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Cirnach hatte Sytania in ihrem Thronsaal gefunden und sofort ihren Mann verständigt. Gemeinsam hatte man die krampfende Königstochter von ihrem Thron auf den Boden gehoben, da die beiden Vendar befürchteten, dass sie sich in ihrer geschwächten Situation bei einem Sturz aus großer Höhe vielleicht doch etwas hätte tun können. Das, was auch immer gerade mit ihr geschah, musste so sehr an ihren geistigen Fähigkeiten nagen, dass sie sehr schwach waren. „Was ist nur mit ihr passiert, Cirnach?“, fragte Telzan seine Ehefrau. „Hast du irgendetwas gesehen?“ „Es tut mir leid.“, erwiderte Cirnach. „Gesehen habe ich leider nichts. Ich habe sie auch gerade so gefunden. Ich dachte, du würdest mir das vielleicht beantworten können.“ „Gleich kann ich das sicher auch!“, sagte Telzan zuversichtlich und zog einen Erfasser. Dann bat er sie: „Bitte geh ein Stück an die Seite.“

Cirnach folgte seiner Aufforderung. Dann sah sie zu, wie sich ihr Mann genau vor Sytania stellte und sie mit seinem Erfasser zu scannen begann. „Es sieht aus, als sei sie das Opfer einer massiven Energieverlagerung geworden.“, sagte der Vendar. „Eine Energieverlagerung?“, fragte Cirnach. „Das tritt doch nur dann auf, wenn jemand einen Bann bricht, den sie verhängt hat. Aber was könnte so massiv …“ „Denk nach, Cirnach!“, fiel ihr Telzan ins Wort. „Es gibt einen Bann, der sehr groß ist und den sie über sehr viele Leute verhängt hat. Wenn der gebrochen wird, dann …“ „Das Antiuniversum!“, fiel es Cirnach wie Schuppen von den Augen. „Aber wer sollte in der Lage sein …“ „Hast du dein Sprechgerät dabei?“, fragte Telzan. Seine Frau nickte. „Dann nimm es und lass es die Frequenzen der Föderation absuchen. Ich habe da so einen Verdacht.“ Wieder nickte Cirnach und führte aus, worum ihr Mann sie gerade gebeten hatte. Nun hörte auch sie die Nachricht, die vom Sprechgerät der Granger in regelmäßigen Abständen von 10 Minuten gesendet wurde. „Kissara!“, sagte sie mit hasserfülltem Blick. „Wenn ich die in die Finger kriege!“ „Um Kissara können wir uns später kümmern.“, beruhigte sie Telzan und erinnerte sie auch gleichzeitig an die Pflicht gegenüber Sytania. „Jetzt müssen wir erst mal einen Weg finden, unserer Herrin zu helfen.“ „Sie wird die Energieverlagerung nicht überleben, wenn ihre Fähigkeiten nicht gedrosselt werden.“, sagte Cirnach. „Das weiß ich auch.“, sagte Telzan. „Und es gibt nur einen Weg, das zu tun.“

Er zog seinen Phaser, steckte die Fokussionslinse mit Rosannium auf und begann auf die Stirn seiner Gebieterin zu zielen. „Was tust du denn da, Telzan?!“, fragte Cirnach erschrocken. „Ich muss das tun, Cirnach.“, sagte Telzan mit sehr viel Konzentration in der Stimme, denn er war gerade dabei, die passende Dosis Rosannium zu berechnen. Dazu hatte er die Daten seines Erfassers zugrunde gelegt. „Wenn ich es nicht tue, wird sie sterben! Und jetzt stör mich nicht länger. Wenn ich einen Rechenfehler mache, wird das Ergebnis das Gleiche sein!“ „Also gut.“, sagte Cirnach. „Ich vertraue dir.“

Die Zeit, bis er endlich feuerte, schien für Cirnach sehr langsam zu vergehen. Was eigentlich nur wenige Minuten dauerte, waren für sie fast Stunden. Endlich hörte sie jenes erlösende Geräusch. Dann schlug Sytania die Augen auf. „Was ist geschehen, Telzan?!“, fragte die imperianische Prinzessin mit geschwächter Stimme. „Commander Kissara hat Euren Bann über das Universum der Föderation gebrochen, Milady, wie es aussieht.“, informierte Telzan sie ohne Umschweife. „Woher weißt du das?“, fragte Sytania.

