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Jaden war an diesem Morgen etwas später aufgestanden. Er hatte sich von den Morgennachrichten wecken lassen, in denen jetzt über ein Referendum gesprochen wurde, in dem die Regierung der Föderation darüber abstimmen sollte, ob den Tindaranern, wenn es einen Angriff durch Sytania geben sollte, geholfen werden sollte und wenn ja in welchem Umfang. Auch die Sternenflotte hatte die Truppenbewegungen jenseits der Weltraumwirbel beobachtet. Aber Huxley wusste ja schon etwas mehr Dank seines SITCH-Rufbeantworters, auf den seine Frau ihm eine Nachricht gesprochen hatte, in der es hieß, dass sie aus ermittlungstaktischen Gründen bei mir übernachten würde. Auch über die merkwürdigen Vorkommnisse hatte sie ihm kurz berichtet. Angesichts dieser Tatsachen fragte sich aber sogar Jaden, der sonst eigentlich nicht für seinen Scharfsinn bekannt war, ob das alles noch mit rechten Dingen zuging. „Hat die Regierung der Tindaraner den Arsch offen?!“, fluchte Jaden. Er hatte von Sedrin oft genug zu hören bekommen, was passieren könnte, würde man Sytania ohne Beweise so offen provozieren.

Er warf der Nachrichtensprecherin auf dem Bildschirm seines Sprechgerätes nur einen verächtlichen Blick zu und zischte: „Lady, Sie haben mir gerade so richtig schön den Tag versaut!“ Dann schaltete er das Gerät ab und ging aus dem Haus. Er musste unbedingt den Kopf frei bekommen und bei was ging das besser, als bei einem kleinen Spaziergang?

Sein Weg führte Jaden in Richtung Stadtpark. Hier würde er auch an der Statue vorbeikommen. Ihm fiel auf, dass rund um sie herum Kraftfeldemitter aufgebaut waren, damit niemand, der nicht befugt war, den Ort des Geschehens betreten und somit eventuelle Spuren unbrauchbar machen konnte. Ein metallener Würfel mit einem elektronischen weithin sichtbaren Hinweis darauf war auch in gebührender Entfernung aufgestellt. Jaden dachte sich, dass Malcovich das angeordnet haben musste.

Er wurde auf Caruso aufmerksam, der leichtpfotig in seine Richtung tänzelte. Wohin der Kater allerdings jetzt abbog, gefiel dem Terraner gar nicht! „Hey, Caruso!“, rief Jaden. „Bleib stehen! Wenn du weitergehst, kannst du dich verletzen! Bleib verdammt noch mal endlich stehen!“

Auch Jaden wandte sich jetzt in die Richtung, nachdem er gesehen hatte, das sein Rufen allein nichts bringen würde. Dann rannte er los und versuchte den Kater einzuholen. Gerade noch so konnte er ihn schließlich mit der linken Hand am Schwanz erwischen. Dann griff er mit der Rechten blitzschnell nach seinem Nackenfell. Offensichtlich verwirrt über diese Aktion gab Caruso ein Fauchen von sich. „Ich will dir doch nur helfen, verflucht!“, schimpfte Jaden. „Nun mach es mir nich’ schon schwerer, als es is’!“

Er hob das arme verwirrte Tier auf seinen Arm und ging mit ihm zu einer Bank, wo er sich setzte. Dann setzte er auch Caruso auf seinem Schoß ab. „Tut mir ja leid, mein Kleiner.“, sagte er dann. „Ich wollte dir nich’ wehtun. Aber da is’ ’n rotes Licht, das das gemacht hätte, wenn ich dich nich’ geholt hätte. Ich weiß, wo du hin willst. Der Platz auf der Schulter von der Statue, den findest du wohl echt dufte. Nur die Tante Kate, die möchte nich’, dass da jemand hingeht. Aber meine Frau, die Tante Sedrin, die hat gesagt, du warst von Anfang an dabei. Also gehörst du ja wohl dazu. Der Onkel Jaden weiß auch schon, wie er dich über das rote Licht kriegt, ohne dass es dich verletzt! Pass auf, Caruso. Gleich lernst du fliegen!“

Jaden legte den Kater über seine weit vor sich gestreckten Arme und stand auf. Dann spannte er jeden Muskel seiner Unterarme an. Jadens Absicht war es, seine Arme in dem Moment, wenn Caruso springen würde, wie einen Katapult wirken zu lassen und ihm noch etwas Schwung zu geben. Aber Caruso sah sich die Situation nur kurz von oben an und blieb dann stocksteif und mit vor Angst weit aufgerissenen Augen sitzen. Das Ganze war ihm gar nicht geheuer! „Na hopp!“, versuchte Jaden , ihn zu motivieren, denn ihm wurden langsam die Arme lahm. Er war es ja schließlich nicht gewohnt, für längere Zeit einen 7-Kilo-Kater auf seinen Unterarmen zu balancieren.

