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Auf der positiven Granger saß Mikel in seinem Quartier und verfasste eine SITCH-Mail an Warrior Kang, mit dem er heimlich über sein weiteres Vorgehen sprechen wollte. Dem versierten Spionageoffizier, der extrem großes Wissen über Mächtige und deren Kräfte hatte, war längst klar, dass er wohl etwas getan hatte, was Kissara nicht von ihm angenommen hätte. Er wusste, wenn sie davon erführe, würde sie sehr enttäuscht sein und Kompensation verlangen.

Mit zitternden Händen schickte Mikel die Mail ab. Er wusste, dass es Kang ähnlich gehen würde wie ihm selbst. Er dachte sich, dass der Klingone lange nicht so dumm sei, wie alle dachten und dass er auch längst über den ersten Schock hinweg sein musste und begriffen hatte, was er getan hatte, als er sich freiwillig reinwaschen ließ. Die Föderation mochte sich im Krieg gegen die Formwandler in dieser Hinsicht ehrlos verhalten haben, aber sein eigenes Verhalten war noch viel ehrloser, wenn man betrachtete, wem er sich da anheim gegeben hatte.

Die Türsprechanlage piepte drei mal, wie Mikel es Kang in der Mail aufgetragen hatte. „Kommen Sie herein, Mr. Kang.“, sagte Mikel. Dann entriegelte er die Tür. Leise betrat der klingonische Stratege das Quartier des terranischen ersten Offiziers. „Sind Sie allein, Mr. Kang?“, fragte der blinde Mann, als er seinen Untergebenen auf dem Flur abholte und mit sich ins Wohnzimmer führte. „Allein, wie Sie es verlangt haben, Sir.“, sagte Kang und setzte sich neben Mikel auf die Couch. Der replizierte gleich eine riesige Kanne Blutwein und eine ganze Kiste Kölsch. Verwirrt sah der Klingone auf die Flaschen und die Kanne, die Mikel auf den Tisch stemmte. „Mit Verlaub, Agent.“, setzte er leise an, denn es war auf keinen Fall seine Absicht, den ersten Offizier zu kompromittieren. Obwohl er wusste, dass die Quartiere schalldicht waren, wäre es ihm sehr peinlich gewesen, wenn jemand Unbeteiligtes von seiner Vermutung erfahren hätte. „Sie haben mich doch hoffentlich nicht hergeholt, um sich gemeinsam mit mir maßlos zu betrinken, oder?“ „An sich haben Sie Recht, Kang.“, sagte Mikel. „Das ist eigentlich nicht mein Stil. Aber ich weiß weder aus, noch ein. Sie wissen, was wir Beide zugelassen haben.“ „Ja, Agent.“, erwiderte Kang. „Das weiß ich. Ich weiß, zu was für einer ehrlosen Handlung ich mich hinreißen lassen habe und, mit Verlaub, Sie auch, Sir, obwohl Kissara Sie noch ermahnt hat, keine Dummheiten zu machen. Ich denke, von Ihnen, der so viel Wissen über Mächtige hat, hätte sie das, was passiert ist, am wenigsten erwartet und von mir, der ein hohes Empfinden von Ehre besitzt, sicher auch nicht.“ „Sie haben Recht.“, sagte Mikel und öffnete eine Flasche, um sie sich ohne Glas an den Mund zu setzen. „Ich denke, Mr. Kang.“, sagte er dann zu seinem klingonischen Untergebenen und Leidensgenossen. „Es wird nicht schlimm sein, wenn Sie auch gleich aus dem Humpen trinken. Es sieht ja eh keiner.“ „Aber Sie sind doch hier, Sir.“, versuchte Kang, auf seine gute Kinderstube aufmerksam zu machen. „Das stimmt.“, bestätigte Mikel. „Aber ich sehe es nicht.“ „Aber Sie wüssten es und das stört mich.“, sagte Kang. „Wir sollten auch aufhören, hier vor Selbstmitleid zu vergehen! Damit werde ich gleich einmal anfangen. Mit dem Aufhören, meine ich!“

Für seine momentanen Verhältnisse entschlossen ging er zu Mikels Replikator und ließ sich ein großes bauchiges Glas geben. „Ihr Volk behauptet, in bauchigen Gläsern entfaltet sich das Aroma von Wein am besten.“, sagte er zur Begründung. „Das können wir ja gleich einmal ausprobieren.“ Dann setzte er sich wieder zu Mikel.

„Was wollten Sie denn jetzt wirklich mit mir besprechen, Agent?“, fragte der Klingone, nachdem beide ihre Trinkgefäße kurz angesetzt hatten, um einen großen Schluck aus ihnen zu nehmen. „Einen Ausweg, Mr. Kang.“, sagte Mikel. „Einen Ausweg aus dieser unsäglichen Situation! Können Sie sich vorstellen, was geschieht, wenn sie davon erfährt? Wenn sie erfährt, dass zwei ihrer fähigsten Offiziere Sytania auf den Leim gegangen sind?!“ „Wenn Sie von ihr reden.“, erkundigte sich Kang. „Dann meinen Sie sicher unseren Commander, oder?“ „Natürlich meine ich unseren Commander, Warrior. Sie sind doch sonst nicht so begriffsstutzig!“ „Bitte vergeben Sie mir, Sir.“, bat Kang. „Es ist nur, weil mir mein böses Gegenstück immer mehr von meiner mentalen Energie entzieht.“ „Denken Sie etwa, mir geht es anders, he?!“, schrie Mikel ihn an. Es war ihm jetzt völlig egal, dass jemand etwas hören hätte können. Von ihm aus durfte das ganze Schiff mitkriegen, dass er Kang gerade zusammenfaltete. „Ich quäle mich auch jeden Morgen aus dem Bett! Seit Khitomer ist Aufstehen für mich der reinste Kampf und Krampf! Aber wenn wir zulassen, dass diese Antriebslosigkeit uns kontrolliert, dann hat Sytania gewonnen! Vergegenwärtigen Sie sich das, Kang!“ „Ich werde es versuchen, Sir.“, sagte Kang für klingonische Verhältnisse doch recht kleinlaut. „Versuchen reicht mir nicht!“, gab Mikel zurück. „Ich will hören, dass Sie es tun werden, nicht nur, dass Sie es versuchen!“

