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Ein Signal ließ alle aufhorchen und der Simulator im Raum wurde aktiviert. Da IDUSA alle Neuraltabellen geladen hatte, konnten auch alle das aufgeregte Gesicht des Avatars wahrnehmen. Sie aber wendete sich gleich Jenna zu: „Techniker McKnight, Sie werden im Maschinenraum benötigt! Ihre Assistentin sagt, Shimar hat ein Problem!“ „Das dachte ich mir schon, IDUSA.“, gab Jenna zurück und warf Zirell einen fragenden Blick zu. „Geh ruhig, Jenn’.“, sagte die tindaranische Kommandantin. „So wie ich das sehe, wirst du die Einzige sein, die da helfen kann. Tabran, Shiranach, ich bringe euch erst einmal ins Gästequartier. Maron, falls du noch Fragen hast, weißt du ja, wo du sie finden kannst.“ „OK, Zirell.“, nickte der Demetaner und sah zu, wie sich seine Zeugen wortlos hinter seiner Vorgesetzten einreihten, um dann gemeinsam mit ihr den Raum zu verlassen. Auch Jenna wollte diesen Weg gehen, aber IDUSA hielt sie auf: „Ich glaube, es geht schneller, wenn ich Sie direkt beame, Techniker.“ „Also gut.“, sagte Jenna und stellte sich ruhig hin, um sich von IDUSA erfassen zu lassen, die sofort den Transport initiierte.

Jenna hatte sich kaum materialisiert, da fiel ihr Blick bereits auf Shannon, die mit ratlosem Gesicht vor einer Konsole saß. „Was ist los, Shannon?“, fragte Jenna. „Wenn ich das wüsste, wäre ich klüger, Jenn’.“, entgegnete die blonde Irin.

Jennas Blick streifte den zweiten Port für den Neurokoppler, den IDUSA ihr gerade ausgeleuchtet hatte. Sie steckte ihren Neurokoppler an und der Rechner der Station lud sofort ihre Reaktionstabelle. Jetzt konnte auch sie sehen, was Shannon sah. Auf dem virtuellen Schirm vor Jennas geistigem Auge erschien eine Kolonne von Zahlen und Zeichen, für Laien sicher merkwürdig anmutenden Kürzeln und Symbolen, die für die Ingenieurin allerdings keine Fremdsprache darstellten.

„Gehen Sie mal zur Seite, Shannon!“, forderte sie ihre Assistentin auf. Die blonde Irin nickte und tat, was ihre Vorgesetzte ihr gerade aufgetragen hatte. O’Riley war insgeheim sehr froh, dass ihr Jenna aus diesem Problem herausgeholfen hatte.

Die hochintelligente Halbschottin ließ den Blick ihres geistigen Auges jetzt langsam und bedächtig über den virtuellen Schirm schweifen. Dabei machte sie ein sehr konzentriertes und auch etwas nachdenkliches Gesicht. Schließlich sagte sie: „IDUSA, verbinde mich mit Shimar!“ „Wie Sie wünschen, Jenna.“, gab der Avatar des Stationsrechners zurück und stellte die gewünschte Verbindung her.

Jenna wurde vom Gesicht eines recht entspannt schauenden Shimar begrüßt. „Hi, Jenn’.“, begrüßte sie der junge Tindaraner ruhig. „Hi, Shimar.“, sagte Jenna. „Du hast ja die Ruhe weg. Shannon und IDUSA hatten mir einen ganz anderen Eindruck vermittelt.“ „Warum sollte ich denn hektisch werden, he?“, fragte der meistens sehr besonnen handelnde Pilot. „Wenn ich das würde, könnte ich doch deinen Anweisungen gar nicht Folge leisten, wenn du welche für mich hättest. Außerdem musste ich IDUSA helfen, die mit der Situation gar nicht klarkam, in der wir waren.“ „Sie weiß eben, dass sie sich auf dich verlassen kann.“, sagte Jenna. „Aber da bringst du uns ja gleich auf das richtige Thema. Es sieht aus, als hätte sich die interdimensionale Schicht bereits so stark verändert, dass das Fliegen mit normaler Antriebskonfiguration nicht mehr möglich ist. Aber warte kurz.“ Ihr war der Datenkristall wieder eingefallen, den ihr Tabran gegeben hatte.

