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Auch Shimar und Maron waren mit IDUSA zwischenzeitlich auf dem Weg nach Khitomer. „Hoffentlich geht alles gut.“, wendete sich der Agent an seinen tindaranischen Kameraden. „Hey.“, flapste Shimar zurück. „Ich bin der mit den telepathischen Fähigkeiten. Eigentlich müsste ich die Vorahnungen haben.“ „Du hast mich ertappt.“, sagte Maron und machte ein schuldbewusstes Gesicht. „Meine Äußerung sollte eigentlich nur dazu dienen, dich aufmerksam zu machen, damit du deine seherischen Fühler mal ausstreckst. Mein Problem ist nämlich, dass ich tatsächlich ein unbestimmtes Bauchgefühl habe, es aber nicht verifizieren kann.“ „Und bevor du dich bei Zirell völlig blamierst, wolltest du lieber jemanden fragen, der sich damit auskennt.“, witzelte der junge tindaranische Flieger. „Aber im Augenblick kann ich dir da leider nicht helfen. Immerhin habe ich ein Schiff zu fliegen.“ „Sie kann sich doch auch gut selbst …“, setzte Maron an, bevor ihn die Simulation des Schiffsavatars unterbrach: „Sie wäre Ihnen aber auch sehr dankbar, wenn Sie nicht über mich sprechen würden, als wäre ich nicht anwesend, Agent.“ Maron erschrak und sah zu Shimar hinüber, der stark grinsen musste. „Habe ich etwa schon wieder?“, fragte der ehemalige Sternenflottenoffizier, dem sein Verhalten gegenüber der künstlichen Intelligenz doch sehr peinlich war. Er wusste, dass IDUSA in der tindaranischen Rechtsprechung den gleichen Status wie eine biologische Lebensform hatte, also auch das Recht, in Unterhaltungen einbezogen zu werden. Dies war zwar wohl in seinem Kopf, aber wie es schien, noch nicht in seinem Herzen angekommen, geschweige denn, dass es ihm in Fleisch und Blut übergegangen war. „Es tut mir leid, Shimar.“, sagte Maron. „Sag ihr das.“, gab der Patrouillenflieger zurück. „Mich hast du nicht beleidigt!“ Damit hatte er einen Treffer in die nicht gerade minder ausgeprägte Magengegend des Demetaners gelandet. Maron schaute bedient. Dann sagte er: „Tut mir leid, IDUSA.“ „Da Sie anscheinend noch immer Anfänger sind, was die tindaranische Rechtsprechung angeht, werde ich Ihnen noch einmal verzeihen, Agent.“, sagte das Schiff. „Aber so langsam sollten Sie eigentlich Bescheid wissen.“ „Das tue ich auch.“, sagte Maron. „Und in meiner Ausbildung bei der Sternenflotte habe ich auch gelernt, mich anderen Kulturen anzupassen. Ich kann selbst nicht verstehen, warum mir das bei euch einfach nicht gelingen will. Ich meine, ich würde einen Androiden oder ein Hologramm nie übergehen. Wieso passiert mir das nur immer wieder bei dir, IDUSA?“ „Ich fürchte, diese Frage können Sie sich nur selbst beantworten.“, meinte IDUSA. „Oder unter Umständen kann Ihnen auch Ishan dabei helfen. Er hat außer einer medizinischen auch eine psychologische Ausbildung.“ „Willst du damit sagen, er sei verrückt?!“, ergriff Shimar für Maron Partei. „Das hat sie nicht gesagt.“, nahm dieser jetzt das Schiff in Schutz. „Ich bin sicher, sie hat nur die Eventualitäten ausgelotet. Außerdem ist nicht jeder gleich verrückt, der mal etwas mit einem Psychodoktor besprechen will. Aber ich könnte mir denken, dass das schon als ziemlich verrückt, also nicht normal, bei euch ankommt, wenn jemand, der für euch arbeitet, einfach eure fundamentalsten Gedankengänge nicht übernehmen will.“ „Oh, ich bin sicher, Sie wollen, Agent.“, sagte IDUSA schmeichelnd. „Aber aus irgendeinem Grund können Sie nicht.“ „Genau.“, sagte Maron. „Und damit ich mich nicht weiter quäle und nicht vom Fleck komme, werde ich mir, sobald wir wieder auf 281 Alpha sind, Hilfe bei diesem Problem besorgen!“

