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Joran und IDUSA waren wohl weitaus besserer Dinge. Sie waren inzwischen im Universum der positiven Föderation angekommen und der Vendar hatte sein Schiff in die Umlaufbahn von Bajor gesteuert. Dort hatte er ihr befohlen, ihren Energieausstoß so weit es ging zu reduzieren, damit sie nicht eventuell von den falschen Leuten entdeckt werden konnten. Mit den falschen Leuten meinte er aber nicht die Bajoraner, sondern seine ehemaligen Kameraden, die bei Sytania verbliebenen Vendar. Er ahnte wohl bereits, dass die Prinzessin wohl mindestens einen von ihnen schicken könnte, um einen ihrer widerwärtigen Pläne auszuführen.

Der Avatar der neuen IDUSA-Einheit zeigte sich Joran plötzlich mit besorgtem Ausdruck in den Augen. Vorher hatte der versierte Pilot nur die Steuerkonsole gesehen, die jetzt in den Hintergrund geriet, was für ihn auch ein Zeichen war, dass IDUSA die Kontrolle übernommen hatte. Das Schiff drehte sich langsam. „Was ist los?“, fragte Joran, der sich denken konnte, dass sie so etwas nicht ohne Grund tat. „Ich muss Ihnen etwas zeigen, Joran, das ich nicht verstehe.“, erwiderte die Stimme des selbstständig denkenden Schiffsrechners. „Dann lass mal sehen.“, sagte Joran und erwartete ihre Informationen, die sie ihm gleich darauf auf dem virtuellen Schirm präsentierte. Er sah ein Wellenmuster, das er aber sehr gut einzuordnen vermochte. „Das ist das Antriebsmuster eines Veshel.“, sagte er. „Das kann ich nur bestätigen.“, entgegnete IDUSA. „Es endet in der Umlaufbahn von Bajor, aber ich sehe kein Schiff.“ „Meine ehemalige Herrin wird das Schiff und ihren Piloten unsichtbar gemacht haben!“, erklärte der Vendar mit viel Sicherheit in der Stimme, der ja Sytanias Gewohnheiten sehr gut kannte. Schließlich hatte er rund 90 Jahre lang in ihren Diensten gestanden. „Sprechen wir hier über Tarnvorrichtungen?“, fragte IDUSA, die das Ganze nicht wirklich verstehen konnte. „Wenn es so eine gäbe, dann müsste ich doch zumindest ihren Energieausstoß registrieren.“ „Es ist keine technische Tarnung.“, erklärte Joran. „Eher eine mentale, wenn du so willst.“ „Sie wollen damit sagen.“, schlussfolgerte das Schiff. „Solange Sytania nicht will, dass wir das Schiff oder ihren Piloten sehen, sehen wir sie auch nicht? Ich meine, Sytania ist eine Mächtige. Was sie will, das geschieht.“ „Korrekt!“, lächelte Joran. „Du bist sehr klug, IDUSA.“ „Ich danke Ihnen.“, sagte das Schiff. „Aber das habe ich nur den tindaranischen Ingenieuren zu verdanken. Sie haben mich mit der entsprechenden Grundprogrammierung ausgestattet, deren Informationen zweifelsfrei auch sicher von Ihnen kommen, was Sytania angeht. Ich hörte, Sie hätten die Zusammenkunft umfassend informiert.“ „In der Tat.“, bestätigte Joran.

Wie es Joran bereits vermutet hatte, war Dirshan, nachdem er mit seinem Schiff Bajor erreicht hatte, in die Feuerhöhlen gebeamt. Hier hatte er den Kontaktkelch ausgepackt und ihn vor sich auf den Boden gestellt. Er hatte gehofft, dass seine Herrin dies sehen würde, was sie auch getan hatte, denn Sytania hatte ihn beobachtet. Recht so!, lobte sie telepathisch, Hier soll der Platz für unser Rendezvous sein. Romantisch, nicht wahr? Dirshan nickte, aber er machte nur gute Miene zum bösen Spiel. Er wusste, dass Sytania alle Aspekte der Romantik gern ins Lächerliche zog. Wie Ihr wünscht, Gebieterin., dachte Dirshan und tat, wie sie ihm geheißen hatte.

IDUSA hatte festgestellt, dass sie wohl in der Umlaufbahn des Planeten bald nicht mehr allein sein würden. Sie hatte mit ihren Sensoren den Planeten gescannt und bemerkt, dass von einem der wohl militärisch genutzten Raumflughäfen aus ein kleines Schiff gestartet war und Kurs in ihre Richtung gesetzt hatte. „Joran, wir bekommen Gesellschaft.“, meldete sie ihrem Piloten. „Zeig mir, was du siehst, IDUSA!“, befahl Joran. Bereitwillig führte sie seinen Befehl aus. Jetzt sah der Vendar auf dem virtuellen Schirm das kleine bajoranische Schiff, das nur mit einem ca. 180 cm messenden Bajoraner mit roten kurzen Haaren besetzt war, der eine Uniform trug. „Ich denke, er wird sich auch ansehen wollen, was hier vorgeht.“, sagte Joran. „Sobald er in die Umlaufbahn einschwenkt, rufst du ihn und verbindest ihn mit mir.“ „Wie Sie wünschen.“, erwiderte das Schiff.

 

Und nun?, wollte er wissen. Nun schau hin!, wies ihn Sytania an und dann sah Dirshan nur noch einen schwarzen Blitz, der von der Decke herabfuhr. Der Junge beobachtete, wie der Blitz in den Kelch einschlug. Wenig später erhob sich der Kelch und begann zu tanzen. Dirshan, der so etwas noch nie gesehen hatte, bekam es leicht mit der Angst zu tun. Wovor fürchtest du dich, Dirshan?, fragte Sytanias Stimme, aber dieses Mal fühlte der Vendar tatsächlich ihre Anwesenheit, als sei sie nicht mehr im Dunklen Imperium, sondern hier bei ihm in den bajoranischen Feuerhöhlen. Seid Ihr es, die den Kelch bewegt, Herrin?“, fragte Dirshan voller Ehrfurcht. Ja, ich bin es, Dirshan., antwortete Sytania. Aber ich bin nicht allein. Lass mich dir meinen Verlobten vorstellen!

Dirshan hatte das Gefühl, dass ein geistiger Vorhang zur Seite glitt. Jetzt spürte er auch die Anwesenheit eines anderen Wesens innerhalb des Kelches. Sytania, oder das Wesen selbst, mussten das bis jetzt verhindert haben.

