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In Sytanias Palast hatten Dirshan und seine Gebieterin den Flug von Radcliffes Schiff genau beobachtet. „Er ist auf dem Weg zu uns, Herrin.“, stellte der junge Vendar fest und rieb sich die Hände vor Freude. „Ja, das ist er.“, bestätigte Sytania. „Und ich hoffe, es ist alles vorbereitet für den warmen Empfang, den ich gedenke, ihm zu bereiten.“ „Dessen könnt Ihr sicher sein, Sytania!“, meinte Dirshan mit einem gemeinen Grinsen auf den Lippen. „Wenn er gelandet ist, werden sich einige meiner Soldatinnen seiner Frau annehmen, wie Ihr es gewünscht habt. Cirnach persönlich wird sich um seinen Sohn kümmern und Telzan, ja, Ihr hört richtig, Telzan wird sich seiner persönlich annehmen und ihn hierher bringen, wo er Eure Antwort, also seine gerechte Strafe, erhalten wird.“ „Sehr gut.“, lobte die Prinzessin. „Ich muss immer wieder feststellen, was für eine gute Idee es war, dich mit dem Amt meines Truppenführers zu betrauen. Du bist zwar noch sehr jung, aber du hast bereits das strategische Verständnis deines Ausbilders.“ „Vielen Dank, Hoheit.“, bedankte sich der Novize.

Von den Dingen, die Radcliffes im Dunklen Imperium erwarten sollten, ahnten Nathaniel und seine Frau zunächst nichts. Sie waren sehr zerstritten auseinander gegangen, denn Nayale hatte sich nicht wirklich mit den Worten, die er ihr gegenüber benutzt hatte, abspeisen lassen. Auch seine schönen Worte hatten sie nicht darüber hinwegtäuschen können, dass hier etwas nicht stimmte.

Um Malcom nicht zu beunruhigen, war sie mit ihm im hinteren Teil des Schiffes geblieben, während sich Nathaniel allein im Cockpit aufhielt und es flog. Er hatte in den vergangenen Stunden viel Zeit gehabt, über das Geschehen im Zimmer in Ginallas Kneipe nachzudenken. Er wusste genau, dass Nayale mit all ihren Vermutungen gar nicht so falsch lag, aber was hätte er tun sollen? Sytania war die Einzige, die ihm Heilung versprochen hatte! Alle anderen, bei denen er bisher vergeblich an die Tür geklopft hatte, mussten früher oder später aufgeben. War es da denn wirklich so falsch, sich der einzigen Person anheim zu geben, die wirklich etwas tun konnte?

Er erblickte die Fackeln, die in alt hergebrachter imperianischer Weise den Landeplatz für sein Schiff markierten und betätigte die Sprechanlage, die ihn mit der Achterkabine verband: „Nayale, wir sind da.“ „In Ordnung.“, antwortete seine Frau vom anderen Ende der Verbindung. „Malcom und ich kommen nach vorn.“

Die Tür öffnete sich und bald standen sein Sohn und seine Frau vor ihm. „Du solltest Malcom besser hinsetzen.“, sagte Nathaniel, der sichtlich nervös war. Er wusste, dass er im Streit mit seiner Frau Sytania verraten hatte und konnte sich denken, dass sie dies nicht so ohne Weiteres hinnehmen würde. „Ich glaube nicht, dass ich heute so eine sanfte Landung hinkriege.“ „OK.“, stimmte Nayale zu, die sich vor dem Kind ja wie gesagt nichts anmerken lassen wollte.

Sie deutete auf einen Sitz: „Setz dich bitte, Malcom, und dann schalte bitte dein Sicherheitskraftfeld ein. Der Knopf ist an der rechten Armlehne.“ „Ich weiß, wo er ist, Mummy.“, sagte Malcom. „Ich bin doch schon ein großer Junge. Außerdem hast du es mir noch einmal gezeigt.“ „Das stimmt.“, sagte Nayale mit einem Lächeln. Dann sah sie zu, wie sich ihr Sohn auf den Sitz setzte und routiniert das Kraftfeld aktivierte. „Toll gemacht, Malcom.“, lobte sie.

„Also gut.“, sagte Nathaniel, griff die Steuerkontrollen fester und warf einen konzentrierten Blick auf seine Instrumente. „Gehen wir’s an!“ „Ich habe hinten eine Burg aus Bausteinen gebaut.“, sagte Malcom. „Sie sieht aus wie die Burg von der Märchenprinzessin. Du darfst nicht zulassen, dass sie bei der Landung kaputt geht, Daddy. Sonst ist die Prinzessin sicher sehr traurig.“, redete Malcom nichts ahnend seinem Vater ins Gewissen. „Das werde ich auf jeden Fall versuchen.“, sagte Nathaniel. „Aber ich werde wohl heute besser jemanden am zweiten Monitor beanspruchen, der mir hilft. Nayale, bitte komm her!“

Die junge Zeonide nickte und setzte sich neben ihn auf den Copilotensitz. Dann aktivierte sie auch ihr Kraftfeld und sah mit ihm auf den Schirm. Was sie dort allerdings sah, gab der intelligenten jungen Frau schon sehr zu denken. Sie sah jetzt, wie sich einige der Vendar, die vorher die Fackeln gehalten hatten, sie löschten, sich ohne sie umdrehten und die ganze Truppe eine total andere Formation einnahm. Es schien ihr auch, als holten sowohl einige Männer, als auch einige Frauen, Fesseln heraus. „Nathaniel, was die da unten machen, ist mir nicht geheuer.“, flüsterte sie ihrem Mann zu. „Wir sollten flüchten, solange wir es noch können. Bitte zieh das Schiff hoch und dann nichts wie weg! Vielleicht können wir sie so überraschen!“ „Ich weiß gar nicht, was du für ein Problem hast, mein Liebling.“, sagte Nathaniel. „Sie haben sicher nur eine neue Art von Ehrenspalier eingeübt.“ Er ließ das Schiff ungeachtet ihrer Warnung zu Boden sinken.

