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Immer noch waren Maron und Zirell in die Diskussion über die Situation der Föderation vertieft. „Sie sind jetzt sehr schwach und angreifbar.“, sorgte sich Zirell. „Denkst du, dass eventuelle Feinde das ausnutzen könnten? Ich denke da insbesondere an die Genesianer oder Sytania.“ „Die Genesianer kann ich ausschließen.“, lächelte Maron. „Sie würden einen Angriff auf eine so wehrlose Macht nicht wagen, weil es in ihren Augen unehrenhaft wäre, einen geschwächten Gegner zu bekämpfen. Bei Sytania wäre ich mir da allerdings nicht so sicher. Du hast Recht.“ „Zumal das Ganze ja ohnehin sehr nach ihr stinkt, wenn du mich fragst.“, meinte Zirell. „Oder was sagt dir deine demetanische entenschnabelartige Spürnase?“

Maron lehnte sich zurück und tat, als wolle er die Luft im Raum einsaugen. Natürlich wusste er, dass es unmöglich war, Sytanias Absichten zu erriechen, aber er wollte den Scherz seiner Vorgesetzten bezüglich seiner für die Meisten sicher ungewöhnlich geformten Nase gern aufgreifen. „Du hast Recht, Zirell.“, sagte er betont angeekelt. „Hier stinkt es wirklich gewaltig nach den bösartigen Absichten einer gewissen imperianischen Königstochter. Vielleicht sollten wir mal das Fenster öffnen.“

„Unterstehen Sie sich!“ Der Einwand des Stationsrechners kam für Maron und Zirell gleichermaßen erschreckend und überraschend. Beide wussten zwar, dass sie alles zwangsläufig mitbekommen würde, waren aber nicht darauf gefasst, dass sie den Simulator im Raum benutzen würde, um sich ihnen mit einem dermaßen erschrockenen Gesicht zu zeigen. „Er hat nur einen Scherz gemacht, IDUSA.“, beruhigte Zirell mit einer betont langsamen und ruhigen Geste, die ihre freundlichen und von einem Grinsen begleiteten Worte unterstrich. „Es ist alles in Ordnung. Niemand von uns beabsichtigt, sich den lebensfeindlichen Bedingungen des Weltraums auszusetzen.“ „Du könntest es aber mal mit einer atmosphärischen Reinigung versuchen.“, lächelte Maron. „Das ist unnötig.“, sagte IDUSA. „In der Raumluft sind keine Moleküle vorhanden, die auf eine übermäßige Luftverschmutzung jenseits der programmierten Parameter schließen lassen.“ „Hör gefälligst auf, sie so zu ärgern!“, ermahnte ihn Zirell. „Du kannst dir doch wohl denken, dass ein Computer wie sie das Konzept des Humors nicht versteht.“

Maron sah seine Vorgesetzte irritiert an. „Ich verstehe euch Tindaraner manchmal nicht.“, gab er zu. „Auf der einen Seite soll ich die Computer rein rechtlich wie Lebensformen behandeln, aber auf der anderen Seite soll ich verstehen, dass …“ „Nehmen wir zum Beispiel Allrounder Betsy.“, warf Zirell ein, um ihrem ersten Offizier das Verständnis der Situation zu erleichtern. „Du hast ihr Hilfe angeboten, weil sie eine Behinderung hat. Wenn du sie vernommen hast, hast du darauf geachtet, dass du bestimmte Fragen nicht stellst. Beispielsweise nach Farben, weil du weißt, dass sie diese nicht beantworten kann. Du hast also Rücksicht auf ihre Behinderung genommen.“ „Ah, ich glaube, ich verstehe.“, sagte Maron. „Wenn ich das Humorproblem als eine Art Behinderung der IDUSA-Einheiten sehe, dann werde ich darauf selbstverständlich Rücksicht nehmen.“ „Na siehst du.“, sagte Zirell. „Du bist ja gar nicht so dumm, wie du dich selbst gern darstellst.“