Telzan sah Cirnach auffordernd an. Die Vendar holte erneut ihr Sprechgerät aus der Tasche und hielt es Sytania vor die Augen. „Es dauert noch etwa 20 Sekunden.“, erklärte die Vendar. „Dann werdet Ihr hören und sehen, was wir meinen.“ „Da bin ich aber gespannt.“, sagte Sytania und wartete ab.

Tatsächlich dauerte es nicht lange und Kissaras Nachricht wurde erneut gesendet. „Diese verdammte kleine miese thundarianische Kröte!“, rief Sytania aus. „Ich werde sie höchst persönlich vernichten!“

Sie versuchte, ihre Fähigkeiten einzusetzen, aber da Telzan mit Rosannium auf sie geschossen hatte, kam sie damit nicht sehr weit. „Was ist das?!“, fragte sie mit großer Empörung in der Stimme. „Es tut mir leid, Herrin.“, sagte Telzan. „Aber ich musste mit Rosannium auf Euch schießen, um Euch das Leben zu retten. Wir werden uns bei Zeiten um Kissara kümmern. Aber jetzt solltet Ihr erst einmal wieder zu Kräften kommen. Ich habe außerdem gute Nachrichten für Euch. Mir wurde gemeldet, dass Augustus und unsere Leute bereits ins Universum der Romulaner eingefallen sind. Die Schiffe sind auf dem Weg nach Romulus. Dort wird ihnen keiner etwas entgegenzusetzen haben. Ich denke, sie werden den Planeten leicht nehmen.“ „Aber was ist mit den Klingonen?“, wollte Sytania wissen. „Die werden den Romulanern nicht helfen!“, versicherte Telzan. „Erst einmal sind sie mit den Romulanern verfeindet und zum Zweiten wird ihnen ihre Ehre verbieten, auf ein Kind zu schießen. Das bedeutet, selbst wenn sie den Romulanern helfen wollen würden, weil sie aus irgendeinem Grund doch kapieren, dass Ihr Eure Finger im Spiel habt, werden sie spätestens dann Halt machen, wenn sie Augustus’ unschuldiges Gesicht auf dem Schirm sehen.“ „Das ist die beste Nachricht seit langem.“, sagte Sytania und gab einen erleichterten Seufzer von sich. „Ich hatte schon gedacht, es sei alles verloren, jetzt, wo das Antiuniversum auseinander fällt.“ „Oh, es wird nicht ganz auseinander fallen, Hoheit.“, mischte sich Cirnach ins Gespräch. „Antivulkan wird Euch bleiben. Das bedeutet, sollte Augustus etwas passieren, hat er dort immer noch einen Zufluchtsort und Ihr eine Operationsbasis mit Reserve.“ „Wieso sollte mir Antivulkan bleiben?“, fragte Sytania. „Weil sich garantiert kein Vulkanier seine emotionale Seite zurückwünschen wird.“, grinste die Vendar dreckig zurück. „Für sie muss das doch der größte Traum sein, wie es jetzt ist.“ „Du hast Recht.“, lachte Sytania. „Darüber hatte ich noch gar nicht nachgedacht. Oh, ihr zwei versteht es wahrlich, Eure Herrin aufzuheitern!“

Sie stand auf, aber im gleichen Moment drohte sie auch schon wieder hinzufallen, so dass Telzan sie auffangen und stützen musste. „Ihr solltet in Euer Gemach gehen, Hoheit.“, schlug der Vendar vor. „Eine Mütze voll Schlaf sollte Euch helfen, Euch von der Rosannium-Dosis zu erholen, die ich gezwungen war, Euch zu verpassen. Dann werdet Ihr auch Eure Fähigkeiten zurückerlangen.“ „Wohlan denn.“, sagte Sytania und ließ sich von Telzan und Cirnach bereitwillig in ihre Gemächer führen.

