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In Sytanias Palast war man inzwischen kräftig dabei, die Hochzeit der hohen Herrin mit ihren beiden körperlosen Ehemännern zu feiern. Sytanias Jäger hatten einige kapitale Hirsche und anderes Wild in den Wäldern extra zu diesem Anlass geschossen. Dazu gab es allerlei Beilagen aus Feld und Flur. Auch ihr Versprechen gegenüber den einfachen Imperianern hatte Sytania gehalten, ein Wesenszug, für den sie normalerweise nicht gerade bekannt war, aber heute war wohl alles anders. So feierte man gemeinsam im großen Rittersaal ihres Schlosses, der ganz schön voll geworden war.

Cirnach hatte sich mit ihrem Mann an einen Tisch gesetzt, der etwas abseits stand. Die beiden Vendar waren froh darüber, dass die Spielleute gerade einen zünftigen schnellen Tanz angestimmt hatten, zu dem die meisten Gäste begonnen hatten, laut und fröhlich in die Hände zu klatschen. So würde nicht gehört werden, was sie zu besprechen hatten. Telzan war nämlich gerade eröffnet worden, dass er sein Amt wieder hatte und das kam ihm, angesichts der Tatsache, dass Sytania es vor gar nicht so langer Zeit Dirshan anvertraut hatte, etwas seltsam vor. „Warum habe ich so plötzlich mein Amt wieder, Cirnach?“, fragte der Vendar seine bis über beide Ohren grinsende Ehefrau. „Nun.“, sagte diese mit sehr geheimnisvollem Ton in der Stimme. „Sagen wir mal so, ich war sehr überzeugend.“ „Würde mir meine kluge und schöne Cirnach verraten, wie sie das genau angestellt hat?“, wollte Telzan wissen. „Ich dachte immer, unsere Herrin sei nicht so leicht zu manipulieren, weil sie selbst eine Meisterin der Manipulation sei.“ „Ich habe ihr nur eine Wette vorgeschlagen.“, sagte Cirnach. Dann schwieg sie erneut, um seine Neugier weiter anzufachen. Sie wandte sich sogar wieder ihrem Mal und ihrem Met zu. Telzan, dessen Essgeschirr ebenfalls noch gut gefüllt war, rührte das Seine aber nicht an. Zu aufgeregt war er. „Du solltest essen, mein Ehemann.“, sagte Cirnach. „Wenn du heute Nacht unserer Herrin und ihren Männern bei der Schöpfung ihres Nachkommen helfen sollst, sollte dein Magen gut gefüllt sein, damit deine Konzentration nicht durch etwaiges Magenknurren gestört werden könnte. Außerdem benötigt dein Gehirn die Nahrung sowieso. Wenn dein Stoffwechsel nicht ausreichend arbeiten kann, bist du viel zu schnell am Ende und erschöpft. Dann kannst du den Zustand der Fütterung nicht erreichen und wenn das länger anhält, besteht die Gefahr, dass du Sytanias Schöpfung verlierst. Das möchtest du doch wohl nicht, oder? Ich darf dich erinnern, dass du auch dann wieder bei ihr in Ungnade fallen könntest.“ „Ob ich esse.“, erwiderte Telzan. „Das liegt ganz bei dir, meine kluge und schöne Cirnach. Bitte berichte mir doch weiter von deiner Idee mit der Wette. Du musst doch schon sehr sicher gewesen sein, sie zu gewinnen, wenn du mein Amt in die Waagschale geworfen hast.“ „Nun, eigentlich war das Sytanias Vorschlag.“, sagte Cirnach und grinste. „Ich habe gesagt, dass ich mein Leben verwetten würde darauf, dass die Föderation sich gegen eine Entschuldigung bei den Romulanern entscheidet. Dann wollte sie, um einen gleichwertigen Wetteinsatz zu haben, dir dein Amt wieder geben müssen, wenn ich Recht hätte. Anderenfalls wärst du jetzt immer noch ein einfacher Soldat und ich wäre tot. Aber ich wusste, dass es dazu nicht kommen würde. Dafür haben wir die Föderation viel zu lange beobachtet.“ Sie lachte dreckig auf. „Außerdem kenne ich deinen Sifa-Zyklus und so war mir längst klar, dass, wenn ich es richtig anstellte, vielleicht beides genau so günstig zusammenfällt, wie es zusammengefallen ist.“ „Ich verstehe.“, sagte Telzan. „Ich hätte nicht so schnell aufgeben sollen, meine kluge und intrigante kleine Frau. Wenn ich gewusst hätte, was du noch aus dem Ärmel zaubern kannst, dann hätte ich mich sicher nicht so schnell mit meinem Schicksal abgefunden.“ „Oh, du wärst schon wieder in dein Amt gekommen.“, sagte Cirnach. „Spätestens dann, wenn Dirshan schändlich in einer Schlacht versagt hätte. Der Kriegskunst ist er nämlich lange nicht so mächtig wie du. Ich denke, wenn er einen Kampf, den er gegen die Föderation oder andere Feinde geführt hätte, verloren hätte, dann hätte ihn Sytania nicht viel anders behandelt, als dich. Er kann ja gar nicht dein strategisches Wissen haben. Ein Novize! Ich bitte dich! Es wäre nur eine Frage der Zeit gewesen, wann Sytania ihn abgesägt hätte! Er war ja nur ein Werkzeug, um dir eine Lektion zu erteilen. Ich weiß, er war sehr stolz darauf, die Vendar anführen zu dürfen. Aber das war der Stolz eines kleinen Jungen, der wohl meinte, das alles sei ein Spiel. Es wurde höchste Zeit, dass ihn jemand in die Realität zurückholte, wenn du mich fragst. Lange hätte ich mir das auch nicht mehr mit angesehen. Der Kleine ist herumgelaufen wie ein aufgeblasener Gockel! Guck mal. Ungefähr so.“ Sie stand auf und machte in übertriebener Art und Weise stolzierende Bewegungen nach. Telzan musste lachen. Er konnte nur noch schnell sein Trinkhorn in den Ständer stellen, bevor es aus ihm herausplatzte. „Oh, nein, Cirnach!“, prustete er. „Da kann ich ja froh sein, dass ich jetzt wieder dort bin, wohin ich gehöre. Der Kleine hätte Sytanias Vendar ja noch zur Lachnummer aller Dimensionen gemacht. Das hätte ich nicht zugelassen.“ „Sicher nicht.“, sagte Cirnach. „Aber dazu wird es ja auch nicht kommen. Jetzt ist ja alles wieder beim Alten.“

