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Auch Scotty, IDUSA und Shimar waren mit den übrigen tindaranischen Schiffen zusammengetroffen und hatten sich nun gemeinsam auf den Weg zur Erde gemacht. Der tindaranische Pilot war immer neugieriger auf Scottys Plan geworden und hatte daher seine Aufmerksamkeit gegenüber IDUSA etwas schleifen lassen. „Soll ich das Steuer übernehmen?“, fragte diese. „Wäre vielleicht besser.“, sagte Shimar, der selbst bemerkt hatte, dass es mit seiner Konzentration aufs Fliegen gerade nicht zum Besten bestellt war.

IDUSA ließ die Steuerkonsole vor seinem geistigen Auge in den Hintergrund verschwinden. Dann fragte sie: „Darf ich wissen, was Ihre Aufmerksamkeit so beansprucht?“ „Frag Scotty.“, sagte Shimar. „Der redet doch die ganze Zeit davon, einen Plan zu haben, der eigentlich unmöglich ist. Wie sollen wir die negative Sternenflotte besiegen, ohne selbst einen Schuss abzugeben?“ „Knobel mal noch ’n bisschen, Kumpel.“, sagte Scotty, der genau wusste, dass Shimar niemals ohne sein Einverständnis in seinen Geist eindringen und sich die Informationen von dort holen würde. „Aber ich glaube nich’, dass du drauf kommen kannst. Dafür fehlen dir die Fachkenntnisse. Außerdem ist es mit guten Plänen wie mit gutem Wein oder gutem Käse. Sie brauchen viel Zeit zum Reifen.“

„Shimar!“ IDUSA hatte nach seiner Aufmerksamkeit verlangt und stellte ihm jetzt die Bilder von der negativen Sternenflotte auf den Neurokoppler. Der junge Tindaraner machte ein ernstes Gesicht. „Ich schlage vor, du beschleunigst den Reifeprozess ein wenig, Scotty!“, sagte er etwas hektisch. „Ich denke nämlich, es gibt bald saftigen Ärger!“ „Nur die Ruhe, Junge.“, sagte mein Mann. „Ich kann dir schon mal so viel verraten. Weißt du, was Elektrosmog is’?“ Mein Freund schüttelte den Kopf. „Na komm, IDUSA!“, wendete sich Scotty an das Schiff. „Hilf ihm! du hast das doch bestimmt in deiner Datenbank.“ „Bei Elektrosmog.“, begann IDUSA. „Handelt es sich um austretende Strahlung, die entsteht, wenn elektrische Energie eine Leitung passiert. Er kann empfindliche elektronische Systeme sehr stark beeinträchtigen, wenn sie nicht genügend abgeschirmt sind. Heute haben wir das Problem nicht mehr, weil die Abschirmungen nahezu optimal sind.“ „Aber jede dieser Abschirmungen kann kompromittiert werden.“, sagte Scotty ergänzend. „Was glaubt ihr, was passiert, wenn man bei so ’nem Energiekristall, der gerade Energie abgegeben hat, die Hülle anknackst und den Strahlemann dann direkt durch die Abschirmung in den Prozessorenkern beamt?! Ich meine, durch alle Abschirmungen hindurch!“ „Das wird die Absturzparty des Jahrhunderts!“, lachte Shimar. „Und vor allem werden sie nicht damit rechnen, weil das Problem ja eigentlich heute nicht mehr existiert. Aber wie kommen wir nah genug an ihre Hauptrechner heran?“ „Wir warten, bis sie uns angreifen.“, sagte Scotty. „Dann tut deine IDUSA so, als wäre sie getroffen worden und als wolltest du dich ergeben. Die von der bösen Sternenflotte werden so großen Appetit auf tindaranische Kriegsgefangene bekommen, dass sie uns mit Freuden in den Traktorstrahl nehmen sollten. Wenn wir kurz vor dem Hangardeck sind, beamt IDUSA den Strahlemann an seinen Platz. Ihre Systeme sind und bleiben ja abgeschirmt. Wenn die Systeme der bösen Jungs und Mädels da drüben ausfallen, macht sie mit uns einen Warpsprung und weg sind wir. Sag das deinen Leuten. Aber nicht über SITCH. Jede Aktivität über das Sprechgerät könnte verdächtig sein. Außerdem sollten sie wissen, was ich mit der Hülle des Energiekristalls mache. Du hast doch da noch ’ne Möglichkeit.“ „Wow!“, sagte Shimar. „Primitiv, aber sicher wirkungsvoll. Da zeigt sich mal wieder, wie praktisch es sein kann, mit jemandem aus der Vergangenheit eine Beziehung zu führen. Das wusstest du doch sicher von Betsy, in deren Zeit das Problem mit dem Elektrosmog noch sehr aktuell sein dürfte.“ Scotty nickte.

„Aus welchem meiner Nebensysteme gedenken Sie, einen Kristall bei laufendem Betrieb zu entnehmen, Techniker Scott?“, fragte IDUSA. „Nun, ich hatte an deinen Replikator gedacht.“, sagte der Ingenieur. „Also gut.“, sagte das Schiff. „Dann werde ich Ihnen gleich mal isolierende Handschuhe und einen technischen Erfasser replizieren, damit der was zu tun hat, bevor Sie den Kristall entnehmen. Dann haben Sie auch gleich Werkzeug.“ „Zwei Klappen mit einer Fliege!“, flapste Scotty. „Ich könnte dich knutschen, IDUSA!“ „Bitte machen Sie Ihre Frau nicht eifersüchtig, Techniker Scott.“, bat IDUSA. „Keine Panik, Schiffchen.“, sagte Scotty flapsig. „Aber jetzt sollten wir anfangen. Wie sieht’s aus, Shimar? Hast du Kontakt zu deinen Leuten?“ „Ja, Scotty.“, sagte Shimar, der inzwischen zu allen anderen tindaranischen Soldaten, die hierin verwickelt waren, tatsächlich eine telepathische Verbindung hergestellt und es ihnen erklärt hatte. Jetzt würden sie durch ihn Scotty genau zusehen, um zu wissen, wie sie das mit dem Kristall hinbekommen konnten. „Dann aufgemerkt.“, sagte Scotty. „Fangen wir an, IDUSA.“