McKnight löste ihren Neurokoppler wieder aus dem Port und ging zu einer anderen Konsole hinüber, in deren Laufwerk sie den vendarischen Datenkristall schob. Dann schloss sie auch ihren Neurokoppler an, was IDUSA veranlasste, ihre Tabelle erneut umzuladen. Die Sprechverbindung über die erste Konsole würde trotzdem nicht erlöschen, da sie ja noch von Shimar an seinem Ende aufrechterhalten wurde.

Mit wachsendem Erstaunen sah sich Jenna das Profil an. „Und das soll Shiranach allein geschrieben haben?“, fragte sie sich halblaut. „Das hätte ich ihr nicht zugetraut. Aber vielleicht kann es Shimar ja auch helfen. Schließlich sind die Betriebssysteme von Veshels und IDUSA-Einheiten weitgehend kompatibel.“

Sie kehrte mit dem Kristall an ihrem vorherigen Arbeitsplatz zurück, nachdem sie die Datei geschlossen und ihn entnommen hatte. Sie war an die andere Konsole gegangen, um Shimar nicht mit irgendwelchem technischen Fachchinesisch nerven zu müssen, das er zwangsläufig über die Verbindung mitbekommen hätte. Außerdem wollte sie keine falschen Hoffnungen wecken, falls das mit dem Profil doch nicht geklappt hätte.

„Hör zu, Shimar!“, sagte sie, während sie den Datenkristall jetzt in das Laufwerk an dieser Konsole schob. „Ich denke, ich habe hier genau das Richtige für dich und IDUSA. Ich werde es ihr jetzt überspielen. Sag ihr, sie soll Profil Shiranach Eins laden und ausführen, bevor sie irgendeinen Versuch unternimmt, den interdimensionalen Antrieb zu benutzen.“ „Wovon zur Hölle redest du?“, fragte Shimar sehr irritiert. „Du kannst zwar ’ne Menge, aber ich glaube nicht, dass du so schnell ein Profil schreiben kannst, das ihren Antrieb verändert und seit wann bist du so bescheiden, dass du unter falschem Namen firmierst.“ „Das tue ich nicht.“, sagte Jenna. „Die Situation ist aber zu kompliziert, um sie dir jetzt zu erklären. Außerdem bin ich nur ehrlich. Das Profil ist nicht mein Werk, also habe ich es auch nicht blitzschnell aus dem Ärmel geschüttelt, wie du vielleicht meinen könntest. Es ist deine Entscheidung, Shimar. Entweder du vertraust mir, oder du sitzt weiter dort fest. Was das für das Ausführen deiner Befehle bedeutet, die Zirell dir gegeben hat, kannst du dir ja wohl denken.“

Sie stellte sich vor, den Sendeknopf der virtuellen Konsole vor ihrem geistigen Auge loszulassen, gab IDUSA aber gleichzeitig die nötigen Gedankenbefehle, um das Überspielen der Datei vorzubereiten. Dann lehnte sie sich abwartend zurück.

Shimar überlegte hin und her. Die Situation war ihm nicht ganz geheuer. Er wusste zwar, wer Shiranach war, aber er wusste auch, dass sie unmöglich, zumindest unter normalen Umständen, einen Weg gefunden haben konnte, ein Profil zu schreiben, das komplizierte Gleichungen für den noch komplizierteren interdimensionalen Antrieb eines Schiffes enthielt. Dafür würden ihre Computerkenntnisse, zumindest seiner Einschätzung nach, lange nicht ausreichen. Außerdem, wie hätte dieses Profil dann zu Jenna und Shannon gelangen sollen? SITCH aus und ins Tembraâsh war ja, zumindest unter normalen Bedingungen, nicht möglich. Shimar wusste ja nichts von all dem, was inzwischen auf Basis 281 Alpha geschehen war. Auf das naheliegende, nämlich Jenna einfach zu fragen, kam er allerdings nicht, oder es passte einfach gerade nicht in sein Denken.

