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Maron sah Jenna etwas verwirrt an, als er gemeinsam mit ihr wieder aus den Sitzen aufstand. „Augenblick mal, McKnight.“, sagte der Erste Offizier. „Wollen Sie mir damit etwa sagen, dass Grandemought Invictus geraten hat, sich von Zeit zu Zeit mit einer Sterblichen einzulassen, damit die Natur erhalten bleibt und nicht solchen Wesen wie Sytania zum Opfer fällt?“ „Offensichtlich ja, Agent.“, sagte Jenna. „Und ich fand das einen sehr schlauen Zug von ihm, wenn Sie mich fragen.“ „Das kann ich nur bestätigen, Techniker.“, sagte Maron. „Seine Kinder sollten also am eigenen Leib daran erinnert werden, wie vorsichtig man mit der Natur und ihren Lebewesen sein muss, damit nicht alles zusammenbricht und das erreicht man am besten, indem man eine Spur Verwundbarkeit in die eigene Familie einschleust. Ich würde das doch glatt als genial bezeichnen.“ „Ich auch.“, sagte Jenna. „Sie müssen das ja beurteilen können als jemand, die ebenfalls genial ist.“, sagte Maron. „Oh vielen Dank, Sir.“, sagte Jenna.

Sie verließen die Simulationskammer. An der stärkeren Beleuchtung fiel Maron sofort auf, dass sich etwas geändert haben musste. Die Tagphase musste auf Zirells Basis längst wieder begonnen haben.

Er drehte sich dem nächsten Computermikrofon zu: „IDUSA, wie ist die aktuelle Tageszeit?“ „Es ist 07:30 Uhr tindaranischer Ortszeit.“, sagte der Rechner. „Ach du Schreck!“, entfuhr es Maron. „Ich muss meine Sachen holen und Sie auch, McKnight! Wir treffen uns dann am besten in der Kommandozentrale. Tun sie bitte, als sei nichts gewesen, ja?“ „Bei allem Respekt, Sir.“, lachte Jenna, der seine Reaktion so vorkam, als sei er ein Teenager, den man beim verbotenen Sex mit seiner Lehrerin erwischt hatte, oder Ähnliches. „Zirell muss wissen, was wir herausgefunden haben. Das bedeutet, es dürfte unmöglich sein, diese Nacht vor ihr zu verheimlichen. Aber wir haben doch auch nichts Böses getan. Im Gegenteil. Ich fand unsere Bemühungen sehr erfolgreich, sehr gut und sehr fruchtbar.“

Marons Gesicht wechselte die Farbe von leicht rot auf Tomatenrot und dann auf feuerrot. „Oh, Agent, es ist meine Ausdrucksweise, nicht wahr?“, fragte Jenna, sah ihn mitleidig an und strich ihm über die rechte Schulter. „Ich gebe ja zu, sie ist auch recht zweideutig, wenn man nicht genau weiß, was geschehen ist, aber wir wissen es doch besser, Sir.“ „Tun sie mir einen Gefallen, Techniker!“, zischte Maron. „Lassen Sie uns jetzt bitte nicht mehr davon reden, OK?!“ „Na gut.“, sagte Jenna. „Holen wir also ganz unschuldig unsere Sachen!“

Hiergeblieben, ihr Strauchdiebe! Eine bekannte telepathische Stimme in ihren Köpfen, dann ein weißer Blitz und genauso blitzartig breitete sich ein Netz aus Energie über sie, das sie vom Boden hob und sie erst vor seiner Schöpferin wieder absetzte. Irritiert sahen Maron und Jenna in Zirells Gesicht.

