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Mit entschlossener Körperhaltung – die Hände in die Hüften gestemmt – stand Mikel vor der Tür zur Brücke, wo ich ihn abgesetzt hatte. Er überlegte sich, was er Maron bezüglich der Behandlung von Ginalla alles an den Kopf werfen würde, als ihn plötzlich eine künstlich anmutende Stimme von hinten ansprach und der Agent das Gefühl bekam, von einer wohl bekannten Frau angesprochen zu werden, deren Bild er aber direkt in seinem Geist sah. „Agent?“, sagte die Stimme und Mikel drehte sich instinktiv um. „Was gibt es, IDUSA?“, fragte er, der sie längst als den Avatar des Schiffsrechners identifiziert hatte. „Ich registrierte, dass Sie hier stehen und habe mich gefragt, ob ich Ihnen irgendwie behilflich sein kann.“, antwortete die Simulation. „Das kannst du vielleicht tatsächlich.“, sagte der erste Offizier der Granger. „Du könntest mir sagen, was genau zwischen Agent Maron und Ginalla während ihrer Vernehmung vorgefallen ist.“ „Damit Sie ihm ordentlich die Hölle heiß machen können, nicht wahr?“, fragte sie konspirativ und ließ es sich für Mikel anfühlen, als hätte sie sich seinem rechten Ohr genähert, um es ihm direkt dort hinein zu flüstern. „Genau.“, sagte Mikel. „Aber warum hilfst du mir? Ich meine, du bist der Rechner dieser Basis und deine Loyalität sollte in erster Linie der Crew dieser Station gehören.“ „Meine Loyalität sollte in erster Linie der Wahrheit gehören, Agent.“, erwiderte der Rechner. „Meiner Definition nach hat sich Agent Maron eines Vergehens schuldig gemacht. In einem Rechtsstaat ist es meiner Programmierung nach nicht rechtens, die Aussage einer Zeugin gleich als unwahr abzustempeln, nur weil sie eine Art Zigeunerin ist. Ginalla mag im Weltraum herumgezogen sein, sie mag gelogen und betrogen haben, um sich durchzuschlagen, aber wir wissen auch, was sie dazu gebracht hat und dass sie sich geändert hat. Aber Maron hat sie gleich verurteilt, bevor er sie überhaupt angehört hat. Das ist meines Wissens im tindaranischen Rechtssystem und auch in dem der Föderation nicht die adäquate Vorgehensweise für ein Organ des Gesetzes. Also, warum sollte ich Ihnen nicht helfen, diesen Umstand zu bereinigen?“ „Du hast Recht.“, sagte Mikel. „Aber jetzt sag mir doch, was du beobachtet hast.“

Eine Weile verging, ohne dass IDUSA einen weiteren Satz gesagt, oder Daten übermittelt hatte. „Du kannst es ruhig sagen.“, versuchte Mikel, sie zu ermutigen. „Das tue ich die ganze Zeit, Agent.“, erwiderte der Rechner. „Aber du hast nichts getan oder gesagt.“, meinte Mikel leicht verwirrt. „Das ist es ja gerade.“, sagte IDUSA. „Zwischen den Beiden ist nichts vorgefallen. Absolut gar nichts. Er hat noch nicht einmal begonnen, sie zu vernehmen. Schon als sie sagte, dass Tolea mit Sytania zusammenarbeiten würde, hat er sie eiskalt abserviert. Er hat ihr gesagt, dass er ihr auf keinen Fall Glauben schenken würde und ihr sogar unterstellt, irgendeinen bösen Plan zu haben, um …“ „Das reicht.“, unterbrach der Agent sie. „So eine unprofessionelle Haltung hätte ich von Maron nicht erwartet. Öffne diese Tür für mich, IDUSA!“ „Agent Maron ist nicht allein, Agent Mikel.“, erklärte der Rechner. „Das ist mir egal.“, sagte Mikel. „Wenn es noch jemand mitkriegt, hat Maron noch einen Grund mehr, sich für seine Taten gehörig zu schämen. Wer ist bei ihm?“ „Joran ist bei ihm.“, antwortete sie. „Um so besser.“, sagte Mikel. „Es sind ja gerade die Vendar, die Professionalität und Pflichtbewusstsein sehr zu schätzen wissen. Und jetzt mach bitte diese Tür auf.“