Über die Beobachtungssoftware, mit der Data von Zeit zu Zeit die Stromertour seines Katers überwachte, hatte der Androide von der misslichen Lage seines Haustiers Kenntnis erhalten und war sofort zum Ort des Geschehens geeilt. „Lass bitte sofort meinen Kater los!“, rief er Jaden freundlich aber bestimmt entgegen. Da Jaden und Data im Prinzip den gleichen Rang hatten, duzten sie sich auf Anregung des Terraners, seit sie sich kannten. Wortlos nickte Jaden und bückte sich in Richtung Grund. Erleichtert sprang Caruso von seinem Arm und lief in Richtung Data, um sich sofort mit einem jämmerlichen: „Maang!“, bei ihm zu beschweren. „Ist ja schon gut, Caruso.“, tröstete der Androide und strich seinem Haustier über das Fell. „Der Onkel Jaden hat es ja sicher nicht böse gemeint. Er ist nur ein wenig ungeschickt. Aber jetzt wird alles wieder gut. Lass dich mal untersuchen.“ Er scannte den Kater kurz mit den eigenen Augen. „Du scheinst in Ordnung zu sein.“, stellte er dann fest. „Du hast nur einen leichten Schrecken bekommen.“

Er nahm Caruso auf und ging mit ihm zu der Bank, auf der Jaden schon wartete, der wohl mit sich selbst gerade ziemlich haderte. „Immer mache ich alles verkehrt, ich Tollpatsch!“, seufzte er. „Mir is’ echt schleierhaft, wie ich’s unter diesen Umständen bis zum Commander der Sternenflotte gebracht hab’. Tut mir leid, Data. Aber lass ihn bloß nich’ zu dem Kraftfeld. Dabei wäre es sehr gut, wenn wir ein Bild mit ihm auf der Schulter der Statue hätten, das wir den Nachrichtenfutzis geben könnten. Das würde nämlich beweisen, dass Sytania hier nichts mit zu tun hat und …“ „Die Nachrichtenlage ist mir bekannt, Jaden.“, sagte Data. „Aber um Carusos Gesundheit willen wäre es auch unabhängig davon sehr wichtig, dass er einen alternativen Weg zu seinem neuen Lieblingsplatz kennt.“

Grübelnd sah sich Jaden um. Er hatte das Gefühl, dem Kater etwas zu schulden. „Er könnte über den Baum da.“, sagte er und zeigte bald auf eine dicke Eiche, die ganz in der Nähe stand. Einer ihrer Äste berührte sogar fast die Schulter der Statue. „Das ist korrekt.“, sagte der Androide ruhig, nachdem auch er den Baum in Augenschein genommen hatte. „Nur ist dieser Weg bedeutend länger. Wir müssen ihn also attraktiver für Caruso machen, als den kurzen Weg, um zu erreichen, dass er ihn zukünftig benutzt. Einer Katze kann man nicht etwas in gleicher Weise beibringen wie einem Hund, aber man kann, wenn man ein guter Verkäufer ist, ihr schon einiges im wahrsten Sinne des Wortes schmackhaft machen. Das sagt zumindest Allrounder Betsy Scott.“ „’n guter Verkäufer, he?!“, frotzelte Huxley. „Leider sind alle Ferengi, die ich kenne, gerade im Urlaub.“

Data ging nicht weiter auf den Spaß des Amerikaners ein. Statt dessen stapfte er entschlossen zum nächsten öffentlichen Replikator und replizierte einen mysteriösen Eimer, über dessen Inhalt Jaden erst dann Kenntnis erhielt, als er damit wieder zu ihm zurückkehrte. „Wie ich schon sagte.“, referierte Data. „Es stimmt, dass die meisten Katzen einen Preis haben. Glücklicherweise kenne ich den von Caruso. Mit Thunfisch ist er sehr gut zu bestechen.“

Er öffnete den Eimer und Jaden lachten viele glänzende Happen Thunfisch an. Auch Caruso begann laut zu schnurren und sich dafür zu interessieren, aber Data nahm seelenruhig einen Happen nach dem anderen und verteilte sie aufwärts in den vielen Spalten der Baumrinde. Einige warf er sogar zielsicher in Astgabeln. „Ich werd’ dir mal helfen.“, sagte Huxley, nahm sich einen Happen, blies die Wangen auf, holte aus und schmiss ihn mit angestrengtem Gesicht in Richtung des Baumes. Leider ließ aber seine Zielsicherheit sehr zu wünschen übrig, was zur Folge hatte, dass er statt im Baum mit einem lauten Platsch direkt mitten auf der Glatze der Statue landete. „Verdammter Mist!“, fluchte Huxley. „Voll daneben!“ „Das ist inkorrekt.“, meinte Data. „Wieso?“, fragte Jaden verwirrt. „Weil es gerade dein Stück Fisch sein wird, das Caruso das letzte Stück seines Weges weisen wird.“, erklärte der Androide. „Wenn du das so siehst.“, sagte Jaden genervt. Der Androide nickte nur sehr bestimmt.

Die Männer kehrten zur Bank zurück und betrachteten ihr Werk von dort. „Ich hoffe, die Nachbarn finden es nich’ all zu seltsam, dass neuerdings Thunfisch auf Bäumen wächst.“, frotzelte Jaden. „Wir sind in Little Federation.“, erklärte Data. „Seltsame Dinge sind hier an der Tagesordnung.“ „Ich hoff’ nur, dass meine Frau …“, sagte Jaden. „Ihre Frau wird davon nichts mitbekommen.“, sagte Data zuversichtlich. „Sie ist nämlich gar nicht auf der Erde. Ich sah ihren und den Start von Allrounder Betsy Scott mit deren privatem Schiff. Ich werde dies zwar jeden Morgen wiederholen müssen, bis Caruso es verinnerlicht hat, aber das wird, so denke ich zumindest, sehr schnell gehen. Er ist nämlich sehr intelligent. Ich denke, bis Agent Sedrin zurück ist, ist der ganze Spuk vorbei. Sie hatte übrigens einen Picknickkorb bei sich.“ „Was war das?!“, fragte Jaden irritiert. „Meine Frau verzimmert wahrscheinlich gerade unser Hochzeitspicknick heimlich still und leise irgendwo im Weltraum mit Allrounder Betsy Scott?!“ „Das ist sehr wahrscheinlich.“, sagte Data. Jaden gab zur Antwort nur einen geplätteten Seufzer von sich.

