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Leider musste IDUSA jene lockere Stimmung bald wieder zerstören. Dem Signal, das sie in die Sprechanlage einspeiste, folgte eine eindringliche Warnung ihrer elektronischen Stimme: „Bleiben Sie beide bitte sitzen und halten Sie sich fest! Halten Sie sich fest!“ Dann kreiselte sie blitzschnell um sich selbst, aktivierte per Notschaltung den interdimensionalen Antrieb, indem sie die Vorstartsequenz überging und beendete den Flug erst dann wieder, als sie sich im Universum der Föderation befand. Hier aber schaltete sie sofort auf Warp um und raste mit Warp 9,0 weiter.

Kairon war blass neben Shimar in den Sitz gesunken. „Was hat das zu bedeuten?“, fragte er. „Warum tut sie das?!“ Das bedeutet wohl.“, sagte Shimar mit Überzeugung. „Sie hat deine Schwester gefunden!“ „Den Göttern sei Dank.“, sagte Kairon, der im gleichen Moment das Gesicht verzerrte. „Sag mir bitte nicht, du musst …“, sagte Shimar. „Doch.“, sagte Kairon gequält. „Weißt du, ich bewege mich so selten nach Art der Sterblichen, dass mein Körper das gar nicht gut verträgt. Häng das aber bitte nicht an die große Glocke.“ „Oh Mann!“, stöhnte Shimar, während er die eilig von IDUSA replizierte Tüte aus dem Auswurffach holte und sie Kairon vorhielt, der sofort seinen gesamten Mageninhalt in sie entließ. Shimar warf die Tüte in die Materierückgewinnung.

Kairon hatte einige Male tief Luft geholt. „jetzt geht es mir besser, Shimar.“, sagte er. „Aber was tun wir jetzt?“ „Wir sollten ins Cockpit gehen.“, sagte Shimar. IDUSA wird uns dort bestimmt zeigen, was sie genau gesehen hat. Hier ist das Ganze doch etwas umständlich.“ „Na gut.“, sagte Kairon. Beide standen auf und machten sich auf den Weg.

Im Cockpit angekommen zeigte Shimar seinem mächtigen Freund sofort, wo er den Neurokoppler anschließen musste. IDUSA, die dies natürlich sofort registriert hatte, erstellte eine Reaktionstabelle von ihm und lud sie. Jetzt sah auch Kairon das Bild der jungen tindaranischen Fliegerin vor sich, als die sich ihr Avatar immer darstellte. „Hallo, Kairon.“, begrüßte sie ihn. „Ich bin der Avatar dieses Schiffes. Sie dürfen mich mit IDUSA ansprechen.“ „Hi, IDUSA.“, sagte der Mächtige. „Ich bin Kairon. Aber das weißt du ja sicher schon. Es tut mir leid, dass ich dich so verwirrt habe, obwohl ich damit eigentlich das genaue Gegenteil erreichen wollte.“ „Schon gut.“, sagte IDUSA. „Sie können ja nicht wissen, wie wir tindaranischen Schiffe ticken. Sie hatten ja noch nie so nah mit einem zu tun, soweit mir bekannt ist.“ „Das stimmt.“, sagte Kairon. „Aber was ist jetzt mit meiner Schwester? Shimar erwähnte, dass du sie gefunden hättest?“ „Das habe ich definitiv.“, sagte das Schiff. „Schauen Sie bitte!“

Vor Shimars und Kairons geistigem Auge erschien ein Komet. „Da ist sie drin?“, fragte Kairon irritiert. „Na ja. Es war die Art der alten Q, uns so für ein Verbrechen zu bestrafen, aber dass sie so etwas tut, das so offensichtlich ist, hätte ich nie gedacht. Sie muss doch wissen, dass wir ihr draufkommen werden.“ „Die Sache hat ja auch einen Haken.“, sagte IDUSA. „Ich kann keinerlei DNS von Tolea in dem Kometen finden.“ „Und woran machst du dann fest, dass sie da drin ist?“, fragte Kairon. „Ich sagte bereits.“, verbesserte IDUSA. „Sie ist nicht da drin.“ „Jetzt verstehe ich gar nichts mehr.“, sagte Kairon.