Es war früher Vormittag, als D/4 und Mikel sich von der Rückseite dem Grundstück der Neran-Jelquists näherten. Die Sonde parkte das Fahrzeug auf dem Grünstreifen und hieß den blinden Agenten dann, ihr zu folgen. Sie hatte Tchey längst erspäht, die mit der Fernsteuerung des bekannten Spielzeugraumschiffes in der Hand an einem Freigehege stand, in dem sich Yara befand. Das Tierheim von Little Federation hatte der Vermittlung der demetanischen Wollkatze an die Neran-Jelquists dann schlussendlich doch zugestimmt, was sicher auch der Einmischung von Mr. Tymoron zu verdanken war.

Tchey ließ das Schiffchen über dem Gehege fliegen und schleifen drehen. Die Dose mit dem Futterbrocken für Yara hing darunter. Sie hatte einige kleine Hindernisse im Gehege aufgebaut, über die Yara springen oder klettern musste, um hinter der Beute bleiben zu können. „Ja! Feine Maus!“, motivierte Tchey sie und ließ das Schiff sinken. „Aber in den schlauen Dateien von Mr. Tymoron steht auch, dass man auch mal das Kätzchen gewinnen lassen soll!“

Sie wartete grinsend ab, bis Yara mit der Pfote eventuell in Reichweite der Dose kommen konnte und stellte dann den Schub vollständig auf null. Das hatte zur Folge, dass das Schiffchen beinahe senkrecht wie ein Stein vom Himmel fiel. Yara aber machte keine Anstalten, nach der Beute zu schlagen, obwohl Tchey sie ihr so offensichtlich anbot.

Jene Situation war auch Mikels feinen Ohren nicht verborgen geblieben. Der Agent hatte das plötzliche Aussetzen des Antriebs des Schiffchens auch mitbekommen und konnte sich sehr wohl denken, was passieren würde, wenn Tchey es nicht sofort abfing. Das Abschmieren des Schiffchens könnte sehr stark an ihrer Fliegerehre kratzen. Er fragte sich, ob Yara das eventuell ahnte und ihr neues Frauchen mal so richtig vorführen wollte, aber diesen Gedanken verwarf er sofort wieder. Yara war ein Tier! Ein Wesen, dem man so eine geistige Leistung im Allgemeinen nicht zutraute. Er beschloss aber dann trotzdem doch, Tchey, die das Geschehen anscheinend noch nicht wirklich erfasst hatte, aufmerksam zu machen. Dazu löste er sich vom Arm der Sonde, die ihn bis dahin geführt hatte und ging schnellen Schrittes auf Tchey zu. Dabei rief er immer wieder: „Abfangen, Tchey! Mach schon! Starte sie endlich durch, sonst stürzt sie gleich ab! Du willst dir doch wohl nicht ernsthaft nachsagen lassen, dass so eine Spitzenpilotin wie du es noch nicht mal fertig bringt, ein Spielzeugraumschiff zu steuern! Fang sie ab, verdammt! Fang sie endlich ab!“

Erst jetzt schien Tchey zu registrieren, was in ihrer unmittelbaren Umgebung geschah. Erst jetzt sah sie, wie nah das Schiff dem Boden bereits war. Sofort schob sie den Regler für den Schub nach Vorn und zog den Joystick für die Höhe in ihre Richtung. Dabei zischte sie: „Komm schon!“

Der Antrieb des Schiffchens heulte auf und es stieg steil nach oben, um gleich darauf von Tchey in einer großen ruhigen Steuerbewegung am Trudeln gehindert zu werden. Jetzt lag es wieder gerade wie ein Brett in der Luft. Sie ließ es wenden und zu sich fliegen. Über einen Spezialknopf, den Lasse extra in die Fernsteuerung eingebaut hatte, klinkte sie die Dose aus und ließ sie vor sich hinfallen. Dann landete sie auch das Schiffchen sanft vor sich auf dem Rasen, um es aufzunehmen und es samt Dose und Fernsteuerung in einer mitgebrachten Tasche zu verstauen. Mit bedientem Gesicht drehte sie sich dann Yara zu und zischte: „Du hast die Datei auch gelesen, he?!“ Dann grinste sie die immer noch erwartungsvoll vor ihr sitzende Yara lieb an. Sie wusste, dass das Tier ja nichts für ihren Fehler konnte.