Er erschrak etwas, als er die ihm noch sehr fremde Stimme in seinem Geist vernahm: Fürchte dich nicht, Vendar! Ich bin der, den Sytania, deine Herrin, auserwählt hat, um mit ihr den zu erschaffen, der Angst und Schrecken über alle Dimensionen bringen wird! Sie hat mich aus meinem elenden Dasein in diesem Gefängnis befreit. Aber wie?, fragte Dirshan Sytania und sich gleichermaßen, denn er spürte genau, dass nicht nur der Palgeist, sondern auch sie, noch immer Verbindung mit ihm hatten. Muss dazu nicht ein bestimmtes Ritual ausgeführt … Sterbliche!, lachte Sytania. Sterbliche müssen ein Ritual ausführen, aber ich, ich, ich bin eine Mächtige! Solche albernen Einschränkungen gelten für mich nicht! Das müsstest du doch eigentlich längst wissen, Dirshan! Vergebt mir bitte, Herrin., stammelte Dirshan. Das hatte ich wohl nicht bedacht. Dir sei verziehen., sagte Sytania. Du bist schließlich ja eigentlich noch ein Novize. Was ist das für ein Tanz, den Ihr aufführt?, fragte Dirshan. Erklär du es ihm, Schatz., meinte Sytania zu dem Palgeist. Wie du wünschst, mein Liebling., gab dieser zurück. Pass auf, Junge! Dieser Tanz ist unser Verlobungswalzer., erklärte der Palgeist. Er soll dir zeigen, wie gut wir harmonieren. Urteile selbst! Wie gut passen wir deiner Meinung nach zusammen?!

Eine Weile lang sah Dirshan dem Tanz des Kelches zu. Dann dachte er: Ihr passt vortrefflich zusammen, wenn ich meine bescheidene Meinung äußern darf. Natürlich darfst du!, meinte der Palgeist. Sonst hätten wir dich das hier bestimmt nicht sehen lassen. Du wirst dies noch zwei Mal mit noch anderen Partnern zu sehen bekommen., informierte ihn Sytania. Deine und Cirnachs Meinung sind mir sehr wichtig, weißt du? Cirnach ist bei mir im Schloss und hilft mir von dort, den passenden Ehemann zu finden. Deine Aufgabe ist es, dies von Bajor in den Feuerhöhlen aus zu beurteilen. Setze dich mit deinem Schiff in Verbindung und lasse dich mit dem Rufzeichen von Cirnachs Sprechgerät verbinden, damit auch ihr euch austauschen könnt. Wie Milady wünschen., erwiderte Dirshan und gab die entsprechenden Befehle in sein Sprechgerät ein, nachdem er es aus der Tasche geholt hatte.

Das tindaranische Schiff hatte Jorans Befehl ausgeführt. Jetzt sah der Vendar auf dem virtuellen Schirm das lächelnde Gesicht des bajoranischen Piloten. „Sei gegrüßt.“, begrüßte er ihn. „Tag auch!“, gab der Bajoraner schmissig zurück. „So was habe ich ja noch nie gesehen. Ein Vendar, der ein tindaranisches Schiff fliegt.“ „Ich arbeite für Zirell El Tindara!“, antwortete Joran stolz. „Sie ist die Anführerin der Crew von Basis 281 Alpha!“ „Ach du bist das.“, sagte der Bajoraner. „Dann sollte ich mich wohl glücklich schätzen, so einer Berühmtheit zu begegnen. Das ganze Universum redet nur gut von dir. Aber was machst du hier?“ „Ich bin auf einer Aufklärungsmission.“, sagte Joran. „Oh, dann sind wir schon zu zweit.“, sagte der Bajoraner. „Ich soll auch einige Bilder schießen. Der Kai soll sich zu euch geschmuggelt haben, sagt man, nachdem er eine Vision von den Propheten empfangen hat, in der sie zugeben, dass sie Hilfe brauchen, weil sie was nicht kapieren. Zumindest meinte das mein kommandierender Offizier, als er mit mir allein über diese Mission sprach, zu der ich mich freiwillig gemeldet habe. Es ist nämlich was passiert, das mich an der ganzen Sache hier gehörig zweifeln lassen hat. Der Wäscher war auch auf Bajor und hat das bei mir versucht, aber meine Handkante war wohl sehr überzeugend! Daraufhin habe ich nur auf eine Gelegenheit gewartet, es Sytania so richtig zu geben! Mir kann keiner erzählen, dass der Wäscher von den Propheten kam. Die sind nämlich viel rätselhafter, als es dieser Wäscher war. Der war mir zu direkt. So sind unsere Götter nicht! Pah!“ „Du bist also nicht sehr gläubig?“, meinte Joran. „Oh, doch.“, entgegnete der bajoranische Soldat. „Gerade deshalb weiß ich das ja so genau und lasse das nicht mit mir und den Propheten machen. Ich lasse nicht zu, dass Sytania ihren guten Nahmen derart in den Dreck zieht! Nicht mit mir! Nicht mit Mura Orton! Irgendwie tat mir dieser Typ ja leid, als er da so hilflos vor mir im Staub lag, weißt du? Der arme Kerl wurde ja auch nur von Sytania benutzt, aber was sein musste, das musste sein! Ich lasse mir doch nicht von jedem in meinem Geist herumpfuschen! Offensichtlich konnte er seine Kräfte nicht mehr benutzen, als er Schmerz empfand.“ „Das ist ein Teil des Kontrollmechanismus, Orton El Bajor.“, erklärte Joran. „Meine Herrin belässt gern einen Teil der Sterblichkeit bei ihren Marionetten, um sie besser im Griff zu haben.“ „Hey, Kompliment!“, staunte Orton. „Du bist der erste Nicht-Bajoraner, der die Sache mit Vor- und Nachnamen bei mir nicht verdreht hat, Joran Ed Namach, also Joran, der zu Namach gehört. Oder besser, der Witwer von Namach ist. Deine Geschichte ist uns ja allen bekannt. Oh, Sorry!“ „Schon gut, Orton El Bajor.“, sagte Joran. „Ich habe die Trauer über Namachs Tod längst überwunden. Wie ich sehe, haben wir beide gut über die sprachlichen Feinheiten der Kultur des jeweils anderen recherchiert. Aber du sagtest, du wärst auf einer Aufklärungsmission. Wie wäre es, wenn wir zusammenarbeiten würden?“ „Einverstanden.“, sagte Orton. „Ich bräuchte nämlich ganz dringend Hilfe! Wie du siehst, sehen wir nichts und ich würde das gern ändern. Hättest du eine Idee?“