Ihr Blick war auf seinen Teller gefallen. Mit Freuden hatte sie gesehen, dass er ihn geleert hatte. Offensichtlich hatte ihre Geschichte ihm Appetit gemacht. „So ist es recht.“, sagte sie und klatschte in die Hände. „Ich würde wegen dieses freudigen Anlasses gern mit dir tanzen.“ „Na, dann komm.“, sagte Telzan und führte sie auf die Tanzfläche.

Dirshan hatte alles beobachtet. Genau hatte er gesehen, wie sich sein Ausbilder und dessen Frau über ihn lustig gemacht hatten und er hatte auch genau gehört, wie sie über ihn dachten. Er war schwer enttäuscht über diese Tatsachen. Er hatte gedacht, Sytania hätte ihm das Amt des Truppenführers gegeben, weil sie ihm vertraut hätte. Zu erfahren, dass er nur ein Lückenbüßer war, kränkte ihn zutiefst. Traurig, aber auch wütend verließ er den Festsaal. Aber er sann auf Rache! Er hoffte sehr, irgendwann würde der Zeitpunkt kommen, an dem er sich, wie auch immer, an Sytania würde rächen können. Er war sicher, seine Rache würde so fürchterlich sein, dass die Prinzessin lange nichts mehr zu lachen haben würde.

Nichts zu lachen hatte zu jenem Zeitpunkt auch Sekretär Saron, der an diesem Morgen wieder in sein Büro gekommen war. Die gesamte Nacht hatte er über einer Formulierung für eine SITCH-Mail an die Romulaner gebrütet. Erst im Morgengrauen war ihm die richtige Idee gekommen. Deshalb war er jetzt auch hoffnungslos übernächtigt. Seine Freundin hatte zwar versucht, ihn ins Bett zu holen, aber er hatte nicht aufgeben wollen und tatsächlich die gesamte Nacht an seinem heimatlichen Schreibtisch verbracht.