Draußen tat sich zunächst nichts. Das war aber auch durchaus von Dirshan so gewollt, um der Familie ein falsches Gefühl der Sicherheit zu vermitteln. „Seht ihr.“, sagte Radcliffe. „Es ist alles in Ordnung. „Kommt! Lasst uns aussteigen.“

Er öffnete per Knopfdruck die Türen des Breenschiffes, aber kaum hatte er das getan, griffen zwei Vendar-Kriegerinnen nach Nayale und zerrten sie aus dem Shuttle. Sie versuchte, sich mit allen Kräften zur Wehr zu setzen, aber gegen zwei Frauen, von denen bereits eine so stark wie fünf durchschnittliche Terranerinnen war, hatte sie keine Chance. Das sah die kluge Zeonide auch bald ein. „Was macht ihr mit meiner Mummy?!“, schrie Malcom außer sich vor Angst, aber im Selben Moment wurde er von Cirnach persönlich gepackt, bekam einen Knebel in den Mund und dann wurde er gefesselt. So hängte sie sich das arme verängstigte Kind dann wie eine Handtasche über die Schulter und rief ihren Mitstreiterinnen ein Kommando auf Vendarisch zu, auf das sie mit Nayale einen Streitwagen bestiegen, der dann in eine bestimmte Richtung davon brauste. Sie selbst legte Malcom jetzt auch auf einem Streitwagen ab, stieg auf den Kutschbock und war in die Gegenrichtung verschwunden.

Perplex und von der Situation sichtlich überrascht sah Radcliffe seiner Familie hinterher. Erst einige Sekunden später gelang es ihm, sich aus seiner Starre zu befreien, die ihn aufgrund seiner Angst heimgesucht hatte. Erst jetzt verließ er das Schiff. Dann stand er niemand Geringerem als Telzan gegenüber, der die ganze Zeit dort zurückgeblieben war, um auf ihn zu warten. „Was haben deine Leute mit meiner Familie gemacht?!“, wollte Radcliffe wissen. „Oh, das werde ich dir gern zeigen.“, sagte Telzan mit einem süffisanten Grinsen. „Komm mit zu meiner Herrin. Sie wird dir sicher gern alles erklären.“ „Worauf du dich verlassen kannst!“, sagte Radcliffe wütend und stapfte hinter ihm her. Er war fest entschlossen, Sytania wegen all der Dinge, für die sie ihn missbraucht hatte, zur Rede zu stellen. Was ihn im Thronsaal erwarten würde, ahnte er ja noch nicht.

Sytania erwartete Telzan und Radcliffe bereits. Sie saß auf ihrem Thron und sah beide mit herablassendem Blick an, als sie sich in ihre Nähe begaben. Dirshan, der alles beobachtete, grinste gemein. Er schien der Einzige zu sein, der genau wusste, was Nathaniel erwarten würde.

„Hier ist er, Herrin.“, sagte Telzan und winkte Nathaniel, zu Sytania vorzugehen. Wutentbrannt folgte der Terraner seiner Aufforderung. Jetzt war er gar nicht mehr so gefällig gegenüber ihr. Jetzt wollte er ihr ein für alle Mal sagen, was er von ihr und ihrem Tun hielt.

„Was habt Ihr mit meiner Familie gemacht?!“, fragte Nathaniel energisch. „Deine Familie?!“, fragte Sytania und lachte dabei dreckig. „Nun, die habe ich an die Plätze geschafft, die ihnen gebühren.“ „Was soll das heißen?!“, fragte der Professor. „Nun.“, sagte die Prinzessin. „Sie werden die Strafe ausbaden müssen, die du bekommen wirst, weil du mich gegenüber deiner Frau hingehängt hast. Wie konntest du Nayale gegenüber zugeben, dass ich dich dazu gebracht habe, diese kleine widerwärtige terranische Kröte umzubringen?“ „Ich musste es ihr sagen.“, sagte Nathaniel. „Sie hätte sonst von dem Gift getrunken und ich wusste nicht aus, noch ein. Ich liebe sie doch.“ „Liebe!“, sagte Sytania verächtlich. „Wie schwach und verletzlich sie doch macht. Dagegen der Hass! Oh, ja, der Hass! Er ist eine Quelle der Stärke und …!“ „Aber auch eine Quelle der Unvernunft!“, stellte Radcliffe fest. „Wenn man aus Hass oder aus Verzweiflung, die ja auch eine negative Emotion ist, Handlungen begeht, die man später bereut, dann ist man doch genau so schwach, oder vielleicht sogar noch schwächer, weil man niemanden hat, auf dessen Liebe man zurückgreifen kann und der einen auffängt.“ „Spielst du etwa auf meine kleine Erpressung an, Nathaniel?!“, fragte Sytania und tat, als würde sie ihn bemitleiden, aber Radcliffe hörte an ihrer Stimme genau, dass sie im Grunde nur Verachtung für ihn übrig hatte. „Genau das tue ich, Milady.“, sagte Radcliffe. „Ihr habt mich für Euch töten lassen! Ihr habt mich nur benutzt. Oder warum behandelt Ihr jetzt meine Familie so?! Wenn Euch ernsthaft etwas an mir läge, dann …!“ „Herzlichen Glückwunsch!“, sagte Sytania mit süffisantem Unterton. „Endlich hast du es kapiert! Du warst von Anfang an für mich nicht mehr, als eine Marionette, mein Lieber! Glaubst du wirklich, ich mache mir was aus so niederem Gewürm und Gekrieche wie dir?!“ „Aber Ihr habt mich sogar mit auf Eurem Thron sitzen lassen!“, erinnerte er sie. „Sicher habe ich das!“, gab Sytania zu. „Ich musste ja vor dir aufrecht erhalten, dass ich dir helfen wollte, damit du auch schön weiter mitmachst! Und dafür, dass du überhaupt von mir geheilt werden wolltest, habe ich auch gesorgt, indem ich die gewalttätigen Impulse in deinen Geist gepflanzt habe. Jene Impulse, die dich fast dazu getrieben hätten, deinen Sohn ernsthaft zu verletzen. Ich wollte erreichen, dass du um Heilung bettelst! Um so leichter warst du gefügig zu machen für mich! Du hättest alles für mich getan, nicht wahr?! Alles! Aber deine Frau musste uns ja in die Quere kommen! Aber davor musst du jetzt keine Angst mehr haben!“ Sie lachte dreckig. „Meine arme Nayale!“, rief der immer verzweifelter werdende Radcliffe aus. „Was habt Ihr mit ihr gemacht?!“ „Oh, sie sitzt nur in meinem Kerker bei Wasser und Brot.“, sagte die Mächtige. „Morgen werde ich sie zur Arbeit in meinen Kristallminen einteilen lassen. Dort wird sie die Kristalle, die von den Schürfern geborgen werden, von Schmutz und Unrat befreien. Was glaubst du, wo die schönen Steine herkommen, die all dies hier zieren!“ Sie ließ ihren Blick genießerisch über ihre Habe schweifen.

