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Loridana hatte Kissara über den ernsten Zustand Dills informiert. Die Kommandantin wusste, dass ihre Ärztin nur als letztes Mittel Rosannium, das eigentlich Gift für jeden Telepathen ist, anwenden würde. Wenn sie das tat, dann musste es schon wirklich keine andere Lösung geben. Dies durfte aber Eldisa auf keinen Fall wissen. Sie hätte sich sonst viel zu viele Sorgen gemacht und das Ganze hätte zu einem ziemlichen Missverständnis führen können. Kissara hatte geschlossen, dass sie jetzt wohl die Einzige sein würde, zu der die Prinzessin noch Vertrauen hatte. Dieses durfte sie jetzt auf keinen Fall zerstören.

Nestor kreuzte ihren Weg. Der alte Mann hatte auch das Essen serviert. Deshalb war Kissara sein Gesicht durchaus bekannt. „Halt, mein Freund.“, schmeichelte sie ihm hinterher. „Ich bin auf der Suche nach Prinzessin Eldisa. Kannst du mir sagen, wo ihre Lieblingsplätze sind?“ „Aber ja, Commander.“, nickte Nestor und winkte ihr. Sternenflottenränge waren dem zeitländischen Dienstmann durchaus bekannt.

Sie durchquerten den Schlosspark und waren bald in einer Art verwunschen aussehendem Garten angekommen. Der Garten sah wie eine Art Zauberwald aus Märchen aus. Rechts und links gab es große Bäume und viele verschlungene Pfade. Allein würde sich selbst Kissara, die eigentlich einen guten Orientierungssinn hatte, hier verlaufen. Außerdem schienen sich die Bäume zu bewegen und immer wieder so manchen Gang zu verstellen. „Lass mich bitte allein gehen, Nestor.“, bat Kissara. „Auch ohne Erfasser bin ich davon überzeugt, dass Eldisa für das hier verantwortlich ist. Ich habe ihr gesagt, dass ich noch einmal nach ihr sehen werde. Aber dazu wäre ich wie gesagt lieber allein.“ „Glauben Sie denn, dass Sie die Prinzessin allein finden können, Commander?“, fragte Nestor. „Das denke ich durchaus!“, erwiderte Kissara mit Selbstvertrauen in der Stimme. „Ich denke, dass sie uns nur den Zutritt verwehrt, weil du bei mir bist. Das ist sicher nichts Persönliches, aber sie scheint extrem verzweifelt zu sein. Ich konnte sie bisher gut trösten und ich denke, dass jemand anderes hier nur stören würde. Wie gesagt, nimm es bitte nicht persönlich.“ „Ist schon gut, Commander.“, entgegnete der Diener und blieb am Anfang des Labyrinths zurück. Von hier aus beobachtete er, wie sie in den schier undurchsichtigen Gängen verschwand.

Kissara gewann jetzt immer mehr den Eindruck, als würden die Baumriesen sie mit ihren Ästen führen wollen. Sie sah, wie sich mancher Baum in die eine oder andere Richtung zu wenden schien und ihr mit dem längsten seiner Äste eine Richtungsangabe hinterließ. Sie ahnte aber, dass dies Eldisas Werk sein musste. Ihr habt Eure Fähigkeiten schon sehr gut im Griff, Hoheit., dachte Kissara. Dann rief sie: „Eldisa, hier ist Kissara! Ich komme jetzt zu Euch! Keine Angst!“

Sie folgte dem letzten Fingerzeig und erreichte eine Art Laube, die aus einer Rosenhecke bestand. Hinter dieser Hecke sah sie bereits Eldisas Gesicht. „Warten Sie bitte kurz, Commander!“, rief ihr die Stimme der Prinzessin entgegen und dann öffnete sich die Hecke vor Kissara, um ihr den Eintritt zu ermöglichen. Danach schloss sie sich wieder. Jetzt sah Kissara die vor ihr auf einem Stein sitzende Prinzessin. Auch sie suchte sich einen und setzte sich darauf. „Eine interessante Variante von bitte nicht stören.“, lächelte Kissara. Auch Eldisa musste grinsen. „Dieses Rückzugsgebiet habe ich mir selbst geschaffen.“, sagte sie und Kissara konnte gut hören, dass sie noch immer sehr traurig sein musste, auch wenn Eldisa ihr Gesicht verbarg. „Ihr liebt Euren Vater sehr, Eldisa, nicht wahr?“, fragte Kissara. Sie benutzte den Vornamen der Prinzessin mit Absicht, da sie ihr jetzt ja nicht als einem Staatsoberhaupt auf diplomatischer Mission, sondern als einem traurigen Kind begegnete, das ihre Hilfe und ihren Trost benötigte. Respektsbezeugung ja, diplomatische Schnörkel nein.