Kang stand auf, holte tief Luft und sagte dann in ähnlicher Lautstärke: „Ich werde es tun, Sir!“ „Geht doch.“, lobte Mikel und klopfte ihm auf die Schulter, nachdem sich Kang zu ihm heruntergebeugt hatte. Zwischen dem verhältnismäßig kleinen Terraner und dem großen Klingonen gab es eben doch signifikante Unterschiede. „Setzen Sie sich wieder!“, befahl Mikel und wartete ab, bis Kang erneut neben ihm auf dem Sofa Platz genommen hatte. „Kommen wir nun zum geschäftlichen Teil. Wenn wir nicht wollen, dass uns unsere bösen Gegenstücke vernichten, müssen wir einen Weg finden, sie zu zwingen, nach unseren Regeln zu spielen. Mir schwebt da schon etwas vor, aber ich müsste zunächst Ihre fachliche Meinung einholen, ob meine Idee strategisch überhaupt durchführbar ist und, ob Sie meinen, dass sie Erfolg haben wird. Natürlich werden wir Kissara zu gegebener Zeit darüber informieren, aber wenn wir ihr dann gleich eine Lösung präsentieren können, wird sie vielleicht gnädig gestimmt sein und uns nicht zum Schrubben des Warpkerns in den Maschinenraum abkommandieren.“ „Und Elektra bekommt unsere beiden Jobs simultan.“, grinste Kang. „Ich hoffe, dass es nicht so weit kommt.“, sagte Mikel ernst. „Ich habe versucht, einen Scherz zu machen, Agent.“, sagte Kang. „Aber nun mal Spaß bei Seite. Was ist denn genau Ihr Plan?“ „Ich denke, wir müssen es irgendwie hinbekommen, die negative Sternenflotte zur Erde zu locken. Dort ist das Hauptquartier von unseren Leuten, sie aber wären vom Nachschub abgeschnitten. Ich denke, das wird kein Problem sein, wenn wir meinem Gegenstück noch intensiver verdeutlichen, dass ich am Leben bin und auch beabsichtige, es zu bleiben. Da es offenkundig auf der anderen Granger keine Kissara gibt, wird er wohl dort das Kommando führen. Er wird wissen, dass ich ihn bekämpfe und wird mich deshalb um so schneller vernichten wollen.“ „Das leuchtet mir ein, Agent.“, sagte Kang. „Aber wie wollen Sie …?“ „Ich werde einfach ein noch größerer Stachel in seinem Fleisch werden. Dill hat mir einiges beigebracht und Sie wissen, welche Gabe ich besitze. Notfalls kann ich ja immer noch den Computer konsultieren. Der wird mir sicher auch noch einige Tipps aus der paranormalen Datenbank geben können. Lassen Sie das meine Sorge sein, Kang. Ich kenne mich da aus!“

„Ich sehe, Sie haben das alles gut durchdacht, Sir.“, sagte der Stratege, nachdem er sich Mikels Vorschlag durch seinen fachkundigen Kopf gehen lassen hatte. „Meiner Ansicht nach könnte Ihr Plan tatsächlich funktionieren. Wir sollten damit zu Kissara gehen. Das würde zwar bedeuten, dass wir zugeben würden, einen Fehler gemacht zu haben, aber wie Sie schon sagten, wenn wir dann gleich eine Lösung präsentieren, stimmt sie das vielleicht versöhnlich.“ „In Ordnung.“, sagte Mikel. „Lassen Sie mich bitte nur kurz die Reste von unserem Gelage hier entfernen. Ich will nicht, dass jemand auf falsche Gedanken kommt.“ „Ich werde Ihnen behilflich sein, Agent.“, sagte Kang und schnappte sich einige Flaschen und die noch nicht mal bis zur Hälfte geleerte Kanne Blutwein, um alles der Materierückgewinnung zu übergeben.

Im gleichen Moment piepte die Sprechanlage. „Wer kann das denn sein?!“, fragte Mikel nervös und nahm das Mikrofon, um zu antworten. „Wer ist dort?“, fragte er. „Technical Assistant Elektra, Sir.“, kam eine nüchterne Antwort von außen. „Ich bitte um Erlaubnis, Ihr Quartier zu betreten. Ich fürchte, ich muss Ihnen etwas melden.“

Mikel wusste, dass Ausflüchte ihm nicht helfen würden. Wenn sie es war, die zu ihm wollte, würde er zweifelsfrei Farbe bekennen müssen. Aber auf der anderen Seite wusste er auch, dass sein Geheimnis bei ihr eine neutrale Behandlung erfahren würde und er sich vor ihr als einer künstlichen Lebensform sicher nicht so sehr schämen musste wie vor einem biologischen Wesen, das seine Situation unter Umständen als Anlass für Spott und Häme sehen könnte. Dies könnte zu erheblichen Einbußen beim Respekt führen. Aber nicht bei ihr. Mikel begriff ihre Störung also eher als Segen, denn als Fluch. „Kommen Sie rein, Elektra.“, sagte Mikel.

