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Sytania hatte alles durch den Kontaktkelch beobachtet. Sie und Telzan saßen nun gemeinsam davor und beratschlagten, was sie denn tun könnten. „Wir müssen verhindern, dass die Cobali die Station erreichen.“, sagte die Prinzessin. „Wenn sie sich mit Zirell und Kissara beraten, dann werden sie mir meinen schönen Plan durchkreuzen. Ich habe in die Zukunft gesehen. Ich weiß, was das bedeutet.“ Sie warf wütend, ja fast verzweifelt, den Kopf herum.

Telzan überlegte angestrengt. Irgendwie musste es ihm doch gelingen, seine Herrin wieder aufzuheitern und ihr einen Plan zu präsentieren, der gleichzeitig jenes für beide unheilvolle Geschehen verhindern würde. Er konnte einfach den letzten Satz von Aglaia nicht aus seinem Kopf bekommen. Ständig blieb sein Gehirn an der Frage nach der Falle hängen. Aber warum eigentlich nicht? Warum sollten sie den Cobali nicht eine kleine Falle stellen und gleichzeitig dafür sorgen, dass sowohl die Granger, als auch Commander Zirell bei ihnen in Misskredit fielen? Wenn sie dass erreichen könnten, dann hätten sie gewonnen. Dann würde es nämlich keine Lösung für Clytus geben.

Grinsend sah Telzan zu seiner Gebieterin hinüber. „Was grinst du so?“, fragte Sytania. „Ich grinse, weil mir gerade die Idee der Ideen gekommen ist.“, sagte Telzan stolz und stellte sich aufrecht vor sie hin. „Wovon redest du?“, fragte Sytania fast geifernd. „Ich spreche davon, dass wir den Cobali tatsächlich eine kleine Falle stellen sollten, Milady.“, erwiderte der Vendar. „Und wie soll die Falle aussehen?“, fragte Sytania. „Shimar wird sie über alles informiert haben, was mit mir zusammenhängt. Sie werden alarmiert sein und auf Posten. Sie werden …“ „Ich habe nicht davon gesprochen, dass Ihr oder ich tätig werden sollt.“, beruhigte Telzan sie. „Ich meine, tätig werden solltet Ihr schon, aber eher telepathisch. Der gute Kang ist die ganze Zeit an Bord der Granger und sitzt am Waffenpult. In den Geist dieses primitiven Klingonen einzudringen dürfte für Euch ein Kinderspiel sein. In seinem Unterbewusstsein befindet sich ein latenter Hass gegen die Cobali, weil er glaubt, sie verweigerten den Toten den Eintritt ins Totenreich. Zapft diesen Hass an und implantiert einen hypnotischen Befehl, der ihn dazu bringt, auf das Schiff der Cobali zu schießen, wenn sie sich der Station nähern. Er soll sie nicht vernichten, sondern ihnen nur einen leichten Schaden zufügen, der sie dazu bringt zu fliehen. Dann werden sie sich auf keinen Fall mehr auf Zirell und Kissara einlassen, zumal der Schuss von Kissaras Schiff kam, das an Zirells Station liegt.“ Er grinste erneut. „Wie findet Ihr das?“

Sytania stand von dem Stuhl, auf dem sie gesessen hatte, auf und tanzte einmal durch den gesamten Thronsaal. „Oh, Telzan!“, stieß sie hoch erregt hervor. „Du weißt genau, wie du deine Herrscherin glücklich machen kannst! Ich werde gleich damit beginnen!“ „Soll ich Euch allein lassen, Milady?“, fragte Telzan. „Ich meine, dann könnt Ihr Euch doch sicher viel besser konzentrieren.“ „Ach was.“, sagte sie. „Bleib ruhig. Wie du schon sagtest, dieser primitive Geist ist für mich kein Problem. Das könnte ich noch im Schlaf. Ah, da ist ja der latente Hass schon, den ich sehen wollte.“