Das Schiff replizierte ihm das Werkzeug und Scotty stülpte sich die Handschuhe über, was Shimar aufmerksam beobachtete und über die Verbindung an alle anderen weitergab. Dann entnahm der Techniker einen Kristall aus der Leitung, die den Replikator noch gerade mit Energie versorgt hatte und ersetzte ihn gleich durch einen Neuen. „Leih mir bitte mal deinen Phaser.“, sagte er. Wortlos und sehr angespannt vor Konzentration holte Shimar die Waffe hervor und gab sie seinem Freund. Scotty stellte sie auf die geringste Stufe ein und feuerte zwei kurze Salven auf die Hülle des Kristalls, in der sich zwei kleine Risse bildeten. „Nich’ schön, aber selten.“, kommentierte er die eigene Leistung. Dann steckte er den beschädigten Kristall erst mal in seine Tasche. „Hier halte ich dich erst mal schön warm, bis zu deinem Einsatz, mein Schätzchen.“, flüsterte er. Dann wandte er sich an Shimar: „Haben deine Leute alles verstanden?“ „Das haben sie.“, sagte Shimar und beendete die telepathische Verbindung. „Alles. Auch die Sache mit der lahmen Ente. Hoffen wir nur, dass die negative Sternenflotte unsere Finte auch schluckt.“ „Gier frist Hirn, mein Junge.“, sagte Scotty ruhig. „Shimar hat Recht, Techniker Scott.“, mischte sich IDUSA ein. „Ich würde auf jeden Fall Verdacht hegen, wenn sich mir ein Feind so freiwillig anbietet.“ „Der Wurm muss dem Fisch schmecken und nich’ dem Angler, IDUSA.“, sagte Scotty. „Die haben ihre Vernunft nich’. Die is’ Gott sei Dank ein Teil der positiven Seite eines Wesens und somit bei unseren Freunden verblieben. Die werden vor Gier sabbernd und geifernd in ihren Stühlen sitzen und nur noch auf ihren Traktorstrahl schielen, damit der auch ja hält. Aber du, IEDUSA und die anderen Schiffe, ihr solltet von Zeit zu Zeit die Vorstartsequenz eurer Antriebe zünden, damit es so aussieht, als wärt ihr euch mit euren Piloten nich’ einig. Das bringt ihre Aufmerksamkeit noch mehr auf ihre Traktorstrahlen und weg von dem, was hinter ihrem Rücken passiert. Sonst wär’s zu leicht. Aber wenn die meinen, wir könnten ihnen doch noch durch die Lappen gehen, dann …“ „Na gut, Techniker.“, willigte IDUSA ein. „Ich sage es den anderen.“, sagte Shimar und baute erneut die Verbindung zu seinen Kameraden auf.

Auch Ginalla und Kamurus hatten die Ankunft der Tindaraner und der negativen Sternenflotte beobachtet. „Die sehen ja aus wie unsere.“, stellte die junge Celsianerin fest, nachdem ihr Kamurus die Bilder gezeigt hatte. „Stimmt.“, sagte das Schiff. „Es dürfte schwierig werden, zu unterscheiden, wer Freund und wer Feind ist.“ „Glaubst du echt, ich wollte mich da einmischen?“, fragte Ginalla. „Ne. Ich denke, die Tindaraner haben das schon im Griff. Außerdem könntest du beschädigt und ich verletzt werden und dann war’s das mit unserem Plan. Komm, ab ins Versteck! Sag Sharie, dass sie bald nich’ mehr allein die Herrin der Ringe is’! Außerdem habe ich überhaupt keine Zeit zum Kämpfen und du auch nich’. Wir müssen schließlich noch was bauen.“ „Also gut.“, sagte Kamurus und flog in dieselbe Richtung, in die vorher auch Sharie abgebogen war.

Die positive Granger hatte ebenfalls die Erde erreicht. „Es ist seltsam, Commander.“, stellte Kang fest. „Normalerweise müsste doch die böse Sternenflotte schon längst da sein, nach allem, was wir bisher wissen.“ „Oh, ich bin sicher, das ist sie, Warrior.“, erwiderte Mikel, der sein böses Ich relativ gut einschätzen konnte. „Aber wo könnten sie …“, setzte Ribanna zu einer Frage an, aber im selben Moment kamen von den Pohlen aller Planeten Schiffe herbei. Mikels Hilfsmittel identifizierte sie sofort als die negative Sternenflotte. Im gleichen Moment meldete Kang: „Commander, die negative Granger zielt auf uns. Sie hat unsere Lebenserhaltung im Visier!“ In seinen Worten schwang eine gehörige Portion Wut mit. „Worauf sind Sie genau sauer, Mr. Kang?“, fragte Kissara, deren feine Katzenohren diese Dinge durchaus mitbekommen hatten. „Wenn Ihre Wut Ihre Konzentration auf Ihren Dienst beeinträchtigen sollte, wäre es vielleicht besser, wenn …“ „Ich schaffe das schon, Ma’am!“, versicherte der Klingone. „Ich bin nur in gewisser Hinsicht sauer auf mich selbst, oder besser gesagt auf den bösen Teil von mir! Wie kann ein Klingone bei einer so unehrenhaften Handlung mitmachen, wie auf unsere Lebenserhaltung zu zielen?! Das ist feige und ehrlos!“ „Oh, diese Frage werden Sie sich selbst beantworten können.“, sagte Mikel. „Wenn Sie mir zunächst eine andere beantworten. Empfinden Sie Ihr Ehrgefühl als positiven oder negativen Teil von sich, Kang?!“ „Als Positiven, Sir!“, antwortete Kang. „Also.“, sagte der blinde erste Offizier. „Da haben Sie Ihre Antwort, wie so etwas sein kann!“ „Sie meinen.“, schlussfolgerte Kang. „Dieser Kang da drüben ist ohne Ehre?“ „Ja, das meine ich.“, erklärte Mikel. „Jeder von uns hat ein schwarzes Schaf in sich, das aber auch manchmal sehr hilfreich sein kann, wenn man kämpfen muss. Es ist nur wichtig, dass es uns nicht für immer kontrolliert. Die richtige Balance ist entscheidend.“ „Ich verstehe, Sir.“, sagte Kang. „Keine Sorge. Jetzt habe ich mich wieder im Griff. Ich kann meinen Dienst weiter fortsetzen. Vielen Dank, Agent.“ „Sehr gut, Mikel.“, lobte Kissara. „Man tut, was man kann, Kissara.“, sagte der erste Offizier bescheiden.