Yara schmiegte sich an den Zaun. Tchey wusste, dass dies ihre Art war, um Verzeihung zu bitten, denn anscheinend dachte sie, etwas falsch gemacht zu haben. Deshalb streckte sie ihr die Hand durch das Gitter entgegen und kraulte sie. Dann sagte sie ganz ruhig und mit freundlicher leiser Stimme, wie es ihr und Lasse von Tymoron beigebracht worden war: „Ist gut, Yara. Alles fein. Ich muss mich nur mal um unseren Besuch kümmern.“ Yara schnurrte, wandte sich ab und ging zu ihrem Schlafplatz.

Tchey drehte sich vom Gehege fort und der Sonde und dem Terraner zu, die sich bereits stark genähert hatten. „Tut mir leid.“, grinste sie. „Ich musste vorher noch die Situation für Yara auflösen.“ „Schon klar.“, grinste Mikel. „Sonst ist sie ja nachher total verwirrt und weiß gar nicht mehr, was richtig oder falsch ist.“ „Das sagt Tymoron auch.“, bestätigte Tchey. „Von dem gäbe es ’nen Haufen Ärger, wenn wir uns nicht an seine Anweisungen halten würden und für Yara wäre das auch überhaupt nicht gut! Die wäre nämlich die Leidtragende. Aber was führt dich und sie denn her, Mikel, he? Ich nehme ja nicht an, dass du mit mir über alte Zeiten auf der Akademie plaudern willst, wenn du sie dabei hast.“ Sie deutete zum wiederholten Mal auf D/4. „Du hast Recht, Tchey.“, sagte Mikel. „Es geht nicht nur um alte Zeiten, aber ein bisschen schon.“ „Na, jetzt kenne ich mich gar nicht mehr aus.“, flapste die Reptiloide. „Wie kann man denn nur ein bisschen über alte Zeiten plaudern wollen und gleichzeitig auch nich’?“

D/4, die während der gesamten Zeit im Hintergrund gewartet hatte, machte einen Schritt auf die sich miteinander unterhaltenden Personen zu. Dann ging sie an Mikel vorbei und stellte sich direkt vor Tchey. Danach sagte sie in einem sehr konspirativen Ton zu ihr: „Ich wäre Ihnen dankbar, wenn wir das Ganze an weniger exponierter Stelle besprechen könnten, Tchey!“ „Na schön.“, sagte Tchey und winkte ihnen, ihr ins Haus zu folgen.

Sie führte ihren Besuch ins Wohnzimmer, das mit hellen freundlichen Möbeln eingerichtet war. Hier stand in der Nähe der Tür ein 2-sitziges rotes Sofa an der rechten Wand. Rechts daneben im 90-Grad-Winkel ein ebenfalls roter Sessel und auf dem Platz davor ein grüner Tisch mit Fliesen darauf, deren Mitte ein buntes Mosaik zierte. Die Wandkonsole mit dem Sprechgerät und dem Hausrechner, sowie dem Replikator , befand sich auf der anderen Seite neben dem Sofa.

Sie nahm Mikel persönlich bei der Hand, um ihn auf das rote zweisitzige Sofa zu setzen. D/4 platzierte sich auf dem Sessel daneben. Tchey setzte sich neben Mikel, aber so, dass sie jederzeit das Sprechgerät, das auf der Konsole an der Wand befestigt war, erreichen konnte. Sie schien zu ahnen, dass es noch notwendig werden würde.

