telzan. „Wenn sich in ihm gesunde telepathische Energie des Mächtigen befindet, dem der Sterbliche den Kelch geweiht hat. Aber wenn ein Mächtiger einen Kontaktkelch benutzt, füllt er ihn jedes Mal aufs Neue mit seiner oder ihrer Energie. Aber die Eure ist im Augenblick sehr angeschlagen. Das spüre ich genau. Ihr werdet …“ „Nein!“, sagte Sytania im Befehlston. „Hilf mir auf den Thron und gib mir den Kelch!“ „Na gut, Milady.“, sagte Telzan ruhig und führte ihre Befehle aus, obwohl er es eigentlich besser wusste. Aber er handelte nach dem Motto: „Wer nicht hören will, der muss fühlen.“

Sytania erschrak über die starke Nebelwand, die sich ihr bot. Außerdem bekam sie das Gefühl, der Kelch würde sie aussaugen, als sie ihn in die Hände nahm. „Nimm ihn weg!!!“, schrie sie. „Nimm ihn endlich wieder weg!!!“ „Habe ich Euch das nicht gesagt?“, fragte Telzan ruhig und nahm ihr den Kelch ab, um ihn wieder auf ihrem marmornen Schreibtisch abzustellen. „Das hast du.“, gab Sytania zu. „Ich denke, es ist doch besser, wenn wir deinen Vorschlag mit der Sonde ausprobieren.“ „Also gut.“, sagte Telzan, zog sein Sprechgerät und tippte das Rufzeichen seiner Garnison ein. Dann folgten einige Befehle auf Vendarisch an seine Truppe. Cirnach, die in seiner Abwesenheit das Kommando hatte und auch den Ruf entgegennahm, meldete bald, dass die Sonde unterwegs war. „Wieso konnte deine Frau so schnell reagieren?“, wollte Sytania wissen. „Meine Leute und ich haben alles vorbereitet gehabt, als ich Euch in diesem alarmierenden Zustand fand.“, sagte Telzan. „Ich hatte die entsprechenden Befehle längst gegeben und Cirnach wartete nur noch auf mein OK. Wir wollten keine Zeit verlieren, bevor diese Ginalla über alle Berge ist.“ „Du hattest also da schon einen Verdacht.“, vermutete Sytania. „In der Tat, Milady.“, sagte Telzan. „Den hatte ich. Ihr dürft nicht vergessen, dass Ginalla Wissen hat, das Dirans Aussage bestätigen würde. Er wird sicher alles tun wollen, um sie zu retten. Wenn sie und Diran gemeinsam vor diesem Agent Mikel aussagen, der über die Zusammenhänge der Mächtigen genug weiß, um eins und eins zusammenzählen zu können, dann könnte uns das ziemlich gefährlich werden.“

Ein Signal von seinem Sprechgerät ließ Telzan aufhorchen und es aus der Tasche ziehen. Im Display sah er einen Ausschnitt eines Bildes, das die Sonde, die Cirnach schicken lassen hatte, gerade aufgenommen haben musste. „Anscheinend ist sie nicht mehr im Universum der Tindaraner.“, stellte er fest. „Es gibt Hinweise darauf, dass sie den Interdimensionsantrieb ihres Schiffes benutzt hat.“ „Kannst du Zugriff auf die Sonde nehmen und ihr befehlen, die Spur durch die interdimensionale Schicht zu verfolgen?“, fragte Sytania. „Gewiss.“, antwortete Telzan grinsend und tippte einige Computerbefehle in sein Sprechgerät, was Sytania geduldig abwartete. „Ihre Spur verliert sich im Universum der Föderation.“, sagte Telzan, nachdem er die neuen Ergebnisse interpretiert hatte. „Wir sollten sie dort zunächst nicht weiterverfolgen. Noch ist die Föderation nicht argwöhnisch, aber das kann sich schnell ändern, sobald sie eine Sonde mit imperianischer Kennung sehen. Warten wir, bis Ihr Euch vollständig erholt habt. Dann könnt Ihr ja noch einmal versuchen, Ginalla mit Euren seherischen Fähigkeiten aufzuspüren. Das ist viel weniger verdächtig.“ „Also gut, Telzan.“, gab sich Sytania geschlagen, die zwar wusste, dass die Geduld im Allgemeinen zu den Tugenden gehörte, aber die selbst nun mal nicht als sehr tugendhaft galt.