Auf der negativen Granger hatte man die Situation ebenfalls abgelauert. „Bisher scheinen sie noch nicht auf unsere Drohung zu reagieren, Sir.“, meldete Kang an Mikel. „Dann müssen wir eben noch bedrohlicher werden!“, sagte der erste Offizier. „Nehmen Sie auch all ihre Notsysteme unter Ziel, Kang. Zielen Sie mit den Phasern darauf und feuern Sie auf einen der Reserveknoten für die Notkraftfelder. Wenn Kissara Angst haben muss, bei einem Hüllenbruch in den Weltraum herausgeblasen zu werden, wird sie sich schon rühren. Das Ziel für die Lebenserhaltung bleibt auch weiterhin bestehen, Mr. Kang!“ „Um das durchführen zu können.“, sagte der Klingone. „Muss uns Ribanna drehen.“ „Dann soll sie doch.“, sagte Mikel. „Na los, Allrounder.“ Ribanna nickte und führte seinen Befehl aus.

Auf der positiven Granger sah Ribanna mit Sorge, was ihr Gegenstück mit dem anderen Schiff tat. Die versierte Pilotin wusste, dass, wenn das Schiff so gedreht wurde, es dem Waffenoffizier sehr leicht möglich war, alle Not- und Sicherheitssysteme des Schiffes zu treffen. „Commander.“, meldete sie. „Die negative Granger hat sich gedreht und jetzt zielen ihre Torpedos weiterhin auf unsere Lebenserhaltung, während ihre Phaser auf unsere anderen Notsysteme ausgerichtet sind! Wir müssen handeln!“ „Allrounder Ribanna hat Recht, Commander.“, sagte Kang. „Also gut!“, ordnete Kissara an. „Besser die, als wir. Heben Sie unsere Schilde, zielen Sie auf ihre Waffen, Mr. Kang und legen Sie diese lahm!“

„Ziel erfasst, Commander.“, meldete Kang nach einigen schnellen Bewegungen auf der Tastatur seines Pultes. „Feuer!“, befahl Kissara.

Die Systeme der positiven Granger registrierten die Einschläge auf dem negativen Schiff, aber gleich danach fielen sie auch aus, obwohl von jenem kein einziger Schuss abgefeuert worden war. „Was hat das zu bedeuten?!“, fragte Kissara in die Runde. Im gleichen Moment wurde ihr per Sprechanlage aus dem Maschinenraum durch Elektra bestätigt, dass die Waffen ausgefallen waren. „Sind wir doch beschossen worden?“, fragte die Androidin. „Ich frage, weil die Symptome der Systeme das vermuten lassen, aber weder Mr. Jannings, noch ich einen Torpedo oder Phaserenergie registrieren.“ „Das kann ich mir im Augenblick auch nicht erklären.“, sagte Kissara und tippte Mikel an, ein vereinbartes Zeichen, wenn sie etwas von ihm wissen wollte. „Ich kann es mir auch nicht erklären, Kissara.“, sagte der erste Offizier. „Wir haben geschossen, sind aber nicht beschossen worden und trotzdem benehmen sich unsere Systeme, als währen wir es. Ich denke aber, wenn das so ist, dann sollten wir dies kein zweites Mal riskieren.“ „Wie soll das auch gehen ohne Waffen?“, fragte Kang spöttisch.

„Ich glaube.“, meldete Ribanna. „Wir müssen uns auch bald keine Sorgen mehr darum machen. Da kommt nämlich unsere Schützenhilfe. Ich registriere eine große Menge kleinerer Schiffe mit tindaranischer Transponderkennung. Es sind genau so viele, wie die böse Sternenflotte Schiffe hat!“ „Das ist die beste Nachricht seit langem, Ribanna!“, atmete Mikel auf. „Legen Sie die Beine hoch, Mr. Kang. Jetzt ist alles in Ordnung! Die Tindaraner kommen!“

Auch die Crew der negativen Granger hatte das Eintreffen der tindaranischen Schiffe registriert. „Das habe ich mir schon gedacht, dass die sich einmischen werden.“, sagte Mikel. „Wie ist das zahlenmäßige Verhältnis, Ribanna?!“ „Eins zu eins, Sir.“, antwortete die junge Indianerin. „Na dann!“, sagte Mikel. „Verbinden Sie mich mit allen unseren Schiffen, Ribanna.“

Die SITCH- und Flugoffizierin nickte und gab einen Sammelruf an alle Sternenflottenrufzeichen ein. „Sie können sprechen, Agent.“, sagte sie, nachdem alle geantwortet hatten. „Hergehört!“, sagte Mikel. „Jeder nimmt sich das tindaranische Schiff vor, das ihm am Nächsten ist! Macht Ihnen den Garaus, aber wenn möglich, macht auch ein Paar Gefangene! Ich will Informationen über das, was die Zusammenkunft über die ganze Aktion hier weiß!“ Mikels Befehl wurde von allen bestätigt.

