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    Scotty war erwacht. Er hatte keine Ahnung, wie spät es war. Aber er hörte bereits Schritte auf dem Gang. „Na, jetzt werden sie dich zur Arbeit abholen.“, flüsterte er und richtete sich auf. Tatsächlich öffnete sich die Tür und Amidala betrat die Zelle. „Es ist Zeit, in die Mine zu gehen, Scotty.“, sagte die Kriegerin vergleichsweise freundlich. Warum sie ihn so behandelte, wusste er ja bereits. „Von mir aus.“, erwiderte der Terraner, stand auf und wischte sich das Stroh von der Kleidung. Dann folgte er seiner Wärterin. „Ich hoffe, dass du keine Angst vor Turbolifts hast.“, erklärte Amidala. „Nein!“, versicherte Scotty. „Das bin ich gewohnt. Aber wie soll ich denn die Kristalle abbauen, he? Etwa mit den Fingernägeln?“ „Eigentlich müsste ich dich jetzt schlagen für diese Aufmüpfigkeit.“, sagte Amidala. „Aber weil wir allein sind, kann ich mir das schenken. Wie sagt ihr Terraner doch gleich: Wo kein Kläger, da auch kein Richter.“ „Was für 'ne Aufmüpfigkeit?“, fragte Scotty. „Du hast abzuwarten, bis dir deine Arbeitsbedingungen erklärt werden.“, erklärte Amidala. „Schlüsse ziehen oder gar spotten darfst du nicht.“ „Ach so.“, sagte Scotty. „Tut mir leid.“ „Ich will deine Entschuldigung annehmen.“, erwiderte die Genesianerin.

    Als sie den Lift verlassen hatten, war es stockfinster. Nur eine kleine Lampe, die Amidala bei sich trug, gab ein geringes Licht ab. Die Wärterin führte den noch immer ahnungslosen Scotty zu einer Felswand. Im Halbdunkel hatte er schattenartige Gestalten ausmachen können, die sich bereits an anderen Wänden zu schaffen machten. Er lauschte um sich. Die Geräusche, die er vernahm, ließen ihm zumindest ein kleines bisschen Hoffnung. Dem geschulten Ingenieur war klar, dass er zumindest wohl nicht mit Hammer und Meißel würde arbeiten müssen, denn die Geräusche der Arbeitsgeräte erinnerten ihn an altmodische Lasermesser und nicht an Transportersonden. Dass die Genesianer über Bergbautransporter verfügten, mit denen Erze einfach aus dem Boden gebeamt werden konnten, wusste Scotty. Aber ihm war auch klar, dass mit so etwas vergleichsweise Luxuriösem wohl nur weibliche Gefangene arbeiten durften. Er musste sich, wie die anderen Männer auch, mit weitaus primitiveren Werkzeugen zufrieden geben.

    Amidala gab einen Code in eine Tastatur an einer mitgeführten Kiste ein. Daraus kamen, nachdem sich der Deckel gehoben hatte, zwei Geräte zum Vorschein, die sie Scotty gab. Das Eine war eine Art Erfasser und das Andere war eines der Lasermesser. „Hast du keine Angst, dass ich das gegen dich benutzen könnte?“, fragte Scotty. „Versuch es.“, sagte Amidala. „Dann wirst du sehen, was passiert.“

    Mit klopfendem Herzen richtete Scotty den Strahler auf sie und schaltete das Gerät ein, aber es geschah nichts. „Die Geräte sind so eingestellt, dass sie nur auf Steine oder Energiehaltige Kristalle reagieren.“, erklärte Amidala lächelnd. „Du solltest jetzt aber nicht mehr sprechen. Gleich ist Wachablösung und meine Kollegin, die jetzt kommt, sieht sprechende Männer nicht gern. Aber den Tipp hast du nicht von mir.“ „Danke, Amidala.“, flüsterte Scotty ihr noch zu und drehte sich dann in Richtung Felswand, um mit seiner Arbeit zu beginnen. Er wollte sich auf keinen Fall schaden. Wenn er die Gefangenschaft hier überleben wollte, dann war es klüger, nach der genesianischen Pfeife zu tanzen, bis sich die Situation für ihn bessern würde. Dass er keine Chance zur Flucht hatte und dass der Versuch eben dieser seine Lebensbedingungen nur verschlechtern würde, konnte er sich ausrechnen. Dafür war er vernünftig genug.

