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Ich hatte mich auf die Brücke der Granger begeben. Zwar würden wir so schnell nirgendwo hinfliegen und ich würde auch, zumindest, nicht dass ich damit rechnete, so schnell keinen SITCH beantworten müssen, trotzdem hatte es mich an meinen Arbeitsplatz gezogen. „Sie können wohl auch nicht von Ihrem Dienst lassen, Allrounder.“, scherzte Kang. „Das ist eben meine deutsche Gründlichkeit, Warrior.“, scherzte ich zurück.

Im gleichen Moment empfing der Computer einen Ruf, den er mir sofort ankündigte. „Stell durch, Computer!“, befahl ich. „Betsy?“, hörte ich eine bekannte Stimme. „Ja, Zirell.“, antwortete ich den tindaranischen Sitten gemäß. „Ich habe deinen Mann hier.“, sagte sie. „Ich glaube, es wäre ganz gut, wenn du ihn abholen und dich etwas um ihn kümmern könntest. Er hat ziemliche Angst, aber wenn ich wüsste, was er weiß, dann hätte ich die wohl auch.“ „Ich bin unterwegs!“, sagte ich hektisch und dachte, während ich mich aus dem System abmeldete: Oh, Scotty, wo bist du da nur wieder rein geraten!

Wie Recht Scotty mit seiner Vermutung haben sollte, würde sich im gleichen Zeitraum bereits in der Gefängniszelle abzeichnen, aus der er und Clytus entführt worden waren. Natira, eine der beiden zuständigen Wärterinnen, hatte nämlich Amidala Bescheid gegeben und jetzt standen beide vor der leeren Zelle. „Was hast du gesehen?“, fragte die ältere Wärterin ihre Untergebene. „Ich sah nur die leere Zelle.“, erwiderte Natira. „Wie die Beiden entführt wurden, kann ich nicht sagen.“

Amidala zog ihren Erfasser und scannte das Stroh in der Zelle. „Es gibt Hinweise auf die Energie eines Mächtigen.“, sagte sie. „Eines Mächtigen?“, horchte Natira auf. „Ja.“, bestätigte ihre Vorgesetzte. „Welcher Mächtige sollte so eine ehrlose Tat begehen?!“, fragte Natira entrüstet. „Welcher Mächtige sollte uns einfach zwei unserer Gefangenen stehlen?!“ „Das werden wir gleich wissen.“, tröstete Amidala und schloss ihren Erfasser an ihr Sprechgerät an, mit dessen Hilfe sie die Daten an die zentrale Datenbank überspielte, die bald darauf ein Ergebnis ausspuckte. „Es handelt sich um Eldisa von Zeitland.“, sagte sie und hielt Natira das Gerät unter die Nase.

Die junge Kriegerin stemmte die Fäuste in die Hüften. „Eldisa von Zeitland.“, sagte sie. „Eine solch ruchlose Tat hätte ich ihr nicht zugetraut! Aber wahrscheinlich ist sie nicht besser, als es alle anderen Mächtigen auch sind! Irgendwann zeigen sie alle ihre ehrlose Seite! Irgendwann zeigen sie alle, dass sie uns nur als ihre Spielbälle sehen! Ich werde keinem Mächtigen mehr glauben, wenn er mir vorheuchelt, auf meiner Seite zu sein!“ „Wir werden es der Prätora melden.“, beschwichtigte Amidala den Tatendrang ihrer jungen Kollegin. „Yanista soll entscheiden, was wir tun.“ „Einverstanden.“, sagte Natira. „Hoffentlich entscheidet sie richtig!“

Auf der Canara nahm Hera den Ruf entgegen. „Prätora, wir werden von der obersten Wärterin von Nura vier gerufen.“, meldete sie. „Gib Amidala her!“, entgegnete Yanista. Die junge Kriegerin an der Flug- und Kommunikationskonsole nickte und führte den Befehl aus. „Könnte ich vielleicht besser in Eurem Raum mit Euch reden, Prätora?“, fragte Amidala. „Warum?“, fragte die Oberste der Vetash. „Ist das Geschehen, das du mir melden musst, etwa so schrecklich, dass du meinst, meine Kriegerinnen könnten es nicht verkraften?“ „Darum geht es nicht.“, entgegnete Amidala. „Aber es ist … Wir sind bestohlen worden, Prätora.“

