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IDUSA hatte Shimar an Bord geholt und dann war sie mit Scotty und ihm in Richtung des freien Weltraums gestartet. Den terranischen Ingenieur hatte aber eines nicht ruhen lassen. Wohin wollte Ginalla mit meinem Körper?

Wie aufgeregt Scotty war, konnte auch Shimar nicht entgehen, auch dann nicht, wenn er seine telepathischen Fähigkeiten gar nicht benutzte, denn Scotty rutschte unruhig auf seinem Sitz hin und her und tat auch sonst allerlei Dinge, die auf starke Nervosität hinwiesen. „Würdest du vielleicht die Güte haben und mir erzählen, was du für ein Problem hast?!“, fragte der junge Tindaraner, der angesichts des Verhaltens seines Freundes vor Mitleid bald nicht mehr wusste, wo ihm der Kopf stand. Es war für Shimar traurig mit anzusehen, welch bedauernswertes Bild Scotty hier abgab. „Es is’ Ginalla.“, sagte der Schotte. „Nich’, dass ich ihr misstrauen würde, aber ich misstraue den Genesianern. Was is’, wenn die irgendwas mit ihr machen, dass …“

Shimar gab einen Laut von sich, der darauf hindeutete, dass er von Scottys Einlassung ziemlich genervt war. „Was stellst du dir denn vor?!“, fragte er. „Was denkst du denn, was die Genesianer für Monster sind? Mach dir doch bitte noch einmal klar, warum sie mit euch ab und zu Krieg führen. Sie empfinden euch als ehrenvolle Gegner. Also sind sie auch selbst ehrenvoll. Sie werden schon Betsys Körper nicht entweihen oder so was. Ginalla bringt sie auch nur dort hin, weil sie eine Reaktion von der Föderation provozieren will. Jemand muss ihr gewaltig auf den nicht vorhandenen Schlips getreten sein, wenn du mich fragst. Ich weiß nicht, ob ich nicht an ihrer Stelle ähnlich reagiert hätte.“ „Kann IDUSA Ginallas Schiff aufspüren?“, fragte Scotty. „Das kann ich leider nicht.“, sagte das Schiff, das beide Reaktionstabellen geladen hatte. „Sie ist bereits außerhalb meiner Sensorenreichweite.“ „Kannst du nich’?“, wandte sich Scotty an Shimar. „Ich meine, Genesia Prime liegt immerhin im Universum. Vielleicht …“ „Ich kann es auf jeden Fall versuchen.“, sagte Shimar. Dann befahl er in Richtung seines Schiffes: „Übernimm das Steuer!“ „Wie Sie wünschen.“, gab IDUSA zurück und änderte die Darstellung vor seinem geistigen Auge, was auf die Ausführung seines Befehls hindeutete.

Shimar visualisierte sich selbst, wie er durch das Universum in Richtung genesianische Grenze schwebte. Dabei hatte er auch ständig alles im Blick, das sich unter ihm befand. Seine Suche galt nämlich auch Kamurus. Aber außer einer Nebelwand, die ihm den mentalen Blick versperrte, konnte er leider nichts wahrnehmen, so sehr er es auch versuchte. „Tut mir leid, Scotty.“, sagte er schließlich abgekämpft. „Ich kann sie nicht finden.“ „Woran liegt denn das?“, fragte Scotty. „Mischt sich Logar etwa schon wieder ein?“ „Nein.“, sagte Shimar. „Ich denke eher, dass mir die eigenen Gefühle im Weg sind.“ „Diese Theorie kann ich bestätigen.“, sagte IDUSA. „Es ist allgemein in der Wissenschaft bekannt, dass Telepathen eventuell durch die eigenen Emotionen an der Nutzung ihrer Fähigkeiten gehindert werden können. Wenn aber die äußeren Bedingungen dieser Situation angepasst werden, kann es sein, dass dieses Manko kompensiert werden kann.“ „Wovon zur Hölle redest du?“, fragte Scotty. „Wenn sich Shimar und Sie in einer Umgebung befinden würden, in der Betsys geistige Prägung sehr stark vorhanden wäre, dann könnte sie somit als Verstärkung dienen. Wenn Shimar Sie, Techniker Scott, dann noch in die Verbindung integriert und Sie das Gleiche wollen wie er, dann müsste es eigentlich funktionieren. Zumindest gehen davon Wissenschaftler aus, deren Abhandlungen darüber mir in meiner Datenbank zur Verfügung stehen. Wollen Sie beide die Texte lesen?“ „Oh, bitte, verschone uns.“, sagte Scotty und Shimar nickte nur bestätigend. „Ich hasse medizinisches Fachchinesisch!“ „Also gut.“, sagte IDUSA. „Aber ich wüsste schon gern, wie ich damit umgehen soll. Soll ich umkehren?“ „Das wäre wohl das Beste.“, sagte Shimar. „Wie Sie wünschen.“, sagte IDUSA und wendete. Das Schiff kannte einen solchen Ort sehr wohl, an dem meine geistige Prägung stark genug sein würde. Sie wusste, dass sie die Beiden nur in meinem Haus absetzen musste. Auch Shimar und Scotty war dies klar, aber sie wussten nicht, ob nicht der Staat schon seine Finger darauf hatte und ob die ihnen bekannten Codes für die Tür überhaupt noch gelten würden. Aber das wäre kein Problem, solange sie IDUSA hätten, die sie einfach dort hinein beamen könnte.

Sytania hatte in ihre Zukunft gesehen. Was sie dort sah, verhagelte ihr aber anständig die Laune, zumal sie in den Ereignissen der Gegenwart, die sie ebenfalls beobachtet hatte, auch nichts Positives für sich sah. „Diese verdammte kleine celsianische Kröte!“, sagte sie wütend. „Mit ihrer kleinen Provokation ist ihr ein Streich gelungen, den ich ihr nicht zugetraut hätte! Wenn sie Betsys Körper zu den Genesianern bringt und dort passiert, was passieren wird, wenn ich nicht eingreife, dann kann ich meinen gesamten Plan vergessen! Ich muss mich dringend mit Telzan beraten!“ Sie winkte einem ihrer Leibwächter: „Hol mir Telzan!“

Jener Vendar, von dem gerade die Rede war, beschäftigte sich zu dieser Zeit mit dem Fütterungsritual. Es war schon das zweite Mal an diesem Tag. Aber da er wusste, was auf ihn zukommen würde, hatte er schon mit so etwas gerechnet. Das Wesen in seiner Sifa hatte auch bereits angefangen, mit ihm zu kommunizieren. Die Beiden hatten sich, wenn er den Zustand der Fütterung erreicht hatte, immer sehr gut unterhalten können über das, was nach dem Wechsel des Wesens in seinen neuen Körper passieren würde. Auch wollte das Wesen sehr viel über seinen neuen Körper wissen und das gerade heute. „Wie sieht der Körper aus, den ihr für mich ausgesucht habt?“, fragte es.