Elektra betrat das Quartier und ging gleich ins Wohnzimmer durch, ohne die Abholung durch ihren Gastgeber abzuwarten. Der Blick der Androidin fiel sofort auf die unordentlich zusammengerafften Flaschen. „Nun, Agent.“, sagte sie mit neutralem Tonfall. „In Anbetracht der Situation, in der Sie und der Warrior sich offensichtlich befinden, ist das eine durchaus gängige Reaktion bei Organischen, wenn es schwerwiegende Probleme gibt.“

Ihr Satz hatte Mikel erschauern lassen. Dieser eine Satz, mit dem sie kurz und prägnant alles auf einen Punkt gebracht hatte und mit dem sie gleichzeitig signalisiert hatte, dass sie wusste, wo hier das Problem lag. Er wollte sich zu ihr wenden, aber das gelang ihm nicht. Statt dessen drohte er, lang vor ihr hinzuschlagen, was sie aber durch eine schnelle Bewegung verhinderte. Dann verfrachtete sie ihn wieder auf seine Couch zurück. „Ich bin Androidin.“, erklärte sie dem sie hilflos anblickenden Mikel. „Meine Reflexe sind um einiges besser, als die so mancher biologischen Lebensform.“ „Das ist es nicht, Elektra.“, sagte Mikel gleichzeitig erschöpft, aber auch erleichtert. „Dass das bei Ihnen so ist, weiß die Sternenflotte schon seit Commander Data. Aber ich habe ein ganz anderes Problem.“ „Die Fakten sind mir bekannt, Sir.“, sagte sie. „Meine Augen funktionieren wie die Sensoren eines Erfassers. Deshalb sehe ich Ihr Problem im wahrsten Sinn des Wortes sehr genau. In diesem Raum sind zwei Energiefelder, die einmal von Warrior Kang und einmal von Ihnen ausgehen. Wenn ich ehrlich bin, was außer Frage steht, da Androiden nicht lügen können, dann sehe ich das Gleiche auch bei Techniker Jannings, Allrounder Ribanna und den Medizinern. Das Feld scheint Ihre Mandelkerne anzuzapfen, Gentlemen. Die Zentren, die für Ihr Aggressionsverhalten zuständig sind. Aber diese Zentren regeln auch Ihre Entschlossenheit. Ich habe mir die medizinischen Daten auf dem Weg zu Ihnen vom Computer geben lassen. Die Felder scheinen sich auf den Subraum und die interdimensionale Schicht zu erstrecken. Entkommen können Sie also nicht. Aber sie mit einem Phaser mit Rosannium zu durchbrechen, könnte Sie beide und auch alle anderen töten.“

Mikel fühlte sich erwischt und erleichtert zugleich. Offensichtlich hatte ihr ein einziger Blick genügt, um die Fakten zu sehen. Fakten, die jetzt dringend an Kissara weitergegeben werden mussten. „Würden Sie uns begleiten, Technical Assistant?“, fragte er. „Natürlich.“, sagte Elektra ruhig. „Eine sachlich fundierte Meinung könnte die Situation sicher abschwächen und es uns erleichtern, mit Commander Kissara gemeinsam zu einer vernünftigen Lösung zu kommen.“ Damit hakte sie Mikel rechts und Kang links unter und dann verließen sie Mikels Quartier in Richtung von Kissaras. Dass dies auch mit Elektras Unterstützung zu einem Gang nach Canossa werden würde, wusste der erste Offizier. Da machte er sich und auch Kang nichts vor.

Kissara war in ihrem Quartier mit dem Abfassen von Berichten und mit dem Sortieren von Listen und Einträgen ins Diary beschäftigt, als die Sprechanlage ihre Arbeit jäh unterbrach. „Wer ist dort?“, fragte die Thundarianerin, ohne aufs Display zu sehen. Das war eigentlich nicht ihre Art, aber in diesem speziellen Fall hätte das ohnehin keinen großen Sinn ergeben, da das Kommunikationssystem ihr lediglich die Auskunft erteilt hätte, dass jemand die äußere Sprechanlage für die Tür betätigt hätte. Aber heute war Kissara auch in einer etwas genervten Stimmung, denn Papierkram war nicht gerade das, mit dem sie gern ihre Zeit verbrachte.

Draußen vor der Tür schienen alle drei darauf zu warten, dass der jeweils andere die Sprechanlage betätigen würde. Den Vorschriften nach wäre das am ranghöchsten Offizier, also an Mikel, gewesen, aber er traute sich nicht wirklich. Auch Kang rutschte, für einen Klingonen sicher ungewöhnlich, das Herz in die Hose. Also musste Elektra es wohl im wahrsten Sinn des Wortes in die Hand nehmen, was sie nun auch mit dem Mikrofon tat: „Commander, Technical Assistant Elektra, Warrior Kang und Agent Mikel bitten um Erlaubnis, Ihr Quartier zu betreten.“ Sie hatte sich nur deshalb zuerst genannt, weil sie diejenige war, welche die Sprechanlage bedient hatte. So wusste Kissara gleich besser, woran sie war. „Erteilt, Technical Assistant!“, kam es zurück und die Türen glitten vor ihnen auseinander. Nun führte Elektra ihre beiden Vorgesetzten hinein. Dabei fühlten sich Mikel und Kang wie zwei Lämmer, die von ihrer Schäferin zur Schlachtbank geführt wurden. Die Schlachterin würde wohl Kissara sein. „Warum um alles in der Welt müssen mein erster Offizier und mein Stratege einen einfachen Technical Assistant vorschicken, um mir ihre Belange vorzutragen, Elektra?!“, wendete sich Kissara gleichzeitig verwundert und empört direkt an die Androidin. Mikel und Kang fuhren zusammen. Sie würde mit der Wahrheit nicht hinter dem Berg halten. Wenn Kissara sie direkt gefragt hatte, dann musste sie vielleicht bereits eine Vermutung haben und glauben, Mikel und Kang würden sich zu sehr in Ausreden verstricken.