Maron rief sich den Ausgangspunkt ihrer Diskussion noch einmal in Erinnerung. Dann sagte er: „Ich finde, wir sollten mit der Zusammenkunft besprechen, ob wir die Föderation beschützen dürfen. Ich meine, eine Entscheidung in der Hinsicht können wir von Nugura wohl kaum erwarten. Deshalb können wir sie auch leider nicht in die Entscheidung mit einbeziehen.“ „Im Normalfall.“, sagte Zirell. „Würde ich dir nicht zustimmen, Maron, denn das käme einer Entmündigung der Föderation gleich. Aber wir haben hier ja nun einmal keinen Normalfall.“ „Und entmündigt hat sich die Föderation ja auch schließlich selbst.“, sagte Maron. „Und zwar in dem Moment, in dem sie sich diesem Wäscher anheim gegeben hat.“ „Genau.“, sagte Zirell. „Aber wir sollten auch keine Alleingänge versuchen. IDUSA soll mir eine Verbindung mit der Zusammenkunft schalten. Ich denke, wir müssen, wenn wir das wirklich tun, auch die Aldaner und andere Verbündete der Föderation mit einbeziehen. Wir, oder besser die Zusammenkunft, sollten ihnen erklären, was hier vorgeht und sie über unseren Schlachtplan in Kenntnis setzen.“ „Das sowieso.“, sagte Maron und nickte. „Aber du kannst doch so gut mit deiner Schulfreundin Darell. Es wäre wohl besser, wenn du ihr den Vorschlag unterbreitest.“ „Das hatte ich auch vor.“, sagte Zirell. Dann wendete sie sich der Sprechanlagenkonsole zu: „IDUSA, mach mir eine Verbindung mit …“

 

Bevor sie weiter sprechen konnte, hörte sie ein vertrautes Piepen aus dem Gerät. „Das ging aber schnell.“, scherzte Maron. „Ich kann mich nicht erinnern, dass du den Neurokoppler aufgesetzt hast. Also wie hat IDUSA deine Gedanken gelesen?“ „Das hat sie nicht.“, sagte Zirell. „Das Rufzeichen ist nicht das der Zusammenkunft, sondern das der äußeren Türsprechanlage.“ „Wer könnte da draußen sein?“, fragte Maron. „Das werden wir gleich wissen.“, sagte Zirell und nahm das Mikrofon in die Hand: „Hier Commander Zirell!“ „Zirell, hier ist Nidell.“, kam es zurück. „Ich habe die kleine Nitprin bei mir. Du weißt schon. Das Breenmädchen, das von Joran geborgen worden ist. Sie möchte dringend gegenüber Maron aussagen.“

Marons Gesicht lief blass an. Er hatte nicht mehr damit gerechnet, dass seine einzige Zeugin tatsächlich noch am Leben sein konnte. Zwar hatte er das Display der Sprechanlage auch übersehen können, hatte sich aber noch keinen Reim auf den Schatten hinter Nidell machen können. Da sich die Beiden in der Körpergröße nicht wirklich unterschieden, hatte er die Kleine erst für eine verzerrte Spiegelung seiner tindaranischen Untergebenen gehalten, obwohl sich das Aussehen von Nidell und Nitprin doch eigentlich nicht wirklich ähnelte. Aber ihm war wohl immer noch Ishans letzter Satz in Erinnerung, in dem der Arzt keine sehr gute Prognose für Nitprin abgegeben hatte. Vielleicht konnte einfach nicht sein, was nicht sein durfte. Aber offensichtlich war Nitprin doch sehr zäh. „Was hat sie gerade gesagt?!“, fragte Maron mit einer Mischung aus Freude und Erstaunen. „Die Kleine lebt?!“

Zirell und Maron bekamen mit, wie Nidell das Mikrofon mit gedrückter Sendetaste an Nitprin weitergab. Dann flüsterte sie ihr zu: „Hier, sag was.“ „Hallo, Commander Zirell, hallo, Agent Maron.“, sagte die kleine Breen etwas schüchtern. „Hallo, Nitprin.“, sagte Zirell. „Anscheinend geht es dir schon wieder besser, was?“ „Ja, Commander.“, antwortete Nitprin. „Aber ich würde jetzt gern eine Aussage machen.“ „Nicht so schnell!“, sagte Zirell. „Du kommst jetzt erst mal rein und setzt dich zu uns! Ich könnte mir vorstellen, dass du trotz allem noch sehr schwach bist. Schließlich wärst du beinahe gestorben. Ich bin sicher, das steckt man nicht einfach so weg. Über alles andere können wir dann immer noch reden.“ „OK.“, sagte Nitprin und gab das Mikrofon an Nidell zurück, die es wieder einhängte. Dann betraten sie und das Mädchen den Bereitschaftsraum.