„Ich teile Ihre Ansicht über Shiranachs Computerkenntnisse, Shimar.“, sagte Shimars Schiff, für das seine Gedanken Dank des Neurokopplers gerade ein offenes Buch waren. „Ich halte für zu 50 % wahrscheinlich, dass es sich eher um einen Trick unserer Feinde, Sytanias Vendar, handeln könnte, die vielleicht irgendwie den Kristall in Jennas Hand geschmuggelt haben. Aber ich verstehe nicht, wie sie auf so etwas hereinfallen konnte. Das ist doch bei ihrer Intelligenz sehr unwahrscheinlich. Das ist schon wieder ein Datenkonflikt, den ich nicht lösen kann. Bitte entscheiden Sie es, Shimar!“

Shimar lehnte sich zurück und flüsterte: „Also, so, wie ich das sehe, muss ich mich entscheiden zwischen meinem Vertrauen zu Jenn’ und der Wahrscheinlichkeit.“ Dann begann er nachzudenken. Da er den Neurokoppler immer noch nicht abgesetzt hatte, wusste IDUSA auch in diesem Fall genau, was in ihm vorging. Sie sah, dass er dabei war, in Beziehung zu setzen, wie oft Jenna, auch entgegen sämtlicher bekannter Wahrscheinlichkeiten, Recht gehabt hatte. Viele ihrer Missionen fielen ihm ein. Viele, bei denen ihnen die geniale Jenna das Leben gerettet hatte, auch wenn es mathematisch noch so unwahrscheinlich war. Ihr Talent, um die Ecke zu denken, war daran mit Sicherheit nicht ganz unschuldig gewesen. Dieses Talent war es auch, dem er schier grenzenloses Vertrauen schenkte. Außerdem war Jenna ihm eine Freundin im Gegensatz zur Wahrscheinlichkeit.

„Ich wähle das Vertrauen und Jenn’!“, sagte Shimar fest. „IDUSA, gib mir die Verbindung!“ Der Avatar vor Shimars geistigem Auge nickte und IDUSA führte den Befehl aus. Die Entschlossenheit in der Stimme ihres Piloten hatte ihr verdeutlicht, dass es keinen Wiederspruch mehr von ihr geben durfte.

Das Gesicht der brünetten Chef Ingenieurin erschien breit grinsend wieder vor seinem geistigen Auge. „Na.“, lachte McKnight. „Hast du es dir überlegt?“ „Her mit der Datei, Jenn’!“, forderte der junge Tindaraner. „Ich vertraue dir!“ Dann wendete er sich an sein Schiff: „IDUSA, du hast es gehört!“ „Öffne Systeme für Überspielvorgang.“, sagte IDUSA. „Na, warum nicht gleich so?!“, sagte Jenna und gab den letzten Gedankenbefehl zur Bestätigung. Dann wurde Shiranachs Profil in die Datenbank des Patrouillenschiffes überspielt.

„Das Profil ist angekommen und lässt sich problemlos in meine Systeme integrieren.“, sagte IDUSA nach einer kurzen recht oberflächlichen, aber dennoch ausreichenden Selbstdiagnose. „Also gut.“, sagte Shimar. „Probieren wir es aus! Profil Shiranach Eins laden und ausführen, IDUSA. Zieldimension: Raum-Zeit-Kontinuum!“

