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Hinweise zur Geschichte:

Teil 4 der Mini-Serie "Maruk - Der fuchsrote Wolf"

Hinweise zum Kapitel:

keine

 

 

Noch Wochen lang sprachen die Johnsons voller Stolz von Maruks Tat. Nie hätte jemand von ihnen gedacht, dass der rote Wolf einmal so was tun würde. Für die Ranger und seiner Familie stand fest, dass Maruk ein ganz besonderer Wolf war…..

Inzwischen war der Herbst dem kalten Winter gewichen und es fiel sehr viel Schnee. Eisiger Wind pfiff durch das Unterholz. Viele Tiere haben sich zum Winterschlaf zurückgezogen. Der Schnee hatte alles bedeckt und es wurde für die Tiere immer schwieriger, etwas Fressbares zu finden. Die Karibuherden mussten weitere Strecken als im Sommer zurücklegen, um noch Nahrung zu finden. Die Jäger folgten ihnen beharrlich…..

Wie Diamanten funkelten die Sterne am nächtlichen Firmament. Der Vollmond erhellte die weiße Landschaft. Der Schnee reflektierte das Mondlicht und ließ die Dunkelheit der Nacht weiter zurückweichen. Deutlich konnte man die dunklen Schemen von mehreren größeren Tieren erkennen, die durch den Wald streiften. Leise knirschte der Schnee unter ihren Pfoten, als das hungrige Wolfsrudel auf der Suche nach Beute über eine kleine Lichtung wieder in den dichten Wald liefen. Lautlos rieselten Schneeflocken vom grauen Himmel. Zweige knackten, als sie durch das dichte Unterholz wanderten und die Lichtung bereits wieder hinter sich ließen. Immer wieder schnüffelten die Tiere an kahlen Bäumen, Sträuchern und Büschen. Schon seit einigen Tagen folgten die Wölfe einer Fährte, die von einer Herde Karibus stammte. Irritiert blieben die grauen Hetzjäger an einem See stehen, an der die Fährte abrupt endete. Schnüffelnd reckte die Alphawölfin ihren Kopf in die Höhe, als sie eine neue Witterung aufnahm. Ihre Gefährten taten es ihr gleich und reckten ebenfalls schnuppernd ihre Köpfe. Wachsam hatte die alte Leitwölfin ihre Ohren nach vorne gerichtet und lauschte. Das Rudel wurde unruhig, als die Wölfin mehrmals am See auf und ab ging. Irgendetwas beunruhigte sie und ihre Gefährten…..

Wenig später kehrte das Rudel wieder in den dichten Wald zurück. Nach einigen Minuten hatte das Leittier das Rudel auf einen kleinen Hügel geführt. Auf der höchsten Ebene des Hügels blieb die Alphawölfin im hellen Mondlicht stehen, legte ihren Kopf in den Nacken und begann zu heulen. Die anderen Rudelmitglieder stimmten in das Geheul ihres Leittieres ein, das kilometerweit zu hören war…..

Wachsam hob Maruk seinen Kopf und blickte zum Fenster hinüber, durch dem das fahle Mondlicht hereinschien. Fast lautlos stand er auf und lief durch das dunkle Zimmer. Direkt unter dem Fenstersims blieb der fuchsrote Wolfsrüde stehen und lauschte. Deutlich könnte er das Geheul seiner Artgenossen hören. Unruhe erfasste ihn. Maruk fühlte, wie er von einer nie zuvor da gewesenen Sehnsucht nach seinesgleichen ergriffen wurde. Seine Unruhe wuchs und er begann in Kathryns Zimmer, wie ein Löwe in seinem Käfig, auf und ab zu laufen. An der Tür sprang er hoch und versuchte die Klinke nach unten zu ziehen, was ihm nicht sofort gelang. Als die Tür weit genug geöffnet war, schob er sie mit seiner Schnauze zur Seite und drängte sich durch den breiter werdenden Spalt in den Flur.

Rasch ließ Maruk die Treppe hinter sich und lief direkt zur Haustür. Doch diese war verschlossen. Aufmerksam lauschend stand er vor ihr und blickte an ihr hoch. „Maruk?”, flüsterte Kathryn müde über das Treppengeländer nach unten, „Was machst du denn schon wieder da unten? Komm zu mir!” Der Wolf wandte sich wieder von der verschlossenen Haustür ab und lief zur Treppe. Vor den Stufen blieb Maruk stehen und blickte nach oben zu Kathryn, die immer noch an dem Geländer stand und auf ihn wartete. Das Mädchen rief ihn ein zweites Mal, aber der Wolf blieb weiterhin unschlüssig an der Treppe stehen. Als auch der dritte Ruf nichts half, ging das zierliche Mädchen nach unten. Als sie die letzte Stufe hinter sich gelassen hatte, kniete sie vor Maruk nieder und begann ihn zu streicheln. „Was hast du denn, Maruk?”, fragte sie besorgt, „Kannst du schon wieder nicht schlafen?” Der Wolf blickte erneut zur Haustür. Kathryn schaute in dieselbe Richtung und begann zu lauschen. Aber sie konnte nichts hören. „Ist da draußen was?”, fragte das kleine Mädchen, „Hast du vielleicht was gehört?” Maruk sah sie wieder an und leckte ihr Gesicht, woraufhin Kathryn leise kichern musste und den Wolf in ihre Arme nahm. Die Liebkosungen der Tochter des Rangers beruhigte ihn wieder nach einigen Minuten. Kathryn stand wieder auf und ging die Stufen wieder nach oben. Wenig später folgte er dem Mädchen die Treppe hinauf in ihr Zimmer. Nachdem Kathryn sich wieder hingelegt hatte, legte sich Maruk direkt vor das Bett hin und schlief genauso rasch ein wie das Mädchen…..

Am nächsten Morgen berichtete Kathryn ihren Eltern, dass Maruk in der vergangenen Nacht wieder im Haus herumgegeisterte. Henry war davon überzeugt, dass der fuchsrote Wolfsrüde wegen der Wölfe im Naturschutzreservat aufgeregt sei. „Immerhin betrachtet Maruk unseren Distrikt als sein Territorium.”, fügte der Ranger fachmännisch seiner Erklärung hinzu, „Und das Wolfrudel, das nach dem Waldbrand in unser Naturschutzreservat kam, jagt jetzt natürlich in Maruks Revier.” Nachdenklich sah das Mädchen den roten Wolf an, der sich die ganze Zeit von ihr hinter den Ohren kraulen ließ…..