Zirell schob ihnen zwei der üblichen zylindrischen Sitzkissen hin, die sie aus einer Ecke geholt hatte. „Setzt euch.“, bot sie an. Nidell und Nitprin kamen dieser Aufforderung bereitwillig nach. Dann drehte sich die ältere Tindaranerin von ihrem Schreibtisch weg und wandte sich ihrem Gast zu. „Erst einmal willkommen im Leben, Kleine. Anscheinend hat unser medizinischer Offizier etwas übertrieben, was deinen Gesundheitszustand angeht.“ „Das kann schon sein, Commander.“, sagte Nitprin förmlich. „Oder ich bin zäher, als ich aussehe.“ „Das kann natürlich auch sein.“, sagte Zirell. „Aber noch mal was anderes. Nidell wird dir doch sicher einiges über unsere Gepflogenheiten erzählt haben. Warum nennst du mich nicht einfach Zirell?“ „Weil das für mich komisch ist, Commander.“, sagte Nitprin. „Ach, das muss es nicht sein.“, sagte Zirell. „Hier auf Tindara ist das sogar üblich. Die IDUSA-Einheiten sind die Einzigen, die uns siezen. Ansonsten wird sich geduzt. Sogar mein erster Offizier nennt mich beim Vornamen und Nidell darf das auch. Sogar Shannon, obwohl sie nur ein Technical Assistant ist. Du siehst also, Kleine, vom höchsten bis zum niedrigsten Rang wird sich auf tindaranischen Stationen und Schiffen geduzt von früh bis spät.“

Immer noch recht hilflos sah sich Nitprin im Raum um. Ihr Blick war auf Maron gefallen, in dessen Gesicht das Mädchen mit durchschnittlicher Bildung einer Schülerin der Junior High School gut erkennen konnte, welcher Spezies er angehörte. „Sie sind Demetaner.“, erkannte sie. „Oh, jetzt hast du mich aber erwischt.“, sagte Maron scherzhaft und machte ein reumütiges Gesicht. „Ab sofort sage ich nichts mehr, ohne meinen Anwalt.“ Nitprin grinste unwillkürlich. „Na siehst du.“, sagte Maron. „Du lachst ja schon wieder.“ „Ich meinte damit nur.“, sagte Nitprin. „dass es für Sie doch auch zuerst sehr seltsam gewesen sein musste, hier zu arbeiten, Agent, oder?“ „In gewisser Hinsicht hast du Recht.“, gab Maron zu. „Vor allem mit der Behandlung der IDUSA-Einheiten hatte ich meine Probleme. Der Rechner der Station könnte dir bestimmt ein oder zwei Lieder davon singen. Mit dem zusammengenommen, was der Rechner des Schiffes, das jetzt in Wartung auf Celsius ist, mit mir erlebt hat, kriegen die Beiden sicher ein schönes Album zusammen.“ „Oh, der Stoff reicht sicher für eine ganze Konzerttour.“, scherzte Zirell. „Die zwei sollten eine Band gründen.“ „Einen reumütigen Fan hätten sie in jedem Fall schon.“, sagte Maron und machte ein bedientes Gesicht. Dann murmelte er sich etwas auf Demetanisch in seinen 3-Tage-Bart. Zirell verstand zwar nicht, was er gemeint hatte, konnte sich aber denken, dass er sich mal wieder ermahnt haben musste, sich stärker an die tindaranische Kultur zu halten, oder dergleichen. Das wusste sie, auch wenn sie ihre telepathischen Fähigkeiten nicht eingesetzt hatte. Dafür kannte sie ihren ersten Offizier einfach zu gut. „Na, so schlimm ist es auch nicht, Maron.“, tröstete sie. „Du hast ja schon erstaunliche Fortschritte gemacht.“ „Wenn du das meinst.“, sagte Maron bescheiden.