Yanista ließ einige Sekunden vergehen, in denen in ihr eine ungeheure Wut aufstieg. Dann fragte sie mit bösem Funkeln in den Augen: „Bestohlen? Was wurde gestohlen und welcher dreckige Ferengi hat …?“ „Kein Ferengi.“, verneinte Amidala. „Es war eine Mächtige. Ihr Name ist Eldisa von Zeitland.“ Sie ließ dem Rechner der Canara die Daten zukommen.

Yanistas Stimmung wurde immer negativer. „Was erdreistet diese Eldisa sich?!“, wollte sie wissen. „Aber ich denke, dass die Mächtigen das nur tun, weil sie eifersüchtig auf unsere große Göttin sind! Aber wir werden uns das nicht gefallen lassen! Ich werde die oberste Prätora drängen, dass wir einen Krieg gegen Zeitland führen! Niemand bestiehlt den Clan der Vetash! Niemand nimmt uns Gefangene weg, die unser Eigentum sind! Gut, es waren nur Männer, aber es geht ums Prinzip! Die stolze Rasse der Genesianer sollte und wird sich diese Spielchen von den Mächtigen nicht länger gefallen lassen!“ „Ich stimme dir zu!“, bestätigte Amidala, die sich von der hetzerischen Stimmung ihrer Prätora bereits anstecken lassen hatte. „Aber wie sollen wir einen solchen Krieg gewinnen können?“ „Das ist für mich keine Frage, du Närrin!“, erwiderte Yanista erregt. „Wir stehen unter dem Schutz der Wächterin von Gore! Wo ist dein Glaube?!“ „Ich glaube, was ich sehe.“, erwiderte Amidala provokativ. „Und im Augenblick sehe ich, dass wir uns nur in Rage reden. Wo war denn die Wächterin von Gore, als Eldisa die Gefangenen entführt hat? Warum hat sie das nicht verhindert, wenn sie doch auf unserer Seite ist?“ „Weil sie unseren Glauben prüft.“, sagte Yanista und klang dabei schon fast wie eine Missionarin, die irgendwelche Leute von ihrem Glauben überzeugen wollte. „Sie will wissen, ob wir ihren Schutz weiterhin verdienen. Sie will wissen, ob wir Willens sind, nur allein unter ihrem Schutz gegen die Mächtigen in den Kampf zu ziehen. Ich habe Veleta sämtliche Waffen demontieren lassen.“

Erschrocken ließ Amidala fast das Mikrofon fallen. „Ihr habt was getan, Prätora?“, fragte sie nach. „Ja, du hast richtig gehört.“, erwiderte Yanista. „Wir werden ohne Waffen in diesen Krieg ziehen. Uns kann nichts passieren. Wir stehen unter dem Schutz der Göttin!“ Damit beendete sie die Verbindung. „Ich denke, dass Amidala Recht hat.“, meldete sich Lynea zu Wort. „Ohne unsere Waffen könnten uns die Mächtigen sehr schnell …“ „Pass auf, was du sagst!“, drohte Yanista. „Oder willst du enden wie Shira? Veleta kann sicher im Maschinenraum noch so manche Hand gebrauchen, die Warpgondeln schrubbt!“ „Ich meinte doch nur, dass wir darauf achten sollten, dass wir uns den Mächtigen nicht in die Hände spielen.“, wandte die Waffenoffizierin ein. „Die Tatsache, dass die Göttin die Entführung der Gefangenen nicht verhindert hat, hat mir zu denken gegeben.“ „Das reicht!“, rief Yanista aus. „Du wirst auf der Stelle deinen Posten verlassen und dich bei Veleta melden!“