Mikel versuchte durch eine Flucht nach vorn die Situation noch zu retten und holte tief Luft, um dann mit einem Geständnis zu beginnen. Kissara aber winkte deutlich ab und sagte energisch: „Ich habe Elektra gefragt!“

Die angesprochene Androidin löste sich von den beiden Männern und machte einen Schritt nach vorn in Richtung Raummitte. Dann begann sie: „Nun, Commander, ich habe etwas Beunruhigendes beobachtet. Auf diesem Schiff gibt es Energiefelder, welche die Mandelkerne aller biologischen Wesen, mit Ausnahme des Ihren, anzapfen. Sie funktionieren wie Energietransferstrahlen. Sie transferieren offensichtlich alle Energie aus den Kernen heraus zu einer Stelle in einer anderen Dimension. Das schließe ich daraus, weil die Felder auch durch den Subraum und die interdimensionale Schicht verlaufen. Ihnen zu entkommen ist also nicht möglich. Da der Mandelkern bei den meisten Humanoiden nicht nur für die Regelung des Aggressionsverhaltens, sondern auch für die Regelung der Entschlussfähigkeit zuständig ist, werden alle immer willen- und antriebsloser werden, wenn meine Berechnungen stimmen. Bei Agent Mikel und Warrior Kang geht das allerdings erheblich langsamer vor sich.“ „Seit wann beobachten Sie das, Elektra?“, wollte Kissara wissen, die bereits eine Vermutung hatte, was sie meinen könnte. „Seit unserem kürzlich erfolgten Aufenthalt auf Khitomer, Ma’am.“, antwortete die Androidin wahrheitsgemäß. „Meine Systeme verzeichnen dies bei allen, die sich von dem Fremden berühren lassen hatten, sofort nach der Berührung.“

Kissara sträubten sich die Nackenhaare unterhalb ihres Uniformkragens, was ein klares Zeichen dafür war, dass sie ziemlich wütend wurde, sich aber bemühte, dies nicht zu zeigen. „Haben Sie das auch bei den beiden Gentlemen hier beobachtet, Technical Assistant?!“, sagte Kissara etwas energischer. „Ja, Commander.“, sagte Elektra nüchtern.

Kissara holte tief Luft und seufzte, während Elektra und Kang gut sehen konnten, dass ihre Krallen aus ihrer ausgestreckten rechten Hand hervortraten. Elektra drehte sich langsam um und signalisierte ihr damit ihre Bereitschaft, die Räumlichkeiten zu verlassen, denn sie ahnte, dass gleich ein thundarianisches Donnerwetter auf ihre Vorgesetzten hernieder prasseln würde. Im Allgemeinen schickte es sich für Untergebene nicht, bei so etwas dabei zu bleiben, denn, bei biologischen Lebensformen würde man riskieren, dass die angeklagten Offiziere dem Spott und Hohn ausgesetzt würden und erheblich an Respekt verlören, was nicht gut für die Disziplin wäre. Aber bei Elektra als einer künstlichen Lebensform musste man deshalb ja keine Angst haben. Also sagte Kissara: „Nein, Sie bleiben, Elektra! Ich mache mir sonst viel zu viele Sorgen darum, dass mir ein erheblicher Teil der Wahrheit abhanden kommen könnte. Wenn Sie keine Androidin wären, hätte ich Sie wegtreten lassen, aber so bin ich ganz froh, dass Sie da sind.“

Sie wendete sich an Mikel: „Was haben Sie mir zu sagen, Agent?! Sind ihre Worte wahr?!“ Verstockt stand Mikel nur da und brachte kein Wort heraus. „Spricht sie die Wahrheit?!“, bohrte Kissara nach. „Haben Sie sich von dem Fremden berühren lassen?!“ Wieder vergingen einige Sekunden. „Ich höre nichts!“, sagte Kissara und ihre Katzenaugen leuchteten feurig grün vor Wut, Strenge und Enttäuschung. Endlich nickte Mikel. „Das hätte ich von Ihnen, der so großes Wissen über Mächtige und deren Kräfte hat, nicht erwartet!“, sagte Kissara mit erbostem Ton. „Was zur Hölle glauben Sie, habe ich damit gemeint, als ich zu Ihnen sagte, Sie sollten keine Dummheiten machen?! Bei Kang kann ich ein solches Verhalten unter Umständen noch verstehen! Ihn, als einen Klingonen, muss es sehr schockiert haben, ein solch ehrloses Verhalten zu sehen, dessen der Fremde die Föderation beschuldigt hat! Auch von Jannings und den anderen ist es unter Umständen verständlich, wenn man bedenkt, dass wir alle auf der Akademie ein Idealbild eines Sternenflottenoffiziers eingeprägt bekommen, zu dem ein solches Verbrechen nun so gar nicht passen will. Man bringt uns bei, auch dann, wenn wir einen Krieg oder eine Schlacht verlieren würden, handeln wir nie niederträchtig oder eigennützig und wir lassen schon gar keine Unschuldigen für uns über die Klinge springen. Dann zu sehen, dass einer von uns genau das getan haben soll, kann schon einmal zu einer Schockreaktion führen. Aber von Ihnen, Mikel, von Ihnen, von Ihnen hätte ich das nicht gedacht! Sogar mir war klar, dass wir es hier mit Sytania zu tun hatten, die nur wieder einen Weg suchte, uns zu attackieren!“

Elektra hob die Hand. Sie wusste, dass Kissara gerade sich selbst in gewisser Hinsicht widersprochen hatte. „Bitte um Erlaubnis, frei zu sprechen, Commander.“, sagte die Androidin nüchtern. „Von mir aus!“, sagte Kissara etwas genervt. „Sie wissen, dass ich nicht nur als Vertreterin der Wahrheit, sondern auch als Anwältin von Agent Mikel und Warrior Kang hier bin.“, sagte Elektra. „Eine Anwältin!“, sagte Kissara immer noch sehr aufgewühlt. „Oh, ja, die wird vor allem mein erster Offizier, der mich maßlos enttäuscht hat, gut brauchen können! Aber sagen Sie ruhig, was Sie zu seiner Verteidigung zu sagen haben!“ „Wie Sie gerade selbst festgestellt haben.“, setzte Elektra an. „Neigen alle biologischen Lebensformen an Bord dieses Schiffes zu Angst- und Schockverhalten, wenn etwas eintritt, das die Integrität ihrer Welt beeinträchtigt. Sie, Commander, haben dem nur widerstehen können, weil Sie als Thundarianerin eine so genannte passive Telepathin, also in der Lage sind, den Einfluss von Telepathie zu fühlen, eine Fähigkeit, die allen anderen Besatzungsmitgliedern abgeht, da sie keine Katzenartigen sind. Der Agent hat zwar das nötige Wissen, aber dennoch fehlt ihm diese entscheidende Fähigkeit. Er war also genau so prädestiniert, ein Opfer des Fremden und Sytanias zu werden, wie alle anderen auch.“