IDUSAs Sensoren nahmen die langen Reihen verschiedenster Schiffe wahr, die sich in einer Umlaufbahn um Khitomer befanden. „Gentlemen, ich hoffe, dass wir kein Parkplatzproblem bekommen.“, scherzte IDUSA. „Ach was.“, sagte Shimar zuversichtlich. „Na komm! Ich werde uns schon vernünftig einreihen.“ Damit schob er IDUSA langsam in eine Lücke zwischen dem Schiff der aldanischen Delegation und Space Force One. „Sie schmeicheln mir.“, stellte sie fest. „Mich direkt neben dem Schiff der Präsidentin der Föderation zu parken.“ „Es war gerade kein anderer Platz frei.“, lächelte Shimar. Dann gab er IDUSA noch die Gedankenbefehle: Antrieb aus! und Ankerstrahl setzen!, bevor er seinen Neurokoppler absetzte. Der demetanische erste Offizier tat es seinem Kameraden gleich und dann standen beide vom Sitz auf, was für IDUSA ein unmissverständliches Zeichen war, den Transporter zu aktivieren.

Sie fanden sich im großen Saal wieder, in dem die feierliche Übergabe von Meilenstein stattfinden sollte. Etwas nervös suchte Shimar die Reihen der Anwesenden ab. „Was suchst du.“, zischte ihm sein Vorgesetzter zu. „Vielleicht solltest du lieber fragen, wen ich suche.“, flüsterte Shimar zurück. „Ich habe die Granger gesehen, aber Betsy ist nicht hier.“ „Sie wird Heimaturlaub haben.“, beruhigte ihn Maron. „Oder, vielleicht ist sie krank.“ „Wenn irgendwas wäre, dann hätte sie mir doch bestimmt geschrieben.“, sagte Shimar irritiert. „Vielleicht wollte sie dich nicht beunruhigen.“, vermutete Maron.

Es wurde still im Raum und Maron legte den Finger an die Lippen, um seinem Untergebenen ein Zeichen zum Schweigen zu geben. Nugura betrat die Bühne. Begleitet wurde sie von Senatorin Rakal, die ebenfalls ein feierliches Gesicht machte. Beide Frauen trugen elegante schwarze Seidenkleider, die wohl dem Ereignis angemessen waren. Dazu ebenfalls schwarze Schuhe. Die Romulanerin, welche Nugura noch um einige Zentimeter überragte, hatte außerdem noch eine rote Spange in ihrem langen schwarzen Haar. Sie blieb zunächst einige Schritte hinter Nugura zurück, die sofort zum Rednerpult ging und das Mikrofon in die Hand nahm. Dann gab sie ihrem an einem Schreibtisch im Hintergrund sitzenden Sekretär ein Zeichen, auf das er ein Pad aus der Tasche zog, um es ihr zu reichen. Dieses legte sie vor sich ab und begann: „Bürger und Verbündete der Föderation, heute ist ein denkwürdiger Tag! Seit vielen Jahren und Jahrhunderten haben wir Frieden in unserem Gebiet, aber dieser Friede wird immer wieder bedroht! Sie alle kennen den Nahmen der wohl fürchterlichsten Bedrohung! Der Rücksichtslosesten überhaupt, gegen die selbst die Borg wie Spielzeugsoldaten wirkten! Seit ungefähr der gleichen Zeit ist uns aber auch ein Gegenmittel bekannt! Nur war seine Benutzung nicht immer ganz ungefährlich, auch für unsere telepathischen Verbündeten, denn die Strahlung von Rosannium macht nun einmal keinen Unterschied zwischen Freund und Feind! Aber die Zeit der Vorsicht, die ist jetzt vorbei! Dank der unermüdlichen wissenschaftlichen Arbeit unserer Verbündeten von Romulus können wir es endlich bändigen und ihm beibringen, wen es bekämpfen soll! Ich bitte Sie also nun um einen herzlichen Applaus für Senatorin Talera Rakal, die Romulus politisch vertritt und Professor Kimara Toreth und ihren Assistenten, Remus Meret, die Meilenstein erbaut haben! Gemeinsam mit mir werden sie die Waffe jetzt enthüllen!“

Alle standen auf und begannen zu klatschen. Dann betraten die Romulaner, deren Namen sie soeben genannt hatte, die Bühne. Nugura übergab das Mikrofon an die direkt hinter ihr stehende romulanische Senatorin. „Als Zeichen der Freundschaft übergeben wir, die romulanische Regierung, die Waffe Meilenstein feierlich an die Föderation der vereinten Planeten!“, sagte diese. Danach drehten die Politikerinnen sich synchron um und gaben ihren jeweiligen Anwesenden Offizieren ein Zeichen. Die romulanischen Offiziere und die der Sternenflotte bildeten ein gemischtes Ehrenspalier, das ihren Weg zur anderen Seite des Raumes säumte. Dann schritten sie Hand in Hand durch die Gasse, die sich gebildet hatte. Shimar fand das alles sehr übertrieben. „Was tut man nicht alles für die Presse!“, zischte er Maron zu.