    Ginalla und Data waren inzwischen auch bei Ginallas Haus angekommen und die Celsianerin hatte ihren androiden Freund ins Wohnzimmer gebeten. „Sie haben meine Frage immer noch nicht beantwortet, Ginalla.“, stellte Data fest. „Welche Frage meinen Sie, Data?“, fragte Ginalla mit einem naseweisen Grinsen. „Die Frage, wie Sie mich sicher nach Terra bringen wollen.“ „Geduld.“, meinte Ginalla immer noch grinsend und gab ein Rufzeichen in ihr Sprechgerät ein. Aus dem Augenwinkel sah Data, dass es sich um eines handeln musste, das sich nicht in der Föderationsdimension befand. Ginalla hatte nämlich vorher das Rufzeichen des interdimensionalen Relais benutzt. Dann sagte sie etwas auf Celsianisch, was Data mit: „Kamurus, komm her, ich brauche dich!“, übersetzte.

    In der Heimatdimension der selbstständig denkenden Raumschiffe flogen Kamurus und Sharie nebeneinander her. Dabei begleitete Sharie ihren Freund die ganze Zeit, auch wenn dieser nur auf und ab flog, dies aber nicht wirklich zu wollen schien. „Kannst du mir mal verraten, warum du so nervös bist?“, SITCHte Sharie ihm zu. „Ich bin nicht nervös.“, erwiderte Kamurus. „Ich versuche nur etwas, das Shimar aus mir herausgekitzelt hat, allein zu erreichen. Aber das funktioniert nicht. Ach, verdammt! Der nächste Fehlversuch! Nimm mich in den Traktorstrahl und halt mich fest. Irgendwie muss dass doch …“

    Mit einer abrupten Brake-Schaltung ging Sharie dazwischen. „Ich weiß zwar nicht, was du vorhast, aber ich werde dich auf keinen Fall dabei unterstützen, dich zu schädigen. Hast du 'ne Ahnung, was wir deiner und meiner Hülle dabei antun könnten?! Noch mal! Was versuchst du?!“ „Shimar hat mich mit laufendem Antrieb in der Luft stehen lassen.“, erklärte Kamurus. „Aber ich weiß nicht mehr, was er mir dabei für Befehle gegeben hat.“ „Doch, das weißt du.“, widersprach Sharie. „Die Tatsache, dass du dich noch an das Manöver an sich erinnerst, sagt mir, dass es auch noch vollständig in deiner Datenbank vorhanden ist. Öffne deine Systeme für mich. Ich werde die Befehle sicher finden. Warum willst du das eigentlich jetzt unbedingt wissen?“

    Ihr Verhalten hatte Kamurus sehr überrascht. Er war sie eigentlich als vorsichtiges zurückhaltendes Etwas gewohnt. Aber die Tatsache, dass sie mitgeholfen hatte, Ginalla und Shimar zu befreien, musste ihr Selbstvertrauen enorm gesteigert haben. „Ich habe gerade einen Ruf von meiner Pilotin empfangen.“, sagte Kamurus. „Ginalla braucht mich. Ich will ihr mit allem zur Verfügung stehen, was ich kann.“ „Ich kann dich verstehen.“, sagte Sharie und flog eine weiche Kurve um ihn herum. „Wenn Tchey mich von heute auf morgen brauchen würde, dann würde ich sicher genau so reagieren.“ Kamurus spürte, dass sie ein Datenlink aufzubauen versuchte. „Und nun lass mich rein.“