Caruso hatte die Blicke der Männer plötzlich wieder auf sich gezogen, denn er war an dem mit Thunfisch präparierten Baum tatsächlich hochgeklettert. Dann hatte er sich die Happen aus den Astgabeln auch noch schmecken lassen und balancierte nun auf dem Ast entlang, der ihn zu seinem Ziel brachte. Dort legte er sich über die Schulter von Sidars hinterlassenem Körper und tatzte sich, noch ganz in Jägermanier, das letzte Stück von dessen Kopf, bevor er es sich auch noch laut schmatzend einverleibte und dann laut schnurrend die Augen schloss. „Ich glaube, er hat’s kapiert.“, flapste Jaden. „Das denke ich auch.“, meinte Data und zog ein Sprechgerät, dessen Kamera er auf Caruso richtete und einige Bilder schoss. „Damit gehen wir jetzt erst mal zum Polizeigebäude und dann zur Zeitung.“, sagte Huxley. „Für den Rest von meinem Plan benötigen wir nämlich die Hilfe der Schwestern Malcovich. Ich hoffe, Kate und Karen werden ihren Teil dazu beitragen wollen, einen Krieg zu verhindern.“ „OK.“, sagte Data und folgte Jaden.

Sedrin und ich waren mit Lycira jenem Signal gefolgt, das sie auf die Spur Shimars gebracht hatte. „Wir scheinen uns wieder im Föderationsuniversum zu befinden.“, stellte die Agentin fest. „Das stimmt, Agent.“, sagte ich. „Anscheinend hat Shimar heute wieder hier Patrouille. Ist ja schließlich Montag.“ „Sie kennen seinen Dienstplan?“, fragte Sedrin erstaunt. „Ich weiß nur, wann er sich in unserer Dimension befindet.“, sagte ich. „Mehr nicht. Das ist aber alles zwischen Zirell und meinem Commander abgesprochen. Außerdem sind die Mediziner beider Stationen informiert, falls es zu Komplikationen wegen der Schutzverbindung kommt. Dann können sie viel schneller richtig reagieren und müssen nicht erst lange suchen.“ „Hat Shimar irgendeinen bewussten Einfluss auf diese Verbindung?“, wollte Sedrin wissen, der wohl längst klar war, dass ich, als Nicht-Telepathin, diesen wohl nicht haben konnte. „Nein, Madam.“, sagte ich. „Aber ich würde ihn sehen, wenn er in Gefahr wäre und er würde mich sehen. Dann könnte er mir direkt mit seinen Fähigkeiten helfen. Er bräuchte es nur zu wollen, egal wo ich bin. Aber das geht, wie gesagt, nur dann, wenn wir beide uns in derselben Dimension befinden, denn die Tindaraner können ja nicht …“ „Verstehe.“, fiel mir Sedrin ins Wort. Ich war sicher, dass ich sie mit diesen Daten wohl etwas langweilte, denn ich konnte mir denken, dass sie sich sicher auch schon einiges über die Tindaraner angelesen hatte. Deshalb vermied ich es auch, meinen Vortrag fortzusetzen und lenkte sie lieber wieder auf ein unverfängliches Thema: „Die Mäuse von Little Federation werden Ihnen sehr dankbar sein, Agent.“ „Wie kommen Sie darauf, Allrounder?!“, fragte Sedrin, die wohl über meinen plötzlichen Themenwechsel sehr überrascht war. „Sie haben Caruso doch eine Portion Futter auf Rechnung des Geheimdienstes spendiert.“, erklärte ich. „Das bedeutet, die Mäuse, die er statt dessen jagen würde, um seinen Hunger zu stillen, hätten noch etwas Gnadenfrist.“ „Ach so.“, lachte Sedrin. „Darüber habe ich ja noch gar nicht nachgedacht!“

Ich befahl Lycira, eine Schleife zu fliegen. „Wo ist er jetzt, Betsy?“, fragte Sedrin. „Das können Sie gleich selbst sehen, Agent.“, erwiderte ich und deutete auf die Mulden in der Konsole vor ihr. „Oh.“, sagte die Demetanerin. „Wie nachlässig von mir.“ Damit legte sie die Hände wieder in die Mulden. Dann sagte sie: „Ich bin bereit.“ „OK.“, entgegnete ich und sagte zu Lycira: „Zeig uns Shimars Position!“

Lycira ließ vor unseren geistigen Augen ein Bild erscheinen, wie Sedrin es von Sternenflottenbildschirmen kannte. Bei mir lief das ja, wenn ich auf der Granger meinen Dienst versah, alles etwas anders. „Das ist das Grenzgebiet zu den Genesianern.“, stellte Sedrin fest. „Stimmt.“, sagte ich. „Und Shimars Schiff ist genau vor uns.“ „Um so besser.“, grinste sie. „Dann mal los, Allrounder! Lassen Sie unsere kleine Operation Spieg’lein an der Wand starten!“ „Aye, Agent.“, erwiderte ich und gab Lycira die entsprechenden Instruktionen.