Der Avatar lachte halblaut und kam seiner Bitte nach. Mikel schritt in den Raum. Er kannte sich zwar im Inneren nicht aus, konnte sich aber in etwa denken, wo er Marons Arbeitsplatz finden konnte. Die Strukturierung einer tindaranischen Brücke unterschied sich nicht sehr von der auf einem Schiff der Föderation oder deren Stationen. Also ging Mikel auf die Konsole in der Raummitte zu, vor der er tatsächlich auf Maron traf.

„Hi.“, begrüßte ihn der Demetaner. „Nett, dass du mich einmal besuchen kommst. Dein Schiff hat ja gerade hier angedockt und ich hörte, wir wollen gemeinsam planen, wie wir die Zeitlinie …“ „Da hast du mir ein interessantes Stichwort gegeben!“, fiel ihm Mikel verärgert ins Wort. „Wir hätten schon längst weiter im Korrigieren der Zeitlinie sein können, wenn du die Aussage einer wichtigen Zeugin nicht unter den Tisch fallen lassen hättest, nur weil dir ihr Ruf nicht zugesagt hat. Hätte Nugura ausgesagt, was Ginalla aussagen wollte, dann hättest du ihr sicher geglaubt, auch wenn sie dir einen vom Pferd erzählt hätte, was?!“ „Das hast du getan, Agent Maron?“, fragte Joran aus dem Hintergrund.

Maron kam gewaltig ins Schwimmen. Gerade vor dem doch sehr pflichtbewussten Vendar hatte er eigentlich gehofft, diesen Fehler seiner Selbst nie offen legen zu müssen. „Ja, das habe ich getan.“, gab er schließlich doch zu. Er wusste, dass ihm in der gegenwärtigen Situation nur die Flucht nach vorn blieb. „Zirell hat mich schon entsprechend abgestraft. Ich versichere, dass das nie wieder vorkommen wird. Aber Ginalla hat Dinge behauptet, die einfach nicht sein können. Tolea und Sytania arbeiten zusammen. Das ist ein Faktum, das einfach meiner Meinung nach nicht sein kann.“ „Für dieses unmögliche Faktum habe ich aber Beweise.“, sagte Mikel und holte den Datenkristall mit Kamurus’ Aussage aus der Tasche, den ihm Joran mit einem lächelnden Gesicht abnahm. „Bitte erlaube, dass ich dir behilflich bin, Agent Mikel.“, bot der Vendar an. Mikel nickte und sah zu, wie er den Kristall in ein Laufwerk steckte. Dann spielte IDUSA die sich darauf befindende Datei ab. Erschrocken nahm Maron ihren Inhalt zur Kenntnis. „Das kann doch nicht wahr sein.“, sagte der Demetaner niedergeschlagen. „Und das habe ich übersehen? Ich denke, da muss ich mich dringend bei Ginalla entschuldigen. Wo ist sie? Weißt du das?“ „Laut Kamurus ist sie an einem sicheren Ort, den er nicht preisgegeben hat.“, sagte Mikel. „Ist vielleicht in Anbetracht ihrer Situation auch besser so.“, sagte Maron. „Ich mag mir gar nicht vorstellen, was Sytania mit ihr machen würde, wenn sie ihr habhaft werden würde und alles herausfinden würde über ihr kleines Geheimnis.“ Mikel stimmte nickend zu.

