Shimar und IDUSA hatten die Umlaufbahn von Terra erreicht. „Sie scheinen ja doch schon wieder gesünder zu sein, als ich dachte.“, stellte das Schiff angesichts der deutlichen und bestimmten Steuerbefehle ihres Piloten fest. „Es geht mir ja auch gut, IDUSA.“, meinte Shimar. „Es war ja nur ein wenig seltsam, was ich da auf Khitomer gespürt habe. Aber trotzdem danke für deine Behandlung. Sie hat mir trotz allem sehr gut getan.“ „Schiff tut, was Schiff kann.“, sagte der Schiffsavatar lächelnd. „Das weiß ich.“, sagte Shimar. „Und gerade du bist ein Musterbeispiel an Pflichtbewusstsein. Das weiß ich schon seit meiner Zeit als Kadett. So lange kennen wir uns schließlich schon. Ich bin ganz froh, dass du mich alten Heißsporn manchmal daran erinnerst, …“ „Habe ich da etwas nicht mitbekommen?!“, fragte das Schiff alarmiert. „Soviel ich weiß, haben Sie sich noch nie hitzköpfig oder unvernünftig gegenüber mir verhalten und mich nie mit voller Absicht gefährdet. Aber vielleicht stimmt etwas mit meiner Datenbank nicht. Ich denke, wenn wir wieder auf der Station sind, sollte ich Techniker McKnight Bescheid geben.“ „Hey.“, versuchte Shimar, sie zu beruhigen. „Dafür gibt es überhaupt keinen Grund. Ich wollte dir lediglich ein Kompliment bezüglich deiner Wachsamkeit machen.“ „Und dafür müssen Sie sich schlechter darstellen, als Sie es in Wahrheit sind?“, fragte IDUSA. „Wenn das so rüber gekommen sein sollte.“, begann Shimar, dem jetzt auch bewusst wurde, dass IDUSA, weil sie eben eine künstliche Intelligenz war, eine solche Art von Komplimenten nicht auf der emotionalen Ebene verstehen konnte, auf der es gemeint war, weil sie ja keine Emotionen hatte. Für sie war Fakt, dass Shimar sich gerade weit unter Wert verkauft hatte und mehr nicht. Dies konnte sie anhand ihrer Datenbank einwandfrei widerlegen. „Tut mir leid, IDUSA.“, entschuldigte sich der junge tindaranische Patrouillenflieger. „Das war wohl wieder so ein biologisch künstliches Missverständnis.“ „Schon gut, Shimar.“, sagte sie.
Ein Lämpchen an der virtuellen Konsole vor Shimars geistigem Auge zeigte ihm, dass sie gerufen wurden. Gleichzeitig sah er im virtuellen Display das Rufzeichen der terranischen Raumkontrolle. „Übernimm du das.“, sagte Shimar. „Sag ihnen, dass wir nur jemanden abholen und dann beam mich in Betsys Garten.“ „Wie Sie wünschen.“, meinte der Schiffsavatar. Dann scannte IDUSA die Umgebung, in die sie ihn transportieren würde, wie es die tindaranischen Protokolle vorsahen. „Ich registriere das Biozeichen eines anderen Wesens in der Transportzone.“, meldete sie. „Kannst du es identifizieren?“, fragte Shimar. „Nicht namentlich.“, sagte das Schiff. „Aber ich weiß, dass es zur Gattung der Philiden gehört.“ „Zeig es mir!“, befahl Shimar. „Dann bist du beruhigt und ich weiß, auf was ich mich einlasse. Terranische Katzen mögen meines Wissens keine Telepathen.“ „Dann sollten Sie zunächst hier an Bord bleiben.“, schlug IDUSA vor. „Ich denke, das wird für alle Beteiligten am besten sein. Sie geraten nicht in Gefahr, das Wesen gerät nicht in Stress.“
Shimar machte ein zerknautschtes Gesicht, was ihr zeigte, dass er mit ihrem Vorschlag nicht einverstanden war. „Wie lange willst du denn hier mit mir in der Umlaufbahn warten, he?“, fragte er berechtigt, denn er wusste, dass Katzen einen sehr langen Atem haben konnten. Außerdem wusste ja die Katze wohl nicht, dass es laut einem gewissen tindaranischen Schiff für sie besser war, den Garten so schnell wie möglich zu verlassen, da dieses Schiff im Begriff war, ihr einen Telepathen direkt vor die Nase zu beamen. „Ich mache dir aber einen anderen Vorschlag.“, sagte Shimar. „Du beamst mich herunter und dann hältst du mich mit den Transportersensoren erfasst, bis ich dir etwas anderes sage. Falls ich deiner Meinung nach in Gefahr bin, kannst du mich ja sofort wieder rauf holen.“ „Mit diesem Kompromiss kann ich leben.“, sagte IDUSA und begann eine Erfassung. Shimar, der dies durchaus mitbekommen hatte, legte den Neurokoppler ab und stand vom Sitz auf, um dann in Richtung Bordmikrofon zu befehlen: „Aktivieren!“
Er fand sich mitten auf der mit langem grünen Gras bewachsenen Wiese wieder. „Hier muss sich auch mal wieder jemand um den Garten kümmern.“, stellte er fest und bahnte sich seinen Weg durch die Halme. Schließlich wurde er Caruso ansichtig, der auf einem Pfeiler des Zaunes saß, der das Grundstück von Data und Cupernica von meinem trennte. Der Kater hatte das für ihn wohl ziemlich merkwürdige Schauspiel der Ankunft des Tindaraners beobachtet. Jetzt sprang er vom Pfeiler und schlich auf ihn zu.
