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Maron hatte sich, wie er es vor längerer Zeit angekündigt hatte, in Zirells Bereitschaftsraum begeben. Hier hatte er jetzt seinen Neurokoppler in einen Port an der Konsole auf Zirells Schreibtisch gesteckt. Der Rechner der Station hatte daraufhin sofort seine Reaktionstabelle geladen. „Was gibt es, Agent Maron?“, fragte IDUSA freundlich. „Warum möchten Sie mit mir allein sprechen?“ „Die Sache, die ich mit dir vorhabe.“, begann der Demetaner. „Ist etwas kompliziert. Ich hoffe, dass wir das zusammen hinbekommen werden.“ „Wenn es kompliziert ist.“, sagte der Rechner. „Würde ich die Hilfe von Techniker McKnight in Anspruch nehmen, wenn ich Sie wäre. Ich denke, das könnte uns einige Komplikationen ersparen.“ „Oh ich glaube kaum, dass wir ihre Hilfe benötigen werden, IDUSA.“, sagte Maron. „Ich bin nämlich sicher, dass du mir die Fragen, die ich an dich habe, auch selbst beantworten kannst.“ „Dann schießen Sie mal los!“, forderte IDUSA ihn auf.

Maron setzte sich. Die gesamte vorherige Zeit über hatte er mit aufgesetztem Neurokoppler stehend verbracht. „OK.“, sagte er. „Sag mal, wenn ich mir ein Bild vorstelle, kannst du es dann auch sehen?“ „Selbstredend, Agent.“, sagte der tindaranische Computer. Es ist nichts anderes für mich als jeder Gedankenbefehl, den Sie mir geben.“ „Und kannst du auch eine Stimme erkennen, die ich mir vorstelle?“, fragte der erste Offizier immer noch sehr ungläubig. „Auch das kann ich.“, sagte IDUSA. „Warum bezweifeln Sie das?“ „Es tut mir leid.“, sagte Maron. „Ich habe wohl immer noch meine Schwierigkeiten mit tindaranischer Technologie. Aber wenn das wirklich funktionieren sollte, was ich vorhabe, dann würde es mich auch gleichermaßen faszinieren.“ „Ich hörte, dass Sternenflottenoffiziere Dinge lieben, die faszinierend sind.“, versuchte IDUSA die Situation aufzulockern. Ihr war klar, dass Maron wohl einiger Hilfe bedurfte, was das anging. Seine Psyche schien immer noch nicht mit diversen Eigenheiten der tindaranischen Technologie zurechtzukommen. Sie konnte zwar kein Mitleid im eigentlichen Sinne empfinden, wusste jedoch, dass sein Verhalten in der Hinsicht Bände sprach. Darauf konnte sie durchaus mit gelernten Mustern reagieren und eines von ihnen war eben auch, dass sie einen lockeren Spruch klopfte. Maron, der damit wohl nicht gerechnet hatte, musste laut lachen. „Na sehen Sie.“, sagte IDUSA und ihr Avatar vor seinem geistigen Auge lächelte ihn an. Dabei kam Maron sich vor, als wäre er bei seinem ersten Rendezvous. „Aber Sie brauchen doch nicht nervös zu sein.“, sagte der Rechner. „Jedenfalls werden Sie keinen so großen Fehler machen können, der mich beleidigt, den Raum verlassen und heulend in das Shuttle meiner besten Freundin steigen lässt.“

Jetzt war der Knoten endgültig geplatzt! Maron saß da und schlug sich auf die Schenkel vor Lachen. Wahrscheinlich hatte er sich das gerade vorgestellt. „Macht sich etwa O’Riley ab und zu an deiner Verhaltensprogrammierung zu schaffen, IDUSA?“, fragte der Erste Offizier zwischen zwei Lachsalven. „Was du da gerade von dir gegeben hast, könnte nämlich durchaus zu ihrem Humor passen.“ „Nun.“, sagte der Rechner. „Ohne sie kompromittieren zu wollen, ja. Sie tut es auch bei mir.“ „Du hast den Technical Assistant nicht kompromittiert.“, sagte Maron. „Ich habe nämlich keineswegs vor, ihr aus der Sache einen Strick zu drehen. Im Gegenteil! Damit hat sie erreicht, dass ich mich in deiner Gegenwart viel wohler fühle und jetzt auch keine Probleme mehr mit unserem Vorhaben habe. Also, IDUSA, wer ist diese Frau?!“

