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Sytania war in ihrem Gemach wieder zu Bewusstsein gekommen. Sie war sehr erstaunt darüber, statt ihres obersten Vendar das Bauernmädchen an ihrem Bett sitzen zu sehen. Erstaunt musterte die Königstochter die kleine Gestalt in ihren ärmlichen abgewetzten Kleidern. Sie war ca. 1,64 m groß, von mittlerer Statur und hatte blonde kurze Haare. Sie trug ein verwaschenes altes Kleid, das ihr eigentlich viel zu groß war. Es musste wohl ihrer großen Schwester gehört haben. Jetzt hatte sie es wohl bekommen und sollte hineinwachsen. An ihren Füßen trug das Mädchen schmutzige verblichene Schuhe.

Sytania setzte sich auf, gleich nachdem sie die Augen geöffnet hatte. „Ihr seid wach!“, rief die Zofe erfreut aus. „Ich werde gleich nach Eurem obersten Vendar schicken! Er hat mir aufgetragen, das zu tun, sobald Ihr erwacht seid!“ „Warum wacht Telzan nicht selbst an meinem Krankenbett?!“, wollte die Prinzessin wissen und sah sie mit einem bohrenden Blick sehr durchdringend und streng an. „Er wollte wichtige Informationen besorgen, Herrin.“, sagte die Kleine mit ihrer hellen kleinen Stimme. „Informationen, die er wohl nur in seiner Garnison bekommen kann. Deshalb sollte ich hier auf Euch achten, solange er weg ist. Was ist mit Euch geschehen? Was hat Euch erkranken lassen? Ich war immer der Ansicht, das sei bei Mächtigen nicht möglich.“ „Sicher nichts, das einen Bauerntrampel wie dich etwas angeht!“, sagte Sytania scharf und warf ihr einen abfälligen Blick zu. „Du solltest dich schämen, dass du überhaupt gefragt hast!“ „Es wird nicht wieder vorkommen, Eure Hoheit.“, sagte das Mädchen. „Eher lasse ich mir die Zunge abschneiden!“ „Recht so!“, erwiderte Sytania. „Und nun lauf und hole mir Telzan! Er wird sich sehr über die gute Nachricht freuen, dass seine Herrin erwacht ist! Hinfort mit dir! Marsch! Über deine Strafe wegen deiner Frage werden Telzan und ich dann auch gemeinsam nachdenken!“ Das Mädchen nickte, stand auf und rannte davon.

Ihr Weg führte sie aus dem Schloss und dann zur Kaserne der Vendar. Hier ließ der Torwächter, ein direkter Untergebener Telzans, sie ohne Fragen passieren, denn er hatte von seinem Vorgesetzten eine genaue Beschreibung ihres Äußeren bekommen. Er führte sie sogar, nachdem er einem anderen Soldaten seinen Posten gegeben hatte, persönlich in den Befehlsstand, wo er von Telzan sofort Order erhielt, auf dem Absatz Kehrt zu machen und wieder zu gehen.

Nun waren Telzan, Cirnach und Mirdan mit ihr allein. „Was ist geschehen?“, wandte sich Telzan verhältnismäßig freundlich an das Mädchen. „Sie ist wach, Telzan!“, sagte sie. „Unsere Herrin ist wach!“ „Na das ist ja schon einmal eine sehr gute Nachricht.“, sagte der Vendar und lächelte sie an. „Sie verlangt danach, dich zu sehen.“, richtete die Zofe aus. „Dann lass uns gehen.“, sagte Telzan und drehte sich ihr zu, die sich bereits langsam wieder in Richtung Tür gewendet hatte. Die kleine nickte und schickte sich an, ihm voran wieder in Richtung Schloss zu gehen.

Mirdan hatte dies beobachtet. Er hoffte inständig, irgendeine Gelegenheit zu bekommen, seine Schande von vorhin wieder gut machen zu können. Cirnachs Worte, die ihn zwar oberflächlich getröstet hatten, schienen wohl doch nicht den passenden Effekt zu haben. Aber er dachte sich schon, wie er das regeln könnte.