Endlich sah Eldisa sie an. „Wissen Sie etwas Neues, Commander?“, fragte die zeitländische Königstochter. „Bedauerlicherweise nein, Eldisa.“, log Kissara, denn sie wollte Eldisa auf keinen Fall mit den neuen Fakten über Dill, die Rosannium-Spritze und das Koma beunruhigen. „Mir ist nur bekannt, dass sich die Vendar jetzt um Euren Vater kümmern.“ „Das bedeutet, er ist in guten Händen.“, atmete Eldisa auf. „Crimach und ihre Leute werden nur Energie von Telepathen benötigen, um ihm zu helfen. Ich würde all meine Energie geben, wenn ich könnte, aber …“ „Das würde Crimach sicher nicht zulassen.“, unterbrach Kissara sie. „Und auch keiner ihrer Leute würde Euch diese Energie nehmen. Sie wissen, Dass Euer Gehirn noch nicht ausgereift ist und Euer Telepathiezentrum somit auch nicht. Ich könnte mir vorstellen, dass sie mit Eurer Energie noch nichts anfangen können. Aber ich bin sicher, Crimach wird eine Lösung finden.“ „Ich hätte auch eine anzubieten, Commander.“, sagte Eldisa. „So?“, lächelte Kissara. Sie konnte sich zwar nicht vorstellen, was Eldisa meinen könnte, weil sie eine bestimmte Information noch nicht hatte, aber um so neugieriger war sie. „Ich heirate Clytus!“, sagte Eldisa mit Überzeugung und stand auf. „Moment.“, erwiderte Kissara irritiert. „Was hat eine eventuelle Ehe mit Clytus mit dem Gesundheitszustand Eures Vaters zu tun?“

Eldisa wurde blass und Kissara musste sie auffangen, denn sonst wäre sie übel gestürzt. Sie zog die Prinzessin auf ihren Stein zurück. Die sensiblen Hände der Thundarianerin, die ähnlich samtig waren wie die Pfoten einer Katze, hatten ihr längst verraten, dass das Herz ihres Gegenüber ihr bis zum Hals schlug. „Ich habe eine telepathische Botschaft von Clytus aus dem Raum-Zeit-Kontinuum empfangen.“, gestand Eldisa weinend. „Darin hat er mir gesagt, dass er die Geschichte verändert hat, um mir ein romantisches Geschenk zu machen. Er meinte, wenn er möglich macht, dass meine Freundin Betsy alle heiraten kann, die sie will, dann würde ich das total romantisch finden und eins zwei drei mich in ihn verlieben!“ Bei ihren letzten beiden Sätzen klang Eldisa zunehmend wütender. „Dieser verdammte Narr!!!“, schrie sie. „Er muss sich doch auch denken können, dass eine solche Tat eher aufs Gegenteil herausläuft! Ich hasse ihn dafür, aber eine Prinzessin muss auch bereit sein, Opfer zu bringen. Wenn ich ihn mit einer Heirat dazu bringen kann, alles wieder zu reparieren, dann soll es so sein!“

Kissara, deren Reflexe so gut wie die einer Raubkatze waren, fasste blitzschnell Eldisas Hände. „Nicht so schnell, Prinzessin!“, ermahnte sie diese. „Damit macht Ihr Euch nur erpressbar. Wenn Clytus Euch wirklich so verfolgt, dann dürft Ihr dem auf keinen Fall nachgeben. Sonst kann er immer und immer wieder so etwas mit Euch machen. OK, halten wir ihm zu Gute, dass er Euch wirklich liebt. Dann müsstet Ihr ihn eigentlich selbst vor ein Ultimatum stellen, und zwar, indem ihr ihm klar macht, dass es so nicht geht. Ihr müsst ihm zeigen, dass Ihr nicht zulasst, dass er die Zeit so beschädigt. Wenn er Euch, die spätere Hüterin der Zeit, wirklich liebt, dann dürfte er das eigentlich ziemlich bereuen, was er gerade getan hat. Aber was hat Allrounder Betsy damit zu tun?“

Eldisa konnte nicht antworten. Ein erneuter Schwall von Tränen hatte ihr jegliche Kontrolle über ihre Stimme genommen. Vorsichtig zog Kissara sie wieder an ihre Brust und schnurrte: „Ist nicht schlimm, Eldisa. Meine Leute und ich werden das schon alles herausfinden. Was meint Ihr, was mein Schiff für gute Sensoren hat und was ich für kompetente Offiziere habe. Wir kriegen das schon wieder hin.“ „Hoffentlich irren Sie sich da nicht, Commander.“, schluchzte Eldisa. „Das glaube ich nicht!“, tröstete Kissara zuversichtlich. „Ich habe schon ganz andere Situationen durchgestanden!“ „Aber Sie hatten noch nie die eigenen Leute gegen sich.“, deutete Eldisa an, die mit ihren seherischen Fähigkeiten alles genau wahrnahm, was sich in den betroffenen Dimensionen abspielte.

Kissara vermied es, genauer nachzufragen. Sie dachte sich, dass Eldisa dadurch nur noch mehr geängstigt werden könnte. „Wir sollten in den Palast zurückkehren.“, schlug sie vor. „Ihr solltet Euch ausruhen und ich sollte die Situation mit meinen Leuten besprechen. Wir finden bestimmt eine Lösung!“ Eldisa nickte. Dann standen beide auf und gingen in Richtung Schloss.

Mit einer ihrer Offizierinnen würde Kissara die problematische Situation leider im Augenblick nicht besprechen können, da ich durch Abwesenheit glänzte. Tchey und ich hatten nämlich inzwischen jene Stelle erreicht, die sie wohl gemeint haben musste. Sie ließ ihr Schiff um einen Fixpunkt kreisen, wie mir Lycira mitteilte. Deine Freundin ruft uns., erklärte mir Lycira. Sei aber gewarnt. Sie hat sehr schlechte Laune. „Gib schon her.“, sagte ich. Wie du willst., erwiderte Lycira und ich wurde das Gefühl nicht los, dass etwas ganz und gar nicht stimmte.