Der Demetaner begann damit, sich auf das Bild des Quellenwesens, das er in seinem Kopf hatte, zu konzentrieren. Dann sagte er: „Such bitte auch in den mit uns vernetzten Datenbanken der Sternenflotte und unseren politischen Verbündeten, sofern du an sie herankommst! Ich hätte auch noch eine Stimmprobe. Achtung!“ Er ließ auch Illianes Sätze noch einmal in seinem Geist revuepassieren. „Ich habe ein sehr deutliches Bild und eine sehr deutliche Stimmprobe von Ihnen erhalten.“, sagte IDUSA. „Allerdings könnte die Suche ein wenig dauern. „Das macht nichts.“, sagte der Agent. „Wenn du nichts dagegen hast, dann könntest du mir vielleicht in der Zwischenzeit einen Kaffee replizieren.“ „Also gut.“, sagte IDUSA.

Ein leuchtendes Lämpchen am Auswurffach des Replikators kündete von der Ausführung des Befehls. Maron stand von seinem Sitzkissen auf und ging hin, um seinen Kaffee in Empfang zu nehmen. Dann setzte er sich mit der Tasse in der rechten Hand wieder auf seinen Platz. Den Neurokoppler, den er zwischenzeitlich abgelegt hatte, um sich freier bewegen zu können, setzte er auch wieder auf.

IDUSA hatte vor seinem geistigen Auge eine Graphik aufgebaut, in der er jetzt genau über ihre Suche informiert wurde. Sie bestand aus den jeweiligen allgemeingültigen Kennzeichen der Gebiete, zu denen die Datenbank gehörte, die sie gerade durchsuchte und einem roten Punkt, der durch das Gebiet wanderte.

Im Gebiet der Föderation blieb der Punkt plötzlich stehen. „Ich gehe davon aus, dass du etwas gefunden hast, IDUSA.“, sagte Maron. „Das ist korrekt.“, sagte IDUSA.

Sie zeigte ihm das Bild eines jungen Allrounders ehrenhalber, der zwar von Statur und Größe durchaus Illiane entsprach, aber einen kleinen Faktor hatte, der Maron empfindlich zu stören schien. „Das ist sie!“, sagte der Agent. „Aber warum hast du sie in die Uniform eines Allrounders ehrenhalber gesteckt?“ „Weil sie einer war.“, sagte IDUSA. „Zu ihren Lebzeiten war Allrounder Illiane St. John Mitglied der Crew der USS Eclypse, die von Commander Jaden H. Huxley kommandiert wurde. Durch ihre damalige Bereitschaft, Sytanias Beteiligung an einem Anschlag auf Dills Leben aufzudecken, kam sie dorthin. Sie hat damals gegen ihre ehemalige Raumpiratenbande ausgesagt. Sie wurde von ihren Vorgesetzten und ihren Kameraden gleichermaßen als sehr loyal und verlässlich beschrieben. Sie …“ „Halt, IDUSA!“, sagte Maron und schlug die Hände über dem Kopf zusammen. „Wie soll ich mir denn das alles merken?! Repliziere mir einen Datenkristall und zieh ihr Profil darauf. Dann habe ich zumindest auch etwas, das ich Zirell zeigen kann.“ „Wie Sie wünschen.“, sagte IDUSA und führte Marons Befehle aus. Der Agent war sehr froh, endlich etwas in der Hand zu haben. Die Situation an sich war ihm nämlich nicht ganz geheuer gewesen, aber jetzt hatte er etwas, das er Zirell und der Zusammenkunft präsentieren konnte, wenn es hart auf hart kam. Diese Aussicht ließ ihn große Erleichterung empfinden.