Maron hatte sein Quartier verlassen, um sich auf den Weg zu Zirell zu machen. Er hatte geplant, sich für seinen Fehler, Ginalla so hart abzuweisen, zu entschuldigen. Um so überraschter war er, als sie sich im Korridor begegneten und fast zusammenstießen. „Oh, hoppla!“, meinte Zirell trocken. „Wohin des Weges? Du musst mit deinen Gedanken ja völlig abwesend sein.“ „So ein Satz klingt von einer Telepathin ja schon fast witzig.“, erwiderte der demetanische Agent lächelnd. „Nur fast?“, grinste Zirell fragend zurück.

Er stellte sich links neben sie. Dabei fel Maron ihr seltsamer Haarschmuck auf, den sie bisher noch nie getragen hatte. „Ist das jetzt der letzte Schrei auf Tindara?“, fragte er. „Oh, nein.“, sagte Zirell. „Das ist ein kabelloser Neurokoppler. Jennas neueste Erfindung. Die Feststation ist in meinem Quartier. IDUSA und ich sind Jennas Versuchskaninchen.“ „Oh, dann entschuldige bitte.“, sagte Maron. „Hat IDUSA dir zufällig über dieses Gerät auch geflüstert, wo ich bin, oder hast du mich gespürt?“ „Beides.“, sagte Zirell. „Ich habe sie gefragt und dann kontrolliert, ob ihre Antwort mit meiner telepathischen Wahrnehmung übereinstimmt. Wenn es zwischen dem Koppler und seiner Feststation eine Störung geben würde, könnte das schon zu Kommunikationsproblemen führen, was zwangsläufig zu einer Fehlinformation führen würde.“ „Schon klar.“, grinste Maron, wurde aber gleich wieder ernst: „Entschuldige bitte, dass ich das Ding so abfällig als Haarspange bezeichnet habe.“ „Wenn das der einzige Grund ist, aus dem du dich entschuldigen musst, halte ich das noch für harmlos. Ich habe viel größeren Bockmist gebaut.“, sagte Zirell. „Dann kennst du meinen noch nicht.“, sagte Maron und zog sie langsam mit sich in Richtung seines Quartiers zurück, wo er beiden eine terranische heiße Schokolade replizierte.

„Also.“, sagte Zirell, nachdem sie einen Schluck aus ihrer Tasse genommen hatte. „Ich bin die Ranghöhere von uns beiden, sollte also mit dem Entschuldigen beginnen, wenn ich noch einen Funken Anstand im Leib habe. Schließlich bin ich für alle Mitglieder meiner Crew verantwortlich und es wäre sicher moralisch verwerflich, wenn ich etwas Unrechtes täte, ohne dafür Rechenschaft abzulegen.“ „Was in Mutter Schicksals Namen ist passiert?“, fragte Maron über den Tisch hinweg und warf ihr einen Blick zu, mit dem er sie, wenn dies anatomisch möglich gewesen wäre, tröstend umarmt hätte. „Ich habe einen schrecklichen Fehler gemacht.“, begann Zirell. „Dein Commander hat einen schweren Fehler gemacht. Sie hat Shimar mit voller Absicht und ohne Notwendigkeit in den Tod geschickt, nur weil sie in ihrem Hochmut geglaubt hat, die Genesianer fräßen ihr aus der Hand. Dabei hat ihr erster Offizier von Anfang an Recht mit seiner Vorsicht gehabt.“