Shimar hatte mit einer anderen Sache inzwischen schwer zu kämpfen. Auch ihm war die Nachricht der Zusammenkunft zu Ohren gekommen. Da sie auf allen Frequenzen des tindaranischen Militärs abgespielt und an alle Rufzeichen geschickt worden war, nahm es nicht Wunder, dass auch er sie gehört hatte. „Das kann doch nicht wahr sein, IDUSA!“, sagte er und schlug die Hände über dem Kopf zusammen. „Die können doch nicht einfach so Sytania beschuldigen, ohne zumindest einen Beweis zu haben! Die hat doch jetzt jeden Grund, gegen uns einen Krieg zu beginnen!“ „Ganz Ihrer Ansicht, Shimar.“, sagte der Avatar von Shimars Schiff. „Aber ich verstehe nicht, warum Ihr Arbeitgeber und gleichzeitig mein Eigentümer so reagiert. Es gäbe da doch ein schlüssiges Argument, das Sytania entlastet. Die linguistische Ähnlichkeit zwischen der Sprache der Nidari-Travelers und dem Tindaranischen ist frappierend! Außerdem könnte doch jeder Telepath Sytania erkennen. Ich bin Technologie. Wenn sie lange genug übt, kann sie mich vielleicht täuschen. Aber Sie und Ihresgleichen …“ „Genau das ist der Grund, aus dem du das nicht verstehen kannst, IDUSA.“, sagte Shimar. „Und auch der Grund, warum du in diesem Fall auf das Urteil deines biologischen Piloten angewiesen bist. Die Zusammenkunft ist beleidigt. Das ist ein emotionaler Zustand, den du nicht nachvollziehen kannst. Es ist leider unmöglich, dagegen mit rationalen Argumenten anzukommen.“ „Soll das etwa bedeuten, ich muss akzeptieren, dass es aus total unlogischen Gründen demnächst einen Krieg gibt?!“, empörte sich IDUSA. Um ihrer eventuellen Verwirrung Nachdruck zu verleihen, sah ihre Programmierung eine solche Art zu reagieren durchaus vor. „Nein.“, beruhigte Shimar sie mit betont leiser Stimme. „Das musst du sicher nicht, weil es sicher auch genug biologische Wesen geben wird, die das genau so empfinden wie du und ich. Ich glaube nämlich auch mittlerweile an Betsys Argument und Sytania würde sich ja nur selbst ins eigene Fleisch schneiden, wenn sie so etwas versuchen würde. Das ist etwas, das sie nie riskieren würde. Die scheut das Risiko für sich selbst, wie der Teufel das Weihwasser. Nein nein! Das tut sie nicht!“

Er musste so viel Überzeugung in seine Stimme gelegt haben, obwohl er nur leise aber deutlich gesprochen hatte, dass sich die Gesichtszüge des Avatars vor seinem geistigen Auge, die bisher sehr angespannt gewirkt hatten, merklich entspannten. „Danke, Shimar.“, sagte IDUSA erleichtert. „Aber denken Sie wirklich, dass die Zusammenkunft irgendwann zu überzeugen ist? Nach Möglichkeit noch vor einem Kriegsausbruch bitte!“ „Ich denke, dass das keine Frage der Zeit, sondern nur eine des richtigen Arguments sein wird.“, sagte Shimar. „Ganz ehrlich, IDUSA! Im Augenblick benimmt sich die Zusammenkunft meiner Meinung nach wie ein kleines Kind, das schmollt. Aber solche Kinder hören auch irgendwann damit auf. Spätestens dann, wenn man Ihnen das Lieblingseis unter die Nase hält. Mit der Zusammenkunft ist es sicher ähnlich!“ „Shimar!“, erwiderte IDUSA verwundert. „Für so einen Ausspruch könnte man Sie degradieren, oder gar unehrenhaft aus dem tindaranischen Militär entlassen, wenn …“ „Wenn die von der Zusammenkunft das gehört hätten!“, entkräftete Shimar ihre Sorgen. „Aber das lag ja wohl ganz bei dir und ich vermute, du hattest auch kein Interesse daran, dass man uns trennt.“ „Oh nein!“, versicherte IDUSA. „Das bleibt also unter uns. Ich bin Ihr Schiff und was Sie mir sagen, bleibt erst mal unter uns, außer Sie befehlen mir etwas anderes, oder Sie tun etwas, das mit den tindaranischen Gesetzen nicht vereinbar ist. Aber seine persönliche Meinung gegenüber dem eigenen Schiff zu äußern ist meines Wissens kein Verbrechen. Und so lange Sie das nicht gerade der Zusammenkunft direkt um die Ohren hauen, begehen Sie ja auch keinen Bruch der Disziplin.“ „Ich werde mich hüten!“, sagte Shimar. „Ich weiß ja schließlich, was ich tue!“ „Davon gehe ich aus.“, sagte IDUSA. „Deshalb bin ich auch jederzeit bereit, Ihrem Urteil in dieser oder ähnlichen Situationen zu folgen und das nicht nur, weil mir die Lex Technologica das befiehlt, sondern auch, weil ich selbst aus eigenen Erfahrungen heraus gelernt habe, dass es in 90 % der Fälle für mich vorteilhaft war. Sie, als Organischer, kennen sich eindeutig mit emotionalen Situationen besser aus. Es wird schon gut gehen.“ „Oh ja.“, sagte Shimar. „Und falls nicht, dann laufen wir beide eben über nach Vulkan!“ Der Avatar lächelte. Sie konnte sich denken, dass er mit seinem letzten Satz einen Scherz gemacht hatte, um die Situation aufzulockern.

