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Kamurus hatte auf Ginallas Befehl hin zu dem Schiff der Cobali aufgeschlossen und hatte dann seine Geschwindigkeit neben ihm wieder reduziert, was Mikel sehr überrascht hatte. „Warum überholen wir sie nicht einfach und setzen uns vor sie, um sie auszubremsen?“, erkundigte sich der blinde Mann, dem zuliebe Ginalla jeden Gedankenbefehl, den sie ihrem Schiff gab, auch laut aussprach, damit er sich gegebenenfalls auf dessen Konsequenzen besser einstellen konnte. „Das hab’ ich Ihnen doch schon erklärt.“, flapste die technisch versierte Celsianerin. „Wenn wir versuchen, sie zu überholen, dann werden sie wiederum verhindern wollen, dass das passiert. Dann überfordern sie ihren Antrieb und … Scheiße!“

Jenem unqualifizierten Ausbruch Ginallas folgte ein schnelles Manöver, das sie Mikel nicht angekündigt hatte. Sie hatte Kamurus so schnell zum Wenden gebracht, dass Mikel mit dem Kopf gegen die Wand stieß. „Sorry.“, entschuldigte sie sich lapidar. „Aber ich hatte keine Zeit, Ihnen Bescheid zu geben.“ „Was ist denn?“, fragte Mikel etwas leidend, der sich den arg schmerzenden Kopf hielt. „Nehmen Sie Ihren Neurokoppler.“, sagte Ginalla und half Mikel, das genannte Instrument wieder zu finden, das ihm im Eifer des Gefechtes vom Kopf gerutscht war. „Kein Wunder.“, sagte sie, nachdem sie sich zuerst das Gerät und dann seinen Kopf genauer betrachtet hatte. „Sie haben das Ding viel zu locker sitzen. Erzählen Sie mir bitte nich’, dass Ihre Haarpracht leidet.“ Mikel lachte und ließ es sich gefallen, dass sie ihm den Koppler wieder aufsetzte und ihn einstellte. Kamurus lud seine Tabelle. „Entschuldige bitte, Mikel.“, entschuldigte auch er sich für das Manöver. „Aber ich habe gesehen, dass sämtliche Energieausstöße des Schiffes der Cobali plötzlich von 100 auf 0 % gefallen sind.“ „Oh, dann haben die echt Schwierigkeiten.“, sagte Mikel. „Gib mir die technischen Werte.“, sagte Ginalla. Bereitwillig tat ihr Schiff, was sie von ihm verlangt hatte.

Sie gab einen Laut des Missfallens von sich, als sie die Werte studiert hatte. „Sieht aus, als wäre deren Hauptenergieverteiler durchgebrannt.“, stellte sie fest. „Die fliegen im Moment nur mehr schlecht als recht auf Reserve. Wenn die nich’ bald ’n Planeten zum Landen finden, dann is’ Essig.“ „Das alles lesen Sie aus den paar Zahlen?“, staunte Mikel. „Ich bin Celsianerin!“, sagte Ginalla fest und hoffte, dass sie mit diesem einen Satz alles gesagt hatte.

Mikel sah vor seinem geistigen Auge, dass Kamurus die Umgebung scannte und offensichtlich auch bald fündig wurde. „Ginalla, Mikel, ich registriere einen Planeten mit Klasse-M-Atmosphäre in der Nähe. Leider können wir das den Cobali nicht sagen, weil ihr Sprechgerät nicht funktioniert und sie ohnehin nicht auf SITCH von uns reagieren würden.“ „Dann müssen wir hoffen, dass sie den auch sehen.“, sagte Ginalla und zeigte in Gedanken auf das virtuelle Bild des Planeten, das auch sie sah. „Oder wir müssen ihn gut sichtbar markieren.“, schlug Mikel vor. „Kamurus, gib mir die Steuerkontrolle!“ Der Avatar sah Ginalla fragend an, die ihm nur zunickte.

Mikel brachte sie in die Atmosphäre und ließ Kamurus dann einige kurze Phaserschüsse abgeben. Das sorgte für ein interessantes Lichtspiel, auf das die Cobali tatsächlich aufmerksam wurden und ihnen folgten. „Wow!“, staunte Ginalla. „Nich’ schlecht für einen, der nich’ aus ’n Augen gucken kann.“ „Manchmal hat man eben Glück.“, sagte Mikel erleichtert.