Sie schloss die Augen und konzentrierte sich auf Kangs Bild. Dann dachte sie: Hör mir zu, Kang. Bald wird ein Schiff von Leichenfledderern zu euch kommen. Sie kommen, um alle Toten von den Friedhöfen der Tindaraner zu stehlen. Denk dir, deren arme Seelen können dann nicht ins Totenreich! Aber dem kannst du, mein tapferer Kang aus dem Volke der Klingonen, ein Krieger mit Ehre im Leib, etwas entgegensetzen, indem du sie verjagst. Du und ich, Kang, wir werden Seite an Seite kämpfen, um die armen Toten der Tindaraner zu retten. Zirell ist so blauäugig und lädt die Cobali noch ein, aber du, du bist jetzt gewarnt und kannst verhindern, dass dieser schändliche Plan eine Durchführung findet. Die Cobali haben Shimar nämlich nicht uneigennützig gerettet. Deshalb befehle ich dir, auf das Schiff mit dem Phaser zu feuern, sobald es sich der Station nähert! Du sollst sie nicht töten, sondern nur vertreiben. Dann werden sie kein Wort mehr mit Zirell wechseln wollen.

Nichts davon ahnend waren die Cobali in der Dimension der Tindaraner angekommen und hatten den Kurs zu Zirells Station eingeschlagen. „Ich kann mir immer noch nicht vorstellen, was wir da tun können.“, sagte Aglaia. „Ich meine, wenn die Tindaraner mit einem Problem wie Sytania schon nicht fertig werden, dann …“

Etwas zwang das Schiff zum Ausweichen! Etwas, das Aglaia nur noch als schemenhafte Erscheinung wahrnehmen konnte, die sich langsam auflöste. Sie hatte geglaubt, das Abfeuern eines Phasers zu sehen, aber dazu passte nicht, dass der Schuss mittendrin abgeebbt war, als hätte jemand die Energie abgedreht. Auch Marak hatte das seltsame Schauspiel gesehen. „Die haben auf uns geschossen!“, stammelte er leichenblass. „Die haben tatsächlich auf uns geschossen. Das hätte ich mir denken können. Bei der Sternenflotte und den Tindaranern sind wir mit Sicherheit nicht willkommen. Immerhin benutzen wir ihre Toten zu unserer Fortpflanzung, was für sie sehr befremdlich wirken muss. Dass sie uns so eine Falle stellen würden, hätte ich ihnen zwar nie zugetraut, aber anscheinend habe ich mich gründlich in ihnen geirrt. Lass mich übernehmen, Aglaia und dann nichts wie weg von hier. Immerhin müssen wir an unseren Sohn denken.“ Zitternd nickte Aglaia und überließ ihrem Mann den Platz am Steuerpult.

Der Grund, aus dem der Energiefluss plötzlich abgeebbt war, hieß Elektra und saß vor dem herunterfahrenden Kontrollrechner des Waffenpultes im Maschinenraum. Die Androidin hatte aus dem Netzwerkbericht der Sensoren, der den Ingenieuren ja auch einen Ausschnitt des Bildes zeigte, das man auf der Brücke sah und dem Funktionsbericht, den der Phaser gesendet hatte, gelesen, dass Kang wohl auf ein wehrloses Schiff gefeuert hätte, wenn sie nicht eingreifen würde. Da dies nicht seine Art war und Kissara oder Mikel so etwas auch nie befehlen würden, blieb für Elektra nur eine Erklärung wahrscheinlich. Sytania, die ja kein Interesse daran haben konnte, dass Clytus die Situation wieder korrigierte, musste sich eingemischt und Kang per hypnotischem Befehl zu ihrer Marionette gemacht haben. Da der Klingone kein Telepath war, würde er dies nicht wahrnehmen und sich schon gar nicht dagegen wehren können. Es war also an ihr, dafür zu sorgen, dass Sytania auf keinen Fall mit ihrem Plan durchkommen würde.