Jetzt hatte er sein Pad mit den privaten Notizen hervorgeholt. Er wollte sich gerade zum Rechner wenden, als ein Signal von ebendiesem auch dessen Verlangen nach seiner Aufmerksamkeit ausdrückte. „Ja, Computer.“, sagte Saron. „Es ist eine SITCH-Mail eingegangen.“, sagte der Rechner. „Absender vorlesen!“, befahl Saron. „Der Senat von Romulus.“, kam es nüchtern und sachlich vom Rechner zurück. „Nachricht öffnen und auf dem Bildschirm zeigen!“, befahl Saron. Der Computer gab ein kurzes Signal von sich und führte den Befehl des Sekretärs aus.

Saron überflog die Mail kurz. Aber bereits beim Lesen der ersten Sätze wurde ihm klar, dass es sich hier um keinen Glückwunsch handelte. Im Gegenteil! Die Föderation wurde als Räuberbande und Syndikat von Verbrechern bezeichnet, die sogar noch schlimmer als die Banden vom Orion seien. Von Deckung einer ruchlosen Tat durch Nuguras Parlament war die Rede und noch von anderen schändlichen Dingen, von denen Saron sich wünschte, sie niemals gelesen zu haben.

Er leitete die Mail an Nuguras Adresse weiter. Am liebsten hätte er das nicht getan, aber es war nun einmal seine Arbeit und seiner Chefin etwas so Wichtiges zu verheimlichen, oder die Mail gar verschwinden zu lassen, durfte er sich auch nicht erlauben. So eine Aktion hätte nämlich, wenn man sie ihm hätte nachweisen können, durchaus zu seiner Kündigung geführt. Er fragte sich nur, wie die Präsidentin damit umgehen würde. Seine Bemühungen, in ihrem Namen die Wogen zu glätten, konnte er jetzt getrost vergessen, denn sie würden nichts mehr bringen. Niedergeschlagen löschte er die Notizen in seinem Pad und steckte es wieder in seine Aktentasche. Sie würde ihn ansprechen. Nugura würde ihn auf die Situation ansprechen, das ahnte er. Er hoffte sehr, dann die passende Antwort parat zu haben, die sie einerseits informieren, sie aber andererseits nicht zu stark erschüttern würde.

Saron beschloss, sich mit der täglichen Arbeit abzulenken und all das zu tun, was sonst noch zu seinem Aufgabenbereich gehörte. Dazu gehörte unter anderem auch, die aktuellen Zeitungen zu durchforsten und die Präsidentin über die aktuellen Pressestimmen zu den gestrigen Ereignissen zu informieren. Dadurch wurde ihm aber auch eine bohrende Frage beantwortet. Er fragte sich nämlich, warum die Romulaner so schnell reagieren konnten. Die ganze Sitzung war nämlich auch über die öffentlichen Medien übertragen worden und nicht codierte SITCH-Wellen machten nun mal keinen Halt vor der romulanischen Grenze. Theoretisch waren sie also auch in der Lage, Föderationsfernsehen zu schauen. Saron war überzeugt, dass einige das bestimmt getan und den Politikern die Informationen zugespielt hatten. Vielleicht ja sogar die Senatoren selbst, denn sie hatten ja auch ein Interesse am Ausgang der Abstimmung.

Saron ließ den Computer die Titelseiten sämtlicher gängigen Tageszeitungen der Föderation öffnen, um sich die Überschriften anzusehen. Was er dort zu sehen bekam, jagte ihm einen kalten Schauer über den Rücken. In der Manier der Regenbogenpresse titelten selbst seriöse Magazine: „Der Mörder war dieses Mal der Schneider!“, oder: „Riesenschlappe für Nugura! Wird sich das Lügenparlament je seiner Verantwortung stellen?!“ Er war sehr traurig über das, was er hier zu lesen bekommen hatte.