    Kamurus öffnete seine Systemdateien. Das Gefühl, das er dabei verspürte, erinnerte ihn an die Systemfusion mit IDUSA. Tatsächlich konnte Sharie die Befehle, die Shimar Kamurus während der Situation in dem Eisblock gegeben hatte, finden und in der richtigen Datei ablegen. „Danke, Sharie.“, sagte Kamurus. „Du hast da ja ein ganz schönes Abenteuer erlebt!“, stellte Sharie fest. „Ja.“, bestätigte Kamurus. „Und ich hoffe, dass dem noch viele folgen werden. Aber mach dir keine Sorgen. Ich werde schon auf mich aufpassen.“ „Na hoffentlich.“, sagte Sharie, während sie ihn noch bis zum Ausgang der Partikelfontäne begleitete. „Ich hörte von dir, dass diese Ginalla sehr unvernünftig sein soll und euch zwei schon in Gefahr gebracht hat.“ „Das war mal, meine Süße.“, sagte Kamurus. „Sie hat sich sehr geändert und nun lass mich bitte gehen. Ich schwöre dir hoch und heilig, dass ich auf mich aufpassen werde. Mein Warpkern soll auf der Stelle brechen, wenn ich diesen Schwur nicht einhalten kann!“ „Dann hoffe ich, dass du ihn einhältst.“, sagte Sharie und berührte seine Hülle mit der Ihren, bevor er Kurs aus der Dimension setzte. Soweit es ihre Sensoren erlaubten, sah sie ihm noch nach.

    Clytus war auf dem Planeten immer noch der Unbill der Natur und seiner momentanen Situation ausgesetzt. Noch immer hatte er sich nicht daran erinnern können wie man aß oder trank, noch hatte er die Geschäfte seines Alltags wirklich koordiniert erledigen können. Beim Waschen, oder zumindest beim Versuch, das zu tun, war er vorn über in den Bach gefallen. Er fühlte sich extrem hilflos! Dazu kam jetzt auch noch das Gefühl von Krankheit, das er eigentlich als Mächtiger nicht kannte. Ihm war klar, würde er keine Hilfe bekommen, würde er dies hier wohl kaum überleben.

    Die Canara war in die Umlaufbahn des Planeten eingeschwenkt. Jetzt konnten Hera und Yanista, die alles von der Brücke aus beobachteten, auch mit Hilfe der Sensoren des Schiffes ein Bild von der Situation erhalten und benötigten die Sonde nicht mehr, die Hera per SITCH zurückbeorderte. „Das ist ja tatsächlich wahr.“, staunte Yanista. „Da scheint es ja tatsächlich einen wild lebenden Jungen zu geben. Bin mal neugierig, wer ihn dort ausgesetzt hat. Wenn eine Kriegerin einen Sohn bekommt und ihn nicht haben will, dann könnte sie doch einfach warten, bis er im heiratsfähigen Alter ist und ihn dann so schnell als möglich an eine Kriegerin verheiraten. Das wissen doch eigentlich alle.“ „Was ist aber, Prätora, wenn seine Mutter es nicht gewusst hat.“, mutmaßte Hera. „Oder was ist, wenn sie eine von diesen neuen Weltverbessererinnen ist, die dem neuen Kurs von Shashana folgen. Was ist, wenn sie ihn hier ausgesetzt hat, damit er nicht in den Minen landet, falls ihn keine will, weil mit ihm etwas nicht stimmt. Die Vermutung habe ich schon, seit ich ihn gesehen habe.“ „Zeig mir, was du meinst, Hera!“, befahl Yanista und die Fliegerin, die auch die Sensoren bediente, vergrößerte ihr das Bild.