Sie schritt zu Lynea hinüber und riss ihr die Schärpe vom Nacken, die sie als Brückenoffizierin auswies. Dann kassierte die gerade Degradierte noch eine Ohrfeige, dass es knallte und wurde mit Gewalt von Yanista und Minerva von ihrem Platz entfernt. Gesenkten Hauptes ging Lynea. Die an ihr vorgenommenen Handlungen waren unter Genesianerinnen normal. Daher wusste sie auch genau, was sie bedeuteten. Bei Widerspruch wäre sie womöglich noch getötet worden. „Wer soll jetzt ihren Posten übernehmen, Mutter?“, fragte Minerva. „Hol deine Freundin Kirin her!“, entschied Yanista. „Sie hat in der Ausbildung große Fortschritte gemacht. Ich halte sie für fähig, das Amt der Waffenoffizierin zu übernehmen.“ „Ja, Mutter.“, nickte Minerva und verließ die Brücke.

Yanista wandte sich wenig später an Hera: „Wir müssen der obersten Prätora sagen, was auf Nura vier geschehen ist. Sie wird bestimmt auch nicht tatenlos zusehen können. Verbinde mich auf der Stelle mit ihr!“ „Ja, Prätora.“, nickte Hera und gab das Rufzeichen in das Sprechgerät des Schiffes ein.

Kirin hatte Shira auf dem Korridor getroffen. Die zur technischen Assistentin degradierte Kriegerin hatte der Demetanerin völlig außer sich von den Befehlen bezüglich der Waffen berichtet. Die Demetanerin war in großem Zweifel, ob sie mit ihrem Wissen über die ganze Angelegenheit herausrücken sollte oder nicht. Sie wusste, wenn die Genesianer keine Waffen mehr hätten, dann würden sie zur leichten Beute für ihre Feinde. Das mit dem Schutz der Göttin stimmte nicht. Das wusste Kirin längst und zwar ja nicht erst, seit sie es Minerva bewiesen hatte. Andererseits konnte die zu frühe Preisgabe des Wissens auch dafür sorgen, dass sie wie Shira zum Schrubben der Warpgondeln verurteilt würde und dann quasi keine Möglichkeit mehr hätte, ihren Spionageauftrag zu Ende zu führen. Also entschied sie, dass sie das Wissen zunächst nicht an die große Glocke hängen würde. „Was?!“, tat Kirin erschrocken. „Aber das bedeutet, wir sind ohne Verteidigung.“

Bevor Shira etwas erwidern konnte, kam Minerva um die Ecke. „Kirin, komm bitte sofort mit mir.“, sagte sie hektisch. „Die Prätora will, dass du Lyneas Posten übernimmst.“ Die Demetanerin nickte und folgte ihr. Um Shira nicht weiter zu kompromittieren, hatte sie vermieden, durchblicken zu lassen, dass sie bereits über die Information bezüglich der deaktivierten und demontierten Waffen verfügte. Aber jetzt, wo sie um einige Ecken verschwunden waren, machte sie ihrer Empörung Luft. „Kannst du mir mal sagen, ob deine Mutter noch alle Latten am Zaun hat?!“, fragte sie außer sich. „Das kann ich!“, sagte Minerva fest. „Und meine Antwort lautet nein! Wir beide haben ihr die Fakten dargelegt und sie ist nicht im Geringsten darauf eingegangen. Im Gegenteil! Sie hat in ihrem Wahn noch was von Glaubensprüfung und so gefaselt, das niemand auch nur annähernd für voll nehmen kann, der noch einigermaßen bei Verstand ist. Sogar ein Mann würde merken, dass wir hier gründlich verarscht worden sind! Hoffentlich kriegt sie Shashana nicht zu diesem Krieg herum!“