Er begann damit, sich angestrengt auf die telepathische Wahrnehmung seiner Schwester zu konzentrieren. IDUSA, die das, weil er ja auch einen Neurokoppler trug und sie seine Tabelle geladen hatte, durchaus mitbekommen hatte, riet ihm nur: „An Ihrer Stelle würde ich das lassen und meine Energien schonen, Kairon. Die Wahrscheinlichkeit ist sehr hoch, dass sich Ihre Schwester gegen Sie abschirmt. Da Sie beide gleichstark sind, wird es immer zu einer Patsituation zwischen Ihnen beiden kommen. Das betrifft aber nicht meine Sensoren. Mit ihnen kann ich Tolea finden. Bitte vertrauen Sie mir einfach. Ich weiß, dass das sicher leichter gesagt ist als getan. Sie, als ein Mächtiger, sind dies nicht gewohnt und es ist psychologisch gesehen sicher nicht einfach für Sie, sich dazu zu überwinden. Das verstehe ich gut. Sich einem Stück primitiver Technologie wie mir anzuvertrauen, das muss für Sie etwa so sein, als würde ich plötzlich mit Daten konfrontiert, die vom allerersten Computer überhaupt stammen, der je auf irgendeinem Planeten erfunden wurde und als müsste ich auf dessen sensorische Werte bauen.“

Kairon gab einen Laut von sich, der darauf hinwies, dass er aufgegeben hatte. Demonstrativ legte er die Hände in den Schoß. „Du hast ja Recht, IDUSA.“, sagte er. „Aber mach dich bitte nicht kleiner als du bist. Ich verstehe zwar immer noch nicht, wie du sie gefunden hast, aber das wirst du mir ja bestimmt erklären und sag mir bitte auch, was sie mit dem Kometen zu schaffen hat. Wenn sie dort nicht drin ist, was …“ „Na, das ist doch wohl offensichtlich.“, mischte sich Shimar ein. „Wenn Tolea nicht in dem Kometen ist, dann kann sie ja nur der Komet selbst sein, oder?“ „Warum sollte sich meine Schwester in einen Kometen verwandeln?“, fragte Kairon. „Dann ist sie doch total verwundbar. Das ergibt für mich alles keinen Sinn.“ „Für mich schon.“, sagte IDUSA. „Die Wahrscheinlichkeit ist sehr groß, dass Ihre Schwester ihr Leben beenden will. Dass auch Ihnen das nicht so einfach möglich ist, das wurde historisch bewiesen. Sie könnte aber eine Möglichkeit gefunden haben, dies auszuhebeln, indem sie sich in etwas verwandelt, das sterben kann. Auf ähnliche Weise hat schließlich auch ihr historisches Vorbild sein Vorhaben durchgeführt. Ein Komet ist zerstörbar. Sei es nun durch natürliche Kräfte oder durch Waffen.“

Ihr letztes Wort hallte lange in Shimars Kopf nach. „Waffen?!“, fragte er alarmiert. „Jetzt sag mir bitte nicht, dass sie vorhat …“ „Ich kann Ihrer Bitte leider nicht entsprechen, Shimar.“, sagte das Schiff. „Zumindest dann nicht, wenn es weiterhin unser Bestreben sein soll, Tolea zu finden und sie von ihren Plänen abzuhalten. Wenn ich ihren Kurs korrekt extrapoliert habe, dann ist sie auf dem Weg in ein bewohntes System. Hier gibt es nur schwach bewaffnete Siedler der Föderation, aber in der Nähe patrouilliert das Forschungsschiff USS Electronica. Sie ist ein Sternenflottenschiff unter dem Kommando von Commander Peter Time. Die Electronica wird zweifelsfrei auf den Notruf der Siedler reagieren und auch den Befehl erhalten, sie zu schützen. Das könnte bedeuten, dass sie den Kometen zerstören soll, damit er die drei bewohnten Planeten nicht gefährdet. Toleas gegenwärtiger Kurs führt sie genau zu einem dieser Planeten. Aber keine Sorge. Wir sind genau hinter ihr.“ „Kannst du sie mit dem Traktorstrahl erfassen, IDUSA?“, fragte Shimar. „Ich kann es versuchen.“, sagte das Schiff. „Allerdings weiß ich nicht …“

Der junge Tindaraner sah Kairon plötzlich alarmiert an. Dann gab er dem Schiff energisch einen Gedankenbefehl, der sie zwang, auf Impuls abzubremsen. Das war die einzige Möglichkeit, ihren Kurs zu ändern. „Was ist los?“, fragte Kairon. „Erkläre ich dir später!“, presste Shimar zwischen den vor Konzentration zusammengebissenen Zähnen hervor. Dann befahl er sowohl laut, als auch in Gedanken: „IDUSA, volle Wende nach links! Rum! Rum! Komm schon!“