IDUSA legte die Verbindung plötzlich in die Warteschleife und ihr Avatar ließ es sich für Joran anfühlen, als tippe sie ihm auf die Schulter. „Was gibt es, IDUSA?“, fragte Joran. „Ich hätte eine Idee.“, sagte das Schiff. „Wie wäre es, wenn ich mit der Rosannium-Waffe eine geringe Dosis auf das Ende der Antriebsspur schieße? Nur so viel, wie es braucht, damit meine Sensoren Umrisse sehen können. Sytania wird dann wahrscheinlich nur etwas leichten Kopfschmerz empfinden, den sie sicher nicht unbedingt mit uns in Verbindung bringt, wenn wir uns am unteren Ende der von mir berechneten Toleranz bewegen. Außerdem würde ich gern eine Datenverbindung zwischen mir und dem bajoranischen Schiff aufbauen. Dann könnte sich mancher umständliche SITCH zwischen Orton und Ihnen erübrigen. Unsere Betriebssysteme müssten kompatibel sein.“ „Sehr gut.“, grinste Joran. „Gib mir Orton El Bajor.“

Der Avatar nickte und führte seinen Befehl aus. „Was war das denn?“, fragte der leicht irritierte Bajoraner. „IDUSA hat mir einen Vorschlag gemacht, den du noch nicht unbedingt hören solltest.“, erklärte Joran. „Du weißt, dass sie laut der tindaranischen Rechtsprechung das Recht dazu hat.“ „Oh ja.“, sagte Orton. „Und was ist das für ein Vorschlag?“ „Sie will das Ende der Antriebssignatur mit einwenig Rosannium beschießen.“, sagte Joran. „Gerade so viel, dass wir Umrisse photographieren können. Sytania wird dann nur etwas Kopfschmerz empfinden. Sie wird hoffentlich nicht auf uns kommen. Außerdem möchte sie mit deinem Schiff eine direkte Datenverbindung aufbauen, damit wir effizienter kommunizieren können. Sie meint, ihre Systeme müssten kompatibel sein.“ „Gute Idee!“, sagte Orton. „Darüber habe ich nämlich auch schon nachgedacht. Aber ich hatte Angst, nicht die richtige Dosis zu erwischen. Mein Schiff hat nämlich auch eine Rosannium-Waffe. Aber Sytania ist deine ehemalige Herrin, also kennst du dich da wohl besser aus. Ich vertraue dir in der Hinsicht und wegen der Datenverbindung mach dir auch mal keine Sorgen. Ich bin damit auch einverstanden und wenn mein Schiff das anders sehen sollte, dann werde ich es schon überzeugen. Ich bin nämlich Computerfreak!“ „Also gut.“, sagte Joran. „Aber wir selbst sollten uns verstecken, um nicht gesehen zu werden. Aber ich denke, das sollte deine Aufgabe sein, Orton El Bajor. Das hier ist deine Heimat und hier kennst du dich aus.“ „Na dann komm mal mit.“, sagte Orton grinsend, ließ sein Schiff ein kurzes Signal mit den Positionslichtern von sich geben und flog los. Das Signal und seine Bedeutung waren Joran sehr gut bekannt. Es war der allgemein zwischen der Föderation und ihren Verbündeten bekannte Code für: „Bitte folgen.“ „Na komm, IDUSA.“, motivierte Joran das zögerlich den Antrieb aktivierende Schiff. „Eine solche Einladung sollten wir nicht ausschlagen.“ „Wie Sie meinen.“, sagte IDUSA und folgte mit einem viertel Impuls.

Cirnach hatte Sytania beim Verlassen ihres Körpers überwacht. Jetzt sah sie mit Zufriedenheit, dass ihre Herrin in ebendiesen zurückgekehrt war. „Was haltet Ihr von Kandidat Nummer eins, Milady?“, fragte die Vendar. „Nun.“, antwortete die Königstochter. „Er ist ganz passabel. Aber ich möchte doch noch sehen, was die anderen Beiden zu bieten haben.“ „Dies bleibt Euch ungenommen.“, lächelte Cirnach. „Schließlich solltet Ihr Euch den besten Partner für die Erschaffung des Geistwesens aussuchen. Mit einem minderwertigen Vater könnte es ja sein, dass es viel zu leicht besiegt werden kann und das ist ja wohl das Letzte, was Ihr wollt.“ „Recht hast du.“, sagte Sytania. „Das ist wirklich das Letzte, was ich will. Also, lass uns erneut zur Tat schreiten!“ „Wie Ihr wünscht, Prinzessin.“, sagte Cirnach und setzte ihr die Maske wieder auf, die gewährleistete, dass ihr Körper auch während der Zeit, in der sie ihn verlassen hatte, am Leben blieb. Sie war zwar eine Mächtige und damit eigentlich auf medizinische Geräte nicht angewiesen, aber dieser Schutz entfiel, sobald ihre geistige Energie nicht mehr in ihrem Körper war und er somit nicht mehr von ebendieser geschützt wurde.

Joran und Orton hatten einen Mond, der Bajor umkreiste, erreicht. Hinter diesem deaktivierten sie nun die Antriebe ihrer Schiffe. Auch die Datenverbindung hatte IDUSA ohne Schwierigkeiten etablieren können. Die von Orton befürchteten technischen Probleme waren ausgeblieben. „Joran, Orton ruft uns.“, sagte IDUSA. „Stell ihn durch!“, befahl Joran.

Auf dem virtuellen Monitor vor Jorans geistigem Auge erschien das Gesicht des stolz dreinschauenden Bajoraners. „Na, Joran!“, sagte Orton. „Ist das nun ein Versteck, oder ist das keins?“ „Es ist in der Tat ein sehr gutes Versteck.“, erwiderte Joran. „Soweit ich sehe, werden wir sogar noch von universeller Strahlung geschützt, die so auf uns fällt, dass wir quasi getarnt sind.“ „Wusste ich doch. Wusste ich doch.“, lachte Orton.

IDUSA, die jetzt von allen gehört werden konnte, weil ein Teil der Verbindung ja schließlich über ihre Systeme lief, räusperte sich plötzlich und mischte sich ein: „Gentlemen, wir werden ein Problem bekommen. Laut meinen Daten sind die Sensoren Ihres Schiffes, Orton, nicht so hoch auflösend wie meine. Außerdem haben sie eine zu geringe Reichweite. Ich befürchte, Sie werden gar nichts sehen.“

Joran dachte nach und kratzte sich am Kopf. Inzwischen aber meldete sich Orton: „Das macht nichts. Dann werde ich eben wieder näher heranfliegen!“ „Dein Mut in Ehren, Orton El Bajor.“, erwiderte Joran. „Aber ich halte das für keine sonderlich gute Idee. Du könntest gesehen werden und unter Umständen könnte man dir starke Probleme bereiten. Wir wissen nicht, wie viele Vendar da unten sind! Wenn die dich erblicken, machen sie sicher kurzen Prozess und du hättest vielleicht gegen diese Übermacht gar keine Chance! Das sollten wir lieber lassen!“ „Hast du vielleicht eine bessere Idee?!“, fragte Orton empört. „Nein, die habe ich nicht.“, gab Joran betont ruhig zurück. Er wollte in jedem Fall der sein, der jetzt Vernunft ausstrahlte. Er kannte seine ehemaligen Kameraden und wusste sehr genau, was diese bereit waren, für Sytania und ihren fragwürdigen Ruhm zu tun.

