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Auf der Heimatwelt der Genesianer hatte sich zum gleichen Zeitpunkt ein ganz anderes Drama abgespielt. Die Vendar waren nämlich erfolgreich gewesen und hatten ihre todbringende Fracht in der Atmosphäre des Planeten ausgebracht, ohne auch nur im Geringsten von genesianischen Sensoren behelligt worden zu sein. So konnte sich niemand erklären, was Meduse bald darauf an Shashana meldete und auch den Beweis nicht, den sie ihr für dieses Geschehen unterbreitete.

Shashana saß an ihrem Tisch in der großen Ratshalle, als Meduse mit einem Bündel über der Schulter diese betrat. Das Bündel hatte die durchschnittliche Größe eines genesianischen Mannes, was Shashana sehr in Erstaunen versetzte. Sie konnte sich keinen Reim darauf machen, was ihre Leibwächterin ihr zeigen wollen könnte.

Sie stand auf und ging Meduse entgegen. Dann fragte sie: „Was trägst du da bei dir, Meduse?“ „Ich wünschte, ich müsste Euch das nicht zeigen, Oberste Prätora.“, sagte die Kriegerin und schlug traurig die Augen nieder. „Warum?“, fragte Shashana. „Wer ist er? Außerdem bin ich nicht so verweichlicht, dass du mir alles Böse vorenthalten musst! Ich bin ja nicht umsonst die oberste aller Kriegerinnen! Also, Meduse, setzt das Bündel ab und entrolle es! Ich werde schon aushalten, was darin zu sehen ist!“ „Also gut, Oberste Prätora.“, sagte die Wächterin und führte den ersten Teil von Shashanas Befehl aus. Sie zögerte jedoch kurz, nachdem sie das Bündel abgelegt hatte. „Was lässt dich jetzt noch zögern, Meduse?“, fragte Shashana. „Ich wünschte wirklich, ich könnte Euch diesen Anblick ersparen.“, sagte Meduse. „Wenn du mir nicht zeigst, um welchen Anblick es geht, dann kann ich auch nicht entscheiden, ob er für mich so grausam ist, wie du es offensichtlich selbst empfindest. Offenbar hast du deiner Prätora da etwas voraus. Du solltest mir aber die Gelegenheit geben, zu dir aufzuschließen, nicht wahr? Und jetzt lass es mich endlich sehen!“ „Also gut.“, sagte Meduse und begann damit, den Strick, der das Tuch, mit dem das Bündel verhüllt war, langsam zu öffnen. „Wie Ihr befehlt, Prätora.“

Sie schlug das Tuch zurück und Shashana blickte auf einen unförmigen Klumpen Fleisch. Dieser Anblick ließ selbst eine gestandene Kriegerin wie sie erschauern und einige Schritte rückwärts tun. „Bei der Wächterin von Gore!“, rief sie aus. „Meduse, was ist das?!“ „Ihr solltet eher fragen: Wer war das, Shashana.“, sagte Meduse. „Also gut.“, sagte die Oberste Prätora. „Wer war das?!“

Die Leibwächterin räusperte sich. Dann dachte sie nach, als würde sie angestrengt nach den richtigen Worten suchen. „Das kann doch nicht so schwer sein, Meduse.“, versuchte die immer noch unwissende Shashana, sie zu ermutigen. „Du weißt doch, wer das war, also kannst du es mir auch sagen! Andeutungen hast du ja wohl schon genug gemacht. Also raus damit!“ „Es tut mir leid.“, sagte Meduse. „Ich kann es nicht …“ „Es tut dir leid?! Es tut dir leid?!“, fuhr Shashana sie an. „Du weißt doch, dass es bei uns, genau wie bei den Klingonen auch, total unüblich ist, sich zu entschuldigen und schon gar nicht auf diese schwächliche Weise. Aber ich werde schon selbst herausfinden, wer das war! Ich hoffe, dass dir dein offensichtlich schwächliches Gemüt noch erlaubt, mir einen Erfasser zu reichen!“