Abwartend saß Zirell auf ihrem Platz in der Kommandozentrale. Dabei schloss sie mit sich selbst Wetten ab, ob es Maron gelingen würde, über seinen Schatten zu springen, was die doch sehr intensive Arbeit mit IDUSA anging. So eng, wie er jetzt mit ihr zusammenarbeiten müsste, hatte er es nämlich noch nie getan und er hatte ihr gegenüber auch einmal gestanden, ernsthafte Schwierigkeiten mit der Tatsache zu haben, dass ein Computer seine Gedanken lesen könne. Das war zwar relativ nah am Anfang ihrer Zusammenarbeit gewesen, schien aber ab und zu immer noch durch, wenn Maron IDUSA benutzte. Die Tindaranerin war sehr gespannt, wie er dieses Mal mit der Situation umgehen würde. Sie hatte ihm irgendwie nicht ganz abgenommen, dass er seine Pläne nur wegen eventueller Bedenken, die eigentlich schon längst aus dem Weg geräumt waren, über den Haufen geworfen hatte. Sie hatte sich zwar nichts anmerken lassen, aber tief in ihrem Inneren hatte Zirell all das, was Maron gesagt hatte, eher für eine billige Ausrede, als für die Wahrheit gehalten.

Sie kam allerdings nicht mehr dazu, weiter über die Situation nachzudenken, da IDUSA ihr im nächsten Moment meldete: „Commander, ich habe Joran für Sie!“ „Gib her.“, meinte Zirell lakonisch.

Das Bild des Avatars vor ihrem geistigen Auge wich dem des Vendar. Dann sagte eine Zirell sehr wohl bekannte Stimme: „Ich grüße dich, Anführerin Zirell!“ „Hallo, Joran.“, erwiderte Zirell. „Ich sehe, du hast Dirans Schiff im Traktorstrahl. Bring es am besten gleich nach Andockplatz 2. Jenna und Shannon sollen sich darum kümmern.“ „Das will ich gern tun, Anführerin.“, sagte Joran. „Außerdem werde ich Diran sofort auf die Krankenstation beamen lassen. Aber es wäre gut, wenn Agent Maron und du mich an der Schleuse erwarten könntet. Ich muss ihm etwas übergeben und dir etwas sagen. Eigentlich muss ich es euch allen sagen.“ „Du verstehst es vorzüglich, jemanden auf die Folter zu spannen.“, sagte Zirell. „Was kann denn das für ein Geheimnis sein?“ „Bitte lass uns im Konferenzraum darüber reden, Anführerin.“, sagte der Vendar, dem es überhaupt nicht gefiel, eine Sache mehrmals berichten zu müssen. „Du solltest alle herbeiholen. Es hat nämlich etwas mit unser aller Sicherheit zu tun.“ „Nein, diese Andeutungen!“, sagte Zirell und tat pikiert. „Aber wenn du meinst, dann werde ich allen Bescheid sagen, wenn du es unbedingt für nötig hältst.“ „Das tue ich in der Tat.“, bestätigte Joran. „Also gut.“, sagte Zirell. Dann befahl sie IDUSA, die Verbindung wieder zu beenden.

Mit stolz geschwellter Brust und den Datenkristall mit dem Profil weithin sichtbar vor sich her tragend, als sei er eine frisch erlegte Trophäe, die er Zirell unbedingt zeigen wolle, hatte der demetanische erste Offizier die Kommandozentrale wieder betreten. Dann hatte er sich neben seine Vorgesetzte gesetzt und sie wartend angesehen.

Zirell hatte dies, da es auch sehr leise geschehen war, zuerst nicht wirklich registriert. Umso überraschter war sie, als er sie dann doch, aus ihrer Sicht sehr plötzlich, ansprach: „Zirell?“ Sie fuhr herum. „Oh, Maron.“, sagte sie schnell. „Du bist schon wieder zurück? Und was hast du denn da Schönes?“ „Das wirst du gleich sehen, Zirell.“, sagte Maron und beugte sich zum Laufwerk an der Arbeitskonsole, an der beide saßen, hinunter. Dann schob er den Datenkristall hinein. „IDUSA.“, befahl er in Richtung des Rechners. „Die auf dem gerade von mir in Laufwerk A an dieser Konsole eingelegten Datenkristall vorhandene Datei aufrufen!“ „Sofort, Agent.“, gab der Rechner nüchtern zurück und führte Marons Befehl aus.

Vor den geistigen Augen der Kommandantin und ihres Ersten Offiziers erschien das Deckblatt von Illianes Personalakte. Links waren ihre persönlichen Daten tabellarisch aufgeführt. Die rechte Hälfte des Blattes wurde von einem großen Foto ausgefüllt, das sie zeigte. Sofort fiel Zirell die Ähnlichkeit auf. „Wer ist das, Maron?“, fragte sie. „Darf ich dir Allrounder ehrenhalber Illiane St. John vorstellen, Zirell?“, fragte Maron höflich und lächelte sie an, als seien sie in einem Café in einer kleinen privaten Plauderrunde und Illiane sei eine seiner Freundinnen. Wenn man den Hintergrund betrachtete, aus dem heraus er dieses tat, machte sein Verhalten aber durchaus einen Sinn. Schließlich war es sein Bestreben, sie Zirell als eine Freundin zu präsentieren, der man vertrauen konnte.