Jetzt sah er, wie sich Ortons Schiff tatsächlich wieder auf dem Kurs, den sie geflogen hatten, um in ihr Versteck zu kommen, zurückbewegte. „IDUSA, hilf mir!“, wendete er sich verzweifelt an sein Schiff. „Er wird sich noch in Lebensgefahr begeben.“ „Das ist mir auch klar.“, sagte IDUSA. „Aber die Bajoraner sind als relativ starrsinnig bekannt. Sie werden laut meinen Berechnungen der Wahrscheinlichkeiten wohl kaum eine Chance haben, ihn verbal umzustimmen. Aber wir müssen ihn ja ohnehin begleiten, weil wir ja noch einen Schuss auf das Ende der Antriebssignatur des Veshel abgeben müssen. Wir sollten aber mit der gleichen Dosis auch in die Atmosphäre von Bajor feuern, denn wo ein Schiff ist, da ist mindestens auch ein Pilot und der wird sicher etwas auf dem Planeten vorhaben.“ „In der Tat, IDUSA.“, sagte Joran. „Dann lass uns ihm folgen.“

Sytania hatte erneut ihren Körper verlassen und war in den Kontaktkelch gegangen. Von hier aus instruierte sie Dirshan nun telepathisch: Nimm jetzt den Kelch und bring ihn auf die andere Seite des Felsvorsprung. Wie Ihr wünscht, Gebieterin., gab der Novize zurück und führte ihre Instruktionen aus. Er fragte sich allerdings, warum sie jetzt, wo sie sich in dem Kelch befand, ihn nicht selbst telekinetisch dorthin beförderte. Aber das sollte ihm ziemlich bald selbst klar werden, denn kaum war Dirshan dort angekommen, bekam er schon wieder die nächste Order: Behalte deine Hände auf dem Kelch, solange ich es dir sage! Wir machen es dieses Mal etwas anders mit dem Erspüren der Harmonie. Immer der gleiche Tanz ist doch auf die Dauer ziemlich langweilig, oder? Ihr habt Recht, Herrin., meinte Dirshan und ließ seine Hand auf dem Kelch ruhen. Alsbald fuhr ein erneuter schwarzer Blitz auf ihn und den Kelch herab und er spürte das Bewusstsein von zwei Kreaturen darin. Aber es kam Dirshan vor, als würden sich beide küssen. Habt Ihr Euch gerade mit dem Palgeist geküsst, Milady?, fragte der Novize ungläubig. Das habe ich!, gab Sytania zurück. Nun, ich kann, wie du weißt, keine Liebe empfinden und weiß daher nicht, was sonst noch als Liebessymbol gelten könnte, aber du, Dirshan, du kannst mir doch sicher etwas sagen. Wir hatten den Tanz, den Kuss und was könnte jetzt wohl kommen? Vielleicht eine Art romantisches Picknick., schlug Dirshan vor. Interessant., meinte Sytania. Und wie hast du dir das vorgestellt? Wartet bitte einen Moment, Gebieterin., bat der Novize. Dann werdet Ihr es sehen.

Er gab einige Befehle in sein Sprechgerät ein, worauf der Replikator seines Veshel einen Kristall zauberte, der künstliche Energie enthielt, die Sytanias neuraler Energie doch sehr nah kam. Dieser wurde vom Transporter direkt zu seiner Position gebeamt. Dann nahm Dirshan das Mikrofon seines Sprechgerätes in die Hand: „Cirnach, was hältst du eigentlich von den bisherigen Kandidaten?“ „Der Zweite war potenter, was seine Energie anging, als der Erste.“, gab die erwachsene Vendar zurück. „Das kann ich nur bestätigen.“, sagte Dirshan. „Ich wollte nur sichergehen.“

Die Kamera des Sprechgerätes zeigte Cirnach den Kristall. „Das finde ich eine sehr vortreffliche Idee, Dirshan.“, lobte sie. „Ich nehme an, du hast die Energie in dem Kristall ungefähr der unserer Herrin nachempfinden lassen?“ „Das stimmt.“, sagte Dirshan. „Damit wollte ich auch testen, ob sich die Beiden gut vertragen.“ „Im übertragenen Sinne also, ob dem Palgeist Sytanias Hausmannskost lieb ist, nicht wahr?“ „So könnte man es ausdrücken.“, sagte Dirshan, der wohl ein Donnerwetter erwartete. Aber stattdessen sagte Cirnach nur: „Sehr gut! Weißt du, es wird in so mancher Ehe über nichts mehr gestritten, als über die Kochkunst.“ Dirshan grinste erleichtert.

Orton war aufgefallen, dass Joran und sein Schiff ihm gefolgt waren. Sofort nahm er wieder Sprechkontakt zu dem Vendar auf. „Hast du es dir doch noch überlegt?“, fragte er. „Das habe ich nicht.“, sagte Joran sehr ehrlich. „Ich muss nur noch etwas erledigen und es liegt mir nichts daran, dir dabei zuzusehen, wie du dich selbst in Gefahr bringst.“ „Ach ja.“, sagte der Bajoraner. „Der Schuss auf das Ende der Signatur. Aber wenn es ein Veshel gibt, wo ist dann der Pilot?“ „Der wird irgendwo auf Bajor sein.“, vermutete Joran. „Aber das kriegen wir ganz leicht raus, indem wir auch noch einen Schuss in die Atmosphäre abgeben. Dein Volk besteht aus Nicht-Telepathen, Orton El Bajor. Denen wird es nichts ausmachen.“ „Wohl wahr.“, sagte Orton. „Aber wie lösen wir jetzt das Sensorenproblem? Ich meine, mir ist auch klar, dass deine ehemaligen Kameraden, wenn sie uns erwischen, kein heiles Haar an uns lassen werden, aber was sollen wir machen?“

IDUSA schaltete sich auf die Sprechverbindung auf. Da sich in Ortons Shuttle keine Simulatoren befanden, wusste sie, dass er sie nur hören und nicht sehen können würde, aber für den Zweck, den sie verfolgte, würde auch das ausreichen. „Verzeihen Sie, dass ich mich einmische, Gentlemen.“, sagte sie. „Aber ich hätte einen Vorschlag, bei dem sicher keiner von Ihnen den Heldentod wegen ein paar Fotos sterben muss.“ „Wir hören, IDUSA.“, sagten Joran und Orton wie aus einem Munde. „Beide Schiffe, also, Ihr Schiff, Orton, und ich, benutzen meine Sensoren, um Bilder zu bekommen. Falls das nicht reicht, kann ich immer noch Kontakt zur tindaranischen interdimensionalen Sensorenplattform aufnehmen und sie, meine alte Freundin, um Hilfe bitten. Das geht auch alles aus unserem Versteck heraus.“, sagte IDUSA. „Einverstanden.“, stimmten die Männer zu und IDUSA konfigurierte die Datenverbindung.