Kirin blieb erschrocken stehen. „Was für ein Krieg?“, fragte sie. „Was hat deine Mutter vor?“ „Sie will einen Krieg gegen Zeitland führen.“, sagte Minerva. „Prinzessin Eldisa hat zwei Gefangene von Nura vier entführt. Das betrachtet Yanista als Diebstahl und ist so wütend auf die Mächtigen, dass …“ „Und was soll ich dabei?“, fragte Kirin und tat dabei unwissend. „Ich meine, wenn die Waffen demontiert sind, braucht Yanista doch eigentlich auch keine Waffenoffizierin. Oder hofft sie, dass ich die Zeitländer mit einem Augenzwinkern zur Strecke bringen kann?!“ „Ich weiß es nicht.“, sagte Minerva. „Sei’s drum.“, wischte Kirin die eigenen Zweifel schließlich doch weg. „Ich komme erst mal mit.“

Das wahre Motiv für ihr Mitkommen hatte die ausgebildete Agentin allerdings verschwiegen. Sogar Minerva durfte nicht wissen, dass sie nur mitgekommen war, um ein Auge auf das Geschehen auf der Brücke zu haben und im richtigen Moment eingreifen zu können. Was Sedrin tun musste, war zwar völlig gegen die Oberste Direktive, aber um dieses Problem zu lösen, musste sie im Notfall wohl auch eine Meuterei auf einem Genesianerschiff unterstützen. Sie ahnte allerdings nicht, wie schnell dieser Moment kommen würde.

Shashana saß in der großen Halle, als der SITCH von der Canara eintraf. Meduse, ihre Leibwächterin, war die Einzige, die zu diesem Zeitpunkt in der Nähe der obersten Prätora weilte. „Hier ist Shashana.“, meldete sie sich über die in den Tisch, vor dem sie saß, eingebaute Konsole. „Was gibt es, Yanista?“ Am Rufzeichen hatte sie längst erkannt, von wo und von wem der Ruf gekommen war. „Ich muss Euch etwas sagen, oberste Prätora.“, setzte die Prätora der Vetash an. „Aus unserem Arbeitslager auf Nura vier sind zwei Gefangene gestohlen worden. Eine Mächtige hat sie entführt. Es war Prinzessin Eldisa von Zeitland. Das ist eine ehrlose Handlung, die wir uns nicht gefallen lassen dürfen. Es waren zwar nur Männer, aber es geht ums Prinzip. Ich bin sicher, die Mächtigen lachen jetzt über uns. Aber wir sollten ihnen zeigen, dass wir unter dem Schutz einer noch viel mächtigeren Kreatur stehen, als sie es selbst sind, nämlich unter dem Schutz unserer obersten Göttin, der Wächterin von Gore!“ „Aber warum, frage ich dich, hat die Göttin nicht eingegriffen, als die Gefangenen entführt worden sind?“, fragte Shashana nach. „Weil sie unseren Glauben prüfen will.“, antwortete Yanista voller Zuversicht. „Deshalb habe ich meiner Chefingenieurin auch befohlen, alle Waffen zu deaktivieren und zu demontieren. Die Göttin allein wird uns für unseren starken Glauben mit ihrem Schutz belohnen.“ Sie beendete die Verbindung.

Starr saß Shashana da. Sie konnte nicht fassen, was ihr da gerade zu Ohren gekommen war. Blass winkte sie Meduse, die sogleich zu ihr eilte. „Was gibt es, oberste Prätora?“, fragte die Wächterin. „Ich weiß beim besten Willen nicht, wie ich mich entscheiden soll, Meduse.“, vertraute sich Shashana ihr an. „Ich kann mich einfach nicht so blind in die Hände der Göttin begeben, wie Yanista es tut. Ein Krieg mit den Mächtigen wäre kein ehrenhafter Krieg, denn sie kämpfen ohne Ehre. Andererseits dürfen wir uns die Entführung von Gefangenen durch sie auch nicht einfach gefallen lassen, denn dann würden wir zum Gespött des gesamten Universums. Also, was soll ich tun?!“