Tcheys Gesicht erschien vor meinem geistigen Auge. Mittlerweile kannte ich Lyciras Signalgebung gut genug, um zu wissen, dass ich wohl jetzt sprechen konnte. „Kannst du mir mal sagen, was dir für eine Laus über die Leber gelaufen ist, Tchey?“, fragte ich. „Eben hast du noch angegeben wie 'ne Tüte Mücken, weil es hier doch angeblich so schön sein soll und jetzt …“ „Eigentlich ist es das hier auch.“, erwiderte Tchey. „Eigentlich sollten hier nur du, das All, die Schiffe und ich sein und nicht … Oh, bitte sag mir, dass bei dieser alten Kiste, die ich hier fliege, der Transponder im Eimer ist. Ich kann nämlich nicht glauben, was ich gerade ablese.“ „Wieso?“, fragte ich. „Was siehst du denn?“ „Genesianische Transpondersignale.“, stöhnte Tchey. Dann sang sie: „Mein Tag ist im Eimer, oh, Betsy, oh, Betsy. Mein Tag ist im Eimer, oh, Betsy, voll im Arsch.“

Ich befahl Lycira, sie kurz in die Warteschleife zu legen. „Kannst du die genesianischen Signale bestätigen, Lycira?“, wandte ich mich an mein Schiff. Ja, das kann ich, Betsy., gab sie zurück. Aber ich kann dir auch noch etwas Anderes sagen. Wenn Tchey und du irgendwo hin wollt, wo es keine Genesianer gibt, dann müssen wir das Föderationsgebiet oder besser das gesamte bekannte Universum verlassen. „Sag mir bitte nicht, die Genesianer hätten das Gebiet der Föderation erobert.“, schloss ich. Anscheinend haben sie genau das getan. Aber das muss irgendwann in der Vergangenheit geschehen sein. Ich habe an einer der Bojen, die diese Signale senden, Messungen durchgeführt. Sie muss laut meinen Ergebnissen schon mindestens ein halbes Jahr im Weltraum sein. „Gib mir Tchey wieder!“, befahl ich.

„Warum hast du mich in die Warteschleife geschickt?“, fragte meine reptiloide Freundin mit immer noch sehr mürrischer Stimme. „Weil Lycira und ich erst mal überprüft haben, was hier los ist.“, antwortete ich, die ich mir keiner Schuld bewusst war. „Und was habt ihr herausgekriegt?“, fragte Tchey. „Bezüglich deiner Hoffnung, dass der Transponderempfänger deines Schiffes kaputt ist, müssen wir dich leider enttäuschen. Der funktioniert anscheinend einwandfrei.“ „Und was zur Hölle ist dann hier los?“, fragte sie. „Lycira geht davon aus, dass die Genesianer vor rund einem halben Jahr das Gebiet der Föderation erobert haben.“, fasste ich die Ergebnisse meines Schiffes zusammen. „Hah, davon wüsste ich aber.“, lachte Tchey. „Und wenn unser Gebiet erobert worden wäre, denkst du nicht, dass wir das dann schon längst bemerkt hätten? Deine Lycira muss sich irren.“ „Ich habe eine andere Theorie.“, verteidigte ich mein Schiff. „Was ist, wenn jemand die Geschichte verändert hat?“ „An wen denkst du im Speziellen?“, fragte Tchey, deren Laune sich jetzt wohl gebessert hatte. Jedenfalls klang sie jetzt erheblich weniger wie eine beleidigte Leberwurst, der man auf den nicht vorhandenen Schlips getreten hatte, sondern eher wie eine diensteifrige Sternenflottenoffizierin. Die Veränderung der Zeitlinie, das hatte man uns schon als Kadetten eingeimpft, war etwas, das niemals passieren durfte. Und wenn es passierte, dann mussten wir dafür sorgen, dass es so schnell wie möglich wieder korrigiert würde. Aber was sollten zwei Offizierinnen mit nur einem bewaffneten Schiff und ohne Informationen schon ausrichten können?

„Pass auf.“, schlug Tchey vor. „Wir suchen uns das nächst beste Genesianerschiff und fragen mal ganz vorsichtig an, was da passiert sein könnte. Vielleicht kriegen wir ja genug raus, damit du deinem Agent gegenüber aussagen kannst. Der wird dann mit Sicherheit eurem Commander alles sagen.“ „Meinen Agent.“, grinste ich. „Den kennst du auch sehr gut. Erinnerst du dich, dass wir gemeinsam auf der Akademie in einer Clique waren?“ „Oh, klar erinnere ich mich daran.“, erwiderte sie. „Mikel und ich waren schon zu unseren gemeinsamen Zeiten als Kadetten eher die Abenteurer und du warst die vernünftige Denkerin, die uns vor manchem Verweis bewahrt hat. Bin ich dir heute verdammt dankbar für. Sonst wäre meine Karriere sicher schon zu Ende gewesen, bevor sie begonnen hätte.“ „Und dann hättest du Edvins nicht helfen können, eurer Gegnerin den Hintern zu versohlen.“, warf ich ein. Sie räusperte sich. „Sieh an, sieh an. Du kannst ja doch anders.“

Betsy, ich habe ein genesianisches Schiff ausgemacht, das sich unserer Position nähert., meldete Lycira. „Bekommst du ein Transpondersignal?“, fragte ich. Selbstverständlich., gab Lycira zurück. Soll ich das Schiff rufen? Ich nickte und fügte hinzu: „Mach das aber über Konferenzschaltung und binde Tchey mit ein. Sie soll ja auch mitkriegen, was ich vorhabe. Hast du ein Problem mit genesianischen Hangars?“ Nein., versicherte Lycira. Vielleicht sind ja auch einige genesianische Shuttles etwas gesprächig. „Du bist ja heute richtig witzig, Lycira.“, lachte ich.