Das plötzliche Herunterfahren des Rechners hatte auch Jannings in Alarmbereitschaft versetzt, der in so einem Fall automatisch durch das Computersystem des Schiffes über die Sprechanlage geweckt wurde. Sofort ging er in den Maschinenraum, wo Elektra ihn bereits erwartete. „Warum haben Sie den Kontrollrechner des Waffenpultes bei laufendem Betrieb heruntergefahren?!“, fragte der völlig irritierte Jannings. Elektra zeigte nur ruhig auf den Schirm, wo die beiden bereits erwähnten Netzwerkberichte nebeneinander zu sehen waren. „Wenn Sie das interpretieren, Sir.“, begann sie. „Dann werden Sie sehen, dass ich nicht anders handeln konnte. Mr. Kang würde als ehrenhafter Klingone niemals von sich aus auf ein wehrloses Schiff feuern. Das Sensorenbild dürfte auch Ihnen verraten, dass die Cobali kaum bewaffnet sind und ihre geringen Waffen noch nicht einmal einsetzen wollten. Laut dem Systemprotokoll hatte aber Kang Vorbereitungen getroffen, die unseren zu aktivieren. Aber wie gesagt, so etwas würde er nie aus freien Stücken tun. Kissara oder Mikel würden so etwas meinen Berechnungen der Wahrscheinlichkeit nach auch nie befehlen, weil es gegen alle Regeln und Statuten der Sternenflotte verstieße. Also blieb, wenn man bedenkt, wen wir als Gegnerin haben, nur ein Schluss. Sytania hat ihn hypnotisiert und als ihre Marionette benutzt. Also musste ich verhindern, dass er feuern kann.“ „Puh, danke, Technical Assistant.“, atmete Jannings auf. „Sie haben vielleicht gerade einen Krieg verhindert. Stellen Sie sich mal vor, es macht unter den Cobali die Runde, dass Sternenflottenoffiziere auf wehrlose Schiffe schießen. Es könnte zu einem Krieg mit den Cobali kommen. Gut angesehen sind die ja nicht gerade, wegen ihrer Art, sich fortzupflanzen. Da haben Sie Sytania aber gewaltig ins Handwerk gepfuscht! Gute Arbeit, Elektra! Aber jetzt sollten wir Agent Mikel, den Commander und die Mediziner verständigen. Der arme Kang ist sicher total verwirrt und wir werden aussagen müssen.“ „Das habe ich schon.“, sagte Elektra freundlich. „Also gut.“, sagte Jannings. „Dann kommen Sie am besten gleich mit zur Brücke.“

Auf der Brücke saß der tatsächlich völlig verwirrte Kang an seinem Arbeitsplatz. Er konnte sich nicht erklären, was gerade geschehen war. Er fühlte nur, dass seine rechte Hand auf den Tasten für den Phaser lag. Sein Zeigefinger hielt die Feuertaste gedrückt. Nur langsam fand der Klingone seine örtliche Orientierung wieder. In diesem Augenblick betraten Kissara, Mikel und die Mediziner die Brücke. Auf seinem Bildschirm sah Kang nur noch, wie sich das leicht beschädigte Schiff der Cobali entfernte, so schnell es konnte. Jetzt konnte er sich denken, was gerade geschehen war. „Agent.“, wendete er sich an Mikel. „Ich gestehe in vollem Umfang, gerade versucht zu haben, auf das Schiff der Cobali zu feuern. Den Göttern sei Dank, ist der Phaser anscheinend ausgefallen. Sonst …“ „Was haben Sie getan?!“, fragte Kissara empört. „Es sieht so aus, als hätte ich versucht, auf sie zu schießen.“, wiederholte Kang. „Genau erinnere ich mich nicht, aber die Beweise sind eindeutig.“ „Das sind sie allerdings!“, sagte Kissara streng, die sich jetzt seine Handhaltung, die er immer noch nicht geändert hatte, genauer angesehen hatte. „Ich kann mir denken, warum Sie das getan haben! Die Cobali genießen einen zweifelhaften Ruf, weil sie Tote zur Fortpflanzung benutzen! Anscheinend glauben Sie, wie auch die meisten anderen, dass sie ihnen damit die Würde und den Weg ins Totenreich verweigern! Aber ich finde es schade und beschämend, dass Sie so über eine Spezies urteilen, über die wir trotz ca. 800-jähriger Nachbarschaft rein gar nichts wissen! Ihr Verhalten ist untragbar für einen Sternenflottenoffizier Ihres Ranges, Mr. Kang! Gerade von Ihnen als einem Klingonen hätte ich so ein unehrenhaftes Verhalten nicht erwartet! Agent, in die Arrestzelle mit ihm!“