Ein Regen aus Torpedos und Phasersalven ging auf die tindaranischen Schiffe hernieder. Ihre Piloten gaben ihnen in letzter Sekunde den Gedankenbefehl zum Ausweichen, wie Shimar es als Staffelführer befohlen hatte. So entstand bei der negativen Sternenflotte der Eindruck, alle seien getroffen worden. Auch Shimars Schiff war betroffen und legte jetzt eine famose schauspielerische Leistung hin. Sie schaltete ihre elektronische Trimmung ab und belieferte die Impulsspulen einzeln nur unregelmäßig mit Energie, so dass ein regelrechter Holperflug entstand.

Dies war von dem bösen Kang nicht ungesehen geblieben. „Sir.“, wendete er sich an Mikel. „Direkt vor unserer Nase tanzt das Schiff des tindaranischen Staffelführers herum. Es sieht aus, als hätten wir es empfindlich getroffen. Er wird wohl am Meisten über die Operation wissen, wenn Sie mich fragen. Wir sollten also …“ „Wer hätte das gedacht!“, entgegnete Mikel gierig. „Der tindaranische Staffelführer selbst geht gerade uns ins Netz. Schnappen Sie ihn sich mit dem Traktorstrahl, Kang! Der wird sich gut machen in unserer Sicherheitszelle! Dafür wird mir T’Mir sicher einen Orden verleihen, wenn wir wieder daheim sind!“ Der Klingone nickte und führte den Befehl des ersten Offiziers aus.

IDUSA hatte das Greifen des Traktorstrahls an ihrer Hülle registriert, aber machte unbeirrt mit ihrem Humpeln weiter. „Schön machst du das!“, lobte Shimar, der aufgrund einer abgeschlossenen Kunstflugausbildung besser wieder das Steuer übernommen hatte. Auch seine Kameraden hatten ihn telepathisch darüber informiert, dass auch sie in die Traktorstrahlen genommen worden und ebenfalls bereit waren, die Kristalle an ihre Bestimmungsorte zu beamen. Das hatte Shimars Laune noch mehr verbessert. „Ich wusste gar nicht, was du für eine Schauspielerin bist.“ „Ich bin auch selbst sehr über mich überrascht, Shimar.“, erwiderte IDUSA. „Aber wir dürften bald an unserem Bestimmungsort sein.“ „Das hoffe ich inständig.“, mischte sich Scotty ein. „Ich fange nämlich gerade an, mein Frühstück zu bereuen.“ „Mimose!“, zischte Shimar grinsend, gab noch einen abfälligen Laut von sich, zog eine Tüte aus der Tasche und gab sie Scotty.

Mit Schrecken hatten Kissara und ihre Leute gesehen, wie leicht sich die Tindaraner scheinbar gefangen nehmen lassen hatten. „Das sind mir schöne Alliierte.“, sagte Kang. „Lassen sich beim ersten Anzeichen von Ärger …“ „Abwarten, Warrior.“, sagte Mikel. „Ich bin überzeugt, die haben noch irgendein Ass im Ärmel. Darum würde ich sogar wetten!“ „Wenn Sie die Wette mal nicht verlieren werden, Sir.“, sagte Kang.

„Ich glaube, es ist bald so weit.“, sagte Scotty, der nach draußen gesehen und den Eingang zum Hangardeck erkannt hatte. Wenn IDUSA den Kristall jetzt beamen würde, würde er direkt im Hauptprozessor des Rechners landen. „Wenn du das sagst.“, sagte Shimar. „Du bist ja der Techniker von uns zweien. Du kennst ja die Konstruktionspläne von Sternenflottenschiffen. IDUSA, ich will Commander Kissara beruhigen. Verbinde mich mit der Granger!“ Der Schiffsavatar sah Shimar fest an und sagte zu dessen Überraschung fest und entschlossen: „Nein, Shimar!“ „Sie hat Recht.“, mischte sich Scotty ein, bevor Shimar etwas erwidern konnte. „Wenn sie das Rufzeichen der Granger anspricht, könnten beide Sprechgeräte auf beiden Schiffen reagieren und der Feind könnte alles mithören! Willst du das riskieren?“

Der junge Tindaraner überlegte kurz. Dann sagte er: „Nein! Natürlich nicht! Danke, IDUSA und danke, Scotty. Da hätte ich wohl beinahe einen großen Fehler gemacht.“ „Oh, ja, dass hättest du.“, sagte Scotty, dem es auf einmal gar nicht mehr so schlecht war. „Aber ich habe noch ’ne Info für dich. Wir sind genau da, wo unsere liebe IDUSA der bösen Granger gleich mal einen lieben Gruß von meiner Frau bestellen kann.“ „Also gut.“, sagte IDUSA, die verstanden hatte. „Bitte bleiben Sie jetzt ganz still sitzen, Techniker Scott, damit ich den Kristall in Ihrer Tasche erfassen kann. Durch die Strahlung hindurch ist das nämlich etwas schwierig.“ „OK.“, sagte Scotty.

Der Kristall wurde an seinen Bestimmungsort gebeamt und auch alle anderen taten es Shimars Schiff gleich. Tatsächlich stürzten auf allen Schiffen der negativen Sternenflotte reihenweise die Hauptrechner ab und die Systeme versagten. „Der Traktorstrahl ist ausgefallen und hat uns freigegeben, Shimar.“, meldete IDUSA. „Dann komm jetzt!“, sagte Shimar und gab ihr gleichzeitig alle nötigen Gedankenbefehle für den Warpsprung. „Scotty, festhalten!“

Sekunden später waren sie in Freiheit. „Merkwürdig.“, sagte Scotty. „Ich dachte, man würde mehr in den Sitz gepresst bei einem Warpsprung.“ „Ich habe das mit den Umweltkontrollen kompensiert.“, sagte IDUSA zur Erklärung. „Alles klar.“, flapste Scotty.