„Die Cobali setzen zur Landung an.“, meldete Kamurus einige Augenblicke später. „Dann stell uns am besten gleich mal daneben.“, sagte Ginalla. „Und wenn du kannst, dann repliziere einen neuen Verteilerknoten, der auf ihre Systeme passt.“ „Sie wollen Ihnen anbieten, das zu reparieren?“, fragte Mikel. Ginalla nickte wortlos.

Aglaia, Marak und ihr noch immer namenloser Sohn hatten das Shuttle verlassen. Sie waren froh, eine Stelle gefunden zu haben, an der sie erst mal bleiben konnten. Dennoch wunderte sich vor allem Aglaia über die beiden Fremden, die sich auf sie zu bewegten. Vor allen Dingen irritierte sie das Teil, das die Frau wie eine Trophäe vor sich hertrug. „Hi, ich bin Ginalla und das is’ Mikel.“, stellte sie beide vor. „Wir haben gehört, hier gibt’s ’n Schiff zu reparieren. Ich hab’ zufällig das passende Ersatzteil bei. Wann kann ich anfangen?“ Ihre herzliche Art hatte Marak offensichtlich so überrascht, dass er nicht bemerkte, dass der Name von Ginallas Begleiter und des Mannes vom SITCH völlig identisch waren. Deshalb sagte er nur: „Von mir aus sofort. Wir sind für jede Hilfe dankbar.“ „Na dann!“, sagte Ginalla und spuckte in die Hände, bevor sie ihre Werkzeugtasche, die jeder anständige Celsianer sein Eigen nennt, aus Kamurus’ Frachtraum holte und mit der Arbeit an dem Schiff der Cobali begann. Aglaia und ihr Sohn schauten ihr interessiert über die Schulter. Marak schien sich nicht sonderlich dafür zu interessieren, ein Fakt, der Mikel nicht entgangen war.

„Gehen wir ein Stück.“, sagte der blinde Mann zu dem Cobali. Dann entfernten sie sich etwas. „Um ehrlich zu sein.“, gab der Agent dann gegenüber Marak zu. „Ich bin der vom SITCH.“ Marak gab einen verwunderten Laut von sich. „Und trotzdem helfen Sie uns?“, fragte er. „Ich dachte, Sie von der Föderation würden auf uns schießen wollen, weil Sie uns als Leichenfledderer sehen.“ „Unser Stratege war nicht Herr seiner Sinne, als er auf Sie feuern wollte.“, sagte Mikel und zog seinen Erfasser, um ihn Marak vor die Augen zu halten. „Sie sind Arzt.“, kommentierte er die Bilder. „Also müssten Sie schon diverse Gehirne unter den Fingern gehabt haben. Sicher auch Klingonische. Sie werden also sehen, dass ich die Wahrheit spreche.“

Marak nahm Mikel kurz das Gerät ab, um es genauer unter die Lupe nehmen zu können. Dann gab er es ihm in einer langsamen Bewegung zurück. „Sie haben Recht, Agent Mikel.“, sagte er. „Es ist offensichtlich, dass hier eine fremde Macht Einfluss auf ihn genommen hat. Unter diesen Umständen helfen wir Ihnen natürlich gern. Sobald unser Schiff wieder flugbereit ist, kommen wir mit und besprechen auf Ihrer Basis das weitere Vorgehen.“

Ein schriller Pfiff zerriss die Luft. „Ich glaube, es ist so weit.“, sagte Mikel und ging mit Marak in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war.

„So.“, sagte Ginalla, während sie die letzte Klappe über den Modulen schloss. „Die Systeme laufen wieder wie junge Götter. Was is’ bei Ihnen zu vermelden, Mikel?“ „Er hat mich überzeugt.“, sagte Marak an Mikels Stelle. „Also dann auf!“, sagte Ginalla. „Wir müssen auf 281 Alpha noch über einiges reden.“ Sie gingen an Bord der Schiffe und starteten.