Auf einem Tisch befand sich ein Gegenstand, der mit roten und grünen Stoffen verhüllt war. Daran hing eine Schnur mit einer weißen Kugel aus Metall herunter, die Senatorin Rakal in die rechte Hand nahm, um sie gleich darauf in einer feierlichen Bewegung Nugura zu übergeben. Fast im gleichen Moment blendete ein schwarzer Blitz alle und vor ihnen stand Radcliffe. „Zu dieser Übergabe darf es nicht kommen und es wird auch nicht dazu kommen, weil ich Ihnen allen jetzt ganz genau zeigen werde, dass die politische Freundschaft zwischen der Föderation und Romulus auf einer Lüge basiert!“, sagte der verblendete Professor. „Auf einer Lüge, jawohl!“

Es gab einen erneuten schwarzen Blitz und alle fielen in eine Art Schockstarre. Dann mussten sie, ob sie wollten oder nicht, sich ansehen, was damals auf Deep Space Nine passiert war. Kaum war dies vorbei, sah Rakal Nugura mit einem vorwurfsvollen Blick an. „Einer Ihrer Offiziere hat den Plan ersonnen, unsere Gesandten umzubringen und es den Formwandlern in die Schuhe geschoben?!“, fragte sie ernst. Nugura wurde leichenblass. „Ich schwöre, Senatorin.“, begann sie. „Davon habe ich nichts gewusst! Keiner meiner Vorgänger im Amt hat je ein Wort darüber verloren.“ „Um so schlimmer!“, erwiderte die Romulanerin scharf. „Aber nicht genug damit! Nachdem wir die Sache mit dem Thermolytischen Datenstäbchen den Göttern sei Dank aufgedeckt hatten, schicken Sie einen zwielichtigen Cardassianer als gedungenen Mörder hinter unserem Schiff her, der …“ „Wer weiß, wer dieser Fremde ist.“, versuchte Nugura, die jetzt doch sehr angespannt scheinende Situation zu entschärfen. „Wer weiß, ob das, was er uns gerade gezeigt hat, wirklich der Wahrheit entspricht. Die Sicherheit soll ihn in Gewahrsam …“ „Dass können die gern mal versuchen!“, lachte Radcliffe dreckig und schmetterte alle anwesenden Sicherheitsleute und Geheimdienstler, die sich ihm nähern wollten, mit Hilfe seiner neuen Kräfte an die Wände des Raumes. Alle außer Mikel, dem Kissara noch zugeflüstert hatte, in jedem Fall in ihrer Nähe zu bleiben und nichts Dummes zu tun. Da niemand mit so etwas gerechnet hatte, war auch keiner der Agenten im Besitz einer Rosannium-Waffe. Die an die Wände geschmetterten Agenten waren sofort tot.

„Geben Sie zu, dass Sie …!“, setzte nun auch Rakal Nugura weiter zu. „Ich werde in jedem Fall eine Untersuchung veranlassen.“, sagte die Präsidentin diplomatisch. „Sollte diese ergeben, dass unser nun fast schon 800 Jahre andauerndes Bündnis auf einer Lüge basiert, werde ich …“ „Ich glaube Ihnen kein Wort!“, zischte Rakal. „Sie werden das genau so unter den Teppich kehren, wie es Ihre Vorgänger im Amt getan haben! 800 Jahre! 800 Jahre und Sie besitzen noch nicht einmal die Stirn, uns die Wahrheit zu sagen. Sie werfen uns vor, feige und hinterlistig zu sein, dabei sind Sie selbst noch viel schlimmer! Einer Spezies ein Verbrechen anzuhängen, das sie gar nicht begangen hat, finde ich selbst das höchste aller Verbrechen!“ Sie gab einen Befehl auf Romulanisch in ihr Sprechgerät ein und sie, die Wissenschaftler und das Gerät verschwanden. Verstört blieben Nugura und die anderen zurück.