„Na, schießt mal los!“, forderte sie Mikel und D/4 auf, nachdem sie sich und dem Agenten noch einen Kaffee repliziert hatte und damit an ihren Platz zurückgekehrt war. „Ist Ihr Ehemann präsent?“, erkundigte sich die Sonde, ob die Luft auch wirklich rein war. „Hey, was ist das denn?!“, wunderte sich Tchey. „Sie hatten doch während unserer Zeit auf der Scientiffica vor Lasse auch keine Geheimnisse.“ „Die Situation hat sich geändert.“, erklärte die Sonde und sah sie mit einem Blick an, der so viel sagte wie: „Das muss reichen!“ „Nein, er ist nicht hier.“, seufzte Tchey, die überhaupt nicht verstand, warum sie so ein Aufhebens um die ganze Situation machte. „Er ist mit ein paar Kumpels bei einem seiner neuen Hobbies. Aber jetzt würde ich sagen, dass ihr endlich mal auspackt. Es sind schon Leute an Geheimnissen erstickt, wisst ihr?“ Sie grinste. „OK.“, sagte Mikel. „Du weißt, dass Betsy tot ist.“ „Das weiß ganz Little Federation.“, bestätigte Tchey. „Sogar Time weiß es. Er ist von seiner Mission gerade an dem Tag zurückgekommen, als Betsy beerdigt wurde.“ „Was würdest du sagen, wenn ich sie zurückholen könnte?“, fragte der Agent. „Wie willst du denn das anstellen?!“, fragte Tchey und lachte verächtlich. „Ihnen dürfte bekannt sein, dass der Agent über das Talent verfügt, seinen Körper zu verlassen.“, ergänzte D/4. „Auch sein sonstiges Wissen über derart metaphysische Dinge ist mannigfaltig. Ich rechne seiner Mission durchaus Chancen auf Erfolg aus. Auch A/1 tut dies, nachdem ich ihn mit allen relevanten Daten versorgt habe. Eine Variable in dem Ganzen sind aber Sie.“ „Ich?“, fragte Tchey. „Was zur Hölle habe ich damit zu tun?!“ „Das System ist bereit, uns während der Mission des Agent im Systemraum zu verstecken und zu schützen. Aber um dorthin zu gelangen, benötigen wir ein Schiff. Die Sternenflotte wird uns nicht helfen, denn sie haben den Tod des Allrounders akzeptiert, obwohl seine Ursache offenkundig durch Sytania gesetzt wurde.“, führte die Sonde aus. „Ach so.“, sagte Tchey. „Und ihr meint, Sharie und ich könnten …“ „Ihre Interpretation ist korrekt.“, sagte D/4, die offenkundig das Heft in diesem Gespräch übernommen hatte. „Oder fühlen Sie sich diesem Abenteuer etwa nicht gewachsen?“ Das Abenteuer hatte sie mit Absicht sehr stark betont, denn dadurch konnte sie dafür sorgen, dass Tchey ganz schön in Zugzwang geriet. Wenn sie, die abenteuerlustige Tchey, zu einem Abenteuer nein gesagt hätte, hätte dies ganz schön an ihrem Ruf gekratzt. Das konnte und wollte sie sich sicher weder leisten, noch es zulassen. Also sagte Tchey: „OK! Ich muss nur noch was vorbereiten.“

Sie drehte sich der Tastatur des Sprechgerätes zu, in das sie Sharies Rufzeichen eingab. Dabei vergaß sie aber, über das interdimensionale Relais zu gehen. Um so überraschter war sie, als trotzdem eine sofortige Reaktion ihres Schiffes erfolgte, bevor sie ihren Irrtum korrigieren konnte. „Du bist schon hier, Sharie?!“, fragte sie erstaunt. „Ja, ich bin schon hier, Tchey.“, kam eine selbstbewusste Antwort von dem selbstständig denkenden Schiff zurück. „Und ich bin näher als du denkst.“