Mit einigen großen entschlossenen Schritten, die fast schon eher Sprüngen ähnelte, setzte er Telzan und dem Mädchen nach. Am Tor gelang es ihm tatsächlich noch, sie einzuholen. „Bitte warte einen Augenblick, Ausbilder!“, sagte er etwas außer Atem. „Was ist?“, fragte Telzan. Dabei hatte er sich noch nicht einmal umgedreht. „Ich möchte um Erlaubnis bitten, einige unserer Leute mitzunehmen, die gerade im passenden Teil ihres Sifa-Zyklus sind und mit Ihnen etwas Energie von unseren Getreuen unter den Adeligen des Dunklen Imperiums sammeln. Dann möchte ich nach Valora suchen. Die durch das Rosannium aus Shashanas Waffe verstorbenen Kriegerinnen waren zum größten Teil allein ihre Schöpfungen. Es wird sie also stärker getroffen haben, als es Sytania getroffen hat. Vielleicht kann ihr ja so geholfen werden.“ „Sehr gut, Mirdan!“, lobte Telzan. „Tu, was du dafür tun musst und besorge dir, was du dafür benötigst. Ich gebe dir für die Ausführung freie Hand.“ „Danke, Ausbilder.“, sagte Mirdan und ging strahlend wieder in die andere Richtung, während Telzan und die Zofe ihren Weg in Richtung Schloss fortsetzten.

Der Kleinen fiel es sehr schwer, mit den Schritten des Vendar mitzuhalten. Auch hatte sie immer noch das Gefühl, dass er etwas vor ihr verheimlichte. Sein plötzliches Betreten der Gemächer mit Sytania über den Schultern hatte sie geängstigt. Jetzt wollte sie unbedingt wissen, was der Grund dafür war und wollte sich nicht mit Sytanias Abfuhr zufrieden geben.

Sie beschloss also, Telzan noch einmal auf das gleiche Thema anzusprechen: „Bitte warte einen Augenblick, Telzan.“ Der Vendar drehte sich um und blieb stehen. „Was willst du?“, fragte er. „Ich möchte doch nur wissen, was unsere Herrin so krank gemacht hat.“, antwortete das Bauernmädchen. „Prinzessin Sytania hat zwar gesagt, dass es mich nichts anginge, aber …“ „Und dann erwartest du, dass ich den Befehl meiner Herrin missachte und es dir sage?“, fragte Telzan verächtlich zurück und warf ihr einen ebensolchen Blick zu. „Oh nein! Das wirst du wohl nicht erleben … Ach, wie heißt du eigentlich?“ „Ich heiße Elisa.“, sagte das Mädchen traurig. „Dann hör mir jetzt gut zu, Elisa.“, sagte Telzan. „Wenn du nicht demnächst getötet werden willst, dann stellst du solche Fragen nie wieder! Hast du mich verstanden?!“ Er setzte einen einschüchternden Ausdruck auf und sagte dann: „Es gibt Dinge, die ihr einfachen Imperianer nicht wissen dürft. Diese Dinge teilen die Mächtigen nur mit uns Vendar! So war es schon seit Jahrtausenden und so wird es auch immer bleiben!“ „Ich verstehe.“, sagte Elisa kleinlaut, die ob seines Verhaltens ihr gegenüber jetzt tatsächlich um ihr Leben fürchtete. „Ich werde nie wieder fragen.“, sagte sie mit gesenktem Kopf und beschwichtigendem ängstlichen Gesichtsausdruck. „Nie wieder. Das schwöre ich dir, Vendar. Nur, bitte lass mir mein Leben.“ „Schon gut.“, lachte Telzan. Schließlich brauche ich dich noch und ohne Sytanias Befehl würde ich dich sowieso nicht töten. Du hast also noch mindestens bis zu dem Zeitpunkt eine Galgenfrist, wenn wir bei ihr ankommen. Dann wird die Prinzessin entscheiden, was wir mit dir tun und nun sage mir, was genau geschehen ist, als sie erwacht ist. Aber dabei sollten wir weitergehen. Ich lasse meine Herrin ungern warten.“

Er setzte sich wieder in Bewegung und Elisa tat es ihm gleich. „Die Prinzessin hat sofort nach dir gefragt, Telzan.“, sagte sie. „Oh.“, antwortete Telzan. „Dann muss es ihr wirklich noch sehr schlecht gehen.“

Er schaute wieder hinter sich. „Wenn es so weitergeht.“, sagte Telzan. „Dann sind wir morgen noch nicht im Schloss. Deine kurzen Beine tragen dich viel zu langsam.“ Damit packte er sie um die Hüften und nahm sie huckepack. Das war aber beileibe kein Liebesdienst, sondern sollte nur bewirken, dass sie schneller vorankamen. Es nervte Telzan nämlich gewaltig, immer auf sie warten zu müssen.