Auf meinen Befehl hin hatte Lycira damit begonnen, jedes Manöver, das Shimar und IDUSA flogen, zu spiegeln. Das bedeutete zum Beispiel, dass wir, wenn Shimar nach rechts flog, nach links flogen. Gab er IDUSA den Befehl zu steigen, sanken wir und dies genau vor ihrer Nase, beziehungsweise ihren Sensoren. Das war ein Umstand, der für IDUSA zunächst sehr unverständlich war. Deshalb wendete sie sich auch gleich wieder an ihren biologischen Piloten: „Shimar, ich sehe das Schiff Ihrer Freundin, aber ich verstehe nicht, was sie da eigentlich tut. Fliegen wir nach rechts, fliegt sie nach links. Steigen wir, dann sinkt sie. Was kann das heißen?“ „Zeig es mir!“, befahl Shimar. „Sofort, Shimar.“, sagte IDUSA und stellte ihm die Bilder auf den Neurokoppler.

Was er sah, entlockte Shimar ein fieses schadenfrohes Grinsen. „Ich weiß ganz genau, was sie vorhat, denke ich, IDUSA.“, grinste er ihr breit entgegen. „Sie sagen, Sie denken, dass Sie es ganz genau wissen, Shimar.“, vergewisserte sich das Schiff. „Aber Sie sind sich nicht ganz sicher.“ „Das stimmt.“, sagte der junge Tindaraner. „Und deshalb wirst du sie jetzt rufen und sie direkt mit mir verbinden.“ „Wie Sie wünschen.“, sagte der Avatar des tindaranischen Aufklärungsschiffes. „Allerdings gibt es da einen Datenkonflikt zwischen Ihrem Befehl und den Protokollen.“ „Was meinst du damit?“, fragte Shimar. „Sie ist nicht allein.“, sagte IDUSA und stellte ihm die Bilder aus dem Inneren des Cockpits meines Schiffes durch. „Wie Sie sehen.“, referierte sie. „Befindet sich bei Ihrer Freundin eine Demetanerin, die im Rang eines Agent steht. Sie ist zweifelsfrei ranghöher als Ihre Freundin und somit wohl die kommandierende Offizierin auf dieser Mission. Die Protokolle verlangen in so einem Fall doch eindeutig, zuerst mit ihr zu verbinden.“ „Eine Demetanerin im Rang eines Agent?“, wunderte sich Shimar. „Dann hat sich Agent Mikel aber sehr verändert.“ „Sie belieben zu scherzen, nicht wahr?“, fragte IDUSA irritiert. „Das ist richtig, IDUSA.“, bestätigte der tindaranische Pilot. „Aber ich habe schon meine Gründe, heute mal die Protokolle zu umgehen. Hast du nicht gerade selbst gesagt, dass du dich in dieser Situation, die für dich sehr unverständlich, weil nicht rational, ist, meiner Führung vollständig anvertrauen wirst?“ „Meine internen Aufzeichnungen bestätigen das.“, sagte das Schiff. „Ich werde also tun, was Sie verlangt haben.“ Damit sprach sie Lyciras Rufzeichen an.

Betsy, wir werden gerufen., hörte ich Lyciras telepathische Stimme. „Wer ist es, Lycira?“, fragte ich. Es ist das Schiff deines Freundes., erklärte mein Schiff. Ich denke, sie soll von ihm aus mit uns reden und uns vielleicht auch direkt mit ihm verbinden. Ich glaube, Sedrins Plan könnte funktionieren. Verwundert über unsere Aktion ist er sicher bereits. „Das kann ich nur bestätigen, Lycira.“, sagte ich. „Dann stell mal durch.“

Ich lehnte mich gelassen zurück, um einen entspannten Eindruck zu hinterlassen. Shimar und IDUSA sollten den Eindruck bekommen, wir hätten alle Zeit der Welt, wären uns nicht bewusst, etwas Merkwürdiges zu tun und dächten gar nicht daran, unser Vorhaben aufzugeben. Dann drehte ich mich kurz grinsend in Richtung Sedrin. „Was ist los?“, fragte sie. „Er wird neugierig!“, sagte ich fest. „Das ist los, Agent. Er will mit mir reden. Ich bin sicher, er will mich fragen, was wir hier tun.“

Sie drehte sich zu mir um und dann spürte ich, wie ihre Lippen mich am rechten Ohr berührten, in das sie in ihrer immer etwas doppelzüngigen Art begann, unentwegt Instruktionen auf Demetanisch zu zischen. Da ich, als ausgebildete Kommunikationsoffizierin, ja die gängigsten Floskeln in den am meisten benutzten Sprachen der Föderation ohnehin drauf haben musste und ich eigenständig später meine Kenntnisse des Demetanischen vertieft hatte, war mir bald klar, was sie von mir wollte. Also nickte ich ihre Befehle nur mit: „Te, Sea.“, was soviel wie: „Ja, Madam.“, hieß, ab und führte sie aus.

Shimar hatte mein merkwürdiges Verhalten durchaus mitbekommen. „Du bist heute rätselhafter, als die Sphinx, Kleines.“, sagte er, nachdem ich zwar in unserem Gespräch einige Andeutungen gemacht hatte, aber nie wirklich so ganz mit der Sprache herausgerückt war. „Wenn du mir endlich sagen würdest, was dieses Verhalten soll, dann wäre es sicher für uns alle bedeutend leichter.“

Ich aber ging nicht auf seine Äußerung ein. Auf Sedrins Anordnung hin befahl ich Lycira sogar, IDUSAs Manöver noch stärker zu spiegeln. „Was zur Hölle treibst du da, Kleines?!“, ließ sich Shimars Stimme jetzt auch ziemlich empört vernehmen. „Warum spielst du mit Lycira Spiegelbild für IDUSA und mich. Wem willst du den Spiegel vorhalten?!“