Sie kamen bald an einer Position an, von der aus es gut möglich war, sowohl das Ende der vendarischen Antriebssignatur, als auch die bajoranische Atmosphäre mit Rosannium zu kontaminieren. IDUSA nahm das gleich zum Anlass, die Datenverbindung mit Ortons Schiff zu überprüfen. „Orton wird gleich sehen, was auch Sie sehen, Joran.“, erklärte sie. „Ah.“, sagte der Vendar. „Das bedeutet, auch den Zielvorgang.“ „Auch den.“, bestätigte die künstliche Intelligenz. „Soll ich zielen und feuern, oder wollen Sie?“ „Gib mir die Waffenkontrolle und übernimm das Steuer!“, befahl Joran. „Verstehe.“, sagte IDUSA. „Sie wollen es sich selbst nicht nehmen lassen, den Vorhang einen Spalt zu lüften, durch den wir Sytania ins Schlüsselloch schauen.“ „In der Tat, IDUSA.“, sagte Joran. „Also gut.“, erwiderte das Schiff und ließ ihn die Waffenkonsole sehen. Jetzt sah Joran auch, auf welche Dosis sie die Rosannium-Waffe eingestellt hatte. „3,59287.“, murmelte er. „Ja, das könnte gehen.“ „Danke für Ihre Bestätigung.“, sagte IDUSA höflich. „Ich wollte mir von Ihnen, der Sytania ja so gut kennt, meine Berechnungen nur noch einmal bestätigen lassen.“ Joran grinste.

Im Fadenkreuz des Zielerfassungsgerätes erschien das Ende der Antriebssignatur. Joran stellte sich vor, den Feuerknopf auf dem virtuellen Kontrollpult für die Rosannium-Waffe zu drücken. Im gleichen Moment beförderte der Phaser die entsprechende Dosis Rosannium auf den anvisierten Punkt. Zum Vorschein kam tatsächlich das Veshel! Aber es sah aus, als sei es eine Kinderzeichnung aus einem Mahlbuch, die man ausmahlen konnte. „Mehr darf ich nicht.“, sagte IDUSA. „Sonst könnte sie doch noch aufmerksam werden, das wissen Sie.“ „Das weiß ich.“, bestätigte Joran mit tröstendem Ton in der Stimme. „Aber ich habe noch eine Idee. Gib mir Orton El Bajor!“

Das Schiff führte seinen Befehl aus und wieder sah Joran Ortons Gesicht. „Möchtest du den Schuss in die Atmosphäre übernehmen?“, fragte der Vendar den erwartungsvoll dreinschauenden Bajoraner. „Wenn ich darf?“, fragte Orton zurück. „Die Konfiguration für die Rosannium-Waffe habe ich ja, Dank der Datenverbindung. Flieg du schon mal vor in unser Versteck. Ich mache das hier schon.“ „Also schön.“, sagte Joran. „Aber denke daran. Nur einmal feuern! Nur ein Mal!“ „Ja, ja.“, beruhigte ihn Orton. „Oder hältst du mich für einen totalen Anfänger! Ich bin kein Kadett mehr! Krieg’ das in deine große behaarte Birne! Aber wenn es dich beruhigt, kann ja IDUSA beim ersten Anzeichen von Ärger den Phaser meines Schiffes lahm legen. Dank der Datenverbindung geht das ja. Aber ich werde dir schon beweisen, dass ich keine Dummheiten vorhabe.“ „Na gut.“, sagte Joran und gab IDUSA den Gedankenbefehl zum Kurssetzen ins Versteck. „Diese Bajoraner sind ganz schön mutig, IDUSA.“, stellte er fest. „Nun, Joran.“, setzte das Schiff zu einer Erklärung an. „Sie kämpfen vielleicht auch mit dem Mut der Verzweiflung. Ihr Planet war vor ca. 800 Jahren von den Cardassianern besetzt. Da mussten sie lernen, sich zu wehren. Es ist möglich, dass sie dies sehr stark in ihrer Persönlichkeit verankert haben.“ „Mag sein.“, sagte Joran. „Aber der Übergang zwischen Mut und Dummheit kann manchmal auch fließend sein.“ „Lassen Sie Orton das bloß nicht hören.“, sagte IDUSA und ließ ihren Avatar ein peinlich berührtes Gesicht machen. „Das liegt ganz bei dir.“, sagte Joran. „Solange du gerade nicht durchgestellt hattest, kann da gar nichts passieren.“ „Ich würde nichts tun, das Ihre Zusammenarbeit stören würde.“, versicherte das Schiff.

Dirshan hatte den Kristall auf den Fuß des Kontaktkelchs gelegt und dann die eigenen Hände zurückgenommen, denn er befürchtete, dass sonst seine eigene Energie die aus dem Kristall unter Umständen verwässern könnte. Er hatte seine Hände jetzt benutzt, um sein Sprechgerät zu bedienen, mit dessen Hilfe er immer noch Verbindung zu Cirnach unterhielt. „Ich überlasse die letzte Entscheidung allein dir, Cirnach.“, sagte er. „Es ist mir so einfach sicherer für uns alle. Wenn ich meine Hände auf dem Kelch gelassen hätte, wäre eventuell meine eigene Energie bei dem Picknick im Weg gewesen und die Energie eines Vendar könnte wohl auch von dem Palgeist als störend empfunden werden. Immerhin sind wir über die Grenzen aller Dimensionen hinaus als Telepathenjäger bekannt.“ „Sehr gut!“, lobte Cirnach. „Da sieht man mal wieder, wie gut du im Unterricht meines Mannes aufgepasst hast.“

Sie hatte Telzan nicht umsonst erwähnt. Damit wollte sie nämlich auch Sytania immer wieder an die Wette erinnern, die zwischen den Frauen am Laufen war. Jetzt pflegte Cirnach, immer dann das Gespräch auf Telzan zu bringen, wenn sie fand, dass es dafür der passende Moment war und jetzt, das dachte sie zumindest, war ein solcher mal wieder gekommen.

