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Auf Zirells Station hatte Joran inzwischen Darell erreicht und sie sofort mit Zirell, ihrer alten Schulfreundin, verbunden. Die Vorsitzende des tindaranischen Parlaments war über Zirells Ruf sehr überrascht gewesen und vor allem war sie das über die Tatsache, dass sie offenbar nicht allein war.

„Nun sag mir doch bitte erst einmal, warum dein Erster Offizier und deine Ingenieurin bei dir sein müssen, wenn du mit mir reden willst, Zirell.“, sagte Darell scherzend. „Traust du deiner alten Freundin etwa allein nicht mehr über den Weg?“ Sie grinste. „Das ist es nicht, Darell.“, sagte Zirell ernst. „Maron hat dir doch die Daten geschickt, die wir aus Dirans Schiff bekommen konnten. Daraus geht doch hervor, dass die Probleme, die wir in letzter Zeit haben, auf eine Ladungsverschiebung in den Energien der Dimensionen zurückzuführen sind. Die wiederum ist darauf zurückzuführen, dass sich die Machtverhältnisse bei den Mächtigen, die ja teilweise direkt mental mit ihren Dimensionen verbunden sind, fast umgekehrt haben.“ „Fast umgekehrt?“, fragte die Politikerin irritiert. „Wie habe ich das zu verstehen?“ „Das hast du so zu verstehen.“, sagte Zirell, „Dass sich Valora, die Leitstute der Einhörner, offenbar tatsächlich mit Sytania verbündet hat. Ich weiß, das passt eigentlich gar nicht zu dem Bild von tugendhaften Wesen, als die wir die Einhörner gern sehen wollen, aber auch sie sind Wesen, die Liebe und somit auch Eifersucht empfinden können. Wo Rauch ist, da ist auch Feuer, Darell. Ich denke, dass Valora gerade letzteres empfindet. Das ist wohl der Grund, aus dem sie so ein Verhalten gezeigt hat und Jenna kennt den Grund, aus dem sie eifersüchtig ist.“

Sie sah zu McKnight herüber. Da Joran das Gespräch mit Darell auf den Hauptschirm gestellt hatte, konnten alle in gleicher Weise teilnehmen.