Der Fremde, der alles gesehen hatte, näherte sich der Präsidentin mit mitleidigem Blick. „Ich kann Sie rein waschen.“, sagte er. „Ich kann Sie von Ihrem bösen Ich und von dieser Sünde befreien. Sie alle. Sie müssen nur damit einverstanden sein.“ In ihrer Verzweiflung nickten alle, außer Kissara, die dieses Angebot nur noch wachsamer gemacht hatte. Mein Commander hatte wohl schon im Gefühl, dass hier etwas Böses im Gange war.

Nun ging der Fremde die Reihen ab und berührte jeden. Alsbald stand neben ihm ein genaues Ebenbild der Person, das aber weitaus finsterer dreinschaute. Jetzt war die Reihe an Kissara. „Nein Danke!“, sagte sie langsam, aber bestimmt und hielt ihm bedrohlich ihre Hände mit ausgefahrenen Krallen hin. „Aber dann sind Sie für immer von aller Schuld befreit.“, versuchte der Fremde, sie zu überzeugen. „Zumindest alle biologischen Lebensformen. Bei den Künstlichen und bei denen, die nicht einverstanden sind, geht es nicht. Aber …“ „Interessante Information.“, sagte Kissara. „Aber trotzdem werde ich da nicht mitspielen. Ich bin mir keiner Schuld bewusst, die rechtfertigt, dass Sytania so was mit mir machen lässt.“ „Es war nicht Sytania, die mir diese Kräfte verliehen hat!“, sagte Radcliffe. „Es waren die Propheten!“ „Das glauben Sie doch nicht ernsthaft!“, versuchte Kissara, ihm die Realität begreiflich zu machen. „Doch.“, sagte Radcliffe freundlich. „Sie werden es gleich selbst spüren.“ Damit fasste er ihre Schultern, aber da sie einen extrem biegsamen Körper und eine sehr dehnbare Haut wie eine Katze hatte, gelang es ihr, sich zu befreien. Er wagte einen neuen Versuch, aber kam nicht mehr an sie heran, denn Tatz! Kratz! Ratsch!, hatten ihre Hände vorher sein Gesicht erreicht, um dort zehn tiefe blutige Furchen zu hinterlassen. „Offensichtlich können Sie Ihre Kräfte nicht benutzen, wenn Sie Schmerzen haben.“, stellte Kissara fest. „Aber anscheinend musste ich ja so deutlich werden! Ich nenne das eine interessante Nebeninformation. Wer weiß, wozu es noch mal gut sein kann, das zu wissen. Seien Sie gewiss, ich werde Sie und Sytania auf keinen Fall hiermit durchkommen lassen! Agent, sagen Sie dem Computer, er soll uns alle an Bord der Granger zurückbeamen!“ Der terranische Agent nickte und zog sein Sprechgerät. In einem schwarzen Blitz waren auch Radcliffe und seine neuen Freunde verschwunden.

Maron und Shimar hatten sich in IDUSAs Cockpit wieder gefunden. „Was war das?“, fragte der Agent verwirrt. „Das kann ich dir nicht sagen.“, sagte Shimar. „Mir ist die ganze Situation eben so ein Rätsel wie dir.“ „Ich dachte nur, du hättest vielleicht etwas Außergewöhnliches gespürt.“, sagte der Demetaner. „Das habe ich tatsächlich.“, gab der junge Tindaraner zu. „Aber ich kann dir nicht genau sagen, was es war. Ich würde es am ehesten mit einem schalen Nachgeschmack nach einem schlechten Bier oder so etwas vergleichen. Ich weiß nur, dass ich allein dagegen nicht angekommen wäre und die anderen Telepathen waren wohl auch total überrascht. Sonst hätten sie …“ „Wieso können Telepathen von so was überrascht sein?“, fragte der erste Offizier irritiert. „Wenn der Fremde sich gut genug abschirmen konnte.“, warf IDUSA ein. „Für mich war die Situation auch unklar, deshalb habe ich Sie sofort beide wieder an Bord geholt.“ „Das hast du richtig gemacht.“, entschied Maron. „Wer weiß, was Sytania da wieder für ein Monster geschaffen hat. Wir sollten zurückfliegen und ich sollte Zirell berichten. Flieg du ruhig erst mal in den Urlaub, Shimar. Ich glaube, das wäre besser.“ Der Angesprochene nickte.