Shimar beobachtete genau Schwanz- und Körperhaltung seines Gegenüber. Von mir hatte er gelernt, wie sich eine Katze verhält, die in Angriffsstimmung ist. Aber dieses Gefühl hatte er bei Caruso jetzt gar nicht. Auch seine telepathische Wahrnehmung der Stimmung des Katers ließ keinen solchen Schluss zu. Carusos Schwanz war steil in die Luft erhoben und seine Nackenhaare lagen an der Haut an. Er schnurrte sogar tief und gleichmäßig, als er sich Shimar näherte. Dies war auch auf gar keinen Fall ein Beschwichtigungsverhalten, sondern zeugte eher davon, dass Caruso wohl Shimars Energie als sehr positiv empfand. Dass er ihn als Telepathen wahrnahm, stand für den jungen Tindaraner unumstößlich fest! Aber entweder, alle Forscher hatten sich geirrt, oder Caruso machte bei ihm eine Ausnahme.
Still und fasziniert von diesem Umstand war Shimar stehen geblieben. Er wusste nicht, ob es klug war, den Kater anzusprechen. Seinen Namen kannte er von mir. Aber trotzdem wusste er nicht, wie er sich verhalten sollte. Deshalb war er froh, dass Caruso jetzt die Begrüßung übernahm, indem er seinen Kopf vorstreckte und langsam weiter schlich. Shimars rechten Stiefel, der zur normalen tindaranischen Militärausrüstung gehörte, hatte er fest im Auge, was Shimar nicht entging, dessen Blick fest auf den von Caruso gerichtet war. Was hast du vor?, dachte Shimar an Caruso gewandt, der jetzt spätestens merken musste, dass sein Gegenüber eigentlich einer von Katzen nicht gemochten Spezies angehörte. Der Kater aber ließ sich von Shimars Gebaren und der telepathischen Ansprache nicht beeindrucken und setzte seine Schmeicheloffensive fort. Er setzte einen lieben verschmusten Blick auf und drückte seinen Kopf fest gegen Shimars Bein. Sein Schnurren schwoll sogar noch stärker an, als er begann, seine Wange an dem Kunststoff, aus dem die Außenhaut des Stiefels bestand, zu reiben.
Ratlos zog Shimar sein Sprechgerät aus der Tasche und gab IDUSAs Rufzeichen ein. „Was gibt es, Shimar?“, fragte die freundliche Stimme des Avatars. „Kannst du in deiner Datenbank ein Beispiel dafür finden, dass eine Katze einen Telepathen gemocht hat?“, fragte Shimar im Flüsterton. „Negativ.“, antwortete der Rechner. „Aber ich bin gern bereit, Sie und diesen Kater als erstes Beispiel zu vermerken. Der Allrounder hat mich einmal zur Genüge mit Daten über Katzenverhalten gefüttert. Daher weiß ich, dass seine Gesten nur so zu deuten sind.“ Sie brach die Verbindung ab. „Jetzt bin ich genau so schlau wie vorher.“, sagte Shimar leicht frustriert und steckte das Gerät wieder ein.
Caruso warf sich vor ihm auf den Rücken und präsentierte seinen frisch mit Mäusen gefüllten Bauch. „Na gut.“, sagte Shimar, hockte sich hin und begann damit, ihn so fest zu kraulen, wie er nur konnte. Caruso räkelte sich und schnurrte noch lauter. Dann begann er sogar, vor lauter Wonne zu speicheln. Rechts und links von seinen Wangen bildete sich ein regelrechter See. Aber trotzdem, oder vielleicht gerade deshalb, drückte er sich noch stärker gegen Shimars Hände. Was dies für eine Bedeutung hatte, war dem jungen Tindaraner durchaus bewusst. „Ich kann nicht stärker kraulen.“, flüsterte er. „Wenn ich das versuche, dann bohre ich mich noch in deine Eingeweide. Aber du könntest auch etwas für mich tun. Weißt du vielleicht, wo Betsy ist? Verstehst du?“ Er sendete Caruso telepathisch mein Bild.
Caruso gab einen gurrenden Laut von sich, stand auf und flitzte Richtung Straße. „Langsam!“, rief Shimar ihm hinterher, der jetzt richtig sprinten musste, um ihn nicht aus den Augen zu verlieren. Aber das war wegen seiner durch den Hockzustand bedingten eingeschlafenen Beine gar nicht so leicht. Caruso, der an einer Ecke stehen geblieben war, gab zwei kurze gurrende Geräusche von sich. Dies war auch der allgemeine Lockruf, den Katzenmütter zum Anlocken ihrer Kinder verwendeten. „Ich komme ja schon.“, sagte Shimar. „Aber du könntest wenigstens ein bisschen auf mich warten. Schließlich habe ich nur zwei Beine und du vier. Reichlich unfair, wenn du mich fragst.“ Er stakste immer noch reichlich unbeholfen hinter seinem 4-beinigen Führer her.
Radcliffe hatte mit dem Breenschiff die Umlaufbahn des Mars erreicht. Hier würde er sein Werk, die Föderation von der Erbsünde rein zu waschen, fortsetzen. Er machte sich bereit, hinunter zu beamen.