Mit leicht zitternden Händen griff Meduse in ihre Uniformtasche und reichte Shashana das gewünschte Gerät. Diese beugte sich sofort über den Fleischklumpen, der noch immer vor ihr lag und stetig kleiner und unansehnlicher wurde. Dann scannte sie diesen. Das Ergebnis des Scans ließ aber selbst sie erschauern. „Nein!“, rief sie in den Raum, als würde man ihr bei lebendigem Leib das Herz herausreißen. „Das bisschen intakte DNS, das von dem Gerät noch erkannt wurde, weist darauf hin, dass dieser Leichnam einmal mein Favorit war! Wer hat ihn gefunden, Meduse, und wie ist das passiert?!“ Sie wies noch einmal mit viel Wut im Gesicht auf die Überreste des Genesianers. „Ich fand ihn, Prätora!“, sagte Meduse jetzt sehr fest. „Ihr hattet mich in Euren Männerharem geschickt, damit ich Larena, der dortigen Wächterin, die Nachricht von Euch überbringe, dass sie ihn darauf vorbereiten soll, dass Ihr gedenkt, die Nacht mit ihm zu verbringen. Larena und ich haben lange nach ihm gesucht, bis wir ihn in einem der Flure Eures Hauses so fanden. In meinem Erfasser befindet sich ein zweiter Scann. Den habe ich gemacht, als wir ihn gefunden haben. Offenbar hat er sich eine Art Virus eingefangen, das seine Zellen von innen heraus nach außen hin angreift und ihn buchstäblich von innen auffrisst. Dem Scann nach hat er aber nicht lange gelitten, Prätora, da das Virus glücklicherweise zuerst im zentralen Nervensystem mit dem Fressen begonnen hat. Zumindest gehen wir davon aus, weil dort die meisten Viruszellen vorhanden waren.“ „Frist das Virus etwa weiter, obwohl er tot ist?“, fragte Shashana, die den ständigen Veränderungen jetzt buchstäblich zusehen konnte. „Anscheinend ja.“, sagte Meduse. „Und ich denke, es wird so lange weiterfressen, bis der Körper vollständig vertilgt ist. Dabei vermehrt es sich auch rasend schnell.“ „Wo kann er sich das eingefangen haben?“, fragte Shashana. „Das wissen wir noch nicht.“, sagte Meduse.

Sie nahm den Erfasser und scannte die Umgebung. Dann sagte sie: „Prätora, es ist in der Atmosphäre selbst. Es kann jeden treffen und das meine ich wörtlich. Offenbar greift es nur Zellen an, die das Y-Chromosom enthalten. Aber wir können Überträgerinnen sein. Uns wird es nichts tun, aber jedem Mann, den wir auch nur flüchtig berühren, wird es …“

Shashana warf den Erfasser von sich und starrte wütend in den Raum. Dann schrie sie: „Wem haben wir das zu verdanken, Meduse?! Wem?! Steckt etwa Leandra dahinter?! Ich würde ihr so etwas schon zutrauen! Ich denke, sie würde es schon allein deshalb tun, um meine positive Politik gegenüber den Männern zu unterwandern!“ „Mit Verlaub, Prätora.“, sagte Meduse und senkte beschwichtigend den Kopf. „Es wird bald keine Männer mehr geben, wenn das Virus so weitermacht. Wir müssen seinen Ursprung finden und es eliminieren!“ „Was denkst du, das mein Ziel ist, Meduse?!“, fragte Shashana immer noch sehr wütend. Ihre Reaktion musste für eine genesianische Kriegerin schon sehr merkwürdig anmuten. Schließlich ging es hier ja eigentlich nur um Männer. Aber Shashana war weitsichtig und konnte sich die Konsequenzen durchaus ausrechnen. Sie wusste auch, dass Leandra durchaus ein Motiv hatte, so etwas zu tun. Aber hatte sie das notwendige Wissen und die Ausrüstung dafür? Da sie eine Außenseiterin war, hatte ihr die genesianische Gesellschaft ja auf ihrer Welt kein Luxusleben ermöglicht, aber wer wusste schon, was sie im Laufe der Zeit für Kontakte geknüpft hatte?