In den darauf folgenden Tagen und Nächten wurde Maruk immer unruhiger. Die Sehnsucht nach seinen Artgenossen, die den roten Wolf gepackt hatte, wurde immer stärker. Hilflos musste Kathryn mit ansehen, wie das große Tier Nacht für Nacht durch das Haus der Johnsons geisterte und immer wieder an der Haustür stehen blieb. In dieser Zeit begann er im Haus auch zu heulen. Nach einer Woche entschied Henry den roten Wolf nachts draußen schlafen zu lassen. Doch dazu sollte es gar nicht mehr kommen…..

Am Nachmittag saß Kathryn zusammen mit Maruk auf der Veranda und bürstete ausgiebig sein Fell. Haarbüschel des Wolfes verteilte der schwache Wind auf dem Hof. Maruk hielt währenddessen still und lauschte aufmerksam. Zwischenzeitlich reckte er seinen Kopf in die Höhe und schnüffelte. Plötzlich horchte er auf. Auch Kathryn sah in die Richtung, aus der Maruk das Rascheln gehört hatte. Das Herz des Wolfes begann zu pochen und er wurde unruhig. Das Mädchen griff nach dem Halsband, als der Wolf plötzlich lospreschte. „Maruk!”, rief das überraschte Mädchen noch hinter ihm her, „Komm zurück. Wir sind noch nicht fertig!” Doch es war schon zu spät. Maruk war bereits im Dickicht verschwunden…..

Am Abend erzählte Kathryn ihrem Vater, dass der rote Wolf weglief. Er nickte verständnisvoll. „Das habe ich geahnt.”, sagte er zu seiner Familie, „Maruk sucht jetzt bestimmt seine Artgenossen.” Das Mädchen sah ihren Vater traurig an. „Heißt das etwa, dass er nie mehr zurückkommen wird?”, wollte sie wissen. „Ehrlich gesagt, weiß ich das nicht.”, antwortete er etwas unsicher, „Aber ich denke schon. Ganz genau kann ich dir das auch nicht sagen, mein liebes Mädchen.” „Aber wir sind doch sein Rudel!”, protestierte die Vierzehnjährige, „Oder liege ich da falsch, Daddy?” Der Vater schüttelte den Kopf. „Natürlich sind wir sein Rudel.”, antwortete er und nahm seine Tochter in die Arme, „Aber wir sind nicht Maruks Artgenossen. Wir sind keine Wölfe.” Fragend blickte Kathryn den Ranger an. „Okay, ich werde es dir erklären, Mädel.”, sagte er lächelnd. Mit diesen Worten führte er Kathryn ins Wohnzimmer und nahm auf dem Sofa Platz. Das Mädchen setzte sich neben ihren Vater und begann aufmerksam seinen Erläuterungen zu lauschen…..

Stundenlang durchstreifte Maruk den Wald. Die Fährte, die bis an das Grundstück der Johnsons führte, endete an einem Fluss, der bereits zugefroren war. Unschlüssig blieb der rote Wolf am Ufer stehen. Sein Instinkt warnte ihn davor, das Eis zu betreten. Als er in der Ferne wieder dass Geheul seiner Artgenossen vernahm, trieb ihn die Sehnsucht vorwärts. Kurz darauf hatte Maruk das Eis betreten. In der Mitte des Flusses begann das Eis unter seinem Gewicht zu knacken und es bildeten sich Risse…..

Maruk rannte so schnell er konnte, aber kurz bevor er das rettende Ufer erreichen konnte brach das Eis. Mit lautem Klatschen fiel der rote Wolf ins eiskalte Wasser. Prustend kam er wieder an die Oberfläche und begann an das Ufer zu schwimmen. Erschöpft sank der Wolf zu Boden. Wenig später verlor Maruk das Bewusstsein…..

Unter dem Knacken von Zweigen und Ästen schlichen sich dunkle Gestalten in der Morgendämmerung an das Flussufer, wo Maruk lag. Neugierig wurde er von zahlreichen Artgenossen beschnüffelt, die sich um ihn versammelten. Langsam regte sich der fuchsrote Wolfsrüde wieder, als die Alphawölfin ihn mehrmals mit der Nase anstupste. Als Maruk sich aufrichtete, wichen die anderen Mitglieder des Rudels mit Ausnahme des Leittieres misstrauisch zurück…..

Als die Sonne aufging, betrat Henry die Veranda. Kathryn stand am Geländer und blickte suchend in die Ferne. Deutlich konnte der Ranger am Gesicht seiner Tochter erkennen, dass sie sich Sorgen um den roten Wolf machte. „Daddy, Maruk ist letzte Nacht nicht nach Hause gekommen.”, teilte sie ihm mit, „Hoffentlich geht es ihm gut.” Der Familienvater legte tröstend seine Hand auf ihre Schulter. „Ich werde heute nach ihm Ausschau halten.”, versprach er ihr, „Und wenn ich Maruk gefunden habe, dann bringe ich ihn auch heim.” Erleichtert sah Kathryn ihrem Vater nach, als er die Veranda verließ und im dichten Wald verschwand…..

„Das gibt es nicht.”, sagte Sheila McIntyre verwundert, als sie erneut die Antenne in jede Richtung hielt, „Wo sind sie hin?” Ihre Begleiter warfen alle einen kurzen Blick auf das Display, der nichts anzeigte. Diana Turner zuckte hilflos mit den Schultern. „Keine Ahnung.”, sagte sie lapidar, „Vielleicht haben sie ja den zugefrorenen See überquert.” Sheila seufzte genervt. „Aber dann müssen wir sie doch trotzdem orten können.”, warf Peter Dorn ein, „Immerhin können wir die Sender doch über fünfzehn Meilen entfernt anpeilen.” Jack Davidson nahm sein Fernglas und suchte damit die gesamte Gegend ab. Enttäuscht ließ er es wieder sinken. „Auch mit dem Feldstecher ist nichts zu sehen.”, sagte er frustriert, „Wenn der Schneefall heute nicht so stark wäre, könnte man ein bisschen mehr erkennen als so. Selbst ihre Spuren sind durch den Neuschnee wieder verschwunden.” „Wir müssen sie wieder finden.”, insistierte Sheila und setzte sich entschlossen wieder in Bewegung, „Sonst war unsere ganze Arbeit umsonst.” Der Rest der Gruppe folgte ihr, bis sie einen großen See erreichten…..