IDUSA und Joran waren ebenfalls an ihrer Position im Versteck angekommen. „Sag mir genau, was Orton El Bajor tut, IDUSA!“, beorderte der Vendar sein Schiff. „Sie scheinen ihm immer noch nicht wirklich zu vertrauen, Joran.“, schlussfolgerte die künstliche Intelligenz aus seinem Befehl. „Wenn ich ehrlich bin.“, sagte der Vendar. „Dann hast du ganz Recht. Er kennt sich mit Sytania nicht aus. Aber ich dafür um so besser. Wer sollte also deiner Meinung nach bei dieser Aktion das Kommando haben, he?“ „Sie natürlich.“, sagte IDUSA. „Aber ich für meinen Teil glaube nicht, dass Orton an Ihrer Autorität zweifelt. Die Bajoraner sind nun einmal wie sie sind und Ihr Volk hat ja auch seine Eigenheiten. Offensichtlich prallen hier zwei Welten aufeinander und … Ah, es werde Licht!“

Orton musste auf die bajoranische Atmosphäre gefeuert haben, denn im gleichen Moment stellte IDUSA Joran die Bilder durch, die ihre Sensoren jetzt von dem Planeten empfingen. Auch die Wesen und ihre Umgebung glichen Figuren zum Ausmahlen. Aber den Grund dafür kannte Joran ja bereits. „Wo ist das, IDUSA?“, fragte Joran. „Das vendarische Biozeichen, das ich jetzt empfange.“, erklärte das Schiff. „Befindet sich in einem Höhlensystem. Außerdem sehe ich einen Kontaktkelch mit Drudenfuß.“ „Zeig mir den Vendar einzeln!“, befahl Joran.

IDUSA führte seinen Befehl aus und Joran wollte sich vor Lachen schier ausschütten: „Ein Novize!“, lachte er. „Ein Novize in der Kleidung eines Truppenführers! Bei allen Göttern, wie verzweifelt muss Sytania sein?!“ „Ich denke nicht, dass sie verzweifelt ist.“, sagte IDUSA und ihr Avatar hob warnend den rechten Zeigefinger. „Ich glaube viel eher, Telzan wurde ein Opfer ihrer Launen. Er wird einige Male zu oft in ihren Augen versagt haben und dafür die Quittung erhalten haben. Ansonsten scheint mir das hier nämlich alles sehr geplant und methodisch. Ich habe keinen Anhalt dafür, dass Sytania planlos oder verzweifelt handelt. Sehen Sie selbst.“ Damit zeigte sie ihm eine Abfolge von Bildern, die sie inzwischen aufgezeichnet hatte. „Du hast Recht.“, sagte Joran, dem jetzt klar wurde, was Sytania wahrscheinlich plante.

Auch Orton war mit seinem Schiff in das Versteck hinter dem Mond zurückgekehrt. „Na, wie habe ich das hingekriegt?“, fragte er mit einem schelmischen Grinsen, das vermuten ließ, dass er noch etwas im Schilde führte.

„Joran.“, sagte IDUSA, noch bevor dieser den SITCH beantworten konnte. „Ich erhalte gerade eine Anfrage nach Integration in unsere Datenverbindung. Das Rufzeichen kenne ich nicht.“

Joran musste sich sehr zusammenreißen, um nicht wütend zu werden. „Gib mir Orton El Bajor.“, sagte er betont langsam und zählte in Gedanken auf Vendarisch bis zehn. Dann stieß er hervor: „Was hast du wieder für einen Alleingang gewagt?! Du hattest mir doch versprochen, …“ „Du willst doch sicher ganz genau wissen, was in den Feuerhöhlen vor sich geht.“, sagte der Bajoraner. „Ich habe nur eine kleine Sonde repliziert, die uns das ermöglichen wird. Sie ist von den in den Höhlen auf Bajor lebenden Spinnentieren nicht zu unterscheiden. Lass dein Schiff das doch überprüfen.“ „Du hättest dich mit mir absprechen müssen!“, brüllte Joran ins Sprechgerät.

IDUSA simulierte einen Ausfall der Sprechverbindung. Dann beendete sie diese tatsächlich und wendete sich an Joran: „Zu Ihrer Information: Ortons Behauptung ist korrekt. Ich habe die entsprechenden Befehle in seinem Replikator gefunden. Er muss auch einiges von Insektenverhalten verstehen, so naturgetreu, wie er das Verhalten der Spinne programmiert hat. Auch optisch steht die Sonde einer einheimischen Spinne in nichts nach. Von einer echten Spinne unterscheidet sie nur, dass sie einen Haufen Technologie im Bauch und ein Mikrofon und eine Kamera, sowie ein Sprechgerät hat. Im Übrigen: Sie haben mir indirekt unterstellt, das Potential zu besitzen, Ihre Zusammenarbeit zu stören. Aber das Talent dazu beweisen Sie gerade selbst wirklich exzellent!“

Rumms! Das hatte gesessen! Hätte Joran nicht ebenfalls gerade gesessen, hätten ihn die letzten Sätze seines Schiffes sicher umgehauen. „Jetzt fällst du mir auch noch in den Rücken.“, sagte er blass. „Das tue ich keineswegs.“, antwortete das Schiff. „Ich versuche lediglich, Sie davor zu warnen, einen Fehler zu begehen. Mr. Mura hat die gleiche Ausbildung, die auch ein Sternenflottenoffizier haben könnte. Er ist kein strategischer Neuling. Sie sollten ihn wirklich stärker respektieren! Sonst werden wir den Einzigen verlieren, der sich hier am besten auskennt und dann wird es schwierig. Bitte denken Sie mal drüber nach!“

Joran überlegte. Dabei fiel ihm auf, dass sie Recht hatte. In diesem Universum kannte er sich wirklich nicht gut aus und schon gar nicht auf dem Planeten Bajor. Er war also tatsächlich auf Orton angewiesen. „Lass mich noch einmal mit ihm reden, IDUSA.“, sagte er. „Ich werde es versuchen.“, sagte das Schiff. „Aber nach dem, wie Sie ihn behandelt haben, halte ich es für wahrscheinlich, dass er …“ „Mach es einfach.“, sagte Joran genervt. Er war bereit, vor Orton zu Kreuze zu kriechen.