IDUSAs Avatar nickte und das Schiff führte Shimars Befehle aus. Für den jungen Tindaraner fühlte sich der Flug an, als würde er sich in einem langsam aber stetig über einen Fluss gleitenden dick aufgepumpten Luftsack befinden, der zwar jeden Stoß irgendwo abfederte, jegliche Richtungs- und Höhenwechsel aber eins zu eins zu ihm durchließ. Das Umschalten auf Normalantrieb war wie die Landung auf einem weich gefederten Trampolin. „Wow!“, lächelte ein total zufriedener Shimar. „Das hat richtig Spaß gemacht!“ „Und es kommt noch besser.“, versprach IDUSA. „Wenn ich Techniker McKnight richtig verstanden habe, müssen wir das jetzt bei jedem Interdimensionalflug tun. Ich habe bereits selbstständig die entsprechende Routine in die Startsequenz für den interdimensionalen Antrieb eingefügt.“ „Na da bin ich aber erleichtert.“, sagte Shimar und grinste über beide Ohren. „Und ich bin, wenn man das bei uns künstlichen Intelligenzen überhaupt so sagen kann, erleichtert, dass ich Sie als Piloten habe und nicht etwa einen Vulkanier.“ „OK.“, sagte Shimar langsam und mit sehr überraschtem Ausdruck im Gesicht. „Erklär mir das mal bitte. Eigentlich müsstet ihr doch prima zusammenpassen.“ „Das bezweifele ich stark.“, sagte IDUSA. „Wie Sie gerade gesehen haben, bin ich in manchen Situationen auf einen Piloten mit Instinkt und Bauchgefühl angewiesen. Ein Vulkanier könnte mir das nicht geben und wir würden immer noch in der für mich doch sehr unschönen Situation festsitzen ohne Ausweg. Tindaraner allerdings, und vor allem von Ihnen weiß ich es, lassen ihr Bauchgefühl und ihre Instinkte zu und haben somit gute Übung darin. Folge dessen würde ich mich niemals von einem Vulkanier fliegen lassen, auch wenn er noch so gelehrt und ein guter Flieger wäre. Vulkanier sind zum Führen tindaranischer Schiffe gänzlich ungeeignet, wenn Sie meine Meinung hören wollen. Ich würde jederzeit einen tindaranischen Piloten oder auch einen aus anderen Spezies mit Gefühlen vorziehen.“ „Upsi!“, machte Shimar und schaute etwas bedient. Gleichzeitig huschte aber ein kleines Grinsen über seine Wangen. „Das lass bloß keines von den Spitzohren hören. Denen würdest du einen ordentlichen Dämpfer verpassen, so eingenommen, wie die von sich sind.“ „Sie irren sich.“, sagte IDUSA. „Da sie ihre Emotionen quasi nach außen hin als nicht existent verkaufen, dürfte es so jemandem gar nichts ausmachen. Nur mir hat die gerade erlebte Situation einiges aufgezeigt und die Augen geöffnet. Es war wie eine regelrechte Offenbarung, Shimar.“ „Na dann.“, sagte Shimar. „Lassen wir das erst mal dahingestellt. Ich weiß ja, dass du mir im Grunde nur ein Kompliment machen wolltest, IDUSA. Vielen Dank. Aber jetzt lass’ uns nach Spuren von vendarischer Spionagetechnik suchen.“ „Wie Sie wollen.“, sagte IDUSA und konfigurierte ihre Sensoren.

Mirdan war zu den Hangars gegangen, die Sytanias Vendar gehörten. Hier hoffte er bereits sein Schiff vorzufinden, mit dem er die Falle für Diran bilden sollte. In den großen hässlichen Hallen war aber nirgendwo jemand zu sehen, der ihm weiterhelfen hätte können. Er wollte schon umkehren und wieder zu Telzan gehen und ihn fragen, als er von einem älteren Mann leise angesprochen wurde. „Bleib mal stehen, Junge.“, sagte der Mann, den Mirdan jetzt als einen älteren Vendar mit bereits leicht grauem Fell identifizierte. Mit seinen 1,34 m war er für einen männlichen Vendar im oberen Durchschnitt. Über seinem etwas längeren grauen Fell trug er die typische Uniform eines vendarischen Technikers, die juteartig und schwarz war. Wahrscheinlich war diese Farbe weniger schmutzanfällig. Im Bauch eines Schiffes konnte sich schließlich im Laufe der Zeit, in der es in Betrieb war, so einiges ansammeln. Dazu trug er schwarze Arbeitsschuhe.

Telzans Schüler hatte sich jetzt erschrocken umgedreht. Der Fremde lächelte, als er auf den Novizen zuging. „Hallo, mein Junge.“, sagte er und gab Mirdan die Hand. Dieser nahm sie vorsichtig und senkte respektvoll den Kopf. „Telzan hat dein Kommen bereits angekündigt.“, sagte der Techniker mit seiner zwar etwas krächzenden, aber trotzdem für die Ohren des Novizen sehr angenehmen Stimme. Wie ein lieber alter Großvater hörte er sich an. Mirdan war sicher, dass seine Mission, würde er sie vorbereiten, bestimmt in guten Händen bei ihm war.