Die Canara war es gewesen, die unseren Weg gekreuzt hatte. An Bord des genesianischen Schiffes trafen sich gerade Risca, die Oberste der Männerfängerinnen und Hera, die Pilotin des Schiffes in einem der Korridore. Risca und Hera waren sehr eng befreundet und so nahm es nicht Wunder, dass sie sich über die gegenseitigen Geschäfte unterhielten. „Die Prätora hat dich ganz schön abgekanzelt.“, meinte die etwa 1,80 messende Hera, die schwarze kurze Haare trug, zu ihrer Freundin Risca, die mit ca. 170 cm etwas kleiner war und mit ihren roten Locken harmloser aussah als sie war. „Das kannst du laut sagen.“, meinte Risca und klang dabei extrem mürrisch, was bei ihrer von Natur aus sehr tiefen Stimme noch bedrohlicher klang. „Was kann ich denn dafür, wenn uns auf Celsius nur Männer über den Weg laufen, die nicht mit der Prätora oder einer von uns biologisch kompatibel sind?“ „Hast du Prätora Yanista zu bedenken gegeben, dass wir diese Männer notfalls auch an Frauen aus den eroberten Gebieten abgeben könnten?“, erkundigte sich Hera mit ihrer hohen und dadurch tröstender wirkenden Stimme. „Nein.“, gab Risca zu. „Daran habe ich noch gar nicht gedacht. Aber es ist gut, dass du mir das sagst. Wenn die Prätora sich neue Ehemänner suchen will, dann sollte sie dich Kurs in eines der Gebiete setzen lassen, wo es biologisch kompatible Männer gibt. Demeta, Platonien oder so. Aber warum sucht sie überhaupt? Sie hat doch schon zehn.“ „Das ist wahr.“, meinte Hera. „Aber neun davon sind schon tot und einem will sie noch eine Chance geben. Nur weißt du auch, dass eine Frau mit nur einem Ehemann nicht sehr hoch angesehen ist.“ „Verstehe.“, antwortete Risca.

Die Sprechanlage machte eine weitere Unterhaltung zwischen den Frauen unmöglich. Am anderen Ende war die Prätora, die Hera sofort auf die Brücke befahl. So schnell wie möglich machte sich die junge Pilotin auf den Weg.

Lycira hatte mir eine Verbindung mit dem Schiffsrechner des genesianischen Schiffes hergestellt, der mich auf Anfrage mit der Prätora verband. Da Tchey ebenfalls in die Konferenzschaltung eingebunden war, bekam sie alles mit. „Seid gegrüßt, Prätora!“, begrüßte ich mein Gegenüber fest. „Meine Freundin und ich haben uns lange Zeit in Zeitland aufgehalten und waren temporal isoliert. Wir wüssten gern, was in der Zwischenzeit geschehen ist. Vor allem wundert mich die Tatsache, dass hier extrem viele genesianische Transpondersignale zu empfangen sind.“ „Das kommt daher, Terranerin.“, erklärte mir die Prätora. „Dass wir die Gebiete der Föderation erobert haben.“

Ich befahl Lycira eine Stummschaltung. Die Information, die ich gerade bekommen hatte, musste ich erst einmal verarbeiten. Sie entsprach nun so gar nicht dem Wissen, das ich über die originale Zeitlinie hatte. Aber wenn ich ihr widersprach, würde ich ihren Zorn auf mich ziehen und es würde nicht mehr möglich sein, auch nur das kleinste Fitzelchen an Informationen zu bekommen. Also sagte ich: „Ich würde gern mehr über diesen Umstand erfahren, Prätora. Bitte lasst mich doch von der glorreichen Schlacht erfahren, in der es dazu gekommen ist.“

Wieder gab es eine Pause im Gespräch. Ich konnte es zwar nicht sehen, fühlte aber buchstäblich, dass sie sich mein Bild extrem genau ansehen musste. Wahrscheinlich wollte sie herausbekommen, ob ich Sternenflottenoffizierin sei oder nicht. Jetzt war ich einerseits froh über den Umstand, dass man uns auf der Akademie bestimmte diplomatische Kenntnisse mitgegeben hatte, andererseits fand ich es auch sehr beruhigend, dass ich keine Uniform trug und Tchey auch nicht. So würden die Genesianerinnen hoffentlich nicht darauf kommen, dass sie ausspioniert werden würden.

Tchey hatte mich nach dem Ende der Konferenzschaltung noch einmal gerufen. „Ich wusste ja gar nicht, was du für eine Schmeichlerin sein kannst.“, lobte sie. „Kunststück.“, erwiderte ich bescheiden. „Die Genesianer lieben es genau wie die Klingonen auch, von glorreichen Schlachten zu berichten. Ich habe ihnen nur das gegeben, was sie wollten.“ „Dann bin ich ja froh, dass uns jetzt keine von denen zuhört.“, scherzte Tchey.