Mit gesenktem Kopf, ihren Respekt anzeigend, näherte sich die Leibwächterin und setzte sich neben Shashana. „Vergebt einer einfachen Leibwache.“, begann sie. „Aber ich finde, Ihr solltet den Krieg gegen Zeitland ruhig befehlen. Allerdings sollten wir nicht so blauäugig in ihn hineinstolpern ,wie es die Besatzung der Canara tut. Wir sollten unsere Waffen schon noch aktiv halten und der Canara nach Möglichkeit zur Hilfe kommen, wenn sich Yanista überschätzt. Auch ich habe zu viel gesehen, um an unsere Unverwundbarkeit und den Schutz der obersten Göttin zu glauben, wie sie es tut. Immerhin haben uns die Götter zu Kriegerinnen und nicht zu wehrlosen Schafen gemacht, die andere benötigen, um sich zu schützen. Das sollten wir Yanista ins Gedächtnis rufen.“ „Du hast Recht.“, sagte Shashana. „Also, dann geh zu meiner Ingenieurin und sage ihr, sie soll die Rapach warten. Es geht in den Krieg!“ Die Leibwächterin nickte und verließ die große Halle.

Im Dunklen Imperium hatte Telzan alle Hände voll damit zu tun, seine Herrin von den Folgen des Angriffs auf ihre Schöpfung zu heilen. „Dieser verdammte Tindaraner!“, fluchte er. „Die Götter mögen wissen, woher er die nötigen Informationen hatte. Hätte ich doch nur …“ „Mach dir keinen Vorwurf, Telzan.“, tröstete Sytania mit noch immer schwacher Stimme. Das Rosannium, das gegen ihre Schöpfung eingesetzt worden war, hatte ihr doch durch die telepathische Verbindung bedingt auch sehr stark zugesetzt. „Weder du noch ich haben geahnt, dass er zu einem solch primitiven, aber gleichzeitig wirkungsvollen Mittel greifen würde.“ „Das stimmt, Herrin.“, erwiderte der Vendar. „Aber das hätten wir voraussehen müssen.“ „Mit wir meinst du wohl eher ich.“, sagte Sytania. „Aber ich war wohl auch zu sehr der Überzeugung, dass er zu sehr an fortschrittliche Waffen glaubt, um so etwas überhaupt in Betracht zu ziehen.“ „Bitte grämt Euch nicht länger, Gebieterin.“, bat Telzan. „Dieses Mal mögen wir versagt haben. Aber der Zeitpunkt der Rache für uns wird kommen, das fühle ich. Er wird kommen!“

Er zupfte ihr Kissen zurecht und half ihr, sich wieder vorsichtig hinzulegen. Die ganze Zeit davor hatte sie während des Gespräches halb sitzend verbracht. „Du bist so fürsorglich zu mir.“, sagte Sytania. „Du verstehst es, aus jeder Niederlage doch noch das Beste herauszuholen. Ich habe dich nicht umsonst zum Anführer meiner Vendar gemacht. Nicht umsonst.“ Sie gab noch einen Seufzer von sich und schlief ein.

Sharie hatte Tchey nach deren Aussage zur Erde zurückgebracht und war dann wieder in Richtung ihrer Heimat geflogen. Dort war sie auf Kamurus getroffen, der ihr von seinem Teil der Mission berichtet hatte. Dann hatte er Ginalla wieder von seinem Adoptivsohn übernommen. „Wie ist es dir bei Conus ergangen?“, wollte er wissen. „Sehr gut.“, antwortete die junge Celsianerin. „Ich hatte bei deinem Sohn das Rund-um-sorglos-Paket. Er hat echt Talent. Es könnte sein, dass ihr ihn sogar noch viel früher losschicken könnt, sich einen biologischen Piloten zu suchen, als ihr ahnt. Aber wie war’s bei dir? Konntest du aussagen?“ „Das konnte ich.“, sagte Kamurus. „Agent Mikel hat mir geglaubt. Aber die Situation ist noch zu gefährlich für dich. Wir werden hier bleiben und erst dann an der 281 Alpha auftauchen, wenn es sicher für dich ist. Ich weiß, du liebst das Risiko, aber Sytania …“ „Schon klar.“, sagte Ginalla. „Von der alten Schreckschraube gekillt werden möchte ich auch nich’.“ „Na also.“, sagte Kamurus. „Dann sind wir uns ja einig.“