„Zirell hat Recht, Darell.“, sagte Jenna und schaute etwas beschämt. „Ich kenne den Grund. Wir werden euch eine Aufzeichnung zukommen lassen. Es wird sich dabei um eine Aufzeichnung meiner Träume handeln, in denen ich offenbar Kindheitserinnerungen von Lord Grandemought von Zeitland verarbeite. Ich hatte IDUSA befohlen, meine Träume aufzuzeichnen, weil sie sich Nacht für Nacht auf die gleiche Weise wiederholt haben. Ich wollte endlich Klarheit, verstehst du?“ „Ich verstehe dich sehr gut, Jenna.“, sagte Darell verständig. „Aber ich verstehe nicht, warum du dich so schämst. Was ist denn in deinen Träumen Schlimmes aufgetaucht?“ „Im Prinzip dürfte Grandemought für den Streit der Einhörner und somit für unsere Situation verantwortlich sein, Darell.“, sagte Jenna traurig. „Vielleicht fühle ich mich auch nur so beschämt und schuldig, weil ich jetzt das fühle, was er gefühlt hätte, wenn er zu Lebzeiten noch die Konsequenzen seiner Entscheidung mitbekommen hätte. Vielleicht ist das ganz normal. Schließlich war ich für einige Zeit sein Gefäß.“ „Wann hat Grandemought denn jene Entscheidungen getroffen, Jenna?“, fragte Darell. „Das war doch wohl lange vor deiner Geburt und somit lange vor der Zeit, in der du sein Gefäß sein konntest. Also musst du dir schon mal gar keine Vorwürfe machen. Aber was war denn das jetzt für eine schreckliche Entscheidung?“ „Grandemought riet Invictus, sich von Zeit zu Zeit mit einer Sterblichen zu paaren, damit deren Kinder eine Spur von Verwundbarkeit behielten. Dadurch wollte er verhindern, dass die Mächtigen irgendwann einmal aus Überheblichkeit oder aus einer Laune heraus alles zerstören würden. Invictus und Grandemought waren Freunde in der Jugend. Invictus hatte eine Vision, in der genau das passieren würde, wenn sich Mächtige nur immer unter Mächtigen vermehren würden.“ „Ah ja.“, sagte Darell. „Und dem wollte er also einen Riegel vorschieben. Aber meiner Meinung nach ist das nichts, wofür er sich schämen muss! Im Gegenteil, Jenna, ich finde es einfach genial und ich bin überzeugt, auch du erkennst die Genialität, die hinter diesem Vorschlag steckt!“ „Das stimmt schon.“, gab Jenna zu. „Aber ich bin zerrissen. Ich weiß nicht, ob ich Grandemought für diesen Vorschlag beklatschen oder verfluchen soll! Ich meine, immerhin konnte er in die Zukunft sehen und hätte doch sehen müssen, welche Konsequenzen sein Tun für uns alle hatte.“ „Ich bin sicher, Jenna.“, sagte die Regierende der Tindaraner ruhig. „Das hat er auch getan. Wenn Grandemought deinen Körper besetzt hatte, dann kam er mir bisher immer sehr besonnen vor. Zumindest ging das aus den Berichten deiner Kameraden hervor. Ich weiß ja nicht, wieviel du selbst davon mitbekommen hast und in wie weit du Einfluss auf das Geschehen hattest. Grandemought hat deinen Kameraden zwar immer wieder versichert, ihr würdet zusammenarbeiten und du hättest auch einen gewissen Grad an Kontrolle, aber wir hatten niemals deine Sicht vor Augen. Hab keine Angst. Du kannst jetzt ruhig ehrlich sein. Er ist ja jetzt nicht hier.“ „Belogen hat er meine Kameraden auf keinen Fall!“, sagte Jenna fest. „Es stimmt alles, was er diesbezüglich gesagt hat und er ist auch sehr besonnen. Aber gerade deshalb verstehe ich nicht, wie er uns in so eine Situation bringen konnte. Ich kann es mir nur so erklären, dass er sich gedacht hat, wir würden damit schon fertig werden. Vielleicht hatte er uns ja sogar gesehen.“ „Davon gehe ich aus!“, sagte Darell sehr sicher. „Und er wird mit Sicherheit auch gesehen haben, was für ein geniales Wesen du bist! Versteh mich bitte nicht falsch. Ich habe keinesfalls vor, die gesamte Verantwortung für unsere Rettung allein auf dich abzuwälzen. Aber ich denke, dass du noch mehr tun kannst, als einfach nur seine Erinnerungen weiterzugeben.“ „Ihr seid mir also nicht böse für das, was damals geschehen ist?“ fragte Jenna. „Nun.“, sagte Darell. „Ich für meinen Teil gehöre nicht zu jenen Staatsoberhäuptern, die den Boten töten, weil ihnen die Nachricht nicht gefällt. Sicher sind die Konsequenzen von Grandemoughts Vorschlag im Moment für uns alle etwas schwierig, aber Schwierigkeiten sind meiner Meinung nach dazu da, um gemeistert zu werden! Aber du hast gar nichts zu befürchten, Jenna. Wir werden dir auch weiterhin unser größtes Vertrauen entgegenbringen. Du konntest ja nichts für Grandemoughts Entscheidung. Die Gründe dafür habe ich dir ja gerade hoffentlich ausreichend dargelegt.“ „Das hast du wohl, Darell.“, sagte Jenna erleichtert. Dann beendeten sie und das Staatsoberhaupt der Tindaraner das Gespräch.