    „Hol mir Ariadne!“, beorderte Yanista ihre Untergebene, nachdem sie das Bild gesehen hatte. Hera nickte und gab das Rufzeichen der Krankenstation in die Bordsprechanlage ein. „Unsere Medizinerin soll beurteilen, was mit ihm los ist und, ob er zu irgendwas zu gebrauchen ist.“

    Ariadne, eine etwa 1,90 m messende Genesianerin von kräftiger Statur mit langen roten Haaren und einem Arztkoffer in der Hand, betrat bald darauf die Brücke. „Prätora, hier bin ich.“, ließ sich ihre feste mittelhohe Stimme vernehmen. „Hera sagte, Ihr benötigt mein Urteil?“ „Ja, Ariadne.“, entgegnete Yanista und deutete auf den Platz neben sich. Dann deutete sie auf den Schirm und fragte: „Wie beurteilst du das?“

    Die Ärztin sah sich das Bild genau an. Dann sagte sie: „Er scheint etwas unkoordiniert, aber ich halte ihn durchaus für lernfähig. Ein wirkliches körperliches Leiden scheint er nicht zu haben. Er scheint nur nicht genau zu wissen, wie er mit seinen Händen und Füßen umgehen soll. Aber das würden ihm ein paar Tage in der Mine von Nura vier schon beibringen.“ „Du meinst also, dass es sich lohnt, wenn sich Risca und ihre Leute um ihn kümmern?“, fragte Yanista nach. „Auf jeden Fall!“, sagte die Ärztin fest. „Falls er seine Koordination erlangen sollte, dann kann er mit Sicherheit zu einem stattlichen Ehemann erzogen werden. Vielleicht ja sogar für Euch, Prätora. Ich selbst habe durch mein Urteil ja dazu beigetragen, dass bereits neun Eurer Ehemänner sterben mussten, weil sie zeugungsunfähig waren und noch nicht einmal mehr für die Arbeit auf Nura vier taugten. Sie wären ja nur unnütze Esser gewesen.“ „Du sprichst, als würde ich dir dein Urteil übel nehmen, Ariadne.“, entgegnete Yanista. „Aber mit den Qualitäten meines letzten Ehemannes bin ich sehr zufrieden. Ihm verdanke ich schließlich Minerva.“ „Bitte erlaubt mir, Prätora, jeden Heiratskandidaten vor der Ehe mit Euch zu untersuchen, damit nicht noch einmal …“, begann Ariadne. „Aber sicher.“, fiel ihr Yanista ins Wort. „Glaubst du, ich will noch mal neun solcher Blamagen erleben?“

    Hera wandte sich zu ihrer Vorgesetzten um. „Soll ich Risca jetzt Bescheid geben, dass sie ihn einfangen kann?“, fragte sie. „Gib deiner Freundin das OK.“, sagte Yanista, die eigentlich nicht gern sah, dass sich ihre Pilotin mit einer Männerfängerin abgab. In der Struktur der genesianischen Gesellschaft waren die Männerfängerinnen nicht wirklich hoch angesehen, weil sie mit Kreaturen arbeiteten, die noch weit unter jedem Beutetier auf der Jagd standen. Aber solange die Freundschaft weder Heras noch Riscas Dienst beeinträchtigte, stellte sie ja nicht wirklich ein Problem dar.

    Clytus war niedergesunken. Er war mittlerweile schon zu schwach geworden, aufrecht zu gehen und hatte sich nur noch kriechend bewegt. Der Grund dafür war, dass er schon seit vier Tagen nichts gegessen hatte. Mit dem Trinken hatte es sich ähnlich verhalten. Er hatte großen Durst und Hunger, aber er wusste ja nicht, wie er sich Nahrung zuführen sollte. Das Geräusch, das er bald darauf hörte, war ihm sehr willkommen. Egal, ob es nun ein wildes Tier war, das ihn fressen wollte, oder genesianische Männerfängerinnen. In beiden Fällen würde es sein Leid beenden. Wo er war, wusste er nämlich. Dieses Wissen hatte Tolea ihm gelassen. Clytus dachte sich, dass sie ihn damit wohl in Angst machen wollte.