„Fühlen Sie sich in der Lage, mich zu steuern?“, fragte IDUSA, nachdem sie Shimars medizinische Werte überprüft hatte. „Ich glaube, das kannst du knicken, falten und in die Tonne treten.“, gab der Tindaraner zu. „Bring uns in die interdimensionale Schicht und von dort aus beamst du Maron direkt vor Zirells Nase. Dann Kurs Terra. Falls ich bis dahin wieder einigermaßen bei mir bin, kann ich ja übernehmen.“ IDUSAs Avatar nickte und führte die Befehle zunächst aus. „Es wird nur schwierig mit dem direkt vor die Nase Beamen.“, sagte sie. „Commander Zirell steht nämlich gerade in ihrem Quartier unter der Schalldusche.“ „Dann setz mich vor ihrer Tür ab.“, sagte Maron. Das tat IDUSA auch. Dann flog sie aus der Schicht ins Universum der Föderation zurück.

Wie benommen hatte Nugura, die ja von Radcliffes Reinwaschung betroffen war, den Rest der Szene mit angesehen. Sie kam erst wieder zu sich, als sie eine künstlich anmutende Stimme ansprach: „Bioeinheit Nugura?“ Sie wendete den Kopf und erkannte eine männliche xylianische Sonde, die sich ihr langsam näherte. „Sie sind der Vertreter der Xylianer.“, erkannte sie. „Das ist korrekt.“, antwortete er. „Das System bietet Ihnen an, bei der Erforschung des Problems zu assistieren.“ „Wie?“, fragte Nugura resigniert. Sie wusste, dass es genau so gut wahr wie unwahr sein konnte, was dieser Fremde ihnen vor seinem Verschwinden gemeinsam mit den bösen Alter Egos gezeigt hatte. Wenn es aber wahr sein sollte, dann war eine seit 800 Jahren andauernde Beziehung zerstört. Aber in diesem Schwebezustand durfte alles auch nicht bleiben. „Übergeben Sie uns die Überreste von Deep Space Nine, die sich im Museum auf Bajor befinden. Wir werden sie examinieren. Außerdem werden wir die Tindaraner um einen Kanal auf der interdimensionalen Sensorenplattform bitten, um die Vergangenheit zu examinieren, falls die Daten aus der Museumsbasis keinen Aufschluss geben. Es ist die einzige Chance.“, erklärte die Sonde.

Nugura dachte nach. Sie war extrem betroffen über das, was sie gerade gesehen hatte, aber sie wusste, dass sie ehrlich sein musste. Die Romulaner würden sonst vielleicht wieder einen neuen Krieg mit der Föderation beginnen. Deshalb sagte sie: „Gut. Die Basis wird examiniert werden. Ich werde alles in die Wege leiten.“ „Ihre Entscheidung wird produktiv sein.“, sagte der Xylianer, strich ihr tröstend über das Gesicht und beamte fort. Gern hätte Nugura noch die Kennung ihres Helden erfahren. Des Mannes, der sie gerade aus ihrer Verzweiflung gerettet hatte. Sie wusste, wenn jemand noch etwas aus 800 Jahre alten Datenkristallen quetschen konnte, dann die Xylianer. Sie waren schließlich mit technischen Geräten auf Du und Du. Außerdem gab es noch die Plattform. Die Tindaraner würden sicher nicht verneinen.

Nach einem ausgedehnten Besuch ihrer Schalldusche hatte Zirell ihre Uniform wieder angelegt und war aus ihrem Quartier getreten. Überrascht blieb sie stehen, als sie Maron vor der Tür ansichtig wurde. „Maron!“, sagte sie erstaunt. „Wo kommst du denn jetzt schon her und wo ist Shimar mit IDUSA? Joran hatte Befehl, euch anzukündigen, wenn ihr euch zurückmelden würdet.“ „Er kann nichts dafür.“, stammelte der Agent, dem offensichtlich die Knie weich wurden. „Komm erst mal mit.“, sagte Zirell beruhigend und nahm seine Hand, um den immer noch zitternden Maron in ihr Quartier zu führen. Hier setzten sich beide ins Wohnzimmer auf die Couch. Dann ging Zirell zum Replikator, um zwei Gläser mit Cola zu replizieren. Eines davon stellte sie vor Maron hin. „Du willst deinen ersten Offizier also abfüllen.“, machte der Demetaner einen gequälten Scherz. Zirell sah ihn fragend an. „Weißt du etwa nicht, dass Kohlensäure auf meine Spezies die gleiche Wirkung hat, wie auf andere zum Beispiel Alkohol?“ „Entschuldige.“, sagte Zirell und nahm das Glas wieder fort. „Ich dachte nur, es sei besser im Augenblick. Du siehst nämlich aus, als könntest du einen Drink vertragen. Was ist überhaupt passiert?“ „Wenn ich das so genau wüsste.“, sagte Maron und schaute verzweifelt. „Hast du die öffentliche Datenübertragung von Khitomer etwa nicht gesehen?“ „Nein.“, gab Zirell zu. „Aber ich denke auch, dass die Technik nicht in der Lage wäre, uns die relevanten Dinge, die dich so irritiert haben, zu zeigen.“ „Da könntest du Recht haben.“, sagte Maron, dem es verdammt recht war, dass sie dem Knackpunkt wohl schon sehr nah gekommen war. „Also.“, sagte Zirell und nahm eine wartende Haltung ein. „Die Übergabe von Meilenstein sollte gerade stattfinden, da ist ein merkwürdiger Fremder aufgetaucht.“, begann Maron. „Er sah aus wie ein Terraner, hatte aber Kräfte wie Sytania oder ein anderer Mächtiger. Er hat uns allen eine ungeheuerliche Sache gezeigt. Zirell, wenn das wahr ist, dann …“ „Was für eine Sache denn?“, fragte die tindaranische Kommandantin, die langsam kurz davor war, mit ihrem Untergebenen die Geduld zu verlieren. „Hör gefälligst auf zu schwafeln! Du bist ja schlimmer als mancher Politiker!“