Ein Ball aus Energie war aus dem Kometen gekommen und hatte IDUSAs Bug tuschiert und einen Teil ihrer Systeme beschädigt. Durch sein Manöver war es Shimar zwar gelungen, das Schlimmste zu verhindern, aber ganz hatte er sie nicht aus der Welle drehen können. „Bist du OK?“, fragte er. „Nicht ganz.“, sagte IDUSA. „Der Emitter für den Traktorstrahl ist ausgefallen und meine Kommunikationssysteme sind beschädigt. Ich kann keine interdimensionale Verbindung aufbauen. Wir wären also auf uns gestellt, wenn jetzt etwas geschehe.“ „Dafür bin ich flexibel genug.“, sagte Shimar. „Das kriegen wir schon hin.“ „Also gut.“, sagte IDUSA. „Um es mit Ihren Worten zu sagen: Ich vertraue Ihnen.“ „Na also.“, sagte Shimar. „Leider ist eine meiner größten Fragen immer noch nicht beantwortet.“, sagte Kairon. „Wie hast du meine Schwester erkannt, IDUSA und woher wusstest du, Shimar, was da auf uns zukommt?“ „Tolea kann eines nicht verwandeln.“, sagte IDUSA. Ihr Neuralmuster. Daran habe ich mich orientiert.“ „Ah.“, machte Kairon. „Ich muss zugeben, Technologie wie du ist nicht dumm und gar nicht so primitiv.“ „Vielen Dank, Kairon.“, sagte IDUSA. „Ich werde dann mal schauen, was ich für deine Systeme tun kann.“, sagte Kairon.

Er begann damit, sich auf das Bild von IDUSAs Systemen im heilen Zustand zu konzentrieren. Im gleichen Moment aber hörte er die Stimme Toleas in seinem Geist: Das kannst du getrost vergessen, Bruderherz! Ich war die, der ihr das kleine Malheur zu verdanken habt und solange ich es will, hast du keine Chance. Frag doch mal das Schiff! Sie hat dir jetzt schon 100 Mal mindestens erklärt, dass wir gleichstark sind. Dieses Duell könnte also für die Ewigkeit dauern! Auf Shimar kannst du nicht zählen. Er muss schließlich das Schiff fliegen, weil ich mit meinem Verhalten dafür sorgen werde, dass sie meine Manöver nicht berechnen kann, also auf die Hilfe ihres Piloten angewiesen ist. Den werde ich schon zu beschäftigen wissen!

Kairon hatte von IDUSAs Systemen abgelassen. „Verdammt.“, zischte er. „Das alles war sie. Offensichtlich wollte sie uns ganz unmissverständlich klarmachen, dass wir sie in Ruhe lassen sollen, damit sie in aller Ruhe von denen da zerstört werden kann.“ Er deutete Richtung Fenster.

Auch Shimar nahm jetzt über den Neurokoppler war, wen Kairon mit denen da gemeint hatte. Von einem der drei bewohnten Planeten waren jetzt Kriegsschiffe aufgestiegen, die sich auf den Kometen zubewegten. „IDUSA, wo ist die Electronica?“, fragte Shimar. „Sie ist auf Kurs zu uns.“, sagte das tindaranische Aufklärungsschiff. „Ihre Schilde sind oben und ihre Waffen aktiv. Offensichtlich wird genau das eintreten, was ich prognostiziert habe.“ „Na dann gute Nacht.“, sagte Kairon. „Wir dürfen jetzt erst recht nicht aufgeben.“, versuchte Shimar, ihm Mut zuzusprechen. Wir müssen nachdenken. Bitte, Kairon. Bitte denk mit mir nach! Tu es für deine Schwester!“ „Also gut.“, sagte Kairon. Beide legten die Stirn in die Hände und begannen zu überlegen.

An Bord der Electronica war man auch gerade schwer beschäftigt. Tatsächlich hatte Allrounder Sensora, die Androidin, die für das Fliegen und den SITCH zuständig war, Mr. Yetron, dem demetanischen ersten Offizier, der zu diesem Zeitpunkt das Kommando inne hatte, den Notruf der Siedler gemeldet. „Verbinden Sie mich mit dem Oberkommando!“, hatte Yetron angeordnet. „Falls dort niemand antwortet, geben Sie mir Nugura selbst, Sensora. Sie ist ja auch die Oberkommandierende der Sternenflotte als Präsidentin der Föderation im absoluten Notfall und wenn ich mir die Flugbahn dieses Kometen so ansehe, dann ist dies wohl einer.“ „Aye, Sir!“, hatte Sensora schmissig geantwortet und sich sofort daran gemacht, die Befehle ihres Vorgesetzten auszuführen.

