- Schriftgröße +

 

Die Rettungsshuttles und die Schiffe vom Geheimdienst hatten die Umlaufbahn der Erde erreicht. Dort hatte man sich wieder getrennt. „OK, D/4.“, sagte Sedrin. „Sobald wir am Raumflughafen der Einsatzzentrale gelandet sind, beamen Sie die Leiche unseres Aldaners direkt in einen portablen Stasecontainer. Ich will nicht, dass die Stasekette irgendwie unterbrochen wird, bevor Cupernica ihn sich ansehen kann.“ Die Sonde nickte und nahm über ihr Antennenset, das sie immer bei sich hatte und das in Verbindung mit den Systemen des Shuttles stand, direkten Kontakt zu dessen Rechner auf. „Es sind zwei Leichen im Stasecontainer im Laderaum, Agent.“, meldete sie. „Außerdem registriere ich ein Biozeichen.“ „Ein Biozeichen?!“, echote Sedrin leicht empört. Sie dachte sich schon, dass hier etwas nicht stimmen musste. Die Andeutungen, die Tchey am SITCH gemacht hatte, waren eindeutig zweideutig gewesen, zumindest dann, wenn man sich auf das Thema Ehrlichkeit bezog. Da die Agentin wusste, dass die reptiloide Pilotin für ihre Eskapaden bekannt war wie ein bunter Hund, stellte sie sich mit einem strengen Blick direkt neben Tcheys Platz. Dann sagte sie: „Was in aller Welt haben Sie wieder gemacht, Tchey?!“ „Wieso ich.“, tat die Angesprochene unschuldig. „Ich habe uns nur eine Zeugin besorgt. Mehr nicht.“

Seufzend ließ sich Sedrin auf den Copilotensitz fallen und zählte in Gedanken bis zehn. Sie wusste, mit Strenge würde sie hier nicht weit kommen. Tchey würde so schnell nicht einknicken. Außerdem war ihr durchaus bekannt, dass sie, wenn ihre Methoden auch oft sehr merkwürdig anmuteten, im Ergebnis oft doch sehr gut zur Lösung eines Problems hatte beitragen können. Deshalb fragte sie nur ganz ruhig: „Was ist das mit dieser Zeugin, Tchey?“ „Sagen wir mal so.“, sagte die Reptiloide in der Absicht, noch nicht ganz mit der Sprache herauszurücken. „Es könnte etwas schwierig werden, mit ihr zu kommunizieren.“ „Was meinen Sie damit, Tchey?“, fragte Sedrin nach, die langsam genug von Tcheys Herumschleichen um den heißen Brei hatte. „Wir haben Universalübersetzer, die fast jede Sprache können. Es dürfte nicht schwierig werden, uns mit ihr zu verständigen. Aber warum reist sie im Frachtraum? Warum haben Sie ihr nicht gestattet, in der Achterkabine mitzufliegen? Ich finde dies eine sehr unwürdige Behandlung!“ „Weil es nicht anders ging, Agent.“, sagte Tchey. „Sie ist größer, als die Bänke in der Achterkabine breit sind. Sie wäre bei jeder Kurve ins Kraftfeld gefallen und das hätte sie nicht verstanden. Dann wäre sie noch durchgedreht. Glauben Sie mir, es war so viel besser.“ „Was zur Hölle meinen Sie damit, Tchey.“, bohrte Sedrin nach. „Ich meine, man hätte ihr doch sicher alles erklären können. Ich wundere mich ohnehin, dass sich jemand einfach so von Ihnen in den Frachtraum sperren lässt. Aber unter den Umständen, die wir auf dem Mars gesehen haben, ist das wohl völlig normal. Trotzdem finde ich es ziemlich fies von Ihnen, die Lage einer so willenlosen Person derart auszunutzen.“ „Ich habe keine Lage ausgenutzt.“, sagte Tchey. „Und eine Person ist sie auch nicht.“ „Was ist Ihre Zeugin denn dann?!“, fragte Sedrin in leicht aufgeregtem Zustand. „Etwa ein Geist? Na ja. Wir werden ja gleich sehen!“

Sie stiefelte durch die Achterkabine des Shuttles in den Frachtraum. Tchey hatte dem System des Schiffes befohlen, ihr alle Türen zu öffnen. Sie wusste, jetzt war die Stunde der Wahrheit gekommen. Es gab kein Zurück mehr. Bald würde sie Farbe bekennen müssen.

Die Agentin war bei der letzten Tür angekommen. Als diese zur Seite glitt, traute Sedrin ihren Augen kaum. Vor ihr schob sich ein schwarzer Schatten aus dem Raum und blieb vor ihr stehen. Dann begann dieser Schatten auch noch, aus voller Kehle zu schnurren und drückte sich an sie. Da Yara gut 60 kg wog, hatte Sedrin ganz schön zu tun, stehen zu bleiben. „Ist ja gut.“, sagte sie. „Du bist also unsere Zeugin. Na ja. Wir werden eine Möglichkeit finden müssen, mit dir zu reden, wie es scheint. Aus den menschlichen Überlebenden ist ja nichts heraus zu bekommen. Da hat Tchey wohl doch richtig gehandelt. Ich nehme jetzt eine DNS-Probe von dir. Das tut nicht weh. Dann kann man auch ganz leicht herausfinden, wie du heißt und wem du gehört hast.“

Sie zog ihren Erfasser und stellte per Menü ein bestimmtes Programm ein, mit dessen Hilfe das Gerät die DNS des Tieres fotografierte. Dann schloss sie es an ihr Sprechgerät an, um darüber mit einer schnell verfassten Mail einen Rundruf an alle Tiermediziner zu schicken. Irgendeiner von denen würde sie hoffentlich in seiner Patientenkartei finden. Auch das zentrale Haustierregister der Föderation vergaß sie nicht.

Das Schiff machte plötzlich eine Abwärtsbewegung und das Schnurren des Tieres verstummte. Es stellte sich aufrecht hin und sein peitschender Schwanz verriet Angst oder Aufregung. Sedrin, die solche Tiere aus ihrer Kindheit auf Demeta kannte, wusste sofort, wie sie dieses Verhalten zu deuten hatte. Sie strich der Wollkatze beruhigend über den Rücken und flüsterte: „Ist gleich vorbei, Schmusi. Wir landen doch nur. Wenn wir damit fertig sind, bringen wir dich erst mal ins Tierheim, bis wir wissen, wo du hingehörst. Dann kümmere ich mich persönlich um jemanden, der zwischen uns und dir vermitteln kann. Wenn du irgendwas gesehen hast, dann ist es wichtig, dass du es uns sagst. Sonst finden wir nie heraus, was da bei euch eigentlich los war.“

Rescue One setzte auf und Sedrin benutzte die Außenluke des Frachtraums, um es zu verlassen. Yara war zurückgeblieben. Die Umgebung, in der sie sich jetzt befand, barg für sie zu viele fremde Eindrücke und hier im Bauch des Shuttles fühlte sie sich sicher.