Maron öffnete seinen Mund, aber es kam nichts heraus. Auch ein erneuter Versuch brachte nichts. „Zirell, ich kann nicht.“, gab er seufzend auf. „Wenn wahr sein sollte, was er uns gezeigt hat, dann würden alle Prinzipien verraten sein, an die ich seit meiner Zeit als Kadett geglaubt habe. Das kann nicht … Das darf nicht …“ „Du weißt, es gibt noch einen anderen Weg.“, deutete die Telepathin an und sah ihm erwartungsvoll ins Gesicht. „OK.“, sagte Maron und lehnte sich zurück. „Tu es!“

D/4 war in ihren Garten zurückgekehrt. Sie dachte, dass sie die Radcliffes in Sicherheit gebracht hätte. Als was für ein Trugschluss sich das noch herausstellen würde, konnte sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnen. Sie interessierte jetzt nur, warum ich immer noch nicht auf ihre Mail geantwortet hatte. Deshalb beschloss sie, zu meinem Haus hinüber zu gehen, um nach dem Rechten zu sehen.

Lycira und ich hatten die Umlaufbahn der Erde erreicht. Ich werde dich jetzt hinunterbeamen., sagte sie. Da ist sogar jemand, die auf dich wartet. „Wer ist es, Lycira?“, fragte ich. Eine Xylianerin., interpretierte sie die Signale, die ihre Sensoren von D/4 empfangen konnten. Persönlich kannte sie die Sonde noch nicht. „OK.“, sagte ich. „Ich kann mir schon denken, wer das ist.“ Sie aktivierte den Transporter.

Mit leichter Verwirrung sah D/4 auf die sich vor ihr materialisierende Gestalt. „Allrounder.“, stellte sie fest. „Wo waren Sie?“ „Lange Geschichte.“, stammelte ich, bevor ich durch einen Kreislaufzusammenbruch bedingt in ihre Arme fiel. Der Schock, den mir das Ganze versetzt hatte, musste erst jetzt wirklich zum Tragen gekommen sein. „Ihre Biozeichen sind unregelmäßig.“, stellte die Sonde fest. „Sie haben einen Schock!“ „Das weiß ich nicht erst seit heute.“, versuchte ich, die Situation aufzuhellen, aber das gelang mir nicht. Im nächsten Moment übergab ich mich direkt vor ihren Augen.

Sie legte mich über ihre Schultern und brachte mich in ihr Haus. „Wo wollen Sie mich hier hinlegen?“, fragte ich benommen. „Ich meine, Sie haben kaum Möbel und …“ „Dieses Haus verfügt über ein Gästezimmer.“, sagte die Sonde. „Dort sind zweifellos genug Möbel.“

Sie musste ihrem Hausrechner mit Hilfe ihres internen Sprechgerätes befohlen haben, die Tür zum Gästezimmer zu öffnen. Im nächsten Augenblick fand ich mich auf einer weichen Matratze wieder. Unter meinem Kopf befand sich ein weiches dickes Kissen. Dann legte sie eine weiche warme Decke über mich. „Die Decke und das Kissen sind mit Tribblewolle gefüllt.“, erklärte sie. „Habe ich mir schon gedacht, so weich, wie das ist.“, sagte ich. „Sagen Sie bitte nicht, das haben Sie extra von Demeta einfliegen lassen.“ „Ihre Annahme ist korrekt.“, meinte die Sonde. Ich staunte.