Die hoch intelligente Halbschottin lehnte sich aufatmend zurück. „Ich bin heilfroh, dass das Gespräch so ausgegangen ist, Zirell!“, sagte sie dann in Richtung ihrer Vorgesetzten. „Was hattest du denn erwartet, Jenn’?“, erwiderte die ältere Tindaranerin. „Hattest du ernsthaft gedacht, sie würde dich einen Kopf kürzer machen?“ „Ich denke, an so etwas Ähnliches habe ich wohl tatsächlich gedacht.“, sagte Jenna. „Dann hast du aber offensichtlich dieses Mal falsch gedacht, Telshanach.“, mischte sich Joran ins Gespräch. „Aber das würde ich mir gern rot im Kalender anstreichen. Es kommt ja nur sehr selten vor.“ „Na dann tu, was du nicht lassen kannst.“, grinste Jenna.

Sie stand auf. „Zirell, ich würde dann gern wieder an meinen Arbeitsplatz gehen.“, sagte sie. „Ist in Ordnung.“, sagte die tindaranische Kommandantin. McKnight bedankte sich noch höflich und ging dann aus der Kommandozentrale.

Iranach und Elisa hatten inzwischen auch Logars Schloss betreten und der Herold hatte sie angekündigt. Nun standen die Vendar und das Bauernmädchen vor dem Thron des imperianischen Königs.

„Sag mir, Iranach.“, wandte sich Logar seiner Vertrauten zu. „Welchen Zweck soll es haben, wenn ich die Kleine in meine Dienste nehme? Dein Novize hat mir geschildert, unter welchen Umständen ihr sie gefunden habt.“ „Seht Euch ihre Hände an, Majestät!“, pries Iranach Elisas Qualitäten als Näherin an. „Sie ist sehr geschickt und kann Euch sicher einige stattliche Roben anfertigen. Ich weiß, Ihr habt genug Näherinnen in Euren Diensten, aber sie …“ „Bitte lass mich weiterreden.“, flüsterte Elisa Iranach zu. „Also gut.“, sagte die Vendar und nahm die Kleine auf ihren Arm, damit sie Logar ins Gesicht sehen konnte. Dann sagte Elisa mit fester Stimme: „Aber ich bin sicher, Majestät, dass niemand unter ihnen ist, die Euch Informationen über die Pläne Eurer Tochter geben kann! Ich war lange ihre Zofe und habe einiges aufschnappen können. Ich werde Euch all diese Informationen geben, wenn Ihr mich in Eure Dienste nehmt! Ich werde sie Iranach zukommen lassen, die sich ja meistens in Eurer Nähe aufhält und sie wird sie dann Euch geben! Was haltet Ihr davon, Milord?!“

Die Miene des imperianischen Herrschers versteinerte. Elisa machte dieses Geschehen große Angst. Sie war sich nicht sicher, was sie dort gerade angerichtet hatte. „Iranach, was hat das zu bedeuten?“, fragte sie und schmiegte sich ängstlich an die Vendar. „Ich weiß es nicht.“, flüsterte Iranach. „Das habe ich auch noch nie gesehen.“

Logar lachte plötzlich laut auf. „Also, Iranach!“, rief er dann begeistert aus und klopfte sich auf die Schenkel. „Ich glaube, mit der Kleinen haben wir einen guten Fang gemacht. Sie scheint intelligenter zu sein, als wir bisher glaubten und sie taugt sicher nicht nur zur Näherin. Da sie uns Informationen versprochen hat, die sie mir durch dich geben will, ist es wohl am besten, wenn sie bei dir wohnt. Ich würde sagen, wir lassen sie einige Stationen durchlaufen und sie kann dann mitentscheiden, wo es ihr am besten gefällt! Nun aber sollte sie sich zuerst einmal häuslich einrichten und sich frisch machen.“ „Ich habe verstanden, Gebieter!“, sagte Iranach. „Das bedeutet also, ich darf bleiben?!“, strahlte Elisa. Die Vendar nickte und setzte sie ab. „Danke, Iranach!“, lächelte das Bauernmädchen. „Ich werde dich sicher nicht enttäuschen!“ „Warum bedankst du dich bei mir?“, fragte Iranach jetzt ihrerseits breit grinsend. „Das hast du ganz allein dir selbst zu verdanken. Aber nun komm mit! Schließlich wollen wir dich ja vorzeigbar machen und du musst dich auskennen!“ „In Ordnung.“, sagte Elisa und folgte der winkenden Vendar aus dem Thronsaal.