Entlang am Schiff führte Sedrin ihr Weg nun zum Cockpit. Hier stiegen auch gerade Tchey und D/4 aus. „Ich muss mich bei Ihnen entschuldigen, Tchey.“, sagte sie. „Sie haben alles richtig gemacht. Nur hätten Sie mich über die Sache mit der Wollkatze informieren müssen.“ „Hätten Sie denn die Erlaubnis gegeben, Agent?“, fragte Tchey verwundert, die wohl angesichts von Sedrins Standpauke vorhin eine andere Reaktion erwartet hatte. „Ich meine, normalerweise ziehen Sie und Ihre Kollegen doch menschliche Zeugen vor.“ „Normalerweise.“, sagte die demetanische Agentin ruhig. „Aber wenn Sie wüssten, Tchey, was ich weiß, dann würden Sie auch auf ungewöhnliche Wege zurückgreifen, um diesen Fall zu lösen.“ „Soll das bedeuten, Sie lassen Davis tatsächlich nach so ’nem Verhaltenstypen suchen?“, fragte Tchey ungläubig, die sich die Reaktion der Agentin irgendwie immer noch nicht ganz erklären konnte. „Ja, Tchey!“, sagte Sedrin. „Weil so ein Verhaltenstyp, oder besser gesagt Tiertrainer, der Einzige ist, der uns jetzt helfen kann. Er oder sie wird wissen, wie ich meine Fragen an dieses Tierchen zu richten habe und auch ihre Antworten interpretieren können. Ein normales Verhör wird hier wohl nicht möglich sein. Aber jetzt … Entschuldigung.“

Sie war auf ein Signal ihres Sprechgerätes aufmerksam geworden. „Hier Agent Sedrin.“, meldete sie sich. „Ich bin Nara.“, sagte eine hohe leise liebe Stimme am anderen Ende der Verbindung. „Ich bin Mitarbeiterin des zentralen Haustierregisters der Föderation. Es geht um die DNS-Probe, die Sie uns geschickt haben, Agent Sedrin. Es ist uns immer ein Vergnügen, den Ordnungsorganen behilflich zu sein. Aber was macht der Geheimdienst mit dem Haustier einer unserer Klientinnen? Ich meine, Sie greifen doch nur ein, wenn feindlicher außerirdischer Einfluss zu befürchten ist. Wenn das Mäuschen ausgerissen ist, dann ist das doch normalerweise Sache der Polizei, oder?“

Sedrin überlegte. Sie durfte dieser Zivilistin dort am Sprechgerät auf keinen Fall sagen, was wirklich passiert war! Sie hatte gelernt, dass es das A und O war, keine Massenpanik zu verbreiten, aber genau das würde unter Umständen geschehen, wenn sie ihr alles verraten würde. Also log sie: „Ich habe sie auf einem privaten Spaziergang aufgelesen.“ „Ach so.“, lächelte die schwarzhaarige Frau, eine Elyrierin in heller freundlicher Bürokleidung, ins Mikrofon. „Na dann: Ihr Name ist Yara und sie gehört Lorana, die 135 Miller Street in der Marskolonie wohnt.“ „Ach, da bin ich gleich um die Ecke.“, log Sedrin weiter. „Ich bringe sie sofort vorbei.“ „Tun Sie das.“, lächelte Nara unwissend. „Lorana wird sich bestimmt sehr freuen. Mich wundert nur, dass noch keine Vermisstenmeldung zu der Kleinen eingegangen ist. Aber vielleicht hat es ihr Frauchen auch noch nicht gemerkt.“ Damit beendete sie die Verbindung.

„Wo lernt man eigentlich, so eiskalt zu lügen?“, fragte Tchey. „Auf der Agentenschule.“, sagte Sedrin kalt lächelnd. „Glauben Sie mir. Es wird für alle Beteiligten besser so sein. Aber jetzt benötige ich erst mal einen Jeep. Wir müssen Yara ins Tierheim bringen. Dann werde ich Kelly alle Leute raussuchen lassen, die sich mit dem Verhalten von demetanischen Wollkatzen auskennen. Ach, da sind ja noch die Leichen. Beamen Sie beide in die Gerichtsmedizin und verständigen Sie Cupernica.“ „Sofort, Agent.“, sagte Tchey erleichtert. „Ich hoffe nur, Sie finden es nicht schlimm, dass beide in einem Container reisen mussten. Hätte ich den Zweiten in Betrieb genommen, hätte das noch mehr Fragen aufgeworfen. Aber …“ „Angesichts der Tatsachen wäre das sicher nicht schlimm gewesen.“, sagte Sedrin. „Sie wissen doch, dass Sie mir vertrauen können. Ich urteile niemanden schnell ab, egal, was für einen Ruf derjenige auch immer haben mag und ab jetzt keine Geheimnisse mehr zwischen uns, in Ordnung?“ „In Ordnung, Frau Geheimdienst.“, sagte Tchey bedient. Mit einer solchen Reaktion ihres Gegenüber hatte sie wohl nicht gerechnet.

Im Antiuniversum hatten sich die böse T’Mir und die Antinugura auf Antivulkan getroffen. Die Präsidentin der Antiföderation hatte ja bereits mit der vulkanischen Präsidentin gesprochen. Allerdings bemerkte sie erst jetzt, wie gut man mit ihr böse Pläne schmieden konnte.

Die Beiden saßen in einem Garten vor dem Haus T’Mirs, das einem Schloss ähnelte, zusammen. Sicherlich würde dies den Meisten etwas seltsam erscheinen, sind doch die Vulkanier im Allgemeinen als sehr bescheiden bekannt. Da aber die böse T’Mir nach eigenen Angaben das genaue Gegenteil ihres positiven Ich war, ließ sich auch denken, dass sie ein viel größeres Streben nach Macht besaß. Also hatte sie sich auf ihrem Planeten auch diesen Palast bauen lassen. Der Park, in dem sie nun mit der Antinugura saß, war nicht weniger protzig, als das Haus selbst, das mit seinen Türmchen und Rundbögen einem mittelalterlichen Herrenhaus glich. Die Wände waren mit Gold verziert und Statuen im Eingang zeigten alte heidnische vulkanische Götter, die von den Vulkaniern lange vor der Umkehr zur Logik angebetet wurden. Der Gott des Todes auf der Rechten und der des Krieges zur linken Seite flankierten sogar das Eingangstor.