„Hör mal, Kleine.“, wendete sich Maron danach an Nitprin. „Wenn sogar ich das hinkriege, dann dürfte das doch für dich wohl kein Problem darstellen. Du scheinst ziemlich schlau zu sein, wenn man bedenkt, dass du einen Notrufsender aus den primitivsten Teilen zusammengebaut hast, der uns erst auf deine Spur gebracht hat.“ „Ach, Agent.“, sagte Nitprin. „Das sind doch nur einige physikalische Grundkenntnisse.“ „Das kann ja sein.“, sagte Maron. „Aber die muss man erst mal umsetzen können. Ich denke, dass ich dazu wohl kaum in der Lage wäre, weil ich offen gestanden zwei linke Hände und einen manchmal nicht gerade zuverlässigen Verstand habe.“ „Jetzt übertreiben Sie aber, Agent.“, sagte Nitprin höflich. „So schlimm wird es schon nicht sein mit Ihnen.“ „Was hat dir Zirell denn gerade erklärt?“, fragte der Agent. „Ich traue mich nicht.“, gab Nitprin verschämt zu.

Zirell legte den Kopf in die Hände und dachte nach. „Was sie hier gerade sah, erinnerte sie sehr stark an die Anfangszeit mit einem gewissen Demetaner, der das aber jetzt eigentlich gut im Griff hatte. Wenn sie einfädeln könnte, dass dieses kleine Mädchen vielleicht bei ihm bleiben würde, dann könnte sie sehr gut von einem ehemaligen Leidensgenossen lernen. „Ich habe einen Vorschlag.“, sagte sie mit einem diplomatischen Lächeln auf den Lippen. „Die Kleine Maus hier wird doch sicher jemanden benötigen, der sich um sie kümmert. Schließlich ist sie noch minderjährig.“ Sie sah Maron mit schmeichlerischem Blick über den Rand einer Kaffeetasse hinweg an. „Nein, das wird nichts, Zirell!“, lehnte der erste Offizier zunächst fest ab. „Ich halte mich für einen miserablen Vater. Bei mir würde sie garantiert zu kurz kommen. Ich erinnere mich noch gut an ein Projekt aus meiner Schulzeit. Damals sollte ich mich um einige terranische Nacktschnecken kümmern. Die sind aber leider alle eingegangen. Vor kurzem habe ich im Heimaturlaub auch die talaxianischen Tila-Blumen meiner Nachbarin eingehen lassen, obwohl ich wirklich alles beachtet habe, was in den Datenbanken über ihre Pflege stand. Sogar einen Blumendoktor habe ich konsultiert. Aber das Ergebnis war, dass alles nichts gebracht hat und meine Nachbarin heute kein Wort mehr mit mir redet. Die Lehrer haben mir damals auch ziemlich die Ohren lang gezogen. Ich bin einfach kein guter Pfleger.“ „Sie ist weder eine Schnecke, noch eine Pflanze, Maron und du bist kein Schüler mehr.“, sagte Zirell. „Du wirst also feststellen, dass dein Beispiel gewaltig hinkt. Warum versuchst du es nicht einfach mal? Ich meine, dann könntet ihr das Angenehme gleich mit dem Nützlichen verbinden. Sie hat ein Zuhause und du kannst sie vernehmen, wann immer du willst, ohne vorher mit jemandem anders Verabredungen treffen zu müssen.“ „Sie hat Recht, Agent.“, stimmte Nitprin Zirell zu. „Außerdem bin ich kein Baby mehr. Wenn mir etwas fehlt, kann ich es selbstständig sagen.“ „Und das würdest du auch tun?“, versicherte sich Maron. „Da haben Sie mein Wort drauf, Agent.“, sagte Nitprin.

Eine Weile lang dachte Maron nach. Dann sagte er: „Also gut. Versuchen wir es. Wenn ich Fragen habe, dann …“ „OH, IDUSA wird sicher bereit sein, dich mit jedem Erziehungsratgeber der Galaxie zu verbinden, oder dir Daten von dort zu besorgen.“, unterbrach Zirell. „Das bezweifle ich nicht.“, sagte Maron. „Und im Zweifel kann ich ja immer noch Joran fragen. Immerhin hat er Erfahrung in der Vaterschaft.“ „Oh, ja.“, sagte Zirell. „Die hat er.“