Telzan stellte sich Malcolms Gesicht und Statur vor. „Ich hoffe, er ist dir genehm.“, sagte er. „Ich weiß, es ist der Körper eines Kindes, aber …“ „Ob er mir genehm ist, Vendar?!“, lachte das Wesen und ließ ihn noch einmal seine gesamte Bosheit spüren. „Mach dir keine Sorgen, Vendar. Er ist mir sogar sehr genehm. Im Körper eines unschuldigen Kindes wird niemand so einen bösen Geist vermuten, wie ich es bin! Das wird mir alle Türen öffnen. Dieser Körper war eine sehr gute Wahl, Vendar. Sag das deiner Frau, meiner Mutter, meinen Vätern und auch jedem, der sonst noch an der Wahl beteiligt war! Ich werde dem Kleinen noch ein Telepathiezentrum verpassen und dann sollt ihr mal alle sehen, wie schnell ich das Höllenreich meiner Mutter und meiner Väter über die Dimensionen bringe! Ihr solltet allerdings alle Vorbereitungen treffen, die notwendig sind. Es werden nur noch wenige Minuten sein, Vendar, die wir zusammen verbringen. Nur noch wenige Minuten. Mich interessiert nur, wie ihr diesem Kind verkaufen wollt, mir seinen Körper zur Verfügung zu stellen.“ „Sei ohne Sorge.“, sagte Telzan. „Da wird meiner klugen und hübschen Cirnach schon etwas einfallen. Der Kleine hat uns fast an Elternstatt akzeptiert. Er vertraut uns, so naiv wie er ist. Ich bin überzeugt, sie wird einen Weg finden. Meine Frau kann gut mit Kindern.“ Er lachte böse auf.

Der Wächter war auf Cirnach getroffen, die ihren Mann bei der Ausführung des Fütterungsrituals mit einem Erfasser überwacht hatte. Jetzt sahen beide, wie er es beendete und die Augen aufschlug. Cirnach konnte einen sehr zufriedenen Ausdruck auf seinem Gesicht erkennen. „Da bist du ja wieder, mein Ehemann.“, sagte sie stolz. „Ich sehe, es scheint dir heute alles leicht von der Hand gegangen zu sein.“ Sie blätterte in den Daten ihres Erfassers. „Das ist richtig, meine außerordentlich kluge Ehefrau.“, sagte Telzan. „Die Energien des Wesens und die Meinen vertragen sich so gut, dass mir das Fütterungsritual leicht wie nie von der Hand geht. Ich bin nur etwas traurig gestimmt, weil wir uns schon bald voneinander verabschieden müssen. Das Wesen sagt, es dauert nur noch wenige Minuten, bis es so weit ist.“ „Das kann mein Erfasser nur bestätigen.“, sagte Cirnach. „Bei dieser schnellen Entwicklung hatte ich erst Sorge, deine Sifa könnte vielleicht Schaden nehmen, aber auch das ist nicht der Fall.“ „Oh, ich denke, darauf hat Sytania schon geachtet.“, sagte Telzan. „Wo wir gerade von ihr sprechen.“, meinte Cirnach. „Sie erwartet dich im Thronsaal. Sie muss dringend mit dir reden.“ „Dann sollte ich gleich zu ihr gehen.“, sagte Telzan. „Ich denke, wenn sie mich so dringend sprechen will, dann wird sie nicht in der besten Stimmung sein. Ich aber habe Nachrichten für sie, die sie garantiert aufheitern werden!“ Er stand von seinem Sitzkissen auf.

„Du solltest den Kleinen mitbringen.“, fügte er noch in Cirnachs Richtung hinzu. „Keine Sorge.“, sagte Cirnach. „Darum kümmere ich mich schon.“ Dann gingen beide in verschiedene Richtungen davon.

Cirnachs Weg führte sie nur ein paar Zimmer weiter. Hier war Malcolm damit beschäftigt, mit den vielen neuen Spielsachen zu spielen, die sie und ihr Mann ihm besorgt hatten. Fälschlicherweise hatte sie ihm berichtet, dass sowohl sein Vater, als auch seine Mutter, tot seien und dass sie und ihr Mann jetzt auf ihn aufpassen würden. Auch hatte sie alles getan, um sein Vertrauen zu gewinnen. Jetzt setzte sie sich neben den kleinen Jungen auf den Teppich. „Hallo, Tante Cirnach!“, lächelte ihr Malcolm nichts ahnend entgegen. „Ich grüße dich, Malcolm El Taria.“, sagte die Vendar mit betont freundlicher Stimme. „Sag mal.“, fuhr sie listig fort. „Willst du ein mächtiger Zauberer werden, so wie die Märchenprinzessin, in deren Schloss wir leben?“ „Kann ich dann auch meine Mummy und meinen Daddy wieder ins Leben zaubern?“, fragte Malcolm. „Oh ja, das kannst du.“, log Cirnach, der seine Frage sehr gelegen kam. „Dann will ich es!“, strahlte Malcolm, der sich nichts sehnlicher wünschte, als seine angeblich toten Eltern wiederzusehen. „Was muss ich dazu machen, Tante Cirnach?“ „Du musst nur mit mir gehen.“, sagte die Vendar und nahm ihn bei der Hand. „Wir gehen zur Märchenprinzessin. Dort treffen wir auf den Onkel Telzan. Es kann sein, dass es ihm nicht gut geht, wenn wir ihn sehen, aber du kannst ihm dann helfen, indem du einfach seine Hände nimmst. Dadurch zauberst du ihn sozusagen gesund. Zur Belohnung wirst du dann ein ganz großer Zauberer werden.“ „Oh ja, das will ich!“, sagte Malcolm und folgte ihr. Das arme Kind konnte ja mit seinen gerade einmal sechs Jahren nicht ahnen, was wirklich auf ihn zukommen würde.

Telzan hatte Sytanias Thronsaal betreten und war dort auf seine sehr deprimiert dreinschauende Herrin getroffen. „Was hat Euch so die Stimmung verhagelt, Milady.“, fragte der Vendar und grinste sie an. „Du wagst es, in meiner Gegenwart zu lächeln?!“, gab Sytania zurück. „Ja, das wage ich, Hoheit.“, erwiderte Telzan. „Ich habe nämlich sehr gute Nachrichten für Euch, Milady. Bitte hört mir zu. Ich bin überzeugt, dass es Euch danach auch viel besser gehen wird.“ „Dann will ich deinen Vorschlag mal ausprobieren.“, sagte Sytania, die sich nicht vorstellen konnte, mit was für Nachrichten ihr Untergebener sie hätte aufheitern können.