„Hallo, Henry, es ist gut, dass du gerade gekommen bist.”, sagte Taylor zur Begrüßung, als Johnson die Station betrat. Kathryns Vater sah die Anwesenden fragend an. „Wir haben eben erst die neuesten Wetterdaten für unser Gebiet erhalten.”, verkündete Jim und nahm einen kräftigen Schluck Kaffee aus seiner Tasse. Henry legte seine Mütze auf den Tisch, während Baker ihm ebenfalls eine Tasse mit dem koffeinhaltigen Getränk hinstellte. „Dann schießt mal los.”, sagte Johnson und setzte sich an den Tisch, „Wie sehen die Wetteraussichten für heute aus?” Dann informierten ihn die anderen Ranger, dass in den nächsten vierundzwanzig Stunden ein weiterer Blizzard erwartet wurde…..

Die kleine Gruppe machte auf einer weiteren Anhöhe Halt. Mit dem Fernglas vor seinen Augen betrachtete Jack die weiße Landschaft. Nachdenklich versuchte Sheila erneut das Gerät zu justieren, aber ohne Erfolg. Sie konnte die gesuchten Sender nicht anpeilen. „Das verstehe ich nicht.”, sagte sie, „Die können doch nicht so weit weg sein.” „Wo sind wir denn hier überhaupt?”, wollte Diana wissen und blickte sich um. „Keine Ahnung.”, antwortete Peter und faltete eine Karte auseinander, „Aber das werden wir gleich wissen.” Alle betrachteten die Karte. Plötzlich tippte er auf einen kleinen blauen Fleck. „Hier müssten wir jetzt sein.”, erklärte er, „Das ist der See, an dem wir vorhin gestanden haben.” Sheila sah sich die Gegend auf der Karte etwas genauer an. Dann markierte sie eine Stelle mit dem Bleistift. „Hier hatte der Wald vor ein paar Monaten gebrannt, denn wir sind von dort gekommen und hier durchmarschiert.”, stellte sie fest und machte einen kleinen Kreis um die markierte Stelle, „Demzufolge nach, müssten jetzt sämtliche Beutetiere unserer Schützlinge erst einmal auf der Suche nach Nahrung in diese Richtung weitergezogen sein. Das gilt dann auch für unser Wolfrudel.” Die anderen murmelten zustimmend. „Das hieße ja, dass wir uns bereits in dem Naturreservat aufhalten würden.”, konstatierte Diana, „Könnten wir denn nicht zur nächsten Rangerstation gehen und unsere Geräte dort sicherheitshalber durchchecken lassen?” „Das wäre keine schlechte Idee.”, meinte Peter, „Die Ranger könnten uns bestimmt einige Informationen über den Verbleib unseres Rudels geben.” Sheila seufzte und ließ die Schultern sinken. „Na gut. Vielleicht habt ihr Recht.”, antwortete die Achtundzwanzigjährige, „Vielleicht können die uns weiterhelfen.” Entschlossen packten sie ihre Utensilien wieder ein und marschierten in Richtung der Rangerstation weiter…..

Inzwischen nahm der Schneefall weiter zu und Henry hatte große Mühe, noch irgendetwas erkennen zu können. Auch der eisige Wind wurde stärker. Trotzdem änderte das nichts an der Tatsache, dass der Ranger seinen routinemäßigen Rundgang machen musste. Nach wenigen hundert Metern traf Kathryns Vater auf Sheilas Gruppe, die weiterhin vor Kälte bibbernd durch den tiefen Schnee stakste. Der Ranger sprach die jungen Leute sofort an…..

Aufmerksam hörte er Sheila, Diana, Peter und Jack zu, als sie ihm von dem verschwundenen Wolfsrudel berichteten. Henry begann zu schmunzeln, als er hörte, dass ein ganzes Rudel verschwunden sein soll. Fragend sahen ihn die vier jungen Leute an. „Warum schmunzeln Sie, Sir?”, erkundigte sich Diana. Henry wurde wieder ernst und erklärte, wohin die Wölfe weiter gezogen sein könnten. „Trotzdem sollten wir erst mal zur Station gehen.”, schlug Henry mit einem freundlichem Lächeln vor,

„Dort können Sie mit der Hilfe von meinen Kollegen Ihre Geräte in aller Ruhe durchchecken lassen. Nebenbei bemerkt gibt es dort auch eine heiße Tasse Kaffee für jeden.” Die vier jungen Leute waren mit dem Vorschlag des Rangers einverstanden und gingen mit ihm zusammen zur Station…..

In der Station berichteten Sheila und ihr Team, dass sie Biologen seien und schon seit einigen Monaten Wölfe beobachteten, über die sie eine Dokumentation machen wollten. Gern waren die Ranger bereit, die vier Biologen zu unterstützen…..

Wenig später zog bereits der angekündigte Schneesturm auf und die Leute in der Station waren alle erleichtert, dass keiner von ihnen bei diesem Wetter draußen war. Nur Henry blickte immer wieder sorgenvoll aus dem Fenster. Irgendwo da draußen ist Maruk!, dachte er betrübt, Hoffentlich hat er einen guten Unterschlupf vor dem Blizzard gefunden! Jim trat zu ihm und klopfte Johnson auf die Schultern. Er wusste, dass Henry an den roten Wolf dachte, der immer noch nicht wieder aufgetaucht war …..

Stunden lang folgte Maruk im gebührendem Abstand neugierig seinen Artgenossen. Für ihn war es ein seltsames Gefühl wieder mit anderen Wölfen zusammen zu sein und mit ihnen durch den Wald zu ziehen, auch wenn ihn der größte Teil des Rudels immer wieder misstrauisch beobachtete. Jedes Mal, wenn er den anderen Rudelmitgliedern zu nahe kam, knurrten sie ihn an. Der rote Wolf war ein Fremder für sie, den sie auf Abstand halten mussten. Besonders das ranghöchste Männchen attackierte Maruk in unregelmäßigen Abständen, den er als Nebenbuhler sah. Nur die Leitwölfin hielt ihr Rudel und vor allen Dingen auch das Alphamännchen zurück, wenn es zum Kampf zwischen den rangniederen Tieren und Maruk kam. Die Alphawölfin wusste instinktiv, dass sie alle in diesem Winter ihre Kräfte schonen mussten, wenn sie die kalte Jahreszeit überleben wollten. Am späten Abend auf der anderen Seite des Flusses blieben die Wölfe dicht beisammen und ruhten sich aus…..

Am nächsten Morgen war das Rudel ohne Maruk weiter gezogen. In einer kleinen, aber tiefen Höhle hatte der rote Wolf eine Zuflucht vor dem Sturm gefunden, der immer weiter zunahm. Er hatte hart gegen die anderen Wölfe kämpfen müssen, die ebenfalls Anspruch auf diese kleine Höhle erhoben hatten. Nach einigen kurzen, aber heftigen Auseinandersetzungen zogen sich die anderen zurück. In der Höhle leckte Maruk seine kleinen Wunden, die ihm der Alphawolf zugefügt hatte…..