Alle wurden von Sharies Transporter erfasst und fanden sich gleich darauf in ihrem Cockpit wieder. Sofort setzte Tchey den dort auf der Steuerkonsole liegenden Neurokoppler auf. Sharie lud ihre Tabelle und zeigte ihr die Steuerkonsole. „Ich habe auch für deinen Freund Mikel einen Koppler repliziert.“, wendete sich das Schiff an ihre Pilotin. „Bitte hilf Mikel, ihn aufzusetzen und anzuschließen. D/4 darf von mir aus ihr Antennenset benutzen. Auch damit kann ich umgehen. Ich nehme an, wir haben es eilig! Und jetzt hilf bitte deinen Freunden und dann sage mir, wohin wir fliegen, Tchey!“ „Setz Kurs in Richtung Systemraum, aber behalte erst mal die Steuerkontrolle!“, sagte Tchey. „Und dann erklärst du uns am besten gleich allen, warum du schon hier bist.“ „OK.“, sagte Sharie und tat vertrauensvoll, was ihr ihre Pilotin soeben aufgetragen hatte. Dann half Tchey Mikel noch mit seinem Neurokoppler und instruierte auch D/4, wo sie ihr Antennenset anschließen konnte. Sharie verließ inzwischen das terranische Sonnensystem in Richtung Systemraum und ging, sobald sie den freien Raum erreicht hatte, sofort auf Warp.

Sytania hatte dass Geschehen um Tchey, Mikel, D/4 und Sharie mit Argusaugen beobachtet. Sie hatte sich schon denken können, dass Mikel sich weigern würde, die Dinge so zu akzeptieren, wie sie diese hinterlassen hatte. Sie wusste aber auch genau, dass, würde ich wieder in meinen Körper zurückkehren, ihre Pläne sicher in Gefahr wären. Sicher war ihr bekannt, dass Tote kein Wissen aus der Welt mitnehmen konnten, in der ich jetzt war, aber ihre seherischen Fähigkeiten sagten ihr, dass ich wohl auf Leute getroffen sein könnte, die mir ermöglichen könnten, dieses Hindernis irgendwie zu umgehen. Sie kannte mich zu gut, um zu glauben, dass jetzt alles nach ihren Plänen laufen würde, nur weil ich tot war. Jetzt, wo sich auch noch Mikel, D/4 und Tchey einmischten, musste sie mit allem rechnen.

„Ich habe nur noch eine Option!“, sagte sie zu Telzan, mit dem sie ihre weiteren Pläne besprach. „Ich muss Allrounder Betsy Scott vor Mikel erreichen und sie töten!“ „Aber sie ist doch schon tot, Herrin.“, beschwichtigte der Vendar. „Aus der Sicht der Lebenden vielleicht, mein lieber Telzan.“, sagte Sytania. „Aber ihre Seele ist im Reich der Toten noch sehr lebendig. Sie darf nicht mit ihrem Körper wiedervereint werden! Wenn das geschieht, können wir all unsere Pläne vergessen! Du kannst mir glauben! Ich habe in die Zukunft gesehen.“ „Aber wäre es dann nicht viel leichter, wir würden uns um ihren Körper kümmern und Ginalla aufhalten?“, fragte Telzan. „Nein, nein, nein!“, widersprach die Königstochter. „Das wäre viel zu offensichtlich und dieses verdammte Schiff hat eine große Rosannium-Waffe im Bauch, wie du weißt. Er würde sie sicher einsetzen, ohne zu zögern, um seine Pilotin, seine Passagierin und nicht zuletzt sich selbst vor meinem Einfluss zu schützen. Nein! Ginalla werde ich ziehen lassen. Sie soll sich nur noch eine Weile in falscher Sicherheit wiegen. Sie wird zwar ziemlich dumm aus der Wäsche schauen, wenn ihr Plan dann doch nicht klappt, aber dafür werde ich höchst persönlich sorgen. Wie war das noch? Wenn etwas wirklich gut werden soll, dann macht man es am besten selbst!“ „Und wie genau habt Ihr vor, Betsy zu töten, also dafür zu sorgen, dass ihr Geist sich auflöst?“, fragte Telzan. „Indem ich es mir einfach wünsche!“, sagte Sytania und sah ihn an, als hätte er ihr gerade die wohl dümmste Frage gestellt, die man stellen kann. „Als Mächtige bin ich auf diesem Schlachtfeld sozusagen daheim wie keine andere. Aber dazu muss ich sie erst mal finden, was aber auch keine große Sache sein dürfte. Ich werde einfach einige ihrer neuen toten Freunde bedrohen! Die werden mir schon sagen, wo sie ist, wenn ich ihnen in Aussicht stelle, dass sonst ihre Existenz auf der Stelle enden wird!“ Sie lachte hexenartig auf. „Cirnach und du, ihr werdet alle Vorbereitungen treffen, die notwendig sind, damit mein Körper mich nicht so bald zurückhaben will!“, ordnete sie dann an. „Wie Ihr wünscht, Milady.“, sagte der Vendar und verließ den Thronsaal. Er und seine Frau würden in Sytanias Gemächern tatsächlich alles vorbereiten, um ihre medizinische Situation überwachen und gegebenenfalls eingreifen zu können. Telzan wusste, dass er sich in dieser Hinsicht auf Cirnach verlassen konnte, die so etwas ja schon einmal mit Sytania durchgenommen hatte. Er würde sie aufsuchen und dann würden die Vorbereitungen unter ihrer Anleitung stattfinden.