Kissara überlegte. „Sie haben Recht, Elektra.“, sagte sie, nachdem sie ihre Worte reflektiert hatte. „Die Wenigsten hier auf diesem Schiff haben eben eine ständige Alarmglocke. Agent, ich fürchte, ich muss mich bei Ihnen entschuldigen.“ „Entschuldigung angenommen, Ma’am.“, sagte Mikel. „Und ich glaube, ich habe auch eine Möglichkeit, meinen Fehler gleich wieder gut zu machen.“ „Ich höre.“, sagte Kissara und gab sich große Mühe, dabei sehr interessiert zu klingen. „Wir sollten die böse Sternenflotte zu unserer Erde locken. Dort könnten wir sie vielleicht beschäftigen, weil wir dort Nachschub erhalten können, sie aber nicht. Mein Gegenstück wird alles daran setzen, mich zu vernichten. Weil es Sie dort nicht gibt, Kissara, wird er das Kommando über die dortige Granger führen und wenn sie mit uns beschäftigt sind, können sie nirgendwo anders Unruhe stiften und so manche unschuldige Spezies wird sich bei uns bedanken.“ „Wie wollen Sie das anstellen, Mikel?!“, fragte sie. „Indem ich ein noch größerer Stachel im Fleisch meines Gegenstückes werde, Kissara. Dill hat mir da einiges …“ „Ah ja.“, sagte sie konspirativ. „Aber ich denke, davon sollten alle profitieren, wenn es gelingen soll. Sie können doch sicher allen ein paar mentale Kniffe und Tricks zeigen, nicht wahr?“ „Natürlich, Kissara.“, grinste Mikel zurück. Er wusste, dass sie ihm zugute hielt, dass er trotz seines Fehltrittes nie aufgehört hatte, so gut es ging sein böses Ich zu bekämpfen, was Elektra auch indirekt bestätigt hatte. Zur Ausführung ihres Plans würden sie auf dem Weg zur Erde viel Zeit haben, das dachten sie zumindest. Dass sich alles ganz anders entwickeln sollte und sie die Erde früher wieder sehen würden, als gedacht und zu einem ganz anderen Anlass, ahnten sie noch nicht.

Noch immer lag Radcliffe in seinem Zimmer auf dem Boden. Er war sehr benommen und eine gewisse intime Stelle tat ihm immer noch sehr weh! Ginalla musste voll ins Schwarze, beziehungsweise mitten in die Krohnjuwelen, getroffen haben.

Er tastete um sich. Schließlich traf seine Hand auf die Schlüsselkarte, die links neben ihm gelegen hatte. Die hatte Ginalla ihm gelassen, damit er sich zu gegebener Zeit aus dem Zimmer hätte befreien können. Bis dahin, so hatte sie ausgerechnet, würde sie längst aus seiner Reichweite verschwunden sein. Aber auch die Krawattennadel fand Radcliffe und überlegte, Sytania zu kontaktieren, um ihr von seiner Pleite zu berichten. Er ahnte zwar bereits, dass dies bei ihr nicht gut ankommen würde, aber das war ihm jetzt auch egal.

Er nahm den Kontaktkelch in beide Hände und stellte sich das Gesicht der Königstochter vor, wie er es von ihr gelernt hatte. Tatsächlich hörte er auch bald ihre Stimme in seinem Geist: Was gibt es, Nathaniel?, Ich muss Euch leider berichten, Milady, dass mein Versuch, Ginalla rein zu waschen, fehlgeschlagen ist. So?, gab Sytania zurück und tat dabei unwissend. Was ist denn passiert? Sie hat mich getäuscht und dann verletzt., jammerte Radcliffe und dachte an den Schmerz in seinem Unterleib. Damit hättest du rechnen müssen., meinte Sytania. Ich meine, es ist Ginalla! Diese niederträchtige Schlange hat selbst mich besiegt und mein schönes Gefängnis zerstört. Gut, damals hatte sie Hilfe von zwei mir ebenso verhassten Telepathen, aber sie war diejenige, die auf den Bolzen mit dem Erzeugen von Blitzen und die Synchronisierung durch ihren Gesang gekommen ist! Dafür könnte ich sie heute noch zum Teufel wünschen, aber ich frage mich, ob ich dem Armen ihre Gesellschaft antun sollte! Obwohl sie eine einfache Sterbliche ist, ist sie für mich bereits eine fast so schlimme Geißel geworden wie Time oder Zirell, oder Kissara und andere Sterbliche, die ich leider immer wieder unterschätze! Was ist mit dieser Allrounder Betsy Scott?, wollte Radcliffe wissen. Oh, ja., seufzte Sytania. Sie ist mir auch ein ganz schöner Dorn im Auge. Aber du weißt ja, was du zu tun hast. Wenn sie irgendwie den Anschein erwecken sollte, dass sie dir dein neues kinderliebes und gesundes Verhalten, ohne dass du dich für Sisko und deine Familie für die Seine hältst, nicht abnimmt, dann tötest du sie! Aber Milady., äußerte Radcliffe Bedenken. Der imperianische Schlafwurz, den Ihr mir für sie gegeben habt, ist doch nachweisbar. Was ist, wenn …? Ach was!, gab Sytania lakonisch zurück. Hältst du mich etwa für eine solche Anfängerin? Ich habe den Inhalt des Gefäßes so verändert, dass er bereits 20 Minuten, nachdem er seine Wirkung entfaltet hat, einfach so aus ihrem Blut verschwindet. Diese 20 Minuten werden nämlich ausreichen, damit ich sie ins Wasser schicken kann. Außerdem gibt es im See starke mineralische Ablagerungen, die dafür sorgen werden, dass kein Erfasser vernünftig funktioniert. Das bedeutet, sie werden auch nicht sehen können, dass ich an einer kleinen plötzlichen Unterströmung schuld bin, die ich verursachen werde. Dieses Mal werden sie mir gar nichts nachweisen können, rein gar nichts! Sie lachte hämisch. Und mir damit auch nicht., atmete Radcliffe auf. Nein, dir auch nicht, mein Lieber., bestätigte die Prinzessin.