Der Schneesturm tobte viele Tage und Nächte und es wurde immer kälter. Eisiger Wind pfiff durch den Wald. Maruk blieb die ganze Zeit über in der Höhle, obwohl sein Hunger immer stärker wurde. Instinktiv wusste er, dass es zu gefährlich war, den schützenden Bau zu verlassen, um nach Nahrung zu suchen…..

Während dessen sorgten sich die Johnsons immer mehr um Maruk, der nicht mehr heim gekommen war. Sowohl Henry als auch Peggy hatten Mühe, ihre sich um den Wolf sorgende Tochter zu beruhigen. Es war das erste Mal, seit dem die Johnsons Maruk von den Arlingtons aus wieder mit nach Hause genommen hatten, dass der rote Wolf allein so lange fort war. Der Ranger versprach Kathryn, dass er und seine Leute ihn sofort suchen werden, sobald der Schneesturm nachgelassen hat. Für das Mädchen war es nur ein schwacher Trost, aber sie wusste, dass sie sich auf Henrys Wort verlassen konnte. Wenn der Familienvater etwas versprach, dann hielt er es auch…..

Nach dem Blizzard suchten tagelang Henry und seine Arbeitskollegen nach dem roten Wolf, der nicht aufzufinden war. Sheila und ihre Gruppe halfen den Rangern bei der Suche. Das Unwetter hatte sämtliche Spuren im Schnee verwischt. Systematisch suchten sie den gesamten Distrikt ab, ohne einen Hinweis auf Maruks Verbleib zu finden…..

Inzwischen entfernte sich der rote Wolf auf der Suche nach Nahrung immer weiter von dem Naturschutzpark. Nach einigen Stunden hatte er den Wald hinter sich gelassen. Neugierig schnüffelte er an allen Bäumen und Büschen, die er auf einem offenen Gelände fand. An einem Hain auf einer großen Lichtung fand er ein verendetes Karibukalb. Hungrig begann er zu fressen…..

Nach einigen Tagen empfing Sheila auf ihrem Detektor ein Signal, dass von einem der Wölfe herrührte. Sofort rief sie die anderen zu sich und zeigte ihnen das Signal.

„Aber das ist ja nur ein Signal.”, konstatierte Diana verwundert, „Wo sind denn die restlichen Signale?” Peter zuckte mit den Schultern. „Vielleicht befinden sich die restlichen Wölfe des Rudels sich in einer Schlucht oder in einer großen Höhle, die gut abgeschirmt ist.”, schlug er vor. „Oder die Geräte funktionieren nicht mehr.”, bemerkte Sheila und betrachtete nachdenklich das Display. „Wir können nur hoffen, dass die Tiere wohlauf sind.”, meinte Diana, „Wenn nicht, dann werden wir das schon noch früh genug erfahren, warum wir sie auf einmal nicht mehr anpeilen können.” Sheila nickte ernst. „Ja, das werden wir wohl früher oder später.”, sagte sie, „Die Frage ist nur, ob uns das Ergebnis gefallen wird.” Jack legte aufmuntern eine Hand auf die Schulter der Achtundzwanzigjährigen. „Macht euch keine Sorgen.”, sagte er, „Wir werden unser Wolfsrudel schon wiederfinden. Es sind Wildtiere. Die wissen, wie sie in der rauen Natur zurechtkommen.” Die Gruppe setzte ihren Weg durch das dichte Unterholz fort. Am frühen Abend schlug Sheila mit ihren Begleitern in einer kleinen Höhle ihr Nachtlager auf. Über sein Handy informierte Peter die Ranger, dass die Biologen an diesem Tag keinen einzigen Wolf gesehen hatten…..

Fragend blickte Peggy ihren Mann an, als dieser am späten Abend das Haus betrat. Bedauernd schüttelte er den Kopf. „Wir haben ihn noch nicht gefunden.”, sagte er tonlos, „Aber wir geben nicht auf.” Die vierunddreißigjährige Braunhaarige nickte nur. „Der Neuschnee hat sämtliche Spuren verwischt.”, erklärte er weiter, „Da ist es schwierig überhaupt etwas zu finden.” Wenig später kam die Vierzehnjährige mit den beiden leeren Fläschchen von den beiden Bärenjungen aus dem Stall ins Haus. Als Kathryn die Stimme ihres Vaters vernahm, rannte sie sofort in die Küche. Als sie Henrys Blick sah, wusste sie Bescheid: Auch an diesem Abend war ihr Vater ohne Maruk heimgekommen…..

Inzwischen hatte Sheilas Gruppe am nächsten Tag das Naturschutzgebiet verlassen. Auf der anderen Seite eines kleinen zugefrorenen Flusses machten sie eine kurze Rast. Peter und Jack liefen gemeinsam einige Meter am Flussufer entlang, ohne eine Spur von den Wölfen zu finden. Diana faltete die Karte auseinander und betrachtete sie nachdenklich während Sheila erneut die Antenne in allen Richtungen hielt. „Ich verstehe das nicht.”, meinte die Achtundzwanzigjährige und verglich ihre Notizen mit denen auf der Karte, „Wieso kriegen wir überhaupt keinen Empfang. Das stimmt doch was nicht. Es ist nur das eine einzige Signal da und das Mimis Signal.” Wenig später kehrten die beiden jungen Männer zurück. Auch sie hatten nichts gefunden, was die beiden jungen Frauen an den enttäuschten Blicken der beiden sehen konnten. Sheila stieß einen Seufzer aus…..

Abrupt blieben Jim und Bill an einem kleinen Gebüsch stehen und blickten auf einer bescheidenen Ansammlung von Zweigen und Ästen. Etwas glänzte darunter hervor und die beiden Männer traten etwas näher heran. Instinktiv griff Taylor nach einem Ast. Vorsichtig schob Bill mit einem dickeren Ast die Zweige und Äste am Boden beiseite. Erschrocken zuckten beide zusammen, als etwas zuschnappte und den Ast festhielt. Es hatte einen metallischen Klang. Vorsichtig nahm Taylor das Gebilde am Ast in die Höhe. Es war eine Falle gewesen. Das Metall glänzte im Sonnenlicht. „Verdammt, das ist ja eine Tierfalle!”, stieß Baker entsetzt hervor und griff zu seinem Funkgerät, „Das müssen wir sofort Henry melden.” „Und die ist funkelnagelneu.”, stellte Bill fest, der das mechanische Gerät mit Widerwillen betrachtete, „Dann sind hier bestimmt noch mehr davon versteckt.” „Aber wer stellt denn hier mitten im Naturschutzgebiet Fallen auf?”, fragte Bill entrüstet. Baker zuckte mit den Schultern. „Ich habe keine Ahnung.”, antwortete dieser, „Ich weiß nur, dass wir dagegen etwas unternehmen müssen und zwar rasch.” Schnell kehrten die beiden Ranger mit ihren Fund zur Station zurück, um Henry von ihrer neuen Entdeckung zu berichten…..