„Du hast Glück, dass wir nicht auf einer Basis der Vendar sind, Agent Maron.“, sagte Joran. „Für deinen Verstoß müsste ich dir als meinem Vorgesetzten jetzt meine Loyalität entziehen und hätte sogar das Recht, offen zur Meuterei gegen dich aufzurufen und sie sogar durchzuführen.“ „Oh, ja, da habe ich wohl wirklich Glück gehabt.“, lachte Maron, der die Einlassung des Vendar für einen Scherz hielt. „Nein, Maron.“, sagte Mikel. „Ich glaube, er meint es verdammt ernst.“ „Tust du das?“, wandte sich Maron an Joran. „Oder wolltest du mich nur erschrecken?“ „Ich pflege in solchen Situationen, in denen ich euch meine Kultur erkläre, nicht zu scherzen, Agent Maron.“, erwiderte der Vendar. Dem Demetaner entgleisten die Gesichtszüge.

Die Sprechanlage löste ihn aus seiner versteinerten Haltung. „Maron hier.“, meldete er sich mit noch immer leicht zitternder Stimme. „O’Riley, Sir.“, meldete sich eine kesse helle Stimme von außen. „Sie hatten mich doch gebeten, die Regenbogenpresse nach Liebesbeziehungen von Eldisa zu durchforsten. Was soll ich sagen, ich bin tatsächlich fündig geworden.“ „Kommen Sie rein und zeigen Sie her, Technical Assistant.“, sagte Maron.

Die Türen glitten auseinander und die blonde Irin betrat die Brücke. In ihrer rechten Hand trug sie einen Datenkristall, der sofort in ein weiteres Laufwerk geschoben wurde. „IDUSA, stell den Inhalt auf den Hauptschirm!“, befahl sie flapsig.

Maron sah eine reich verzierte und bunt aufgemachte Seite, in deren oberster Zeile eine hoch dramatische Überschrift prangte: „Arme Prinzessin Eldisa von Zeitland! Ein Stalker macht ihr das Leben schwer!“ Darunter sah Maron einen schwülstigen Text und darunter ein Bild von eben jener Situation im Wald vor Dills Schloss. Die Aufnahme musste von einer automatischen Photodrohne gemacht worden sein, einer Sonde, wie sie manche Reporter gern benutzten. „Das hier untermauert genau Ginallas Aussage.“, musste Maron zugeben. „Gute Arbeit, O’Riley. Sie können gehen.“ „Danke, Agent.“, sagte Shannon schmissig und verließ den Raum. „Das war dann wohl das Problem, bei dem Betsy Eldisa helfen wollte.“, flüsterte Mikel. „Davon gehe ich auch aus.“, sagte Maron, der in der Stille des Raumes wirklich alles gehört hatte. „Offensichtlich lässt Eldisa Clytus hier gerade gehörig abblitzen. Das könnte ihn dazu bewogen haben, etwas zu tun, das …“ „Das 13-jährige Mädchen im Allgemeinen sicher sehr romantisch finden würden.“, ergänzte Mikel. „Nach dem Motto, die Liebe besiegt alles, könnte Clytus sich gedacht haben, ich mache, dass die beste Freundin von Eldisa jeden heiraten kann, den sie liebt, und dann findet sie das so romantisch, dass sie sich vom Fleck weg in mich verliebt.“ „Die Krux ist nur.“, erwiderte Maron, dass dieses 13-jährige Mädchen nicht wie andere 13-jährige Mädchen ist, weil sie einmal Hüterin und Beschützerin der Zeit sein wird und schon quasi seit ihrer Geburt auf dieses Amt vorbereitet wurde.“ „Genau das war sein Denkfehler.“, bestätigte Mikel. „Wie sich Sytania da dran gehängt hat, weiß ich unter anderem von Allrounder Tchey. Aber Sytania und Tolea sind wieder getrennt. Das mit ihrer Zusammenarbeit war einmal.“, sagte Maron. „Dann hat ja Tolea jetzt wieder einen klaren Kopf.“, atmete Mikel auf.