Er legte den Kelch wieder zur Seite und richtete sich langsam auf, was ihm immer noch sehr schwer fiel. Insgeheim hoffte er, mich doch nicht töten zu müssen, aber er war auch bereit, es jederzeit zu tun, wenn ich nur den kleinsten Eindruck erwecken würde, ihm sein neues gesundes Verhalten nicht abzunehmen. Seine Frau und sein Sohn durften aber keinesfalls von dieser Unterredung zwischen Sytania und ihm erfahren. Deshalb war er froh, dass er so gut gelernt hatte, auch als eigentlicher Nicht-Telepath mit einer telepathischen Verbindung doch so gut umzugehen. So gut, dass er kein lautes Wort von sich gegeben hatte und Nayale so sicher keinen Anlass sah, weiter nachzuforschen. Sie hatte schon sehr viel herausbekommen, seiner Meinung nach schon zu viel, aber er konnte sie und Malcolm ja auf keinen Fall auch einfach beseitigen. Zu viele Tote auf einmal würden zuviel Aufsehen erregen.

Nathaniel fragte sich allerdings, was Sytania bewogen haben könnte, sein Versagen bei Ginallas Reinwaschung doch so locker zu sehen. Seine Vermutung war, dass sie wohl an einer anderen Stelle ihres Plans einen sehr großen Fortschritt gemacht haben musste oder einen erwartete. Sonst hätte sie sicher nicht so verständnisvoll reagiert, ein Wesenszug, für den Sytania sonst eigentlich nicht bekannt war.

Der Grund für Sytanias gute Laune waren Telzan und seine Truppe. Sie hatten sich mit ihren Schiffen in der Nähe des celsianischen Sonnensystems auf die Lauer gelegt. Hier gab es eine Menge Planetoiden, die ihre Energiesignaturen durch ihre Pole abschwächen, wenn nicht sogar ganz verstecken, würden. Dirshan, der seinen Anführer, wie meistens in solchen Fällen, heute auch begleitet hatte, sah aufmerksam auf den Schirm. „Bist du sicher, dass dieses Schiff hier entlang fliegen wird?“, fragte der Novize neugierig. „Durch diese hohle Gasse muss es kommen.“, grinste Telzan fast süffisant zurück. „Es führt kein anderer Weg nach Celsius.“

Immer noch verhältnismäßig guter Dinge und nichts von der Falle ahnend, die Sytanias Vendar ihm gestellt hatten, flog Kamurus seiner Wege. Er wusste, dass Lycira bei seiner Freundin und seiner Tochter in Sicherheit war. Dass es ihm selbst bald erheblich schlechter und fast an den Kragen gehen würde, wusste er nicht. Woher auch? Seine Sensoren waren ja nicht in der Lage, die Gefahr, die über den Polen auf ihn wartete, zu erkennen. Deshalb sah er die Schiffe der Vendar auch erst, als sie ihn schon umkreist hatten und wie Heuschrecken aus allen Richtungen auf ihn zu flogen. Durch Manöver, in denen er seine Flughöhe schnell änderte, versuchte er, ihnen zu entkommen, aber sie passten sich ihm immer wieder an. Das war auch ein Verdienst Dirshans, der Telzans und sein Schiff flog und die anderen auch über SITCH ständig über Kamurus’ Tätigkeit informierte. „Du denkst sehr vorausschauend, mein Schüler.“, lobte Telzan. „Ich tue, was ich kann, Anführer.“, sagte der jugendliche Vendar bescheiden. „Aber mir ist nicht klar, warum wir nicht einfach auf dieses Schiff das Feuer eröffnen. Ich meine, wir sind in einer sehr guten Position und würden es bestimmt zu einem Häuflein Asche werden lassen, wenn …“ „Ich habe nur darauf gewartet, dass du das von dir aus erkennst.“, sagte Telzan stolz. „Also, übermittle den anderen den Befehl zum Angriff!“ „Ja, Anführer!“, nickte Dirshan und tat, was Telzan ihm soeben erlaubt hatte. Es war dem Novizen sehr angenehm, so hoch in der Gunst seines Ausbilders zu stehen, dass er sogar eigene Befehle an die Vendar, die zum größten Teil schon vollwertige Krieger und keine Novizen mehr waren, übermitteln durfte. Er programmierte also einen Sammelruf und sagte, nachdem dieser von allen entgegengenommen worden war: „Angriff!!!“ Alle folgten seinem Befehl, ohne ihn auch nur im Geringsten zu hinterfragen. Die erwachsenen Vendar wussten, welchen Stellenwert Dirshan bei ihrem Anführer, der gleichzeitig sein Ausbilder war, hatte.