„Saron?“ Eine Stimme hatte ihn angesprochen. Langsam hob der traurig und verschämt in Richtung Boden schauende Sekretär den Kopf und erkannte seine Chefin, die das Büro betreten hatte. „Was haben Sie?“, fragte sie. Saron deutete nur stumm auf den Bildschirm. Hier konnte jetzt auch Nugura lesen, was ihn so traurig gemacht hatte, zumindest 50 % davon. „Aber Saron.“, sagte Nugura. „Sie wissen doch, wie die Presse mit so was umgeht. Das Ergebnis der Abstimmung war für sie nun einmal ein gefundenes Fressen. Sie werden sich doch von solchen aufgeblasenen Schlagzeilen nicht ins Bockshorn jagen lassen, mein Lieber. Sie werden sehen, wenn die Mail an den Senat erst mal raus ist, dann …“ „Diese Mail wird es nicht geben, Madam President.“, stieß Saron hervor. „Was soll das heißen?!“, fragte Nugura etwas entrüstet, die mit einer solchen Reaktion nicht gerechnet hatte. „Ist Ihnen nichts eingefallen? Na ja. Sie haben ja auch noch den ganzen Tag Zeit.“ „Darum geht es nicht.“, sagte Saron. „Bitte schauen Sie in Ihr SITCH-Mail-Postfach.“ „Also gut.“, sagte Nugura und ging in ihr Büro an ihren eigenen Rechner. Hier sah sie jetzt auch den Grund, aus dem Saron die Formulierung der Mail für zwecklos erachtet hatte. Nach dem Lesen der Mail vom Senat kam sie zu ihrem Sekretär zurück. „Das erklärt natürlich einiges, Mr. Saron.“, sagte sie. „Die Frage wird sein, wie wir jetzt mit der Situation umgehen.“ Sie verließ wieder sein Büro in Richtung ihres eigenen.

Saron lehnte sich in seinem Stuhl zurück, um für eine kleine Weile nachzudenken. Offensichtlich hatte die Erfahrung, die er gemacht hatte, auch die anderen Parlamentarier wieder erstarken lassen, denn Nugura hatte nach dem positiven Ausgang des Experiments, das sie und ihr Sekretär durchgeführt hatten, alles auch an ihre Kollegen weitergegeben. Sonst hätte es ja die gesamte Abstimmung nicht geben können und es wäre auch sonst zu keiner politischen Entscheidung gekommen. Sicher war es gut, dass sie alle ihr Selbstvertrauen wieder gefunden hatten. Aber andererseits hatte sich Saron auch nichts mehr gewünscht, als dass sie alle Nugura zugestimmt hätten, was ja durchaus erreichbar gewesen wäre, wenn alle noch die gleichen Duckmäuser gewesen wären, die sie vor der Wiedervereinigung mit ihren negativen Egos waren. Aber andererseits wäre das auch nicht gut gewesen, wenn man bedachte, welche Verantwortung sie hatten. Die Tragweite ihrer Entscheidung hätten sie dann wohl auch nicht begreifen können, denn wachen Verstandes waren sie nicht mehr. Er kam zu dem Schluss, dass doch alles so gut war, wie es sich jetzt darstellte. Auch dann, wenn der Umgang mit der Wahrheit jetzt wohl wieder darin bestand, das Ganze vielleicht noch weitere 800 Jahre unter dem Deckmäntelchen der Verschleierung zu lassen. Vielleicht würden die Politiker dann ja reifer sein und weniger besorgt um ihren persönlichen Ruf.

Der Computer machte Sarons Sinnieren ein jähes Ende. Er gab ein Signal von sich und machte ihn auch verbal auf den Eingang eines SITCH-Gespräches aufmerksam. Nicht schon wieder eines!, dachte Saron und drehte sich widerwillig zum Mikrofon: „Hier ist das Büro von Präsidentin Nugura. Sie sprechen mit Sekretär Saron.“, meldete er sich und war etwas überrascht, in zwei froschartige Glupschaugen zu blicken, die ihn vom Bildschirm her ansahen. Aber außer den Augen fiel Saron jetzt auch die Statur des Wesens auf, dessen Gestalt langsam sichtbar wurde. Am Rufzeichen, das in der rechten oberen Ecke des Schirms zu sehen war, konnte der kundige Sekretär ablesen, dass der Ruf aus der tindaranischen Dimension kommen musste, aber es war eindeutig kein Tindaraner, der dort zu sehen war. „Mein Name ist Lenn.“, stellte sich der Froschartige mit seiner leicht quakenden Stimme vor. Dann zeigte er rechts neben sich, wo ein anderes Wesen an seiner Seite stand und sagte: „Das ist meine Gefährtin Dianora. Wir würden die Präsidentin der Föderation gern zu einer Partie Quisar einladen. Wir übernehmen die Spielleitung, spielen also nicht wirklich mit. Gegen uns wird sie also nicht antreten müssen, sondern, wie es aussieht, gegen den großen Nagus der Ferengi. Der hat nämlich schon zugesagt. Der Preis ist … Bitte, Dianora, zeig ihn uns!“