„Das Wasser im Fluss ist sehr kalt.“, fügte sie noch hinzu. „Deine Frau wird bald sehr krank sein. Sehr, sehr krank und dann auch vielleicht sehr, sehr tot! Aber vorher wird sie leiden! Sie hätte ja ihre Nase nicht in Dinge stecken müssen, die sie nichts angehen!“

Radcliffe stand wie zur Salzsäule erstarrt da. Schlagartig war ihm klar geworden, auf was er sich eingelassen hatte. „Ihr widert mich an!“, sagte er. „Ihr und Eure ganze …“ „Überlege, was du sagst!“, drohte Sytania. „Wenn du mir entsagst, dann wirst du wieder zu dem nervlichen Wrack werden, das du einst warst! Willst du das wirklich?! Ich lasse dir die Wahl! Vergiss Nayale und ihr Schicksal! Sie war uns doch eh nur im Weg! Sie hat dich verraten! Oder werde wieder zu dem kranken Mann, der du warst! Damit du’s weißt, geheilt habe ich dich nie! Ich habe dich nur stabil gehalten, solange ich dich brauchen konnte, um …!“ „Um mich jederzeit unter Kontrolle zu haben!“, erkannte Radcliffe. „Oh, was für ein Narr bin ich nur gewesen! Wie konnte ich glauben, dass Ihr für jemanden anderes handeln konntet, als für Euch selbst?! Ihr habt nur jemanden benötigt, der für Euch die Drecksarbeit macht, damit man Euch nicht verdächtigt!“ „Genau das!“, sagte Sytania und lachte erneut. „Aber was ist nun mit deiner Wahl?! Wie hast du dich entschieden?!“ „Für Nayale habe ich mich entschieden!“, sagte Radcliffe. „Für Nayale und ausdrücklich gegen Euch! Mit so einer hasserfüllten selbstsüchtigen und selbst verliebten Hexe , die Ihr seid, will ich nichts zu tun haben!“ „Na, wenn das so ist!“, sagte Sytania. „Dann nimm das, du Wurm! Spüre meine Macht!“

Es gab einen schwarzen Blitz und Nathaniel spürte, wie es ihm immer schwerer fiel, die selbstbewusste Fassade vor Sytania aufrecht zu erhalten, obwohl er dies mit aller Kraft versuchte. Schon spürte er die Auswirkungen seiner Krankheit erneut. Er wurde wieder zu dem zittrigen fahrigen Etwas, das er war, wenn er so einen Anfall hatte. Auch wusste er, dass dies jederzeit wieder passieren konnte. Er dachte sogar an Selbstmord, um diesem Leben entkommen zu können. „Recht so!“, sagte Sytania. „Wenn du sterben willst, dann wird dir sogar jemand dabei helfen! Telzan, schaff ihn aus meinen Augen!“ „Wie Ihr wünscht, Herrin!“, sagte der Vendar, der jetzt ja nichts weiter war, als ein einfacher Soldat.