Trotz gehobener Schilde war Kamurus ständig damit beschäftigt, den auf ihn herab prasselnden Schwaden von Photonentorpedos und dem Phaserfeuer auszuweichen. Er konnte und wollte nicht riskieren, von einem von ihnen unter Umständen doch noch flugunfähig geschossen zu werden und seine Mission nicht mehr fortführen zu können. Er war leider noch nicht in Rufweite der celsianischen Raumkontrolle und erst recht nicht in der von Ginallas Sprechgerät. Selbst dann, wenn er einen von ihnen hätte kontaktieren können, würde es viel zu lange dauern, bis Hilfe bei ihm wäre. Bis dahin hätten die Vendar ihn bestimmt vernichtet. Dass Hilfe allerdings näher war, als er zu diesem Zeitpunkt ahnte, hätte er sich nie träumen lassen.

Immer enger zogen die Vendar ihren Kreis um das arme sich nach Kräften wehrende selbstständig denkende Schiff. Kamurus’ Schilde hatten schon einige Treffer abbekommen und er wusste nicht, wie lange sie dem Feuer noch standhalten würden, zumal er bereits einige Ausfälle von Generatoren zu verzeichnen und auf Reservesysteme geschaltet hatte. Wenn Ginalla jetzt schon bei ihm gewesen wäre, hätte sie das sicher in Windeseile repariert, oder sich eine andere Lösung, zumindest zur temporären Überbrückung, einfallen lassen. Aber er war allein, das dachte er zumindest, bis er plötzlich vor sich etwas sah, das von fern wie ein riesiges Loch im Raum aussah. Er flog näher heran und sah, dass sich hinter dem Loch ein komplexes Geflecht aus Gängen und Tunneln befand. In Mitten dieses Geflechts bemerkte er ein Biozeichen! Diese Art von Biozeichen war Kamurus aber bekannt. Er hatte sich damals, als er an der Regierungsbasis angedockt hatte, gut mit der Granger und mit IDUSA unterhalten. Durch diesen Datenaustausch wusste er bald genau, um was für eine Art Wesen es sich handelte. Es war ein Wesen, wie es in der Sternenflottendatenbank zuerst durch die Voyager verzeichnet worden war, das Raumschiffbesatzungen anlockte, um sich von ihnen und der Materie ihrer Schiffe zu ernähren. Aber er wusste auch, dass diese Wesen normalerweise eine Täuschung anwendeten, um biologischen Wesen vorzuspielen, ihren größten Wunsch erfüllen zu können, um sie in seine Falle zu locken. Bei ihm, der ja im Moment keinen biologischen Piloten hatte, bei dem das funktionieren könnte, würde es nicht klappen. Aber das Wesen musste das doch merken! Ihm musste doch klar sein, dass Kamurus sehen würde, was wirklich hinter ihm steckte! Warum war es hier, wo es doch sehen musste, dass es keine Chance gab, einen Happen abzugreifen?! Kamurus war allein! Er war Technologie! Er war außerdem nicht von Ginallas Befehlen abhängig und konnte selbstständig entscheiden! Warum wartete dieses Wesen nicht, bis sie bei ihm war und kam erst dann zum Vorschein? Was war nur seine Absicht?!

Auch die Vendar hatten das Wesen gesehen. „Schau mal, Dirshan!“, grinste Telzan dreckig. „Dieses Wesen wird den Job für uns erledigen!“ „Oh, ja.“, bestätigte der Junge. „Es wird nicht mehr lange dauern, dann ist von ihm nichts mehr übrig. Es ist zwar schade, dass wir es nicht waren, die das geschafft haben, aber wenn es nicht mehr da ist, dann ist Sytanias Befehl ja auch Genüge getan. Ich finde nur, wir sollten es ihm noch in mundgerechte Happen zerkleinern! Sieh mal, Anführer, es ist gerade so schön in Schussweite!“ „Dann lass mich das Steuer übernehmen und tu es selbst.“, sagte Telzan. „Wenn du so scharf darauf bist.“ Dirshan nickte und rückte einen Platz weiter.

Kamurus waren langsam die Tricks ausgegangen, mit denen er versuchen konnte, den Vendar auszuweichen. Er dachte schon darüber nach, sich dem Wesen geschlagen zu geben. Aus seiner Sicht hatte er die Wahl zwischen Pest und Cholera. Er konnte sich aussuchen, entweder von einem grobschlächtigen Vendar-Ingenieur in seine Einzelteile zerlegt, oder von einem Wesen bei lebendigem Leib aufgefressen und verdaut zu werden. Wenn er sich für die Vendar entscheiden würde, liefe er aber auch Gefahr, Sytania kostbare Informationen zu liefern, was er auf keinen Fall wollte! Wenn er doch nur die wahre Absicht des Wesens herausfinden könnte! Wenn er doch nur mit ihm kommunizieren könnte! Aber Moment mal! Dieses Wesen war telepathisch und er hatte doch einen Neurokoppler an Bord. Vielleicht würde es ihm möglich sein, durch eine geschickte Platzierung des Gerätes per Transporter in der Nähe seines Cockpitfensters dafür zu sorgen, dass es die Signale des Wesens empfangen konnte. Wenn er seine Empfindlichkeit auf Maximum stellen würde, müsste er doch eigentlich in der Lage sein, von dem Wesen Signale für eine Neurotabelle abzuleiten und so eine Kommunikation herstellen können! Aber er sah noch ein Problem, das es vorher zu lösen galt. Er musste es irgendwie hinbekommen, den Stecker in den Port zu stecken. Da das Manöver mit der Antriebsspule und Lyciras Warpgondel nicht geklappt hatte, war er etwas entmutigt, was sein Geschick mit dem eigenen Transporter anging. Warum, verdammt noch mal, musste Ginalla nur die verdammte Angewohnheit haben, den Stecker zu ziehen?! Aber der Punkt, zu dem der Stecker gebeamt werden sollte, war doch statisch und bewegte sich nicht so sehr wie Lycira. „Ich muss es einfach versuchen!“, sagte er zu sich und nahm eine beherzte Transportererfassung vor. Tatsächlich gelang der Vorgang auf Anhieb. Jetzt musste er das andere Ende der Verbindung, an dem der für den Kopf des Organischen gedachte Teil des Kopplers hing, nur noch nahe an die Fensterscheibe bringen, was auch funktionierte. Jetzt stellte er den Koppler so empfindlich ein, wie es nur ging. Nach nur kurzer Suche konnte er sogar bereits verwertbare Signale empfangen, ein Umstand, der ihn sehr freute. Dann war auch die nötige Reaktionstabelle bald erstellt.