Nathaniel!, hörte er eine telepathische Stimme in seinem Geist. Prinzessin Sytania?, dachte er unsicher. Genau so ist es richtig., lobte die imperianische Königstochter. Ach, die meisten Nicht-Telepathen kapieren einfach nicht, dass sie nur zu denken brauchen, was sie mir antworten wollen. Aber du, du machst da eine sehr rühmliche Ausnahme. Aber nun zu dem Grund, aus dem ich mit dir reden will. Du hast auf deinem Weg der neuen Antiföderation schon eine Menge Bürger und der Antisternenflotte schon eine Menge Schiffe zugeführt. Das finde ich sehr gut! Aber hier auf dem Mars sollten wir noch einmal über dein Vorgehen beraten. Natürlich möchte ich, dass du mir auch die bösen Seiten der Siedler zuführst, aber deine Familie soll intakt bleiben. Von deiner Frau und deinem Sohn benötige ich noch kein Alterego. Aber mit deiner Schwiegermutter sieht das anders aus. Versuch sie zu überzeugen. Sollte dir dies nicht gelingen, töte sie!
Erschrocken stand Nathaniel da. Er hatte sich mit Lorana, so der Name seiner Schwiegermutter, immer gut verstanden. Sie jetzt unter Umständen töten zu müssen, jagte ihm einen kalten Schauer über den Rücken und er begann zu zweifeln. Hast du vergessen, wer dich geheilt hat?!, setzte sie ihn unter Druck. Bedenke, wo du ohne mich wärst! Wie ihr wünscht, Prinzessin., gab Radcliffe zurück. Also, die anderen Siedler zuerst und meine Familie zum Schluss. Und ich soll nur Lorana versuchen rein zu waschen. Du kapierst schnell., dachte Sytania. Bitte beantwortet mir nur noch eins., bat Radcliffe. Warum bin ich, trotz ich eine solche Macht von Euch bekommen habe, immer noch an meinem Leib verwundbar? Das werde ich dir gern beantworten., erwiderte Sytania und versuchte dabei, sehr freundlich zu klingen. Deine Unverwundbarkeit bekommst du, wenn wir gesiegt haben. Du sollst ja schließlich noch etwas haben, für das es sich zu kämpfen lohnt, nicht wahr? So. Und nun beame auf den Mars und tu dein heiliges Werk! Sie lachte hexenartig in seinen Geist.
Radcliffe, der ihr alles in seiner Verblendung glaubte, ging zur Transporterkonsole, um seine Koordinaten einzustellen. Dass sie gelogen hatte, was seine Unsterblichkeit und seine Unverwundbarkeit anging, vermochte er nicht zu sehen. Natürlich würde sie ihm diese auf keinen Fall gewähren, denn sie wollte ja schließlich eine Marionette und keinen ebenbürtigen Partner, mit dem sie hätte teilen müssen. Aber um das zu erkennen, kannte Radcliffe Sytania noch nicht gut genug.
Er aktivierte den Transporter und eine Verzögerung, die er einbauen musste, um rechtzeitig auf die Plattform gelangen zu können. Jetzt fand er sich auf den Straßen der Siedlung auf dem Mars wieder. Hier wählte er eine Richtung und ging eine Straße entlang. Im erstbesten Haus würde er beginnen.
D/4 und ich hatten ihr Sprechgerät erreicht und sie hatte mir von dem kleinen Lapsus erzählt, der ihr unterlaufen war. „Oh weih, D/4.“, sagte ich. „Da sitzen Sie ja ganz schön in der Klemme. Aber keine Angst, ich hole Sie da schon wieder raus. Wir sollten aber einiges vorbereiten. Sie sollten Ihrem Replikator befehlen, ein Puzzle zu replizieren. Am besten wäre ein Kinderpuzzle, das auch für Malcolm vertraut ist.“ „Wo zu?“, fragte die Sonde irritiert. „Das werden Sie dann schon sehen. Vertrauen Sie mir.“, sagte ich, während ich das Rufzeichen in das Sprechgerät eingab, das sie mir zuvor bereits diktiert hatte.
Am anderen Ende der Verbindung meldete sich die Stimme einer älteren Frau: „Hier ist Lorana.“ „Hallo, Lorana. Ich bin Allrounder Betsy Scott.“, stellte ich mich vor. „Ach Sie sind das!“, rief die Alte aus. „Sie sind bestimmt die, von der mein Enkel erklärt haben will, wie die Xylianer Babies machen. Er redet die ganze Zeit von nichts anderem mehr. Warten Sie bitte. Ich werde ihn holen.“ Sie hängte das Mikrofon hörbar ein, allerdings ohne die Verbindung zu beenden.
Malcolm spielte vor dem Haus mit Yara, als seine Großmutter zu ihm trat. „Ich habe jemanden für dich, die dringend mit dir reden will.“, sagte sie. „Es ist Allrounder Betsy Scott von der Sternenflotte. Erinnerst du dich?“ „Ja, Großmutter!“, quietschte der Kleine und bekam ganz rote Bäckchen. Dann ließ er Yaras Spielzeug, das er in der Hand gehabt hatte, einfach fallen und rannte auf seinen kleinen Füßchen hinter seiner Großmutter her ins Haus. Die arme Yara blieb verwirrt zurück. Schließlich nahm sie ihr Spielzeug ins Maul und trottete davon.