Endlich waren sie im Schloss angekommen und Telzan setzte Elisa wieder vor der Tür von Sytanias Gemach ab. „Ich denke.“, sagte er. „Es sollte in deinem Interesse liegen, jetzt zu gehen, wenn dir dein Leben lieb ist.“ „Ich eile, Telzan.“, sagte Elisa, die sehr erleichtert darüber war, dass er offensichtlich bestrebt war, ihr Leben doch zu verschonen. Sie ahnte ja noch nicht, wie sehr sie sich darin irren sollte. Auf Zehenspitzen schlich sie schnellen Schrittes und aufatmend davon.

Telzan drückte langsam die Klinke herunter und trat ein. „Herrin, ich bin es!“, sagte er zwar leise, aber fest. Er wollte erreichen, dass sich Sytania in jedem Fall sicher fühlte. Langsam ging er auf ihr Bett mit den goldenen Beschlägen zu. „Ja, komm näher, Telzan.“, sagte Sytania mit immer noch sehr schwacher Stimme. Ihr Zustand hatte sie wieder zurück in die Kissen gezwungen. Jetzt war sie auch kaum noch in der Lage, sich aufzusetzen.

Der Vendar erschrak. In so einem Zustand hatte er seine Herrin nur selten gesehen. „Was hat Euch Shashana El Chenesa nur angetan?!“, fragte er. „Shashana El Chenesa?“, fragte Sytania zurück. „Du weißt also, wer mich in diesen Zustand gebracht hat?“ „In der Tat, Hoheit!“, sagte Telzan fest und zog ein Pad aus seiner Tasche. Hierauf hatte er sämtliche Bilder gespeichert, die er zu diesem Geschehen vom Rechner seiner Garnison erhalten hatte. „Seht her.“, sagte er. „Laut der Sensorenplattform war der Phaser von Shashanas Schiff genau auf die richtige Trägerfrequenz eingestellt, um Euch und Valora zu schaden.“ „Meilenstein!“, entfuhr es Sytania. „Ich hätte nie gedacht, dass diese verdammte Genesianerin mutig genug sein würde, um Meilenstein gegen ein Einhorn einzusetzen! Ach, Telzan! Wie geht es Valora?“ „Das wird uns mein Novize Mirdan bald verraten können.“, sagte Telzan. „Er ist auf der Suche nach Valora. Wir gehen davon aus, dass sie es vielleicht noch gerade zurück in unsere Dimension geschafft hat. Er will unter den uns getreuen Adeligen Energie sammeln, um sie Valora zu geben.“ „Ach ja. Meine Freundin Valora.“, sagte Sytania. „Aber was ist mit mir? Wie können wir mich wieder stärken, damit ich es dieser Genesianerin heimzahlen kann?“ „Um das zu beantworten.“, sagte Telzan. „Muss ich mir Euren Zustand genauer ansehen.“

Er steckte das Pad wieder ein und zog stattdessen seinen Erfasser, um Sytania genau zu scannen. Er hatte zwar auch etwas gespürt, wollte sich aber nicht allein darauf verlassen. Das Gerät zeigte ihm jetzt sehr genau, welcher Natur die telepathische Verbindung zwischen Valora und Sytania war.