Kissara, Lycira und ich waren in die interdimensionale Schicht gewechselt. Von hier aus hatte mein Schiff wirklich bald IDUSA ausgemacht. Sie ist in einem Kometen gefangen, Betsy., erklärte Lycira und zeigte Kissara und mir das Bild. „Lassen Sie uns ins heimatliche Universum fliegen, Allrounder.“, sagte mein Commander und ich ließ Lycira ihrem Vorschlag folgen. „Von Nahem werden wir uns ein viel besseres Bild machen können.“

Gleich nach unserem Eintritt in die Dimension zeigte uns Lycira das Sensorenbild. „Es sieht aus, als wäre sie buchstäblich von dem Kometen eingeschlossen worden.“, sagte Kissara. „Aber wie sie dort hineingekommen ist, lässt sich bestimmt nicht mehr feststellen. Die Halbwertzeiten sämtlicher in Frage kommender Energieformen dürften längst überschritten sein und mit dem interdimensionalen Antrieb kann sie sich auch nicht befreien, weil zwischen ihr und der Hülle des Kometen jeweils nur 10 cm Platz sind. Wenn sie es versuchen würde, würde sie auf Garantie Teile des Kometen mit ins Feld nehmen. Sie müsste ein so kleines Feld erzeugen, dass sie selbst keinen Platz mehr darauf hätte. Das würde Scherkräfte auf den Plan rufen, die mit ihrer Hülle kurzen Prozess machen würden.“ „Lycira sagt, die Hülle des Kometen absorbiert Waffenenergie.“, fügte ich bei. „Mit dem Phaser geht es also auch nicht.“, sagte Kissara. „Und ein Torpedo, den wir in der Nähe detonieren lassen könnten, würde eine solche Druckwelle verursachen, dass IDUSA wahrscheinlich zerstört werden würde. Was können wir nur tun?“

Betsy, Kissara, ich erhalte einen Ruf aus dem Inneren des Kometen., meldete Lycira. Die Verbindung ist allerdings sehr schlecht. Sie würde besser werden, wenn ich uns auf ca. 200 m heranbringen würde. „Tu das!“, sagte Kissara fest, während sie das Gleiche auch dachte. Dann wendete sie sich an IDUSA: „Wir hören dich, IDUSA.“ „Commander Kissara, bitte helfen Sie mir!“, gab das tindaranische Schiff zurück. „Laut meinen Sensoren werde ich bald in diesem Kometen verglühen, wenn ich nicht befreit werde.“ „Das werden wir!“, gab Kissara betont sicher zurück. Ganz Commander wusste sie genau, wann es wichtig war, die Moral eines anderen, auch wenn sie kein Mitglied ihrer Crew war, zu stärken. „Wir wissen zwar noch nicht wie, aber vielleicht hilft uns ja Logar. Mit dem wollten wir eh reden. Verlass dich auf uns.“ Damit gab sie Lycira den Befehl, die Verbindung abzubrechen, um dann zu mir zu sagen: „Sagen Sie Lycira, sie soll den Kometen in den Traktorstrahl nehmen und außer Reichweite der Gravitation der Wirbel bringen und dort absetzen. Dann bringen Sie uns durch die Wirbel, Allrounder! Dieses Mal kommen wir durch die Vordertür! Logar soll ruhig wissen, dass ich nicht zulassen werde, dass er still dasitzt, während seine Tochter Clytus alles aus der Hand reißt und aus unserer Geschichte ein Riesenchaos macht!“ Ich nickte und führte ihre Befehle aus.

Maron hatte Zirell inzwischen gestanden, dass er für jenes Geschenk an Commander Kissara und mich verantwortlich war und auch die Art genau beschrieben, wie er an die notwendigen Informationen gekommen war. „Mikel, Yetron und Sedrin haben mir nicht nur die Augen geöffnet.“, sagte der erste Offizier. „Sie haben mir auch geholfen, die richtigen Informationen zu beschaffen. Yetron zum Beispiel kennt die Molekularstruktur des Giftes der Spezies und Mikel hat mir Zugang zum Rechner der Granger verschafft, damit ich …“ „Aber woher wusstest du, dass Commander Kissara gerade diesen Plan fassen würde, Agent Maron?“, fragte Joran, der an der Kommunikations- und Überwachungskonsole der Station saß. „Weil ich weiß, wie Sternenflottenoffiziere ticken.“, sagte Maron. „Ich war ja selbst mal einer, bevor ich …“

„Anführerin Zirell!“, unterbrach Joran ihn plötzlich. „IDUSA hat die Ankunft von Ginallas Schiff registriert. Sie sieht auch noch ein Schiff einer ihr fremden Bauweise.“ „Sag ihr, sie soll es uns allen zeigen.“, sagte Zirell. Der Vendar nickte und gab dem Computer der Station die entsprechenden Gedankenbefehle. „Die Cobali!“, erkannte Maron erleichtert. „Sie haben es also geschafft.“, fügte Zirell hinzu.