Durch dieses war die Antinugura nun also geschritten und saß nun neben T’Mir auf einer Bank, die in einem Gartenhäuschen stand, das in seiner Aufmachung einem der Tempel für ebendiese Gottheiten glich. „Sie haben es sehr schön hier.“, bemerkte die böse Nugura. „Oh, ja, das habe ich wohl.“, bestätigte die böse T’Mir und ließ ihren Blick über den Park schweifen, als wollte sie ihre Augen buchstäblich in ihrem Besitz baden lassen. „Das hier ist alles meins! Alles meins!“ Sie lachte gierig auf.

Die Antinugura folgte ebenfalls dem Blick ihrer Sitznachbarin. Dann sagte sie: „Mir fällt auf, dass es hier übermäßig viele terranische Kakteen gibt. Hat das einen bestimmten Grund?“ „Ja, den hat es.“, antwortete die Vulkanierin kalt. „Kakteen haben Stacheln. Sie sind das Sinnbild der Bewaffnung! Zumindest sind sie das für mich!“ „Das ist wohl auch der Grund für die vielen Dornenhecken, die Ihren Garten umgeben, nicht wahr?“, fragte die Antinugura, die sich ihre Antwort eigentlich schon denken konnte, sie aber in der Absicht, sich bei T’Mir einzuschmeicheln, gern aus ihrem eigenen Mund gehört hätte. „Genau das.“, bestätigte T’Mir. „Aber Sie sind doch sicher nicht gekommen, um mit mir über Pflanzen zu debattieren.“ „Nein, liebe Kollegin.“, sagte die Antinugura. „Das bin ich fürwahr nicht. Ich bin hier, um mit Ihnen zu besprechen, auf was für eine Mission wir unsere neue Sternenflotte schicken sollen.“ „Ist sie denn schon so weit?“, fragte die Vulkanierin. „Und ob sie das ist.“, grinste die Antinugura kalt. „Radcliffe hat ihre Bildung gut vorangetrieben und ich denke, wir können sie bereits auf Mission hinter einer ungeliebten Zeugin herschicken. Warten Sie einen Moment, Nugura. Ich werde Ihnen verdeutlichen, was ich meine.“

Sie zog einen portablen Rechner aus einer Tasche ihres Kleides und startete das System. Dann zeigte sie auf den Bildschirm: „Sehen Sie! Das ist das Register aller Schiffe, die unsere Sternenflotte jetzt schon besitzt.“ Nugura ließ beeindruckt die Namen auf sich wirken. „Das bedeutet ja.“, stellte sie nach einer Weile fest, „Dass quasi jedes Schiff im guten Universum bei uns ein genaues Gegenstück hat.“ „Genau das.“, sagte T’Mir. „Aber es bedeutet noch etwas anderes. Die Zeugin, von der ich gerade sprach, wird gar nicht darauf gefasst sein, von den Schiffen attackiert zu werden. Sie wird glauben, sie kämen, um sie in ihre Arme zu schließen und ihr eine Aussage abzunehmen. Aber da hat sie sich geschnitten! Wir werden ihr den Garaus machen!“ „Wer ist diese Zeugin, T’Mir?“, fragte die böse Nugura. „Es handelt sich um ein halbbiologisches Raumschiff, das einer Offizierin aus dem guten Universum gehört. Diese Frau wollte sich bedauerlicherweise nicht von Radcliffe reinwaschen lassen. Sie hat uns ertappt! Leider hat sie das! Aber jetzt wird ihr Schiff dafür den Preis zahlen! Ich finde es sehr bedauerlich, dass wir kein Alterego von ihr haben, denn das könnte uns mit Sicherheit die Schwachstellen ihres Schiffes nennen. Aber jetzt müssen wir halt allein danach suchen. Wir sollten versuchen, das Schiff zunächst zu überlisten. Wir sollten so tun, als wären wir die gute Sternenflotte. Vielleicht lässt sie uns dann ja sogar in ihre Systeme und wir können sie quasi von innen heraus zerstören!“

Die böse Nugura stand auf und klopfte sich begeistert auf die Oberschenkel. Dabei lachte sie aus vollem Hals. „Was für ein guter Plan, T’Mir!“, rief sie aus. „Und wer, meinen Sie, soll das ganze Komplott anführen? Wer soll die Honigfalle für dieses Schiff auslegen?“ „Niemand anders, als Agent Mikel, der erste Offizier unserer Granger. Das Schiff wollte doch eh zu ihm und eine Aussage machen. Zumindest kann ich mir vorstellen, dass seine Pilotin ihm dies als pflichtbewusste Sternenflottenoffizierin befohlen haben wird.“ „Davon gehe ich auch aus.“, sagte die böse Nugura. „Mein gutes Ich kennt sie sehr gut, also kenne ich sie auch. Wir haben ja alle Informationen, die unsere guten Gegenstücke auch haben. Und es ist wahr, dass diese Allrounder Betsy sehr pflichtbewusst und ehrlich ist. Sie hat eine sehr hohe moralische Integrität und wird nicht zulassen, dass wir mit unseren Plänen durchkommen. Zumindest wird sie es versuchen. Wenn wir ihr Schiff allerdings an einer Aussage hindern, dann müssen die Zuständigen viel zu lange rätseln und wir haben alle Zeit der Welt. Also, wo ist dieses verdammte Schiff, T’Mir?“ „Eine Sensorenboje hat es in der interdimensionalen Schicht registriert.“, sagte die Vulkanierin und ließ den Rechner eine weitere Graphik aufrufen. „Aber da wird sie nicht mehr lange sein. Ich werde Agent Mikel sagen, er soll auf den interdimensionalen Antrieb des Schiffes feuern lassen. Wenn der außer Gefecht ist, dann fällt sie in die Dimension zurück, aus der sie gekommen ist. Wenn wir sie dann zerstören, ist alles zu spät.“ „Ja, zu spät für sie und zu spät für eine Aussage.“, meinte Nugura schadenfroh. „Aber der Agent und seine Leute werden sich an ihrem Transpondersignal orientieren, das auch ihren Namen enthält. Wie hieß sie noch mal?“ „Das kann ich Ihnen sagen, Nugura.“, sagte T’Mir. „Anhand ihres Signals haben wir sie nämlich längst identifiziert. Ich glaube, man spricht es Lycira!“ „Dann sollten wir Agent Mikel schnellstens den Befehl geben, Lycira aufzubringen und auszuschalten!“, sagte die böse Nugura mit gierigem Blick. „Gibt es eine Möglichkeit, wie ich von hier mit ihm reden kann?“ „Selbstverständlich.“, lächelte T’Mir kalt und gab einige Befehle auf Vulkanisch in ein Programm auf dem Rechner ein. Dann erschien das Gesicht des blinden Agenten auf dem Schirm. „Was gibt es, Präsidentin T’Mir?“, fragte seine ebenfalls sehr gemeine Stimme. „Ihre Oberbefehlshaberin sitzt neben mir, Agent.“, sagte T’Mir. „Sie hat einen Spezialauftrag für Sie.“ Sie übergab den Rechner an Nugura. „Agent!“, wendete sich Nugura an Mikel. „Ich möchte, dass Sie sich mit dem Rest der Flotte bei Ihrer Basis treffen. Von dort aus werden Sie in die interdimensionale Schicht vordringen. Ihr Befehl lautet, das halbbiologische Raumschiff Lycira zu finden und es zu zerstören! Es hat leider eine Information, die uns sehr schaden würde. Sie dürfen nicht zulassen, dass diese Information durch Lycira in die aus unserer Sicht falschen Hände kommt! Haben Sie verstanden, Agent?!“ „Und ob ich das habe, Madam President!“, versicherte der böse Mikel fest. „Ich nehme an, es geht darum, dass sie keine Informationen über unsere Entstehung weitergeben kann. Wenn sie das täte, wäre das nicht gut für uns.“ „Da haben Sie Recht, Agent.“, sagte Nugura. „Das wäre beileibe nicht gut. Man würde nämlich versuchen, uns wieder in unsere guten Alter Egos zu integrieren und das wäre nicht das Dasein, das mir für den Rest meines gerade erst begonnenen Lebens vorschwebt.“ „Mir auch nicht.“, sagte der böse Mikel. „Also, Madam President, Sie können sich auf mich und meine Leute verlassen! Schließlich kämpfen wir dann nicht nur gegen dieses Schiff, sondern auch um unser Leben.“ „Noch eines, Agent.“, sagte Nugura. „Die Art, wie Sie versuchen sollen, dieses Schiff zunächst in falscher Sicherheit zu wiegen, bedeutet, dass Sie ihr vormachen werden, Sie seien die gute Sternenflotte. Wenn sie dann freiwillig ihre Systeme öffnet, dann werden Sie sie von innen heraus zerstören. Reden Sie mit Ihrem Techniker Jannings darüber. Er wird Ihnen sicher eine Möglichkeit nennen können. Falls Lycira den Köder nicht schluckt, können Sie ja immer noch andere Saiten aufziehen!“ „Schon verstanden, Madam President!“, grinste der böse Mikel und beendete die Verbindung.