Malcolm und Lorana waren ins Wohnzimmer gekommen. „So.“, sagte die alte Frau. „Hier hast du das Mikrofon.“ Dann gab sie es dem Kind in die Hand, das mich sofort freudig begrüßte: „Hallo, Allrounder Betsy Scott!“ „Hi, kleiner Mann.“, lächelte ich zurück. „Du musst Malcolm sein. Die Tante D hat mir schon viel von dir erzählt. Aber du kannst Betsy oder auch Tante Betsy zu mir sagen.“ „OK, Tante Betsy.“, sagte Malcolm. „Kannst du mir wirklich erklären, wie die Xylianer Babies machen?“ „Oh, ja.“, sagte ich zuversichtlich. „Ich denke schon. Ich muss nur noch rauskriegen, ob meine Assistentin schon so weit ist.“
Ich wandte den Kopf in Richtung des Replikators, wo ich D/4 hörte, die offensichtlich gerade mit dem Eingeben der Spezifikationen für das Puzzle beschäftigt war. Dann hörte ich das Gerät summen. „Ah ja.“, sagte ich und winkte der Xylianerin, zu mir an den Tisch zu kommen. „Welcher Zusammenhang besteht zwischen der Art der xylianischen Fortpflanzung und diesem Puzzle?“, fragte die Sonde. „Ich habe Ihnen gesagt, dass Sie das noch sehen werden.“, erinnerte ich sie. „Ihre Methoden sind ungewöhnlich.“, stellte sie fest. Cool erwiderte ich: „Ich weiß.“ Dann instruierte ich sie: „Kippen Sie das Puzzle auf dem Tisch aus und nehmen Sie sich die Hälfte der Teile, während Sie mir die andere überlassen!“ „Also gut.“, sagte die Sonde und tat, was ich von ihr verlangt hatte.
Ich nahm das Mikrofon wieder in die Hand und eine wichtige Haltung ein. Dann sagte ich: „Pass auf, Malcolm. Der Replikator, der dieses Puzzle gemacht hat, weiß auch, wie es geht. Das weiß er, weil ein Programm ihm das sagt. Zwei Xylianer legen auch jeweils die Hälfte ihres Programms in den Speicherkern der weiblichen Einheit. Du weißt ja auch, dass du aus dem Bauch von deiner Mummy gekommen bist, nicht wahr?“ „Ja.“, bestätigte Malcolm. „OK.“, sagte ich. „Genau wie du aus etwas von deiner Mummy und deinem Daddy bestehst, besteht auch ein Xylianer aus einem Teil von seiner Mummy und seinem Daddy. Diese Teile werden auch zusammengefügt wie bei unserem Puzzle hier.“
Ich gab D/4 einen Wink, auf den sie ein Teil einfügte. Dann ließ ich eines folgen und so fuhren wir fort, bis das Puzzle vollständig war. „Wenn das Programm vollständig ist.“, setzte ich meinen Vortrag fort. „Dann wird es in einen Replikator überspielt, der dann den Körper macht.“ Damit schob ich das Puzzle in eine andere Ecke des Tisches. Allerdings konnte Malcolm jetzt gut sehen, was das Puzzle darstellte, was vorher nicht möglich war. „Ich glaube, ich habe verstanden, Tante Betsy.“, sagte er. Allerdings gewann ich den Eindruck, dass er mir schon nicht mehr richtig zugehört hatte. Etwas musste ihn abgelenkt haben. Jedenfalls beendete er plötzlich ohne Vorwarnung die Verbindung.
Der Grund für seine Ablenkung kam gerade zur Tür herein. „Daddy!“, rief Malcolm erfreut aus. „Bist du wieder gesund?“ „Ja, das bin ich, mein Sohn.“, sagte Radcliffe. „Wo sind denn Mummy und Großmutter? Willst du sie für mich holen?“ „Sicher.“, sagte Malcolm strahlend und wuselte aus dem Zimmer. Sein Weg führte ihn in die Küche des Hauses, wo er seine Mutter und seine Großmutter vorfand. „Großmutter, Mummy, Daddy ist wieder da!“, quietschte er. „Er will euch sehen!“
Nayale war erfreut und skeptisch zugleich. Zu viel war passiert, als dass sie sich jetzt einfach wieder ihrem Mann in die Arme werfen würde, aber vielleicht gab es ja wirklich Hoffnung. Die junge Frau war hin und her gerissen. Schließlich sagte Lorana: „Lasst uns gehen! Wir werden ja noch sehen, was es mit der Heilung von Nathaniel auf sich hat.“
Die Frauen folgten dem begeisterten Kind zurück ins Wohnzimmer. Hier trafen sie auf Nathaniel, der sogleich Lorana ansprach: „Ich kann dich von einer großen Sünde reinigen, die seit den Tagen von Deep Space Nine auf der Föderation lastet. Fürchte die Reinigung nicht, Lorana.“
Er streckte die Hand nach seiner Schwiegermutter aus, aber Nayale bekam sie zu fassen und drehte ihm den Arm auf den Rücken. „Komm zu dir, Nathaniel!“, rief sie. „Du bist ja immer noch völlig von Sinnen. Gesund ist etwas anderes. Was redest du für ein wirres Zeug?!“
Es war Nathaniel gelungen, sich aus ihrem Griff zu befreien, was ihm auch wieder das Benutzen seiner Kräfte ermöglichte, denn der Schmerz war bei Weitem nicht mehr so schlimm. „Es liegt mir fern, dich zu verletzen, Nayale.“, sagte Radcliffe. Im selben Moment verschwanden Nayale und Malcolm durch einen schwarzen Blitz. „Was ist aus dir geworden?!“, fragte Lorana und schlug die Hände über dem Kopf zusammen. „So kenne ich dich nicht! Jedenfalls werde ich nicht zulassen, dass du irgendwas mit mir machst!“