Er packte Radcliffe am Schlafittchen und zerrte ihn aus dem Saal. Dabei flüsterte er ihm zu: „Folge mir, wenn du leben willst, Nathaniel El Taria.“

„Endlich allein!“, sagte die Prinzessin zu Dirshan. „Endlich sind wir diesen Verräter los. Dass der so schnell einknickt, hätte ich nicht gedacht. Aber na ja. Wir brauchen ihn sowieso nicht mehr für den Rest meines Plans. Er hätte seinen Zweck ohnehin erfüllt. Da kommt es mir ganz gelegen, dass er jetzt sterben wird.“ „Was ist denn der Rest Eures Plans, Milady?“, fragte Dirshan. „Nun, Dirshan.“, begann Sytania. „Ich werde heiraten!“ „Wie soll ich das verstehen, Hoheit?“, fragte der Novize. „Das will ich dir erklären.“, sagte Sytania. „Ich werde einen der Palgeister heiraten, die seit ewigen Zeiten in ihrem Gefängnis dahin vegetieren. Wenn ich ein anderes mächtiges Wesen heirate, dann können wir in der Hochzeitsnacht ein Ritual durchführen, bei dem ein körperloses Wesen geschaffen wird, das unsere beiden Kräfte in sich vereinen wird. Dieses Wesen wird einer von deinen Leuten dann zur vollendeten Entwicklung tragen und dann werden wir für es einen Körper suchen. Ach nein, den habe ich ja schon.“ „Den Jungen?!“, fragte Dirshan. „Genau!“, sagte Sytania. „Wie klug du doch bist! Niemand wird etwas Böses im Körper eines unschuldigen Kindes vermuten, wenn meine Armeen dereinst unter seiner Führung die Dimensionen heimsuchen werden. Bis es so weit ist, wird die Antiföderation noch eine Weile für Ablenkung sorgen! Ich werde die Antisternenflotte gegen die Sternenflotte in den Krieg schicken! Dann sind sie so abgelenkt, dass sie nicht sehen werden, was hinter ihrem Rücken passiert. Du wirst inzwischen dein Schiff nehmen und damit ins Universum der guten Föderation fliegen. Dort wirst du die Feuerhöhlen von Bajor aufsuchen und mir helfen, meinen Auserwählten zu finden. Nimm den Kontaktkelch mit. Keine Sorge. Ich werde dich und dein Schiff unsichtbar machen. Der Rest meiner Anweisungen erfolgt dann telepathisch.“ „Vielen Dank, Herrin.“, sagte Dirshan. „Vielen Dank, dass Ihr mich zum Überbringer einer für die Palgeister sicher sehr erfreulichen Botschaft macht.“ „Oh.“, sagte Sytania. „Das ist meine Belohnung für treue Dienste. Die bekommt aber nur der, der immer treu zu mir steht und der mich nicht verrät.“ „Das dachte ich mir schon.“, sagte Dirshan, steckte den Kontaktkelch ein und war in Richtung seines Schiffes verschwunden.

Auch Telzan und Nathaniel hatten eines der Vendar-Schiffe aufgesucht. Nur lag das Ihre weit abseits. Der Terraner dachte sich, dass sein neuer Freund wohl nicht wollte, dass Sytania mitbekam, was er tatsächlich mit ihm vorhatte. Seine Aufforderung, ihm zu folgen, wenn er leben wollte, hatte er durchaus verstanden. Er konnte sich aber nicht vorstellen, was der Grund für den plötzlichen Sinneswandel des Vendar gewesen sein könnte, denn diverse Ereignisse, die dies erklären könnten, hatte Nathaniel ja nicht mitbekommen. Er kannte Telzan aber gut genug, um einschätzen zu können, dass er nicht plötzlich zum Gutmenschen mutiert war, sondern dass sein Handeln unter Umständen auch nur eigennützige Gründe haben würde. Aber wenn es ihm half, Sytania zu entkommen, warum nicht?

Jetzt standen sie vor dem älteren Schiff und Telzan öffnete die Luke. Dann deutete er auf sie und sagte zu Nathaniel: „Steig ein! Wir haben wenig Zeit!“

Der terranische Archäologe nickte und kletterte voran ins Cockpit des Schiffes, wohin ihm der Vendar auch bald folgte und sich auf den Copilotensitz setzte. Erst jetzt, als Nathaniel vor den vielen Knöpfen, Hebeln und Joysticks saß, fiel ihm auf, dass Sytania ihm sogar die Fähigkeit genommen hatte, ein Schiff zu fliegen. Er konnte nur vermuten, dass dies auch eine Fähigkeit war, die er durch den Kegel bekommen hatte und die sie ihm deshalb auch genau so schnell wieder nehmen konnte, wie sie ihm diese und andere Kenntnisse gegeben hatte. „Das habt Ihr wirklich prima eingefädelt, Prinzessin!“, zischte Radcliffe und versuchte, sich wenigstens noch an etwas zu erinnern, aber das gelang ihm nicht.

Telzan hatte dem Treiben geduldig zugesehen. Er sah Nathaniel jetzt an, als würde er auf eine bestimmte Regung von ihm warten. Er nickte ihm sogar auffordernd zu. „Bitte hilf mir.“, sagte der verzweifelte Professor schließlich. „Ich hatte schon befürchtet, du würdest nie fragen.“, sagte Telzan erleichtert. „Ich muss fragen.“, sagte Nathaniel. „Du hast gesagt, wir haben keine Zeit und wenn ich nicht frage, dann werden wir hier nicht wegkommen. Ich erinnere mich wirklich nicht.“ „Dafür bin ich ja da.“, sagte der Vendar und holte einen Schaltschlüssel aus seiner Tasche, den er Nathaniel in die rechte Hand gab. Dann deutete er auf einen Zapfen und sagte: „Da drauf stecken!“ Nathaniel nickte und führte seine Anweisung aus. „Er lässt sich nach rechts drehen.“, stellte er fest. „Dann tu es doch.“, lächelte Telzan und sah zu, wie Nathaniel auch das ausführte.

Die Systeme des Veshel summten auf und dann sagte der Rechner etwas auf Vendarisch. „Oh, das werde ich gleich mal umstellen.“, entschuldigte sich Telzan und betätigte einige Symbole auf dem Touchscreen vor sich. „Das bedeutet, du kannst jederzeit eingreifen?!“, vergewisserte sich Nathaniel. „Genau das!“, bestätigte Telzan.