Inzwischen hatte T’Mir eine Flasche aus einem Schränkchen in der Laube geholt. Dann folgten noch zwei bauchige vergoldete Gläser. Sie entkorkte die weiße bauchige Flasche und goss von dem Inhalt großzügig in beide Gläser ein. Dann gab sie der bösen Nugura eines davon, während sie das andere behielt. Neugierig betrachtete und beroch die Präsidentin den Inhalt und stellte fest, dass es sich um ein sehr hochprozentiges alkoholisches Getränk handeln musste. Dass T’Mir ihr jetzt so etwas anbot, nahm nicht Wunder, denn sie repräsentierte ja eine Seite der Vulkanier, die sonst immer unterdrückt war. „Lassen Sie uns feiern!“, sagte sie und stieß mit ihrer Komplizin an. „Ich bin nämlich davon überzeugt, dass Mikel dieses Schiff finden und besiegen wird. Es wird sich wohl kaum gegen eine ganze Flotte zur Wehr setzen können.“ „Also dann.“, sagte die böse Nugura und erwiderte das Prosten. „Auf den Sieg!“ „Auf den Sieg!“, wiederholte T’Mir und leerte ihr Glas gierig in einem Zug.

Der böse Mikel war in den Maschinenraum seines Schiffes gegangen, um sich dort mit Jannings und seiner Assistentin zu unterhalten. Zwar gab es kein direktes Gegenstück von Elektra, da sie als Androidin ja nicht für Telepathie empfänglich war und Radcliffes Kräfte also auf sie nicht hätten wirken können, aber Sytania hatte dies durch die Schöpfung einer weiteren Elektra, die ebenfalls einen bösen Charakter hatte, längst kompensiert. So war sie übrigens bei allen Androiden auf den Sternenflottenschiffen vorgegangen. Elektra war auch die Erste, die Mikel antraf. „Wo ist Ihr Vorgesetzter, Technical Assistant?“, fragte Mikel. „Dort drüben an Konsole vier.“, antwortete sie. „Er wartet gerade das Kommunikationssystem. Ich werde Sie zu ihm führen.“

Sie hakte ihn unter und bald standen sie vor Jannings. „Techniker, ich muss mit Ihnen reden!“, sagte Mikel fest. Der Ingenieur, der ihn zunächst nicht gesehen hatte, sah erst jetzt vom Bildschirm auf. „Oh, Sir.“, sagte er. „Es tut mir leid. Ich habe Sie nicht gesehen.“ „Das ist wohl eher meine Ausrede.“, sagte Mikel. „Aber lassen Sie es gut sein. Sicherlich gab es ein kleines technisches Rätsel, das Ihre gesamte Aufmerksamkeit gefordert hat.“ „Nein.“, gab Jannings zu. „Das gab es nicht. Den Systemen des Schiffes geht es ausgesprochen gut, wenn ich das so sagen darf.“ „Um so besser.“, sagte Mikel. „Dann werden sie ja um so besser für das geeignet sein, zu dem wir gerade den Befehl erhalten haben.“ „Und was ist das für ein Befehl, Agent?“, fragte der Chefingenieur. „Ich meine, warum kommen Sie damit zu mir? Wäre es nicht besser und auch protokollgerechter, die Brückenbesatzung zuerst zu informieren?“ „Sie sollten sich glücklich schätzen, der Erste zu sein, der diese Information bekommt.“, sagte Mikel grimmig. „Aber ich gebe sie Ihnen nicht ohne Grund zuerst, mein kleiner Virenprogrammierer und Systemknacker. Bevor ich nämlich für unsere Mission die Jobs verteile, möchte ich gern von Ihnen wissen, ob ihre Ausführung überhaupt technisch so möglich ist, wie sich die Präsidentin das vorstellt.“ „Was ist denn unsere Mission?“, wollte Jannings wissen. „Wir sollen ein Raumschiff stoppen, das eine bestimmte Information auf keinen Fall an die falschen Leute weitergeben darf. Verstehen Sie mich?“ „Oh, das sollte kein Problem darstellen, Agent.“, sagte Jannings. „Die Waffen habe ich heute morgen schon gewartet. Sie funktionieren tadellos.“ „Das ist beruhigend zu wissen, Mr. Jannings.“, sagte Mikel. „Aber es interessiert mich eigentlich nur am Rande. Vielmehr würde ich gern einiges über die Leistungsfähigkeit unserer Computer und der Kommunikation erfahren.“