Mikel stellte sich aufrecht hin und sagte: „Nein, Commander.“ Die Situation, in der er Kang aufgefunden hatte, musste ihn veranlasst haben, mit dem Erfasser genauer nachzusehen. Das Gerät hatte ihm etwas verraten, das er Kissara sogleich mitteilte. „Er war nicht zurechnungsfähig, als er schießen wollte, Kissara!“, begründete der erste Offizier fest und schaltete bei seinem Erfasser die Displayfunktion zu, damit Kissara auch sehen würde, was er gehört hatte. Dann hielt er ihr den Erfasser unter die Nase. „Sytania!“, erkannte Kissara. „Ich hätte es mir denken können! Mr. Kang, ich glaube, ich muss mich bei Ihnen entschuldigen.“ „Entschuldigung akzeptiert, Ma’am.“, sagte der Klingone und fügte noch bei: „Sytania ist ohne Ehre! Ohne Ehre!“ „Das wissen wir.“, tröstete Loridana, die Mikels Ergebnisse inzwischen mit den eigenen Instrumenten bestätigt hatte. „Insbesondere dann, wenn sie sich von hinten ins Unterbewusstsein schleicht und dort hypnotische Befehle implantiert.“ Kang gab einen verächtlichen Laut von sich und nickte. „Mich würde nur interessieren.“, sagte Kissara. „Wer für das schlussendliche Versagen des Phasers verantwortlich ist. An eine göttliche Fügung mag ich irgendwie nicht so recht glauben.“

Wie auf Stichwort betraten die Verantwortlichen die Brücke. Jannings schob Elektra mit stolzem Ausdruck im Gesicht vor sich durch die Tür auf Kissara zu. „Sie hat Ihnen etwas zu sagen, Commander.“, sagte der Chefingenieur. „Und Ihnen auch, Agent.“ „Commander, Agent, ich gestehe, die Waffen sabotiert zu haben, indem ich den Kontrollrechner bei laufendem Betrieb heruntergefahren habe.“, begann Elektra. „Dafür sind wir Ihnen sehr dankbar, Technical Assistant.“, sagte Mikel. „Wenn Sie das nicht getan hätten, dann wären die Cobali heute sicher nicht mehr am Leben.“ „Aber Sytania hat trotzdem erreicht, was sie wollte.“, sagte Kissara. „Wie es aussieht, fliehen die Cobali vor uns.“ „Dann sollten wir alle diplomatischen Kanäle nutzen, die uns zur Verfügung stehen.“, sagte Mikel. „Ich wäre sogar bereit, ihnen den Beweis zu zeigen, dass es nicht Kangs Wille war.“ „Gut.“, sagte Kissara. „Aber wir sollten beratschlagen, wie wir das anstellen. Wenn wir mit der Granger hinterher fliegen, werden wir nur noch mehr für ihr Misstrauen sorgen.“ „Wir sollten alle noch einmal die Köpfe zusammenstecken.“, schlug Jannings vor. „Gemeinsam mit den Tindaranern fällt uns sicher was ein. Außerdem halte ich diese Zivilistin auch nicht für dumm.“ „Guter Vorschlag, Techniker.“, sagte Kissara anerkennend. „Ich werde Commander Zirell verständigen und jetzt lassen Sie uns gehen. Je eher wir mit der Besprechung beginnen können, desto mehr Chancen haben wir, was die Cobali angeht.“

Jannings hielt Mikel seinen Arm hin. „Ich nehme Sie, Sir.“, sagte er. „Nicht nötig, Techniker.“, sagte Mikel. „Ich finde den Weg schon allein.“ Er stieß gegen einen Pfosten. „Na, da bin ich nicht so sicher.“, sagte Jannings und bekräftigte seine Absicht noch einmal. „Dazu sind Sie im Moment ja viel zu aufgeregt. Dabei hätten Sie allen Grund zur Freude. Oder hat der Wetterbericht Ihnen nichts von wolkig mit Aussicht auf Geständnishagel gesagt?“ Mikel grinste und hängte sich schließlich doch bei Jannings ein.

Zirell sah Kissara mitleidig an, als sie den Konferenzraum betrat. „Ich habe gehört, was passiert ist.“, sagte sie. „IDUSA informiert mich, sobald einer im Dock mit dem Phaser herumballert.“ „Das ist sicher auch gut so.“, sagte die Thundarianerin und setzte sich, wie wir anderen auch.