Sedrin wandte sich wieder meinem Ohr zu und flüsterte etwas hinein. Dann sagte ich zu Shimar: „Das krieg’ du mal schön selbst raus!“, bevor ich die Verbindung ohne weiteren Kommentar beendete. „Wir beide wissen.“, sagte Sedrin. „Dass er nie ohne Ihr Einverständnis in Ihren Geist eindringen und sich die Information auf diesem Wege besorgen würde.“ „Korrekt, Agent.“, sagte ich. „Das würde mein Vertrauen in ihn und die Telepathie, das er in mir so mühsam aufgebaut hat, wahrscheinlich für immer zerstören. Das riskiert er sicher nicht.“ „Ein solcher Vertrauensbruch würde sicher auch das Ende Ihrer Beziehung bedeuten.“, sagte die Agentin mit konspirativem Unterton. „Das ist etwas, das er bestimmt auch nicht will.“ Ich nickte grinsend und erwiderte: „Genau aus diesem Grund wird er es vorziehen, die eigenen kleinen grauen Zellen etwas mehr anzustrengen.“

Sie gab einen Laut des Gefallens von sich, grinste hörbar und stand auf. Dann drehte sie sich in Richtung der Tür, die sie in Lyciras Achterkabine führte. Diese durchquerte sie, um dann wenig später mit etwas aus dem Frachtraum zurückzukehren. Das seltsame Knarren des Gegenstandes in ihrer Hand erkannte ich sofort. „Sie haben den Picknickkorb bei sich.“, vermutete ich. „Korrekt.“, grinste Sedrin und stellte ihn neben sich ab. „Es ist nämlich langsam Zeit für Phase zwei unseres Plans, mit der wir noch unterstreichen werden, wie viel Zeit wir haben und dass wir keineswegs vorhaben, unser Vorhaben zu beenden. Es ist ja so gemütlich hier in Shimars Nähe. Benötigt Lycira Ihre Hilfe bei diesen Manövern?“ Sag ihr bitte, das kann ich auch allein, Betsy., hörte ich Lyciras Stimme in meinem Geist. Ich sehe ja IDUSA und kann sie daher sehr gut allein spiegeln. Aber Sedrin und du, ihr solltet mit dem Picknickkorb in den Frachtraum gehen. Da habe ich mit Hilfe der Umweltkontrollen schon etwas vorbereitet. Schließlich will ich ja alles tun, um euch zweien bei der Ausführung des Plans zu helfen, was ich kann. Nicht nur tindaranische Schiffe sind loyal gegenüber ihren Piloten.

Sedrin hatte bemerkt, dass ich etwas abwesend war. Sie hatte aber schnell geschlossen, dass dies auf eine Kommunikation zwischen Lycira und mir zurückzuführen war. „Was will sie, Allrounder?“, fragte sie. „Lycira sagt.“, übersetzte ich. „Dass wir mit dem Picknickkorb in den Frachtraum gehen sollten. Sie habe dort schon etwas vorbereitet. Sie kommt allein klar mit den Manövern.“ „Also gut.“, sagte Sedrin. „Dann tun wir das mal. Ich denke, sie mag keine Krümel auf den Instrumenten.“ „Davon gehe ich auch aus, Agentin mit Scherz.“, grinste ich, während ich mich bei ihr, die den Korb mit der Rechten aufgenommen hatte, an der linken unterhakte und ihr dann grinsend durch die Achterkabine in den Frachtraum folgte.

Lycira hatte definitiv nicht übertrieben, was Sedrin und ich bald zu sehen bekommen sollten. Mir war nämlich sofort die Veränderung der Umgebung aufgefallen, als mein Schiff uns die Tür geöffnet hatte. Hier war mir gleich der Duft von Wiesenblumen in die Nase gestiegen. Außerdem hatte die Luft eine angenehme Temperatur, die ich auf mollige 25 ° schätzte. Unter unseren Füßen schien sich tatsächlich Rasen zu befinden. Mir war allerdings schleierhaft, wie Lycira dies angestellt hatte.

Sedrin führte mich eine Weile herum. Dann blieb sie stehen und zog mich hinab Richtung Boden. Dabei flüsterte sie: „Fühlen Sie mal. Das muss echter Rasen sein! Aber wie um Mutter Schicksals Willen hat Lycira …“ „Das wüsste ich auch gern, Madam.“, sagte ich, die ich mir den Rasen inzwischen auch genauer angesehen, beziehungsweise betastet, hatte. Nichts, aber auch rein gar nichts, wies darauf hin, dass er irgendwie künstlicher Natur war, außer vielleicht der Umstand, dass Lycira ihn repliziert haben musste. Aber das Fach ihres Replikators war definitiv nicht groß genug, um eine solche Menge Rasen zu fassen. Auch die Bäume, die rings umher standen, passten dort nicht hinein. Wie also hatte sie das angestellt?

Ich bat Sedrin, die mich mitten im Raum stehen gelassen hatte und sich jetzt mit dem Picknickkorb beschäftigte, mich zu einer Wand zu führen. Normalerweise kannte ich mich hier am besten aus, die Umweltveränderungen hatten aber ihr Übriges zu meiner Orientierungslosigkeit beigetragen. Sofort kam die Agentin meiner Bitte nach, beobachtete aber genau, was ich dann an der Wand tat, um es mir gleich zu tun. Ich legte nämlich meine Hände in zwei der kreisrunden weichen Flecken an der Wand, die jeweils paarweise angeordnet waren. Dann fragte ich gleichzeitig laut und in Gedanken: „Lycira, wie hast du das gemacht? Wie hast du die Umgebung so naturgetreu verändern können, dass man glatt vergessen könnte, an Bord eines Raumschiffes zu sein?! Sedrin fragt sich übrigens dass Gleiche.“ Das ist ganz einfach, Betsy und Sedrin., hörten wir ihre telepathische Stimme zur Antwort. Man benötigt nur einen Replikator, einen Transporter, ein Netzwerk dazwischen und etwas künstliche Intelligenz. Ich habe alles, was ihr hier seht, zuerst in Teilen repliziert und es dann in die Puffer meines Transporters gebeamt. Dort habe ich die Profile dann so zusammengesetzt, dass es, wo es nötig war, zum Beispiel bei einem Baum, ein Ganzes ergab. Die klimatischen Bedingungen anzupassen, war ein Leichtes für mich. Oh, ich habe ja noch etwas vergessen. Sie ließ aus einem der Bordlautsprecher Vogelgezwitscher ertönen. „Lycira!“, staunte Sedrin. „Also wirklich!“