Nitprins Gesicht wurde blass. „Ich glaube, wir sollten dich ins Bett bringen, Jinya.“, sagte Maron. „Du bist schließlich noch immer nicht ganz gesund.“ „Aber meine Aussage.“, sagte Nitprin mit immer schwächer werdender Stimme. „Die kannst du sicher auch noch morgen machen.“, sagte Maron. „Ich halte es für viel wichtiger, dass du dich jetzt erst mal ausschläfst.“ „Aber ich habe doch schon sehr lange geschlafen.“, sagte Nitprin. „Das kann schon sein.“, mischte sich Nidell ein. „Aber das war eine Bewusstlosigkeit und kein gesunder entspannender Schlaf. Den braucht dein Körper aber, um das, was mit ihm passiert ist, verarbeiten zu können. Für deinen Kreislauf und dein Nervensystem war das Überleben unter widrigen Umständen ein ziemlicher Stress.“ „Also gut.“, sagte Nitprin und hakte sich bei Maron unter, der sich zu ihr gewandt hatte und der daraufhin nur sagte: „Also gut, Jinya. Ich zähle jetzt bis drei und dann stehen wir zusammen auf. Eins , zwei, drei!“

Zu seinem eigenen Erstaunen war es ihm tatsächlich gelungen, Nitprin auf ihre Beine zu ziehen. Aber wahrscheinlich hatte auch die Gehhilfe, die sie immer noch trug, ihren Teil dazu beigetragen. Nidell gab Maron die Fernsteuerung für das Gerät in seine freie Hand. „Ich würde sagen, du begleitest uns noch, Nidell.“, sagte der Agent und gab ihr das Gerät zurück. „Ich meine, jemand sollte mir beibringen, wie man mit so etwas umgeht, bevor ich sie noch aus Versehen zu Fall bringe.“ „Das hätte ich sowieso getan, Maron.“, lächelte die medizinische Assistentin. „Schließlich endet meine Verantwortung erst dann, wenn sie wieder völlig gesund ist. Ishan und ich werden während ihrer Erholungsphase selbstverständlich immer für dich erreichbar sein.“ „Das ist sehr beruhigend.“, sagte der Demetaner und machte einen langsamen Schritt in Richtung Tür. Langsam und etwas zittrig folgte Nitprin. „Keine Angst, Jinya.“, sagte Maron leise, während sie den Bereitschaftsraum verließen. „Ich habe dich und Nidell hat die Gehhilfe unter Kontrolle. Wir werden dich schon nicht fallen lassen.“

Zirell blieb lächelnd zurück. Ihr war klar, dass es in diesem Zusammenhang noch viele ungeklärte Dinge gab, aber das würde sich jetzt alles langsam aber sicher aufklären. Sie war sicher, dass die Kleine in ihrer jetzigen Situation auf ihrer Basis am allerbesten aufgehoben war. Jetzt bereits die zivile Fürsorge zu informieren, hielt die tindaranische Kommandantin für reichlich verfrüht! In einem Kinderheim auf Tindara oder auch in der Föderation würde man nicht für ihre Sicherheit garantieren können und das war ein Umstand, den Sytania sicher liebend gern ausgenutzt hätte, wenn das tindaranische Militär ihr diese Möglichkeit gelassen hätte. Aber daran dachte Zirell nicht im Traum! Sie kannte Sytania gut genug, um zu wissen, dass sie dies auf keinen Fall zulassen durfte.

Sie wendete sich der Sprechanlage zu, kam aber nicht wirklich zu dem, was sie vorhatte, denn IDUSA meldete sich: „Commander, denken Sie wirklich, dass der Agent für das Kind Verantwortung übernehmen sollte? Ich meine, dies ist in der gegenwärtigen Situation sicher kein Ort für ein Kind.“ „Normalerweise würde ich dir zustimmen, IDUSA.“, sagte Zirell. „Die Protokolle besagen eindeutig, dass sich in so einer angespannten Situation eigentlich keine Zivilisten und schon gar keine Minderjährigen auf einer tindaranischen Militärstation aufhalten sollen. Aber sie ist nun einmal eine wichtige Zeugin. Wir sollten also alles daran setzen, für ihre Sicherheit zu garantieren und das werden wir jetzt auch tun, indem wir gegenüber der Föderation und Sytania ein Zeichen setzen. Wir werden der Föderation sagen, dass sie nicht allein ist und Sytania, dass wir uns nicht gefallen lassen, dass sie unsere Freunde bedroht! Mach mir eine Verbindung mit der Zusammenkunft!“ „Wie Sie wünschen, Commander.“, sagte IDUSA und begann mit der Ausführung ihres Befehls.