Sie ging zum Sprechgerät und betätigte die Notruftaste, was ihr eine direkte Verbindung zur Notrufzentrale in Little Federation zu Kelly Davis ermöglichte, die dort für die Notrufkoordination zuständig war. „Helfen Sie mir!“, schrie sie ins Mikrofon. „Hier ist ein Monster in meinem Haus. Was immer dieses Wesen ist, es ist nicht mehr mein Schwiegersohn. Er behauptet, mich rein waschen zu wollen, aber ich will das nicht! Hilfe! Ich habe Angst! Er muss von einem außerirdischen Wesen in Besitz genommen worden sein, oder … Ah!!!“ Loranas Schrei und ein Aufprall waren das Letzte, das Kelly hörte. Den Informationen nach, die sie von Lorana erhalten hatte, konnte dies nur eines bedeuten. Der Fremde hatte sie getötet. Sofort leitete sie alles in die Wege, was bei eventuell befürchtetem feindlichen Außerirdischem Einfluss zu tun war. Der Geheimdienst und die Rettung mussten verständigt werden.
Geschockt von dem, was ihm offensichtlich möglich war, stand Radcliffe vor der Leiche seiner Schwiegermutter, die er mit einem einzigen Gedanken ins Jenseits befördert hatte. Er wusste zwar, dass Sytania ihm genau das gesagt hatte, aber er hatte immer noch gehofft, es nicht ausführen zu müssen.
Yara kam ins Haus geschlichen. Der Tumult musste auch sie aufgeschreckt haben. Zwar verstand das Tier nicht, was gerade mit ihrem Frauchen geschehen war, sie spürte aber genau, von wem die Gefahr ausgegangen war. Ihre grünen Augen blitzten Radcliffe böse und kampfbereit an. Ihre Krallen waren ausgefahren und sie war in einer Stellung, die es ihr ermöglichen würde, ihn anzuspringen und ihn durch diesen Sprung zu Fall zu bringen, was auch im Allgemeinen der Jagdtechnik demetanischer Wollkatzen entsprach. Sie knurrte laut und fauchte, als sie Radcliffe fixierte. „Das wird dir nichts nützen.“, sagte dieser ruhig und teleportierte sich vor Yaras Augen davon.
Irritiert schnüffelte und schaute Yara nach ihrem Feind, den sie aber nicht mehr finden konnte. Da die gesamte Situation sie sehr verwirrt hatte, versuchte sie, bei ihrem Frauchen Schutz zu finden. Sie stupste Loranas Leiche an, aber von ihr kam selbstverständlich keine Reaktion. Das verstand sie noch weniger. Ihr Frauchen konnte doch angesichts dieser großen Gefahr nicht einfach schlafen! Sie kratzte vorsichtig am toten Körper der alten Zeoniden, aber wieder geschah nichts. Schließlich biss sie Lorana verzweifelt in den rechten großen Zeh. Der Geschmack sagte Yara nun unumstößlich, dass ihr geliebtes Frauchen tot war. Aber sie würde nicht von ihrer Seite weichen! Auch jetzt noch würde sie auf sie achten. Sie spürte, dass die Gefahr lange nicht gebannt war. Malcolm, oder ein anderer Mensch, dem sie vertraute, waren leider nicht in der Nähe, aber sie hatte gelernt, dass es sich lohnte, den Menschen zu vertrauen. Manchmal musste sie auch einfach nur warten. Genau das tat sie jetzt. Mit einem traurigen Blick setzte sie sich neben die Tote.
Radcliffe war an Bord des Breenschiffes angekommen. Dorthin hatte er auch seinen Sohn und seine Frau gebracht. „Kannst du mir mal sagen, was mit dir ist?!“, stellte Nayale ihn zur Rede, während er den Kurs zu den Weltraumwirbeln eingab. Wie man ein solches Schiff flog, das wusste Radcliffe, weil er sich die notwendigen Kenntnisse einfach nur gewünscht hatte. „Ich weiß nicht, wovon du redest.“, sagte Radcliffe und tat dabei unschuldig. „Tu nicht so!“, meinte Nayale. „Das weißt du ganz genau. Woher hast du diese Kräfte und dieses Schiff?! Was haben die Xylianer mit dir gemacht? Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich finde, das Experiment muss reichlich schief gelaufen sein!“ „Die Xylianer haben hiermit nicht das Geringste zu tun.“, versicherte Radcliffe. „Sie haben mich auch nicht geheilt. Das war Prinzessin Sytania. Ihr habe ich zu verdanken, dass ich wieder gesund bin. Sie hat mich sogar zum Oberbefehlshaber einer ganzen Armee ernannt. Du wirst sehen, Nayale, bei ihr wird es uns gut gehen.“
Er bestätigte seine Eingaben und das Schiff beschleunigte auf Warp. Nayale hatte es vorgezogen, keine weiteren Fragen zu stellen, um auch Malcolm, der das seltsame Gebaren seines Vaters als immer beängstigender empfand, nicht weiter zu beunruhigen. Sie würde schon noch früh genug herausfinden, was hier los war und dann würde die intelligente junge Frau sicher auch einen Weg finden, Leute zu verständigen, die mit den Informationen etwas anfangen konnten und sicher das Richtige tun würden.