    Risca und ihre Truppe waren an einer Stelle unweit von Clytus’ Position materialisiert worden. „OK!“, sagte Risca im Kommandoton. „Nehmt eure Erfasser und spürt ihn auf! Er kann ja nicht weit sein! Ich werde die von euch, die als Erste eine Betäubungssonde auf ihn abschießt, Prätora Yanista für eine Belobigung vorschlagen! Wer weiß! Vielleicht darf diejenige ja demnächst auf der Brücke Dienst tun! Und nun ausschwärmen!“

    Die Kriegerinnen stoben auseinander und auch Risca selbst zog ihren Erfasser und ihre Waffe und ging in eine von ihr ausgesuchte Richtung. Tatsächlich sagte ihr das Gerät bald, dass sie sich auf dem richtigen Weg befinden musste. In der Deckung einiger Büsche schlich sie sich an ihn heran. „Da bist du ja.“, flüsterte sie. „Wer hätte gedacht, dass ich dich als Erste finde.“

    Sie steckte den tellerartigen Aufsatz auf ihren Phaser, auf den sie die Betäubungssonde steckte und feuerte. Die Sonde traf den wehrlosen Clytus direkt ins rechte Schulterblatt, von wo aus sie ihr Werk begann. Clytus war froh darüber, dass die Ohnmacht ihn nicht merken lassen würde, was als Nächstes geschah.

    Hypolithe, eine der anderen Männerfängerinnen, und Tira, ihre Schwester und ebenfalls eine dem gleichen Beruf nachgehende Kriegerin, hatten genau gesehen, dass es ihre Oberste selbst war, die den Jungen dingfest gemacht hatte. Jetzt hatten sie ihn auf die Krankenstation gebracht, wo Ariadne die Betäubungssonde entfernte. Sofort erwachte Clytus. „Wo bin ich?“, fragte er, erntete aber nur eine Ohrfeige von Tira, die noch immer neben ihm stand. „Hat dir irgendjemand hier erlaubt zu reden?!“, fragte sie streng. „Du solltest dich fragen, ob dir jemand was erlaubt hat, Sterbliche.“, sagte Clytus. „Ich bin Bewohner des Raum-Zeit-Kontinuums. Wenn ich meine Fähigkeiten hätte, dann könntest du was erleben!“ „Was?!“, lachten Tira und Hypolithe wie aus einem Mund. „Ein Q willst du sein?! Ha-ha-ha! Für mich siehst du wie ein ganz gewöhnlicher Genesianer aus und für dich, Schwester?!“, fragte die große Kriegerin mit der lauten Furcht einflößenden Stimme. „Für mich auch.“, antwortete Tira, die ebenfalls eine sehr gemeine Stimme hatte. „Aber gut.“, sagte Hypolithe. „Wenn du so mächtig bist, dann zeig uns doch mal was. Warum schwebst du uns nicht einfach was vor? Ja, verschwinde doch einfach!“

    Eine Weile lang starrten die Genesianerinnen auf das Biobett, aber nichts passierte. „Vielleicht sollten wir nachhelfen.“, schlug Hypolithe vor. „Ja, das sollten wir vielleicht wirklich.“, spottete Tira und nahm ihn vom Bett hoch über ihre Schulter, um ihn mit einem Kampfwurf an die Wand zu befördern. Clytus traf hart auf dem Boden auf. Nur einem Zufall verdankte er, dass er sich nicht alle Knochen gebrochen hatte. „Na los, kleiner Q!“, spotteten Tira und Hypolithe. „Zeig uns, was du drauf hast. Du kannst dich doch sicher im Handumdrehen selbst heilen und dann verschwinden!“