Jannings, dem offensichtlich nicht klar war, worauf der erste Offizier hinaus wollte, überlegte krampfhaft, wie er seinem blinden Vorgesetzten seine Situation verdeutlichen konnte. Einem Sehenden gegenüber wäre dies sehr einfach gewesen, denn ihn hätte er einfach nur verwirrt ansehen müssen. Da ihm bekannt war, dass Mikel dies aber nicht wahrnehmen konnte, wusste er nicht, wie er es anstellen sollte. Nur das lange Schweigen seines Gegenüber verriet Mikel, dass hier etwas nicht stimmen konnte. „Gibt es ein Problem, Jannings?!“, fragte Mikel streng. „Wenn Sie es genau wissen wollen, Sir.“, setzte Jannings an. „Dann gibt es das tatsächlich. Ich verstehe nämlich nicht, was unsere Computer und die Kommunikation mit dem Stoppen eines Raumschiffes zu tun haben.“ „Dann werde ich es Ihnen eben erklären, Techniker!“, sagte Mikel, den seine offensichtliche Begriffsstutzigkeit doch sehr ärgerte. „Die beiden Systeme werden einen entscheidenden Anteil zum Gelingen unserer Mission beitragen. Wir werden dem Schiff vormachen, dass wir die gute Sternenflotte seien und dass wir ihre Aussage aufnehmen werden. Aber wenn sie dann ihre Systeme für uns öffnet, um uns die Daten zugänglich zu machen, werden wir ein bisschen in ihren Systemen herumpfuschen. Wir werden ihren interdimensionalen Antrieb außer Gefecht setzen. Außerdem werden wir ihre Selbstzerstörung aktivieren und auf eine Sekunde nach Aktivierung stellen. Dann hat sie keine Zeit mehr für eventuelle Gegenmaßnahmen. Sie ist nur ein kleines Schiff. Die Druckwelle ihrer Explosion werden wir allerhöchstens als kleines Schaukeln wahrnehmen, wenn nur die Schilde halten. Hier kommen jetzt Sie ins Spiel, Jannings. Sie könnten doch sicher ein entsprechendes Virus schreiben, oder?“ „Gewiss kann ich das, Sir.“, antwortete Jannings, dem die Idee immer besser gefiel. „Aber ich kenne hier im Maschinenraum jemanden, die das noch viel besser kann. Sie ist mit Technologie auf Du und Du.“

Er winkte Elektra, die sich sofort auf den Weg zu den beiden Männern machte. „Ich nehme an, Sie haben alles mitbekommen, Assistant.“, sagte er. Die Androidin nickte. „Dann wissen Sie ja sicher auch, dass höchste Eile geboten ist.“, sagte Mikel. „Das ist mir bekannt.“, sagte Elektra. „Ich nehme an, aus diesem Grund wollten Sie auch, Mr. Jannings, dass ich das Virus schreibe.“ „Das stimmt, Elektra.“, sagte der Chefingenieur. „Dann werde ich damit gleich beginnen.“, sagte sie, drehte sich fort und ging in Richtung einer freien Arbeitskonsole, an die sie ihr Haftmodul anschloss.

„Sie ist immer so ein fleißiges Bienchen.“, stellte Jannings fest. „Oh, ja, das ist sie.“, bestätigte Mikel. „Ich werde Nugura nach dieser Mission vorschlagen, sie ebenfalls zum Techniker zu befördern. Dieses Schiff hat zwar schon einen Chefingenieur, mit dem ich sehr zufrieden bin, aber es gibt ja noch genügend andere Schiffe in der Sternenflotte, die einer fähigen Ingenieurin gegenüber sicher nicht abgeneigt wären.“

Jannings wurde blass. „Aber Agent.“, sagte er. „Das können Sie mir nicht antun. Ich habe viel zu lange mit Elektra gearbeitet. Außerdem könnte niemand sie ersetzen. Es gibt zwar genügend fähige Köpfe unter den technischen Assistenten in der Sternenflotte, aber keiner von denen kann sich direkt mit den Schiffssystemen verbinden. Das war eine Eigenschaft, die ich an Elektra immer sehr bewundert habe und die uns schon sehr viel geholfen hat.“ „Ich weiß.“, sagte Mikel beruhigend. „Aber dazu gehören ja auch immer zwei. Elektra hat ja schließlich dazu auch noch etwas zu sagen, Mr. Jannings und wie ich sie einschätze, halte ich durchaus für möglich, dass sie das Angebot ohnehin ablehnen würde, weil sie es für effizienter hält, hier an Bord der Granger weiter unter Ihnen zu arbeiten und ich habe weniger lästigen Papierkram.“ „Da sprechen Sie ein wahres Wort gelassen aus, Sir.“, sagte Jannings, der sich inzwischen wieder beruhigt hatte. „Als Androidin ist sie ja nicht auf Prestige aus, sondern es zählen nur die sachlichen Argumente. Wenn sie glaubt, sie könne hier besser zu unserem Sieg beitragen, dann bitte.“ „Na sehen Sie, Techniker.“, sagte Mikel.

Elektra winkte von der Konsole herüber. „Ich habe das Virus fertig gestellt, Sirs.“, sagte sie und sah Mikel und Jannings gleichermaßen erwartungsvoll an. Der Chefingenieur warf einen prüfenden Blick über die Gleichungen. Dann sagte er: „Ausgezeichnet, Elektra!“ „Hatten Sie von ihr ernsthaft etwas anderes erwartet, Techniker?“, fragte der erste Offizier mit einem gemeinen Grinsen. „Nein, Agent.“, negierte Jannings. „Und sie hat alles berücksichtigt. Es wird uns sicher gelingen, dieses Schiff zu stoppen. Sie können das Virus von ihrem Platz aus auf der Brücke aktivieren. Es tarnt sich als Suchbefehl nach dem Schlagwort Verbrechen.“ „In Ordnung, Jannings.“, sagte Mikel und ging mit einem dreckigen Grinsen auf den Lippen.