Ich erkenne Positionslichter., meldete Lycira. „Dann sollten wir ihnen folgen.“, sagte ich. „Anscheinend haben sie uns das mit den unschuldigen Zivilistinnen tatsächlich abgenommen. Ruf Tchey und sag es ihr!“

„Ich sehe das Gleiche.“, erklärte Tchey, nachdem Lycira die Verbindung hergestellt hatte. „Mann, was kribbelt’s mich in den Fingern.“ Sie gab einen eindeutig zweideutigen Laut von sich. „Ich liebe Abenteuer!“

Wenig später hatten wir die Schiffe in einer genesianischen Shuttlerampe gedockt. Hier begrüßte uns nach dem Aussteigen eine ältere Kriegerin. „Seid gegrüßt.“, sagte sie. „Mein Name ist Shira. Ich bin die Assistentin der Chefingenieurin.“ Ihren letzten Satz hatte sie für meine Ohren fast verschämt vorgetragen, was mich schließen ließ, dass sie diesen Rang wohl nicht ganz freiwillig inne haben konnte und vielleicht aus einer höheren Position dort hin degradiert worden war. Dies wollte ich aber auf keinen Fall durchblicken lassen.

„Na gut.“, meinte Tchey, die unser Gespräch durchaus mitbekommen hatte. „Dann mal 'ne Runde Kontaktreiniger für meine hier.“ Sie zeigte auf ihr Schiff. „Die steht auf Pflege!“ „Blas' dich nicht so auf.“, flüsterte ich ihr zu. „Na gut, Schmusekatze.“, flüsterte sie zurück. „Machen wir’s auf deine Weise.“

Shira wies uns den Weg zu einem Turbolift und mit dem fuhren wir alle drei einige Decks höher. Dann landeten wir in einer Art großem Saal, der irgendwie an die große Halle auf Genesia Prime erinnerte. Er hatte das gleiche Kuppeldach und es gab ein ähnliches Podest dort. Außerdem lange Reihen von Tischen, an denen alle Kriegerinnen Platz fanden. „Dies ist der Platz für unsere Gäste.“, erklärte Shira und führte Tchey und mich zu einem der langen grobschlächtig aussehenden Tische, vor denen jeweils eine Holzbank stand. „Ich fürchte, für eine Geburtstagsparty bin ich nicht richtig angezogen.“, scherzte Tchey. „Das hier ist keine Geburtstagsparty.“, erklärte Shira. „Wir wollen nur das Wunder von Sachometh feiern, das uns zu Teil wurde. Ihr seid die Ersten aus den eroberten Gebieten, die darüber genauer Bescheid wissen wollen. Wieso?“ „Wir sind zwei kulturell interessierte Hobbyforscherinnen.“, rettete ich die Situation, denn Tchey hatte mir verdeutlicht, dass sie doch ganz schön ins Schwimmen gekommen war. „Also gut.“, sagte Shira. „Ich frage das auch nicht meinetwegen, sondern weil die Prätora es wissen will. Sie wundert sich, warum sich zwei offenkundige Zivilistinnen so stark dafür interessieren, warum wir vor rund einem halben Jahr das Gebiet der Föderation erobert haben. Von den anderen Bürgern haben wir nur Stillschweigen geerntet. Aber ihr zwei scheint da wohl anders.“ „Dann richten Sie Ihrer Prätora aus, dass wir wirklich rein aus Neugier handeln!“, sagte ich fest. Tchey, die mir dabei ins Gesicht geschaut hatte, meinte nur: „Du kannst ja lügen, ohne rot zu werden.“ „Ich bin Laienschauspielerin.“, erwiderte ich leise. „Außerdem ist mir die Sache hier eine kleine Schauspieleinlage wert.“

An den Geräuschen hinter uns bemerkte ich, dass hier wohl ein Replikator bedient werden musste. „Ich hoffe nur, dass ich kein Tier töten muss.“, meinte ich. „Lebende Tiere zu replizieren ist so gut wie unmöglich.“, lachte Tchey. „Zumindest halte ich die genesianische Technologie nicht für in der Lage dazu und mit einer Jagdbeute ist auch niemand hier rein gekommen. Das wüsste ich. Vertrau mir! Ich kann sehen!“ „Na schön.“, sagte ich und bemerkte, wie sich der zuerst in meinem Magen angeschwollene Kloß langsam auflöste. „Und selbst wenn so etwas passieren sollte, dann hat den ersten Stich doch sicher die Prätora.“, referierte Tchey weiter. „Ich meine, das hier ist doch keine Initiationsfeier oder so was.“ „Ist ja schon OK.“, bekräftigte ich die Tatsache, dass es mir schon erheblich besser ging.

Am Rücken der Stühle hörte ich, dass alle aufgestanden sein mussten. Tchey griff meine Hand und deutete einen Salut an. „Da kommt die Prätora.“, zischte sie mir zu. „Du wolltest doch nicht, dass wir uns daneben benehmen.“ Ich nickte ihr zu und führte die Bewegung ganz aus. Dann setzten wir uns alle wieder und Yanista ging zum Buffet, um eine Art Dolch in ein repliziertes Stück Fleisch zu stoßen. Dass die Flüssigkeit nach allen Seiten spritzte, schien niemanden zu stören. „Auch 'ne Art auszudrücken, dass das Buffet eröffnet ist.“, scherzte Tchey. „Bleib sitzen und hör dich um. Ich besorge dir was zu futtern. Mein Genesianisch ist leider etwas eingerostet.“ „Als ob du es je gesprochen hast.“, lachte ich. Jetzt würde uns zu Gute kommen, dass ich während meiner Zeit als Kadettin heimlich einen Genesianischkurs besucht hatte.