Shimar und seine Schwester hatten sich ins Wohnzimmer begeben. Hier warteten bereits Suvar und Tanell auf ihre Kinder. „Wie ist es gelaufen!“, fragte der Vater, der aus Shimars stolzem Blick bereits eine Richtung ablesen konnte, in die es gegangen sein musste. „Es ist super gelaufen.“, sagte Shinell und zischte ihrem Bruder zu: „Zeig ihnen den Revolver.“

Langsam holte der junge Tindaraner die Waffe hinter seinem Rücken hervor und legte sie grinsend auf den Tisch. Dann folgte auch alles andere, was noch dazu gehörte. „Na, das ist auf keinen Fall ein Phaser.“, stellte Tanell fest. „Nein.“, sagte Shinell. „Das ist ’ne Waffe von der Erde. Sie wurde dort im so genannten Wilden Westen benutzt. Wir mussten so etwas benutzen, weil Sytanias Schöpfung Energie absorbiert hätte. Nur so konnten Shimar und ich Time retten.“

Shimar stieß ihr den Ellenbogen in die Seite: „Im Allgemeinen fängt man am Anfang an, Schwesterchen und nicht am Ende.“ „Dann erzähl du doch!“, stieß Shinell hervor. „Wenn du es besser kannst.“

Dann berichtete Shimar, was sich im Wald zugetragen hatte. Angespannt lauschten die Eltern jedem seiner Worte. Auch eine genaue Schilderung der Rettungsaktion für Commander Time ließ er nicht aus. „Um ehrlich zu sein, waren deine Mutter und ich nicht wirklich damit einverstanden, dass ihr zwei zum Militär geht.“, gab Suvar schließlich zu. „Wir hatten viel zu große Angst, dass euch dort etwas geschehen könnte. Aber anscheinend kann man ja dort auch viel lernen.“ „Oh, ja.“, nickte Shinell. „Es fördert das taktische Denken und man kommt ziemlich herum, wenn man nicht vorher das Pech hat, abgeschossen zu werden. Mein Bruderherz hier hatte da wohl mehr Glück. ER hat jemanden getroffen, die ihn zu dieser Idee inspiriert hat. Der Rest war ein Kinderspiel.“

Tanell erhob sich von ihrem Stuhl. „Es ist spät.“, sagte sie. „Wir sollten alle schlafen gehen.“ „Also gut.“, sagte Shinell und nahm ihren Bruder bei der Hand: „Ich zeige dir, wo du unterkommen kannst.“ Dann schritten sie die Treppe zu den Schlafzimmern hinauf. Die Eltern sahen ihnen noch stolz nach. „Ich hätte nie gedacht, dass unsere Kinder einmal in der Lage währen, ganz allein Sytania zu besiegen.“, wandte sich Suvar an seine Frau. „Stell dir das vor. Unsere Kinder, Tanell!“ „Ja, unsere Kinder, Suvar.“, entgegnete sie stolz und strich verliebt über seine Hand.

Ein alter rostiger genesianischer Müllfrachter hatte Shimars Körper auf einem der unzähligen Planetoiden in der Nähe von Nura vier abgeladen. Nachdem man ihn sechs Fuß unter der Erde gelassen hatte, war man wieder abgeflogen. Da auch die Sensoren des Schiffes nicht wirklich effizient waren, war seiner Besatzung auch das kleine Shuttle entgangen, das sich in seinem Schatten immer näher an den Planetoiden schob. Bei dem Shuttle handelte es sich um ein Schiff der Cobali, das mit einem Mann, dessen Statur mit viel Fantasie an einen Terraner erinnerte und einer Frau, deren Erscheinungsbild noch Reste einer Betazoiden aufwies, besetzt war. „Hast du das gesehen, Marak?“, fragte die Frau und schaute fast entzückt auf den Schirm. „Das habe ich, Aglaia.“, antwortete der Mann. „Aber wir sollten warten, bis sich die Genesianer vollständig verzogen haben. Dann können wir ihn bergen.“