Er stellte sich direkt vor ihren Thron. Dabei drehte er sich so, dass er jede Regung ihres Gesichtes wahrnehmen konnte. Dann begann er: „Es geht in erster Linie um das Wesen, Prinzessin. Cirnach hat mit ihrem Erfasser festgestellt, dass es sich zwar sehr schnell, aber auch sehr gut entwickelt. Es hat sogar schon mit mir kommuniziert und es ist mit der Wahl des Körpers, die wir getroffen haben, sehr einverstanden. Es sagt, wenn es im Körper eines unschuldigen Kindes daherkommt, wird niemand das Böse in ihm vermuten, das es in Wahrheit ist. Das könnte doch zu Eurem Vorteil sein. Genesianer, Klingonen und auch die Föderation werden zunächst glauben, dass man mit einem Kind ja leicht fertig werden kann, auch wenn dieses eine Armee von Vendar anführt. Aber da werden sie sich eindeutig irren und Ihr hättet schneller einen Brückenkopf im Universum, als Ihr Brückenkopf sagen könnt.“ „Das sind ja wirklich sehr gute Nachrichten.“, meinte Sytania. „Was bin ich doch für eine engstirnige Närrin gewesen?! Ich habe mich immer nur auf das Gebiet der Föderation versteift, um mir dort einen Brückenkopf aufzubauen. Aber die anderen Gebiete habe ich nie in Betracht gezogen. Favorisieren würde ich schon fast das der Klingonen. Sie würden es ja bestimmt als sehr unehrenhaft bezeichnen, auf ein unschuldiges Kind zu schießen, nicht wahr?!“ Sie lachte gemein und hexenartig. „Ganz recht, Hoheit.“, sagte Telzan. „Und ähnlich würden sich auch die Genesianer …“

Er hielt sich den Kopf und machte ein angespanntes Gesicht. „Ist es so weit, Telzan?!“, fragte Sytania wie ein Kind, das es nicht erwarten kann, sein erstes Geschenk am Weihnachtsabend auszupacken. Telzan nickte nur und sagte: „Ich brauche das Kind.“ Der schon lange praktizierende Vendar konnte die Signale seines Körpers und insbesondere die seiner Sifa sehr sicher deuten und wusste, dass das Organ bereits dabei war, die Schleimhaut, in der sich das Energiewesen gehalten hatte, abzubauen. Würde es jetzt nicht in seinen Körper übertreten können, würde sich seine Energie verflüchtigen. Es gab zwar Techniken und und Konzentrationsübungen , mit denen Telzan dies über einen bestimmten Zeitraum herauszögern konnte, aber auch das half nicht ewig.

Cirnach und Malcolm hatten den Raum jetzt ebenfalls durch die schwere Tür betreten. Der Junge grinste, als er Sytania ansichtig wurde. „Hallo, Märchenprinzessin!“, sagte er. Sytania, die mit seiner Äußerung zunächst nicht viel anfangen konnte, sah zuerst ihn und dann Cirnach irritiert an. Dann zischte die Vendar ihr zu: „Bitte, spielt mit, Herrin. Es gehört alles zu meinem Plan.“ „Also gut.“, flüsterte Sytania zurück und stieg sogar von ihrem Thron herab, um Malcolm zu begrüßen, der ihr verschüchtert die Hand gab. „Sei gegrüßt, Malcolm.“, sagte die Königstochter. „Ihr auch, Märchenprinzessin.“, sagte der Junge, der von Telzan und Cirnach die richtige Anredeweise für Sytania gelernt hatte. „Die Tante Cirnach hat gesagt, Ihr könnt mich zu einem großen Zauberer machen, aber dann muss ich erst mal dem Onkel Telzan helfen. Stimmt das?“, fragte Malcolm unbedarft und ungewiss der Dinge, die ihn erwarten würden. „Ja, das stimmt.“, sagte Sytania. „Stimmt es auch, dass ich dann meine Mummy und meinen Daddy wieder zurückzaubern kann?“ „Ja, auch das ist wahr, kleiner Malcolm.“, bestätigte Sytania. „Wo ist denn der Onkel Telzan?“, fragte Malcolm. „Komm mit!“, sagte die Prinzessin und schritt ihm voran in den hinteren Teil des Thronsaals, in dem Telzan am Audienztisch Platz genommen hatte. Seine Kopfschmerzen, die immer stärker wurden, hatten ihn gezwungen, sich zu setzen.

Malcolm verzog traurig und mitleidig das Gesicht. „Oh, armer Onkel Telzan.“, sagte er. „Geht es dir nich’ gut? Die Tante Cirnach hat gesagt, dass nur ich dir helfen kann. Ich muss einfach nur deine Hände nehmen. Stimmt das?“ „Ja, mein Kleiner.“, sagte der Vendar listig. „Das ist die Wahrheit.“ „Dann gib sie mir bitte.“, sagte Malcolm und streckte seine Hände nach Telzans aus. Dieser griff sie und dann wurde es dem kleinen Jungen schwarz vor Augen.

Mit schnellen Schritten war Cirnach ebenfalls zum Ort des Geschehens geeilt und hatte ihren Mann mit dem Erfasser gescannt. Mit Genugtuung hatte sie festgestellt, dass der Übertritt des Wesens wohl komplikationslos ablaufen würde. „So ist es richtig, Telzan.“, flüsterte sie ihrem Mann zu. „Lass los. Lass es übertreten.“