Aufmerksam reckte Maruk den Kopf in die Höhe. Aus größerer Entfernung hatte er Geräusche aus dem Dickicht gehört, das sich direkt vor ihm befand. Ein vertrauter Duft lag dem roten Wolf in der Nase. Abwartend sah er auf Gewirr von Zweigen, Ästen und Büschen. Wenig später huschte ein Kaninchen hervor, dass sofort wieder im Gebüsch verschwand, als es den Wolf sah. Maruk setzte sofort ins Gebüsch nach und versuchte den kleinen grauen Flitzer zu fangen, aber ohne Erfolg. Er blieb mitten im Geäst hängen. Enttäuscht und hungrig musste Maruk zusehen, wie der kleine Nager nach wenigen Augenblicken wieder verschwand…..

Der rote Wolf begann erneut nach einer Fährte zu suchen, die ihm Nahrung versprach. Langsam entfernte er sich den Büschen, wo er das Kaninchen entdeckt hatte. Sein Instinkt führte Maruk in einen weiteren Wald, der nicht mehr zum Naturschutzgebiet gehörte. Für den roten Wolf war dieser Wald unbekanntes Gebiet. Plötzlich blieb der rote Wolf erneut stehen und schnupperte. Wieder war ihm ein neuer Geruch in die Nase gestiegen. Rasch folgte er der Fährte, die Maruk zu einem Baum führte. Die Fährte führte am Baum nach oben. Als Maruk auf seinen beiden Hinterläufen stand entdeckte er, was ihn hergelockt hatte. Am untersten Ast hing ein totes Kaninchen, das schon mehrere Tage alt war…..

Maruk wandte sich um, als er hinter sich ein bedrohliches Knurren vernahm. Ein dunkler Schatten kam unter einen Nadelbaum zum Vorschein. Es war ein Vielfraß, der seine Beute holen wollte. Wenige Meter vor dem roten Wolf blieb der Marder stehen und richtete sich auf. Sein Knurren wurde lauter. Maruk ließ sich nicht beirren. Er blieb direkt unter dem Ast, an dem das Kaninchen hing, stehen. Dann griff ihn der Marder an…..

Der rote Wolf hatte, wie seine Ohren, den Schwanz hoch aufgerichtet und knurrte nun ebenfalls. Für Maruk war es das erste Mal, dass er gegen einen Felsenmarder kämpfen musste. Vorsichtig umkreisten sich die beiden Raubtiere gegenseitig. Immer wieder versuchte der Vielfraß nach den roten Wolf zu schnappen. Maruk heulte auf, als ihn der Marder in die Flanke biss und eine blutende Wunde zurückließ. Der Schmerz stachelte den Wolf an. Schnee wurde aufgewirbelt, als er den Vielfraß in einen seiner Hinterläufe biss und festhielt. Es knackte. Der Marder gab einen undefinierbaren Schmerzlaut von sich. Mit seinen Vorderläufen fügte der Vielfraß Maruk eine Kratzwunde am Kopf zu. Vor Schreck ließ der Wolf seinen Gegner wieder los, der sofort den Baum hochkletterte…..

Der rote Wolf hatte wieder einmal das Nachsehen und trottete davon. Nachdem Maruk im nächsten Dickicht verschwunden war, kletterte der Vielfraß wieder den Baum herab und verschwand mit dem toten Kaninchen in einen kleinen Bau…..

Es vergingen einige Tage, bis Maruk wieder etwas Fressbares fand. In einer Falle war ein Schneehuhn verendet. Der Geruch des toten Tieres hatte ihn angelockt. Neugierig umrundete der rote Wolf es. Vorsichtig begann er an Ort und Stelle den toten Vogel zu verzehren…..

Vorsichtig wanderte Sheilas Gruppe weiter. Als sie eine kleine Böschung erreichten, schrie Peter vor Schmerz auf. Sofort eilten die anderen zu ihm. Entsetzt stellten sie fest, dass der Neunundzwanzigjährige in eine Falle getreten war. Das rostige Metall hatte seinen Stiefelschaft durchtrennt und war tief ins Fleisch eingedrungen. Wie das Gebiss eines Raubtieres hielt ihn das metallische Gerät fest. Peter blutete und stöhnte vor Schmerzen. Gemeinsam versuchten die anderen ihren Kameraden zu befreien, ohne die nähere Umgebung dabei im Auge zu behalten…..

Erschrocken zuckte Diana zusammen, als sie sah, wie ein großer Puma aus dem Gebüsch hervorkam und sie angriff. Die Siebenundzwanzigjährige schrie vor Angst, als der Puma sie niederriss. Seine scharfen Krallen bohrten sich in einen ihrer Arme, die sich die junge Frau schützend vor sich hochgehalten hatte. Beherzt griffen Jack und Sheila nach dicken Ästen und schlugen nach dem Puma. Es dauerte nicht lange, bis sich der Puma wieder zurückzog. Sofort versorgte Sheila Dianas Wunden, die ebenfalls stark bluteten, so gut sie konnte. Nachdem sie den Arm verbunden und bandagiert hatten, entschloss Sheila, dass sie gemeinsam wegen Peters und auch Dianas Verletzungen die Suche nach dem verschwundenen Wolfsrudel abbrechen sollten. Keiner erhob Einwände, als die achtundzwanzigjährige Biologin mit ihrem Handy die Rangerstation anrief und Henry von den Vorfällen berichtete…..

Johnson und seine Kollegen machten sich sofort auf den Weg zu dem Biologenteam, dass bereits den Naturschutzpark verlassen hatte. Erst am späten Abend fand der angeforderte Helikopter die vier jungen Leute, die an einer Anhöhe auf die Ranger warteten. Sofort wurden Diana und Peter nach Willington ins Krankenhaus geflogen. Sheila und Jack waren erleichtert, als sie von ihren Rettern mitgenommen wurden…..