Aglaia nahm einige Einstellungen am Erfasser vor. „Er ist Tindaraner gewesen.“, sagte sie dann. „Normalerweise können wir sie nicht zur Fortpflanzung benutzen, weil ihre Körper sofort nach dem Tod versteinern. Aber bei diesem ist das nicht der Fall. Wir scheinen unheimliches Glück zu haben, Marak.“ „An so eine Art von Glück glaube ich nicht einfach so.“, erwiderte der Mann skeptisch. „Wir sollten ihn auf jeden Fall zunächst gründlich untersuchen, bevor wir vielleicht etwas tun, was wir später sehr bereuen.“ „Aber er könnte der Sohn werden, den wir uns immer gewünscht haben, Marak.“, sagte Aglaia. „Trotzdem musst du dir in Erinnerung rufen, dass wir zwar die Toten anderer Völker bergen, um uns fortzupflanzen, aber nicht dafür morden. Sollte er noch leben, dürfen wir es nicht. Jedenfalls werde ich nicht den letzten Funken Leben in ihm auslöschen. Das hat noch nie ein Cobali getan und ich werde nicht der Erste sein!“

Angesichts seiner harten Worte kamen Aglaia die Tränen. Ihr Kinderwunsch war schon immer stärker als der ihres Mannes gewesen, aber was er ihr jetzt quasi unterstellte, war zu viel für sie. Auch Marak sah seinen Fehler schließlich ein. „Es tut mir leid.“, entschuldigte er sich und strich ihr über die Wange, an der seine große Hand auch gleich einige Tränen auffing. „Ich habe doch auch nicht verlangt, dass du mordest, um uns den Kinderwunsch zu erfüllen.“, sagte Aglaia. „Es ist nur …“ „Sch.“, machte Marak und strich ihr über das Haar. „Es ist nur, weil wir auf der Suche nach einem Kind schon seit Monaten ohne Erfolg durch die Galaxie streifen, was?“, sprach er ihr aus der Seele. „Ich kann deine Motivation nachvollziehen, aber ich handle nicht nur als ein eventueller Vater, sondern auch als Arzt, dem die verantwortungsvolle Aufgabe in die Hände gelegt wurde, die Toten anderer Völker in ihr Leben als unsere Kinder zu überführen. Die Kommission hat mir die private Reise mit dir zum Finden eines Kindes auch nur erlaubt, weil sie aufgrund meiner Vernunft davon ausgingen, dass ich mit diesem Gewissenskonflikt fertig würde.“ „Und deine Art, damit fertig zu werden ist also, dass du mir unterstellst, ich würde jemanden ermorden wollen.“, erwiderte Aglaia. „Ich wollte dir nicht wehtun.“, entschuldigte sich Marak nochmals mit mildem Blick. „Es ist nur für mich auch schwierig.“ „Kann ich mir vorstellen.“, sagte Aglaia, um einen Schritt auf ihn zuzugehen. „Verzeih mir bitte.“ „Ich verzeihe dir, wenn du mir verzeihst.“, antwortete der Cobali. Seine Frau nickte.

Marak warf einen erneuten Blick auf den Erfasser. „Warum ist er nicht versteinert?“, fragte er jetzt auch sich. „Wir sollten ihn auf jeden Fall untersuchen.“ Er befahl dem Computer, Shimars Körper auf den Operationstisch im hinteren Teil des Schiffes zu beamen.