„Es ist nicht so, wie es aussieht, Kommandantin!“, sagte Maron sehr fest und sehr förmlich. „Ah, Kommandantin.“, lachte Zirell. „Hast du heute etwa deinen förmlichen Tag, Erster Offizier, hm?“ „Ja, den habe ich.“, überlegte Maron. „Das kommt bei mir alle paar Tage mal vor, weißt du?“ „Ach so.“, sagte Zirell immer noch lächelnd. „Aber da scheint es wohl noch ein paar Sachen zu geben, die auf meiner Station öfter mal so vorkommen, oder?“ „Wir wissen wirklich nicht, was du meinst, Zirell.“, sagte Jenna. „So, das wisst ihr also nicht.“, sagte Zirell. „Merkt euch bitte eines: Eine Telepathin kann man nicht belügen. Ich weiß genau, dass das recht harmlos war, was ihr da im Schilde geführt habt.“

Es gab einen erneuten weißen Blitz und der Energiekäfig um die Beiden löste sich auf. „So.“, sagte Zirell. „Nun bin ich euch entgegengekommen und nun solltet ihr mir aber auch verraten, was ihr die ganze Nacht so getrieben habt. Joran ist heute voller Sorge zum Dienst erschienen, Jenna. Er hat sich Sorgen um dich gemacht. Außerdem sagte Shannon, dass die gesamte Nacht über Simulationskammer eins aktiv war. Könnt ihr mir vielleicht mal verraten, was ihr da zusammen getrieben habt und warum ihr nur Socken an den Füßen tragt? Wo sind eure Schuhe?“ „Die wollten wir gerade holen.“, sagte Maron. „Aber dann hast du uns ja mit deinem unfairen Lasso-Trick eingefangen.“ „Oh, das tut mir aber leid.“, scherzte Zirell. „Aber was habt ihr denn da gemacht?“ „Du wirst es nicht für möglich halten, aber unser Aufenthalt dort war rein dienstlich.“, sagte Maron. „Wir wissen jetzt nämlich, warum sich der Hengst der Herde der Einhörner im Dunklen Imperium von Zeit zu Zeit einmal mit einer Sterblichen paart.“ „Faszinierend.“, sagte Zirell. „Und ihr habt hoffentlich die Güte, uns alle in dieses Geheimnis einzuweihen, oder?“ „Sicher.“, sagte Maron. „Wir holen nur unsere Sachen und kommen dann sofort in die Kommandozentrale zu dir und Joran, um euch zu informieren.“ „In Ordnung.“, sagte Zirell. „Dann werde ich dort auf euch warten.“ Sie drehte sich um und war wieder verschwunden.

„Also dann, McKnight.“, sagte Maron. „Versuchen wir es noch mal.“ „Sie meinen das mit dem Holen unserer Sachen, Sir?“, versicherte sich die Chefingenieurin. „Was denn sonst.“, sagte der Agent. „Aber vergessen Sie Ihre Schuhe nicht.“ „Keine Angst.“, sagte Jenna und grinste ihn an. „Ich bin eine Frau. Wir gehen niemals ohne schöne Schuhe aus dem Haus. Das ist uns in die Wiege gelegt worden.“ „Oh, Techniker.“, lachte Maron. „Ich wusste gar nicht, dass Sie so wunderbar Klischees dreschen können.“ „Tja, da guckt Mann erstaunt und Kerl wundert sich, nicht wahr?“, flapste Jenna. Dann trennten sich ihre Wege.

Zirell war inzwischen wieder in der Kommandozentrale eingetroffen. „Hast du meine Telshanach und Maron El Demeta finden können, Anführerin Zirell?“, fragte der Vendar von seiner Konsole aus mit einem sorgenvollen Gesicht. „Ja, das habe ich, Joran.“, sagte Zirell mit viel Trost in der Stimme. „Ich habe sie sogar zusammen gefunden, aber sie waren nur rein dienstlich in der Simulationskammer, wie es aussieht. Sie behaupten, den Grund zu kennen, aus dem sich Invictus mit einer sterblichen Stute gepaart hat.“ „Dann wären sie aber die Ersten.“, sagte Joran. „Nicht ganz.“, sagte Zirell. „Die erste, die dazu eine passable Theorie aufgestellt hat, war Allrounder Betsy Scott. Aber wir werden sehen, ob sie ihre Theorie nicht sogar vielleicht bestätigen.“ „In der Tat.“, bestätigte Joran. „Das werden wir.“ Er hatte Zirell wohlweislich verschwiegen, dass er mehr wusste, um ihr nicht die Überraschung zu nehmen.