Die etwas perplexe Demetanerin nahm mich wieder bei der Hand und führte mich zu dem Fleckchen zurück, an dem sie den Picknickkorb abgestellt hatte. Dann zog sie etwas heraus, das ziemlich groß sein musste. Es handelte sich offensichtlich um eine Tasche, die sie vorher mit dem Deckel des Korbes verschnürt haben musste, um sie besser transportieren zu können. An dieser öffnete sie jetzt mit lautem: „Sipp!“, einen Reißverschluss und drehte die Tasche auf links. Dabei stellte sich heraus, dass es keine Tasche, sondern eine nur als solche getarnte Decke war. „Kann ich Ihnen helfen, Agent?“, fragte ich. „Wenn Sie wollen.“, deutete sie an und ich hörte gut ein verspieltes Grinsen in ihrer Stimme. Dann schnappte ich mir ein Ende der jetzt links vor mir liegenden Decke und zog es vorsichtig in meine Richtung. Dabei fiel mir auf, wie weich sie war, was mir unfreiwillig einen quietschenden Laut entlockte. „Oh.“, sagte ich peinlich berührt. „Bitte entschuldigen Sie meinen Ausbruch, Agent.“ „Ich möchte wirklich mal wissen, was es da zu entschuldigen gibt, Allrounder.“, sagte sie verwundert. „Ich habe insgeheim mit Ihrer Reaktion gerechnet, ja sie sogar mit Absicht provozieren wollen. Ich weiß ja, wie gern Sie weiche Sachen mögen. Alles andere hätte mich auch schwer gewundert.“ „So eine sind Sie also.“, sagte ich und grinste schelmisch. „Ja.“, sagte Sedrin mit einem Lächeln. „So eine bin ich.“

Wir breiteten die Decke aus. „Sie ist aus Tribblewolle!“, erklärte Sedrin stolz. „Das Weichste, was es zur Zeit auf dem Deckenmarkt gibt. Zumindest die Seite, auf der wir sitzen werden. Die andere, die auf dem Untergrund liegt, ist aus Schmutz abweisendem Kunststoff. Sie bildet auch die Außenseite der Tasche.“ „Interessant.“, sagte ich. „Aber Sie konnten ja nicht ahnen, dass ich …“ „Sicher nicht.“, sagte Sedrin. „Aber mein Mann und ich haben es auch gern weich.“

Sie begann damit, das Geschirr aus dem Korb zu holen und gab mir einen Teller und ein Glas. Dann sagte sie noch: „Hier ist noch Ihr Besteck.“, gab es mir und verteilte auch den Inhalt diverser Dosen und Flaschen. Dabei fiel mir auf, dass sie die Käsespieße, von denen sie mir eine großzügige Menge auf den Teller häufte, teilweise mit den eigenen Händen sezierte. „Ich weiß ja, dass Sie keinen Speck mögen.“, sagte sie mit viel Konzentration in der Stimme. „Jadens wegen aber hatte ich zuerst welche mit Speck repliziert. Wir haben zwar auch welche ohne Fleisch, aber das ist nur die Hälfte von dem, was da ist. Das wäre reichlich wenig zum Teilen.“ „Warum machen Sie sich die Mühe?“, fragte ich verwundert. „Wäre es nicht einfacher, alles, was Speck enthält, der Materierückgewinnung zu überantworten und etwas Neues ohne Speck zu replizieren?“ „Das stimmt schon.“, sagte sie. „Bei den Sachen, bei denen es nicht anders geht, mache ich das auch. Aber die Sache mit den Spießen betrachten Sie bitte als kleines Dankeschön dafür, dass ich mit Ihrem Schiff mitfliegen darf.“ „Also gut, Agent.“, sagte ich und sah ihr weiter beim Fisseln zu.

Wenig später landete etwas mit einem lauten Flatsch in der Mitte meines Tellers. Es war eine lecker mit demetanischem Gemüse und terranischem Schafskäse gefüllte Teigtasche, wie ich sie sehr gern mochte. Das Rezept musste Sedrins Eigenkreation sein. Dann bekam ich noch einige Löffel demetanischen Nudelsalates, dessen Hauptbestandteil, flache gefüllte Nudeln, mit gewolftem Krabbenfleisch oder Geflügel gefüllt waren. Das Dressing hatte seinen Geschmack durch Krauskresse erhalten, eine dem Knoblauch sehr ähnliche und auf Demeta beheimatete krausblättrige und sehr aromatische Pflanze.