Vor dem geistigen Auge des Vendar auf dem virtuellen Display ließ IDUSA das Bild eines leuchtenden Lämpchens entstehen. Außerdem ließ sie ihn das übliche Signal hören und zeigte ihm das Rufzeichen der Cobali. „Die Fremden rufen uns, Anführerin.“, wendete er sich an Zirell. „Verbinde mit mir.“, erwiderte die Tindaranerin. „Wie du wünschst.“, sagte Joran und führte ihren Befehl aus. „Ich bin Zirell, Kommandantin der tindaranischen Basis 281 Alpha.“, stellte sich selbige vor. „Seien Sie gegrüßt, Commander.“, sagte eine männliche Stimme. „Ich bin Marak. Mehr ist zu meinem Namen nicht zu sagen. Einfach nur der Zivilist Marak, wenn Sie so wollen. Ich hörte, dass Sie unsere Hilfe benötigen. Ist das korrekt?“ „Das ist es.“, bestätigte Zirell. „Aber wir sollten das alles nicht am SITCH besprechen. Kommen Sie doch am besten zu mir auf meine Station. Dort redet es sich sicher viel besser.“ „Die Einladung nehmen meine Frau, mein Sohn und ich gern an.“, sagte Marak und beendete die Verbindung. „Gib ihnen die zwei freien Andockplätze.“, sagte Zirell zu Joran. Der Vendar nickte und ließ IDUSAs Positionslichter entsprechend signalisieren.

Maron nahm seine Vorgesetzte kurz zur Seite. „Hättest du Ginalla so eine diplomatische Leistung zugetraut?“, fragte der Demetaner. „Wir fangen doch nicht schon wieder so an!“, ermahnte ihn die Tindaranerin. „Ich dachte gerade, du hättest angefangen, Ginalla zu akzeptieren. Ich warne dich. Wenn du so weiter machst, dann wirst du dich irgendwann auch noch mal bei ihr entschuldigen müssen und ich bezweifle sehr stark, dass du so was zwei mal hintereinander hinkriegst. Du bist halt eher vom Pech bestraft, als vom Glück geliebt und wenn …“ „Schon klar.“, sagte Maron.

Ich hatte uns über dem Palast in eine stabile Umlaufbahn gebracht. „Ich denke, es wird Zeit, dass wir das demetanische Medikament nehmen.“, sagte Kissara. „OK.“, sagte ich und zog die Packung aus meiner Uniform. „Dann gebe ich mal ’ne Runde Kapseln aus.“

Ich öffnete das Päckchen, musste aber im gleichen Moment stutzen. Meine Hand war über etwas sehr Bekanntes gestolpert. Etwas, das ein Blinder aus dem 30. Jahrhundert sicher nicht mehr kennen würde, da es im Zeitalter von Visoren eigentlich nicht mehr notwendig war. Es war Punktschrift! Großzügig über die Gesamtgröße verteilt prangte sie auf jeder der Tüten in Form unserer Namen auf festen Schildern. „Na, Mikel.“, grinste ich auf Deutsch. „Da hast du ihm aber geholfen.“ „Was haben Sie?“, fragte Kissara freundlich, die offensichtlich mit meinen Regungen nicht viel anfangen konnte. Ich übergab ihr ihre Kapsel und erklärte ihr alles. „Warum hat Maron das gemacht?“, wollte sie wissen. „Warum wollte er sicher gehen, dass auch jede von uns die richtige Kapsel erhält?“ „Ich denke, dass es nichts mit der Zusammensetzung des replizierten Giftes zu tun hat.“, vermutete ich. „Sondern eher mit der Zusammensetzung der Hüllen der Kapseln. Sehen Sie, wir Menschen sind so zu sagen Allesfresser. Aber Ihr Verdauungssystem ist nur auf die Verdauung von Fleisch ausgelegt. Wahrscheinlich besteht Ihre aus gepressten Fleischfasern oder so was, wobei meine sicher aus Gelatine oder Zucker ist.“ „Daran habe ich gar nicht gedacht.“, gab Kissara zu. „Aber Sie könnten Recht haben.“