Scotty und Shimar hatten mit IDUSA wieder die Umlaufbahn der Erde erreicht. „Da wären wir also.“, sagte das Schiff. „Darf ich wissen, wie Sie und Techniker Scott sich das weitere Vorgehen erdacht haben, Shimar?“ „Sicher darfst du das.“, sagte der junge Tindaraner und stellte sich aufrecht hin. „Du wirst hier die Umlaufbahn halten und Scotty und mich in Betsys Haus beamen, wenn dort die Luft rein ist. Ich habe nämlich keine Lust, auf irgendwelche Amtspersonen zu treffen, die mir oder ihm unangenehme Fragen stellen könnten.“ „Wie kommen Sie darauf, dass es dort solche Amtspersonen geben könnte?“, fragte IDUSA. „Du weißt, dass Betsy keine Zeit mehr hatte, ihr Testament zu machen.“, erklärte Shimar. „Das bedeutet, die gesetzliche Erbfolge tritt ein. Da Betsy hier im 30. Jahrhundert keine Angehörigen außer Scotty hat, wird ihr Nachlass erst mal beschlagnahmt werden, denke ich. Zumal ihr Tod kein natürlicher war.“ „Ich denke, da haben Sie Unrecht.“, sagte IDUSA. „Mir ist leider nicht bekannt, wie es die Sternenflotte handhabt, aber jeder Angehörige des tindaranischen Militärs muss ein Testament bei seinem befehlshabenden Offizier hinterlegen, falls ihm etwas passiert.“

Shimar sah Scotty an. „Bei uns dürfte das ähnlich sein.“, vermutete der Ingenieur, der es auch nicht genau wusste, weil er über diesen Fall lange nicht mehr nachgedacht hatte. Seit er für ein ziviles Unternehmen arbeitete, waren solche Gedanken ja ohnehin unnötig. „Ich meine, schließlich sind wir Verbündete und das ja auch, weil wir ähnliche Gesetze haben, nich’ wahr?“ „Aber nicht jedes Detail muss absolut gleich sein, Scotty.“, sagte Shimar. „Das ließe sich doch ganz leicht herausbekommen, Gentlemen.“, bot IDUSA eine Lösung an. „Der befehlshabende Offizier des Allrounders war meines Wissens Commander Kissara. Wie wäre es, wenn ich Sie mit der Granger verbinde?“ „Das ist ein sehr guter Vorschlag, IDUSA.“, sagte Shimar. „Also gut.“, sagte das Schiff und stellte die Sprechverbindung her.