Die Froschartige nahm einen Gegenstand von einem Tisch, der hinter den Beiden aufgebaut war und hielt ihn in die Kamera des Sprechgerätes. Saron erkannte jenen Kegel genau, den Nitprin in ihrer Aussage gegenüber Maron beschrieben hatte. Da die Tindaraner und die Föderation Verbündete waren, hatte Maron Nugura auch diese Daten zukommen lassen. Dem Sekretär schauderte! Er wusste genau, was dieser Kegel angerichtet hatte. Wenn so ein mächtiges Ding in die Hände eines Mannes geriet, der es ungeachtet moralischer Grundsätze an jeden verkaufen würde, der nur genug Latinum böte, dann hätte das Universum eindeutig ein Problem! Allein, um dies zu verhindern, musste sie sich einfach auf das Spiel einlassen! Er würde sie sofort informieren! „Bitte bleiben Sie einen Moment in der Leitung, Mr. Lenn.“, sagte Saron freundlich und stellte dann die interne Verbindung zu Nuguras Sprechanlagenterminal her. In kurzen Stichworten erklärte er seiner Chefin, was soeben geschehen war, denn er wollte Mr. Lenn auch nicht unnötig lange warten lassen. Wenn er riskierte, dass es ihm zu lange dauerte, konnte er die Verbindung unter Umständen beenden und sich jemand anderen suchen und wer wusste schon, wie es eventuell um dessen Moral bestellt war. „Gut nachgedacht, Mr. Saron.“, lobte Nugura. „Stellen Sie Mr. Lenn an mich durch! Er soll mir das Spiel mal erklären. Mich wundert allerdings, dass er sich an uns wendet, wo doch die Tindaraner für seine Spezies anscheinend viel näher sind. Na ja. Über all das kann ich ja persönlich mit ihm sprechen. Verbinden Sie schon!“ Saron nickte und ging aus der Leitung. Erleichterung machte sich in ihm breit. Er hatte eigentlich befürchtet, dass Nugura darauf überhaupt nicht eingehen würde. Aber das Gegenteil war Gott sei Dank der Fall. Vielleicht dachte sie, dass, wenn das Spiel zu deren Kultur gehörte, sie, als Präsidentin einer Macht, die sich die Akzeptanz anderer Kulturen auf ihre Fahnen geschrieben hatte, hier nicht verneinen durfte.

Nugura hatte ihr freundlichstes Lächeln aufgesetzt, als auch sie des Gesichtes des Froschartigen ansichtig wurde. „Ich bin Nugura, Präsidentin der Föderation der vereinten Planeten.“, stellte sie sich vor. „Guten Morgen, Mr. Lenn.“ „Guten Morgen, Präsidentin Nugura.“, sagte der Vagaside. „Ich nehme an, Ihr eifriger Sekretär hat Sie bereits über alles informiert.“ „Mr. Saron hat mir in der Tat einen kurzen Abriss gegeben.“, sagte Nugura. „Und ich bin durchaus gewillt, die Herausforderung anzunehmen! Aber dann muss ich noch viel mehr wissen über Ihr Spiel, um mich, wie hoffentlich mein Gegner auch, an dessen Regeln halten zu können. Es liegt nämlich keineswegs in meiner Absicht, Ihre oder seine Kultur mit Füßen zu treten.“ „Die Regeln werden Ihnen in schriftlicher Form zugestellt, jetzt, wo Sie Ihre Bereitschaft bekundet haben.“, sagte Lenn. „Nur so viel. Es wird darauf ankommen, den anderen zu überbluffen. Das bedeutet, Sie und Ihr Gegner müssen abwechselnd ansagen, was sie bereit wären, für den Kegel zu geben. Der Gewinner, oder auch die Gewinnerin, bekommt den Kegel. Ist Ihnen ein Angebot zu risikoreich, um es zu unterbreiten, können Sie jederzeit aussteigen. Dann riskieren Sie aber, dass Ihr Gegner den Preis bekommt. Es darf kein gleich klingendes oder gar in der Sache gleich lautendes Angebot zwei mal abgegeben werden. Das Ganze wird über eine Konferenzschaltung stattfinden. Wie wäre es mit heute zwölf Uhr Mittags Ihrer Zeit?“ „Ich bin einverstanden!“, lächelte Nugura selbstbewusst. „Na dann, bis später.“, sagte Lenn und beendete die Verbindung.