„Ich habe ihn.“, sagte IDUSA wenig später. „Offensichtlich hat er meine kleine technische Lüge geschluckt und Sie nicht unter Verdacht, etwas damit zu tun zu haben. „Gib her!“, sagte Joran energisch. Dann setzte er einen weichen Blick auf und sagte: „Orton El Bajor, ich möchte mich bei dir entschuldigen. Deine kleine Idee mit der Sonde finde ich wirklich sehr gut! Ich werde IDUSA befehlen, die Verbindung zuzulassen. Außerdem weiß ich, dass ich auf dich angewiesen bin, weil ich mich hier nicht auskenne. Es tut mir leid, dass ich dich so behandelt habe.“ „Welch versöhnliche Töne.“, flötete Orton zurück. „Wer hat dir denn den Kopf gewaschen?“ „Mein Schiff.“, gab Joran kleinlaut zu. „Sie hat mich von den Vorzügen unserer Zusammenarbeit überzeugt und …“ „Schwamm drüber.“, sagte Orton. „Wie wär's mit einem Handel? Du akzeptierst meine Ortskenntnis und mich als vollwertig und hörst auf, mich wie ein Baby zu behandeln und ich werde jede Aktion vorher mit dir absprechen. IDUSA wird die Einhaltung des Deals überwachen.“ „In Ordnung, Orton El Bajor.“, sagte Joran.

Sytania war erneut in ihren Körper zu Cirnach zurückgekehrt, um sich mit ihr über die Entscheidung, welcher Palgeist denn nun ihr Ehemann werden sollte, zu unterhalten. Nun, Cirnach.“, setzte sie an. „Du hattest durch mich ja jedes Mal einen Einblick. Wer, meinst du, würde für den Zweck, den wir verfolgen, am besten zu mir passen?“ „Nun, Hoheit.“, sagte Cirnach. „Mir ist aufgefallen, dass der zweite Kandidat sehr viel mehr Energie als der Erste hatte, aber Eure Energie nicht so gut mit seiner harmonierte. Dies könnte unter Umständen verhindern, dass der Schöpfungsakt überhaupt gelingen wird. Aber das wisst Ihr ja sicher selbst.“

Die Prinzessin schaute überrascht, was wiederum für Cirnach sehr überraschend war. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass Ihr das nicht wusstet, Milady.“, sagte die Vendar verwundert. „Du hast Recht.“, sagte Sytania. „Ich wusste es, aber es war mir zur Zeit wohl entfallen. Aber gut, dass du mich darauf aufmerksam gemacht hast. Kandidat Nummer zwei fällt also trotz größerer geistiger Potenz schon mal raus! Aber was ist mit Kandidat Nummer eins und drei?“ „Das ist schwer zu beurteilen, Milady.“, sagte Cirnach. „Aber wer sagt denn, dass Ihr nur einen Ehemann wählen dürft. In vielen Religionen ist das so, aber Euer Bündnis hat doch nun fürwahr nichts mit Moral zu tun. Ihr solltet den Weg wählen, der für Euer und unser Vorhaben der Beste ist. Wenn Ihr den Schöpfungsakt gleichzeitig mit Kandidat eins und drei ausüben würdet, dann wäre auch das Energieproblem gelöst. Und falls jemand mit Moral und Anstand daher kommen sollte, so können wir immer noch auf die Genesianer verweisen, bei denen es ja für eine Frau normal ist, mehrere Männer zu heiraten. Die Männer dürfen aber nur einer Frau treu sein.“ „Kluge intrigante Cirnach!“, rief Sytania aus. „Ich überlege, ob ich statt deines Mannes nicht besser dich an die Spitze meiner Truppen setzen sollte.“ „Milady wissen, dass mir das Kämpfen auf dem Schlachtfeld nicht sonderlich liegt.“, entgegnete Cirnach. „Ich ziehe lieber hier die Fäden mit Euch.“ „Also gut.“, sagte Sytania. „Dann gilt unsere Wette also weiterhin. Informiere Dirshan über unsere Entscheidung und lasse ihn wissen, dass ich nun beide meiner Ehemänner in den Kelch transferieren werde, den er dann zu mir bringt. Er soll den Kelch noch einmal zum Gefängnis von Kandidat Nummer eins bringen und dann zu dem von Nummer drei.“ „Wie Ihr wünscht, Herrin.“, sagte Cirnach und nahm ihr Sprechgerät zur Hand, über das noch immer eine in der Warteschleife liegende interdimensionale Sprechverbindung mit Dirshans Rufzeichen bestand. „Hör zu, Junge!“, instruierte sie den Novizen. „Unsere Herrin Sytania wünscht, dass du den Kelch noch einmal zu dem Platz bringst, in dem sich Kandidat Nummer eins befindet. Dann wirst du warten, bis er in dem Kelch ist und das Ganze dann zurück zu dem Platz bringen, an dem du Kandidat Nummer drei abholen wirst! Dann bringst du den Kelch hierher ins Schloss!“

Obwohl Dirshan eigentlich jetzt der Anführer von Sytanias Vendar war, hatte ihm ihre strenge Stimme sehr viel Respekt eingeflößt. Im tiefsten Inneren war er mit der Situation doch sehr überfordert und ganz froh darüber, dass sie wohl das in ihm sah, was er eigentlich noch immer war, ein Novize, für den jeder erwachsene Vendar automatisch den Status eines Ausbilders und somit einer Autorität hatte. Diesen Umstand hatte Cirnach schon immer sehr geschickt verstanden, für sich auszunutzen.

Der Novize hatte zwar verstanden, was sie ihm sagen wollte, für Dirshan ergab aber trotzdem nichts irgendwie einen Sinn. Was hatte sie gesagt? Von Kandidat eins und drei war die Rede gewesen? Warum sollte Sytania zwei Ehemänner haben wollen? Er verstand die Welt nicht mehr!