Nach einem genauen Studium der Daten ließ Telzan den Erfasser wieder sinken. Dann sagte er: „Es dürfte gesünder für Euch sein, wenn Ihr die Verbindung für eine Weile trennen würdet. Ich weiß nicht, wie lange es dauern wird, bis mein Novize die nötige Menge an Energie gesammelt haben und sie Valora übergeben haben wird. Ihr müsst schließlich auch noch mindestens einen Tag einrechnen, den er und seine Leute für das Fütterungsritual benötigen werden. Ihr wisst, dass sie dieses mindestens einmal durchführen müssen, um die Energie zu vermehren und dafür zu sorgen, dass sie an Euch weitergegeben werden kann. Sonst werden ihre Sifas das nicht zulassen und sie würden die Energie bis zum natürlichen Ende ihres Sifa-Zyklus tragen müssen. Aber das würde zu lange dauern. Den Trick mit dem Ritual haben wir uns von dem Verräter Joran abgeschaut. Aber selbst wenn es so ist, so ist es doch die Wahrheit.“ „Schon gut, Telzan.“, sagte Sytania. „Ich bin zu allem bereit, wenn es mir nur hilft. Oh dieser Schwindel! Dieser erbarmungslose Schwindel! Wann hört das endlich auf?!“ „Es wird erst dann aufhören, befürchte ich, wenn es gelungen ist, Euch wieder zu stabilisieren.“, sagte Telzan. „Und das Einzige, was jetzt getan werden kann, könnt Ihr nur selbst tun! Bitte trennt die Verbindung zwischen Valora und Euch. Es wäre doch nur für eine Weile, Hoheit! Nur für eine kurze Weile!“ „Sie trennen?!“, rief Sytania empört aus. „Was glaubst du, wie das bei Valora ankommen würde?! Sie wird doch meinen, ich ließe sie im Stich und das kann ich nun gar nicht gebrauchen! Wenn wir die Kräfte in den Dimensionen langfristig zu unserem Vorteil verschieben wollen, dann benötige ich sie und sie benötigt mich! Hast du dir darüber schon einmal Gedanken gemacht?!“ „Das habe ich in der Tat, Gebieterin.“, versuchte Telzan sie zu beschwichtigen. Er wusste genau, dass Aufregung jetzt in keinem Fall gut für sie war. Eine durch Rosannium geschwächte Mächtige konnte sogar, genau wie jede Sterbliche auch, an einem Herzanfall sterben und Shashanas Einsatz von Meilenstein hatte sie sehr geschwächt. Dem Vendar musste dringend etwas einfallen, um sie wieder zu besänftigen. Sonst konnte er für nichts mehr garantieren. Die Werte, die ihm sein Erfasser verraten hatte, alarmierten ihn schon genug.

Er zog sein Sprechgerät. „Ich werde Mirdan fragen, wie weit seine Mission gediehen ist, Herrin.“, schlug er vor. „Außerdem werde ich ihm auftragen, Valora zu erklären, warum Ihr die Verbindung zeitweise trennen müsst. Ich bin sicher, dass sie es verstehen wird.“ „Also gut.“, sagte Sytania, die sich erneut ihrer Schwäche ergeben musste. „Aber lass mich seine Antwort auch hören.“ „Natürlich, Gebieterin.“, sagte Telzan, nahm einige Kissen, die er in ihren Rücken stellte, um sie zu stützen und suchte dann Mirdans Rufzeichen aus dem Speicher seines Sprechgerätes heraus, Dann ließ er das System einen Ruf absetzen, indem er es einfach bestätigte, als es im entsprechenden Fenster auftauchte.

Der Novize und die Vendar-Krieger, die mit ihm gegangen waren, hatten ihre Sammlung bei den Sytania treuen Adeligen beendet und sich auf einer Waldlichtung versammelt. Für keinen der erwachsenen Vendar war es seltsam, dass ein Novize jetzt die Befehlsgewalt hatte, denn die Legitimation durch ihren Anführer Telzan genügte, dass sie diesen Umstand nicht hinterfragten. So war es auch nicht wunderlich, dass sie ihn mit Anführer ansprachen. „Wie sieht es aus?“, fragte Mirdan. „Haben alle Energie bekommen können?“ „Ja, Anführer.“, bestätigten alle Vendar teils verbal und teils durch Kopfnicken. „Gut!“, sagte Mirdan fest. „Dann alle Haltung einnehmen zum Fütterungsritual!“ „Zu Befehl!“, bestätigten alle und setzten sich im Schneidersitz und mit verschränkten Armen auf den Waldboden. Mirdan saß in der Mitte. So konnte er alle gut überblicken.

Gerade wollte er den Befehl zum Beginnen geben, als er von einer jungen Kriegerin angesprochen wurde: „Anführer, dein Sprechgerät.“

Mirdan griff in seine Tasche und zog es hervor. Dann sah er auf das Display, wo er das Rufzeichen seines Ausbilders erkennen konnte. Außerdem hörte auch er jetzt das Signal. „Du hast gute Ohren.“, wendete er sich lobend der Vendar zu, die ihm auf ca. ein Uhr gegenübersaß. Dann drückte er den Sendeknopf, was dem Gerät den Befehl erteilte, das Gespräch anzunehmen.