Zirell befahl IDUSA, uns allen die Bilder noch einmal zu zeigen, wie sie diese gesehen hatte. „Oh, Shit!“, kommentierte Ginalla die Situation. „Sehr treffend.“, bemerkte Yetron. „Elektra sei Dank, ist nichts passiert.“, sagte Kissara. „Aber wir müssen jetzt nach einer Möglichkeit suchen, die Cobali trotzdem noch auf unsere Seite zu bekommen.“ „Ein Sternenflottenshuttle würden sie erkennen.“, sagte ich. „Und auf SITCH werden sie auch nicht mehr reagieren. Sie werden denken, dass es wieder eine Falle ist.“ „Sie sind scharfsinnig, Allrounder.“, lobte Yetron. „Somit wissen wir, dass diese Möglichkeiten schon einmal ausfallen.“ „Ich hab’ kein Sternenflottenschiff.“, grinste Ginalla. „Kamurus gehört keiner Armee. Er gehört eigentlich nur sich selbst. Agent Mikel, wenn Sie den Beweis haben, dann würde ich Sie mitnehmen. Aber Sie sollten Zivil tragen.“ Alle klatschten Beifall. „Und Allrounder Betsy und ich werden uns ins Dunkle Imperium aufmachen.“, sagte Kissara. „Vielleicht benötigt Shimar unsere Hilfe und ich würde Logar gern ins Gewissen reden. Für alle Fälle wäre es aber gut, wenn auch wir ein selbstständig denkendes Schiff hätten.“ „Lycira freut sich sicher schon.“, sagte ich. „Sie damals mitzunehmen, Commander, war eine sehr gute Idee.“ „Ich hätte da noch was für Sie und den Commander, Allrounder.“, sagte Maron und gab mir ein Päckchen in die Hand. „Aber erst auf dem Flug öffnen. Wer das von Ihnen tut, ist egal.“ „Danke, Agent.“, lächelte ich. „Dann werde ich Jannings sagen, dass er Lycira noch mal warten soll.“ Damit drehten Kissara und ich uns zum Gehen. „Einen Moment.“, hielt Zirell uns auf. „Ich habe lange nichts mehr von IDUSA gehört, seit ich sie hinter Shimar herschickte.“ „Wir suchen sie.“, versicherte Kissara. „Und wir werden sie auch finden.“ Damit verließen wir den Raum in Richtung der Andockrampen, zu denen uns Ginalla und Mikel noch begleiteten.

Bald hatten beide Schiffe abgedockt. Für Mikel, der sich inzwischen zivile Kleidung mit Kamurus’ Replikator repliziert hatte, war der Umstand nicht weiter verwunderlich, dass die junge Celsianerin ihr Schiff selbst gewartet hatte. Er wusste als Sternenflottenoffizier, dass dies so quasi in der Kultur der Celsianer lag. „Ihnen ist die technische Begabung in die Wiege gelegt, nicht wahr?“, fragte Mikel. „100 %!“, antwortete Ginalla. Dann fragte sie: „Haben Sie das jetzt nur gesagt, um ein Gespräch zu beginnen?“ „100 %!“, erwiderte der erste Offizier der Granger lächelnd. „Wenn Sie es genau wissen wollen, Ginalla, ich bin etwas nervös.“ „Ihre erste diplomatische Mission, he?“, fragte die Celsianerin flapsig. „Ich will Ihnen mal was sagen. Ich mach’ mir da gar keinen Kopf. Wir kriegen das schon hin. Die Cobali müssen uns glauben. Sie haben ja schließlich den Beweis und Agent Maron hat uns ja aus den Verhören mit Ihrer Freundin einiges gesteckt. Wir wissen zum Bleistift, dass der Cobali Arzt is’. Das heißt, er wird mit den Erfasserbildern was anfangen können.“ „Ihr Wort in Gottes …“, setzte Mikel an, aber Ginalla, die von Kamurus nur ein kurzes Bild bekommen hatte, sagte: „Festhalten!“ Dann wendete Kamurus sich wie ein Kreisel um die eigene Achse, um fast im gleichen Moment von einem vollen Impuls auf Warp fünf zu beschleunigen. „Wieso macht er das?!“, fragte Mikel, den es ganz schön in den Sitz presste. „Er hat sie gesehen.“, sagte Ginalla. „Leider hat er keine Zeit mehr gehabt, uns vorab zu informieren! Er hat mir nur kurz das Sensorenbild auf den Neurokoppler gelegt.“