Die Worte des Rechners wurden noch einmal auf Englisch wiederholt: „Hauptsystem in Betrieb. Systemdiagnose läuft. Alle Systeme sind online und laufen fehlerlos.“ „So gefällt es dir schon besser, was, Nathaniel El Taria?“, fragte Telzan mit einem Lächeln. „Das stimmt.“, antwortete der Professor. „Aber warum hilfst du mir? Ich meine, du hattest Befehl, mich zu töten. Wenn Sytania dahinter kommt, dann …“ „Alles zu seiner Zeit, Nathaniel El Taria.“, meinte Telzan. „Jetzt solltest du uns erst einmal hier wegbringen.“ „Aber das kann ich nicht.“, widersprach Nathaniel. „Ich vermag mit den Dingen, die ich hier sehen kann, nichts mehr anzufangen. Dafür hat deine Herrin gesorgt.“

Telzan gab einen verächtlichen Laut von sich. „Sie mag dir diese Fähigkeiten genommen haben.“, sagte er. „Aber ich beabsichtige, sie dir wieder zu geben. Führe genau aus, was ich dir jetzt sage. Keine Angst! Wenn etwas passiert, kann ich jederzeit eingreifen, wie du schon festgestellt hast. Oben rechts auf der Schalttafel mit den beiden großen Joysticks befindet sich auch ein Knopf. Wenn du ihn drückst, aktivierst du die Atmosphärentriebwerke.“ „Also gut!“, sagte Nathaniel entschlossen, der jede Gelegenheit nutzen wollte, einen möglichst großen Abstand zwischen sich und das Dunkle Imperium zu bringen. „Wenn du das getan hast.“, erklärte Telzan weiter. „Dann ziehst du den Stick, den du nur längs bewegen kannst, zu dir. Aber langsam. Sie ist etwas empfindlich, die alte Dame.“ „Und was tue ich dann?“, fragte Nathaniel. „Tu erst mal genau, was ich gesagt habe.“, sagte Telzan. „Alles andere können wir später noch erläutern. Du bist mir nämlich immer noch viel zu nervös und zu viele Informationen könnten zu Fehlern führen und vielleicht kann ich dir dann auch nicht mehr helfen.“ „Na gut.“, sagte Nathaniel und zog den Stick zu sich. „Jetzt schieb den Regler über den beiden Sticks langsam nach vorn!“, instruierte ihn Telzan weiter. Auch das tat Nathaniel und bemerkte tatsächlich, wie sich das Schiff bald vom Boden abhob. „Sehr gut.“, lobte der Vendar. „Du hast wirklich Talent. Die meisten meiner Novizen stellen sich schlechter an.“

Nathaniels Blick wanderte über die Instrumententafel. Er konnte nicht wirklich etwas mit den Zahlen auf den Displays anfangen. „Ich denke, ich muss noch viel lernen, Telzan.“, stellte er fest. „Ja, das musst du, Nathaniel El Taria. Es wird noch eine Weile dauern, bis ich dich allein lassen kann und wir die andere Hälfte meines Plans ausführen können.“ „Welche andere Hälfte?“, fragte der Professor. „Ich sagte dir bereits, dass ich dir alles sagen werde, wenn ich denke, dass es Zeit dafür ist.“, erwiderte Telzan etwas unwirsch. „Außerdem hast du noch eine Menge anderes zu lernen.“

Nathaniel beobachtete, wie Telzan eine Tasche aus einem Versteck unter der Steuerkonsole zog und sie öffnete. „Sieht aus, als hättest du das hier schon von langer Hand vorbereitet.“, stellte er fest. „Das hatte ich tatsächlich.“, sagte Telzan und griff nach Radcliffes linkem Arm. Dann legte er ihm eine Tropfkonsole an. „Sie ist programmiert, eine gewisse Menge eines Medikamentes in dein Blut abzugeben, sobald du diesen Knopf drückst.“, erklärte er und zeigte auf einen großen roten Knopf am Bedienelement. „Gegen was?“, fragte Nathaniel. „Gegen deine Anfälle.“, sagte Telzan. „Es kann dich nicht heilen, aber es kann deinen Realitätsverlust in Grenzen halten und stellt dich einwenig ruhig.“ „Aber woher soll ich wissen, wann ich es aktivieren muss?“, fragte Radcliffe. „Die Anfälle kommen aus heiterem Himmel! Was ist, wenn ich dir wehtue oder dich gar töte während eines solchen Anfalls. Ich meine, du hast doch gehört, was Sytania gesagt hat.“ „Sytania!“, lachte Telzan. „Um die brauchst du dir beileibe keine Sorgen mehr zu machen. Sie hat gänzlich das Interesse an dir verloren. Du bist jetzt unwichtig für sie, genau so, wie ich es bin.“