Wenige Sekunden später schlug Malcolm wieder die Augen auf. Aber das zu Anfang fröhlich lächelnde Gesicht des Jungen hatte sich in eines mit einem fiesen Grinsen verwandelt. „Sei gegrüßt, Mutter!“, ließ das Wesen Malcolms Stimme in Richtung Sytania sagen. Dann ging er zu dem Tisch, auf dem der Kontaktkelch stand. Es gab einen schwarzen Blitz und er legte seine Hände auf den Fuß des Kelches, um den Palgeistern telepathisch zu übermitteln: Und auch ihr, meine Väter! Danach kehrte er zu Sytania zurück und drehte sich vor ihr langsam um und um. „Auch ich grüße dich, meine Schöpfung.“, sagte die Prinzessin und besah ihn sich von oben bis unten. „Ich muss sagen, dein neuer Körper passt sehr gut zu dir. Ich nehme an, du hast ihm auch schon ein Telepathiezentrum gegeben?!“ „Natürlich habe ich das!“, sagte das Wesen. „Ich bin bereit, die Aufgaben, die Ihr für mich habt, zu erfüllen.“ „Oh, das wirst du noch früh genug.“, sagte Sytania. „Aber vorher sollten wir noch etwas Grundlegendes klären. Du bist der Einzige, der mich nicht mit Hoheit oder Milady ansprechen muss. Schließlich bist du so etwas wie mein Sohn. Nenn mich doch einfach Mutter und sag du zu mir.“ „Wie du wünschst, Mutter.“, sagte das Wesen. „Und du kannst mich … Em … Ich sollte doch den Namen eines großen Eroberers tragen, findest du nicht?“ „Aber natürlich.“, grinste Sytania. „Dann nennen wir dich doch einfach mal Augustus. Ja, ich finde, dass das sehr gut passt. Schließlich markiert der August in der Zeitrechnung der Terraner das Ende des Sommers, also einer sehr schönen Zeit. Auch du wirst das Ende einer schönen Zeit herbeiführen. Du wirst die Freiheit der Bewohner des Universums beenden. Also für sie auch eine sehr schöne Zeit. Wenn du mit ihnen fertig bist, werden sie alle meine Sklaven sein, wie sie dort sind. Egal, ob Klingone, Cardassianer, oder Föderationsbürger. Sie sind dann alle vor mir gleich. Ein Zustand, von dem die Föderation seit Jahrhunderten träumt. Gleiches Recht für alle.“ „Ja.“, sagte das Wesen mit bissigem Unterton. „Nämlich gar keins!“ Es ließ Malcolms Stimme gemein auflachen. „Du hast es erfasst!“, rief Sytania begeistert aus und klatschte in die Hände. „Ganz die Mama! Nicht wahr, Telzan und Cirnach?“ Die Vendar nickten zustimmend.

Augustus ging um den Tisch herum und setzte sich auf den zweiten Stuhl, der sich gegenüber von Sytanias befand. „Ich finde, Mutter, dass wir die Einzelheiten unseres Plans besprechen sollten.“ „Nun gut.“, sagte Sytania, der durchaus klar war, dass ihre Schöpfung es wohl kaum noch erwarten konnte, seine Aufgabe zu erfüllen. „Ich hatte mir das so gedacht.“, sagte die Königstochter. „Du wirst auf Telzans Schiff mitfliegen, wenn ihr in die Schlacht zieht.“ „Nein, das halte ich nicht für gut, Mutter.“, unterbrach Augustus sie. „Ich hätte viel lieber ein eigenes Schiff. So wäre ich flexibler und könnte leichter auf Situationen reagieren.“ „Hast du denn das Wissen, um ein Veshel zu fliegen?“, fragte Sytania. „Ja, das habe ich, Mutter.“, sagte Augustus. „Der kleine Narr, dem mein Körper gehörte, wollte es ja unbedingt lernen und jetzt wird er sehen, was er davon hat. Er ist ja noch immer hier, aber er hat, wie du siehst, ja nicht mehr die Kontrolle. All das Wissen, das er in den sechs Jahren seines Lebens angesammelt hat, ist jetzt mein! Außerdem kann ich mir ja, wenn ich etwas nicht weiß, einfach nur wünschen, es zu wissen. Jetzt, wo ich so mächtig bin, ist das ja kein Problem.“ „Da hast du allerdings Recht, Augustus.“, sagte Sytania. „Ich sehe, du kannst schon gut mit deinen Fähigkeiten umgehen. Also gut. Du sollst dein eigenes Schiff bekommen! Telzan, sage deinen Technikern, sie sollen das beste Schiff für Augustus vorbereiten, das ihr habt! Na geh schon!“ „Zu Befehl, Hoheit!“, sagte der Vendar zackig und verließ den Raum. Auch Cirnach wollte ihm folgen, aber Sytania hielt sie zurück: „Du bleibst! Jemand von euch sollte hier weiter unserer strategischen Besprechung lauschen, damit du deinen Mann später informieren kannst und ich nicht alles zwei mal erzählen muss. Setz dich zu uns!“

Es gab einen schwarzen Blitz und ein weiterer Stuhl stand vor dem Tisch, auf dem Cirnach Platz nahm. „So.“, sagte Sytania. „Wo waren wir?!“ „Wenn ich behilflich sein darf, Milady.“, diente sich Cirnach an. „Ihr hattet gerade mit Eurem Sohn besprochen, dass er ein eigenes Schiff haben kann.“ „Ach ja.“, sagte Sytania. „Dann hätten wir das ja schon einmal geklärt. Dann können wir uns ja nun in aller Ruhe dem eigentlichen Problem widmen, eurem Angriffsziel. Ich würde sagen, ihr fallt zuerst ins Gebiet der Föderation ein. Dort könnt ihr mir sicher einen passablen Brückenkopf errichten.“ „Tut mir leid, Mutter.“, sagte Augustus selbstbewusst. „Ich habe da nämlich eine andere Idee. Ich finde, wir sollten zuerst Romulus angreifen. Dort sind unsere Chancen viel höher, einen Sieg zu erringen. Auch wenn die gute Sternenflotte im Augenblick selbst nicht viel ausrichten kann, so hat sie doch viele potente Telepathen auf ihrer Seite, die mir, wenn sie sich zusammenschließen würden, schon sehr gefährlich werden könnten. Romulus ist ein viel sichereres Ziel. Die Romulaner sind nur rudimentäre Telepathen. Die haben mir nichts entgegenzusetzen. Aber sie werden, da sie selbst ja auch leichte telepathische Fähigkeiten besitzen, es nicht wagen, Rosannium einzusetzen, denn in dem unbändigen Zustand, in dem es jetzt ist, strahlt es ja überall hin und könnte auch ihnen gefährlich werden. Es dürfte uns doch gleich sein, in welchem Gebiet des Universums wir einen Brückenkopf haben. Mit meiner Hilfe wirst du sie alle sehr leicht besiegen und dann sind wir Herrscher über das Universum, das auch viele Pforten in andere Dimensionen besitzt. Man denke nur einmal an das Bermudadreieck auf Terra.“

Sytania ließ sich seine Worte durch den Kopf gehen. Dann sagte sie mit einem gemeinen Grinsen auf den Lippen: „Wie Recht du hast! Ich kurzsichtige Närrin habe mich doch viel zu sehr auf die Föderation versteift. Aber wenn wir mit Romulus anfangen würden, dann kämen wir sozusagen durch die Hintertür. Das dürfte auch die Föderation und ihre Verbündeten überraschen und demoralisieren. Wenn die Romulaner Meilenstein noch hätten, dann wäre die Situation ja ganz anders, aber das ist ja nicht mehr der Fall und politisch isoliert von der Föderation, die ihnen mit Hilfe ihrer starken Verbündeten zur Hilfe kommen könnte, sind sie auch! Oh, Augustus, was du doch schon für ein großes taktisches Denken beweist! Ich werde deinen Vorschlag annehmen! So und nun geh hin und schau dir das Schiff an, das für dich bereitgestellt wird. Lasse mich wissen, ob du damit zufrieden bist. Cirnach, führe ihn hin!“ „Wie Ihr wünscht, Milady.“, sagte die Vendar und drehte sich Augustus zu: „Bitte folgt mir, junger Lord.“ Das Wesen ließ Malcolm nicken. Dann sagte es noch einmal in Sytanias Richtung gewandt: „Ich werde dich sicher nicht enttäuschen, Mutter.“ Dann stellte es sich die geistige Prägung der Palgeister vor und übermittelte ihnen Telepathisch: Und auch euch nicht, meine Väter! Dann verließ er mit Cirnach den Thronsaal.