Tatsächlich musste sie wenig später vermelden: „Beim Oberkommando selbst hat niemand geantwortet, Agent. Aber ich konnte Nugura in ihrem Büro erreichen.“ „Sehr gut, Allrounder!“, sagte der Agent. „Geben Sie her!“ Sensora nickte und stellte Yetron das Gespräch auf die Konsole.

Der Demetaner sah jetzt in das Gesicht seiner Oberbefehlshaberin. „Madam President!“, sagte er und salutierte. „Wir beobachten seit einigen Minuten einen seltsamen Kometen, der sich den Kinas-Kolonien gefährlich nähert. Seiner Flugbahn nach könnte er mindestens einen der Planeten gefährden. Sie wissen, dass die Siedler nur über veraltete Shuttles mit unzureichender Bewaffnung verfügen. Wir erbitten Erlaubnis, uns des Problems anzunehmen.“ „Erteilt, Agent!“, erwiderte Nugura, der Sensora selbstredend eine Version der bisher vorhandenen Daten überspielt hatte. „Aber Sie sagten, der Komet sei seltsam. Was habe ich darunter zu verstehen?“ „In ihm scheint sich ein Neuralmuster zu befinden.“, sagte der Demetaner. „Außerdem ist seine Flugbahn zu präzise, um nur allein durch die allgemein herrschenden Kräfte im All gelenkt zu werden.“ „Dranbleiben, Electronica!“, befahl Nugura, die seine Ausführungen auch neugierig gemacht hatten. „Finden Sie so viel wie möglich darüber heraus! Ich möchte auf keinen Fall das Falsche tun. Zerstören Sie den Kometen nur, wenn es unbedingt sein muss. Wenn nicht, lautet Ihr Auftrag, ihn weiter zu erforschen. Können Sie das Neuralmuster identifizieren?“

Yetron sah fragend zu Sensora hinüber. „Der Computer sagt, es handle sich um das Muster Toleas, Sir.“, antwortete sie nüchtern. „Es handelt sich um das unserer Freundin Tolea, Madam President.“, gab Yetron weiter. „Das wird ja immer verwirrender, Mr. Yetron.“, sagte Nugura. „Tolea ist, wie Sie schon sagten, unsere Freundin. Warum also sollte sie sich in einen Kometen verwandeln und einige unserer Kolonien gefährden?! Ich wiederhole meinen Befehl, Mr. Yetron! Finden Sie alles heraus über diese Situation, das Sie können und geben Sie mir die Daten! Irgendetwas ist hier falsch und ich möchte auf keinen Fall der falschen Person in die Karten spielen!“ „Verstanden, Madam President!“, sagte Yetron und beendete das Gespräch. Dann wandte er sich Sensora zu: „Sie haben die Dame gehört, Allrounder!“ „Ja. Sir.“, sagte Sensora und passte den Kurs des Schiffes genau dem des Kometen an. „Transferieren Sie die Kontrolle für den Schiffserfasser auf meine Station.“, sagte Yetron noch. Auch dies tat seine Untergebene.

Shimar und Kairon hatten eine Menge Zeit verbracht, in der sie nachgedacht hatten, allerdings ohne auf konkrete Ergebnisse zu kommen. Die Nachricht, die sie jetzt auch noch von IDUSA bekamen, trug auch nicht gerade zur Aufhellung ihrer Stimmung bei. „Gentlemen, Die Kriegsschiffe der Siedler haben den Kometen jetzt eingekreist und versuchen ihn offenbar mit ihren schwachen Phasern zu zerstören. Allerdings machen sie es damit nur noch Schlimmer! Ihre Waffen sind nur in der Lage, kleinere Stücke vom Kometen abzubrechen. Diese könnten unkontrolliert …“ „Ich weiß, IDUSA.“, unterbrach Shimar sie und auch Kairon nickte. „Was tun wir jetzt nur?“, fragte er. „Keine Ahnung.“, sagte Shimar, den diese Entwicklung auch total unvorbereitet getroffen hatte.