Eine Kriegerin mit einem Instrument stellte sich in die Mitte des Raumes und begann mit einem Lied. Allerdings änderte ihre Stimme derart zwischen Kopf- und Bruststimme hin und her, dass es mir die Schuhe auszog. Dennoch versuchte ich, mir nichts anmerken zu lassen und hörte zu. Das Lied handelte offensichtlich von jenem Wunder von Sachometh, das uns gegenüber schon am SITCH erwähnt worden war. Mein Geist übersetzte: Der Mond ward finster in der Nächte sieben. Am nächsten Tage, so steht es geschrieben, da wurde so sich man noch in Jahren erzählt, die oberste Prätora von der Wächterin von Gore beseelt. Sie hat zum Beweise der göttlichen Macht, 'nen Stern im Weltall zum Bersten gebracht. Drauf folgten ihr alle mit Freud’ in die Schlacht. Die Feinde egal welcher Zahl mäht’ sie nieder. Mit blitzenden Augen ist dieses getan. Viel’ Salven von Blitzen regneten hernieder, auf alles und jedes, das in den Weg ihr kam. Drauf flogen wir weiter in and’re Gestade, wo mächtige Wesen sich finden daheim. Doch konnten und das ist nun für sie wirklich schade, sie uns auch nicht wirklich ein Gegner sein. Denn denkt euch, auch jenes gut geschützte Reich, besiegte die Prätora mit einem Fingerstreich.

Mir zog sich alles zusammen! Was ich gerade gehört hatte, war keinesfalls die Weise, auf die Genesianer sonst kämpften. Ihre Kampftaktik war eigentlich der Kampf mit gleicher Waffe, was sie als ehrenhaft bezeichneten und nicht so etwas. Ein Mächtiger musste hier seine oder ihre Finger im Spiel haben und hatte die armen Genesianer von vorn bis hinten verarscht! Das war eine Tatsache, die mich sehr wütend machte!

Meine Ohren scannten den Raum nach Tcheys Stimme, die ich aber im Gewirr der anderen nicht wahrnehmen konnte. Gehört hatte ich genug und wir sollten jetzt machen, dass wir hier wegkamen. Mir war nur eine mächtige Person eingefallen, die Gefallen daran finden konnte, ein sterbliches Volk für ihre Zwecke zu missbrauchen. Aber die Genesianer waren keine primitiven Eingeborenen auf irgendeinem Randplaneten. Sie waren warpfähig und hatten auch alle sonstige Technologie, die notwendig war, um Sytanias Einfluss zu erkennen. Warum hatten sie dies nicht!

Endlich kam sie zurück! Vor mir stellte sie einen Teller mit allerlei genesianischen Köstlichkeiten ab. Unter anderem befand sich auf dem Teller auch ein großer Haufen Veddach, eine stark gewürzte Quarkspeise, die drei mal so stark wie terranisches Zaziki war. Eigentlich wäre ich für dieses Zeug gestorben, das wusste Tchey. Aber ich schob den Teller nur verstört weg und stammelte: „Ich kann nicht … Wir können nicht … wir dürfen nicht … Ich muss … Ich muss!“

Sie zog mich so nah an sich, dass ich jede Einzelne ihrer Hautschuppen auch durch ihre und meine Kleidung spüren konnte. Dann zerrte sie mich aus dem Raum in Richtung Lift. „Für das, was du musst.“, erklärte sie mit fester Stimme. „Da holen wir mal lieber deinen Agent! Jetzt versuch dich aber bitte erst mal zu beruhigen. Ich kann weder Genesianisch lesen noch hat der Computer meinen oder deinen Stimmabdruck. Wenn wir von diesem Schiff runter kommen wollen, dann brauche ich dich jetzt. Du bist die einzige Person von uns zweien, die diese Kontrollen entziffern kann, wenn ich deine Hand über die Symbole führe.“ „OK.“, flüsterte ich.

Die Tür des Liftes öffnete sich und wir stiegen ein. „Jetzt geht’s los.“, sagte Tchey, griff meine Hand und führte sie über jede einzelne Taste. Ich versuchte, mich auf die Kurven und die Linien, die ihre Hand mit der meinen vollführte, zu konzentrieren, aber das war angesichts der Entdeckung, die ich gemacht hatte, gar nicht so einfach. „Du musst mich schon stoppen, wenn wir auf dem richtigen Knopf sind.“, sagte Tchey nervös. „Das würde ich ja gern.“, erwiderte ich. „Aber ich glaube, das ist gar nicht so einfach.“ „OK.“, sagte sie und zog meine Hand von der Steuertafel. „Jetzt atmest du erst mal tief durch und dann versuchen wir das Ganze noch mal. Langsam werden sich die Genesianer nur fragen, warum wir so plötzlich verschwunden sind.“ „Scheiß drauf!“, entgegnete ich wütend. „Warum die denken, dass wir so lange ums Eck verschwunden sind und was wir wohl da machen, das interessiert mich gerade einen feuchten Romulanerfurz. Ich will ja auch hier weg, aber ich bin total nervös. Oh, Gott, die armen Genesianer! Ich hätte nicht gedacht, dass ich so was mal sage, aber die tun mir leid. Weiß der Himmel, was Sytania wieder für 'ne Show abgezogen hat. Aber dass die drauf reinfallen, dass hätte ich echt nicht …“