Die Tindaranerin betrachtete das Foto sehr genau. Dann fragte sie: „Denkst du wirklich, das ist unser Quellenwesen?“ „Was ich denke, spielt in diesem Fall keine Rolle, denke ich.“, sagte Maron. „IDUSA hat sie eindeutig identifiziert und das konnte sie nur anhand meiner Gedanken tun!“ In seinem letzten Satz war viel Stolz mitgeschwungen. „Du hast dich also tatsächlich getraut.“, sagte Zirell und klopfte ihm auf die Schulter. „Ja, das habe ich.“, sagte Maron. „Aber um ehrlich zu sein, hat IDUSA es mir auch sehr leicht gemacht. Zuerst hatte ich Schwierigkeiten. Das hat sie wohl auch gesehen. Dann hat sie einen Witz gemacht und peng war meine Angst verflogen.“ „Peng!“, wiederholte Zirell verwundert. „Interessante Wortwahl. Passt irgendwie aber nicht ganz zu dir, findest du nicht? Mich würde mal interessieren, welche Rolle Shannon bei der ganzen Sache gespielt hat.“ „Shannon.“, sagte der erfahrene Kriminalist und zog die Stirn kraus. „Ja, in gewisser Hinsicht hat sie damit zu tun. Sie hat IDUSA erst ermöglicht, dass sie mir meine Angst mit einem coolen Spruch nehmen konnte. Sie peppt von Zeit zu Zeit ihre Sprachroutinen auf, wie es aussieht. Darin ist sie aber so gut, dass wir es anscheinend bisher noch nie bemerkt haben. Allerdings nur bis heute.“ „Interessant.“, sagte die ältere Tindaranerin. „Ich denke, ich werde mal ein ernstes Wort mit ihr reden müssen.“ Bei ihrem letzten Satz grinste Zirell, Dieses Grinsen schien bei Maron allerdings nicht anzukommen. „Willkommen im Fettnapf, Maron.“, sagte der Demetaner leise, aber doch gut hörbar für Zirell. „Das hatte ich damit eigentlich nicht beabsichtigt. Ich wollte Ms. O’Riley eigentlich nicht kompromittieren.“ „Und ich hatte nie beabsichtigt, Shannon an den Karren zu fahren.“, tröstete Zirell. „Nicht?“, fragte Maron verwirrt. „Aber du sagtest doch …“ „Ach das.“, sagte Zirell und grinste erneut. Dieses Mal aber direkt in seine Richtung und so breit, dass er es auf keinen Fall übersehen konnte. „Das war doch nicht ganz ernst gemeint. Hast du meinen Gesichtsausdruck denn nicht gesehen?“ „Der muss mir wohl völlig entgangen sein.“, sagte Maron. „Ich war wohl mit meinen Gedanken total in anderen Sphären. Aber lass uns bitte zu St. John zurückkommen, Zirell. Ihre Vorgesetzten und ihre Kameraden haben große Stücke auf sie gehalten. Sie war immer sehr loyal, obwohl sie eigentlich eine Raumpiratin war. Aber das ist sie nur geworden, weil das Schicksal es nicht gut mit ihr meinte und sie auf die schiefe Bahn geschickt hat. Ihr Herz aber saß am richtigen Fleck!“ „Ich finde es ja sehr löblich, dass du für diese Offizierin eine solche Lanze brichst.“, sagte Zirell. „Aber woher weiß ich, dass sie wirklich unser Quellenwesen ist?“ „Laut ihren Daten.“, begann Maron. „War sie das schon immer. Sie wurde nur als Sterbliche geboren, um ihre Mission ausführen zu können. Ihre Eltern waren ein Terraner und eine Capellanerin. Das bedeutet, sie hatte einen sehr guten Geruchssinn, der ihr damals ermöglichte, Sytania zu entlarven. Aber das steht ja alles hier drin. Aber ich weiß schon, auf was du hinaus willst. IDUSA, ersetze die Uniform von Allrounder St. John durch das Kleid, das sie auf dem Bild getragen hat, das du von mir bekommen hast!“