Tage später entschloss Henry, dass er die Suche nach Maruk abbrechen musste, weil ein weiterer Schneesturm aufzog. Sowohl Peggy als auch Kathryn sahen ein, dass der Ranger unter diesen Wetterbedingungen keine Chance hatte, Maruk zu finden. Am späten Abend hörten Peggy und Henry, wie ihre vierzehnjährige Tochter in ihrem Zimmer weinte…..

Maruk zog währenddessen durch den benachbarten Wald, der an einem breiten Fluss endete. Der rote Wolf hatte inzwischen eine neue Fährte entdeckt, die er bis an diesen Fluss verfolgt hatte. Die Fährte stammte von einer Wölfin…..

Plötzlich blieb Maruk auf einen kleinen Hügel stehen und begann zu lauschen. Deutlich konnte er in einiger Entfernung einige Karibus hören, die im Schnee nach Nahrung suchten und dabei die weiße Pracht mit ihren Vorderläufen wegscharrten. Lautlos schlich er sich an die Herde heran. Erregung ergriff ihn und sein Puls begann zu rasen. In seiner Nähe vernahm er ein weiteres Geräusch und wenige Meter von ihm entfernt tauchte ein dunkler Schatten aus dem Gebüsch auf. Deutlich konnte er den Geruch wahrnehmen, der von dem dunklen Schatten herrührte. Es war eine Wölfin, die sich ebenfalls an die Karibuherde heranpirschte. Als eines der Herdentiere besonders dicht an das Versteck der Wölfe kam, preschten beide Raubtiere aus dem Unterholz. Das junge Karibu hatte keine Chance. Wenige später rissen die beiden Wölfe es zu Boden und töteten es gemeinsam…..

Maruk wich irritiert von der hungrigen Wölfin zurück, die ihn gleich, nachdem sie gemeinsam das Karibu geschlagen hatten, angriff. Instinktiv wusste der rote Wolf aber, dass er wegen der Beute gegen sie kämpfen musste. Langsam begannen sich die beiden Wölfe zu umkreisen. Nach wenigen Minuten griff die Wölfin entschlossen an…..

Maruk wehrte sich und der Kampf dauerte nicht lange. Der rote Wolf war der Stärkere von beiden. Nachdem Maruk die Wölfin zu Boden gerissen hatte, zog sie sich knurrend zurück. Der rote Wolf setzte noch einmal kurz nach und die Wölfin legte sich auf den Rücken. Als ein Zeichen ihrer Unterwerfung bot sie Maruk ihre Kehle dar, der sich sofort von ihr abwandte und wieder zu dem toten Karibu lief. Gierig begann er zu fressen. Die Wölfin verharrte einen kurzen Augenblick auf den Rücken, bevor sie wieder aufstand und sich langsam der gemeinsamen Beute näherte. Wenig später begann auch sie zu fressen. Seit diesem Tag jagten Maruk und die Wölfin gemeinsam…..

Ein weiterer Schneesturm zog über das Land hinweg und es war für die beiden Raubtiere sehr schwer gewesen, immer etwas Fressbares zu finden. Häufig plünderten sie die aufgestellten Tierfallen, die sie fanden. Die Lage entspannte sich wieder, als es taute und die Tage wärmer wurden…..

Eines Tages erreichen die beiden Wölfe eine alte Blockhütte, die bewohnt war. Deutlich konnten Maruk und seine Gefährtin jenen Eintopf riechen, der in einem kleinen Topf über ein Lagerfeuer vor sich hinblubberte. Es war schon viele Monate her, seit dem Maruk von den Johnsons weggelaufen war. Ein Gefühl von Vertrautheit und auch etwas Sehnsucht erfüllte den roten Wolf, als er den alten Mann am Lagerfeuer sah. Er summte zufrieden eine Melodie, als er seinen Eintopf über dem Feuer umrührte. Neugierig schlich Maruk näher…..

Als es raschelte blickte Jonathan von seinem Topf auf. Gebannt sah er in die Richtung, in der er das Rascheln gehört hatte. Er begann zu lächeln, als er sah, wie aus dem Gebüsch ein roter Wolf auftauchte…..

Langsam griff der graumelierte Mann indianischer Herkunft nach einem Blechteller und füllte diesen mit etwas Eintopf, den er dann langsam ein paar Meter von sich entfernt auf den Boden stellte. Angst hatte der alte Mann vor Wildtieren keine, denn er wusste, wie man mit ihnen umgehen musste. Interessiert wartete der alte Mann ab. Neugierig kam der rote Wolf näher und begann an dem Teller zu schnüffeln…..

Jonathan begann erneut zu lächeln, als der Wolf zu fressen begann. „Na, du hast wohl schon lange nichts mehr zu fressen gehabt, oder?”, sagte er und beobachtete weiterhin den roten Wolf beim Fressen. Dann entdeckte Jonathan den Abdruck eines Halsbandes im Fell des Raubtieres. Sofort war ihm klar, dass dieser Wolf zu jemandem gehörte. Als der Teller leer war, wandte sich Maruk um und rannte wieder zurück in den Wald, wo seine Gefährtin auf ihn wartete…..

Mehrere Tage nacheinander besuchte Maruk Jonathan, während dessen seine Gefährtin in einer Höhle blieb. Manchmal gab ihn der alte Mann sogar ein kleines Stück gebratenes Fleisch, dass Maruk sofort zu seiner Gefährtin brachte, die es dann gierig verschlang…..

Nach einigen Tagen bekam die Wölfin Nachwuchs und Maruk bewachte seitdem draußen den Höhleneingang. Immer wieder hörte er, wie die kleinen Wollknäuel Laut von sich gaben. Regelmäßig zog der rote Wolf los, um Beute zu jagen.

Nach einigen Tagen besuchten Dean Forrester und Jim Baker den alten Jonathan, der den beiden Rangern von der Begegnung mit dem roten Wolf berichtete. Baker horchte auf, als Jonathan ihnen den roten Wolf etwas genauer beschrieb. „Und du hast eindeutig den Abdruck eines Halsbandes bei dem Wolf gesehen?”, fragte er den alten Mann. Dieser bejahte. Dann fragte Jim den alten Mann nach der Narbe, die der rote Wolf hatte, was Jonathan erneut bejahte. Forrester und Baker sahen sich an. Für sie stand fest, dass das nur Maruk sein konnte, der schon seit etlichen Monaten verschwunden war. „Henry und seine Familie werden sich freuen, wenn wir ihnen diese Neuigkeit erzählen.”, meinte er, „Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie lange wir Maruk schon gesucht haben.” Kurz darauf holte Jim sein Handy aus seiner Jackentasche und rief Kathryns Vater an.