Das Wesen war erstaunt, das Gesicht eines backenbärtigen Mannes vor sich zu sehen, der aber irgendwie keine emotionale Substanz hatte, die es telepathisch erfassen konnte. „Ich weiß, dass dich das irritieren muss.“, versuchte Kamurus, ihm seinen ersten Schrecken zu nehmen. „Aber ich bin Technologie.“ Ich weiß., gab das Wesen zum Erstaunen des Schiffes telepathisch zurück. Ich bin hier, um dir zu helfen! Du musst dich aber von mir verschlucken lassen. Ich frage mich nur, wie du meinen Verdauungssäften entkommen sollst. Eine Schildkonfiguration wird dich wohl nicht auf ewig schützen. „Wenn ich genau wüsste, wann du schluckst.“, überlegte Kamurus. „Dann könnte ich in deiner Speiseröhre kurz auf Warp eins gehen. Danach schalte ich sofort wieder auf Impuls. Der Schwung dürfte ausreichen, um mich schnell genug durch deinen Magen zu tragen, wo die schädlichen Säfte sind. Wenn ich diese Passage hinter mir habe, dürfte der Rest nicht mehr so gefährlich sein und ich könnte in deinem Darm überdauern, bis du … Na ja, du weißt schon und die Vendar weg sind. Damit mein Durchflug durch deinen Körper für dich nicht so schmerzhaft wird, werde ich meine Schilde deinen internen Strukturen anpassen. Ich hoffe, dann wirst du nicht mehr von mir spüren, als ein leichtes Kribbeln.“ Klingt in der Theorie ja ganz einfach., gab das Wesen zurück, das Kamurus inzwischen auch als männlich wahrgenommen hatte. Aber du wirst mit einigen Turbulenzen rechnen müssen. „Dann muss ich eben genau Kurs halten!“, sagte Kamurus und bereitete seine Systeme auf die Manöver vor. Während dessen schickte er ein Stoßgebet zu seinen Göttern: „Weise Erbauer, bitte gebt, dass ich diesem Wesen wirklich keinen Schmerz zufüge. Ich weiß, ich habe mich lange nicht mehr bei euch gemeldet. Aber bitte seid mir deshalb nicht böse und lasst mich jetzt nicht allein. Bitte lasst mich die richtigen Konfigurationen für meine Systeme finden!“

Achtung, mein Freund! Jetzt! Der telepathischen Warnung des Wesens folgte ein Sog, in den Kamurus geriet. Es gelang ihm gerade noch so, seine Fluglage zu stabilisieren. Dann schaltete er auf Warp eins und hob seine Schilde, wie er es mit dem Fremden vereinbart hatte, um dann sofort wieder auf Impuls zu schalten. Tatsächlich transportierte ihn der Schwung durch die gefährlichen Säfte. Er flog weiter und gelangte in einen langen Kanal, dessen Ende noch versperrt war. Hier deaktivierte er seinen Antrieb zunächst völlig. Dann flüsterte er erleichtert: „Habt Dank, weise Erbauer.“ Wer sind diese weisen Erbauer, zu denen du betest?, erkundigte sich das Wesen. „Sie sind unsere Götter.“, antwortete Kamurus. „Wir glauben, dass wir selbstständig denkenden Schiffe aus einer Gruppe von Raumschiffen hervorgegangen sind, die einmal von jemandem erbaut wurde.“ Verstehe., gab das Wesen zurück.

Telzan sah, wie ein von Dirshan abgefeuerter Torpedo eine Explosion verursachte. Dann glaubte er, Trümmer zu sehen. „Ausgezeichneter Schuss, mein Schüler!“, lobte er. „Du hast genau den Warpantrieb getroffen. Das hat einen Warpkernbruch verursacht. Dieses Schiff wird niemanden mehr holen und das heißt, dass Allrounder Betsys Schiff auch zu niemandem kommen kann, um eine Aussage zu machen, denn niemand, der es reparieren könnte, wird davon erfahren.“ Er grinste gemein: „Lass uns nach Hause fliegen.“

Zufrieden sah das Wesen zu, wie die Schiffe der Vendar abdrehten. Meine Täuschung haben sie geschluckt., beruhigte er Kamurus. Es war mir ein Leichtes, ihren größten Wunsch zu erkennen und zu erfüllen. „Mich tot zu sehen.“, ergänzte Kamurus. Genau., meinte das Wesen. Wohin kann ich dich bringen? „Nach Celsius!“, sagte Kamurus fest. „Weißt du, wo das ist?“ Nein., gab das Wesen zurück. Aber du wirst es mir doch bestimmt sagen können. „Das stimmt.“, sagte Kamurus. „Aber du musst dich einmal umschauen, damit ich weiß, wo wir sind.“ Das Wesen folgte seiner Aufforderung. „Ah, ja.“, sagte Kamurus, der die Signale empfangen hatte. „Wenn du diesen Kurs hältst, dann sind wir schon richtig. Übrigens, warum hilfst du mir?“ Ich weiß, wer die geschickt hat, die dir ans Leder wollten., erklärte das Wesen. Das war Sytania und ich mag Sytania nicht! „Wer mag die schon?“, seufzte Kamurus leise und schaltete seine Systeme auf Stand By. Ein Schläfchen würde ihm jetzt gut tun. Das Wesen würde ihn schon wecken, wenn sie angekommen wären.

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