Der Rechner führte Marons Befehl aus und augenblicklich sahen der Agent und Zirell wieder das Bild vor sich, das sie auch in ihrem Geist gesehen hatten, als Illiane mit ihnen sprach. „Das sieht schon anders aus.“, sagte Zirell. „Das bedeutet.“, sagte Maron. „Du glaubst mir jetzt?“ „Ja, das tue ich.“, sagte Zirell beschwichtigend. „Natürlich tue ich das. Es war nur alles im ersten Moment etwas verwirrend für mich.“ „Was glaubst du, was es für mich war.“, stöhnte Maron und legte die Stirn in Falten.

IDUSA zeigte sich beiden erneut über die Neurokoppler. Dann räusperte sie sich und sagte: „Commander, Joran hat gerade gedockt und Diran ist auf der Krankenstation. Techniker McKnight ist informiert, was die Untersuchung von Dirans Schiff angeht. Auch Ishan habe ich über die Situation in Kenntnis gesetzt. Es wäre gut, wenn Sie und der Agent Joran empfangen würden.“ „Oh sicher, IDUSA.“, erinnerte sich Zirell, die während der Unterhaltung mit Maron tatsächlich die Vereinbarung mit Joran aus den Augen verloren hatte. „Sag Joran bitte, dass wir auf dem Weg sind.“ „Wie Sie wünschen.“, sagte der Rechner der Station und löschte die Reaktionstabellen des Commanders und des Agenten aus ihrem Arbeitsspeicher.

Maron und Zirell hatten ihre Neurokoppler abgenommen. „Was hat sie da gerade gemeint?“, fragte Maron, der ja von der vorherigen Unterhaltung zwischen Zirell und Joran nichts mitbekommen hatte. „Sie meinte, dass wir zur Schleuse gehen und dort Joran empfangen sollen.“, erklärte Zirell. „Ich habe gerade mit ihm gesprochen. Er hat Diran und sein Schiff mitgebracht. Diran ist bereits auf der Krankenstation. Ishan wird tun, was in seinen Kräften steht, um ihm zu helfen. Ich bezweifele allerdings, dass das viel sein wird. Joran hat noch etwas angekündigt. Anscheinend möchte er uns noch etwas sagen und dir etwas geben. Er hat mich gebeten, alle im Konferenzraum zusammen zu holen.“ „Dann muss das ja wohl etwas sehr Gravierendes sein.“, vermutete Maron. „Davon gehe ich auch aus.“, sagte Zirell und stand auf: „Komm!“ Maron nickte nur, tat es ihr gleich und folgte ihr.

Jenna Stand an der Tür zur Schleuse und lächelte, als Joran die Station betrat. Auch der Vendar hatte sie erblickt und schlang sofort seine Arme um sie, als hätte er sie Tagelang nicht gesehen. „Da habe ich dich ja endlich wieder, meine über alles und am heißesten geliebte kluge und wundervolle Telshanach!“, sagte er und drückte sie an sich, um sie dann lange und genießerisch zu küssen. Shannon, die alles aus dem Hintergrund beobachtet hatte, warf dem Paar nur einen angewiderten Blick zu: „Könnt ihr damit nicht warten, bis ihr zu Hause seid?!“

Die Tür zum Korridor öffnete sich und Maron und Zirell betraten den Raum. Auch sie wurden jenem Begrüßungsritual ansichtig. „Ach.“, sagte Zirell nur und deutete auf das Liebespaar, um dann ihren Ersten Offizier anzusehen und ihn zu fragen: „Sind die zwei nicht süß, Maron?“ „Oh ja, bei Mutter Schicksal!“, rief der Demetaner aus, dem wohl gerade durch den Kopf ging, was ihm wohl blühen würde, würde er sich einmal in eine Vendar verlieben.

Er wendete sich Jenna zu: „Sie haben großes Glück mit ihm, McKnight. Sie zwei dürften schon zusammen sein, seit ich hier auf dieser Station bin und Ihre Beziehung scheint noch nicht im Mindesten eingerostet.“ „Deine Vorstellung ist korrekt, Maron El Demeta!“, sagte Joran fest und küsste Jenna noch einmal feurig zum Beweis, was sie sich auch lächelnd und ihn dafür leidenschaftlich ansehend gefallen ließ. Sie gab sogar mehrere Laute des Gefallens von sich.