Die Präsidentin gab das Rufzeichen von Sarons Terminal in ihr eigenes ein. Dann sagte sie: „Mr. Saron, es wird wohl bald eine SITCH-Mail von dem fremden Rufzeichen eingehen. Sie enthält die Regeln für Quisar. Geben Sie mir sofort Bescheid, wenn sie da ist und leiten Sie diese dann sofort an mich weiter! In der Zwischenzeit verbinden Sie mich mit der Regierung der Tindaraner!“ „Die Mail ist schon da, Madam President.“, sagte Saron. „Um so besser.“, antwortete Nugura. „Dann mal immer her damit! Sagen Sie alle Termine für heute ab! Ich muss mich schließlich gut vorbereiten!“ „Ja, Madam President.“, sagte Saron, gab Nugura ihre Verbindung und leitete die gerade eingegangene SITCH-Mail an Nuguras Unterrufzeichen weiter. Dann rief er ihren Terminkalender auf, um den letzten Teil ihrer Anweisungen auszuführen.

Maron und Nitprin waren beim Frühstück. Immer noch schien die kleine Breen sehr von der Situation um sich und den Kegel gefangen. So sehr, dass sich ihre schulischen Leistungen in letzter Zeit sehr verschlechtert hatten. „Dein Lehrer sagt, du hättest sehr nachgelassen, Jinya.“, sagte der Demetaner. „Erklär mir doch bitte mal, was der Grund dafür ist.“ „Es ist, weil wir noch immer keine Nachricht von den Vagasiden haben.“, sagte Nitprin. „Was ist, wenn die nie kommt, weil alles schon längst über die Bühne ist und die Ferengi das Ding haben. Wozu soll ich dann noch lernen, wenn sowieso bald die Welt untergeht, weil sie es …“ „Das wird nicht passieren, Jinya!“, sagte der erste Offizier mit sehr viel Zuversicht in der Stimme. „Es wird sicher einen Grund geben, warum …“

Das Signal der Türsprechanlage hatte ihn unterbrochen. „Entschuldige mich.“, sagte er. „Wenn ich wieder da bin, reden wir weiter.“

Er stand auf und ging zur Tür, wo ihn eine ziemlich aufgeregte Zirell erwartete. „Was ist passiert?“, wendete er sich an seine Vorgesetzte, während er die stark vor Aufregung zitternde Tindaranerin ins Wohnzimmer führte. „So habe ich dich ja noch nie gesehen.“ „Die Vagasiden!“, stieß Zirell hervor. „Sie haben sich nicht an uns gewendet, sondern an die Föderation! Ich denke, weil wir ihre Einladungen zu oft abgelehnt haben. Wir dürfen, als Verbündete der Föderation, mithören und Tipps geben. Eingreifen dürfen wir aber nicht. Ich bete zu allen Göttern, dass Nugura das durchsteht. Ihr Herausforderer ist niemand Geringeres, als der große Nagus und du kannst dir ja wohl vorstellen, was passieren könnte, wenn …“ „Warte mal, Zirell.“, sagte Maron. „Hat sie denn die Herausforderung angenommen?“ „Würde ich sonst hier so vor dir stehen?!“, fragte Zirell unwirsch zurück. Der erste Offizier schüttelte mit einem beschwichtigenden Blick in ihre Richtung den Kopf. „Siehst du!“, sagte die tindaranische Kommandantin. „Dann sollten wir keine Zeit verlieren und uns mal die Regeln für Quisar zu Gemüte führen.“, sagte der Demetaner. „IDUSA soll die Daten in deinen Bereitschaftsraum überspielen und dort sehen wir dann die Regeln mal nach Tricks und Kniffen durch, wie wir Nugura helfen können, ohne die kulturellen Regeln der Vagasiden zu verletzen. Wann soll es losgehen?“ „Heute Mittag um zwölf.“, sagte Zirell. „Also, das sind noch vier Stunden.“, stellte Maron fest, nachdem er auf die Zeitanzeige seines Sprechgerätes geschaut hatte. „Das dürften wir schaffen! Komm!“ Er zog Zirell mit sich aus dem Raum. Keiner von beiden ahnte aber, dass noch jemand, die alles mitbekommen hatte, genau das gleiche Ziel verfolgte, wohl in der Absicht, sich von ihrer vermeintlichen Schuld rein zu waschen.