Maron zog den Löffel, mit dem er die Sahne über seine Schokolade gegossen hatte, schwungvoll zurück, was zum Resultat hatte, dass ein riesiger Batzen Sahne genau auf dem Brustteil seiner Uniformjacke landete. „Das passt ja.“, grinste er. „Was meinst du damit?“, fragte Zirell lachend, denn sie hatte gesehen, wie sich der Fleck langsam aber sicher weiter ausbreitete. „Weißt du.“, begann Maron. „Der erste Offizier, dessen Commander hier gerade so reumütig zu Kreuze gekrochen ist, hat nämlich auch keine weiße Weste. Er hat etwas getan, für das ihm seine Lehrer auf der Akademie dermaßen die Ohren lang gezogen hätten, dass die Beantragung der Staatsbürgerschaft auf der Heimatwelt der Ferengi für ihn kein Problem darstellen sollte.“ „Was wird denn das Schlimmes gewesen sein?“, fragte Zirell verständig. „Ich habe eine Zeugin in die Arme der Person getrieben, die von ebendieser Zeugin verpfiffen worden ist. Die Person hätte sie auch beinahe gekriegt, wenn nicht zwei gewisse Vendar vorbeigekommen wären, die sie gerettet haben. Die haben mir auch gehörig den Kopf gewaschen. Ich hätte mich bei Ginallas Vernehmung nicht von meinen Vorurteilen leiten lassen dürfen. So abwegig ist ihre Aussage nämlich doch nicht. Jedenfalls war sie für Sytania wahr genug, um sie töten zu wollen.“ „Zwei Vendar.“, wunderte sich Zirell. „Wen meinst du und wann waren sie hier?“ „Ich rede von Sianach und Diran.“, sagte Maron. „Hat IDUSA dich nicht informiert?“ „Ich vermute, IDUSA wusste selbst nicht, dass sie hier waren.“, sagte Zirell. „Wenn es die Beiden sind, deren Namen ich jetzt in deinen Gedanken lese, dann kennen Sianach und Diran genau den toten Winkel von IDUSAs Sensoren. Sie werden sich auf die Station gebeamt haben und ihr Schiff hat in der Nähe gewartet.“ „Aber Diran hat mir doch Daten gegeben.“, sagte Maron. „Wie soll er so schnell …“ „Er wird mit seinem Sprechgerät dem Schiffsrechner die entsprechenden Befehle übermittelt haben, während du abgelenkt warst.“, fiel Zirell ihm ins Wort. „Du warst ja sicher noch mit seiner Frau beschäftigt.“ „Wohl eher sie mit mir.“, gab der Demetaner zu. „Sie hat mir ganz schön die Meinung gegeigt.“ „Du Ärmster.“, sagte Zirell und sah ihn mitleidig an.

Er hob seine Tasse ein letztes Mal. „Wir sollten zum Thema zurückkommen.“, sagte er. „Allerdings.“, meinte Zirell, die ebenfalls ausgetrunken hatte. „Ich würde sagen, jetzt sind wir quitt. Du hast dich bei mir und ich habe mich bei dir entschuldigt. Übrigens, laut IDUSA gab es keine kriegerischen Aktivitäten der Genesianer gegen New-Vendar-Prime. Kannst du dir einen Reim darauf machen?“ „Vielleicht wird der Planet und seine Bewohner in Ruhe gelassen, weil durch Sianach und Tchiach die weibliche Erbfolge gewährleistet ist.“, vermutete Maron. „Kann sein.“, sagte Zirell. „Aber das könnte auch bedeuten, dass Sianach und ihre Leute uns helfen könnten, ohne von den Genesianern behelligt zu werden, wenn die denken, dass dort alles in Ordnung ist.“ „Ich denke, dass sie uns helfen werden, hat Sianach schon bewiesen.“, sagte Maron. „Aber die Vendar werden auf der Hut sein, sowohl vor den Genesianern, als auch vor Sytania.“ „Gegen die wissen sie sich prima zu wehren.“, sagte Zirell lachend. „Und die Genesianer, na ja. Sianach und ihre Leute werden kapiert haben, dass die auch nur benutzt wurden. Sie werden sie also nicht zu hart anfassen, hoffe ich.“ „Da stimme ich dir zu.“, sagte Maron und stand auf: „Wir sollten gemeinsam zum Dienst gehen, jetzt, wo alles geklärt ist.“ Zirell nickte und folgte ihm.

Du musst login (registrieren) um ein Review abzugeben.
Creative Commons License
Science/Fantasy-Ecke Website von Kamil Günay steht unter einer Creative Commons Namensnennung-Keine kommerzielle Nutzung-Keine Bearbeitung 3.0 Deutschland Lizenz.