Im Schutze der Schwärze des Universums pirschten sich zwei Vendar in einem getarnten Veshel in der nächsten Nacht an Zirells Station heran. Es waren Telzan und Cirnach, die sich dorthin begeben hatten, um Sytanias und Telzans gemeinen Plan auszuführen.

„Bitte übernimm kurz das Steuer, Telshanach.“, sagte Telzan. „Ich möchte mich noch einmal selbst mit dem Erfasser scannen, um sicher zu gehen, dass meine Sifa wirklich bereit zur Aufnahme des Feldes ist.“ „Vertraust du dem Urteil unserer Herrin etwa nicht?“, wollte Cirnach wissen. „Wenn ich ehrlich sein soll.“, erwiderte ihr Mann. „Dann bezweifele ich es in dieser Situation durchaus. Ich weiß, dass die Aussicht, bald ein Energiefeld von den Quellenwesen besitzen und vielleicht sogar ummünzen zu können, sehr attraktiv für Sytania ist. Wenn es zu solchen Situationen kommt, dann leidet manchmal ihr Urteilsvermögen. Ich habe irgendwie das dumme Gefühl, sie könnte auch jetzt etwas vergessen haben.“ „Also gut.“, sagte Cirnach und setzte sich auf den Pilotensitz, den Telzan vorher für sie freigemacht hatte.

Ihr Ehemann hingegen zog sich auf die Rückbank des Cockpits zurück und begann sich dann mit seinem Erfasser zu scannen. Aber auch das Gerät gab ihm keinen Anlass zur Sorge.

„Offenbar hat sich Sytania dieses Mal nicht von ihrer Gier leiten lassen.“, sagte er und ließ das Gerät zufrieden sinken. „Den Göttern sei Dank!“ „Ich weiß, dass du im Stillen Sytanias Urteil nicht immer uneingeschränkt vertraust.“, sagte Cirnach, die sich nach hinten gewandt hatte. „Aber das darfst du sie natürlich niemals wissen lassen!“ „Das werde ich auch nicht, Telshanach!“, versicherte Telzan. „Das werde ich auch nicht!“

Ein Signal vom Mishar ließ Cirnach einen Blick auf den Schirm der Flugkonsole werfen. „Wir haben unser Ziel erreicht, Telzan.“, meldete sie. „Halt dich bereit!“

Sie programmierte den Mishar auf das Halten der Umlaufbahn und ging dann zur Transporterkonsole. Dort setzte sie sich und sah durch den Sucher. Was sie dort aber feststellte, wollte ihr so gar nicht gefallen. „Kelbesh!“, rief sie aus. „Was ist, Telshanach?“, fragte Telzan. „Er kann das Feld nicht im Ganzen erfassen.“, erklärte Cirnach eine Meldung, die sie vom Computer des Schiffes bekommen hatte. „Er sagt, dass es zu groß sei.“ „Lass mich kurz überlegen.“, sagte Telzan, stützte seinen Kopf in die linke Hand und begann nachzudenken. Irgendwas musste ihm einfallen. Er hatte nicht vor, unverrichteter Dinge wieder zu Sytania zurückzukehren! Die Prinzessin hatte seiner Ansicht nach schon zu viele Hiobsbotschaften in letzter Zeit einstecken müssen. Wenn dieser Plan auch noch scheitern würde, dann würde sie vielleicht sogar verzweifeln und das konnte er auf keinen Fall zulassen! Es musste ihm einfach irgendwie gelingen, an das Feld zu kommen, oder wenigstens zu verhindern, dass es weiterhin in Jorans Besitz blieb. Seine Herrin hatte ihm zwar nicht genau gesagt, was sie gesehen hatte, als sie in die Zukunft sah, ihre Andeutungen aber hatten ausgereicht, um ihm zu verdeutlichen, dass dies auf keinen Fall etwas für sie Positives gewesen sein konnte!