Plötzlich musste ich mich ruckartig aufsetzen und gab einen Laut von mir, der sie in Alarmbereitschaft versetzte. Mittels ihres internen Transporters hatte sie blitzschnell einen Eimer aus dem fast nie benutzten Badezimmer hergeschafft. Diesen hielt sie mir jetzt mit der rechten Hand vor mein Gesicht, während sie mit der Linken meine Stirn hielt, um mich zu stabilisieren. Ich entließ den gesamten Inhalt meines Magens in den Eimer. Diesen säuberte sie schnell und brachte ihn mir danach wieder. „Ich werde den Eimer hier an das Kopfende des Bettes stellen.“, sagte sie und tat es. Dann klopfte sie noch einmal daran. „Wollen Sie eine Rede halten?“, scherzte ich. „Negativ.“, sagte sie. „Mein Operationsziel und meine Absicht waren es eigentlich, Ihnen zu verdeutlichen, wo Sie den Eimer im Notfall finden können.“, erklärte sie. „Ich werde jetzt nämlich Medikamente für Sie besorgen, um Ihren Zustand zu verbessern.“ „OK.“, sagte ich. „Aber wenn das geschehen ist, muss ich unbedingt aussagen. Ich habe Scheiße gebaut, D/4! Echte große Scheiße!“ „Scheiße ist unpräzise.“, sagte sie und setzte sich auf einen Hocker neben das Bett. „Ich kann jetzt nicht reden.“, sagte ich. „Vielleicht geht es, wenn ich die Medizin intus habe. Aber jetzt wären meine Angaben nur verwirrend.“ „Also gut.“, sagte die Sonde und holte etwas aus einer Schublade. „Geben Sie mir Ihr rechtes Handgelenk!“, forderte sie mich auf. Ich tat es und sie legte mir den Gegenstand an. Er sah aus wie eine Art Armband mit Messeinrichtung. „Das Gerät informiert mich über Ihren Gesundheitszustand während meiner Abwesenheit von Ihnen.“, erklärte sie. „Versuchen Sie, etwas zu schlafen. Ich bin in wenigen Minuten wieder hier.“ Ich nickte und drehte mich um. Es ging mir bereits erheblich besser, seit ich mein Essen los war. Aber ich dachte mir, auch ihre Anwesenheit hätte einen großen Teil dazu beigetragen. Sie war ausgebildete Medizinerin und ich fühlte mich bei ihr in guten Händen. Sie beobachtete noch, wie ich einschlief, um das Haus dann zu verlassen.

Radcliffes und die Alter Egos der Föderation und ihrer betroffenen Verbündeten hatten das Dunkle Imperium erreicht. Aus Platzmangel an Bord des Breenschiffes hatte Radcliffe entschieden, sie telekinetisch vorauszuschicken. Dann war er selbst mit dem Schiff nachgekommen. Jetzt standen er und sie vor Sytania. „Nathaniel!“, begrüßte sie ihn, als sei er ein alter Freund. „Das hast du sehr gut gemacht.“ „Wer seid Ihr?“, fragte Radcliffe, der sie zwar aufgrund ihrer Kleidung und ihres Habitus als Prinzessin erkennen konnte, aber nicht genau wusste, wer die Unbekannte war, zu der es ihn gezogen hatte. Das konnte man ihm aber auch nicht verübeln, wenn man bedachte, dass er ein ahnungsloser Zivilist war. „Seid Ihr einer der Propheten?“, fragte er unbedarft. „Was?!“, lachte Sytania, der bei dem Gedanken, mit den Propheten verglichen zu werden, schier die Ekelpusteln ins Gesicht schossen. „Aber nein.“, sagte sie. „Ich bin Sytania! Ich bin die Kronprinzessin dieser Dimension, in der du dich jetzt befindest. Sie heißt das Dunkle Imperium. Aber du musst keinen Schreck bekommen. Hier sind zwar dunkle Mächte am Werk, aber das ist reine Interpretationssache. Es kommt immer darauf an, auf welcher Seite man steht. Oder findest du es etwa böse, dass ich dir die Möglichkeit gegeben habe, die Föderation von ihren Sünden rein zu waschen, oder gar dich von deiner Krankheit geheilt habe?!“ „Nein, Hoheit.“, sagte Radcliffe und machte eine unterwürfige Geste. „Da siehst du es.“, sagte Sytania. „Und jetzt mache ich dir noch ein weiteres Geschenk.“