„Jannings!!!!“, brüllte der negative Mikel ins Mikrofon der Sprechanlage, über die er eine Verbindung zum Maschinenraum aufgebaut hatte. „Eine Erklärung! Ich verlange eine verdammte Erklärung!“ „Die kann ich Ihnen leider nicht geben, Agent.“, sagte der Chefingenieur kleinlaut. „Ich bin mit der Situation im Moment auch restlos überfordert. Die seltsamen Systemausfälle sind auch mir ein Rätsel.“ „Dann lösen Sie das gefälligst!“, schrie Mikel, der hoch aufgeregt war. „Durchkämmen Sie von mir aus das ganze Schiff, wenn es sein muss, aber bringen Sie mir den Grund für unsere Probleme ans Licht! Und so bald Sie das getan haben, sagen Sie mir, wann Sie voraussichtlich den Antrieb wieder flott haben und vor allem welchen! Ich will nicht, dass uns diese verdammten Tindaraner, oder gar die Granger noch einmal angreifen können! Ich will so schnell wie möglich nach Hause! Haben Sie das kapiert, Techniker?!“ „Ja, das habe ich, Agent.“, gab Jannings mit zitternder Stimme zurück. Er wusste, wenn Mikel so erregt war, würde er ihn vielleicht sogar töten, wenn er ihm nicht bald ein Ergebnis brachte. Dass die Brückenoffiziere bei den unteren Rängen auf den negativen Schiffen Angst und Schrecken verbreiteten, lag in der Natur der Sache, denn sie bestanden ja nur aus den negativen Teilen der eigentlichen Crews und ein falsches Wort oder eine falsche Handlung zur falschen Zeit konnte schon mal böse Konsequenzen haben. Deshalb schlief auch jeder mit einem Phaser unter dem Kopfkissen.

Elektra trat an ihren Vorgesetzten heran. „Sir.“, begann sie langsam und streckte Mr. Jannings ihre rechte Hand hin, in der sie etwas Glänzendes hielt. „Das steckte in unserem Hauptprozessor.“, erklärte sie und legte den Kristall vor Jannings auf der Konsole ab. „Ich habe es in eine isolierende Hülle gesteckt.“, erklärte die Androidin. „Hätte ich das nicht getan, wäre ich jetzt bei seiner Berührung sicher auch ohnmächtig geworden. Deshalb möchte ich Sie bitten, den Deckel des Behälters nicht zu öffnen, Sir. Er ist aber durchsichtig, also für normales Tageslicht durchlässig. Sie werden also trotzdem sehen, was darin ist.“

Der Techniker nahm den Behälter auf und studierte ihn und seinen Inhalt. Dann ließ George gut hörbar die Luft aus seinen Lungen entweichen. „Wissen Sie, dass Sie mir gerade das Leben gerettet haben, Assistant?“, fragte er. „Ich denke, Agent Mikel hätte mich umgebracht, wenn ich ihm keine Lösung präsentiert hätte!“ „Davon ist auszugehen.“, sagte die negative Elektra. „Und ich wäre dann wahrscheinlich in Ihren Rang aufgestiegen.“

Jannings drückte einen Knopf an der Sprechanlage, der eine Verbindung mit Mikels Arbeitsplatz auf der Brücke ermöglichte. „Ich habe die Lösung, Sir!“, sagte er. „Die Tindaraner haben uns offensichtlich allen Energiekristalle in die Prozessoren gebeamt, die große Mengen von Elektrosmog freisetzen. Die Systeme laufen jetzt zwar alle auf Reserve, aber deshalb auch nur mit halber Kapazität. Im Moment kann ich Ihnen vielleicht Manöverdüsen bieten, aber mehr auch nicht. Ich werde natürlich alles tun, um …“ „Das will ich Ihnen auch geraten haben, George!“, erwiderte der erste Offizier immer noch sehr wütend. „Sonst wissen Sie ja, was passiert!“ Er spielte, für Jannings gut hörbar, mit den Knöpfen seines Phasers. „Ihre Assistentin könnte Ihren Job vielleicht sogar noch besser ausfüllen.“ „Ich werde mich bemühen, Agent.“, versprach Jannings voller Angst. „Das ist ja wohl das Mindeste, das ich von Ihnen erwarten kann!“, schnaubte Mikel. „Aber jetzt sollten wir machen, dass wir aus dem Sonnensystem humpeln. Mehr ist ja nicht möglich. Die verdammten Tindaraner haben uns doch tatsächlich ausgetrickst mit einer List, die nur jemand kennen kann, der noch aus meiner Zeit stammt und weiß, was Elektrosmog ist! Weiß der Himmel, woher sie das wissen, aber das ist mir jetzt auch egal! Los, Ribanna! Bringen Sie uns hier weg! Ich denke aber, dass nur mein Gegenstück das wissen konnte, denn er stammt ja aus einer Zeit, in der es noch aktuell ist! Er soll mich kennen lernen. Ich werde ihn abpassen, wenn er allein ist und mich dann an ihm rächen!“

Auf der positiven Granger hatte man die Manöver ihres negativen Gegenstücks und auch die gesamte Situation beobachtet. Wegen der Verbindung hatte man zwar auch dort leichte Systemausfälle verzeichnet, aber Kissara fand das bei Weitem nicht so schlimm. Sie würden ja eh bleiben, denn sie hatten ja auch noch was zu erledigen.