    Die Tür öffnete sich. „Hört damit auf!“, rief ihnen eine wohl bekannte Stimme zu. „Prätora.“, meinte Tira erstaunt. „Ich habe mit Euch nicht gerechnet.“ „Du solltest aber jederzeit mit mir rechnen, Tira!“, tadelte Yanista. „Gerade du und deine Schwester sollten langsam lernen, euer Temperament zu zügeln. Das sage ich nicht seinetwegen, sondern wegen eures allgemein bekannten Benehmens. Einen Schwächeren so zu behandeln. Ist das ehrenhaft?!“ „Schwächer!“, echote Tira. „Er hat gesagt, dass er ein Mächtiger sei. Die sind doch wohl nichts Schwächeres!“

    Yanista sah Ariadne an. „Meiner Diagnose nach, Prätora, muss er unter Wahnvorstellungen leiden. Ein Heiratskandidat ist er deshalb wohl nicht. Es könnte eventuell erblich sein. Aber auf Nura vier hätten wir wahrscheinlich gute Verwendung für ihn.“ „Ich lasse Hera sofort Kurs setzen.“, meinte Yanista nach dem Urteil ihrer Ärztin. „Ariadne, flick ihn zusammen! Amidala wird sich freuen.“

    Maron hatte den Maschinenraum der Station betreten, wo ihn Technical Assistant O’Riley bereits erwartete. „Wo ist Ihre Vorgesetzte, Technical Assistant?“, fragte der demetanische erste Offizier. „Jenn’ is’ in Jorans und ihrem Quartier.“, antwortete die blonde Irin flapsig. „Wieso, was gibt’s denn, Sir?“

    Ihre Frage ließ Maron einen Moment nachdenklich werden. Wenn er sie informieren würde, dann bedeutete dies, dass er wegen einer Sache kräftig die Hosen hätte herunterlassen müssen. Er hätte zugeben müssen, dass er etwas nicht verstanden hätte und das würde Shannon unter Umständen über die gesamte Station tragen. Die Blöße wollte sich der erste Offizier dann doch nicht geben, obwohl er selbst in einer ähnlich gelagerten Zwickmühle war. Ishan hatte die Tindaraner von der Krankenstation entlassen können und das bedeutete, dass er Zirell einen Bericht abliefern musste, was er aber nicht konnte, solange er nicht verstanden hatte, wie McKnight es angestellt hatte, sie alle vor der Veränderung der Zeitlinie zu retten.

    Die irische technische Assistentin musterte ihn. Sie hoffte, dass er früher oder später noch mit einem kaputten Gerät um die Ecke kommen würde. Tatsächlich holte Maron einen Erfasser aus der Tasche und legte ihn vor ihr hin. „Was haben Sie mit dem unschuldigen Ding angestellt, Sir?“, fragte sie scherzend. „Gar nichts.“, erwiderte Maron. „Er hält nur alles und jedes für ein angusianisches Opossum.“ Shannon lachte: „Sie auch?“ „Ja, mich auch, O’Riley!“, erwiderte Maron etwas gereizt. „Und ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie diesen Zustand beenden würden!“

    Shannon nahm das Gerät an sich und drehte sich zu einem Arbeitstisch. „Na dann wollen wir mal so tun, als ob da was is’.“, sagte sie und schloss den Erfasser an die Diagnoseeinheit an. „IDUSA, das an Port drei angeschlossene Gerät auf Fehlfunktionen überprüfen!“, befahl sie dem Stationsrechner. Da sie keinen Neurokoppler trug, zeigte sich der Avatar bald über den Simulator im Raum. Sie hatte allerdings auch die Reaktionstabellen aller Anwesenden geladen, was Marons mit einschloss. „Ich kann keine Fehlfunktion an dem Gerät finden, Shannon.“, sagte sie mit unschuldigem Gesicht. „Nein?“, fragte Shannon. „Wirklich nicht.“, antwortete IDUSA. „Was soll denn das Problem sein?“ „Sagen sie’s ihr, Agent.“, wandte sich Shannon an ihren Vorgesetzten, denn sie konnte sich vor Lachen kaum halten, wenn sie daran dachte, dass der Erfasser ihren Vorgesetzten für ein possierliches kleines liebes anschmiegsames Mäuseähnliches Tierchen halten würde, das den ganzen Tag nichts anderes im Kopf hatte, als sich bei irgendjemandem anzukuscheln. Angusianische Opossums waren, gerade bei Kindern in der Föderation, deshalb als Haustiere sehr beliebt. „Der Erfasser hält alles und jedes für ein angusianisches Opossum, IDUSA.“, erklärte Maron. „Das sollten wir vielleicht unter meiner Beobachtung einmal ausprobieren.“, schlug der selbstständig denkende Avatar des Stationsrechners vor. „Wenn ich selbst sehe, was passiert, kann ich vielleicht auch mehr sagen. Würden Sie sich für einen Scann zur Verfügung stellen, Agent?“ „Sicher.“, sagte Maron und stellte sich in eine gute Position zum Diagnosetisch.