Shashana hatte sich wieder auf ihren Platz begeben und versucht, einen klaren Entschluss zu fassen, was aber fast so gut wie unmöglich war, da sie doch für ihren Favoriten Gefühle gehegt hatte und die Trauer um ihn sie jetzt schier zu ersticken drohte. Schließlich aber war es Meduse, die ihr den richtigen Rat gab: „Prätora, wir sind ein Volk von Kriegerinnen! Das bedeutet, wir sind den Kampf gewohnt. Zumindest den gegen Feinde in Raumschiffen oder den Nahkampf. Aber die Art von Kampf, die wir jetzt kämpfen müssen, haben wir noch nie gekämpft. Es wäre der Kampf mit Mikroskop und Chemikalien. Darin sind wir Anfängerinnen. Ich kenne aber eine Organisation, die sich mit dieser Art von Kampf bestens auskennt, weil sie Forscher sind und das Labor als Schlachtfeld durchaus kennen.“ „Du sprichst von der Föderation.“, sagte Shashana. „Sie haben sich die Forschung auf die Fahnen geschrieben.“ „Genau von denen spreche ich.“, bestätigte Meduse. „Nugura wird erkennen, dass wir alle in Not sind, denn das Virus ist wohl kein rein genesianisches Problem. Euer Favorit beispielsweise war ja auch kein reiner Genesianer. Er hatte teilweise demetanische DNS. Das bedeutet, dass es jede Zelle angreift, die das Y-Chromosom enthält. Nugura wird also hoffentlich erkennen, dass dies ein allgemeines Problem, eine allgemeine Notlage ist, in der alle Feindschaft aufhören muss und in der wir lernen müssen, zusammenzuarbeiten. Wenn sie ehrenhaft ist, wovon ich ausgehe, dann wird sie uns helfen. Es müssen nur wir sein, die über unseren Schatten springen und ihr die Bitte um Hilfe vortragen.“

Shashana lehnte sich zurück und begann zu überlegen. Es lag eine Menge Wahrheit in Meduses Worten und man hasste die Föderation ja auch nicht bis aufs Blut. Wenn es mal Krieg gab, dann war das eher ein Kräftemessen unter ehrenhaften Bedingungen, weil die Genesianer die Föderation ebenfalls als ehrenhaften Gegner sahen, auch wenn dort Männer in der Sternenflotte dienen durften. Da Shashana aber ja erst kürzlich den Mann rein rechtlich in die Position eines Kindes erhoben hatte, hatte sich das Verhältnis ja eh etwas gelockert.

Sie drehte sich einer Konsole zu, die auf ihrem Tisch stand. Dann sagte sie: „Lass mich allein, Meduse! Ich will meine Worte gut wählen, wenn ich Nugura eine Mail schreibe!“ „Wie Ihr wünscht, Prätora.“, sagte die Leibwächterin und verließ befehlsgemäß die Halle.

Lostris hatte sich ein Shuttle genommen und war damit unter den Sensoren hindurch zur Heimatwelt der Genesianer geflogen. Sie war sehr nervös gewesen, als sie das tat, denn sie musste ja immer befürchten, dass man sie aufspüren und dann gefangen nehmen könnte. Schließlich war ihr Clan eine Gruppe Außenseiter, die sich in den Augen der restlichen Gesellschaft nicht gerade ehrenvoll verhalten hatten. Aufzuzählen, wessen sich Leandra und ihr Clan vor langer Zeit schuldig gemacht hatten, würde jedoch zu weit führen. Aber auch jetzt war es um ihre Ehre nicht besser gestellt. Hatten sie doch versucht, die Genesianer an eine Göttin zu verkaufen, die der Meinung der Obersten Prätora und auch der Meinung aller anderen Kriegerinnen, die auch nur einen Funken Verstand im Leib hatten, gar keine war. Zumindest würde sich jede halbwegs ehrenhafte Kriegerin lieber selbst die Zunge abschneiden, als einmal ein Gebet an Sytania und ihre neue Freundin zu richten! Nur Leandra und ihre Anhängerinnen schienen das einfach nicht zu verstehen.