Shinell hatte ihren Bruder ins Schlafzimmer zu einem Möbel geführt, das in gewisser Weise an eine überdimensionierte Schlafhöhle für Haustiere erinnerte, die an einem Gestell für einen Wohnzimmertisch befestigt war. Das für uns vielleicht merkwürdig anmutende Polster maß 2,00 m in der Länge und einen Meter in der Breite. Es war aus weichem bunten Stoff und hatte eine ebenso weiche Matratze. Auch das Kissen und die Decke waren sehr weich. „Hey.“, lächelte Shimar. „Ihr habt mein altes Zimmer hergerichtet?“ Shinell schnaubte nur verächtlich durch die Nase. „Ich weiß, ich weiß.“, beschwichtigte Shimar sie. „Was man sich hier wünscht, wird wahr.“

Shinell setzte sich auf eines der neben dem Bett herumstehenden zylindrischen Sitzkissen und beobachtete, wie sich Shimar hinlegte. „Versuch bitte, nicht so überrascht zu tun.“, lächelte sie. „Ich habe dir doch schon immer beim Einschlafen zugesehen. Schon als du klein warst. Erinnerst du dich nicht mehr?“ „Oh, doch.“, sagte Shimar. „Ich bin es nur nicht mehr gewohnt.“

Er zog die Decke über sich und schloss die Augen. Aber sein Ziel war nicht der Schlaf. Immer wieder fragte er sich im Geist: Wo ist mein Körper?

Die Antwort auf diese Frage würde er auch bald sehen. Shimar sah sich auf dem Operationstisch der Cobali liegen. Er wusste, wenn er jetzt nicht in seinen Körper zurückkehren würde, dann würden sie ihn zu einem ihrer Kinder machen. „Ich muss gehen, Shinell.“, sagte er. „Bitte sag Mutter und Vater, dass es mir leid tut, aber ich kann nicht länger bleiben. Ich muss zurück in meinen Körper. Bitte mach das wieder rückgängig, was du mit meiner Silberschnur gemacht hast.“ „Das brauche ich nicht.“, sagte Shinell. „Versuche einfach nur, deine Silberschnur wahrzunehmen und lass dich von ihr zurückbringen.“ „Also gut.“, sagte Shimar. „Ich versuche es.“

Er begann, sich auf seine Silberschnur zu konzentrieren. Tatsächlich sah er sich bald durch das Dach des Hauses schweben und dann dauerte es nur eine Sekunde und er hatte das Gefühl, wieder in seinem Körper zu sein. Jetzt musste es ihm nur noch gelingen, die Cobali auf sich aufmerksam zu machen.

Marak hatte seinem Schiffsrechner die Steuerkontrolle übergeben und war gemeinsam mit seiner Frau in den hinteren Teil des Schiffes gegangen. Hier standen sie jetzt vor dem Operationstisch und betrachteten die Monitore. „Es ist merkwürdig.“, sagte Marak. „Der Computer zeigt einwandfrei an, dass er noch Reflexe hat. Also lebt er. Warum die Genesianer ihn trotzdem begraben haben, ist mir ein Rätsel.“ „Das heißt, wir können ihm wirklich keine neue neurale Energie implantieren, die …?“, fragte Aglaia. „Nein!“, antwortete Marak mild. „Aber ich schätze, er wird uns gleich alles erklären.“

Im gleichen Moment holte Shimar tief Luft und öffnete die Augen. „Danke für eure Hilfe.“, sagte er. Verwirrt sahen die beiden Cobali ihn an. „Ich weiß, dass ich euch für meine Flucht benutzt habe.“, gestand Shimar. „Aber es ist extrem wichtig. Ich habe Informationen, die bestimmte Leute unbedingt haben müssen.“

Er versuchte aufzustehen. „Langsam.“, bremste ihn Marak. „Du bist nicht ganz gesund. In deiner Stirnhöhle befinden sich Reste einer Entzündung, die wir entfernen werden. Dann kannst du uns alles erklären. Wir sind dir nicht böse. Du scheinst keine bösen Absichten zu verfolgen. Aber du scheinst sehr in Not gewesen zu sein. Warum sonst würdest du eine so abenteuerliche Flucht geplant haben und riskiert haben, dass wir dich zu einem unserer Kinder machen? Wir sollten so schnell wie möglich die Entzündungsreste aus dir herausholen, bevor sie noch Schaden anrichten. Aber du kannst mir vertrauen. Mehr wird an dir nicht operiert.“ „Ist OK.“, sagte Shimar und sank in die Kissen zurück.

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