Maron, Nidell und Nitprin waren bei Marons Quartier eingetroffen. Hier führten die Erwachsenen das Mädchen sofort ins Gäste- oder in diesem Fall wohl eher Kinderzimmer. Dann halfen sie ihr noch in das weiche gemütliche Bett. Da sie noch immer ein Nachthemd von der Krankenstation über ihrem Kälteanzug trug, war es nicht nötig, sie umzuziehen. „Du solltest IDUSA beauftragen, Nitprins Gesundheit zu überwachen und dir sofort zu melden, wenn etwas nicht stimmt.“, schlug Nidell vor. „Parallel sollte sie Ishan und mich in Kenntnis setzen. Aber wenn sonst irgendwas ist, sollte dich Nitprin auch erreichen können. Zeig ihr am besten gleich mal, wo der Knopf an der Sprechanlage ist, der sie mit deinem Arbeitsplatz verbindet.“ „Das muss er mir nicht zeigen, Nidell.“, warf Nitprin ein. „Ich bin schließlich zur Schule gegangen und kann lesen. Ach übrigens, wie machen wir das eigentlich damit? Ich meine, ich will nichts verpassen.“ „Du bist wohl die erste Jugendliche, die ich kenne, die freiwillig zur Schule geht, Jinya.“, sagte Maron lachend. „Na ja.“, sagte Nitprin. „Ich will schließlich später mal was werden. Außerdem macht mir das Lernen Spaß. Vielleicht trete ich später einmal in die Fußstapfen von meinem Vater und wenn ich Archäologin werden will, dann muss ich ja wohl einiges auf dem Kasten haben, oder?“ „Da hast du sicher Recht, Jinya.“, sagte Maron fast zärtlich. „Aber jetzt bist du erst mal krank und Kranke brauchen nicht zur Schule. Bis du wieder gesund bist, werden wir sicher eine Möglichkeit für Fernunterricht gefunden haben. So etwas gibt es ja heute schon.“ „Das weiß ich.“, sagte Nitprin. „Meine High School bietet es sogar an. Ich kann euch das Rufzeichen vom Direktorat geben.“ „Das ist zwar sehr löblich.“, sagte Maron. „Aber das hat sicher Zeit bis morgen. Wenn du mir das Rufzeichen dann sagst, werde ich sicher eine Möglichkeit finden, alles mit deinem Direktor zu besprechen. Aber jetzt wird geschlafen! Sonst wirst du ja nie wieder gesund! Gute Nacht, Jinya!“

Er wendete sich zum Computermikrofon: „IDUSA, die Beleuchtung in diesem Raum langsam auf Nachtstatus reduzieren!“ „Sofort, Agent.“, sagte die Stimme des Rechners und dieser führte seinen Befehl aus.

Maron drehte sich in Richtung Tür, wo Nidell ihn bereits erwartete, aber Nitprin schien noch nicht zufrieden zu sein. „Warte bitte, Maron!“, rief sie ihm zu. „Du benutzt da dauernd ein Wort, das ich nicht verstehe!“ „Was meinst du?“, fragte Maron und wandte sich ihr ein letztes Mal zu. „Dieses Jinya.“, sagte Nitprin. „Was heißt das?“ „Es heißt Mäuschen, Schatz oder Liebling auf Demetanisch.“, sagte Maron. „Dann hast du mich gern?“, fragte Nitprin und wirkte dabei sehr überrascht. „Warum nicht?“, fragte Maron. „Du bist doch eine liebe kleine süße Maus, die in einer sehr schlimmen Situation ist. Der Vater wurde von Sytanias Marionette getötet und die Mutter ist auch tot, außerdem bist du krank. Warum sollte ich dich nicht gern haben und mich nicht um dich kümmern wollen?“ „Weil du ein ehemaliger Sternenflottenoffizier bist und ich eine Breen.“, sagte Nitprin. „Vor 800 Jahren waren wir mal Feinde.“