Er drehte sich zur Tür. „Ich würde gern wissen, was Commander Kissara und Commander Zirell besprechen.“, sagte er. „Das würde ich auch.“, sagte Maron. „Lass uns zusammen hingehen. Dann wissen sie wenigstens, dass wir uns ausgesprochen haben.“ „OK.“, sagte Mikel und hakte sich bei seinem Kollegen unter.

Eldisa hatte sich vom Stallburschen Lucinda und für Crimach, ihre oberste Vendar, die vorher Dill gedient hatte, ein weiteres Pferd satteln lassen. Dann waren die Frauen zum See in der Nähe des Schlosses geritten, den sie jetzt gemeinsam umrundeten. „Warum habt Ihr mich mit hier heraus genommen, Herrin?“, wollte die Vendar wissen. „Weil ich etwas mit dir zu besprechen habe.“, antwortete die Prinzessin. „Was habt Ihr denn mit mir zu besprechen, Gebieterin?“, fragte Crimach. „Ich werde heiraten!“, erwiderte Eldisa.

Crimach nahm die Zügel ihres Pferdes, eines schlanken hoch gewachsenen Rappen, auf. „Bitte haltet an, Herrin.“, bat sie. Eldisa wandte sich kurz um und kam dann der Bitte ihrer Dienerin mit lächelndem Gesicht nach. „Was ist?“, fragte sie freundlich. „Denkt Ihr nicht, dass Ihr zum Heiraten noch etwas jung seid, Hoheit?“, fragte Crimach. „Nein, das denke ich nicht.“, antwortete Eldisa. „Zumal der, den ich heiraten werde, auch im gleichen Alter ist wie ich.“ „Wer ist der Auserwählte?“, fragte die Vendar. „Es ist Clytus aus dem Kontinuum.“, antwortete Eldisa ernst, ja fast kühl. „Clytus?“, fragte die irritierte Crimach. „Heißt das, Ihr liebt ihn doch?“ „Nein, Crimach.“, erwiderte Eldisa. „Ich liebe ihn nicht! Ich hasse ihn sogar dafür, was er meinem Vater und der Zeit angetan hat. Aber ich werde ihn trotzdem heiraten und er wird erfahren, dass ich ihn nicht liebe. Unsere Ehe soll für ihn ein genau solches Gefängnis sein wie das, in dem er sich jetzt befindet. Oh, ja. Er wird sich sogar dort hin zurückwünschen.“

Die Vendar ließ mit blassem Gesicht die Zügel sinken, nahm langsam die Füße aus den Steigbügeln und stieg ab. Sie hoffte so zu vermeiden, dass sich ihre eigene Unruhe auch noch auf ihr Pferd übertrug. „Bitte überlegt Euch das wohl, Herrin.“, bat sie. „Findet Ihr es nicht auch frevelhaft, nur heiraten zu wollen, um Eure eigenen Rachegefühle zu befriedigen?“ „Ganz und gar nicht, Crimach.“, sagte Eldisa. „Clytus hat meinen Vater getötet. Er ist mir was schuldig. Aber kein Wort zu meiner Mutter. Sie würde mir alles vermiesen.“ „Mit Verlaub, Herrin.“, setzte Crimach an. „Dazu hätte Lady Messalina auch allen Grund. Erinnert Ihr Euch noch an Kissaras Warnung? Die kann ich nur unterstreichen.“

Auch Eldisa stieg vom Pferd und baute sich vor Crimach auf, um zu sagen: „Tshê, Vendar! Du wirst ins Dorf zu deinen Verwandten gehen und deine Verwandte aufsuchen, die Priesterin ist. Sie soll Clytus und mich verheiraten, wenn es so weit ist. Wenn ich den Zeitpunkt als gekommen erachte, werde ich ihn mittels meiner Kräfte aus dem Gefängnis der Genesianer entführen.“

Wie hypnotisiert nickte Crimach den Befehl ab. Mit dem Bannwort, auf das alle Vendar aufgrund ihrer Genetik gleich reagierten, hatte Eldisa dafür gesorgt. Eigentlich war es nicht der Umgang mit den Vendar, den die zeitländischen Mächtigen pflegten. Aber im Augenblick war ihr alles recht, was ihr zum Erreichen ihres Zieles nützlich sein konnte. Dass sie eventuell einen Krieg zwischen den Genesianern und den Mächtigen heraufbeschwor, schien sie nicht zu kümmern.