„Was für ein Jammer, Mr. Kang.“, sagte der gute Mikel zu seinem klingonischen Untergebenen. „Dass wir nicht wirklich gewettet haben.“ „Für mich kann das nur gut sein, Agent.“, sagte Kang. „Ich hätte nämlich haushoch verloren. Ich habe unsere tindaranischen Freunde wohl unterschätzt. Aber was genau haben die mit den Schiffen der negativen Sternenflotte gemacht?“ „Ich gebe Ihre Frage gern weiter, Warrior.“, sagte Kissara und sah zu Ribanna hinüber.

Die Reservistin programmierte den Erfasser des Schiffes auf das tindaranische Neuroband und ließ ihn scannen. Dann sagte sie: „Ihre Kräfte haben sie nicht benutzt, Ma’am. Aber ich werde auch noch andere Möglichkeiten prüfen. Eines steht nämlich offensichtlich fest. Die Schiffe der negativen Sternenflotte haben alle irgendein komisches Strahlungsproblem. Zumindest sagt das Elektra, mit der ich gerade Mails ausgetauscht habe. Ich habe die Situation der Crew des Maschinenraums gemeldet, weil ich selbst nicht weitergekommen bin.“ „Das war schon richtig, Ribanna.“, sagte Kissara. „Dafür sind ja unsere Fachleute da. Aber haben Jannings und Elektra unter Umständen auch eine Erklärung für uns?“ „Ja.“, sagte Ribanna zögerlich. „Elektra hätte schon eine, aber die ist so primitiv, dass es eigentlich nicht sein kann, weil doch in der heutigen Zeit unsere Systeme viel zu gut abgeschirmt sind. Sie hat die Erklärung aus der historischen Datenbank und …“ „Leiten Sie mir Elektras Mail weiter, Allrounder.“, sagte Kissara ruhig und grinste. „Sind Sie sicher, dass Sie jetzt eine Lektion in Geschichte haben wollen, Commander?!“, fragte Ribanna verunsichert. „Ja, das bin ich.“, sagte Kissara. „Auch wenn es unwahrscheinlich klingt. Aber genau das könnte der Faktor sein, den sie ausgenutzt haben.“

Noch immer leicht verwirrt tat Ribanna schließlich doch, was ihr Commander von ihr verlangt hatte. Kissara überflog die Mail kurz und sagte dann: „Wenn das stimmt, dann muss da aber ein ganz schöner Fuchs am Werk gewesen sein. Sind die Tindaraner noch in SITCH-Reichweite, Allrounder?“ „Ja, Ma’am.“, nickte die junge Indianerin. „Dann verbinden Sie mich mit dem Führungsschiff!“ Die Angesprochene nickte und gab das Rufzeichen von Shimars Schiff ins Sprechgerät ein.

Shimar und seine Leute hatten sich etwas zurückgezogen, um der negativen Sternenflotte zu signalisieren, dass sie ohne Störungen abziehen konnte. Sie war jetzt ja erst mal keine Bedrohung mehr. Im Gegenteil. Wenn sie nicht der Feind gewesen wären, hätte er ihnen sogar noch Hilfe angeboten.

„Du warst unglaublich, du Fliegerass du!“, sagte Scotty. „Du aber auch.“, meinte Shimar. „Ohne dein Fachwissen hätte das nicht funktionieren können.“ „Aber diese Holpernummer hätte ich nicht hingekriegt.“, meinte der Ingenieur. „Ich hätte das Shuttle sicher total übersteuert und dann wären wir abgestürzt.“ „Du hast ja auch keine Kunstflugausbildung, in der man das Gefühl für solche Manöver gelehrt bekommt.“, sagte Shimar. „IDUSA weiß, dass ich das kann. Deshalb hat sie …“ „Dafür hattest du wohl nur Zeit, weil du wohl in der normalen Flugausbildung ein totaler Überflieger warst, du Flieger.“, witzelte Scotty. „Also, ich hätte sie nicht halten können.“ „Und ich hätte bestimmt nicht auf die Sache mit dem Elektrosmog kommen können.“, sagte Shimar. „Ich habe das Gefühl, wir vergessen jemanden.“, sagte Scotty. „Ich meine, diese Art von Antriebsschaden zu simulieren, das war doch deine Idee, IDUSA, nicht wahr?“ „Sie haben Recht, Techniker Scott.“, sagte das Schiff. Dann wendete sie sich an Shimar: „Ich habe ein Gespräch für Sie. Es ist die positive Commander Kissara. Sie darf uns ja rufen, weil es von uns ja nur ein Rufzeichen gibt.“ „Stell sie Scotty und mir durch!“, befahl Shimar.

Bald darauf sahen Scotty und er das Gesicht Kissaras vor ihren geistigen Augen über die Neurokoppler. „Was kann ich für Sie tun, Commander?“, lächelte Shimar und achtete dabei sehr darauf, den für ihn etwas ungewohnten Umgangston korrekt anzuwenden. „Ich glaube, ich bin dir und deinen Leuten zu großem Dank verpflichtet.“, sagte Kissara, die sich jetzt ihrerseits um diplomatische Richtigkeit bemühte. „Aber mich würde wirklich interessieren, wie ihr es angestellt habt.“ „Das ist ein Trick, den nicht jeder kennt.“, sagte Shimar. „Aber das gebe ich gern weiter an Techniker Scott, dessen Idee es auch war.“ „Oh, das wird sicher etwas länger dauern.“, sagte Kissara. „Ich denke, wir werden im Rahmen von Allrounder Betsy Scotts Beerdigung sicher noch Gelegenheit finden, ausführlich darüber zu reden. Techniker, ich freue mich schon auf Ihre Ausführungen.“ „Wie gehen Sie eigentlich mit den aufgrund der Verbindung entstandenen Problemen um?“, wollte jetzt Scotty wissen. „Das ist nicht so schlimm.“, tröstete Kissara. „Ich glaube, die böse Sternenflotte ist schlechter dran. Sie will weg und kann nicht, aber wir können es uns leisten, hierzubleiben und in aller Ruhe eine Kameradin zu beerdigen. Ich hoffe, Shimar, dass du bleiben darfst.“ „Davon gehe ich aus.“, versicherte der junge Tindaraner. „Also gut.“, sagte Kissara. „Dann sollten wir uns jetzt alle im Sternenflottenhauptquartier treffen. Dort ist sicher schon alles vorbereitet.“ Sie beendete die Verbindung.