Die junge Erbprätora hatte sich jetzt vom Computer ihres Shuttles auf die Oberfläche des Planeten beamen lassen. Direkt vor dem Portal der großen Halle hatte der Rechner sie abgesetzt. Hier war sie allerdings gleich Meduse in die Arme gelaufen, die gerade in Gegenrichtung unterwegs war. Sofort erkannte die Leibwächterin, welchem Clan Lostris angehörte, denn ihr Zeichen, den Perlenkragen, trug sie leider immer noch um den Nacken gelegt. Dabei hatte sie nicht etwa vergessen, ihn abzulegen. Nein, sie war mit voller Absicht in voller Montur zu Shashana gegangen. Damit wollte sie der Obersten Prätora signalisieren, dass nicht mehr alle Rotash verblendet waren und dass sie durchaus bereit war, sogar einen Krieg innerhalb ihres Clans gegen ihre eigene Mutter zu führen, wenn es sein musste. Lostris war sich außerdem sehr sicher, keine Schuld zu tragen. Weshalb also sollte sie sich wie eine Diebin in der Nacht verhalten und ihre Identität verheimlichen? Sie wollte außerdem auch zeigen, wie mutig und wie ehrenhaft sie handeln konnte und dazu gehörte ihrer Meinung nach auch, dass sie mit offenem Visier kämpfte.

Meduse allerdings stellte sich ihr mit gezogenem Phaser in den Weg. „Keinen Schritt weiter, Ehrlose!“, rief sie und zielte direkt auf das Herz der jungen Kriegerin. „Meduse!“, sagte Lostris. „Du bist die oberste Leibwächterin der Obersten Prätora. Bitte töte mich nicht. Ich habe wertvolle Informationen und das Ziel, zu euch überzulaufen. Deshalb bin ich hier! Bitte lass mich näher kommen und steck deine Waffe ein. Dann können wir über alles reden. Warum zielst du überhaupt auf mich? Ich bin doch auch unbewaffnet. Verbietet dir dein Ehrgefühl nicht eigentlich, auf eine Unbewaffnete zu schießen?“ „Du bist eine Ehrlose!“, schrie Meduse und spuckte vor Lostris aus. „Deshalb dürfte ich auch gegenüber dir ehrlos handeln. Du und deine Clanschwestern, ihr habt das Leben als ehrenhafte Kriegerinnen in unserer Mitte längst verwirkt!“ „Aber kann ich denn gar nichts tun, um das zu ändern?“, fragte Lostris verzweifelt. Sie hatte so gehofft, dass sie zu Shashana gelangen könnte, um ihr die Informationen zu geben, die sie über den neuen Glauben ihrer Mutter gesammelt hatte. Aber jetzt musste sie diese Hoffnung wohl begraben.

Shashana selbst war des Tumults vor der großen Halle ansichtig geworden. Sie hatte noch keine Worte finden können, um Nugura ihre Lage eindeutig genug darzustellen. Deshalb hatte sie kurz aus dem Fenster geschaut. So hatte sie auch bald Lostris und Meduse dort stehen sehen.

Mit einem strengen Ausdruck im Gesicht schritt Shashana auf ihre Leibwächterin zu und fragte: „Was geht hier vor, Meduse?!“ „Diese Ehrlose vom Clan der Rotash behauptet, Informationen für uns zu haben!“, antwortete Meduse. „Sie sagt, sie wolle zu uns überlaufen. Aber das kann ich nicht wirklich glauben, Oberste Prätora. Die Rotash sind dafür bekannt, dass sie betrogen und gelogen haben, wo es nur ging und jetzt verehren sie auch noch Sytania und wen auch immer gemeinsam als Wächterin von Gore!“

In Lostris war die Wut aufgestiegen. Sie wollte jetzt endgültig mit den Vorurteilen gegen sich aufräumen. Sie stellte sich aufrecht vor Meduse und Shashana hin und sagte fest: „Meine Mutter mag all das tun, wessen Ihr auch mich beschuldigt, Oberste Prätora! Aber ich habe dem abgeschworen! Ich habe sogar versucht, meine Mutter wieder auf den rechten Weg zu bringen. Das ist mir zwar leider nicht gelungen, aber ich weiß jetzt, dass ich mich anders entscheiden muss, wenn ich nicht zusehen will, wie aus dem stolzen Volk der Genesianer irgendwann ein Volk der Marionetten der Ehrlosen werden wird! Sytania mag viele in ihren Bann gezogen haben! Aber meine Seele bekommt sie nicht mehr zurück!“ „Selbstbewusste Worte, die du da wählst.“, sagte Meduse. „Aber kannst du das auch irgendwie beweisen? Kannst du beweisen, dass deine Absichten ehrlich sind? Falls du das nicht kannst, werde ich dich töten, denn es ist sehr wahrscheinlich, dass du uns auch im Namen deiner Mutter ausspionieren willst!“ „Bitte schaut mein Gewand an, Oberste Prätora.“, bat Lostris jetzt mit sehr verhaltener Stimme. Sie wusste in welcher Lage sie war und es war ihr durchaus bewusst, dass es für sie viel besser war, jetzt ganz kleine Brötchen zu backen, als großartig auftrumpfen zu wollen. „Ich habe meine Mutter mit einem traditionellen Wurfspeer verletzt. An meiner Kleidung dürfte viel von ihrem Blut zu sehen sein.“