Er wandte sich Kairon zu: „Du scheinst aber noch ein weiteres Problem zu haben.“, sagte er. „Das stimmt allerdings.“, antwortete der Mächtige. „Warum konnte IDUSA ihre Schilde nicht früh genug heben?“ Toleas Angriff kam zu schnell.“, sagte Shimar. „Ich konnte ihn nur spüren, weil sie wohl sehr wütend geworden ist. Wenn jemand wütend wird, bröckelt sein mentaler Schutzschild. Das solltest du auch wissen.“ „Das weiß ich auch.“, sagte Kairon. Aber mein Gehirn weigert sich wohl, zu verarbeiten, dass meine Schwester sich gegen mich wenden könnte. Ich meine, immerhin ist sie meine Schwester.“ „Da haben wir’s schon.“, sagte Shimar. „Du meinst also, es ist völlig normal, dass ich mich so anstelle?“, fragte Kairon. Shimar gab einen bestätigenden Laut von sich und nickte. Dann verfielen beide wieder ins Nachdenken.

Es war schließlich IDUSA, die ihnen einen Lösungsvorschlag präsentierte. „Shimar, auf dem Heimatplaneten Ihrer Freundin gibt es ein Sprichwort: Wissen ist Macht. Ich wäre bereit, den Kriegsschiffen der Siedler alle Daten zu geben, die wir bis jetzt haben.“ „Also gut, IDUSA.“, sagte der junge Tindaraner. „Versuchen wir es.“ IDUSAs Avatar vor Shimars geistigem Auge nickte und führte seinen Befehl aus. Allerdings bekam sie keine Antwort. „Es tut mir leid.“, meldete sie. „Offenbar ist man fest entschlossen, nicht mit uns zu reden. Man scheint sein Urteil schon gefällt zu haben. Technisch gibt es keinen Grund, aus dem mein Ruf nicht empfangen wird. Ihre Kommunikationssysteme scheinen intakt. Man ignoriert uns einfach.“

Kairon war etwas aufgefallen. Er war sich nicht sicher, aber er wusste genau, wer ihm diese Sicherheit geben konnte. „IDUSA, scanne die Soldaten der Siedler nach telepathischem Einfluss durch meine Schwester!“, sagte er. Dann drehte er sich in Shimars Richtung und erklärte: „Wenn dein Schiff Recht hat, dann wird Tolea alles tun, um umgebracht zu werden, jetzt, da sie sterben kann.“ „Gut kombiniert!“, sagte Shimar.

IDUSAs Ergebnis ließ nicht lange auf sich warten: „Sie hatten Recht, Kairon.“, sagte sie. „Ihre Schwester beeinflusst sie tatsächlich.“ Sie zeigte beiden die Daten. Jetzt sahen sie genau die Überschneidungen von Toleas Neuralmuster mit denen der Soldaten. „Oh nein, Schwesterchen!“, sagte Kairon. „Du wirst nicht das Gewissen Unschuldiger mit deinem Ende beladen!“

Er konzentrierte sich darauf, zwischen seiner Schwester und den Soldaten eine Mauer aufzubauen. Leider blieben seine Versuche ohne nennenswerten Erfolg. „Bitte hilf mir, Shimar!“, wendete er sich an seinen Freund. Bevor dieser allerdings etwas erwidern konnte, wurde seine Aufmerksamkeit von IDUSA beansprucht: „Shimar, ich brauche Sie ebenfalls! Toleas Flugmanöver sind unberechenbar. Sie folgen offenbar einem willkürlichen Muster, das sich nicht mathematisch erfassen lässt. In einer solchen Situation bin ich, wie Sie wissen, auf meinen biologischen Piloten angewiesen!“ „OK.“, sagte Shimar und übernahm die Steuerkontrolle. Kairon sah ihn fragend an. „Ich erkläre es dir gern.“, sagte Shimar. „So unschuldig sind die nicht, die in diesen Shuttles sitzen. Sie sind Soldaten! Töten gehört, wenn auch nur in letzter Konsequenz, aber es gehört zu ihrem Berufsalltag. Es gibt Mittel und Wege für uns, mit so etwas klarzukommen!“ „Für uns?!“. fragte Kairon irritiert. „Ich muss das wissen!“, sagte Shimar fest. Ich bin ja selbst einer!“ „Ach so.“, sagte Kairon. „Dann vergib bitte einem einfachen Zivilisten, der sich nur um seine Schwester sorgt.“ „Schon gut.“, sagte Shimar.