Kelly hatte die Sprechanlage betätigt, die sie mit dem Büro von Agent Sedrin verband. „Was gibt es, Kelly?“, fragte Karl Peters, der Sedrins fester Partner war und der die Verbindung entgegengenommen hatte. „Ist Ihre Partnerin in der Nähe, Mr. Peters?!“, fragte die Vermittlerin gleichzeitig alarmiert und ernst. „Moment.“, sagte der Terraner deutscher Herkunft ruhig und übergab das Mikrofon an die direkt hinter ihm stehende Demetanerin. „Was ist, Kelly?“, fragte Sedrin. „Ich vermute, dass Sytania die Kolonie auf dem Mars angreift oder angreifen lässt!“, sagte Kelly. „Was?!“, entgegnete Sedrin irritiert. „Ich weiß, dass es mir nicht zusteht, einfach so etwas zu interpretieren.“, beruhigte Davis ihr Gegenüber. „Ich weiß, dass ich erst alle Informationen einholen muss, bevor ich Maßnahmen einleite. Das habe ich ja schließlich auch während meiner Ausbildung so gelernt. Aber ich habe leider den Kontakt zu der Melderin verloren.“ „Hat das Sprechgerät den Notruf aufgezeichnet?“, fragte Sedrin. „Ja, Agent.“, sagte Kelly. „Das tut es ja immer.“ „Ich komme!“, sagte Sedrin fest und hängte das Mikrofon der Sprechanlage wieder ein, nachdem sie per Tastendruck die Verbindung beendet hatte. Mit einem kurzen Blick bedeutete sie Peters, das Büro zu übernehmen und sprintete aus der Tür in Richtung Zentrale.
Die zierlich gebaute Notrufkoordinatorin saß in ihrem Häuschen und spielte nervös abwechselnd mit ihren langen blonden Haaren und einem Zipfel ihrer grünen Bluse, die sie zu ihrem roten Rock angezogen hatte. Dies war, gemeinsam mit roten schmalen Absatzschuhen, ihre meistens getragene Arbeitskleidung. „Ich bin da, Kelly! Bitte entriegeln Sie die Tür!“ Die Stimme, die ihr dies zugerufen hatte, erkannte Kelly zuerst nicht. Erst, als die Frau ihr Gesicht durch das Sichtfenster streckte, wusste sie, mit wem sie es zu tun hatte. „Verzeihen Sie bitte, Agent.“, sagte sie und drückte einen Knopf, der die Tür zum Häuschen öffnete. Forschen Schrittes betrat die Demetanerin den kleinen Raum. Sofort schob ihr Kelly einen Stuhl zurecht, der neben ihrem Eigenen immer für Gäste bereit stand. Sedrin setzte sich. „Dann lassen Sie mal sehen.“, forderte sie Mrs. Davis auf. Diese nickte und ließ den Rechner die Aufzeichnung des Notrufes abspielen.
„Lassen Sie das letzte Bild vergrößern!“, sagte Sedrin. „Sicher, Agent.“, sagte Kelly und führte ihre Anweisung aus. In der Vergrößerung sahen beide Frauen jetzt auch einen schwarzen Blitz, der aus den Händen des Fremden zu kommen schien. „Sie sind ein verdammt cleveres Mädchen, Kelly.“, flüsterte Sedrin Davis zu. „Ihre Interpretation war richtig. Verständigen Sie Rescue One und Two. Außerdem die Sonderabteilung für Einsätze bei feindlichem außerirdischen Einfluss. Ich werde den Einsatz leiten und mit Rescue One mitfliegen. Sagen Sie Tchey das! Ich bin Expertin für Sytania!“ Kelly nickte und führte aus, was Sedrin ihr aufgetragen hatte.