Ich hatte mich auf die Krankenstation der Granger begeben. Hier wollte ich mir das OK für die Benutzung von Korelems Kaffeebecher holen, auch wenn dies noch ein paar Tage zu früh war. Aber ich dachte mir, dass Learosh und Loridana schon eine Möglichkeit finden würden.

Der Taskonianer erwartete mich bereits an der Tür. „Wo tut es Ihnen denn weh?“, fragte er fürsorglich. „Ich habe keine Schmerzen, Mr. Learosh.“, entgegnete ich lächelnd. „Ich möchte nur untersucht werden, damit ich weiß, ob ich Korelems Kaffeebecher schon wieder benutzen darf oder nicht.“ „Sie wissen, dass der Zyklus laut Kalender noch nicht ganz rum ist, Allrounder.“, erinnerte er mich. „Das ist mir bekannt, Mr. Learosh.“, sagte ich. „Aber ich dachte, wir könnten vielleicht einmal eine kleine Ausnahme machen?“

Ich spitzte den Mund und versuchte, ihn mit den Augen anzuschmeicheln. Da ich aber nie gesehen hatte, wie so etwas auszusehen hat, wusste ich nicht, ob es mir gelungen war. „Im Interesse Ihrer Gesundheit würde ich es vorziehen, wenn Sie bis zum Ende des roten Zyklus warten würden, Ma’am.“, sagte Learosh. Wir hatten das Ganze in einen roten und einen grünen Zyklus aufgeteilt. Rot hieß, ich durfte nicht, grün bedeutete, ich durfte den Becher benutzen.

„Warum wollen Sie den Becher früher benutzen, Allrounder?“, fragte Loridana, die hinzugekommen war. „Weil ich die Einzige bin, die Shimar finden kann. Er ist von den Genesianern entführt worden und wir werden ihn mit Sicherheit brauchen, wenn wir die Zeitlinie berichtigen wollen.“, erklärte ich. „Also gut.“, sagte Loridana. „Führen Sie den Allrounder zu Biobett eins, Assistant.“

Learosh nahm mich bei der Hand und führte den Befehl seiner Vorgesetzten aus. Dann begann Loridana, mich mit ihrem Erfasser zu scannen. „Von außen betrachtet sieht alles sehr gut aus.“, sagte sie. „Aber wir sollten sicher gehen. Schließlich geht es hier um Ihr Gehirn, Betsy. Learosh, holen Sie die Nasalsonde!“ Er nickte und wandte sich dem Schrank mit der medizinischen Ausrüstung zu. „Es tut mir leid.“, entschuldigte sich Loridana im Vorhinein. „Das muss es nicht.“, entgegnete ich. „Bei Ihnen oder Mr. Learosh habe ich keine Angst.“ „Danke für das Kompliment.“, lächelte sie.

Learosh war mit der Sonde zurückgekehrt und reichte sie nun Loridana, die sie an ihren Erfasser anschloss. Dann spreizte Learosh meine Nasenflügel mit den Worten: „So und jetzt ganz ruhig bleiben.“, auseinander und führte die Sonde ein, deren Ende ich bald darauf in meiner Stirnhöhle wahrnahm.

Loridana befahl ihrem Erfasser, mit dem Scannen zu beginnen. „Tja, wie es aussieht, dürfen Sie den Becher wirklich schon benutzen.“, sagte sie. „Willkommen im grünen Zyklus, Allrounder!“ „Wirklich?“, strahlte ich. „Ja, wirklich.“, bestätigte die Zeonide. „Es scheint, als hielte sich Ihr Gehirn nicht immer genau an die Fristen. Es kann aber auch damit zu tun haben, dass die Monate oft verschieden lang sind.“ „Danke, Scientist.“, strahlte ich, stand vom Biobett auf und machte mich auf den Weg zur Tür, um Kissara die freudige Nachricht zu überbringen.