Die Einzige, die ihm jetzt noch helfen konnte, war Cirnach. Er nahm also sein Sprechgerät auf und sagte: „Cirnach, habe ich das wirklich richtig verstanden? Ich meine, die Höhlen könnten den Empfang verzerrt haben und ich weiß nicht, ob ich das richtig gehört habe. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sytania zwei Männern ihre Liebe schenken will. Könntest du das noch einmal wiederholen?“ „Oh, du naives dummes Kind!“, entgegnete Cirnach. „Bist du wirklich davon ausgegangen, dass unsere Herrin diese Heirat aus Liebe vorhat? Wenn ja, dann muss ich dich daran erinnern, dass sie keine Liebe empfinden kann, weil sie von Grund auf böse ist. Aber das sind die Palgeister auch. Also passen sie gut zusammen und das ist das Einzige, das für den Schöpfungsakt zählt! Hast du mich verstanden?! Die Hochzeit ist nur notwendig, weil sonst das nötige Ritual nicht ausgeführt werden kann. In Sytanias Bewusstsein muss die Voraussetzung geschaffen sein, dass sie jemanden Mächtiges geheiratet hat, damit es funktionieren kann und nur mit denen geht es. Wie viele es am Ende werden, das bleibt ihr überlassen! Als Mächtige ist sie ja wohl nicht an alberne menschliche oder sonst welche Moralvorstellungen gebunden! Nein, sie könnte sie sogar allen Sterblichen aufzwingen, ihre eigenen Vorstellungen! Hast du endlich kapiert!“ „Ja, Cirnach.“, sagte Dirshan, der angesichts ihrer Standpauke immer kleinlauter geworden war. „Ich wollte ja nur anmerken, dass eventuell zwischen den Beiden eine Eifersucht entstehen könnte, die vielleicht beim Schöpfungsakt im Weg ist und ihn stören könnte.“ „Was hatte ich dir denn gerade erklärt?!“, fragte Cirnach wiederum sehr streng. „Sitzt du etwa auf deinen Ohren?! Ich habe dir doch gerade gesagt, dass sowohl die Palgeister, als auch Sytania, viel zu böse sind, um Liebe empfinden zu können. Also gibt es auch keine Eifersucht, wo es keine Liebe gibt, oder? Schließlich werden beide an dem Schöpfungsakt zu gleichen Teilen beteiligt sein und sie werden schon mitmachen, wenn ihnen durch die Ausführung dieses Aktes unbegrenzte Macht zuteil wird. Außerdem verspricht Sytania ihnen die Freiheit, die sie sonst nicht erlangen könnten. Sie werden schon spuren.“ „Also gut, Cirnach.“, sagte der Novize und hob den Kelch hoch, um sich dann umzudrehen und den gleichen Weg zurück zu nehmen, auf dem er hergekommen war.

All diese Dinge waren weder Joran noch Orton verborgen geblieben, da IDUSA Ortons Sonde jetzt auch in die Verbindung integriert und Dirshan sein Sprechgerät nichts ahnend auf Lautsprecher geschaltet hatte. „Was hat das zu bedeuten?“, fragte Orton Joran. Der Bajoraner hatte schon an so etwas gedacht, als er den jungen Vendar in den Feuerhöhlen mit dem Kontaktkelch hantieren sah, aber er hatte sich nicht ausmahlen wollen, dass es wirklich so schlimm stand. „Es ist wohl tatsächlich wahr.“, sagte Joran betroffen. „Sytania will tatsächlich den Ritus von Shamun Rê ausführen.“ „Den Ritus von was?!“, fragte Orton irritiert. „Der vendarische Begriff für Eheschließung.“, übersetzte IDUSA. „Danke, cleveres kleines Schiff.“, bedankte sich Orton. „Hör zu, Joran. Ich schlage vor, wir bringen diese Aufzeichnungen so schnell wie möglich zu unseren Oberen. Die sollten dann ganz schnell entscheiden, was damit zu passieren hat. Vielleicht kann ja das Schlimmste noch verhindert werden.“ „Das Gleiche wollte ich auch gerade sagen, Orton El Bajor.“, sagte Joran. „Aber wir sollten in jedem Fall in Kontakt bleiben. Ich meine, ich weiß viel über Sytania und du sicher viel über die Palgeister. Wir müssen klug handeln, wenn wir handeln wollen und das geht nur, wenn wir unser Wissen zusammenwerfen.“ „Sehe ich genau so.“, sagte Orton. „Deine Zusammenkunft kann sich ja bei uns melden.“ „Das wird sie sicher, wenn ich meiner Anführerin diese Informationen gegeben habe. Aber auch du solltest deinen Teil so schnell wie möglich zu deiner Herrscherin Kira Laren tragen.“ „Herrscherin?!!!“, lachte Orton und wollte sich schier entleiben. „Da bist du aber schief gewickelt! Sie ist unsere demokratisch gewählte Primeministerin! Herrscherin, nein so was!“ Er prustete noch einige Male ins Mikrofon.

IDUSA übernahm das Gespräch, denn sie befürchtete, dass Joran sich eventuell verspottet vorkommen könnte. Er und Orton hatten bisher sehr gut zusammengearbeitet und das Schiff befürchtete nun, dass Joran ob Ortons Reaktion diese Zusammenarbeit aufkündigen könnte, wenn sie seinen Charakter richtig einschätzte und nicht eingriff. „Bitte vergeben Sie meinem Piloten, Mr. Mura.“, begann sie diplomatisch. „Aber in der Welt, aus der er kommt, gibt es keine demokratischen Strukturen. Deshalb tut er sich mit dem Benutzen solcher Begrifflichkeiten etwas schwer. Außerdem ist Englisch, das wir die ganze Zeit gesprochen haben, ja weder Ihre noch seine Muttersprache. Hier haben Sie beide etwas gemeinsam und das ist ja wohl die beste Voraussetzung für eine Annäherung.“ „Entschuldigung, Schiffchen.“, sagte Orton, der durchaus wusste, wer da gerade mit ihm gesprochen hatte, auch ohne sie gesehen zu haben. „Übermittle ihm bitte meine Entschuldigung. Daran hätte ich vielleicht denken müssen, bevor ich gelacht habe. Aber Joran wird ja sicher auch schon gemerkt haben, dass ich etwas impulsiv bin. Es tut mir leid.“

IDUSA hatte Joran Ortons letzte Sätze hören lassen. „Schalte mich wieder auf die Verbindung, IDUSA.“, sagte er. „Wie Sie wollen, Joran.“, sagte IDUSA und führte seinen Befehl aus, was Joran bald an Ortons Gesicht auf dem virtuellen Schirm sehen konnte. „Ich nehme deine Entschuldigung an, Orton El Bajor.“, sagte der Vendar langsam und deutlich, ja schon fast feierlich. „IDUSA hat Recht. Ein sprachliches Missverständnis sollte nicht zwischen uns stehen.“ „Natürlich hat es Recht, dein kleines schlaues Schiff.“, sagte Orton, der sich auch einwenig mit der tindaranischen Rechtsprechung auskannte und daher wusste, welchen Status die IDUSA-Einheiten hatten. „Ohne IDUSA wäre es sicher nicht dazu gekommen, denn wir hätten uns tierisch in die Wolle gekriegt. Stattdessen bringt jeder von uns seiner Regierung jetzt brillante Bilder, die es ohne unsere Zusammenarbeit nie gegeben hätte!“ „In der Tat.“, bestätigte Joran. „Zumindest so brillant, wie es unter den gegebenen Voraussetzungen möglich ist.“ „Das stimmt schon.“, sagte Orton. „Aber sie werden wohl damit zufrieden sein müssen.“ „Allerdings.“, sagte Joran. „Aber jetzt sollten wir auch unsere Nabelschnur trennen, damit es gleich keine technischen Probleme auf beiden Seiten gibt.“ „Einverstanden.“, sagte Orton. Die Datenverbindung zwischen den Schiffen wurde beendet, Orton beamte seine Sonde an Bord und dann flogen beide ihrer Wege.

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