Wir packten die Kapseln aus und ich wandte mich Lyciras Replikator zu. „Ich werde meine ganz schlucken.“, sagte ich. „Ich weiß, dass Sie es hassen, Tabletten zu schlucken. Brauchen Sie eine Schere?“ „Ach was, Allrounder.“, sagte sie. „Ich habe ein Raubtiergebiss, wie Ihnen bekannt sein dürfte.“ Damit biss sie das obere Ende der Kapsel ab und saugte den Inhalt genüsslich schnurrend aus. Dann leckte sie sich die Lippen. „Mmmm.“, machte sie. „Hat irgendwie was von flüssigem Fisch. Jammerschade, dass Sie sich das entgehen lassen wollen und Ihre ganz schlucken, Betsy.“ „Sorry, Commander.“, sagte ich. „Aber auf flüssigen Fisch kann ich gut verzichten.“ Damit schluckte ich meine Kapsel mit viel Wasser herunter, das mir Lyciras Replikator in einem Glas serviert hatte. Dann bemerkte ich, dass Kissara noch immer am Schmatzen war. „Ich habe die Kapsel doch noch aufgegessen.“, erklärte sie. „Mit dem Fleisch hatten Sie wohl Recht, Allrounder. Ach übrigens, darf ich die Tüten mit den Schildern behalten? Ich mag Artefakte. Ich würde sie gern bei mir in meinem Quartier an die Wand hängen.“ „Sicher.“, sagte ich. „Welcher Sternenflottencommander kann sich schon damit rühmen, den eigenen Namen in Punktschrift an der Wand im eigenen Quartier hängen zu haben.“ „Das heißt also Kissara?“, fragte sie und tatzte gut hörbar mit den halb ausgefahrenen Krallen ihrer rechten Hand auf das Schild. „Ja.“, nickte ich und gab ihr meine Tüte: „Und das heißt Betsy.“ „Ah.“, machte sie und steckte die Tüten ein.

Ich musste plötzlich das Gesicht verzogen haben. „Was ist?!“, fragte sie alarmiert und begann sofort, mich mit ihrem Erfasser zu scannen. „Ich glaube, es geht los.“, sagte ich. „Oh, bei mir auch.“, sagte sie, während sie den Erfasser auch auf sich richtete. „Also keine Angst. Sie sind nicht allein.“ Sie zog mich schnurrend an sich. „Lycira sollte erst dann beamen, wenn unsere Zellen mit der Verwandlung fertig sind.“, sagte sie. Ich stimmte nickend zu und fügte bei: „Sonst hat sie bestimmt Schwierigkeiten, uns korrekt zu erfassen.“

Wenige Minuten später war alles vorbei und Lycira hatte Kissara und mich in Logars Palast gebeamt. Der Herrscher schien reichlich irritiert, als er uns ansichtig wurde. Gerade war er nämlich dabei, gemeinsam mit seinen Rittern ein Mal zu sich zu nehmen. Außer ihm und seinen 12 vertrauten Kämpfern war nur noch Iranach mit zweien ihrer Leute mit im Saal. „Ich hoffe, dass Logar uns nicht durch seine Wachen entfernen lässt, Commander.“, flüsterte ich Kissara zu, die mir die Situation beschrieben hatte. „Ach was, Allrounder.“, sagte sie. „Wenn er merkt, was wir genommen haben, wird er viel zu verwirrt sein, um seine Wachen zu rufen. Wie ich Iranach einschätze, wird sie von sich aus nichts unternehmen. Sie hat sich bestimmt schon die gleiche Frage wie wir gestellt und jetzt passen Sie auf!“

Sie nahm mich mit ihrer weichen Tatze bei meiner Hand und führte mich zum Tisch, wo wir uns gleich neben Logar hinsetzten. „Guten Tag, Majestät.“, sagte sie ruhig, ja schon richtig schmeichelnd. „Ich hoffe doch sehr, Ihr habt nichts gegen etwas weibliche Gesellschaft in dieser Herrenrunde.“ Logar, der sie erst jetzt bemerkt hatte, verschluckte sich fast an seiner gebratenen Taube. „Esst langsam.“, flapste ich. „Sonst wird’s unmanierlich.“ Die Ehe mit Scotty musste doch etwas sehr Gutes haben. Tchey hatte sicher Recht, was die Bildung meiner Persönlichkeit anging. „Wie kommt ihr hier her?“, fragte Logar verwundert. „Und seit wann ist es die feine Art der Sternenflotte, einfach irgendwo einzudringen, ohne Bescheid zu sagen?!“ „Seit Ihr uns eine Erklärung schuldig seid, Milord.“, sagte Kissara unverfroren. „Sicher habt Ihr das Treiben Eurer Tochter auch vor Augen und wisst, was sie mit Clytus’ vergleichbar harmlosem Plan getan hat. Sicher wisst Ihr, wie sie mit uns und unserer Geschichte umgeht. Trotzdem tut Ihr nichts, um ihr Einhalt zu gebieten. Dabei solltet Ihr Euch doch denken können, dass über kurz oder lang bald alles …“ „So etwas muss ich mir nicht bieten lassen.“, sagte Logar und nahm eine konzentrierte Haltung ein, bevor er sagte: „So muss ich mich von zwei Sterblichen nicht vorführen lassen! Ich kann euch schneller wieder auf euer Schiff befördern, als euch lieb sein kann! Hinfort mit euch!“