IDUSA mischte sich in das Gespräch: „Ich denke, Kairon, mein Pilot und ich währen Ihnen höchst dankbar, wenn Sie uns nicht ständig dazwischenfahren und sich stattdessen endlich unserer strategisch überlegenen Führung anvertrauen würden.“ „IDUSA!“, wies Shimar sie scharf zurecht. Ihm passte ihre Einlassung gar nicht, denn er hatte ja erst gerade mühevoll die Wogen zwischen Kairon und sich geglättet. Was IDUSA gerade gesagt hatte, konnte unter Umständen alles wieder aufflammen lassen und das war etwas, das er jetzt gar nicht gebrauchen konnte. „Sie hat aber Recht.“, entgegnete Kairon. „Und auch ihre Formulierung war goldrichtig. Ich will unsere Bemühungen ja gar nicht sabotieren, aber ich bin es einfach nicht gewohnt …“

Ein gut gesetzter Photonentorpedo hatte für das Absprengen eines größeren Stückes vom Kometen gesorgt. „Unternimm doch endlich was!“, schrie Kairon und brach in Tränen aus. Dann schlug er sich verzweifelt die Hände vor das Gesicht. „Sie ist doch meine Schwester! Sie ist doch meine, meine, oh!!!!“

Shimars geistiges Auge warf IDUSAs Avatar einen ratlosen Blick zu. Die Situation war auch vorher für ihn nicht einfach gewesen, aber jetzt hatte er auch noch einen mächtigen Zivilisten am Hals, der jetzt auch noch psychisch zusammengebrochen war. „Ich werde verhindern, dass er mehr davon sieht.“, sagte IDUSA und löschte Kairons Tabelle. Gleichzeitig hob sie die Schilde und passte ihre Frequenzen so an, dass sie vor den Fensterscheiben einen Nebel bildeten. Ihre Aktion war wohl auch der Versuch, ihren Fehler von gerade wieder gut zu machen. „Danke, IDUSA.“, sagte Shimar erleichtert. „Warum hat sie das getan?“, fragte Kairon. „Sie will nur verhindern, dass du diese schrecklichen Bilder noch weiter sehen musst.“, antwortete Shimar. „Sie will dein Trauma so gering wie möglich halten. Oh Mann! Ich kann nicht gleichzeitig dich therapieren und das Schiff steuern!“ „Vielleicht kann ich auch hier helfen.“, sagte IDUSA, die jetzt nur noch über Shimar mitbekam, was er und Kairon besprachen. „Bitte sagen Sie Kairon, er soll in die Achterkabine gehen. Dort kann ich mich um ihn kümmern und gleichzeitig Ihre Steuerbefehle entgegennehmen. Sie wissen, dass ich multitaskingfähig bin.“ „In Ordnung, IDUSA.“, atmete Shimar erleichtert auf. „Was hat sie mit dir besprochen?“, wollte der immer noch sehr traurige Kairon wissen. „Bitte geh in die Achterkabine.“, sagte der Tindaraner. „Sie hat gerade angeboten, sich dort um dich zu kümmern.“ „Wie soll das denn gehen?“, fragte Kairon. „Lass dich überraschen!“, lächelte Shimar. „Sie hat Talente, bei denen mancher schon Bauklötze gestaunt hat.“ „Also gut.“, sagte Kairon, stand von seinem Sitz auf und ging.

An Bord der Electronica hatte sich Agent Yetron genauer mit der Zusammensetzung des Kometen beschäftigt, was auch der Grund gewesen war, aus dem er Sensora befohlen hatte, die Kontrolle über den Erfasser des Schiffes, mit dem ja wissenschaftliche Daten gesammelt werden konnten wie mit einem mobilen Gerät auch, auf seine Station zu legen. „Die Hülle enthält viele Silikate.“, stellte er fest. „Sie dürfte also relativ flexibel sein.“

Shorna, die Waffenoffizierin der Electronica, eine übergelaufene Genesianerin, sah zu ihm hinüber. „Bitte sehen Sie sich an, was diese Narren da tun, Sir.“, sagte sie. „Sie versuchen den Kometen in kleine Stücke zu zerbrechen und machen alles dadurch nur noch schlimmer.“ Sie deutete auf den Monitor des Waffenpultes.