Auch D/4 war aufgefallen, wie plötzlich Malcolm die Verbindung beendet hatte. Aber die Sonde hatte auch noch etwas anderes registriert. Der Umstand, dass Radcliffe offensichtlich die Marskolonie aufgesucht hatte, machte ihr Kopfzerbrechen. „Können Sie sich erklären, wie Mr. Radcliffe auf den Mars kommt?“, fragte sie mich, denn sie wusste ja immer noch nicht, was ich wusste. Dazu, ihr alles zu erklären, war ich ja noch nicht gekommen. „Ja, D/4.“, sagte ich leise und verschämt. „Ich denke, ich bin dafür verantwortlich.“ „Erklären Sie!“, forderte sie mich auf. „Er kam zu mir.“, begann ich. „Er sagte mir, dass er krank sei, aber dass er genau wüsste, wo er Heilung finden könne. Die Propheten von Bajor hätten es ihm gesagt. Wir haben mein Schiff genommen und sind dann zu einem verlassenen Wüstenplanetoiden geflogen. Radcliffe sagte mir, er würde den Kurs fühlen. Dort sind wir auch noch auf eine Expedition der Breen getroffen. Radcliffe hat sich irgendwie merkwürdig verhalten, wenn ich es recht bedenke.“ „Definieren Sie!“, forderte die Sonde, an deren Betonung ich jetzt einwandfrei hören konnte, dass sie wohl etwas zurückhielt, was sie mir zwar am liebsten an den Kopf geworfen hätte, dies dann jedoch aus Höflichkeit doch nicht tat. „Er hat in den Breen eine Konkurrenz gesehen, obwohl er noch gar nicht wusste, wonach sie suchten. Außerdem hat er sich selbst in Gefahr gebracht. Sie wissen sicher, dass es in Wüsten in der Nacht sehr kalt wird.“ „Dieser Fakt ist mir bekannt.“, sagte die Sonde. „Er hat mit den bloßen Händen nach etwas gegraben, von dem er auch genau fühlte, wo es war. Er wollte auf keinen Fall, dass die Breen es finden, obwohl sie zwar aufgrund von merkwürdigen Werten auf etwas aufmerksam geworden waren, aber gar keine Anstalten gemacht hatten, es uns wegzunehmen. Dann ist er auf einen Kristallkegel getroffen, von dem er merkwürdige Kräfte bekommen hat, die denen von Sytania sehr ähnelten. Die hat er benutzt, um den erwachsenen Breen zu töten und seine Tochter und mich zu erpressen. Er hat ein Feld generiert, das sämtliche Geräte überlastet hat. Also gibt es auch keine Beweise in meinem Erfasser, weil es den auch nicht mehr gibt. Ich musste ihn von mir werfen, sonst wäre ich heute tot. Oh, Gott, D/4! Ich habe ein Monster geschaffen!“, führte ich weiter aus.
Sie stellte sich mir gegenüber und fasste mich fest an den Schultern, was mich zwang, mich in ihre Richtung zu drehen. „Wie hat er eine ausgebildete Sternenflottenoffizierin zu so einem Unterfangen überreden können?!“, fragte sie streng. „Er hat mir von seinem armen Kind erzählt, das er verletzt habe.“, sagte ich. „Außerdem von seiner Ehe, die an seiner Krankheit zerbrochen ist. Ich konnte nicht anders.“ „Ich denke aber.“, sagte die Sonde. „Dass Sie jetzt sehr wohl wissen, dass die Person, die in Wahrheit für das alles hier verantwortlich ist, die von ihm vorgebrachten Argumente benutzt hat, um genau das bei Ihnen zu erreichen. Sie wissen genug über die Propheten, um zu erkennen, dass so eine Handlungsweise nicht ihrem Verhalten entspräche.“ „Ihre Annahme ist korrekt.“, schmeichelte ich ihr verbal, denn ich wusste ganz genau, dass ich das alles hätte früher erkennen müssen. Jetzt konnte ich nur noch auf ihren guten Willen hoffen.
Sie setzte mich wieder auf den Stuhl und sich auf einen zweiten mir gegenüber. Dann wurde ihre zuerst strenge Stimme plötzlich wieder ganz mild, als sie sagte: „Mir zu schmeicheln ist unnötig. Ich werde Ihnen keine Strafe auferlegen. Sie sind eine emotionale Bioeinheit und als eine Solche manchmal nicht immer ganz rational. Ihr Verhalten ist eine logische Konsequenz dieser Tatsache. Das verstehe ich sehr gut, weil wir Xylianer wissen, was Emotionen sind. Einer unserer Urahnen war schließlich ein Mensch. Jetzt müssen wir das Beste aus dieser Situation machen und uns ihr zunächst anpassen, um sie zu verstehen. Erst dann werden wir sie ändern können. Die Verwendung Ihrer Daten könnte dabei unerlässlich sein.“ „Danke, D/4.“, sagte ich erleichtert, denn ich war froh, dass sie mir offensichtlich doch verziehen hatte.
Das Sprechgerät piepte. D/4 warf einen flüchtigen Blick auf die Anzeige. Dann sagte sie: „Ich werde Sie Scientist Cupernica überantworten müssen.“ „Warum?“, fragte ich verwirrt. „Weil ich gleich an Bord von Rescue One gebeamt werde. Wir haben einen Einsatz in der Marskolonie.“
Mir wurde heiß und kalt. Ich wusste genau, was das zu bedeuten hatte. Offensichtlich hatte Radcliffe dort auch gewütet. „Oh, nein!“, rief ich aus. „Bitte, D/4! Sagen Sie mir, dass das alles nicht wahr ist!“ „Lügen gehört nicht gerade zu meinen Talenten.“, sagte die Sonde.
„Ich habe den Scientist gerade verständigt.“, sagte sie dann einige Sekunden später. Dass ihr das möglich war, wusste ich, da Cupernica immer noch ein Andenken an einen kurzen Aufenthalt bei den Xylianern trug. Das interne Sprechgerät, dessen Interlinkfrequenz dem gesamten System, also auch D/4, bekannt war, hatte Tressa nie entfernt, was Cupernicas ausdrücklicher Wunsch gewesen war. „Sie wird sich um Sie kümmern. Verbleiben Sie an dieser Position!“, erklärte D/4. Dann hörte ich ein Surren und sie war verschwunden.