Jetzt sah er im Display das Gesicht seines Lehrers. „Berichte mir!“, befahl Telzan. „Wie weit bist du?“ „Wir haben alle Energie bekommen, Ausbilder!“, sagte Mirdan fest. „Wir wollten gerade mit dem Fütterungsritual beginnen!“ Er ließ das Gerät bei gedrücktem Sendeknopf einmal durch eine geschickte Handbewegung kreisen. So konnte Telzan sehen, was um ihn herum geschah. „Sehr gut, mein Schüler.“, sagte Telzan. „Wie geht es Sytania?“, erkundigte sich Mirdan. „Sehr schlecht.“, sagte Telzan. „Wirklich sehr schlecht. Sie weigert sich allerdings auch, das zu tun, was ihr Leben retten könnte. Sie will die Verbindung zu Valora einfach nicht trennen!“ „Das wird auch bald nicht mehr nötig sein!“, versicherte Mirdan. „Ich bin zuversichtlich, dass wir Valora helfen können und wenn wir ihr helfen können, dann wird das auch Sytania helfen.“ „Das ist korrekt.“, sagte Telzan. „Ich sehe also, du hast aufgepasst, als ich dir die Zusammenhänge der Allianzen von Mächtigen erklärt habe.“ „In der Tat.“, sagte Mirdan. „Aber jetzt lass uns endlich dieses Gespräch beenden, damit wir beginnen können, Ausbilder. Je eher wir helfen können, desto besser ist es für Sytania und Valora.“ „Soll mir recht sein.“, sagte Telzan, der sehr wohl mitbekommen hatte, dass sein Schüler die Dringlichkeit der Situation erkannt hatte. Er befahl noch: „Weitermachen!“, ins Mikrofon, bevor er die Verbindung beendete. „Ihr habt ihn gehört!“, sagte Mirdan, nachdem er sein Sprechgerät wieder eingesteckt hatte. „Beginnen wir!“ Alle nickten und begannen damit, sich auf die für das Fütterungsritual notwendigen Bilder zu konzentrieren.

Mit einem milden Blick hatte sich Telzan Sytania zugewandt. „Ihr seht, es wird alles wieder gut, Herrin.“, sagte er. „Aber ich müsste noch über Eure Zofe Elisa mit Euch reden. Das duldet leider keinen Aufschub, weil sie sonst denken könnte, Ihr wärt inkonsequent.“ „Was ist mit Elisa?“, fragte Sytania. „Sie hat es gewagt, mich zu fragen, was es war, das Euch krank gemacht hat!“, antwortete der Vendar und ihm standen schier die Wutfalten im Gesicht. „Dabei sind das Dinge, die ja nur uns Vendar etwas angehen!“ „Da hast du Recht, mein guter Telzan.“, sagte die Königstochter. „Nun denn, so lass uns nachdenken. Wie kann man so etwas angemessen bestrafen?“

Einige Minuten waren vergangen, in denen Sytania und Telzan angestrengt nachgedacht hatten. Dann grinste der Vendar plötzlich und sagte: „Mit dem Tode, Herrin!“ Sytania wurde hellhörig. „Wie meinst du das genau, Telzan?“, fragte sie. „Ich meine.“, sagte der Vendar. „Mit dem Tode durch Eure Schöpfung. Wie alt ist Elisa, Hoheit?“ „Sie wird nächsten Monat gerade einmal süße 11 Jahre.“, sagte Sytania. „Ich glaube, ich weiß auch schon, worauf du hinauswillst. Solange sie in meinen Diensten steht, ist sie geschützt, Aber wenn ich sie entlasse und wieder zu ihren Eltern schicke, dann ist sie für meine Schöpfung ein Kind wie jedes andere. Oh, Telzan! Warum bin ich nicht darauf gekommen?!“ „Ich denke.“, sagte Telzan. „Ohne anmaßend wirken zu wollen, dass es wohl daran liegt, dass sie versucht hat, an eines der Geheimnisse zu kommen, das eigentlich nur wir Vendar wissen dürfen. Das hat die höllischen Heerscharen sicher so empört, dass sie uns Vendar trösten wollten und es somit ein Vendar sein sollte, dem sie diese Idee gegeben haben. Anders kann ich mir nicht erklären, warum sie plötzlich da war. Sie kam wie angeflogen.“ „Das klingt überhaupt nicht anmaßend.“, sagte Sytania. „Das klingt sogar recht logisch. Außerdem fühlt sich Elisa dann bestimmt erst einmal sicher, bis meine Schöpfung sie holt.“ „Ja.“, sagte Telzan. „Aber es muss ihr ja niemand sagen, wie trügerisch diese Sicherheit ist.“ Er lachte gemein. „Da hast du Recht.“, sagte Sytania. „Das muss wirklich niemand tun.“ Auch sie fiel in sein Lachen ein.