Bald hatten sich auch alle anderen Schiffe, die ebenfalls Bescheid bekommen hatten, mit der Granger bei der 817 getroffen. Dies hatte Mikel auf dem Weg zur Brücke durch den Computer und eine SITCH-Mail erfahren. Die Erste, die Mikels gute Laune bemerkte, war Ribanna. „Sie scheinen eine sehr gute Nachricht bekommen zu haben, Sir.“, sagte sie und zwinkerte ihn von der Flugkonsole aus an. „Oh, ja, Allrounder.“, sagte Mikel. „Das habe ich.“

Er stellte sich in die Mitte des Raumes. „Ladies und Gentlemen.“, begann er. „Wir haben unsere allererste Mission! Sie lautet, ein Schiff zu stoppen, das uns unter Umständen sehr gefährlich werden könnte. Der Name des Schiffes ist Lycira und ihre Koordinaten in der interdimensionalen Schicht habe ich von Präsidentin Nugura und Präsidentin T’Mir persönlich erhalten. Wenn dieses Schiff mit ihren Informationen zu den falschen Leuten fliegt, dann könnte unsere Existenz bald ausgelöscht sein. Also, Sie und ich, wir kämpfen nicht nur gegen Lycira, sondern auch für unser Leben! Ribanna, ich übermittle Ihnen jetzt die Koordinaten. Ich hoffe, Sie haben in der Schulung für Interdimensionalflug gut aufgepasst.“ „Davon werde ich Sie gleich sicher überzeugen, Sir!“, sagte die junge Indianerin selbstbewusst und gab die von Mikel erhaltenen Koordinaten in das Programm für den Interdimensionsantrieb ein. „Von meiner Seite sollte es da auch keine Probleme geben, Agent.“, versicherte Kang. „Die Waffen funktionieren sehr gut und ich bin ebenfalls kerngesund. Das hat mir Loridana auf jeden Fall bescheinigt.“ „Die Waffen werden wohl zunächst nicht gebraucht werden, Mr. Kang.“, sagte Mikel. „Lyciras Zerstörung wird auf eine viel listigere und hinterhältigere Weise passieren. Aber falls das nicht klappt, erhalten Sie sicher Ihre Chance, Mr. Kang. Und jetzt aktivieren, Ribanna! Ich will dieses verdammte Schiff auf keinen Fall verpassen!“ Der indianische Allrounder nickte und bestätigte ihre Eingaben. Alsbald verschwand die Antigranger als schimmernde Säule.

Lycira war damit beschäftigt, in der interdimensionalen Schicht eine falsche Spur zu legen. Der Kampf mit der Flotte der Vendar hatte sie vorsichtig werden lassen. Außerdem hatte sie durch den Datenaustausch mit Elektra auch von der Theorie der Androidin erfahren. Unter gewissen Umständen würde die Antigranger ihr vielleicht nachstellen, wenn es wirklich eine Antiföderation und somit auch eine Antisternenflotte gab. Sie musste die Dimension der selbstständig denkenden Schiffe in jedem Fall unbehelligt erreichen.

„Ich habe das Schiff direkt voraus, Agent.“, meldete Ribanna, als die Antigranger die Koordinaten erreicht hatte, an denen Lycira zuletzt gesehen worden war. „Auf den Schirm, Ribanna!“, befahl der erste Offizier hoch aufgeregt. „Sind sonst noch Schiffe in der Nähe, Allrounder?“ „Wenn Sie darauf hinaus wollen, Agent.“, erwiderte Ribanna. „Dass sie vielleicht Hilfe haben könnte, dann müssen Sie sich keine Sorgen machen. Außer uns und ihr ist hier niemand.“ „Also gut.“, sagte Mikel. „Rufen Sie Lycira, Ribanna und dann verbinden Sie mit mir.“

Die Kommunikationsoffizierin und Pilotin nickte und führte seinen Befehl aus. „Sie können sprechen, Sir.“, sagte sie dann, nachdem Lycira scheinbar nichts ahnend die Verbindung angenommen hatte. Mikel drückte den Sendeknopf: „Ich bin Agent Mikel von der USS Granger, Lycira. Du musst dir keine Sorgen machen. Du bist bei mir in den richtigen Händen. Ich werde gleich deine Aussage aufnehmen. Wir können es auch so machen, dass ich direkt nach den Daten suche. Unser Ingenieur hat einen Suchalgorhythmus verfasst, der …“

Noch bevor Mikel weiter sprechen konnte, verriet ein Signal ihm, dass Lycira die Verbindung beendet haben musste. „Holen Sie mir diese verdammte Verbindung wieder, Ribanna!“, schnauzte er die Angesprochene an. „Das würde ich gern, Sir.“, sagte der junge Allrounder ruhig. „Aber sie hat laut unserem Computer die Frequenz blockiert. Auch auf unser Rufzeichen selbst reagiert sie mit Blockade. Ein Wechsel der Frequenz würde also nichts bringen.“ „Verschonen Sie mich mit ihrem SITCHer-Fachchinesisch!“, schrie Mikel, der im Gegensatz zu seinem guten Gegenstück nicht sehr besonnen war und leicht aus der Haut fuhr. „Ich habe nur versucht, Ihnen zu verdeutlichen, dass wir so keine Chance haben, Sir.“, verteidigte sich Ribanna. „Was ist mit den Frequenzen zur Datenübermittlung?“, fragte Mikel. „Sie sind auch in die Blockade einbezogen.“, erwiderte die junge Indianerin. „Aber Augenblick. Lycira scheint gerade die Blockade ihrer Audiofrequenz aufgehoben zu haben und ruft uns.“ „Lassen Sie hören.“, sagte Mikel genervt. „Sofort, Agent.“, entgegnete Ribanna und schaltete die von ihm verlangte Verbindung. „Dass ihr von der Sternenflotte seid, das könnt ihr einem melonischen Müllfrachter erzählen, aber mir nicht!“, sagte Lycira und klang dabei sehr selbstbewusst. „Ich weiß, dass es nicht die Art der Sternenflotte ist, in ein fremdes System einzudringen, um sich Daten zu klauen. Da müssen Sie schon früher aufstehen, Agent Mikel. Sie wollten doch in Wahrheit ein hübsches kleines Virus bei mir deponieren, nicht wahr? Das sollte dann meine Systeme zerstören, weil ich etwas weiß, was Ihnen gefährlich werden kann. Ich bin nicht dumm. Ich kann mir denken, dass Sie aus dem aggressiven Teil von Agent Mikel bestehen. Ihre neuralen Frequenzen haben Sie verraten. Ich weiß, wie das Neuralmuster eines Humanoiden normalerweise auszusehen hat. Aber Ihre Frequenzen sind nur die aus dem Mandelkern, genau wie beim Rest Ihrer sauberen Bande, die Sie Sternenflotte nennen. Aber Sie sollten sehen, dass ich mich nicht verarschen lasse!“ Sie beendete die Verbindung.