Caruso hatte Shimar auf Schleichwegen über die Terrasse zu D/4’s Haus geführt. Da das Wetter sehr schön war, hatte die Sonde die Tür offen gelassen. Vor Einbrüchen oder dergleichen musste man sich ja auf der Erde des 30. Jahrhunderts nicht mehr fürchten. Der Kater setzte sich jetzt genau in den Türrahmen und wartete ab, bis der erheblich langsamere Tindaraner zu ihm aufgeschlossen hatte. Shimar strich ihm über das Fell und fragte dann: „Ist sie da drin, ja?“ Caruso machte: „Min-Mang.“ Dann schnurrte er. „Tut mir leid.“, scherzte Shimar. „Mein Chinesisch ist etwas eingerostet.“
Ich hatte seine Stimme gehört und erkannt. „Ich bin hier!“, rief ich mit zitternder Stimme. Er ging durch die Tür an Caruso vorbei ins Wohnzimmer, wo er mich völlig aufgelöst auf der Couch sitzen sah. Sofort war er neben mir und nahm mich fest in den Arm, um mich genau so fest an sich zu drücken. Er spürte genau, wie sehr ich zitterte. „Ganz ruhig, Kleines.“, sagte er tröstend. „Ich bin ja jetzt da. Wie kommst du in dieses fremde Haus und was ist mit dir passiert?“
Gegen den Weinkrampf, der mich überkam, konnte ich mich nicht wehren. „Es ist furchtbar, Srinadar!“, schluchzte ich verzweifelt. „Was ist so furchtbar, Kleines?“, fragte er. „Was?“ „Ich kann nicht reden.“, sagte ich und bemerkte, dass sich mir erneut die Kehle zusammenschnürte. „Kann nicht …!!!“ „Also gut.“, sagte er ruhig und tröstend. „Dann schaue ich jetzt mal ganz vorsichtig in deinen Geist, OK?“ Ich nickte.
Das Gefühl, ihn in meinem Kopf zu haben, beruhigte mich augenblicklich wieder. Jetzt sah er sich alles an, was zwischen Radcliffe und mir geschehen war. Dann sagte er: „Eines steht fest, Kleines. Das Ganze ist nicht deine Schuld. Radcliffe und du, ihr seid auf niederträchtige Weise von Lady Sytania für ihre Zwecke missbraucht worden.“ „Das weiß ich auch.“, sagte ich, während er mir mit einem Taschentuch die Tränen trocknete.
„Du musst das eigentlich sofort aussagen, solange deine Erinnerungen noch so frisch sind.“, stellte Shimar danach fest. „Aber du scheinst noch immer oder schon wieder in einem Schock zu sein. In diesem Zustand ist deine Aussage rein juristisch nichts wehrt …“
Er war verstummt, denn er hatte mitbekommen, dass sich uns jemand genähert hatte. Die Besucherin hatte auch offensichtlich Caruso auf dem Arm, den sie mir als Erstes auf den Schoß setzte. Dann begrüßte sie mich und auch Shimar mit den Worten: „Hallo, Allrounder, hallo, Shimar.“ „Cupernica.“, erkannte ich. „Richtig.“, sagte die Androidin und begann sofort damit, mich von Kopf bis Fuß zu scannen. „Eines steht fest.“, sagte sie. „Sie stehen unter hohem psychischen Stress. Offensichtlich haben Sie mindestens zwei mal hintereinander einen Schock erlitten. Aber ich weiß, dass eine vertraute Umgebung und vertraute Personen gepaart mit den richtigen Medikamenten oft Wunder wirken können.“
Sie zog eine Tüte aus ihrer Tasche und gab sie Shimar in die Hand. „Das sind die Medikamente für deine Freundin.“, informierte sie ihn in korrekter tindaranischer Anredeweise. „Außerdem verschreibe ich Ihnen, Allrounder, einen mindestens 3-wöchigen Urlaub mit Ihrem Freund und Ihrem Mann auf Celsius. Ein Aufenthalt im real existierenden Humorismus sollte Ihnen wohl helfen.“ „Aber ich muss aussagen!“, widersprach ich. „Nein!“, sagte Cupernica bestimmt. „Sie steigen jetzt mit Ihrem Freund in sein Schiff und dann möchte ich Sie hier nicht mehr sehen, bis Sie gesund sind! Das ist ein Befehl des leitenden anwesenden medizinischen Offiziers, Allrounder! Sie wissen, dass ein Solcher in medizinischen Angelegenheiten sogar noch über jedem Commander steht und Ihre Gesundheit ist eine medizinische Angelegenheit!“ „Aber Radcliffe darf nicht …“, sagte ich. „Sie hat Recht, Kleines.“, flüsterte mir Shimar zu. „Schau mal. Du kannst doch im Moment gar keine fundierte Aussage machen und um den Rest kümmert man sich schon und ich, ich kümmere mich erst mal um dich.“ „Also gut.“, sagte ich, denn ich hatte eingesehen, was meine Gedanken immer noch für ein großes Chaos waren.
Shimar zog sein Sprechgerät: „IDUSA, zwei zum Beamen und danach Kurs Celsius. Wir besuchen Scotty und das sogar medizinisch verordnet. Ich erkläre dir alles, wenn Betsy und ich an Bord sind.“ „Transportererfassung komplett.“, sagte das Schiff. Dann nahm Cupernica Caruso von meinem Schoß und Shimar befahl in Richtung seines Schiffes: „Aktivieren!“ Cupernica sah noch zufrieden zu, wie wir in zwei immer durchsichtiger werdenden Säulen verschwanden.