Mikel und Maron kreuzten meinen Weg. Ich hatte die beiden Agenten im Turbolift getroffen. Maron fiel sofort mein Gesichtsausdruck auf und Mikel der Umstand, dass ich leise vor mich hin summte. „Was macht Sie so fröhlich, Allrounder?“, wollte Maron wissen. „Ich darf den Becher tatsächlich jetzt schon benutzen!“, lächelte ich. „Loridana und Learosh haben mir gerade das OK gegeben.“ „Herzlichen Glückwunsch!“, gratulierte Mikel.

Die Fahrt verging und wir stiegen einhellig zu dritt aus dem Lift. „Mir fällt auf, dass ihr zwei auch wieder ziemlich gelöster Stimmung seid.“, flapste ich den Männern zu. „Habt ihr euch ausgequatscht?“ „Ja, das haben wir.“, antwortete Mikel. „Und jetzt werden wir Zirell unsere Ermittlungsergebnisse präsentieren.“ „Wir haben nämlich einen richtigen Durchbruch erzielt.“, fügte Maron stolz bei.

Ich spürte, dass sich seine freie Hand meinem Arm näherte. „Die Versuchung ist verdammt groß, Sie führen zu wollen, Allrounder.“, gab Maron zu. „Falls Sie sich das mit Mikel und mir gleichzeitig zutrauen, gern, Sir.“, lächelte ich. „Aber ich würde mich gern bei Ihnen einhaken. Sonst fühle ich mich geschoben und denke, dass ich die Erste bin, die fällt.“ „Dass wollen wir natürlich nicht.“, sagte Maron und blieb stehen, damit ich mich einhängen konnte. „Dadurch, dass Sie sich einhängen.“, stellte er fest. „Bestimmen auch Sie, wer Sie führen darf.“ Ich nickte. „Auf die Art selektieren Sie auch genau, wem Sie vertrauen.“, analysierte er. Ich bejahte erneut.

Zirell und Kissara waren überrascht, uns drei in derart trauter Dreisamkeit den Bereitschaftsraum betreten zu sehen. „Na, da haben sich wohl zwei ausgesprochen, nicht wahr, Gentlemen?“, fragte Kissara neugierig. „Ja, das haben wir, Ma’am.“, erklärte Mikel. „Außerdem haben wir einen ermittlerischen Durchbruch erzielt.“ „Den würde ich gern sehen.“, sagte Zirell. „Wie Sie wollen, Commander.“, sagte Mikel und zog den Datenkristall mit Shannons Suchergebnis aus der Tasche, um ihn in eines der Laufwerke zu legen. Dann befahl Maron IDUSA, die Datei auf den Schirm zu stellen. „Du lieber Himmel!“, rief Zirell aus. „Das ist ja ein Artikel aus der Regenbogenpresse. Maron, du weißt, dass ich diese Art der Journale nicht wirklich schätze. Es wird zwar immer behauptet, es seien typische Frauenthemen, die dort behandelt werden, aber ich …“ „Ich verlange ja gar nicht, dass du den ganzen schrecklichen Artikel liest, Zirell.“, beruhigte Maron sie mit etwas bissigem Humor in der Stimme. „Ich will ja nur, dass du mal dort hin schaust.“ Er zeigte auf das untere Drittel des Schirms.