„Sir, Lycira konfiguriert ihren Antrieb.“, meldete Ribanna. „Es sieht für mich aus, als wollte sie in eine Dimension einfliegen.“ „Das werden wir ihr gründlich versauen.“, sagte Mikel. „Mr. Kang, zielen Sie auf ihren interdimensionalen Antrieb und feuern Sie einen Photonentorpedo ab!“ „Aye, Sir.“, antwortete der Klingone an der Waffenkonsole erleichtert über den Umstand, jetzt doch noch seinen Teil zum Gelingen der Mission beitragen zu können und tat, was der erste Offizier ihm soeben befohlen hatte.

Mikel hängte sich mit seinem Hilfsprogramm direkt an Kangs Konsole. Er wollte nicht warten, bis ihm ein eventueller Treffer gemeldet würde. Wenn, dann wollte er es aus erster Hand erfahren. Kang bestätigte die Anfrage und ließ seinen Vorgesetzten somit gewähren. „Direkter Treffer in den Energiehauptverteiler für den interdimensionalen Antrieb des beschossenen Schiffes.“, meldete der Computer Mikel. „Sehr gut, Warrior.“, lobte der erste Offizier mit einem freudigen Blick in den Augen. „Direkt ins Schwarze. Ribanna, in welche Dimension ist sie gestürzt?“ „In das Heimatuniversum der guten Föderation, Agent.“, entgegnete die Angesprochene nach einem kurzen Blick auf ihren Bildschirm. „Dann kann ich mir denken, wohin sie will!“, sagte Mikel. „Folgen, Ribanna! Wir werden sie nicht entkommen lassen!“

Lycira hatte auf normalen Warpantrieb umgeschaltet. So schnell wie möglich musste sie jetzt eine Partikelfontäne aufsuchen, um von dort in die Dimension der selbstständig denkenden Schiffe zu kommen. Tatsächlich hatten ihre Sensoren auch bald eine entdeckt, aber der Weg dort hin war noch sehr weit und die Schiffe der Antisternenflotte waren ihr immer noch auf den Fersen. Sie beschloss, durch das Schlagen von Haken eine falsche Signatur zu erzeugen. Vielleicht würden sie darauf hereinfallen.

In der Dimension der Schiffe hielt sich ein sehr kleines, eine Art Sportshuttle für Rennen, in der Nähe einer Partikelfontäne auf. Der Name des Schiffes war Kamura. Sie war die Tochter von Kamurus und Sharie. Die selbstständig denkenden Schiffe konnten sich ähnlich vermehren, wie es auch die Xylianer taten.

Die Kleine spielte also dort. Sie schlug Purzelbäume, drehte Schleifen im Stand auf dem Heck und ähnliches. Das machte ihr großen Spaß. Ihre Eltern hatten ihr zwar verboten, die Dimension zu verlassen, aber sie wollte doch wissen, was sich hinter den Partikelfontänen verbarg. Wenn sie weiter so gut übte, würde sie ihren Vater und ihre Mutter vielleicht doch einmal begleiten dürfen. Aber auch noch etwas anderes stand für sie fest. Wenn sie einmal alt genug wäre, um sich einen biologischen Piloten suchen zu dürfen, dann sollte es ein Kunstflieger sein.

Jetzt aber trieb die Neugier sie immer näher an die Fontäne heran. Ihr Vater hatte ihr zwar gesagt, dass sie ihren Antrieb noch nicht gut genug im Griff habe, um darin manövrieren zu können, aber sie wollte ja auch nur mal hineinsehen. Bis zum Rand der Fontäne tastete sie sich vor. Hier stoppte sie und stellte ihre Sensoren auf aktiven Scann. Was sie dort allerdings sah, verwirrte sie. Da war ein fremdes Schiff, das offensichtlich einen Schaden am interdimensionalen Antrieb hatte und Schiffe der Sternenflotte, die es verfolgten. Jetzt begannen die Sternenflottenschiffe auch noch, auf das arme beschädigte Schiff zu schießen und zwei von ihnen schnitten ihm auch noch den Weg zur Fontäne ab. Kamura verstand die Welt nicht mehr! Das war nicht das Verhalten, von dem ihr ihre Eltern erzählt hatten. Aus den Erzählungen von Sharie und Kamurus war hervorgegangen, dass die Sternenflotte nie eine solche Taktik benutzen würde, weil sie sehr unfair war. Das alles überstieg ihre kindliche Programmierung. Sie wollte ihre Eltern holen, aber dann riskierte sie eine Strafe, weil sie sich so nah an die Partikelfontäne gewagt hatte. Fast zu nah, denn, hätte sie sich nicht mit ihrem Traktorstrahl an einem nahen Kometen festgehalten, wäre sie fast hineingezogen worden. Das fremde Schiff tat ihr aber doch zu leid. Deshalb SITCHte sie dann doch die Rufzeichen ihrer Eltern an.

„Die Melbourne und die Berlin schneiden Lycira den Weg ab, Agent.“, meldete Ribanna. „Außerdem sind alle bereit, auf Ihr Zeichen auf sie zu feuern.“ „Das ist sehr erfreulich, Allrounder.“, sagte Mikel. „Aber wir sollten so tun, als ließen wir sie zunächst in Ruhe. Wenn wir das tun, wird sie sich vielleicht wieder sicher fühlen und die Blockade ihres Sprechgerätes aufheben. Dann hat unser Virus vielleicht doch noch eine Chance. Signalisieren Sie der Melbourne und der Berlin, sie sollen in die Formation zurückkehren. Dann drehen wir alle scheinbar ab. Aber Sie halten sich bereit, auf mein Zeichen zu wenden und dann nehmen wir sie aus allen Rohren unter Feuer, falls sie die Blockade nicht aufhebt. Sagen Sie das auch den anderen!“ „Ja, Agent.“, sagte Ribanna und initiierte die notwendigen Verbindungen.

Kamurus und Sharie hatten auf den Notruf ihrer Tochter reagiert und waren zu der Stelle geflogen. Sie konnten kaum glauben, was sie dort sahen. „Was habe ich dir denn gesagt?!“, tadelte Kamurus sie, als er sah, wie nah sie an der Fontäne war. „Es tut mir leid, Vater.“, sagte Kamura kleinlaut. „Aber schau doch mal da!“ Sie ließ ihr Positionslicht in Richtung des Ausgangs der Fontäne scheinen. Sharies und Kamurus’ Sensoren folgten dem Schein. „Hier stimmt was nicht.“, stellte Sharie fest. „Das ist Lycira! Ihre biologische Pilotin ist Betsy, eine gute Freundin von meiner Pilotin Tchey!“ „Ginalla kennt Betsy auch.“, sagte Kamurus. „Aber diese Sternenflottenschiffe sind merkwürdig. Ihre Kampftaktik ist merkwürdig. Sharie, ruf die Anderen zur Hilfe. Wir werden Lycira beschützen! Kamura, das hier ist nichts für Kinder! Du fliegst nach Hause, OK?!“ „Na gut, Vater.“, sagte das kleine Schiff enttäuscht und drehte ab.