    Shannon nahm das Gerät hoch. „Pass auf, IDUSA.“, sagte sie. „Jetzt geht’s los.“ Sie stellte den Erfasser auf Scannen und hielt ihn in Marons Richtung. „Ich weiß nicht, was Sie sehen, Shannon.“, meinte IDUSA. „Aber hier bei mir kommen eindeutig die Signale eines Demetaners an.“ „Ich sehe im Display nichts anderes.“, bestätigte die blonde Irin. „Dann kann mit dem Erfasser logischerweise nur alles in Ordnung sein.“, schloss IDUSA. „Sie sollten deshalb nicht wichtige Energie und meine Software verschwenden. Normalerweise sind Sie auch niemand, der so etwas tut. Die einzige logische Folgerung, die ich daraus ziehen kann, Agent, ist die, dass Sie aus irgendeinem Grund Zeit schinden wollen.“

    Maron zog ein langes Gesicht. „OK, du hast mich erwischt, IDUSA. Ich wollte tatsächlich Zeit schinden. Ich wollte warten, bis Jenna da ist, weil ich dringend etwas mit ihr klären muss.“ „Da werden Sie leider noch fünf Stunden warten müssen.“, erwiderte der Rechner, nachdem sie Zugriff auf die Dienstpläne genommen hatte. „Techniker McKnights nächste Schicht beginnt erst heute Abend.“ „Und wo ist sie jetzt, IDUSA?“, fragte Maron. „Sie ist in ihrem Quartier.“, antwortete IDUSA nüchtern. „Aber wenn es ein kleines technisches Problem mit einem Ihrer mobilen Ausrüstungsgegenstände gibt, dann müsste Ms. O’Riley Ihnen doch auch helfen können. Kleinere Reparaturen darf sie auch durchführen.“ „Wie du selbst gerade festgestellt hast, IDUSA, habe ich das kaputte Gerät nur als Ausrede benutzt.“, sagte Maron. „Aber ich habe das starke Gefühl, dass du mich jetzt deinerseits aufgezogen hast.“ „Das ist korrekt.“, gab IDUSA zurück.

    Maron kratzte sich am Kopf. „Du sagtest, dass Jenna in ihrem Quartier sei, IDUSA.“, führte der Agent sie auf das eigentliche Thema zurück. „Ist sie allein?“ „Das ist sie nicht.“, antwortete der Avatar des Stationsrechners wahrheitsgemäß. „Wer ist bei ihr?“, fragte Maron. „Joran ist bei Jenna, Agent.“, antwortete IDUSA. „Joran, hm.“, überlegte Maron. „Na schön. Der darf ruhig alles erfahren. Wie ich die Situation einschätze, hat er ohnehin mehr verstanden als ich und es ist für ihn ja auch nicht schlimm, wenn ich mal zugeben muss, dass ich eine Situation nicht ganz kapiert habe. Vielen Dank, IDUSA und Ihnen auch, O’Riley.“ Damit nahm er seinen Erfasser und verließ den Maschinenraum in Richtung Turbolift.

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