Nervös trommelte Cirnach mit den Fingern auf das Gehäuse der Konsole. „Ich hoffe, dir fällt bald etwas ein, Telzan!“, sagte sie aufgeregt. „Falls das nicht der Fall sein sollte, laufen wir vielleicht Gefahr, trotz Tarnung doch noch entdeckt zu werden, weil wir uns zu lange nicht bewegt haben. Immerhin stellt sich das Veshel zwar jetzt als normales Wellenmuster dar, aber das ist ja jetzt quasi doppelt an einer Stelle vorhanden. Jemandem wie Jenna McKnight könnte das schon auffallen.“ „Wir würden bestimmt schneller zu einer Lösung kommen, wenn du mit nachdenken würdest, Cirnach!“, sagte Telzan etwas unwirsch. „Über unsere Situation schimpfen wird nichts helfen!“ „Ich weiß.“, sagte die Vendar. „Aber ich weiß ja auch nicht, was wir tun sollen.“ „Wir könnten zum Beispiel damit anfangen, dass du mir ein Bild des Inneren der Station besorgst.“, sagte Telzan. „Die Sensoren sollten ja jetzt dazu in der Lage sein, eines zu bekommen. Nah genug sind wir ja schließlich. Ich würde im Speziellen gern den Maschinenraum sehen.“ „Also gut.“, sagte Cirnach und gab die entsprechenden Befehle in den Mishar ein. Dann stellte sie das Bild auf den Hauptschirm, so dass auch Telzan es sehen konnte.

Der Vendar grinste beim Anblick des Gesichtes der Person, die sich offensichtlich dort befand. „Shannon O’Riley!“, rief er aus. „Es ist Shannon O’Riley und nicht Jenna McKnight! Von ihr haben wir nichts zu befürchten! Sie ist harmlos, Telshanach.“ „Dein Wort in den Ohren der Götter.“, sagte Cirnach und schlug die Augen nieder. „Das tust du doch nur, wenn du eine Vorahnung hast, Telshanach.“, sagte Telzan. „Was ist los?“ „Ich weiß es nicht.“, sagte Cirnach. „Vielleicht ist es auch einfach nur ein dummes Gefühl.“ „Wenn du dumme Gefühle hast, meine kluge und schöne Telshanach.“, sagte Telzan. „Dann ist da auch meistens etwas dran. Deiner Intuition habe ich bisher immer vertrauen können. Also, was ist es dieses Mal?“ „Ich kann es nicht definieren.“, sagte Cirnach. „Aber mein Bauch sagt mir, dass wir sie nicht unterschätzen sollten.“ „Ach was.“, sagte Telzan und lachte auf. „Sie ist niemals intelligent genug, um unsere Pläne zu zerstören. … Warte mal!“

Ihm war offensichtlich eine Idee gekommen. „Wenn wir das Feld nicht ganz an uns reißen können.“, sagte er. „Dann müssen wir es eben zerreißen. Dann kann es sogar sein, dass es später zwei gibt. Das wird nicht nur die Pläne der Quellenwesen vereiteln, nein, es dürfte sie auch noch total verwirren und die Situation verändern. Vielleicht sogar zu unseren Gunsten, denn nichts ist besser als ein verwirrter Feind und als solchen müssen wir die Quellenwesen schließlich betrachten, weil sie die Ordnung aufrechterhalten wollen und wir wollen sie zerstören!“ „Das sehe ich genauso.“, sagte Cirnach und wechselte wieder den Platz. Dann erfasste sie eine Hälfte des Feldes mit den Sensoren des Transporters und beamte es in Telzans Sifa.

„Herzlichen Glückwunsch, meine kleine durchtriebene Cirnach.“, sagte Telzan. „Es ist angekommen. Ich fühle es. Jetzt werde ich mich nach hinten begeben und mit dem Fütterungsritual beginnen. Flieg du uns zurück ins Dunkle Imperium! Aktiviere den interdimensionalen Antrieb so früh wie möglich. Ich will hier nicht so viele Spuren hinterlassen!“ „Wie du wünschst, mein schlauer Ehemann.“, lachte Cirnach verbrecherisch und wendete das Schiff, während Telzan in die Achterkabine ging.