Maron stützte sich übertrieben an der Wand ab und tat auch sonst, als sei er ein gebrechlicher alter Mann, der schon leicht schwerhörig und fast blind war. Dann stakste er im Zimmer auf und ab. Nidell, die sein Verhalten zwar lustig fand, sich aber noch keinen wirklichen Reim darauf machen konnte, fragte nur: „Was soll denn dein Verhalten bedeuten, Maron?“ „Was haben Sie gerade gesagt, junges Fräulein?“, fragte Maron und machte in übertriebener Weise die Stimme eines alten Mannes nach, dessen Zahnersatz wohl auch schon mal genauer passende Tage gesehen haben musste. „Sie müssen schon lauter sprechen. Meine Ohren sind nicht mehr so gut. Wer hängt heute am Balken?“ „Ich würde gern wissen, welche Bedeutung dein Verhalten hat, Maron!“, spielte Nidell laut und deutlich sein Spiel mit. „Ach so, mein Verhalten. Was das bedeutet, willst du wissen.“, lispelte Maron und fuhr fort: „Ach weißt du, ich möchte der Kleinen hier nur etwas verdeutlichen. Hoffentlich machen meine alten morschen Knochen das noch mit. Ach, habt ihr hier vielleicht was zum Sitzen für einen alten Mann?“ Nidell schob ihm ein Sitzkissen hin, auf das sich Maron laut stöhnend fallen ließ. „Ach, danke, junges Fräulein.“, sagte er. „Wissen Sie, mit über 800 Jahren ist das mit der Bewegung gar nicht mehr so einfach.“ „Nun tu mal nicht so.“, lachte Nitprin vom Bett aus. „So alt kannst du ja noch gar nicht sein, Maron. Vor 800 Jahren warst du doch noch gar nicht geboren.“

Ratzfatz hatte sich der gebrechliche Maron wieder in den jungen Offizier verwandelt, der er eigentlich war. Er setzte sich zu Nitprin aufs Bett, streichelte ihr Gesicht und sagte: „Siehst du, Jinya? Und genau das ist der Grund, aus dem wir keine Feinde sein können. Außerdem hat der Lauf der Geschichte ein ganz anderes Licht auf das Ganze geworfen. Es ist also alles OK. Du musst dir keine Sorgen mehr machen. So und jetzt wird geschlafen! Für heute hast du genug durchgemacht und gelernt. Schluss jetzt!“ „Na gut.“, sagte Nitprin und drehte sich um. Dann schlief sie auf der Stelle ein. Maron und Nidell verließen leise den Raum und das gesamte Quartier.

Zirell hatte mit der Zusammenkunft alles besprochen, was es zu besprechen gab. Ihre Freundin Darell hatte sich tatsächlich einverstanden erklärt, mit dem Rest ihrer Leute das Problem Föderation in der nächsten Versammlung der Zusammenkunft zu besprechen. „Es wird wohl notwendig sein, dass diese Besprechung so schnell wie möglich über die Bühne geht, Darell!“, drängte Zirell. „Mein erster Offizier meint, dass die Föderation jetzt wohl ziemlich schutzlos gegenüber Sytania wäre, wenn sie angreifen sollte. Ich bin sogar sicher, das wird sie bald tun!“ „Da kann ich dir nur zustimmen, Zirell.“, sagte das tindaranische Regierungsoberhaupt. „Unseren Informationen zu Folge gibt es Vorbereitungen im Dunklen Imperium, die auf nichts Gutes schließen lassen. Zoômells Leute haben die Vermutung, dass die Sache mit dem Wäscher vom Mars nicht ihr letzter Streich sein wird.“ „Was haben die Agenten denn gesehen?“, fragte Zirell. „Und warum hat mich Maron darüber nicht informiert?“ „Weil er auch noch nichts davon weiß.“, sagte Darell. „Die Informationslage ändert sich im Moment so schnell, dass wir kaum noch mit dem Verteilen von Informationen nachkommen. Bestätigt ist allerdings, dass Sytania eine Umgruppierung an der Spitze ihrer Vendar vorgenommen hat. Sie werden jetzt von einem Novizen Namens Dirshan angeführt und …“ „Ein Novize!“, lachte Zirell. „Wenn sich Sytania da mal nicht selbst ein dickes Ei ins Nest gelegt hat.“ „Wir sollten diesen Jungen nicht unterschätzen, Zirell.“, sagte Darell eindringlich. „Ich denke, dass wir von ihm noch einiges zu erwarten haben. Aber Sytanias momentanes Verhalten macht mir eher Sorgen. Sie ist unberechenbar und man weiß nie, was sie als Nächstes planen könnte. Die Strategen können sich auf ihr momentanes Verhalten einfach keinen Reim machen. Aber ich denke auch, dass die Föderation unseres Schutzes bedarf. Ich werde dich selbstverständlich über den Ausgang der Versammlung informieren.“ „Danke, Darell.“, sagte Zirell erleichtert und ließ IDUSA die Verbindung beenden.

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