Sedrin verteilte noch die Getränke. Dabei fiel mir auf, dass es sich um Milchgetränke und Fruchtsäfte handelte. „Ich bin sicher, Sie hätten jetzt Sekt erwartet.“, nahm sie meine Frage vorweg. „Aber das wäre in beiden Fällen nicht gut gewesen. Bei mir wegen der Kohlensäure und Jaden wäre dann nicht mehr in der Lage gewesen, den Jeep zu lenken und ich sicher auch nicht, weil ich mich wegen des Alkohols alle paar Meter hätte erleichtern müssen. Sie wissen ja, dass es einen durchschlagenden Erfolg gibt, wenn Demetaner Alkohol trinken.“ „Oh ja.“, sagte ich mit mitleidigem Ton.

Sie bediente sich selbst und setzte sich dann mir gegenüber hin. „Mir ist aufgefallen.“, bemerkte ich nach einer Weile, die wir mit Essen verbracht hatten. „Dass Sie gesagt haben, das Essen sei repliziert. Was ist mit Ihrer Krankheit?“ „Cupernica sagt, die habe ich nicht mehr seit einer künstlich herbeigeführten Discrapula zwischen Allrounder Illiane St. John und mir.“, antwortete Sedrin. „Sie ist nur nicht sicher, was dabei eigentlich genau passiert ist. Sie denkt, dass irgendeine Reaktion meiner Biochemie das Gen, das eigentlich dafür verantwortlich ist, dass mein Körper ein Enzym produziert, um repliziertes Essen verdauen zu können, aufgeweckt hat. Illiane sollte mich eigentlich nur stabilisieren, damit ich die Situation, in der ich damals war, überlebte und das hat sie getan! Oh ja!“

Ihr war aufgefallen, dass ich mein Essen kaum angerührt hatte. Tatsächlich hatte ich Gewissensbisse, denn das Picknick war ja eigentlich nicht für mich gedacht gewesen. „Wenn Sie mir nicht auf der Stelle helfen, diese Köstlichkeiten hier zu vernichten!“, startete sie einen Versuch, mich doch noch dazu zu bewegen. „Dann platze ich auf der Stelle und ich glaube kaum, dass weder Sie noch Lycira eine derartige Schweinerei tolerieren würden! Es ist nicht schlimm! Mein Mann wird es schon verschmerzen!“ „Also gut.“, sagte ich erleichtert und biss in meine Teigtasche, die ich inzwischen in die Hand genommen hatte. Vor Sedrin brauchte ich mich nicht zu genieren. Das wusste ich.

Auf Shimars Befehl hin hatte IDUSA uns weiterhin unter Beobachtung gehalten. Der Ehrgeiz hatte den jungen Piloten gepackt! Auch wenn er dafür von seiner eigentlichen Patrouillenroute abweichen musste, wollte er unbedingt das Rätsel lösen, das Sedrin und ich ihm und IDUSA gemeinsam mit Lycira gestellt hatten. Zirell, seine Basiskommandantin, würde das schon verstehen. „Ich finde das Verhalten des Allrounders und des demetanischen Agents in ihrer Begleitung höchst merkwürdig, Shimar.“, erklärte das Schiff. „Ganz deiner Meinung, IDUSA.“, pflichtete ihr der junge Tindaraner bei. „Das ist sicher keine der bekannten Sternenflottenstrategien. Was tun sie jetzt? Zeig es mir!“

IDUSA brachte das Bild vor Shimars geistigem Auge, das er über den Neurokoppler wahrnahm, auf den aktuellen Stand. Jetzt sah er, dass wir es uns in Lyciras Heck richtig gemütlich gemacht hatten, sie aber immer noch jedes Manöver von IDUSA spiegelte. „Na, die haben ja wohl alle Zeit der Welt.“, lachte Shimar flapsig. „Was weißt du über diesen Agent, IDUSA? Ich meine, wenn sie die Befehlsgewalt über diese Mission hat, müssen wir sie sicher einordnen können. Ich glaube, ich habe ihr Gesicht schon einmal gesehen. Ich komme bloß gerade nicht drauf.“ „Ich bin sicher, dass Sie das Gesicht des Agent kennen, Shimar.“, sagte der Schiffsavatar. „Es handelt sich schließlich um Agent Sedrin Taleris-Huxley. Sie war sogar einmal Commander Zirells erste Offizierin und da haben Sie sie bestimmt schon einmal gesehen. Spätestens bei den Dienstbesprechungen.“ „Ach ja.“, erinnerte sich Shimar und biss die Zähne aufeinander. Außerdem verzog er das Gesicht fast schmerzlich. „Was haben Sie gegen Agent Sedrin?“, fragte IDUSA irritiert ob seines Verhaltens. „Sie ist nicht unsere Feindin. Im Gegenteil. Sie hat damals bewiesen, dass sie zwar sehr hinterlistige, aber im Grunde doch sehr effiziente Vorschläge machen kann, wenn es darum geht, sich gegen unsere Feinde zu verteidigen. Das Faszinierendste an diesen Vorschlägen war, soweit ich mich erinnere, dass sie trotz ihrer Hinterlist nicht von den moralischen Grundsätzen der Tindaraner oder der Föderation abgewichen sind. Nein! Sie waren sogar sehr konform damit.“ „Sicher konformer als die Verzweiflungstat eines gewissen Sternenflottenkommandanten vor ca. 800 Jahren.“, sagte Shimar, dem die Sache, wegen der Sytania die Föderation zuletzt sehr gut im Griff hatte, immer noch sehr sauer aufstieß.

„Wir sollten nicht abschweifen.“, schlug IDUSA vor. „Immerhin haben wir eine Aufklärungsmission zu erfüllen. Wir haben zwar noch nicht das offizielle OK, aber das könnte sich ändern, wenn ich Sie direkt mit Commander Zirell verbinden würde und wir ihr die Daten direkt geben, die wir erhalten.“ „Also gut.“, sagte Shimar. „Tu das!“

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