Traurig sah Scotty Shimar an. „Damit mussten wir doch rechnen.“, tröstete dieser. „Das schon.“, sagte Scotty. „Aber jetzt ist es so endgültig!“ „Hey, wir schaffen das!“, sagte Shimar und strich ihm über den Rücken. „Betsy hätte das genau so für jeden von uns beiden getan und ich glaube nicht, dass es wirklich so endgültig ist. Sie ist ein kleines schlaues Ding, unsere Betsy. Etwas, dass man ihr bei ihrer sanften lieben Art vielleicht nicht immer zutraut, aber …“ „Du glaubst doch wohl nicht, dass sie sogar den Tod überlisten kann.“, schluchzte Scotty. „Ich habe ein unbestimmtes Gefühl.“, sagte Shimar. „Es ist eine Art von telepathischer Vorahnung, die ich aber nicht näher beschreiben kann. Details bleiben mir leider verborgen, so sehr ich auch versuche, sie zu erspüren. Aber …“ „Lass uns davon aufhören.“, sagte Scotty. „Ich will Kissara nicht warten lassen.“ „Na gut.“, sagte Shimar. Dann ließen sich die Männer von IDUSA zum Treffpunkt beamen.

Ginalla war in der Achterkabine von Kamurus mit dem Zusammenbau des Containers beschäftigt. Die Puppe hatte sie bereits fertig gestellt und Kamurus und sie hatten die Täuschtechnik programmiert. Die Tür zwischen Cockpit und Kabine war aber im offenen Zustand blockiert worden, um eine Kommunikation zwischen dem Schiff und seiner Pilotin zu erlauben. Diese konnte jetzt ja nur über Bordlautsprecher und Mikrofon stattfinden. Diesen benutzte Kamurus jetzt auch, um sie zu informieren: „Bitte unterbrich kurz deine Arbeit, Ginalla. Ich muss dir etwas zeigen.“

Die junge Celsianerin legte neugierig ein Werkzeug beiseite, das sie gerade in der Hand gehalten hatte und ging ins Cockpit zurück. Hier setzte sie sich auf den Pilotensitz und den Neurokoppler auf. Sofort lud Kamurus ihre Tabelle. „Was hast du für mich?“, fragte sie. „Sieh selbst.“, sagte das Schiff, das die gesamte Situation genau beobachtet hatte.

Nachdem Ginalla sich die Bilder angesehen hatte, blieb ihr vor Staunen der Mund offen. „Wie geil war das denn?!“, fragte sie bewundernd, aber auch in der ihr eigenen typischen celsianischen flapsigen Art. „Oh, Mann! Wer hat unserem tindaranischen Lieblingssoldaten bloß beigebracht, solche coolen Dinger zu produzieren! Weißt du, was ich am liebsten machen würde, Kamurus?! Ich würde am liebsten auf der Beerdigung auftauchen und ihn mal fragen!“ „Und genau das wirst du nicht tun!“, sagte Kamurus. „Das würde nämlich unter Umständen unseren anderen Plan gefährden. Falls die falschen Leute dir habhaft würden …“ „Da is’ er ja wieder, mein Mister Disziplin!“, lachte Ginalla. „Aber du hast Recht. Und jetzt bring uns zur Erde! Ich muss noch arbeiten!“ Der Avatar nickte und führte ihren Befehl aus, sie hingegen ging wieder an ihre Arbeit zurück.

Auch Nathaniel und das Veshel hatten die Umlaufbahn der Erde erreicht. Hier hatte der Computer des Schiffes den Professor geweckt, denn dieser hatte tief und fest geschlafen. Er hatte in letzter Zeit bemerkt, dass das Medikament, das ihm Telzan gegeben hatte, ihn nicht nur ruhig stellte, sondern ihn auch, je nach Dosierung, in einen tiefen Schlaf versetzen konnte, was oft genug notwendig war, denn die Häufigkeit und Intensität seiner Anfälle hatte sehr stark zugenommen. Offensichtlich hatte Sytania die Wahrheit gesagt, als sie sagte, sie würde ihn wieder zu jenem nervlichen Wrack machen, das er vor ihrer Begegnung war. Diese Tatsache machte Radcliffe sehr wütend! Er wünschte nichts sehnlicher herbei, als seine Heilung.

Er stand von der Sitzbank, auf der er gelegen hatte, auf und ging ins Cockpit. Vorher hatte er sich in der Achterkabine aufgehalten. Ein Blinklicht auf der Konsole und das schon seit mehreren Minuten andauernde Schrillen des Alarms hatten ihn jetzt sehr aufmerksam werden lassen. Nathaniel drehte sich also zum Mikrofon des Rechners und fragte hinein: „Was gibt es, Mishar?“ „Wir haben die Umlaufbahn der Erde erreicht.“, gab eine sachliche Stimme zurück. „Die Kontrollen werden freigegeben. Das bisher laufende Programm wird beendet.“