Mit einem schwarzen Blitz beförderte sie alle Alter Egos hinfort. „Wo sind sie?“, fragte Radcliffe. „Versuch sie zu finden.“, sagte Sytania. „Wünsch dir einfach, dass du sie siehst.“

Das tat Radcliffe und fand sie tatsächlich wieder. Er sah, dass sie sich in einer Dimension befanden, die dem Universum der Föderation bis aufs Haar glich. „Ihr habt ihnen eine Heimat geschaffen.“, stellte er fest. „Ganz genau.“, sagte Sytania. „Und ich nenne sie das Antiuniversum. Sie sind die Antiföderation und du bist der Oberbefehlshaber der Antiföderation. Auch die Antinugura ist dir unterstellt. Sie muss und wird alles mit dir absprechen. Du wirst hier bei mir im Schloss wohnen und das gemeinsam mit deiner Familie, die du nachholen wirst. Ach, ich sollte dich vielleicht noch von diesen Wunden befreien.“ Damit heilte sie die Kratzer buchstäblich in einem Augenblick. „Vielen Dank.“, sagte Radcliffe und zog das Sprechgerät der Breen, das er sich tatsächlich angeeignet hatte, um wieder auf das Schiff zu beamen. Er war fest entschlossen, bei Sytanias Plänen mitzumachen. Er kannte sie ja leider nicht gut genug, um zu wissen, dass er dies lieber nicht getan hätte.

Zirell hatte nach dem Studium von Marons Erlebnissen wieder von seinem Geist abgelassen. „Viel hast du nicht sehen können.“, stellte sie fest. „Weil IDUSA uns rechtzeitig wieder an Bord geholt hat.“, antwortete der Demetaner. „Die Situation muss sie auch ziemlich irritiert haben.“ „Verständlich.“, bestätigte die Tindaranerin. „In ihrem Fall wäre ich das sicher auch.“ „Zumal dann, wenn meine Sensoren mir sagen würden, dass es sich offensichtlich bei dem fremden Eindringling um einen Terraner handelt, ich aber auf der anderen Seite feststellen muss, dass er imperianische Fähigkeiten hat.“, antwortete Maron. „Das klingt ja fast, als würdest du Verständnis für IDUSA aufbringen.“, lobte Zirell. „Lob den Tag besser nicht vor dem Abend.“, sagte Maron schuldbewusst. „Ich meine, das klappt leider nicht immer. Warum kann ich dir nicht sagen, aber ich werde mit Ishan darüber reden müssen. Ich glaube kaum, dass es eine organische Ursache gibt, aber vielleicht habe ich ja irgendwo ein verstecktes Kindheitstrauma.“ „Das Naheliegenste wäre Wolf 359.“, scherzte Zirell. „Das würde erklären, warum du künstlichen Intelligenzen keine freiheitlichen Rechte zugestehen kannst.“ „Für wie alt hältst du mich?!“, fragte der erste Offizier erstaunt. „Darf ich dich vielleicht daran erinnern, dass diese Sache über 800 Jahre zurückliegt und ich da noch gar nicht geboren war? Und meine Familie hat auch gar nichts damit zu tun gehabt. Demeta war damals noch nicht …“ „Entschuldige bitte!“, sagte Zirell langsam, aber energisch. „Ich habe ja nicht gedacht, dass dich der Umstand, dass du mit unserem Rechtssystem in der Hinsicht auf Kriegsfuß stehst, so stark beschämt, dass man noch nicht mal einen kleinen Scherz machen darf.“ „Ja, er beschämt mich, dieser Umstand.“, sagte Maron. „Weil es eigentlich nicht so sein sollte. Ich bin ausgebildeter Sternenflottenoffizier! Als ein Solcher sollte ich mich viel besser und leichter an fremde Kulturen anpassen können, findest du nicht?“ „Ich finde vor allem.“, setzte Zirell an. „Dass du dich viel zu sehr unter Druck setzt. Wie wäre es erst mal, wenn du damit aufhörst. Dann kommt der Rest sicher von ganz allein. Davon bin ich überzeugt!“ „Wenn du meinst.“, sagte der Demetaner mit skeptischem Blick. „Ja, das meine ich.“, sagte die Tindaranerin. „Und zwing mich nicht dazu, es dir zu befehlen! Falls das nichts bringt, kannst du ja immer noch zu Ishan gehen.“ „Also schön.“, sagte Maron und stand auf, um ihr Quartier in Richtung des Eigenen zu verlassen.

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