Henry konnte kaum glauben, als er von Jim erfuhr, dass sie Maruk endlich gefunden hatten. „Das ist ja großartig!”, rief er, „Das muss ich gleich meiner Frau und Kathryn sagen.” Dann bat er Jim, bei Jonathan auf Henry zu warten, der sich gleich nach dem Telefonat auf den Weg machte, um den roten Wolf wieder abzuholen. Fragend blickte der alte Mann den Ranger an.

„Henry ist auf den Weg hier her, um Maruk abzuholen.”, teilte Baker den anderen beiden mit, „Wir sollen hier auf ihn warten.” Jonathan lud Dean und Jim zum Essen ein, das bereits im Topf über dem Lagerfeuer zu kochen begann. Während sie auf Henry warteten, erzählten Jim und Dean den Einsiedler Jonathan, wie Henry Maruk gefunden und seine Tochter den Wolf aufgezogen hatten.

In der Zwischenzeit kam Henry nach Hause. Er erzählte seiner Familie, dass man Maruk gefunden hat und er wohlauf ist. Sofort wollten Peggy und Kathryn den Ranger begleiten, wenn er den roten Wolf abholte. Gemeinsam fuhren sie noch vor Sonnenaufgang mit dem Geländewagen los.

Als die Johnsons etliche Stunden später bei Jonathan eintrafen, konnte Kathryn es kaum erwarten, den roten Wolf wieder in ihre Arme zu schließen. Stürmisch sprang sie aus dem Wagen vor Jonathans Haus, aber der rote Wolf war weit und breit nicht zu sehen. Als aber das Mädchen erfuhr, dass Maruk gar nicht bei dem alten Mann war, wich ihre Freude wieder der neuen Sorge, dass der rote Wolf wieder weitergezogen sein könnte. Henry sprach mit Jonathan und seinen beiden Kollegen, wie sie Maruk am besten mit nach Hause nehmen konnten. Jonathan schlug vor, dass sie Maruk folgen sollten, wenn er mal wieder bei ihm auftauchte.

Maruk tauchte wieder zur Mittagszeit bei Jonathan auf. Als es im Gebüsch raschelte blickten alle in die Richtung des Unterholzes, wo der rote Wolf eine kurze Zeit später auftauchte. „Er ist es tatsächlich.”, stellte der Ranger fest, als er den Halsbandabdruck und die Narbe sah. Auch Kathryn und Peggy erkannten ihn sofort wieder. Maruk war abrupt stehen geblieben. Sein Fell glänzte seidig in der Sonne. Kathryn rief den Wolf mit seinem Namen und wollte zu ihm hinlaufen, aber Henry hielt seine Tochter zurück. Instinktiv fühlte der Familienvater, dass etwas mit Maruk nicht stimmte…..

Der rote Wolf kam nur sehr langsam auf die Gruppe von Menschen zu, die er misstrauisch beobachtete. Peggy bekam sogar eine Gänsehaut, als sie sah, dass Maruk ihnen alle scheinbar misstraute. Es war ein Verhalten, was sie von ihm nicht kannten. Verständnislos warf Kathryn ihren Vater einen Blick zu, der Maruk mit ausdrucksloser Miene beobachtete. Henry wies die anderen an, sich nicht zu bewegen, als er sich langsam Schritt für Schritt Maruk näherte. Als der Ranger den Wolf fast erreicht hatte, machte das Tier kehrt und lief wieder in den Wald zurück, wo es im raschelnden Dickicht verschwand…..

Kathryn standen Tränen in den Augen, als sie den roten Wolf zwischen den Büschen verschwinden sah. Sie konnte es nicht verstehen, dass Maruk sich so verändert hatte. Henry führte seine Tochter an der Hand zu einer Sitzbank vor dem Haus. Nachdem sie sich gesetzt hatten, begann er dem Mädchen zu erklären, was mit Maruk geschehen war. Jonathan gesellte sich zu den Beiden und er versicherte Kathryn, dass Maruk bald wiederkäme. Peggy setzte sich auf die andere Seite ihrer Tochter hin und versuchte sie ebenfalls zu trösten. Dann kam ihr eine Idee…..

„Was ist, Darling?”, fragte Henry, als er merkte, dass seine Frau ihn nachdenklich ansah, „Woran denkst du gerade?” Peggy schüttelte mit dem Kopf. „Nee, ich glaube, das kann nicht hinkommen.”, meinte sie grübelnd. „Na los.”, drängte der Ranger, „Was kann nicht hinkommen?” Peggy sah ihren Mann an, als sie ihm antwortete.

„Ich dachte gerade an die Möglichkeit, dass Maruk vielleicht mit einer Wölfin zusammen Junge haben könnte und deshalb uns gegenüber so zurückhaltend war.”, sagte sie und blickte dabei ihren Mann fest in die Augen, „Dann wäre zumindest sein Verhalten verständlich.” Jonathan nickte. „Das ist eine interessante Theorie, Misses Johnson.”, meinte er lächelnd, „Von der Jahreszeit her würde das sogar passen. Oder was meinen Sie, Sir?” Der Ranger nickte ebenfalls. „Ja, das könnte hinkommen.”, meinte er nachdenklich, „Das hieße dann aber auch, dass wir vorsichtig sein müssten, wenn wir Maruk sehen, denn er würde seinen Nachwuchs mit aller Macht verteidigen, sobald er den Eindruck hat, dass wir seine Familie bedrohen.” Kathryn blickte ihren Vater skeptisch an. „Soll das etwa heißen, Maruk würde sogar uns angreifen, wenn er es für nötig hielte?”, wollte das Mädchen wissen und bekam bei diesen Gedanken eine Gänsehaut. Der Gedanke, dass der rote Wolf sowohl sie als auch ihre Eltern angreifen würde, kam ihr absolut absurd vor…..

„Am besten versuchen wir Maruks Fährte zurückzuverfolgen.”, schlug Jonathan vor, „Vielleicht bekommen wir dann eine Antwort auf unsere Frage.” Henry stand auf.

„Da könnten Sie Recht haben.”, sagte dieser, „Vielleicht sollten wir ihm einfach folgen.” Wenig später machten sich Jonathan und die Ranger auf den Weg, währenddessen Peggy und Kathryn bei der alten Blockhütte blieben. Beide sahen den Männern nach, die im raschelnden Gebüsch verschwanden…..