Schritte kamen den Gang zum Lift herunter. „Jetzt sind wir am … Du weißt schon wo.“, sagte Tchey. Im nächsten Moment erschien ein Gesicht in der noch offenen Lifttür. „Warum habt ihr die Feier verlassen?“, fragte eine ältere Stimme in leicht akzentuiertem Englisch. Ich erkannte Shira. „Weil wir leider andere Verpflichtungen haben.“, erwiderte ich. „Wir sind noch mit einem Freund von mir verabredet, der uns mit seinem Shuttle auf einem Ausflug begleiten wird. Er ist Tindaraner und …“

Shira wollte sich vor Lachen schier ausschütten. „Ein Mann, der ein Schiff fliegen darf?!“, prustete sie. „Du versüßt mir den Tag, Terranerin. Aber glaubst du wirklich, dass es das noch gibt? Jedenfalls nicht in den eroberten Gebieten und Tindara ist eines davon. Ich glaube, deine Verabredung kannst du knicken. Es weiß doch jedes Kind, dass Männer zu höheren Aufgaben nicht taugen. Vielleicht solltest du in den Kristallminen nach deinem Freund suchen. Da hast du dann wahrscheinlich mehr Glück. Aber, weil ihr mir gerade so schön den Tag versüßt habt, helfe ich euch jetzt auch.“ Sie gab einen Befehl in Richtung des Mikrofons, worauf der Lift die Türen schloss und sich in Bewegung setzte. Jetzt war Tchey diejenige, die fassungslos neben mir stand. „Was hatte denn das zu bedeuten?“, fragte sie. „Du weißt, dass ich das Lied, was auf dem Fest gesungen wurde, übersetzen kann.“, erklärte ich. „Sicher.“, sagte sie. „Deshalb solltest du ja auch sitzen bleiben und die Lauscher offen halten. Aber was hat das eine mit dem anderen zu tun?“ „In dem Lied ist von der Eroberung des Föderationsgebietes und einer anderen Dimension mit vergleichsweise mächtigen Wesen die Rede.“, klärte ich sie auf. „Ich hatte schon so was im Gefühl, aber ich wollte erst sicher sein.“ „Ach so.“, verstand sie. „Du hast ihr die Unwissende vorgespielt, damit sie mit der Info rausrückt. Clever, clever. Du musst von Mikel einiges gelernt haben.“

Wir waren auf dem Hangardeck angekommen. „Fühlst du dich in der Lage, Lycira zu fliegen?“, fragte Tchey fürsorglich. „Das geht schon.“, erwiderte ich. „Außerdem kann sie das im Notfall auch selbst.“ „Du Glückliche.“, meinte Tchey. „Die Menüs von meinem Shuttle sind komplett auf Zeitländisch und ich weiß nicht, was da Autopilot heißen könnte.“ „Vielleicht kann ich dir helfen.“, bot ich an. „Mein Zeitländisch dürfte zumindest für eine Umstellung auf Englisch ausreichen. Aber du hast doch gesagt, dass du Abenteuer liebst. Also probier’s!“ „Wenn ich nicht wissen würde, dass du gerade einen Witz gemacht hättest.“, antwortete Tchey nervös, dann hättest du jetzt ein echtes Problem! Ich liebe zwar Abenteuer, aber nur solange noch eine geringe Chance besteht, dass ich sie unter Kontrolle kriegen kann.“

Ich grinste und wandte mich Lycira zu, die mich einsteigen ließ. Nachdem auch Tchey ihr Schiff bestiegen hatte, bemerkten wir, dass genau zum richtigen Zeitpunkt die Hangartore geöffnet wurden. Sofort fiel mein Verdacht auf Shira, denn sie hatte mit der Information, die sie uns gegeben hatte, schon Andeutungen gemacht. Vielleicht war ihr dieses angebliche Wunder ja auch nicht geheuer gewesen. Das hatte sie nur niemandem sagen dürfen. Ich konnte mir denken, dass sie schon sehr tief gefallen war und es sicherlich in der Gunst der Prätora noch weiter würde, wenn bekannt würde, dass sie das Wunder anzweifelte. Jetzt würden wir aber erst mal nach Zeitland zurückfliegen, um dort gegenüber Agent Mikel auszusagen. Sicher entsprach es nicht der obersten Direktive, sich in die internen Angelegenheiten der Genesianer einzumischen. Aber, wenn Sytania oder ein anderer feindlicher Mächtiger involviert war, dann mussten wir das vielleicht. Den Genesianern würde es sicher auch nicht schmecken, wenn sie von einem mächtigen Wesen benutzt würden und eventuell würden wir sie sogar dazu kriegen können, den Spieß gemeinsam mit uns umzudrehen. Erst einmal würden wir die Informationen Mikel geben. Der würde sie dann Kissara zukommen lassen und die würde entscheiden, wie wir weiter vorgingen.