„Mein Name ist übrigens Eshlan.“, stellte sich der Techniker vor. „Ich heiße Mirdan.“, sagte der Novize. „OK.“, sagte Eshlan. „Dann komm mal mit. Du sollst gleich sehen, was ich für dich für ein schönes Schiffchen vorbereitet habe.“

Er führte Mirdan in eine der Hallen, in der sich hauptsächlich ältere Schiffe befanden. Ganz in der hintersten Ecke blieb er vor einem stehen. „So.“, sagte Eshlan. „Das ist sie. Schau sie dir ruhig erst mal von außen an. Den Rest erkläre ich dir später.“ „OK.“, sagte Mirdan und begann um das Schiff herumzulaufen. Dabei fiel ihm auf, dass es wohl schon einige Kämpfe mitgemacht haben musste. Jedenfalls kündeten davon diverse Stellen, an denen bereits Reparaturen vorgenommen worden sein mussten, so wie es aussah. Die Hüllenplatten, die hier eingebaut waren, glänzten nämlich noch relativ neu im Gegensatz zum Rest der Hülle.

„Sie hat schon einiges mitgemacht, Eshlan, nicht wahr?“, stellte Mirdan fest und strich mit der rechten Hand über eine der Stellen, als würde er eine Wunde streicheln wollen, die gerade im Heilen begriffen war. „Oh du hast ein gutes Auge, Mirdan.“, sagte Eshlan, der über seine Feststellung sehr erstaunt war. Diese hatte er dem in seinen Augen noch recht unerfahrenen Novizen wohl nicht zugetraut. „Das muss ich haben, Eshlan.“, sagte Mirdan. „Sonst hätte mich Telzan sicher nicht in Sytanias Leibgarde ausbilden lassen, deren Oberster er ist. Aber das kommt ja automatisch daher, dass er Sytanias Vertrauter ist.“ „Das ist wohl so.“, sagte der Techniker.

Der Novize war an der Luke zum Cockpit stehengeblieben. „Wie ich das sehe.“, sagte Eshlan, der das Tun Mirdans gespannt beobachtet hatte. „Kannst du es kaum noch erwarten, endlich loszukommen. Aber ich muss dir noch etwas zeigen. Nimm bitte den Schaltschlüssel.“

Mirdan nahm aus Eshlans Hand den Schaltschlüssel entgegen. Dann öffnete er mit ihm die Luke. Der Schaltschlüssel berechtigte ihn auch zum Zugriff auf die Systeme des Schiffes, solange noch keine biometrischen Daten von ihm ins System eingelesen waren, an denen der Mishar ihn hätte erkennen können.

„Steig bitte ein und warte auf mich.“, sagte Eshlan. Mirdan nickte und tat, was ihm aufgetragen worden war. Dann wartete er auf Eshlan, der ihm etwas behäbig folgte. „Komm mit nach hinten in den Frachtraum.“, sagte der Techniker und grinste, als wollte er dem Novizen einen gerade gefundenen Schatz präsentieren, von dem aber niemand anderes erfahren sollte. Mirdan folgte ihm vertrauensvoll.

Im Frachtraum angekommen berührte der Techniker einige Felder mit den Fingern seiner rechten Hand, die sich auf Rot gekennzeichneten Modulen befanden. Dies ließ eine kleine Klappe nach links gleiten, die den Blick auf einige Module freigab. Mirdan erkannte, dass es sich um einen Wartungsschacht handeln musste.

„Schauen wir mal, ob du selbst drauf kommst.“, grinste Eshlan, während er zusah, wie der Novize die Module in Augenschein nahm. Er hielt ihn, obwohl er ihn kaum kannte, offensichtlich für intelligent genug dafür.