Maron und Jenna hatten die Kommandozentrale von 281 Alpha betreten. Sofort hatte Jenna sich kurz zu Joran begeben, um ihn zu begrüßen: „Guten Morgen, Joran!“ Dann küsste sie ihn. „Wo bist du gewesen, Telshanach?“, fragte der Vendar und nahm sie fest in die Arme. „Ich habe mir Sorgen um dich gemacht.“ „Ich war mit Maron in der Simulationskammer.“, gab Jenna zu. „Aber es war rein dienstlich. Ich werde euch gleich alles erklären.“ „Darauf sind wir sehr gespannt, Telshanach.“, sagte Joran und ließ sie los, damit sie sich mit Maron in die Mitte des Raums begeben konnte.

Hier stand sie nun neben Zirell, die sie und den Agenten auffordernd ansah. „Also, was ist nun der Grund, aus dem Invictus das getan hat, Jenna?“, fragte Zirell. „Der Grund ist, dass er einen Weg finden musste, die Mächtigen, also auch die Quellenwesen, dazu zu bringen, nicht leichtfertig mit der Natur umzugehen. Wenn eine Spezies ausstirbt, weil ihre Zeit gekommen ist, dann ist das ein natürlicher Prozess der Evolution, aber etwas ganz anderes ist es, wenn das durch den gewollten Eingriff eines Wesens passiert, nur weil es die Spezies beispielsweise als Spielball gegen einen Feind benutzt oder je nach Lust und Laune alles verändert, nur weil ihm gerade danach ist. Als Grandemought ein Jugendlicher war, waren er und Invictus Freunde. Beide hatten eine Vision vom Ende der Welten durch die Hand der Mächtigen, wenn es nicht gelingen würde, sie an ihre Verantwortung zu erinnern. Grandemought hat Invictus damals geraten, sich von Zeit zu Zeit mit einer Sterblichen zu paaren, damit deren Kinder eine Spur Verwundbarkeit behalten und somit nie vergessen, welche Verantwortung sie haben.“ „Ein genialer Zug von Grandemought.“, sagte Zirell. „Genau.“, sagte Maron. „Aber das beste Beispiel dafür, dass das bitternötig ist, kennen wir ja auch. Es heißt Sytania.“ „Das ist korrekt.“, sagte Joran, der seine ehemalige Gebieterin ja sehr gut kennen musste.

Maron hatte eine Weile nachgedacht und immer wieder den Kopf geschüttelt. „Was bedrückt dich, Maron?“, fragte Zirell. „Wenn das notwendig ist, um die Natur zu erhalten.“, sagte Maron. „Dann müsste Valora es doch eigentlich auch verstehen. Ich meine, sie ist auch eine Verwandte der Quellenwesen wie Invictus. Warum aber tut sie das genaue Gegenteil?“ „Bei allem Respekt, Sir.“, sagte Jenna. „Als Mann werden Sie niemals nachvollziehen können, zu was die Eifersucht eine Frau treiben kann.“

Wieder dachte Maron nach, aber es wollte ihm einfach nicht gelingen, Valoras Tun nachzuvollziehen. „Sie haben Recht, McKnight.“, sagte er schließlich resignierend. „Mir kommt immer wieder meine Vernunft dazwischen.“

„Das würde aber auch Allrounder Scotts Theorie bestätigen.“, sagte Jenna. „Das stimmt.“, sagte Zirell. „Ich würde sowieso sagen, wir reden mit der Zusammenkunft und dann mit der Föderation. Mit denen sollten wir ganz schnell beratschlagen, was wir tun können, um die Dimensionen noch zu retten.“ „Bei der Gelegenheit.“, sagte Jenna. „Gestern habe ich mit Techniker Scott gesprochen. Er hat auch schon etwas gemerkt und würde sich gern an der Lösung beteiligen.“ „Na, ich denke, dass der Zusammenkunft jeder schlaue Kopf willkommen sein wird, der uns hilft.“, sagte Zirell. „Das werde ich gleich mal klären. Joran, gib mir das Rufzeichen der Zusammenkunft. Verbinde mich am besten gleich mit Darell!“ „Wie du wünschst, Anführerin Zirell!“, sagte der Vendar schmissig und leitete die Ausführung von Zirells Befehl ein.

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