Sytania hatte sich nach der Hochzeitsfeier in ihre Gemächer zurückgezogen und sich dann durch einen Diener den Kontaktkelch bringen lassen, in dem sich immer noch ihre körperlosen Ehemänner befanden. Dann hatte sie nach Telzan geschickt. Da die Uhren im Dunklen Imperium etwas anders gingen, hatte sie genügend Zeit gehabt. Notfalls hätte sie diese auch angehalten, um in Ruhe ihren Abkömmling erschaffen zu können, wenn sie nicht die Einmischung Dills hätte befürchten müssen. Aber das war ja alles nicht nötig.

Jetzt jedenfalls saß sie auf einem Sessel in ihrem Schlafgemach an einem Tisch, auf dem der Kontaktkelch stand. Während sie auf Telzan wartete, dachte sie über einiges nach. Dass viele Parlamentarier der Föderation wieder die Alten waren, hatte sie durchaus registriert, es war für sie aber nicht so schlimm, so lange sie die breite Basis und die Antisternenflotte behielt. Das Antiuniversum würde jetzt, da es kaum noch Politiker gab, wohl von der bösen T’Mir beherrscht werden, aber das war ohnehin ganz nach ihrem Geschmack. Früher oder später würde sie die Antivulkanierin sogar zur Königin ernennen, wenn sie somit die Kaiserin aller Dimensionen wäre.

„Herrin?“ Eine fragende männliche Stimme hatte sie aus ihren Gedanken geholt. Sie wendete den Kopf und sah in das Gesicht Telzans. „Ach, du bist es, Telzan.“, sagte sie. „Setz dich her!“ Sie deutete auf den Stuhl neben dem Ihren. Folgsam führte der Vendar ihren Befehl aus. Dann fragte er: „Wie soll die Erschaffung des Geistwesens nun genau vor sich gehen, Milady?“ „Folgendermaßen, Telzan.“, sagte Sytania. „Ich werde meinen Körper verlassen und zu meinen Männern in den Kontaktkelch gehen. Dort werden wir unsere Energien vereinen und das Phänomen, das dabei entsteht, wirst du abschöpfen, indem du zu einem Zeitpunkt, den ich dir telepathisch nennen werde, beide Hände auf den Fuß des Kelches legst. Dann tust du das Gleiche, als würdest du ein unschuldiges Opfer aussaugen wollen.“ „Aber was ist, wenn ich Euch oder einen Eurer Männer dabei verletze?“, fragte Telzan, dem die ganze Sache doch nicht so ganz geheuer war. „Ich meine, für Eure Männer ist das eine Premiere und Ihr, Ihr habt so etwas ja sicher auch noch nie getan, ganz zu schweigen von mir.“ „Mach dir darüber keine Sorgen.“, beschwichtigte Sytania. „Ich werde schon darauf achten, dass uns dabei nichts geschieht. Vertrau mir!“ Unsere Gemahlin hat Recht., stimmte auch einer der beiden Palgeister telepathisch zu. Nur Mut, Vendar!, motivierte ihn der andere in gleicher Weise. Wir sind sicher, dass du die nötige Vorsicht walten lassen wirst und wenn dir deine Herrin noch hilft, was soll dann schon passieren? „Du willst doch auch nicht bei deinen Leuten und vor mir als Feigling da stehen, oder?“, fügte Sytania verbal hinzu. „Nein, Milady!“, sagte Telzan entschlossen. „Also dann!“, sagte die Prinzessin und legte sich auf ihr Bett. Dann schloss sie die Augen und begann damit, sich vorzustellen, ihren Körper zu verlassen und durch den Raum in den Kelch zu schweben. Ein schwarzer Blitz kündete bald davon, dass sie dieses Ziel auch erreicht hatte.

Was sich im Kelch selbst tat, wusste Telzan nicht, aber er konnte es sich denken. Tatsächlich waren die beiden Palgeister und Sytania bald zusammengetroffen. Jetzt spüren wir dich endlich leibhaftig, geliebte Braut., heuchelte einer der Beiden, die ja aufgrund ihrer Bosheit gar nicht wissen konnten, was Liebe war. Auf diesen Augenblick haben wir uns beide schon unendlich gefreut!, meinte der andere. Auch ich habe mich schon sehr darauf gefreut!, stimmte Sytania zu. Aber nun lasst uns zur Vollstreckung schreiten! Und wie genau hast du dir das vorgestellt?, meinte wieder der erste Palgeist. Nun., meinte Sytania. Ich dachte mir das so. Ich zähle bis drei und dann schleudert jeder von uns ein Energiephänomen in die Mitte des Kelches. Dort werden sie sich vereinen und Telzan wird sie abschöpfen. Einverstanden., stimmten die Palgeister gemeinsam zu und begannen damit, sich, wie Sytania auch, auf ihr Vorhaben zu konzentrieren. Seid ihr bereit?!, fragte die Königstochter telepathisch. Die Palgeister bejahten. Na dann! Eins, zwei, drei!