Zirell stellte sich so hin, dass beide sie gut sehen gekonnt hätten, wenn sie ihre Blicke nur einmal kurz voneinander wenden würden. Dann räusperte sie sich und sagte: „Es liegt mir fern, eure Begrüßung zu stören, aber hast du nicht etwas angekündigt, Joran?“ „In der Tat, Anführerin Zirell.“, sagte der Vendar, ließ widerwillig, aber dennoch pflichtbewusst von Jenna ab und griff in die Brusttasche seiner Uniform. Zum Vorschein holte er jenen kleinen Behälter, in dem sich die Überreste des Röhrchens befanden, aus dem Diran das Gift getrunken hatte. Dies übergab er Maron. „Du wirst dich aber mit Ishan absprechen müssen, Maron El Demeta.“, sagte er. „Er wollte auch noch einmal einen Blick auf das Röhrchen werfen, um zu berechnen, wie hoch die Dosis des Giftes war, die Diran genommen hat.“ „Kein Problem, Joran.“, sagte der Erste Offizier und winkte lakonisch ab. „Das hatte ich ohnehin als Nächstes geplant. Die überwachte Außenmission von Shimar hat einiges zutage gefördert, das sich wohl nur auf der Krankenstation klären lässt. Schließlich muss sich ein guter Kriminalist alles ansehen. Dann werde ich mich auch mit Ishan bezüglich des Röhrchens unterhalten.“ „Davon bin ich ausgegangen, Agent Maron.“, sagte Joran.

Zirell wandte sich Jenna zu: „Du solltest Dirans Schiff auf den Kopf stellen, Jenn’. Nach allem, was wir wissen, hat dort alles das stattgefunden, weshalb er sich auch gerichtet hat. Vielleicht finden sich ja dort noch mehr Hinweise.“ „In Ordnung, Zirell.“, sagte die Technikerin.

„Und ich kümmere mich dann mal um dein Schiff, Joran.“, sagte Shannon. „Da wird es nicht viel zu kümmern geben, Shannon O’Riley.“, sagte Joran. „Ich habe keine Fehlfunktionen feststellen können.“ „Sicher is’ sicher.“, flapste die blonde Irin. „Außerdem bin ich nich’ gern arbeitslos.“ „Na gut.“, stimmte der Vendar schlussendlich doch zu. „Die eine oder andere Wartung mehr kann ja nicht schaden.“ „Das sehe ich genauso, Grizzly.“, sagte Shannon und holte ihre Werkzeugtasche.

Maron hatte sich Noch einmal Jenna zugewandt, die sich mit einem Pad in der Hand auf den Weg zu Dirans Schiff gemacht hatte. „Wenn Sie etwas finden sollten, McKnight …“, sagte er. „Ich weiß.“, sagte Jenna. „Dann gebe ich Ihnen sofort Bescheid, Sir.“ „Sehr aufmerksam von Ihnen, Techniker.“, lächelte Maron. Dann verließ der Agent den Raum in Richtung Krankenstation.

Nun war es Zirell, die sich Joran zudrehte. „Du wolltest uns doch allen auch noch etwas mitteilen.“, erinnerte sie ihn. „Das hat noch etwas Zeit, Anführerin.“, sagte der Vendar. „Im Augenblick müssen wir uns wohl um wichtigere Dinge kümmern, wie es mir scheint.“ „In der Tat, wie du zu sagen pflegst.“, sagte Zirell. „Obwohl ich nicht wirklich beurteilen kann, wie wichtig es ist, weil ich den Inhalt deiner Aussage ja noch gar nicht kenne.“ „Es ist wirklich nicht so dringlich.“, sagte Joran. „Ich denke, dass die Situation um Diran im Moment viel mehr Aufmerksamkeit erfordert.“ „Und wieder gibt er den Selbstlosen.“, sagte Zirell leise, aber leider nicht leise genug. Jorans Ohren, die rund 40 % schärfer als die eines durchschnittlichen Menschen waren, war das nicht entgangen. „Bitte vertrau mir, Anführerin.“, bat er. „Ich werde euch alles sagen, wenn es Zeit dafür ist. Aber jetzt …“ „Schon gut, schon gut.“, beschwichtigte Zirell ihn, der plötzlich sehr aufgeregt geworden war. „Ich vertraue dir ja. Du bist immer loyal gewesen und hast uns nie …“