„Eines der Module hat einen farbigen Streifen an seinem Riegel.“, sagte Mirdan, nachdem er die Module lange betrachtet und darüber nachgedacht hatte, was Eshlan gemeint haben könnte. Auch einige Experimente mit veränderten Blickwinkeln hatte er durchgeführt. „Man sieht ihn nicht sofort. Nur wenn man sich bückt und seinen Kopf um ca. 45 Grad nach links dreht aus dieser Position.“ „Richtig.“, sagte Eshlan lobend. „Ich sehe, Telzan scheint dich gut vorzubereiten. „Wenn du nicht auf alle Eventualitäten gefasst wärst, hättest du das bestimmt nicht erkannt. Aber offenbar will er erreichen, dass du immer und zu jeder Zeit mit allem rechnest.“ „Ja.“, sagte Mirdan. „Telzan ist ein sehr guter Ausbilder. Er wird sicher einen sehr guten Kämpfer aus mir machen.“ „Oh das kann er aber nicht, wenn du nicht wenigstens ein bisschen eigenes Talent mitbringst, das er formen kann. Sonst geht es auch nicht.“ „Danke, Eshlan.“, sagte Mirdan. „Aber könntest du mir jetzt bitte erklären, was es mit dem Modul auf sich hat?“ „Aber sicher kann ich das.“, sagte Eshlan und grinste schon wieder. „Dieses Modul ist eine Kreuzung, die leicht defekt ist. Sie verbindet Leitungen, die etwas mit dem interdimensionalen Antrieb zu tun haben. Wenn du ihn benutzen willst, wird sie durchbrennen. Die kleine Markierung habe ich angebracht, damit du sie auch gut sehen kannst, falls uns Diran doch draufkommen sollte. Dann musst du ja die Möglichkeit haben, von selbst wieder flüchten zu können und dann musst du dein Schiff ja selbst reparieren können. Hier. Steck das ein!“ Er überreichte Mirdan ein ähnliches Modul, der es gleich in seine Hosentasche gleiten ließ. „Ach, noch was.“, sagte Eshlan. „Wir haben Veränderungen in der interdimensionalen Schicht gesehen. Ich habe den Mishar mit einem Programm gefüttert, das diese kompensieren wird.“ „Danke, Eshlan.“, sagte Mirdan. „Und ich will ja nicht unhöflich erscheinen, aber es wäre wirklich gut, wenn ich bald losfliegen könnte.“ „Kein Problem.“, sagte der Techniker und verließ das Cockpit.

Sofort nach dem Schließen der Luke startete Mirdan. Er war fest entschlossen, seine Mission zum Erfolg zu führen.

Diran hatte erfolglos versucht, Shiranach oder ihren Mann über ihr Rufzeichen zu erreichen. Zwar hatte der Computer seines Sprechgerätes ihm zu seinem eigenen Erstaunen gemeldet, dass er das Rufzeichen zwar ansprechen könne, eine Antwort jedoch ausbliebe. Also hatte der Vendar beschlossen, sich mit seinem Schiff auf den Weg ins Tembraâsh, oder zumindest bis in die interdimensionale Schicht zu machen. Zu diesem Zweck hatte er es jetzt gewartet und war losgeflogen. Er ahnte ja noch nicht, was dann bald auf ihn zukommen würde.

Mirdan war an einer ihm für sein Vorhaben sehr geeignet erscheinenden Position angekommen, von der aus er seinen Auftritt inszenieren wollte. Er hatte geplant, den interdimensionalen Antrieb kurz zu aktivieren, um in die interdimensionale Schicht vorstoßen zu können. Eine andere Möglichkeit gab es für ihn ja auch nicht, denn das von Eshlan manipulierte Relais würde ja viel zu schnell durchbrennen. Eine Dimension würde er ohnehin nicht erreichen können. Er würde nur wissen müssen, wohin das Objekt seiner Begierde wollte, um die programmierte Zieldimension anzupassen. Zu diesem Zweck beobachtete er Diran genau mit den zwar nicht gerade hochwertigen, aber dennoch ihren Zweck erfüllenden interdimensionalen Sensoren seines Schiffes. „Er will also ins Tembraâsh.“, sagte der Novize zu sich. „Bei allen Göttern, muss der verzweifelt sein! Er müsste doch eigentlich genau wissen, dass das nicht geht. Aber das macht nichts. Hauptsache, wir werden uns begegnen. Durch diese hohle Gasse muss er schließlich kommen.“ Er grinste gemein, während er den Antrieb seines Schiffes konfigurierte.

 

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