Kissara war nicht sehr überrascht, in die Gesichter der Männer zu sehen. Eigentlich hatte sie selbst nämlich auch gerade vorgehabt, Shimar zu kontaktieren, denn er schuldete ihr ja noch eine Erklärung. „Zwei Seelen, ein Gedanke, mein Freund.“, lächelte die Thundarianerin. „Ich wollte auch gerade mit dir reden.“ „Worum geht es denn bei Ihnen, Commander?“, fragte Shimar höflich, der ihr, ganz Kavalier, den Vortritt lassen wollte. „Du hattest angeboten, mir zu erklären, warum wir kampfunfähig wurden, als wir auf die böse Granger geschossen haben.“, erinnerte ihn Kissara. „Zumindest hast du dich ähnlich ausgedrückt.“ „Tja, wenn ich da so sicher wäre.“, sagte Shimar. „Scotty und ich gehen aber davon aus, dass das passiert ist, weil eine direkte interdimensionale Verbindung zwischen den beiden Grangers bestand. Wenn ein anderes Schiff geschossen hätte, wäre sicher nichts passiert, aber …“

Er ließ den Sendeknopf los. Diese Gelegenheit nutzte Kissara, um gleich einzuhaken: „Du meinst also, jedes andere Schiff hätte schießen dürfen, aber nicht die Granger auf die Granger.“ Shimar drückte kurz den Sendeknopf und nickte, um ihn dann sofort wieder loszulassen. „Interessant.“, sagte mein Commander. „Damit erklärt sich auch, warum unsere bösen Egos uns unbedingt zum ersten Angriff provozieren wollten. Sie wussten genau, dass sie uns vernichten konnten, ohne selbst einen einzigen Schuss abgeben zu müssen, indem sie uns dazu bringen, unsere Waffen abzufeuern, weil wir ja genau wissen, wie skrupellos sie sind und dass wir deshalb wohl lieber zuerst feuern würden, nur um unser eigenes nacktes Leben zu retten und genau das haben wir ja auch getan. Nicht zu glauben, wie blauäugig ich gewesen bin, diesen Befehl zu erteilen!“ „Bitte gehen Sie nicht so hart mit sich ins Gericht, Commander.“, beschwichtigte Shimar. „Sie waren in einer Ausnahmesituation, auf die Sie mit Sicherheit kein Training der Welt vorbereiten hätte können. Außerdem waren wir ja da.“ „Ja, ihr wart da.“, bestätigte Kissara. „Und ich bin heilfroh, dass ihr da wart! Zirell hatte von Anfang an Recht. Es war zwar etwas hinterhältig, was ihr da gemacht habt, aber angesichts der Situation war es bestimmt angebracht. Wir dürfen ja schließlich nicht vergessen, wer Urheberin des Ganzen hier ist und, wenn man sich gegen sie wehren muss, dann darf man nicht auf einen ehrenvollen Kampf hoffen.“ „Ganz Ihrer Meinung, Commander.“, grinste Shimar. „Aber jetzt hat auch Techniker Scott noch eine Frage an Sie.“

Scotty räusperte sich und nahm Haltung an. Dann fragte er: „Commander, haben Sie vielleicht ein Testament meiner Frau?“ „Nein, Techniker, das habe ich nicht.“, sagte Kissara. „Aber alle Testamente von uns sind im Hauptquartier der Sternenflotte hinterlegt. Aber ich denke auch, angesichts der Umstände dürfte es noch etwas dauern, bis es zur Eröffnung von Allrounder Betsys kommt.“ „Danke, Commander.“, sagte Scotty und gab Shimar ein Zeichen, auf das dieser IDUSA die Verbindung beenden ließ. „Warum bist du auf einmal so kurz angebunden?“, fragte Shimar irritiert. „Weil sie uns gerade genau die Antwort geliefert hat, die wir brauchen.“, antwortete Scotty. „Sie hat gesagt, dass noch etwas Zeit sei, aber sicher nicht viel. Wenn wir unseren Plan also durchziehen wollen, dann am besten so schnell wie möglich.“ „OK.“, sagte Shimar. „IDUSA, lokalisiere Betsys Haus und sag mir, ob sich darin jemand befindet.“ „Das Haus ist leer, Shimar.“, sagte das Schiff, nachdem sie es genau gescannt hatte. „Na dann beam’ uns mal gleich ins Wohnzimmer.“, sagte Scotty und setzte seinen Neurokoppler ab. Shimar tat es ihm gleich und dann wurden sie vom Transporter des Schiffes erfasst und an die gewünschte Stelle gebracht.

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