Es gab zwar einen weißen Blitz, aber Kissara und ich saßen immer noch an gleicher Stelle. Sie hatte sogar zwei Teller besorgt, um ihr und mir von den erlesenen Speisen aufzutun, die sich auch Logar und seine Ritter schmecken ließen. Iranach, die dies zwar gesehen hatte, es aber auch nicht wirklich verstand, schien über den Umstand aber irgendwie erleichtert. Sie flüsterte ihren Männern sogar einen Befehl auf Vendarisch zu, auf den hin sie plötzlich wie zu Eis erstarrten. Auch ihre Atmung mussten sie auf ein Minimum reduziert haben, denn Kissara konnte kaum noch das Senken und Heben ihrer Brustkörbe mit ihren eigentlich sehr scharfen Augen wahrnehmen. „Mich würde interessieren, wie lange die wohl dafür trainieren müssen.“, flüsterte ich.

„Also.“, sagte Kissara mit noch fast vollem Mund. „Für mich sieht das hier nicht nach Lycira aus, Allrounder und für Sie?“ „Nein.“, sagte ich und tastete um mich. „Hier fühlt sich wirklich alles eher nach Logars Thronsaal an. Komisch, nicht?“ „Ganz Ihrer Ansicht.“, sagte Kissara. „Das ist wirklich sehr merkwürdig. Vielleicht versucht Ihr es einfach noch einmal, Majestät.“ „Darauf kannst du dich verlassen!“, schäumte Logar, schaute erneut konzentriert und sagte: „Hinfort mit euch!“

Erneut wiederholte sich das selbe Schauspiel. Iranach blinzelte Kissara konspirativ zu. „Sie ist auf unserer Seite.“, übersetzte Kissara leise für mich. „Warum wirkt Eure Macht nicht, Gevatter.“, wollte einer der Ritter wissen, von denen jeder um einige Ecken herum sicher mit Logar verwandt war. „Schöne Grüße von einigen Eurer Untertanen.“, löste Kissara das Rätsel auf, bevor Logar antworten konnte. „Das Gift!“, sagte der Herrscher. „Exakt.“, erwiderte Kissara. „Für die nächsten fünf Stunden sind meine Offizierin und ich also nicht so einfach für Euch loszuwerden. Wir werden bestimmen, wann wir gehen, wie es aussieht, denn von Euren Wachen könnt Ihr auch keine Hilfe erwarten. Ihr könnt Euch das Ganze allerdings sehr erleichtern, wenn Ihr meine Frage von vorhin beantwortet.“

„Iranach!“, rief Logar der bei ihren Männern an der Wand stehenden Vendar zu. „So einen Vertrauensbruch hätte ich von dir nicht erwartet!“ „Ihr solltet nicht ablenken, Gebieter!“, gab die mutige Vendar unerschrocken zurück. „Meine Leute und ich fragen uns seit geraumer Zeit das Gleiche! Nur werden wir das nicht so einfach sagen dürfen, weil wir Euch unterstehen und Ihr uns sonst töten könntet, was die Strafe für Meuterei wäre. Aber diese Frauen unterstehen Euch nicht! Deshalb können sie auch aussprechen, was wir nicht dürfen. Aber das bedeutet nicht, dass wir nicht auf ihrer Seite kämpfen würden, wenn es darauf ankäme!“

Logar, der bisher gestanden hatte, musste sich setzen. Die Sätze seiner Vertrauten waren für ihn wie ein Stich in die Magengrube. „Auch du, Iranach.“, sagte er und wurde blass. „Ja, auch ich, mein Gebieter.“, sagte sie völlig unbeeindruckt. „Haltet Euch vor Augen, was die Rebellion meines Volkes gegen Sytania ausgelöst hat. Wenn Ihr das Gleiche vermeiden wollt, dann …“ „Ich rede!“, sagte Logar. Iranach nahm dies zur Kenntnis und erlöste ihre Männer mittels Befehl aus ihrer Haltung. „Ich möchte etwas tun.“, gab der König zu. „Aber das, was als einzige Lösung wirklich etwas bringen würde, kann ich nicht tun ohne Einverständnis der Quellenwesen. Ich stehe in schweren zähen Verhandlungen mit ihnen. Aber sie wollen es einfach nicht erlauben, egal was ich anbiete.“ „Verstehe.“, sagte Kissara. „Und Ihr wolltet Euch einfach nicht die Blöße geben, uns zu zeigen, dass Ihr eventuell versagt. Aber vielleicht können wir Euch ja sogar helfen. Ruft die …“