Telzan sah drei gleichzeitig erscheinende schwarze Blitze, die von dem Kontaktkelch aufstiegen. Nun wird es wohl bald so weit sein., dachte der Vendar, der unter sehr starkem Lampenfieber litt, sich dies aber nicht anmerken lassen wollte. Viel Zeit, darüber nachzudenken, hatte er aber ohnehin nicht, denn im selben Augenblick hörte er Sytanias Stimme in seinem Geist: Jetzt, Telzan! Jetzt!

Er legte seine Hände entschlossen auf den Fuß des Kelches. Dann stellte er sich die Leere vor, die in seiner Sifa herrschte. Alsbald floss die Energie der vereinten Phänomene dort hinein. Immer wieder spürte er nach, ob er nicht aus Versehen etwas Energie von Sytania oder ihren Ehemännern erwischt hatte, die dort nichts zu suchen hatte, aber das war nicht der Fall.

Wenig später war Sytania in ihren Körper zurückgekehrt. Sie stand vom Bett auf und ging zu Telzan hinüber. „Lass vom Kelch ab!“, befahl sie. Der Vendar folgte ihrem Befehl. Dann sagte Sytania: „Lass dir gratulieren, Telzan. Es hat offensichtlich sehr gut funktioniert. Du trägst jetzt unsere Schöpfung!“ „Habt Dank, Herrin.“, sagte der völlig erschöpfte Vendar. „Aber was soll nun mit Euren Ehemännern geschehen? Ich meine, sie können sicher in einer Dimension der Körperlichkeit, wie es das Dunkle Imperium nun einmal ist, nicht überleben ohne ein Gefäß.“ „Nun, es werden sich bei Zeiten schon zwei arme Tröpfe finden lassen, in deren Körper wir sie pflanzen können.“, sagte Sytania. „Meine Diener sollen Ausschau nach zwei einfältigen Bauerntölpeln halten, die so dumm sind, dass sie keine Fragen stellen werden, wenn wir ihnen versprechen, dass sie sich bald die Macht mit mir teilen können.“ „Der Haken daran ist nur, dass sie dann nicht mehr die Kontrolle haben werden!“, grinste Telzan. „Aber das müssen wir ihnen ja nicht sagen.“ „Du sprichst die Wahrheit.“, sagte Sytania. „Das müssen wir ihnen wirklich nicht sagen. Aber alles zu seiner Zeit. Ich will erst erfahren, ob sie auch in der Qualität sind, in der ich sie vermute.“ „Dann werdet Ihr abwarten müssen, bis …“, begann Telzan und hielt sich den Kopf. „Was ist dir?“, fragte Sytania alarmiert. „Ich weiß es nicht.“, sagte Telzan. „Bitte, Milady. Schickt nach meiner Frau. Sie ist heilkundig.“ „Wie du willst.“, sagte Sytania, die wohl durchaus das Leben ihrer Schöpfung in Gefahr sah. Dann wandte sie sich an eine ihrer Kammerzofen: „Scher dich zu Cirnach!“ Die Angesprochene nickte und raste davon.

Wenig später kam sie mit der Vendar im Schlepptau zurück, die einen Erfasser in der rechten Hand trug, mit dem sie ihren Mann eilig scannte. Dann lächelte sie: „Es ist nichts Schlimmes. Du musst nur so schnell wie möglich mit dem Fütterungsritual beginnen. Aber sei gewarnt. Ich schätze, dass sich Sytanias Schöpfung sehr schnell entwickeln wird. Wenn wir nicht schon einen Körper hätten, dann müssten wir binnen drei Tagen einen finden!“ „Das sind ja vortreffliche Nachrichten, Cirnach.“, sagte Sytania und auch Telzan war sehr erleichtert. „Bitte erlaubt uns, uns jetzt zurückzuziehen.“, bat Cirnach und nahm Telzan bei der Hand. „Sicherlich.“, sagte Sytania. Dann verließen die beiden Vendar ihre Räume.

 

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