Sytania ging zu dem Tisch hinüber, auf dem der Kontaktkelch stand, denn sie hatte das Gefühl, Ihre Ehemänner wollten ihr etwas sagen. Damit lag sie auch gar nicht so falsch, denn kaum hatte sie ihre Hände auf den Fuß gelegt, nahm bereits einer Kontakt zu ihr auf und meinte: Du siehst, Gemahlin, wie klug unser Sohn geworden ist. Das sehe ich.“, gab Sytania zu. Dieses strategische Denken hat er eindeutig von euch geerbt. Da sind wir ganz deiner Meinung., stimmten die Palgeister zu.

Mikel stand an der Straße vor dem Haus von D/4. Er hatte geplant, die Sonde in seine Pläne mit einzubeziehen, denn unter Umständen konnte es notwendig werden, dass sie von jemandem geschützt werden mussten. Das System hätte sicher die notwendigen Mittel dazu. Mikel würde warten, bis die Sonde, wie immer um diese Uhrzeit, mit ihrem Fahrzeug aus der Ausfahrt kam. Dann würde er, wie es sonst eigentlich nicht seine Art war, einfach auf die Straße gehen und sie sozusagen abfangen. Dass der Leitwürfel, der hätte verhindern können, dass es zu einem Unfall käme, außer Betrieb war, wusste Mikel aus der Tageszeitung, in der so etwas von den Behörden immer bekannt gegeben wurde. Normalerweise hätte er nur drei Meter weiter gehen müssen und dem nächsten Würfel sagen können, dass er die Straße überqueren wollte, aber gerade das wollte er nicht. Er wollte vielmehr darauf warten, dass D/4 auf ihn aufmerksam wurde. Dass sie ihn nicht überfahren würde, dachte sich Mikel, denn ihre Reflexe waren viel besser, als die jedes biologischen Wesens, das er kannte.

Zur Ausführung seines Plans sollte es aber gar nicht kommen, denn der blinde Mann wurde plötzlich durch ein Geräusch aufgeschreckt. Jemand benutzte genau so einen Taststab, wie auch er ihn hatte. Da ich tot war und er niemanden sonst kannte, der dies tun würde, kam nur einer in Frage, sein böses Ich! Kampfbereit drehte sich Mikel in die Richtung, aus der er das Geräusch gehört hatte. Er wusste, wenn sein böses Ich hierher käme, dann sicher nicht, um gemütlich mit ihm zu plaudern! „Ich bin hier!“, rief er ihm entschlossen entgegen. „Komm her, wenn du dich traust! Lass uns die Sache wie zwei richtige Kerle austragen!“

Eine Weile lang geschah nichts. Die Spannung in der Luft konnte man förmlich mit Händen greifen. Es war still. ganz still. Dann spürte Mikel plötzlich einen starken Griff um seine Schultern und seinen Hals und wie jemand versuchte, ihn zu Boden zu reißen. Er reagierte, indem er sich die kleinen Finger seines Gegners schnappte und sie nach geradeaus bog. Über den Schmerz überrascht ließ sein böses Ich zunächst von ihm ab. „Na, damit hast du nicht gerechnet, was?!“, stieß der positive Mikel hervor. „Oh, doch!“, erfolgte die Antwort seines bösen Ich. „Zumindest weiß ich jetzt, wem wir zu verdanken haben, dass wir euch nicht schon längst vollständig vernichten konnten! Du wirst den anderen sicher geholfen haben. Aber aufgehoben ist ja nicht aufgeschoben!“ Es erfolgte ein neuer Angriff. Mikel aber war vorbereitet. Er ahnte bereits, dass sich die Angriffe seines Gegners wohl auf seinen Hals konzentrieren würden, denn er wusste, dass dessen erklärtes Ziel war, ihn zu töten! Schnell wie eine Katze war er mit seinen Ellbogen an denen des negativen Mikel und wischte sie auseinander. Dies verhinderte, dass dessen Hände seinen Hals überhaupt erreichen konnten. „Du kämpfst mit viel Geschick!“, musste der böse Mikel zugeben. „Aber viel wird dir das nicht nützen! Du bist schwächer, als ich es bin!“ „Wovon träumst du nachts, he?!“, entgegnete der gute Mikel selbstbewusst.

Auf dem Weg zu ihrer Garage hatte D/4 aus dem Augenwinkel den Ringkampf der beiden Männer beobachtet. Sofort drehte sie sich dem Geschehen zu, konnte aber nicht wirklich ausmachen, welcher von beiden Kämpfern wer war. Da sich die Beiden inzwischen in ein auch für sie undurchsichtiges Knäuel von Leibern verwandelt hatten, wusste sie nicht, wem sie gegebenenfalls helfen sollte. Durch diesen Umstand war es für sie auch unmöglich geworden, ihre Biozeichen zu trennen. Sie beschloss Online zu gehen und im System nachzufragen, ob sich über eine solche Situation Daten finden ließen, die ihr bei ihrer Entscheidung behilflich sein konnten. Tatsächlich meldete sich dann auch bald A/1 bei ihr, der die einzige Sonde war, die auf alles und alle Zugriff nehmen konnte: „D/4, es sind leider keine Daten über das von dir beobachtete Phänomen im System vorhanden. Somit gibt es auch keine Verhaltensregeln. Du musst allein entscheiden. Operiere nach deinem eigenen Gutdünken, aber lass uns an deiner Mission teilhaben. Schalte deine Systeme für uns frei, damit wir hören und sehen können, was du hörst, siehst, denkst und tust.“ „Verstanden.“, gab die Sonde über die Verbindung zurück. Sie blieb Online und führte alles aus, was ihr A/1 aufgetragen hatte. Vielleicht würde eine andere Sonde, wenn sie ihren Gedankengängen lauschte, ihr assistieren können.