Kurz darauf wurden sie wieder langsamer und lagen jetzt direkt neben dem Schiff der Cobali. Beide Schiffe flogen nun mit einem vollen Impuls. „Soll ich Mikel die Verbindung herstellen, Ginalla?“, wendete sich Kamurus an seine Pilotin. „Frag ihn selbst.“, flapste sie zurück. „Er ist der Diplomat.“ „Also gut.“, gab Kamurus zurück und lud Mikels Reaktionstabelle, nachdem der Terraner einen zweiten Neurokoppler, den Ginalla ihm gegeben hatte, aufsetzte. „Soll ich die Cobali rufen?“, fragte das Schiff in Mikels Richtung. „Tu das.“, sagte Mikel ruhig. „Aber sorge bitte dafür, dass ich sie begrüßen kann. Ich bin nicht sicher, wie sie auf selbstständig denkende Schiffe reagieren.“ „OK.“, sagte Kamurus und sendete nur das Rufzeichen, um das Sprechgerät der Cobali anzusprechen. Dann sagte er zu Mikel: „Du kannst sprechen.“ Aus der Situation um seine Aussage war Kamurus ja klar, dass er Mikel duzen durfte. „Ich bin Agent Mikel vom Geheimdienst der Föderation der vereinten Planeten.“, sagte Mikel. Im gleichen Moment unterbrach Kamurus aber die Verbindung schon wieder und setzte sich in Bewegung. „Ginalla, die Cobali haben ihren Antrieb gezündet und scheinen wieder vor uns davonfliegen zu wollen.“, begründete er. „Los! Hinterher!“, befahl Ginalla. „Und gib mir die Steuerkontrolle! Ich denke, jetzt brauchst du einen Piloten mit Bauchgefühl. Schön festhalten, Agent!“

Sie gab Kamurus den Gedankenbefehl, auf Warp vier zu gehen, denn die Cobali flogen bereits mit Warp drei. „Bleiben Sie dran, Ginalla!“, feuerte Mikel sie an. „Sie haben gut Reden!“, schimpfte Ginalla. „Wie konnten Sie denen sagen, dass sie Föderationsoffizier sind! Die Granger hat zwar kein Transpondersignal mehr, das sie als Schiff der Sternenflotte ausweist, aber ihre Bauweise ist eindeutig. Die Cobali haben so was sicher schon mal gesehen. Dumm sind die nich’. Nur, wenn wir sie zu sehr jagen, befürchte ich, dass ihnen ihr altersschwacher Kahn um die Ohren fliegt!“ „Oh, nein!“, sagte Mikel. „Verdammte Gewohnheit!“ „Ja, ja.“, sagte Ginalla mit zusammengebissenen Zähnen.

Kissara und ich ahnten davon nichts. Wir waren guter Dinge von der Station abgeflogen. Ich hatte Lycira die Steuerkontrolle übergeben, weil mich interessierte, wie Kissaras weiterer Plan aussah. „Wir werden zunächst von der interdimensionalen Schicht aus nach IDUSA scannen.“, sagte mein Commander. „Sagen Sie Lycira das. Je nachdem, wie ihre Situation aussieht, können wir ja dann entsprechend reagieren.“ „Aye, Commander.“, nickte ich und legte meine Hände in die Mulden, um Lycira zu signalisieren, dass ich etwas von ihr wollte. Dann erteilte ich ihr die entsprechenden Gedankenbefehle.