Zirell trat näher und besah sich das Bild. „Sieht aus, als würde da jemand gewaltig einstecken müssen.“, sagte sie. „Das Mädchen lässt den Jungen wohl gerade abblitzen. Aber wer ist die Frau im Hintergrund?“

„Ich fürchte, das bin ich.“, sagte ich, die ich die Situation, die das Bild zeigte, auch an Hand der Äußerungen der anderen interpretieren konnte und trat vor. „Ich denke, dass ich eine gewisse Mitschuld an dem ganzen Schlammassel trage.“ „Wie kommen Sie denn darauf, Betsy?“, fragte Kissara. „Weil ich Eldisa gesagt habe, sie soll Clytus gehörig die Meinung geigen, damit er sie endlich in Ruhe lässt.“ „Aber du hast Clytus keine Anleitung zum Verändern der Zeitlinie gegeben oder so.“, sagte Mikel. „Wovon reden Sie zwei da.“, fragte Kissara. „Unsere Theorie ist.“, begann Maron. „Dass Clytus aufgrund der Tatsache, dass er bei Eldisa nicht landen konnte, versucht hat, ihr ein sehr romantisches Geschenk zu machen, bei dem der Allrounder und ihre Beziehung zu zwei Männern instrumentalisiert wurde.“

Die Tindaranerin ließ sich den letzten Satz ihres ersten Offiziers noch einmal durch den Kopf gehen. Dann sagte sie: „Was meinst du denn damit, Maron. Mach es für einen kriminalistischen Laien doch nicht so schwer!“ „Denk mal nach, Zirell.“, sagte Maron. „Wenn sie beide Männer heiraten dürfte, dann hätte die Liebe alle Konventionen gesprengt und das ist ein Umstand, den 13-jährige Mädchen im Allgemeinen sehr romantisch finden. Um das zu erreichen, mussten beide Universen, in denen die Beteiligten leben, genesianisch werden. Bei den Genesianern darf eine Frau ja so viele Männer haben, wie sie will, die Männer dürfen aber nur ihr treu sein. Dazu musste allerdings die Vergangenheit verändert werden, damit Sachometh auch auf den in der genesianischen Zeitrechnung vorgesehenen Tag fallen kann. Anderenfalls hätten die Genesianer vielleicht doch noch was gemerkt. Das Einzige, was Clytus nicht bedacht hat, ist der Umstand, dass seine Angebetete die spätere Hüterin und Beschützerin der Zeit sein wird und das deshalb gar nicht gut heißt. Ich denke, die Sache ist gründlich in die Hose gegangen und zwar nicht erst, nachdem Sytania sich eingemischt hat.“ „Ich hoffe, du hast dafür noch seriösere Beweise, als dieses Pamphlet!“, sagte Zirell und deutete mit einem spöttischen Gesicht auf den Schirm. „Ich habe die Aussagen von Ginalla und ihrem Schiff.“, sagte Maron. „Ginalla!“, erwiderte Zirell. „Es überrascht mich, dass du ihre Aussage auf einmal zu den Seriösen zählst.“ „Das tue ich, seit mir Mikel gehörig den Kopf gewaschen hat.“, erwiderte Maron verschämt.

Kissara war von ihrem Stuhl aufgestanden und kam nun auf mich zu. „Sie lächeln ja auch die ganze Zeit, Allrounder.“, schnurrte sie. „Darf ich wissen, warum Sie das tun?“ „Ma’am.“, begann ich förmlich. „Allrounder Betsy Scott ist erfreut, melden zu dürfen, dass die Ärzte das OK zur Benutzung des Bechers gegeben haben!“ „Herzlichen Glückwunsch!“, lächelte sie zurück. „Darauf sollten wir gleich mal einen trinken.“, meinte Mikel flapsig. Ich hatte verstanden und erwiderte: „Ich werde Jannings sagen, er soll den Becher aus meinem Quartier hierher beamen.“ „Genau darauf wollte ich hinaus.“, sagte Mikel.