Mikel und Mikel kämpften immer noch miteinander. Jetzt aber waren sie damit beschäftigt, sich gegenseitig mit Fußtritten zu traktieren. Ihre Taststäbe hatten beide verloren. D/4 hob sie auf und nahm sie in Verwahrung, denn sie dachte sich, dass sich beide unter Umständen bei der richtigen Anwendung damit doch stark verletzen könnten. Da beide eine Ausbildung im Nahkampf hatten, hielt sie das durchaus für wahrscheinlich. Die Nahkampfausbildung der Sternenflotte hatte schließlich Elemente aus allen Kulturen in sich aufgenommen. Auch Elemente aus Stockkämpfen. Wenn der böse Mikel den Guten verletzen würde, wäre das sicher nicht gut. Sie sah, dass beide gleich stark waren. Der Kampf konnte also noch ewig dauern, wenn ihr nichts einfiel, um ihn zu beenden. Aber wie sollte ihr das gelingen? Ihre einzige Option war die Logik. Wenn Ablehnung zur Trennung geführt hatte, dann würde Akzeptanz vielleicht wieder zur Vereinigung der beiden Mikels führen. „Agent Mikel!“, rief sie dem guten Mikel zu. „Akzeptieren Sie ihn! Sie müssen Ihr böses Ich wieder als einen Teil von sich akzeptieren! Das ist die einzige Möglichkeit! Glauben Sie mir!“

Es war dem guten Mikel gelungen, sich für einen Moment aus dem Schwitzkasten seines Gegners zu lösen. Dann holte er tief Luft, um die Gelegenheit zu nutzen, auszuführen, was sie ihm soeben gesagt hatte. „Ich akzeptiere dich!“, sagte Mikel. „Ich akzeptiere dich aus vollem Herzen, mein böses Ich!“ Dann wurden beide ohnmächtig.

Die Sonde beobachtete, wie alsbald der böse Mikel immer durchsichtiger und durchsichtiger wurde. Dann fiel er buchstäblich in den guten Mikel hinein. Es sah von ihrer Warte aus, als würde er eingesaugt werden. Auch die beiden Taststäbe verschmolzen miteinander, so dass nur noch einer übrig blieb. Sie beobachtete dies genau und übermittelte alle Daten ans System. Dann stand nur noch ein Mikel vor ihr, der sich in ihre Richtung drehte und im Begriff war, sich ihr zu nähern. „Verbleiben Sie an Ihrer Position!“, sagte D/4 und schritt ihrerseits auf Mikel zu. Dann übergab sie ihm seinen Taststab. „Danke, D/4.“, sagte der schweißnasse und noch immer vor Anstrengung zitternde Mikel. Sie ging zunächst über sein Dankeschön hinweg und nahm ihn in einen medizinisch korrekten Griff, um ihn zu stützen. Dann führte sie ihn zu einer Bank in ihrem Garten. „Sie dürften Verwirrung und Irritation empfinden.“, sagte die Sonde. „Ich werde Sie examinieren.“ „OK.“, sagte Mikel erschöpft. „Aber es geht mir eigentlich gut. Nur ein wenig Ohrensausen und etwas Schwindel.“

D/4 begann mit ihrer Untersuchung. Dann sagte sie: „Ihre Einschätzung ist korrekt. Sie scheinen sich wieder bester Gesundheit zu erfreuen.“ „Vielen Dank.“, sagte Mikel. „Aber ich muss Sie über einen Plan informieren, den ich gefasst habe. Wir sollten aber auch der Granger übermitteln, was hier gerade passiert ist. Haben Sie zufällig ein Sprechgerät?“ Die Sonde, die durchaus wusste, dass seine Frage rein rhetorischer Natur war, erwiderte nur: „Folgen Sie mir bitte in mein Haus.“ Mikel nickte und ließ sich bereitwillig von ihr mitnehmen.

Ribanna war überrascht, Mikels Stimme aus einem Sprechgerät zu vernehmen, dessen Rufzeichen ihr völlig unbekannt war. „Wo sind Sie, Sir?“, fragte der junge indianische Allrounder vom Stamm der Apachen erstaunt. „Geht es Ihnen gut?“ Ihr musste sein verschwitztes Äußeres aufgefallen sein. „Ja, es geht mir gut, Allrounder.“, sagte Mikel zuversichtlich und gleichzeitig im Bestreben, sie, die seiner Ansicht nach mit der Situation sehr überfordert war, zu beruhigen. „Ich habe nur gerade mit meinem bösen Ich einen kleinen Ringkampf gehabt. Aber D/4 hier, deren Sprechgerät ich auch gerade benutze, hat mir ermöglicht, ihn zu besiegen. Kommen Sie, Ribanna, wir machen das jetzt zusammen. Denken Sie an ihr böses Ich und akzeptieren Sie sie. Sie müssen es laut aussprechen. Wenn wir das getan haben, dann verbinden Sie mich mit Commander Kissara. Ich werde auch ihr sagen müssen, was wir herausgefunden haben. Aber ich möchte, dass Sie der lebende Beweis für sie sind. Also los!“

Sie dachte zaghaft über das nach, was ihr Vorgesetzter ihr soeben berichtet hatte. Aber sie konnte sich schlussendlich doch nicht entschließen, seinem Befehl zu folgen. „Ich traue mich nicht, Sir.“, sagte sie mit ängstlicher Betonung in der Stimme. „Was ist, wenn nicht ich, sondern sie die Oberhand behält? Was ist, wenn …“

Mikel, der ihre Einwände durchaus verstehen konnte, drehte sich D/4 zu. „Ist es möglich, die Eindrücke, die Sie bei meiner Vereinigung mit meinem bösen Ich gewonnen haben, an das Sprechgerät der Granger zu übertragen?“ „Selbstverständlich ist das möglich, Agent.“, antwortete die Sonde und zog ihr Antennenset aus ihrer Tasche hervor, das sie an ihr Sprechgerät anschloss und es mit ihrem internen Sprechgerät rief. Somit war zwischen ihr und dem Sprechgerät ihres Hauses eine Datenverbindung entstanden, über die sie dann die von Agent Mikel genannten Daten an die Granger überspielte. Dann sagte Mikel: „Ribanna, da ist ein Datenpaket, das Sie sich ansehen sollten. Vielleicht kann Ihre Angst somit zerstreut werden.“ „Ich werde es mir ansehen, Agent.“, erwiderte die junge Indianerin und beendete zunächst die Verbindung. Sie würde das Rufzeichen erneut rufen, wenn sie sich entschlossen hätte.