Verwirrt sah Radcliffe ihn an. „Du und für sie unwichtig?“, fragte er. „Was ist geschehen? Als ich euch mit meiner Familie verließ, warst du noch Sytanias oberster Vendar.“ „Die Zeiten haben sich eben geändert.“, sagte Telzan. „Jetzt hat mein ehemaliger Novize Dirshan meinen Posten. Ich habe wohl zu oft versagt in Sytanias Augen.“ „Kann das auch mit dem Grund zu tun haben, aus dem du mir jetzt hilfst?“, fragte der Professor. „Genau das.“, sagte Telzan. „Ich bin froh, dass du nicht so naiv bist, Nathaniel El Taria, dass du glaubst, ich hätte meine gute Seite entdeckt. Ich helfe dir nur, weil ich mich an Sytania rächen will. Aber wenn dir das hilft, dann kann es doch nur gut sein für uns beide. Manchmal sollte man keine Fragen stellen, sondern die Gelegenheiten nutzen, wie sie kommen. Wie sagt man doch gleich bei euch auf der Erde? Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul, einem geschenkten Barsch nicht in den Arsch.“ „Du hast Recht.“, sagte Nathaniel. „Wir beide haben einen Grund, an Sytania Rache zu nehmen. Du wegen deines Postens und ich wegen meiner Familie. Wir könnten uns darüber streiten, welches Motiv edler ist, aber das sollten wir nicht tun, sondern viel eher zusammenarbeiten.“ „Ich hatte gehofft, dass du das sagen würdest.“, sagte Telzan. „Ich werde auch ein braver und aufmerksamer Schüler sein bei den Dingen, die du mir beibringen willst.“, sagte Nathaniel. „Das habe ich auch von dir nicht anders erwartet.“, sagte Telzan.

Ein Signal vom Rechner ließ die Männer aufhorchen. „Was bedeutet das?“, wollte Nathaniel wissen. „Schau selbst auf das Display.“, sagte Telzan. „Glaubst du etwa, ich habe mir die Mühe umsonst gemacht, alles auf Englisch umzustellen?!“ „Sicher nicht.“, antwortete Nathaniel und sah sich den Bildschirm an. „Die Sensoren nehmen Dinge wahr, die wie große Kreisel aussehen.“, sagte er. „Außerdem wird empfohlen, nach dem Durchqueren dieser Zone auf Impuls oder Warp zu schalten.“ „Hör mir zu!“, sagte Telzan. „Sie sieht die Weltraumwirbel. Halte sie zuerst einfach nur stabil. Mit dem anderen Stick kannst du ihren Kurs korrigieren, wenn es nötig sein sollte. Folge aber im Großen und Ganzen einfach nur ihren Bewegungen. Wenn du doch einmal gegensteuern musst, dann nur ganz langsam und ganz zart. Sonst stoßen wir noch mit einem der Wirbel zusammen. Wenn wir hier durch sind, dann gehst du auf Impuls. Das ist der mittlere Schalter von den dreien, von denen du den Rechten gedrückt hast, um die Atmosphärentriebwerke anzulassen.“ „Wird sie dann fragen, wie schnell ich fliegen möchte?“, fragte Nathaniel. „Nein.“, sagte Telzan. „Das kannst und musst du über den Regler bestimmen, weil wir auf manueller Steuerung fliegen. Das habe ich mit Absicht so eingestellt, damit du erst mal ein Gefühl für sie bekommst. Alles andere kommt später.“ „Na gut!“, sagte Nathaniel und begann damit, sich auf das Fliegen des Veshel durch die Wirbel zu konzentrieren.

Wenige Sekunden später hatten sie diese hinter sich gelassen und Nathaniel hatte auf Impulsantrieb umgeschaltet, wie es ihm Telzan aufgetragen hatte. „Ich gratuliere dir.“, sagte Telzan. „Das war irgendwie gar nicht so schwierig.“, sagte Radcliffe. „Vielleicht ist es ja richtig, was du sagst und ich habe tatsächlich Talent.“

Er bemerkte, dass er sehr zittrig wurde. „Ich glaube, das war etwas viel.“, stellte er fest. Im gleichen Moment kamen in ihm Bilder hoch, die Commander Sisko auf Deep Space Nine zeigten. „Du musst übernehmen!“, schrie Nathaniel außer sich. „Ich glaube, ich bekomme einen Anfall!“

Der Vendar holte selenruhig einen Erfasser aus seiner Tasche und begann damit, sein Gegenüber zu scannen. Die Worte der Stimme des Gerätes verstand Nathaniel nicht, denn es sprach Vendarisch. Er konnte sich aber denken, dass es Daten waren, die seinen Gesundheitszustand beschrieben. „Was habe ich dir denn gegeben, Nathaniel El Taria?!“, fragte Telzan. „Drück den Knopf! Dann wirst du sehen, dass alles nur noch halb so schlimm ist!“

Seine Anweisungen waren bei dem völlig panischen Radcliffe nicht mehr angekommen, das hatte auch Telzan gesehen. Also schnappte er sich dessen Arm und drückte selbst auf den Knopf an der Tropfkonsole. Augenblicklich gerieten die Bilder in Radcliffes Kopf in den Hintergrund. Erleichtert seufzte Nathaniel auf. „Danke, mein Freund.“, sagte er. „Du wirst von mir lernen, die Anfälle noch viel früher zu erkennen.“, sagte Telzan. „Außerdem wirst du lernen, Situationen, in denen sie auftreten können, im Vorhinein zu erkennen und dann besser vorbereitet zu sein. Sytania mag dir die Macht über deine Krankheit wieder genommen haben, die sie dir gegeben hatte, aber ich beabsichtige, sie dir wiederzugeben!“ „Große Worte, mein Freund.“, sagte Radcliffe skeptisch. „Aber glaubst du ernsthaft, dass die Sache so funktionieren kann?“ „Heilen wird dich dieses Medikament nicht.“, sagte Telzan. „Aber wenn wir die andere Hälfte des Plans ausführen, dann wirst du schnell an jemanden geraten, der das kann. So. Und nun sollten wir mit dem Unterricht fortfahren. Du hast noch eine Menge zu lernen, Nathaniel El Taria. Eine ganze Menge!“ „Also gut.“, sagte der Professor. „Ich würde nur gern wissen, ob du deine Novizen auch immer so ins kalte Wasser schupst, wie du es bei mir gemacht hast.“ „Oh, ja.“, sagte Telzan. „Das ist tatsächlich meine Art.“