„Tritt zur Seite, Meduse!“, befahl Shashana in die Richtung ihrer Leibwächterin, nachdem sie sich Lostris’ Worte durch den Kopf gehen lassen hatte. „Und gib mir deinen Erfasser!“ Meduse nickte und führte beide befehle ihrer Prätora aus. Dann näherte sich Shashana Lostris langsam mit dem Erfasser in der rechten Hand.

Nach einem ausgiebigen Scann ließ sie das Gerät sinken, gab es Meduse zurück und sagte: „Die paar Blutspritzer sind nur ein Indiz aber kein wirklicher Beweis. Wie ich deine Mutter einschätze, kann sie dir die Spritzer auch selbst aufgetragen haben, damit deine Geschichte echt wirkt. Das Ganze könnt ihr abgesprochen haben. Ich weiß, dass Leandra von den Rotash mit allen Wassern gewaschen ist. Ich kann das Risiko nicht eingehen, eine Spionin für den Feind in meinen Reihen zu beherbergen. Meduse, walte deines Amtes und töte sie!“

Die Leibwächterin nickte und Shashana trat einige Schritte zur Seite, um ihr wieder Raum zu geben. Dann zielte sie erneut mit ihrer Waffe auf Lostris‘ Herz. Dieses Mal aber fiel das Licht so günstig, dass Lostris das Bündel, das sie auf ihrer Schulter hatte, gut sehen konnte. „Da ich die Geheimnisse sowieso mit ins Grab nehmen werde.“, sagte sie. „Könnt Ihr mir doch auch verraten, was Eure Leibwächterin da bei sich trägt, Oberste Prätora.“, sagte sie. „Na gut.“, sagte Shashana. „Es ist der Leichnam meines Favoriten. Er fiel einem merkwürdigen Virus zum Opfer, das alle Männer vernichtet.“ „Bitte denkt nach.“, bat Lostris. „Das könnte doch auch das Werk der angeblichen Göttin sein. Damit würde sie uns doch abhängig von sich machen. Wenn es keine Männer mehr gebe, dann könnten wir uns doch auch nicht mehr auf natürlichem Wege fortpflanzen. Das ist doch das, was sie erreichen will. Meiner Mutter gefällt das sicher. Aber …“ „Wenn das Sytanias Werk gewesen wäre.“, sagte Shashana. „Dann hätte doch Meduses Erfasser ihre telepathischen Werte gesehen. Das hat er aber nicht.“ „Sie wird nicht so dumm sein und es selbst machen.“, sagte Lostris zur eigenen Verteidigung. „Sie könnte ihre Vendar geschickt haben, die es vielleicht sogar mit getarnten Schiffen in die Atmosphäre gebracht haben und es vorher vielleicht sogar in ihren Laboratorien hergestellt haben. Selbst ich konnte die Sensoren austricksen. Aber auch Tarnfelder hinterlassen Energie. Man muss nur wissen, wonach man suchen muss. Ich habe ein Shuttle. Wenn wir uns beeilen, dann könnten wir noch ein paar der Restsignaturen erhaschen. Aber wir müssen uns wie gesagt beeilen, bevor sie restlos zerfallen sind.“

Meduse sah ihre Prätora fragend an. „Was sie sagt, klingt irgendwie einleuchtend.“, erwiderte Shashana auf ihren Blick. „Ich bin als kluge und umsichtige Oberste Prätora bekannt und habe nicht vor, diesen Ruf zu verlieren. Also gut, Lostris. Du bekommst diese Chance von mir. Bete zur wahren Wächterin von Gore, sie möge dir erlauben, die Wahrheit zu finden. Meduse, du wirst sie begleiten. Sollte sich aber kein Beweis in der Atmosphäre finden lassen, dann beendest du auf der Stelle ihr Leben!“ „Verstanden, Oberste Prätora.“, sagte die Leibwächterin und stellte sich neben Lostris, die sofort ihr Sprechgerät zog, um dem Computer ihres Schiffes den Befehl zu übermitteln, beide an Bord zu holen.