„Was meinst du? Werden sie Maruk finden, Mom?”, fragte die Vierzehnjährige. Peggy zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht, Liebes.”, erwiderte die Mutter unsicher und begann ihre Tochter liebevoll in ihre Arme zu schließen, „Wir können nur hoffen, dass sie überhaupt einen Anhaltspunkt finden.” „Ich hab Angst, dass wir Maruk für immer verloren haben könnten.”, sagte Kathryn traurig. „Mach dir darüber mal keine Sorgen.”, versuchte die Vierunddreißigjährige ihre Tochter zu beruhigen, „Ich glaube nicht, dass Maruk uns für immer verlassen hat.” „Meinst du das wirklich?”, vergewisserte sich Kathryn. „Aber ja, Liebes.”, versicherte ihr Peggy, „Bestimmt wird Maruk zu uns zurückkommen.” Auf der Bank vor dem Haus sitzend blickten die beiden in den Wald, wo Jonathan und die Ranger verschwunden waren…..

Eine knappe Stunde später blieben die Ranger an einer Lichtung stehen. Jonathan zeigte mit seiner Hand auf einer kleinen Höhle, die sich direkt unter einen großen Baum befand. „Diese Höhle kenne ich.”, sagte Jonathan, „Da haben schon mal Wölfe ihren Nachwuchs aufgezogen.” Die Ranger nickten. Jim hatte sein Fernglas hervorgeholt und hielt es sich vor die Augen. „Da liegen ein paar Knochen vor dem Eingang.”, sagte er nach einer Weile, „Die können von Beutetieren stammen, die sie gerissen haben.” Er reichte den Feldstecher an Henry weiter, der ebenfalls durchblickte. Nach einem Augenblick nickte dieser. „Ja, Jim.”, sagte Kathryns Vater, „Es sieht so aus, dass wir gerade Maruks Unterschlupf gefunden haben.” Kaum hatte der Ranger die Worte ausgesprochen, da erschien bereits der rote Wolf aus der Höhle. Deutlich konnten die vier Männer den Wolf erkennen, der gerade die Höhle verlassen hatte und nun im nächsten Dickicht verschwand…..

Wenig später erschien die Wölfin am Eingang der natürlichen Behausung unter dem riesigen Baum. Schnuppernd reckte sie ihren Kopf in die Höhe und richtete ihre Ohren auf. „Könnte sie uns vielleicht gewittert haben?”, fragte Dean Forrester unsicher, als er die Wölfin durch den Feldstecher beobachtete. Die anderen verneinten. „Nein.”, antwortete Henry, „Dafür trägt der Wind unsere Gerüche in die falsche Richtung. Die kann uns nicht gewittert haben.” Als Maruk mit einem toten Hasen zurückkam, verschwanden die beiden Wölfe wieder in dem Bau…..

Die vier Männer kehrten wieder zu Jonathans Blockhütte zurück, wo bereits Peggy und Kathryn auf sie warteten. „Und?”, fragte die Vierunddreißigjährige die Rückkehrer, „Habt ihr etwas herausgefunden?” Jonathan strahlte, als er antwortete. „Und ob, Ma’am!”, rief er schon von weitem, „Wir haben Maruk gefunden. Aber den Rest sollte Ihnen besser Ihr Mann erzählen.” Fragend blickte sie Henry an, der sich zwischen seiner Frau und seiner Tochter auf die Bank setzte. Ohne Umschweife berichtete er seiner Familie die Neuigkeiten über Maruk. Staunend hörten ihm die beiden zu.

„Zumindest heißt das fürs Erste, dass wir Maruk auf keinen Fall mitnehmen dürfen.”, fügte er hinzu, als er geendet hatte.

Am späten Nachmittag machten sich die Johnsons zusammen mit Baker und Forrester wieder auf den Heimweg. Es fiel ihnen allen sehr schwer, den roten Wolf zurückzulassen, aber Henry beteuerte den anderen immer wieder, dass es momentan in dieser Situation das Beste für den roten Wolf sei, der sich jetzt um seinen Nachwuchs kümmern musste.

Kathryn weinte während der Fahrt immer wieder. Besonders ihr fiel es schwer, ihren Wolf, den sie selbst aufgezogen hatte und sehr liebte, in der Wildnis zurückzulassen.

Als die Johnsons abends wieder zu Hause waren, zog sich das Mädchen in ihr Zimmer zurück und weinte bitterlich. Henry fühlte sich nicht wohl dabei, dass er diese Entscheidung getroffen hatte. Er wusste, dass er keine andere Wahl hatte und dass seine Tochter unter dem Verlust litt. Sowohl Jim als auch Dean versicherten ihm beim Abschied mehrmals, dass sie seine Ansicht über Maruk teilten. Nachdenklich sah er den beiden Rangern nach, die sich auf den Heimweg machten.

Henry blickte von der Veranda aus noch lange seinen beiden Kollegen nach, als Peggy zu ihm trat. Deutlich konnten die beiden das Weinen ihrer gemeinsamen Tochter aus ihrem geschlossenen Zimmer hören. Der Ranger sah seine Frau an. Die Vierunddreißigjährige erwiderte seinen Blick. Sie wusste, was in ihm vorging.

„Mach dir jetzt nicht so viele Gedanken.”, sagte sie beruhigend zu Henry, „Du hattest überhaupt keine andere Wahl gehabt. Du musstest Maruk zurücklassen, damit er seine Familie versorgen kann.” Der Ranger nickte. „Ja, ich weiß, Darling.”, antwortete er mit brüchiger Stimme, „Aber trotzdem war es nicht gut für unsere Kathryn.” Beide blickten nach oben, wo sie immer noch ihre Tochter Weinen hörten. Peggy schmiegte sich an ihren Mann, der sich ziemlich mies fühlte. „Sie wird schon darüber hinwegkommen.”, sagte sie beruhigend, „Kathryn ist ein starkes Mädchen.” Henry nickte erneut. „Ja, das ist sie.”, erwiderte er, „Deshalb habe ich ihr auch Maruk als Welpen anvertraut, damit sie ihn aufzieht.” Peggy begann ein wenig zu lächeln. „Und das hat sie wunderbar gemacht.”, sagte die Vierunddreißigjährige, „Deshalb sind wir auch stolz auf sie.” Rasch entfernte der Ranger eine Träne. „Komm, lass uns reingehen.”, sagte Peggy, die die Träne ihres Mannes ebenfalls gesehen hatte, „Mir wird es hier draußen zu kalt.” Wenig später gingen die Beiden ins Haus und löschten das Licht auf der Veranda. Inzwischen hatte Kathryn aufgehört zu Weinen und war fest eingeschlafen.

E N D E

von Andreas Rößler, 2004 - 2005 - 2006

Abschlusshinweise zum Kapitel:

keine

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