Er ging zum Replikator und gab einige Befehle ein. Dann kam er mit zwei Bechern Eis zurück. „Schalte das Schiff auf Automatik!“, wies er Nathaniel an. „Wie soll ich das machen?“, fragte er. „Dreh dich zum Mikrofon des Mishar und sag einfach: „Mishar, Autopilot aktivieren!“ „Du meinst den Rechner.“, sagte Nathaniel, um sich zu vergewissern. „Was denn wohl sonst.“, sagte Telzan mit leicht genervter Stimme. „Also gut.“, sagte der Terraner und führte aus, was ihm sein neuer Lehrer soeben aufgetragen hatte: „Mishar, Autopilot aktivieren!“ „Befehl wird ausgeführt.“, kam es nüchtern zurück. „Warum kennt er meine Stimmfrequenzen?“, fragte Nathaniel. „Hast du nicht selbst festgestellt, dass ich alles gut vorbereitet hatte?“, fragte Telzan. „Doch.“, antwortete Nathaniel. „Das habe ich.“

Telzan stellte die beiden Becher auf einem Tisch ab, der sich im hinteren Teil des Cockpits befand. Dann zog er Nathaniel dort hin und beide setzten sich auf die Sitze. „Unsere Rache an Sytania sollte sein wie dieses Eis.“, sagte Telzan. „Schön kalt und süß.“ „Da stimme ich dir zu.“, sagte Nathaniel. „Und ich werde auch nicht mehr fragen, was den Rest angeht. Von jetzt an werde ich dir vertrauen.“ „Na dann.“, sagte Telzan. Dann begannen beide damit, ihr Eis zu genießen. Die Geschmacksrichtung war Nathaniel völlig unbekannt. Er tippte auf eine einheimische imperianische Fruchtsorte, wollte Telzan aber nicht fragen, denn er dachte sich, dass dieser ihn vielleicht jetzt schon damit prüfen wollte und sein Vertrauen auf die Probe stellte. Deshalb beließ er es dabei.

Ihre Entführerinnen hatten die arme Nayale einfach auf ein Strohlager in einer der Zellen in Sytanias Kerker geworfen. Hier fand sie sich nun neben einer genesianischen Kriegerin wieder. Diese war groß, muskulös und hatte rotes Haar, das wie ein Flammenkranz um ihren Kopf fiel. Nayale war froh, dass sie zu schlafen schien, denn ihr Anblick war für sie so schrecklich, dass er sie das Fürchten lehrte. Die schwarze Sträflingskleidung der Frau unterschied sich nicht wirklich von jener, in die sie selbst von den Vendar gesteckt worden war. Nur ihre Augen, diese feurigen Augen, strahlten noch Mut und Entschlossenheit aus, auch während sie schlief. Die Wärterinnen hatten es also wohl noch nicht geschafft, ihren Willen zu brechen. Das ließ auch Nayale wieder Mut schöpfen, die bereits sehr große Angst verspürt hatte. Lange sah sie der Frau in die Augen, als wollte sie etwas von deren Mut abschöpfen.

Plötzlich bewegte sie sich und Nayale wich erschrocken zurück. Sie hatte Gerüchte gehört, denen nach Genesianerinnen jemanden mit einem bloßen Schlag ihrer Handkante umbringen konnten. Dieses Schicksal wollte sie nun wirklich nicht erleiden. „Bitte töte mich nicht.“, flehte Nayale. „Ich wollte dir nicht zu nahe treten, stolze Kriegerin. Ich habe nur bewundert, was du trotz unserer Situation immer noch für einen Mut hast. Bitte, bitte tu mir nichts!“

Die Genesianerin drehte sich um, so dass Nayale ihr vollständiges Gesicht sehen konnte und lachte lauthals. Es war ein Lachen, bei dem sich Nayale die Haare kräuselten. „Warum sollte ich dich töten?!“, fragte ihre etwas heiser anmutende für eine Frau sehr dunkle Stimme. „Dafür gibt es doch keinen Anlass, du zartes zerbrechliches Ding! Ich will mich ja nicht der Unehre schuldig machen, weil ich mich an einer Gegnerin versucht habe, die keine ist. Das wäre feige und ich bin kein Feigling. Du machst mir eher den Eindruck, als benötigst du Schutz! Den bin ich bereit, dir zu geben. Halt dich zukünftig an mich! Dann wird dir nichts passieren!“

Vor Erleichterung und Freude, aber auch noch etwas vor Angst, brach Nayale in Tränen aus. „Aber ich habe nichts, was ich dir zahlen kann.“, sagte sie, die schon einiges über die Gepflogenheiten in Gefängnissen gehört hatte. „Oh, doch!“, sagte die Genesianerin mit Überzeugung. „Du hast Informationen über diese Marionette von Sytania, die meine Prätora sicher brennend interessieren würden. Ich weiß nämlich, wer du bist, Nayale Radcliffe!“ „Wenn du weißt, wer ich bin.“, sagte Nayale. „Darf ich dann auch erfahren, wer du bist?“ „Ich bin Elaria.“, sagte die Genesianerin. „Nur Elaria?“, fragte Nayale. „Kein Hinweis auf deine Mutter? Kein Clanname?“ „Mein Clan wurde aufgerieben in einem der vielen genesianischen Bürgerkriege.“, sagte Elaria. „Ich wurde von einem anderen Clan aufgenommen, in dem ich mich zunächst einmal bewähren muss. Dann werde ich vielleicht von der Prätora adoptiert und darf sowohl den Namen ihres Clans, als auch den Ihren als den Namen meiner Mutter führen. Aber jetzt stell keine Fragen mehr und schlaf! Morgen müssen wir früh raus und arbeiten.“ „Na gut.“, sagte Nayale, die eigentlich noch viel mehr hatte wissen wollen. Aber sie ahnte auch, dass sie vorsichtig sein mussten, weil jederzeit die Vendar wiederkommen konnten. „Gute Nacht, Elaria.“, sagte sie daher nur. „Gute Nacht, Nayale, mein zartes Pflänzchen.“, lächelte ihre neue Freundin zurück. Dann schliefen beide ein.