Kaum hatte sie das gesagt, füllte sich der Raum mit einem hellen Licht und eine merkwürdige Wolke, die langsam menschliche Gestalt annahm, stellte sich neben ihn. Ich bin die Königin der Quellenwesen., sprach die schwarzhaarige Frau in unsere Geister. Wenn du glaubst, dass du ihm helfen kannst, Kissara, dann will ich deinen Vorschlag hören. Also schön, Majestät., dachte Kissara. Wie wäre es, wenn Ihr jemanden von uns einer Prüfung unterzieht, der oder die beweisen muss, dass wir die Intelligenz und den Mut besitzen, zu tun, was immer zu tun ist. Ich bin sicher, Ihr wollt, dass wir Sterblichen dieses Problem zumindest bis zu einem gewissen Grad mit lösen, damit Clytus lernt, dass er uns nicht so einfach benutzen kann. Sicher soll er mithelfen, aber den Großteil sollen wohl wir erledigen. Meine Untergebene ist sicher, dass Shimar noch lebt. Sollte dies der Fall sein, so könnten doch sie und er die Prüfung ablegen. Er repräsentiert die tindaranischen Streitkräfte, sie die Sternenflotte. Wie wäre das? Du bist sehr scharfsinnig, Sterbliche!, stellte das Quellenwesen fest. So sei es!

Das Wesen war genau so schnell wieder verschwunden, wie es gekommen war. „Ich danke dir.“, sagte Logar erleichtert, der den Umstand offensichtlich nicht übel genommen hatte, dass wir ihn wie einen kleinen Schuljungen in Sachen Diplomatie aussehen lassen hatten. „Sogleich werde ich Argus Bescheid geben, damit er dir, Betsy, Kipana gibt. Shimar ist …“ „Verratet es mir bitte nicht, Logar.“, bat ich. „Dafür habe ich meinen Erfasser. Es könnte nämlich sein, dass die Quellenwesen noch immer zuhören und man soll uns ja keine Schiebung vorwerfen können. Commander, ich werde inzwischen Lycira sagen, dass sie Sie nach 281 Alpha zurückbringen soll. Ich denke, da kann man Ihre Hilfe jetzt besser gebrauchen. Ich komme schon klar und wenn Ihr Vorschlag funktionieren soll, dürfen Sie ja nicht mehr im Hintergrund sein und mir eventuell helfen.“ „In Ordnung.“, sagte Kissara. Ich nahm mein Sprechgerät und übermittelte Lycira die entsprechenden Instruktionen.

Auf Zirells Basis hatte man zwischenzeitlich alles besprochen und die nötigen Vorbereitungen für das Experiment getroffen. Jannings, McKnight und Scotty hatten ausgerechnet, dass aufgrund des eventuell zu erwartenden Energieaufbaus ein leerer Frachtraum als Ort des Geschehens die beste Wahl war. Die Cobali hatten ein annähernd an Sytania erinnerndes biosynthetisches Feld erstellt, das durch einen Simulator zugeschaltet werden sollte. Die tindaranische Technologie eignete sich hier hervorragend. Clytus stand in der Mitte des Raumes. Hinter einer Konsole saß Jannings und war bereit, das Feld zuzuschalten. Neben ihm saß Mikel, dem Zirell die Befehlsgewalt in diesem Experiment übertragen hatte. Ihrer Meinung nach war der Agent ein Experte für das Verhalten Sytanias. Die Mediziner, alle Mediziner, standen auch in Bereitschaft. Tolea stand Clytus gegenüber und der Rest vor der sicheren Tür, falls es notwendig sein sollte, schnell zu flüchten.