Mikel hatte sich abwartend in dem Sessel, den ihm die Sonde hingeschoben hatte, zurückgelehnt. „War das Ihr Plan, über den Sie so dringend mit mir reden wollten?“, erkundigte sich die Xylianerin. „Nein, D/4.“, sagte Mikel. „Das war er nicht. Das, über das ich mit Ihnen reden muss, ist etwas komplizierter. Aber ich denke, wir werden Zeit haben. Ribanna ist keine Freundin schneller Entschlüsse, wenn es darum geht, Risiken einzugehen und das hier, was ich von ihr will, ist fürwahr nicht ganz risikolos. Sie wägt vorher genau ab, was die Konsequenzen sein würden. Eine Eigenschaft, die ich ihr sehr zugute halte. Dadurch fällt man zumindest nicht so oft auf die Nase, wie ich es schon getan habe. Aber der Nervenkitzel und dessen Verlockungen sind manchmal einfach zu mächtig.“ „Möchten Sie mir etwas gestehen, Agent?“, fragte die Sonde ruhig, die sein Gesicht die gesamte Zeit über unter Beobachtung hatte. Die kleine Hautfalte über seiner Oberlippe, die sich verräterisch kraus gezogen hatte, war ihr nicht entgangen. „Ja, das muss ich wohl.“, sagte Mikel. „Mir war bekannt, dass der Leitwürfel vor Ihrem Haus außer Betrieb ist. Aber gerade diesen wollte ich benutzen, um die Straße zu überqueren und zwar in genau dem Moment, in dem Sie aus der Auffahrt gefahren wären. Dadurch hätte ich auf mich aufmerksam machen wollen und zwar so, dass es kein anderer durchschaut hätte. Ihre Sensoren sind besser als biologische Augen. Ihre Reflexe sind …“

Sie stand von ihrem Platz auf und packte Mikel im Nacken, was ihr ermöglichte, seinen gesamten Oberkörper in ihre Richtung zu drehen. Somit war er gezwungen, sie anzusehen, wenn er denn gekonnt hätte. Dann schrie sie ihn an: „Auch ich kann auf unberechenbare Situationen nicht immer sofort reagieren! Mein Fahrzeug hätte Sie trotzdem schwer verletzen können! Obwohl Sie mir gerade gesagt haben, dass dies ein geheimer Weg war, meine Assistenz anzufordern, war Ihr Verhalten töricht! Seien Sie froh, dass Ihr böses Ich Ihnen einen Strich durch die Rechnung gemacht hat!“ Sie ließ ihn los, um ihm eine Gelegenheit zum Antworten zu geben. „Es tut mir leid.“, sagte Mikel geknickt. „Ihre Entschuldigung ist akzeptiert.“, sagte die Sonde ruhig. „Aber ich nehme an, das war nicht das Einzige, das Sie planen, Agent, nicht wahr?“ „Sie haben Recht.“, meinte der Agent und rückte näher zu ihr. „In Wahrheit plane ich, Betsy zurück ins Leben zu holen.“

Die Sonde sah ihn fasziniert an. „Was meinen Sie damit?“, fragte sie. „Bitte definieren Sie genauer.“ „Das können Sie haben.“, sagte Mikel. „Ich meine damit, dass ich meinen Körper verlassen werde und ihr ins Reich der Toten folgen werde, um sie dann zu uns zurückzuführen.“ „Müsste dazu nicht ihre Silberschnur intakt sein?“, erkundigte sich die Sonde skeptisch. „Warum denn?!“, sagte der terranische Agent. „Wir haben doch meine.“

D/4 setzte einen skeptischen Blick auf, vermied es aber, Mikel darüber zu informieren. Sie dachte sich, dass sein Plan in dieser Art scheitern würde, wollte ihn aber diese Erfahrung selbst machen lassen. Sie ahnte, dass es ohnehin zwecklos sein würde, zu versuchen, ihn von seinem Vorhaben abzubringen. Dazu hatte sie viel zu lange mit Bioeinheiten und speziell mit dieser Einheit, zusammengelebt. Deshalb sagte sie: „Verstanden. Mein Zweck bei Ihrer Mission ist mir bekannt. Sie wollen sicher, dass ich Sie körperlich überwache.“ „Das ist korrekt, um mal Ihren Wortlaut zu benutzen.“, sagte Mikel. „Aber Ihr Zweck bei meiner Mission dürfte noch ein anderer sein. Könnte das System für unseren Schutz garantieren? Ich meine, Sytania oder die böse Sternenflotte würden uns das sicher nicht so einfach machen lassen und hier auf der Erde ist es mir zu gefährlich. Hier sind zu viele Zivilisten im Weg, die prima Geiseln oder Druckmittel für Sytania abgeben würden.“ „Ihre Sorge ist verständlich.“, sagte die Sonde. „Ich werde mit A/1 darüber sprechen. Aber um in den Systemraum zu kommen, benötigen wir auch eine Person mit einem Schiff, die mutig genug ist, sich auf Ihren Plan einzulassen.“ „So jemanden habe ich mir schon ausgeguckt.“, sagte Mikel. „Und ich bin überzeugt, dass sie mitmachen wird. Sie ist keine Person, die das Abenteuer scheut. Nein, sie sucht es noch viel eher. Da steht sie Tom Paris in nichts nach.“ „Eine weibliche Person, die das Abenteuer sucht, ein eigenes Schiff besitzt und Tom Paris in Sachen Mut und fliegerischem Können in nichts nachsteht.“, fasste D/4 Mikels Beschreibung zusammen. „Mir fällt da nur eine Person ein, auf die diese von Ihnen definierten Parameter zutreffen. Sie heißt Tchey Neran-Jelquist, nicht wahr?“ Mikel nickte. „Ich bin sicher, wir werden sie überzeugen können.“, sagte die Sonde. „Wir haben unsere freie Woche und dabei fällt ihr, nach eigenen Angaben, ohnehin immer die Decke auf den Kopf. Gegen so ein bisschen Nervenkitzel hätte sie sicher nichts einzuwenden.“

Das Sprechgerät machte ihrer Unterhaltung ein jähes Ende. Am anderen Ende der Verbindung war Ribanna. „Sir.“, sagte sie an Mikel gewandt. „Ich denke, ich traue mich jetzt doch. Aber bitte sagen Sie mir, dass Sie die ganze Zeit bei mir sind.“ „Wenn Sie gesagt haben, dass Sie sie akzeptieren.“, sagte Mikel. „Dann lassen Sie sofort den Sendeknopf los. Dann habe ich Gelegenheit, verbal Ihre Hand zu halten. Ich werde die ganze Zeit mit Ihnen reden, auch wenn Sie mich vielleicht nicht hören können, weil Sie ohnmächtig sind. Aber es ist die Geste, die zählt.“ „Also gut.“, sagte Ribanna. „Dann tue ich es jetzt. Also: Ich akzeptiere dich, mein böses Ich! Ich akzeptiere dich aus vollem Herzen und aus freiem Willen!“