Hera hatte die Feier auch früh verlassen und war an ihren Arbeitsplatz auf der Brücke zurückgekehrt. Von hier aus hatte sie unseren verfrühten Abflug beobachtet. Es wunderte sie extrem, dass zwei Hobbyforscherinnen, die eigentlich großes Interesse an dem Wunder von Sachometh hatten, das Fest dann doch nicht bis zum Ende begleitet hatten. Aber das würde sich schon irgendwann aufklären.

Viel Zeit zum Nachdenken hatte sie ohnehin nicht, denn eine vor dem Fest ausgeschickte Sonde meldete die Erfassung von männlichen Biozeichen auf einem verlassenen Planeten. „Zeig es mir!“, wendete sich Hera an den Schiffsrechner. Sie hatte nicht vergessen, was sie und ihre Freundin Risca besprochen hatten. Tatsächlich sah sie bald das Gesicht eines etwa 13-jährigen Genesianerjungen vor sich. Sofort verständigte sie Risca und Prätora Yanista, die gleich darauf zu ihr auf die Brücke kamen.

„Wie lange beobachtest du ihn schon, Hera?“, wollte Yanista wissen. „Ich habe ihn auch erst gerade gesehen, Prätora.“, antwortete die junge Kriegerin. „Die Sonde, die den Planeten beobachtet, ist auch gerade erst auf seine Biozeichen aufmerksam geworden.“ „Er wäre ein guter Ehemannanwärter für Euch, Prätora.“, bemerkte Risca, die ihre Chance gesehen hatte, ihre eingebüssten Punkte bei Yanista zurückzuholen. Die Prätora warf einen Blick über Heras Schulter und sagte dann: „Er scheint noch etwas jung. Aber bis er fertig erzogen ist, dauert es ja auch noch. Also, warum nicht? Hera, setze Kurs! Risca, sammle deine Truppe!“ Die Angesprochenen nickten und führten die Befehle aus.

Im dunklen Imperium saß Telzan vor einem Kontaktkelch, den Sytania ihm gegeben hatte und beobachtete ebenfalls, was sich in den beiden Universen abspielte. Der Vendar hatte die Situation bisher eigentlich ganz gut verstanden, nur fragte er sich, warum seine Gebieterin erst Clytus beim Verändern der Geschichte geholfen hatte und dann ebenfalls Tolea half, das Duell zu gewinnen und auch, ihn zu bestrafen. Sytania, die ihren obersten Vendar gut kannte, war das nicht verborgen geblieben. „Was wurmt dich, mein treuer Telzan?!“, fragte sie mit ihrer hexenartigen Stimme. „Mit Verlaub, Gebieterin.“, begann Telzan unterwürfig. „Ich frage mich, warum Ihr zuerst Clytus helft, seine Missetat zu begehen und dann wiederum Tolea helft, ihn zu bestrafen und sogar dafür sorgt, dass sie dafür die Legitimation erhält.“ „Ganz einfach.“, lachte Sytania. „Damit, dass ich Clytus geholfen habe, habe ich den Grundstein dafür gelegt, dass Tolea und ihr Bruder in meine Hände gegeben sind. Du weißt, dass die Geschwister dem Hohen Rat des Kontinuums vorstehen. Was sie wollen, wird im Allgemeinen getan. Also habe ich dafür gesorgt, dass Tolea einen Grund hat, ihren Neffen zu bestrafen. Dazu muss dieser ja schließlich erst einmal erfolgreich ein Verbrechen begehen. Ohne mich wäre er wohl kaum gegen Dill angekommen, der die Geschichte verteidigt hat bis aufs Blut. Das alberne Kunststück mit dem genesianischen Mond hat Clytus allein zuwege gebracht. Darin habe ich keine Aktien. Nach der nun so erfolgreichen Veränderung der Geschichte war Tolea so wütend auf ihren Neffen, dass sie in ihrer tiefen Wut sogar mein Angebot angenommen hat, dass wir ihn gemeinsam strafen. Sogar ihre Macht hat sie mit meiner vereint. Ach, zu was Wut nicht alles verleiten kann!“ Sie lachte schallend auf. „Ach so.“, meinte Telzan. „Und Ihr habt es so eingerichtet, dass nur Ihr gemeinsam mit Tolea die Strafe wieder rückgängig machen könntet, wenn Ihr denn wolltet.“ „Genau, Telzan!“, freute sich Sytania. „Ich wusste, du würdest es verstehen. Wenn ich denn wollte. Aber dazu wird Tolea mir nach der Pfeife tanzen müssen. Anders geht es bei dieser Art von gemeinsamem Bann über Clytus nicht. Und mit wenn ich denn wollte, liegst du gar nicht so falsch. Ich werde nämlich nie wollen, auch, wenn ich Tolea dies versprechen werde. Aber solange der Bann über Clytus besteht, ist sie abhängig von mir und ich wäre ja schön dumm, wenn ich dies nicht ausnutzen würde.“ „Und dumm seid Ihr für wahr nicht, Gebieterin.“, sagte Telzan und machte ein genießerisches Gesicht. Ihm war noch etwas aufgefallen. „Bei der Vereinigung Eurer Kräfte.“, begann er. „Da habt Ihr doch Tolea auch mit schwarzer Macht infiziert.“ „Ja, das habe ich.“, bestätigte die imperianische Prinzessin. „Ihr Verhalten wird sich von jetzt an grundlegend ändern.“

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