Radcliffe setzte sich auf den Pilotensitz und legte seine Hände auf die Steuerkontrollen. Im gleichen Augenblick gab es ein Signal und das Gesicht Telzans erschien auf dem Schirm. „Hallo, Nathaniel El Taria.“, begrüßte ihn der Vendar lächelnd. „Wenn du diese Aufzeichnung hörst, hast du dein Ziel erreicht. Bitte geh jetzt zum Replikator und entnimm aus dem Auswurffach, was du dort findest. Dann stecke den Datenkristall in das Laufwerk. Der Mishar wird alles überspielen, was wichtig ist. Nimm dann den Kristall an dich und aktiviere die Selbstzerstörung des Schiffes. Stelle sie auf fünf Minuten ein. Dann hast du noch genug Zeit, auf die Transporterplattform zu gehen. Gib Koordinaten ein, an denen du möglichst viele Leute findest, damit man dich auch sieht. Dann findest du auch leichter jemanden, dem du dich anvertrauen kannst. Wegen der Selbstzerstörung wird dir der Mishar keine Schwierigkeiten machen. Dafür habe ich schon gesorgt. Mach’s gut und viel Glück, Nathaniel El Taria.“

Die Aufzeichnung endete und Radcliffe saß zunächst wie versteinert da. Wann hatte Telzan dies programmieren können? Sie waren doch während des gesamten Fluges zusammen gewesen und er hätte es doch bemerkt, wenn der Vendar etwas in den Computer gesprochen hätte. Das war doch wohl hoffentlich keine Falle von Sytania, um ihn zu irgendwelchen Handlungen zu bewegen, die seinen Fluchtweg abschneiden sollten. Er dachte sich, dass ihr und ihren Vendar alles zuzutrauen war. Er musste Beweise für die Echtheit des Programms finden! Anderenfalls würde er die Anweisungen auf keinen Fall ausführen! „Mishar.“, befahl er. „Zeig mir alle Programme, die von Telzan Ed Cirnach auf deinen Hauptkristall überspielt oder dort erstellt wurden!“ „Befehl wird ausgeführt.“, sagte der Rechner und dann bekam Nathaniel eine lange Liste vorgelegt, die er aber leider nicht lesen konnte, denn es war alles in Vendarisch. Telzan hatte ihm zwar einen Computerkurs gegeben, aber das erst, nachdem er mit ihm aufgebrochen war. Nur ganz am Ende der Liste befand sich ein Programm mit englischem Titel, das aber lange vor ihrer gemeinsamen Zeit entstanden sein musste, aber wenn Nathaniel zu Grunde legte, warum ihm Telzan geholfen hatte, ergab alles einen Sinn. Der Vendar hatte ihm ja auch nur aus Eigennutz geholfen und er hatte ja sein Amt schon lange vor der Bestrafung des Professors verloren. Er kannte ja seine Herrin schließlich lange genug, um zu wissen, wie sie sich verhalten und wie er sich an ihr rächen können würde. Er hatte dies sicher von langer Hand geplant, da er wohl die ganze Zeit mit Nathaniels Bestrafung gerechnet hatte. Warum sonst hätte er sich auch freiwillig für die Mission, Nathaniel zu töten, gemeldet, wenn er nicht etwas geplant hätte?

Nathaniel drehte sich zum Replikator, wie es ihm Telzan in der Aufzeichnung aufgetragen hatte. Hier fand er tatsächlich einen Datenkristall vor. „Ich glaube dir, Telzan.“, sagte er. „Und das werde ich dir jetzt auch beweisen, indem ich deine Anweisungen ausführe. Ich wünschte, du könntest das jetzt sehen, wo immer du auch bist.“

Er schob den Kristall ins Laufwerk und im gleichen Moment begann der Mishar mit dem Überspielen einer Datei aus dem Verzeichnis des Replikators. „Wahrscheinlich die Rezeptur für meine Medizin.“, sagte Nathaniel leise. Dann entnahm er den Kristall wieder, steckte ihn ein und ging zu seinem Platz zurück. „Mishar.“, sagte er. „Die Selbstzerstörung aktivieren und auf fünf Minuten einstellen. Jede Minute eine Warnung herausgeben!“ „Befehl wird ausgeführt.“, kam es zurück. „Selbstzerstörung aktiviert. Fünf Minuten bis zur Überlastung aller Systeme.“

Nathaniel wandte sich dem Transporter zu: „Zeig mir einen Platz mit möglichst vielen Biozeichen!“, befahl Radcliffe. Auch dieser Aufforderung kam der Rechner nach. Der Professor erblickte eine Menge Leute, die auf den Friedhof von Little Federation zuströmten. In dieser Menge würde er sich gut verstecken können und einfach eine Weile mit dem Strom schwimmen. Zu gegebenem Anlass würde er dann einen Agenten aufsuchen und sich ihm stellen. Die Bedeutung dessen, was er dort sah, war Nathaniel durchaus bewusst. Tiefe Reue überkam ihn und er erkannte, dass er nicht passend angezogen war. Schnell replizierte er sich noch einen schwarzen Anzug, warf ihn sich über und befahl dann in Richtung des Mishar: „Mich zu den Koordinaten auf dem Schirm beamen! Aktivieren!“

Wenig später fand sich Nathaniel am Ende des Trauerzuges wieder. Er würde jetzt einfach nur mitgehen und hoffen, dass ihn keiner zu früh als meinen Mörder identifizieren würde, denn er wusste, dass ich eine sehr beliebte Person in Little Federation war und ihn der Mob sonst unter Umständen lynchen könnte. Er wusste ja nicht, dass keiner wusste, was wirklich passiert war, aber sein Gewissen spielte ihm hier wohl einen Streich.

Von Zeit zu Zeit blickte er nach oben, denn theoretisch hätte ja auch bald die Explosion des Schiffes erfolgen müssen, die einen kurzen Feuerschein auslösen würde. Tatsächlich wurde er dessen auch bald ansichtig, ein Umstand, der ihn sehr erleichterte. Das war’s., dachte er. Nun ist meine Flucht endgültig zu Ende!

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