Tatsächlich schien die Taktik der Antisternenflotte zunächst aufzugehen, denn Lycira hatte tatsächlich das Gefühl, sie abgeschüttelt zu haben. Das führte dazu, dass sie ihr Sprechgerät tatsächlich wieder öffnete. Über die Transpondersignale, die sie aus der fremden Dimension heraus empfing, war sie sehr erleichtert. Dann flogen eine Menge Schiffe unter Kamurus’ Führung auf sie zu. Direkt neben ihm flog Sharie, die sie ansprach: „Du musst dir jetzt keine Sorgen mehr machen, Lycira. Wir werden dich beschützen.“ „Vor wem denn?“, entgegnete sie. „Die böse Sternenflotte habe ich glaube ich abgehängt.“ „Da bin ich nicht so sicher.“, sagte Sharie.

Kaum hatte sie ausgesprochen, da fielen die Schiffe der bösen Sternenflotte auch schon wieder über sie her. „Also gut.“, stellte Kamurus fest. „Sie wollen einen Kampf, dann sollen sie auch einen bekommen. Wie ich das sehe, sind wir ihnen vier zu eins überlegen. Also, ihr bildet Viererteams und jedes Team kümmert sich um ein Schiff. Stört ihre Kommunikation, damit sie sich nicht absprechen können. Feuert auf ihre Antriebe und ihre Waffen mit den Phasern und Torpedos, was das Zeug hält.“ „Deine Taktik bedeutet aber.“, sagte Sharie, die ebenfalls die Schiffe gezählt hatte. „Das eines von uns übrig bleibt.“ „Das stimmt.“, sagte Kamurus. „Und das wirst du sein. Bleib in Lyciras Nähe. Sobald ich dir ein Signal gebe, nimmst du sie in den Traktorstrahl und bringst sie zu einem sicheren Ort. Aber erst dann, wenn ich meine, dass unsere saubere böse Sternenflotte da draußen genug abgelenkt ist.“ „OK, Kamurus.“, sagte Sharie.

Mit Freude nahm der Anführer der Schiffe zur Kenntnis, dass sich bereits Vierergruppen gebildet hatten. „Wenn alle bereit sind, dann los!“, befahl Kamurus, schloss sich selbst einem Team an und preschte dann mit allen anderen gemeinsam mit Warp sieben auf die Antisternenflotte zu.

„Sir.“, meldete Ribanna irritiert. „Da kommen hunderte von …“

Sie konnte nicht mehr weiter sprechen, denn im gleichen Moment ging ein Regen aus Photonentorpedos auf die Antisternenflotte nieder. Durch die Ausweichmanöver entstanden Lücken zwischen den Schiffen, die von den intelligenten Schiffen sofort genutzt wurden. Immer vier selbstständig denkende Schiffe umstellten ein Sternenflottenschiff, wie Kamurus es befohlen hatte. Dann schoss man es kampfunfähig. Auch die Antigranger war betroffen. „Verdammt noch mal!“, fluchte Mikel. „Was ist hier los?!“ „Wir werden beschossen, Sir.“, berichtete Kang. „Jannings meldet, dass uns bald der Warpkern um die Ohren fliegt. Wir sollten uns zurückziehen!“ Auch der Computer warnte jetzt vor einem Warpkernbruch. „Ich schätze, die anderen haben ähnliche Probleme.“, sagte Mikel zähneknirschend. „Also gut, Ribanna. Signalisieren Sie den anderen, wir ziehen uns zurück, solange wir es noch können. Die haben uns tatsächlich überrascht.“ „Ich kann nicht.“, sagte Ribanna. „Sie stören unsere Kommunikation und das Sprechgerät kann die Störung nicht durchdringen.“ „Dann fliegen Sie uns hier raus. Ein voller Impuls! Die anderen werden schon sehen, was wir meinen.“, sagte Mikel. „Aye, Sir.“, sagte Ribanna resignierend und tat es.

Sharie hatte Lycira in ein sicheres Versteck gebracht. Dort warteten sie jetzt auf Kamurus, der auch bald zu ihnen stieß. „Denen haben wir es gegeben!“, stellte er stolz fest. „Das mag ja sein.“, meinte Sharie. „Aber ich mache mir ernsthaft Sorgen um Lycira. Ihr Antrieb ist beschädigt und ich weiß nicht, wie wir …“ „Ich habe eine Idee.“, sagte Kamurus und replizierte ein vollständiges neues Antriebsmodul für ihren interdimensionalen Antrieb. „So.“, sagte er. „Pass auf, Lycira. Ich werde jetzt versuchen, dein beschädigtes Modul heraus zu beamen und das Neue dann einfach an die Stelle setzen.“ „OK.“, erklärte sich Lycira einverstanden. „Sharie.“, wendete sich Kamurus dann an seine Freundin. „Zieh sie bitte näher an deine Hülle und steuere mit dem Antrieb gegen, wenn sie driftet.“ Ohne Antwort führte Sharie seine Bitte aus. Lycira machte das nichts. Sie fühlte sich sicher.

Das Herausbeamen des beschädigten Teils stellte kein wirkliches Problem für Kamurus dar, aber mit dem exakten Einpassen des neuen Moduls und der Anschlüsse hatte er Schwierigkeiten, weil doch noch leichte Bewegung zwischen Lycira und Sharie war. „Ich sehe das einfach nicht.“, gab er nach einigen Fehlversuchen auf. „Die Auflösung meiner Sensoren reicht einfach nicht aus. Wir werden doch die Hände eines biologischen Wesens brauchen.“ „Dann brauchen wir einen Ingenieur.“, stellte Sharie fest. „Aber woher willst du einen holen?“ „Oder eine Celsianerin!“, sagte Kamurus mit eindeutig konspirativer Betonung. „Ich werde mich aufmachen, um meine biologische Pilotin zu holen. Pass du auf unsere Kranke auf.“ „OK.“, sagte Sharie. Dann sah sie zu, wie er in Richtung Partikelfontäne davonflog.

 

Du musst login (registrieren) um ein Review abzugeben.
Creative Commons License
Science/Fantasy-Ecke Website von Kamil Günay steht unter einer Creative Commons Namensnennung-Keine kommerzielle Nutzung-Keine Bearbeitung 3.0 Deutschland Lizenz.