„Sind Sie bereit, Tolea?!“, wendete sich der erste Offizier der Granger an die Mächtige. „Ja, Agent.“, sagte sie mild. „Und du, Clytus?“, fragte er dann auch den Jungen. „Ja.“, sagte er. „Wird das wehtun?“ „Wahrscheinlich ja!“, rief Zirell aus dem Hintergrund, die ihm die Wahrheit nicht vorenthalten wollte. „Aber da muss ich dann wohl durch.“, sagte Clytus und versuchte, ein tapferes Gesicht zu machen. „Also dann.“, sagte Mikel. „Beginnen Sie, Tolea! Einschalten, Mr. Jannings!“

Der Terraner nickte und legte einen Schalter an der Konsole um. Im gleichen Moment begann Tolea, sich auf die Rückverwandlung von Clytus zu konzentrieren, ein Umstand, der Sytania und Telzan, die alles aus dem Dunklen Imperium durch den Kontaktkelch beobachteten, nicht verborgen geblieben war. „Diese Stümper!“, rief die Königstochter aus. „Versuchen mit ihren primitiven Mitteln, was nur einer Mächtigen möglich ist. Wie kann man nur so dumm sein?! Ich glaube, ich sollte ihnen mal beweisen, wer hier die Macht hat.“ „Aber Herrin.“, versuchte Telzan, sie zurückzuhalten. „Habt Ihr schon einmal darüber nachgedacht, dass sie genau das erreichen wollen? Ich meine, …“ „Darüber nachgedacht habe ich, Telzan.“, gab Sytania zurück, die sich anscheinend doch schon sehr gekränkt und beleidigt fühlte. „Aber ich bin zu dem Schluss gekommen, dass das nicht sein kann. So weit denken sie nicht. Sieh mal, jetzt erhöhen diese einfältigen Narren auch noch die Leistung ihres Gerätes. Als ob das was nützen würde. Nein, da muss ich ihnen wohl ein für alle Mal ihre Grenzen aufzeigen.“

Tatsächlich hatte Jannings die Leistung des Generators erhöht. „Brillant mitgedacht, Techniker.“, lobte Mikel, der einen Neurokoppler aufgesetzt hatte, um mit IDUSA, deren Sensoren alles überwachten, zu kommunizieren. „Jetzt denkt sie sicher, dass wir noch viel dümmer sind, als wir …“

„Agent!“, wendete sich IDUSA alarmiert an Mikel. „Ich registriere ein Signal, das unser Künstliches überlagert. Es ist exakt Sytanias …“

Mikel hörte ihr nicht mehr zu, denn die Schmerzensschreie von Clytus waren an das geschulte Ohr des blinden Agenten gedrungen. Seine Verwandlung musste eingesetzt haben. So etwas bei vollem Bewusstsein erleben zu müssen, stellte sich Mikel nicht sehr angenehm vor. „Schalten Sie das Feld ab, Jannings.“, sagte Mikel. „Wir haben jetzt schließlich, was wir wollen.“ Der Ingenieur nickte und tat es.

„Der arme Junge.“, rief Zirell mitleidig. „Kann ihm denn niemand helfen?!“ „Das habe ich versucht.“, sagte Ishan nüchtern. „Aber auf betäubende Medikamente reagiert sein Körper schon nicht mehr. ER muss schon wieder zu sehr ein Mächtiger sein.“ „Oh, dann habe ich was Stärkeres!“, rief Maron aus und stürmte mit gezogenem Phaser an allen vorbei. Er stellte seine Waffe auf die stärkste Betäubungsstufe und betete, bevor er feuerte: „Mutter Schicksal, bitte lass noch genug von seinem Nervensystem genesianisch sein!“ Dann zielte er und drückte ab. Bewusstlos fiel Clytus vor dem erleichterten Demetaner hin, der seine Waffe sinken ließ. „Ihr erster Offizier hat ’n ziemlich lockeren Schussfinger.“, stellte Scotty flapsig in Zirells Richtung gewandt fest. „Die Art der Narkose muss ich mir merken.“, grinste Loridana. „Das hätte auch schiefgehen können.“, ermahnte Ishan alle. „In seiner momentanen Situation ist völlig unklar, wie sein Körper reagiert. Ich werde ihn mit auf die Krankenstation nehmen. Dort kann ich ihn auch besser überwachen.“ „IDUSA wird nicht beamen können, weil sein Körper im zellaren Fluss ist.“, stellte Jenna fest. „Sie kann ihn so nicht erfassen.“ „Dann machen wir das anders.“, sagte Maron, ein Spruch, den alle sonst nur von Shimar kannten, der in seinem Tun sehr flexibel war. Wenn man so nicht weiter kam, dann meistens anders. Er winkte Joran, der Clytus auf seine Schultern nahm. Dann folgten sie Ishan und Nidell auf die Krankenstation.

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