An Ribannas Bild auf dem Schirm konnte D/4 sehen, dass es ihr nicht gut ging, denn ihr Gesicht wurde sehr blass. Dann ließ sie den Sendeknopf los, wie Mikel es ihr geraten hatte. Gleichzeitig machte eine Störung eine weitere Kommunikation zwischen dem Rufzeichen der Sonde und dem der Granger unmöglich, denn das Energiephänomen, das sich dem Schiff näherte, war daran schuld. Bei dem Phänomen handelte es sich um die böse Ribanna, die jetzt von ihrem guten Ich angezogen und dann in sie hinein gezogen wurde. „Das mit dem verbalen Halten ihrer Hand kann ich wohl vergessen.“, stellte Mikel fest. „Das ist korrekt.“, analysierte D/4, die sich den Sendebericht ihres Sprechgerätes geben lassen hatte.

Wenige Sekunden danach erwachte Ribanna an ihrem Platz. Jemand mit einem Erfasser hatte sich über sie gebeugt. Sofort erkannte sie das katzenartige Gesicht ihres Commanders. Sie wollte sich aufrichten, um zu salutieren, aber Kissara hielt sie mit einer ihrer weichen pfotenartigen Hände zurück. „Langsam, Ribanna.“, schnurrte sie. „Was Sie gerade durchgemacht haben, ist ganz schön kräftezehrend, wenn ich diesen Bildern hier glauben kann und das kann ich wohl. Computer lügen nicht. Aber diese Bilder sind sehr aufschlussreich und ich denke, ich weiß jetzt, wie wir das Antiuniversum vernichten können und uns alle wieder herstellen können.“

Sie ging zu ihrem Platz. Dann sagte sie: „Computer, die bei Zeitindex 2035,1910.1450 entstandenen Bilder als Hintergrund einer SITCH-Mail formatieren und auf allen Frequenzen mit der von mir diktierten Nachricht an alle Rufzeichen in Reichweite senden!“ „Befehl wird ausgeführt.“, sagte der Schiffsrechner. „Bitte diktieren Sie Ihre Nachricht.“ „Ich bin Commander Kissara von der USS Granger.“, begann diese. „Was Sie hier sehen, Ladies und Gentlemen, ist der einzige Weg, Ihre Persönlichkeit wieder herzustellen. Sie alle müssen Ihre bösen Seiten genau so wie Ihre guten Seiten akzeptieren! Gut und böse brauchen einander! Sonst können sie nicht existieren. Wer also nicht will, dass Sytania mit ihrem Plan durchkommt, uns alle vollständig zu vernichten, folgt bitte meinem Aufruf! Diktat Ende, Computer.“ „Ihre Nachricht wird gesendet.“, sagte der Rechner. Kissara warf dem Schirm einen zufriedenen Blick zu.

Ribanna hatte sich mittlerweile wieder so weit erholt, dass sie Kissaras Befehlen an den Rechner lauschen konnte. Als ausgebildete Kommunikationsoffizierin wusste sie genau um deren Konsequenzen. „Sie haben ihm befohlen, Ihre Nachricht auf allen Frequenzen und an alle Rufzeichen in Reichweite zu schicken.“, sagte sie. „Das schließt doch auch Unterhaltungsmedien mit ein.“ „Natürlich tut es das, Ribanna.“, sagte Kissara abfällig. „Aber ich finde, die Unterbrechung der Lieblingsseifenoper ist ein akzeptabler Preis für die Wiederherstellung der eigenen Persönlichkeit, nicht wahr?“ Die SITCH-Offizierin und Raumschiffpilotin nickte. „Na sehen Sie.“, meinte Kissara. „Und wenn Sie das schaffen, dann geben Sie mir jetzt bitte Agent Mikel unter dem fremden Rufzeichen.“ „Aye, Commander.“, sagte Ribanna pflichtbewusst und führte ihren Befehl aus.

Mikel war überrascht, so schnell wieder etwas von Ribanna zu hören. „Der Commander möchte Sie sprechen, Sir.“, sagte sie. „Dann immer her mit ihr, Ribanna.“, sagte Mikel lächelnd. „Übrigens, wissen Sie eigentlich, dass Sie das mit der Wiedervereinigung ganz allein hingekriegt haben?“ „Das weiß ich jetzt auch, Sir.“, sagte Ribanna mit etwas Stolz auf die eigene Leistung und den eigenen Mut in der Stimme. „Es war Ihnen ja technisch nicht möglich, mir zu helfen.“ „Das stimmt.“, sagte Mikel. „Und das dachte ich mir auch schon. Aber wenn ich es Ihnen gesagt hätte, hätten Sie sich nicht getraut, wie ich Sie kenne.“ „Sie können meine Persönlichkeit sehr gut einschätzen, Agent.“, sagte der junge Allrounder und ging aus der Leitung, um Kissara und Mikel ein Gespräch zu ermöglichen. „Da haben Sie aber eine interessante Entdeckung gemacht, Mikel!“, lobte die Kommandantin ihren ersten Offizier. „Danke für die Blumen, Kissara.“, sagte Mikel. „Aber ich will mich nicht mit fremden Federn schmücken. Eigentlich gebührt der Dank D/4! Sie hat mich erst darauf aufmerksam gemacht, dass es nur so geht.“ „Oh, Sytania wird diese neue Entwicklung gar nicht gefallen, Agent.“, sagte Kissara und grinste so sehr, dass die Eckzähne ihres Raubtiergebisses zum Vorschein kamen. „Da kann ich nur zustimmen, Kissara.“, grinste auch Mikel. „Aber es kommt noch viel besser.“

Er machte eine dramatische Pause, in die sie einhakte: „Was soll das denn noch toppen, Mikel?!“ „Ich kann Betsy zurückholen, Kissara!“, sagte Mikel fest. „Aber dazu müssen Sie mir noch einmal freie Hand lassen. Bitte, Kissara, vertrauen Sie mir!“ „Das tue ich.“, sagte die thundarianische Kommandantin. „Deshalb haben Sie auch für diese Mission freie Hand!“ Sie beendete das Gespräch, ohne Mikel weitere Fragen zu stellen. Dieser hängte das Mikrofon ein und wandte sich dann an die Sonde: „Bringen Sie mich jetzt bitte zu Tchey.“ „Sicher.“, erwiderte D/4 und beide gingen aus dem Haus in die Garage zum Fahrzeug der Sonde, um dann zum Grundstück der gerade genannten Person zu fahren.

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