Die Kriegerinnen fanden sich bald darauf im kärglich eingerichteten Inneren des Shuttles wieder. Hier gab es nur die weißen Wände und einige Konsolen. Lostris setzte sich wieder auf den Pilotensitz und bat Meduse dann, neben ihr Platz zu nehmen. Dann schaltete sie auch die zweite Konsole ein. Um nicht unnütze Signaturen zu produzieren, die sie hätten verraten können, hatte sie das Schiff dazu bringen wollen, so wenig Energie wie möglich zu produzieren und zu verbrauchen. Je weniger in den Systemen zirkulierte, umso besser.

Sie stellte die Scanner auf die Signaturen vendarischer Tarnfelder ein und schlug dann manuell eine enge Umlaufbahn um den Planeten ein. So hoffte sie, dass ihrem Schiff kein Zentimeter der Atmosphäre entgehen würde. So war sie auch viel flexibler, als wenn sie vorher einen festen Kurs eingegeben hätte. Sie hatte ja eigentlich keine Anhaltspunkte für ihre Suche.

Auf diese Art vergingen einige Stunden, in denen Meduse jetzt immer noch mit gezogener Waffe neben ihr saß. „Lange lasse ich mich nicht mehr hinhalten!“, sagte die Leibwächterin schließlich. „Es sieht für mich alles danach aus, als wolltest du uns mal wieder …“

Ein Signal von der Konsole und ein nervöses Blinklicht hatten Meduse plötzlich ihren Satz unterbrechen lassen. „Was bedeutet das?“, fragte sie an Lostris gewandt.

Die junge Kriegerin sah auf den Schirm. Dann sagte sie: „Es bedeutet, dass das Schiff tatsächlich Restsignaturen vendarischer Tarnfelder gefunden hat!“ Lostris war über diesen Umstand sehr erleichtert. Hatte doch dieses kleine Signal da gerade ihr Leben gerettet. „Also ist es wahr.“, sagte Meduse und steckte ihre Waffe ein. „Ruf die Oberste Prätora. Wir werden ihr Bericht erstatten.“ Lostris nickte und tat, was ihr Meduse gerade gesagt hatte.

Shashana selbst hatte den Ruf an ihrem großen Tisch in der Ratshalle entgegengenommen. Sie hatte sich wieder dorthin zurückgezogen, um mit der Mail an Nugura endlich voranzukommen. Dass sie dieses Vorhaben jetzt erneut unterbrechen musste, gefiel ihr gar nicht. Sie war auch sehr überrascht, sofort das Gesicht ihrer Leibwächterin im Display der Konsole zu sehen.

„Warum sprichst du mit mir, Meduse.“, fragte sie, nachdem sie das Gespräch entgegengenommen hatte. „Ist diese schändliche Lügnerin tot?“ „Sie hat die Wahrheit gesprochen, Oberste Prätora.“, sagte Meduse. „Wir haben tatsächlich vendarische Restsignaturen entdeckt, die von ihren Tarnfeldern stammen könnten, wie es aussieht. Das bedeutet, dass ich ihr Leben verschont habe, wie Ihr es mir befohlen habt. Sie sitzt jetzt neben mir und erwartet Euer Urteil.“ „Das kann sie haben.“, sagte Shashana. „Sag ihr, dass sie eine Chance bekommt, sich zu beweisen. Du wirst sie in dein Corps aufnehmen und persönlich ausbilden. Dann hast du immer ein Auge auf sie. Außerdem werde ich sie selbst befragen zu den Informationen, die sie für uns hat.“ Damit beendete Shashana das Gespräch.

„Du hast sie gehört!“, sagte Meduse. „Bring das Schiff in unser Dock und dann begleite mich. Ab jetzt werde ich mich persönlich um dich kümmern!“ „Danke, Meduse.“, sagte Lostris erleichtert. „Weder die Oberste Prätora noch du werdet es bereuen!“ „Das hoffe ich für dich.“, sagte Meduse und warf Lostris einen strengen Blick zu. Dann gab sie ihr den Kurs zum nächsten Dock, wohin die sehr erleichterte junge Kriegerin ihr Schiff dann auch steuerte.

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