Cirnach hatte den armen kleinen verängstigten Malcom in ihr Haus gebracht. Kaum war sie aber mit ihm dort angekommen und hatte ihm den Knebel entfernt, hatte sie einen schwarzen Blitz gesehen und der kleine Junge war bewusstlos geworden. Dann hatte sie ihn auf ein Bett gelegt und war sofort wieder zu Sytania geeilt, denn sie hatte sich denken können, woher der Blitz gekommen war.

Nun stand sie vor ihrer Herrin. „Was habt Ihr mit dem Kind getan und warum habt Ihr es getan?“, fragte die Vendar umsichtig. „Nun, Cirnach.“, antwortete Sytania. „Ich wollte schlicht und einfach verhindern, dass er das ganze Haus zusammen schreit, wenn du ihm den Knebel aus dem Mund nimmst. Außerdem war es notwendig, damit er seine Angst und seine Mutter vergisst. Wenn er in einigen Minuten aufwacht, wird er dich und deinen Mann als Tante Cirnach und Onkel Telzan akzeptieren. Dies ist wichtig, damit er später kooperiert. Ich wollte nicht so weit gehen und ihn euch Mutter und Vater nennen lassen, aber …“ „Mit Tante und Onkel bin ich schon zufrieden, Gebieterin.“, beschwichtigte Cirnach. „Aber wobei soll er kooperieren? Ich meine, Ihr habt alles ja nur mit Dirshan und meinem Mann besprochen. Allerdings denke ich, dass Telzan nur dabei war und Ihr ihn ja nicht offiziell eingeladen hattet. Er hat ja den Posten des Truppenführers nicht mehr inne.“ Sytania hatte ihre Spitze zwar mitbekommen, ging aber einfach darüber hinweg. „Er wird das Gefäß für meine neue Schöpfung!“, sagte Sytania. „Diese wird in meinem Namen alle Dimensionen erobern! Deren Bewohner werden zunächst ziemlich naiv sein und von einem kindlichen Körper ja nichts Böses erwarten, aber sie wissen ja nicht, was darin steckt!“ „Mit Verlaub, Herrin.“, begann Cirnach. „Ihr wisst, dass jede Eurer Schöpfungen automatisch schwächer ist, als die Schöpfungen Eures Vaters. Außerdem können die Föderation und ihre Verbündeten sicher leicht mit so einer fertig werden, wenn …“ „Du hast mir ja noch gar nicht zu Ende zugehört!“, unterbrach Sytania sie harsch. „Wer sagt dir, dass ich allein am Prozess dieser Schöpfung beteiligt sein werde? Wenn das so wäre, dann hättest du sicher Recht, aber so ist es nicht! Ich habe mir bereits einen potenten Kandidaten ausgesucht, der mir helfen wird. Dirshan wird ihm meine Botschaft überbringen und dafür sorgen, dass er hierher kommt!“ „Denkt Ihr etwa an Dill?!“, fragte Cirnach empört. „Das könnt Ihr ja nun wirklich getrost vergessen! Den habt Ihr ja schon einmal erpresst und versucht ihn dazu zu bringen, Euch zu heiraten, aber Time …“ „Wenn dir dein Leben lieb ist!“, unterbrach die Prinzessin ihre Dienerin erneut tadelnd. „Dann erwähne diesen Namen niemals wieder! Und, nein! Ich habe keineswegs an Dill gedacht! Derjenige, an den ich dachte, sitzt seit Jahrhunderten auf dem Planeten Bajor gefangen. Ich aber werde ihm die Freiheit bieten und auch mich! Ein Angebot, das er mit Sicherheit nicht abschlagen kann!“

Cirnach musste eine ganze Weile lang nachdenken. Sie konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, wer auf Bajor so mächtig sein konnte, dass Sytania ein derartiges Interesse an ihm entwickeln würde. Schließlich kam sie aber dann doch zu einer Theorie. „Habt Ihr etwa an einen der Palgeister gedacht, Milady?“, fragte sie. „Genau das habe ich, Cirnach!“, sagte Sytania und klatschte in die Hände. „Genau das! Ich weiß nur noch nicht, für welches Exemplar ich mich entscheiden werde. Aber das werde ich dann tun, wenn Dirshan in den Feuerhöhlen angekommen ist.“ „Habt Ihr Dirshan unsichtbar gemacht?“, wollte Cirnach wissen. „Ich meine, irgendwie solltet Ihr verhindern, dass die Regierung von Bajor auf das aufmerksam wird, was dort passiert.“ „Natürlich habe ich das.“, sagte Sytania. „Ich bin schließlich keine Anfängerin!“ „Dann bin ich ja beruhigt.“, sagte Cirnach und wandte sich zum Gehen. Dabei warf sie Sytania einen fragenden Blick zu. Die Prinzessin nickte nur stumm. Cirnach verließ darauf erleichtert den Thronsaal.

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