Yetron sah kurz zu ihr herüber. „Ganz recht, Warrior.“, stellte er fest. Dann wandte er sich Sensora zu: „Verbinden Sie mich mit dem Führungsschiff, Allrounder, soweit dies möglich ist und diese Hornochsen gesprächsbereit sind.“ „Soll ich das wirklich so weitergeben, Agent?“, fragte die Androidin. „Wenn Sie müssen.“, sagte Yetron. „Sie haben freie Hand, alles zu tun, das in Ihrer Macht als Kommunikationsoffizierin steht. Eine kleine Beleidigung könnte ja dazu führen, dass sie Ihren Vorgesetzten sprechen wollen und das bin dann ja wohl ich und schon habe ich sie am Haken, Sie verstehen mich schon.“ „Allerdings.“, sagte Sensora und formulierte eine SITCH-Mail mit der Anrede: „An den Hornochsen, der das Führungsschiff der Streitmacht der Siedler kommandiert.“ Diese sendete sie direkt an das Rufzeichen des Führungsschiffes, das ihr vom Computer mittels Transpondersignal übertragen worden war.

Yetron selbst hatte sich inzwischen der Erforschung des Kerns des Kometen gewidmet. „Eis.“, hatte er festgestellt. „Der Kern besteht offensichtlich aus purem Eis.“ „Ich glaube, dann weiß ich, was wir tun müssen.“, sagte Shorna. „Ich höre, Warrior.“, sagte Yetron. „Sie sagten, der Mantel sei mit viel flexibler Materie Gefüllt und der Kern sei aus Eis. Wenn wir den Kern so schnell zum Schmelzen brächten, dass sich im Innenraum ein Hohlraum bildet, dann müsste die Hülle implodieren. Der Phaser kann, weil wir ein Forschungsschiff sind, auch auf Bohrmodus gestellt werden. Mit ihm könnte man das erreichen.“ „Sehr gut, Shorna.“, lobte Yetron. „Eine solche Theorie hätte ich Ihnen nicht zugetraut. Aber gut. Machen wir es im absoluten Notfall so! Bringen Sie uns auf Bohrreichweite an den Kometen heran, Sensora!“ Die Pilotin nickte und führte Yetrons Befehl aus.

Im nächsten Moment aber lächelte sie ihn an und sagte: „Ich habe jemanden für Sie, Agent.“ „Also gut.“, sagte Yetron. „Dann stellen Sie mal durch!“ Sensora nickte und tat, was ihr der erste Offizier gerade geheißen hatte.

Überraschenderweise blickte Yetron aber plötzlich in das Gesicht einer blonden Terranerin von ca. 30 Jahren. Sie trug lockere Zivilkleidung, eine weiße Bluse und einen blauen Rock sowie rote Schuhe, etwas, das er auch nicht erwartet hatte. Sie maß ca. 1,70 m und war recht schlank. Sie schien zwar keine ausgebildete Soldatin zu sein, dennoch beherrschte sie die Bedienung ihres Schiffes sehr gut. „Ich bin Caroline Hansson.“, stellte sie sich vor. „Ich bin die Führerin der zivilen Streitmacht, die den Kometen zerstören will, der uns bedroht. Electronica, ich freue mich, dass Sie endlich da sind. Offenbar sind unsere altersschwachen Waffen zu so etwas nicht in der Lage. Ach übrigens, wenn Ihre SITCHerin mich schon beleidigt, dann korrekt als Hornkuh bitte schön! Wir wollen doch schließlich die geschlechtlich korrekten Umgangsformen wahren, oder?!“ Sie grinste. „Oh, es tut mir leid.“, gab Yetron zurück und hatte sichtlich Mühe, ernst zu bleiben. „Wir konnten Sie nicht scannen, weil unsere Bemühungen auf den Kometen gerichtet waren. Aber ich werde dem Allrounder sofort befehlen, dies wieder gut zu machen. Sensora, ändern Sie die Anrede in Hornkuh und senden Sie die Mail noch einmal.“ Dieses Mal grinste er zurück. „Ich sehe, wir verstehen uns, Agent.“, sagte Caroline. „Durchaus, meine Verehrte.“, sagte Yetron. „Durchaus. Und ich denke, Sie werden dann wohl auch für das offen sein, was wir über den Kometen wissen. Ich lasse Ihnen unsere Daten zukommen. Denen nach dürfen Sie den Angriff nicht länger fortführen.“ Er winkte Sensora, die sofort alles in die Wege leitete.

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