Ich ließ Techniker Jannings die entsprechende Nachricht zukommen und bald stand der Becher vor mir. Zirell aber nahm ihn mir ab und gab IDUSA einige Instruktionen auf Tindaranisch, die ich aufgrund ihres schnellen Sprechens nicht wirklich verstand. Aber anscheinend hatte IDUSA sie verstanden, denn ihr Replikator füllte den Becher gleich darauf mit Shimars Lieblingsgetränk, das inzwischen auch zu meinem geworden war. Leider waren Sternenflottenreplikatoren bisher nicht in der Lage gewesen, es herzustellen. Das bedeutete, ich konnte es nur hier bekommen. Dann replizierte sie auch für alle anderen Getränke. Ihre Wünsche zu erkennen, war für sie als geübte Telepathin kein Problem. „Auf Mikels und Marons Erfolg!“, sprach sie einen Toast aus. „Auf den Erfolg.“, wiederholte ich. „Und, dass wir Shimar bald wiederfinden.“ „Das liegt ja wohl ganz bei dir.“, sagte Mikel. „Und bei dir.“, erwiderte ich. „Du solltest mich jeden Tag vernehmen, wenn es los geht. Vielleicht kriegen wir so ein Puzzle zusammen, das uns zu Shimar führt.“ „OK.“, nickte Mikel, nachdem er einen großen Schluck aus seinem Glas Kölsch genommen hatte.

„Ihr solltet in der Simulationskammer nachstellen, was sie sieht.“, schlug Maron seinem Kollegen vor. „Dann dürftet ihr noch eher darauf kommen.“ „Das hatte ich eh vor.“, sagte Mikel. „Aber ich werde noch mal mit Jannings reden müssen. Er wird mir noch mal Nachhilfe in der Benutzung des Programmierassistenten geben müssen.“ „Warum macht ihr das nicht zunächst hier?“, lud Zirell uns ein. „Noch habt ihr ja kein Ziel, zu dem ihr fliegen müsst und dann könnten sich Mikel und Maron bei Allrounder Betsys Vernehmung auch abwechseln. So bleibt die Arbeit nicht an einem allein hängen.“ „Geht klar.“, sagte Mikel. „Du hast Recht.“, stimmte Kissara zu. Auch ich nickte.

„Wann setzen Ihre Träume von Shimar normalerweise ein, Allrounder?“, fragte Maron. „Sobald ich anfange, den Becher zu benutzen, Sir.“, antwortete ich. „Dann werden wir also keine unnötige Zeit verlieren, wenn ich mit den Vernehmungen heute Nacht schon beginnen würde.“, bot Maron an. „Wenn Sie von Ihrem Freund geträumt haben, dann rufen Sie mich am besten sofort, Allrounder. Ich werde Sie dann abholen und wir gehen hier in die Simulationskammer. Ich weiß, wie man mit dem Programmierassistenten von IDUSA umgeht. Dann hast du noch genug Zeit, bei eurem Ingenieur Nachhilfe zu nehmen, Mikel. Ich werde es so einrichten, dass auch du später auf die Datei zugreifen und mit ihr fortfahren kannst.“

„Sehr liebenswürdig.“, sagte Mikel. „Ich werde dann auf der Granger sein, Sir.“, sagte ich. „In meinem eigenen Quartier schlafe ich immer noch am besten und das soll ja auch förderlich fürs Träumen sein.“ „Also gut.“, sagte Maron. „Dann weiß ich ja, wo ich Sie finden kann, wenn Ihr SITCH kommt.“ „Damit sind wir uns ja wohl über das weitere Vorgehen einig.“, sagte Kissara und stand auf, um im gleichen Moment auf das Display ihres Sprechgerätes zu deuten. „Es ist spät. Ich werde Sie gleich mitnehmen, Betsy.“ „In Ordnung, Commander.“, sagte ich und folgte ihr. „Ich werde Sie gleich vor Ihrem Quartier absetzen.“, sagte sie. „Nur weiß ich nicht, ob ich Ihnen erfolgreiche oder süße Träume wünschen soll.“ „Bezüglich Shimar kommt das auf das Gleiche heraus, Madam.“, lächelte ich und verschwand hinter meiner Tür.

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