Die Vendar um Mirdan hatten das Fütterungsritual erfolgreich beendet und nun sollte es darum gehen, Valora zu finden. „Der Wald hier ist ihr Wald.“, sagte Mirdan. „Die Wahrscheinlichkeit dürfte also groß sein, dass wir sie hier …“

Etwas hatte ihn am Ärmel seiner Uniformjacke berührt. Der Vendar wandte sich langsam um. Sein Blick fiel auf eine jetzt gut sichtbar vor ihm stehende Valora. Aber sie schien sehr instabil zu sein.

Auch die anderen Soldaten hatten sie jetzt gesehen. „Sie ist sichtbar und sie ist sehr schwach, Anführer!“, sagte die junge Kriegerin, die Mirdan schon einmal positiv aufgefallen war. Er drehte sich zu ihr und musterte sie jetzt genauer. Es handelte sich um eine 2,20 m messende ausgewachsene junge Vendar mit drahtiger Statur und schwarzweiß geflecktem Fell. „Wie ist dein Name?“, fragte Mirdan. „Mein Name ist Tylach.“, antwortete die junge Vendar, die dem Alter der Novizenschaft auch noch nicht lange entwachsen sein konnte. „Tylach Tochter der Sidach und des Selman vom südlichen Salzsee. Vielleicht kennen sich unsere Familien, Anführer.“ Die Art, in der sie ihre Eltern vorgestellt hatte, sollte darauf hinweisen, dass diese zwar zusammenlebten, jedoch nicht verheiratet waren. „Das könnte sein, Tylach.“, sagte Mirdan. „Aber da du so aufmerksam bist, wirst du das zweite Ende der Kette bilden, wenn wir Valora die Energie geben. Also dann. Bilden wir alle einen Kreis, in den wir sie mit einschließen. Ich werde ihr Horn mit der rechten Hand berühren und du mit der linken Hand. Ihr anderen stellt euch zwischen uns auf.“ Dann gaben sich alle die Hände. „Wenn ihr spürt, dass die Energie aus euren Sifas gezogen wird, lasst es zu!“ „Ja, Anführer.“, bestätigten alle geschlossen und führten aus, was Mirdan ihnen befohlen hatte.

Auch Sytania hatte davon profitiert. Ihr blasses Gesicht wurde zunehmend rosiger und ihre Augen wacher. „Es scheint, als hätte Mirdan sie noch rechtzeitig gefunden.“, atmete Telzan auf und ließ sie zurück in die Kissen gleiten. Um ihren Kreislauf aufrecht zu erhalten, hatte er sie in einer fast sitzenden Haltung die gesamte Zeit über in den Armen gehalten. „Also musste ich die Verbindung ja doch nicht beenden.“, sagte Sytania. „Nein.“, sagte Telzan. „Aber Ihr hattet nur großes Glück. Das hätte auch anders ausgehen können.“

Valora hatte sich, Dank der Energiespritze der Vendar, ebenfalls recht schnell wieder erholt. Sie war wieder unsichtbar geworden und hatte sich, bevor sie wieder gegangen war, noch einmal telepathisch an die Vendar gewendet: Ich danke euch, meine Freunde. Dann war sie wieder tief in den Wald verschwunden.

Erleichtert hatte der Novize dies zur Kenntnis genommen. „Also gut.“, sagte er. „Wir rücken ab!“ Die Vendar nickten und dann setzte man sich gemeinsam in Bewegung. Mirdan aber nahm noch kurz sein Sprechgerät, um Telzan von der erfolgreichen Mission zu berichten.

„Das sind sehr gute Nachrichten, Mein Schüler.“, stellte der ausgebildete Vendar fest. „Ich sehe, man kann dich auch schon allein auf Mission schicken. Das hast du sehr gut gemacht!“ „Ich danke dir, Ausbilder.“, sagte Mirdan ehrfürchtig. „Wie geht es der Prinzessin?“ „Es geht ihr wieder gut.“, sagte Telzan. „Valoras Genesung hat auch sie genesen lassen.“, „Das dachte ich mir.“, sagte Mirdan. „Wir werden dann zurückkehren.“ „Tut das.“, sagte Telzan. „Wir werden deine gelungene Mission gebührend feiern! Du hast deinen Ausbilder und deine Herrin heute verdammt stolz gemacht, Mirdan! Verdammt stolz!“ Er hielt Sytania kurz das Mikrofon hin, die nur beifällig in die Kamera nickte. Dann beendete Telzan die Verbindung.

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