Kissara holte das Päckchen, das ich ihr gegeben hatte, hinter ihrem Rücken hervor. „Jetzt bin ich aber mal neugierig, was der Agent da Schönes für uns hat.“, sagte sie und begann, die Schleife umständlich aufzuknoten. Natürlich hätte sie sich eine Schere replizieren und sie einfach durchschneiden können, aber so blieb der Nervenkitzel länger erhalten. Auch die Klebestreifen löste sie einen nach dem anderen. Dabei kamen ihr ihre Krallen sehr zu pass. Zum Vorschein kam ein Pad. „Wollen doch mal sehen, was der liebe Maron uns hier zusammengestellt hat.“, sagte Kissara und berührte den Sensor für den biologischen Fingerabdruck. Dann sah sie auf das Display. „Wir müssen beide unseren biologischen Fingerabdruck hinterlassen.“, informierte sie mich und hielt mir das Pad hin. Auch ich legte meinen rechten Daumen auf das Feld. Kurz danach hörten wir ein Signal und dann Marons Stimme: „Hallo, Commander Kissara, hallo, Allrounder Betsy, tja, es gibt Situationen im Leben, in denen man ganz schönen Bockmist baut und sich dann entschuldigen muss. Ich denke, dass ich mich gerade in genau solch einer gegenüber Ihnen, Allrounder, befinde. Sedrin und Mikel haben mir die Augen geöffnet, was die Ermittlungen zu Shimars Tod angeht. Die Indizien sprechen tatsächlich dafür, dass er noch leben könnte. Ich entschuldige mich also in aller Form bei Ihnen dafür, Shimar zu früh für tot erklärt zu haben, Allrounder Betsy Scott. Als Wiedergutmachung bitte ich Sie und Ihren Commander, das Geschenk anzunehmen, das sich im zweiten Laufwerk des Pads befindet. Das Laufwerk ist nur eine Attrappe und es soll aussehen, als enthielte es einen Kristall. Aber in Wahrheit werden Sie, wenn Sie die Verblendung abziehen, zwei Kapseln vorfinden. Sie enthalten das Gift einer reptiloiden Spezies, die im Dunklen Imperium beheimatet ist. Deren weibliche Mitglieder produzieren ein Gift, das jede biologische Zelle für telekinetische Energie durchlässig macht, so dass sie nicht haften kann. Logar wird Sie also nicht selbst aus dem Thronsaal entfernen können, wenn Sie ihm unbequem werden. Von diesem Gift wissen bisher weder Tamara noch Zoômell. Es ist, wenn Sie so wollen, ein Alleingang des demetanischen Geheimdienstes. Aber ich dachte, das sei ich Ihnen schuldig. Sie können die Kapseln ganz schlucken, oder sie auch öffnen und den Inhalt trinken. Wenn die Wirkung eintritt, verspüren Sie am ganzen Körper ein Kribbeln. Die Wirkung hält ca. fünf Stunden an. Gezeichnet: Agent Pannemann, der Spion, der sich irrte.“

Ich hatte dem Pad gebannt zugehört. „Entschuldigung akzeptiert, Sir.“, sagte ich leise. „Woher er wohl gewusst hat, wie Scotty ihn nannte?“ „Das wird wohl für immer Agent Marons Geheimnis bleiben.“, sagte Kissara, die inzwischen auch die Kapseln gefunden hatte. „Die nehmen Sie besser an sich.“, sagte sie und gab sie mir. „Schließlich ist das hier in erster Linie ein Geschenk an Sie.“ Ich nickte und nahm die Packung aus ihrer samtigen Hand entgegen, um sie in die Brusttasche meiner Uniform zu stecken.

Ich wandte mich wieder Lycira zu, die mir auf Anfrage bestätigte, dass wir uns weit genug von der Basis entfernt hatten, um den interdimensionalen Antrieb zu benutzen. „Lycira sagt, wir können jetzt auf Interdimensionsflug gehen.“, sagte ich. „OK.“, nickte Kissara. „Aber könnten Sie arrangieren, dass ich mich auch mit ihr verständigen kann? Dann müssen Sie nicht immer vermitteln.“ „Das können Sie selbst.“, sagte ich zu Kissara, während ich Lycira die entsprechenden Gedankenbefehle für den Interdimensionsflug gab. „Legen Sie einfach beide Hände in die Mulden auf der Konsole vor sich und denken Sie das, was Sie sagen wollen.“ Lächelnd folgte Kissara meinem Vorschlag. Na endlich., dachte Lycira an mich gewandt. Ich habe mich schon gefragt, wann dein Commander es endlich versucht. Du hast eine sehr liebe telepathische Stimme, Lycira., dachte Kissara. Danke., gab Lycira zurück. Sie aber auch, Commander. Du kannst mich duzen., schlug ihr Kissara vor. Mit Allrounder Betsy machst du es ja nicht anders. Also gut., meinte Lycira.

„Das war sehr gut, Commander.“, lobte ich. „Lycira hat mich alles hören lassen.“ „Danke, Allrounder.“, lächelte Kissara. „Als Sternenflottenoffizierin sollte so etwas doch kein Problem sein.“ „Erklären Sie das mal Mikel.“, spielte ich auf die Situation von Mikels erster Begegnung mit Lycira an.

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