Etwas hatte sich in ihrem Geist in den Vordergrund gedrängt. Etwas, das sie zwar immer leicht gespürt, bis jetzt aber erfolgreich zu ignorieren versucht hatte. Jetzt aber ging das nicht mehr. Je länger sie sich auch geistig mit Joran befasst hatte, desto deutlicher war ihre Wahrnehmung geworden. „Ich wollte vor den anderen nichts sagen, Joran.“, sagte sie. „Aber du trägst ein echtes Feld, nicht wahr?“ Der Vendar nickte. „Wo kommt das her?“, fragte Zirell, der die Herkunft des Feldes deshalb nicht ganz klar sein konnte, weil es aus der Energie von so vielen Wesen bestand und somit das Einsortieren einer geistigen Prägung für sie quasi unmöglich wurde. „Es ist eine Schöpfung der Quellenwesen, Anführerin.“, sagte Joran. „Aber bitte warte, bis ich es euch allen erzählen werde. Nur so viel. Es wird auf keinen Fall unsere Sicherheit gefährden. Auf gar keinen Fall!“ „Das beruhigt mich schon einmal, Joran.“, sagte Zirell. „Ich werde warten, bis Maron mit seiner Besichtigung der relevanten Dinge für seinen Fall fertig ist. Dann werde ich allen Bescheid geben. Wir werden uns dann alle im großen Konferenzraum treffen und dann wirst du uns dein Geheimnis verraten, nicht wahr?“ „In der Tat.“, sagte Joran. „Aber ich denke, wir sollten auch noch auf Shimar warten, oder?“ „Wer weiß, wann er von seiner Mission zurückkommt!“, erwiderte Zirell. „Es könnte ziemlich lange dauern, Tolea davon zu überzeugen, dass sie einen Fehler gemacht hat.“

Der Vendar wich einen Schritt vor ihr zurück. Das tat er immer, wenn ihn etwas irritierte. „Was ist los?“, fragte Zirell. „Wie meinst du das, Anführerin?!“, fragte er leicht alarmiert. „Ich dachte immer, Tolea ist keine von den alten Q, die sich für unfehlbar gehalten haben.“ „Das stimmt ja auch.“, erklärte die tindaranische Kommandantin. „Aber ich denke, dass gerade diese Tatsache ins andere Extrem führen könnte. Tolea hat ein sehr liebevolles, ja fast mütterliches, Verhältnis zu uns Sterblichen. Sie möchte zwar, dass wir lernen, aber sie will nicht, dass wir uns dabei die Finger verbrennen und schon gar nicht will sie diejenige sein, die uns wehtut. Ich bin sicher, dass ihr selbst mittlerweile klar sein dürfte, was sie angerichtet hat, als sie Diran unter den Bann stellte. Das könnte dazu führen, dass sie sich vor Scham am liebsten für immer verstecken würde und keine Lust darauf hat, dass Shimar sie zur Rede stellt. Aber wenn das nicht geschieht, dann werden wir Diran nie helfen können und wer weiß, was Tolea noch in ihrer Trauer und Depression anrichten könnte.“ „In der Tat.“, bestätigte Joran, der sich ja sehr gut mit den Mächtigen auskannte. Schließlich hatte er 90 Jahre lang selbst einer gedient. Aber auch rein aus logischen Gesichtspunkten heraus war es ihm klar. So mancher psychisch kranker Sterblicher hatte schon so manche schreckliche Dinge getan und er wollte sich gar nicht ausmalen, was bei einer psychisch kranken und depressiven Mächtigen geschehen würde. „Es muss Shimar einfach gelingen, sie wieder aus ihrem Loch zu holen. Wenn nicht, dann kann sicher für nichts mehr eine Garantie gegeben werden! Lass uns in die Kommandozentrale gehen und mit ihm Kontakt aufnehmen. Dann werden wir sehen, wie weit er ist. Vielleicht sollten wir ihm auch sagen, dass Diran wohlbehalten bei uns angekommen ist.“ „In Ordnung.“, sagte Zirell, ging an ihm vorbei und winkte ihm dann, ihr zu folgen, was der Vendar auch bereitwillig tat.

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