Joran war durch ein unruhiges Gefühl erwacht. Es war ihm, als würde ihm etwas fehlen, auf das er es versäumt hatte, vernünftig aufzupassen. Er vermied es aber, IDUSA den Befehl zum Einschalten des Lichts zu erteilen, da er Jenna, die tief und fest neben ihm schlummerte, nicht wecken wollte. Vielleicht hatte er ja auch einfach nur schlecht geträumt und es war gar nichts. Dann hätte er sie ganz umsonst in Sorge versetzt und das war etwas, das ihm nun wirklich fern lag. Er wusste, dass sie ihren Schlaf benötigte, wenn sie unter den gegebenen Umständen die Station und die Schiffe am Laufen halten sollte. Soweit er die Situation verstanden hatte, konnten sich die physikalischen Bedingungen jederzeit zu ihren Ungunsten verändern und dann war Jenna die einzige, die dann unter Umständen noch helfen konnte. Dazu benötigte sie aber einen ausgeschlafenen Geist und konnte es sicher gar nicht gebrauchen, wenn ihr Freund sie wie ein kleines Kind nur wegen eines Albtraums aus den eigenen Träumen holen würde!

Der Vendar hatte sich also im Bett aufgesetzt und hatte dann auf dem Nachttisch nach seinem Erfasser gesucht. Dort hatte er ihn aber nicht finden können. Erst jetzt fiel ihm ein, dass er ihn ja in der Tasche seiner Uniformjacke vergessen hatte, als er sie über einen Stuhl im Wohnzimmer gehängt hatte.

Er stand also auf und tastete sich in Richtung des Wohnzimmers vor. Da es aber in seinem Quartier stockfinster und er barfuß unterwegs war, stieß er sich den rechten großen Zeh am Türpfosten. Das tat ziemlich weh! Er musste sich auf die Zunge beißen, um nicht laut zu fluchen oder zu schreien. Dabei dachte er nur: Wie machst du das, Betsy El Taria!

Ein Signal vom Lautsprecher in der Nähe ließ ihn aufhorchen. Dann drehte er sich in die Richtung, aus der es gekommen war. Im gleichen Moment wurde das Licht vorsichtig eingeschaltet. „IDUSA, nein!“, flüsterte der erschrockene Vendar in das Computermikrofon, das sich jetzt genau vor ihm in gleicher Höhe mit dem Lautsprecher befand. „Tut mir leid.“, sagte die Stimme des Stationsrechners nüchtern. „Aber als Computer dieser Station ist es meine Aufgabe, alle Dinge von Ihnen fernzuhalten, die Ihre Gesundheit gefährden könnten, also für die Sicherheit der Mitglieder meiner Crew zu sorgen. Deshalb habe ich auch das Licht aktiviert, um Ihnen eine Möglichkeit zu geben, unfallarm zu erledigen, was immer Sie erledigen wollen. Unfallfrei wird das nicht mehr möglich sein, weil Sie mir den Befehl zum Aktivieren des Lichtes nicht erteilt haben und somit bereits verunfallt sind.“ „Da werde ich dir auch bestimmt keinen Strick draus drehen, IDUSA.“, sagte Joran leise. „Denn es war ja tatsächlich meine eigene Schuld. Meine Augen können zwar das Licht 40 % besser verarbeiten als die der meisten anderen hier, aber was will man tun, wenn es kein Licht zum verarbeiten gibt? Insofern hast du sicher korrekt gehandelt. Aber musst du nicht auch auf die Gesundheit von Techniker McKnight achten? Musst du nicht auch darauf aufpassen, dass ihr Schlaf nicht gestört wird? Würde das nicht einen schweren Datenkonflikt bei dir auslösen?“ „Negativ, Joran.“, sagte IDUSA. „Ich aktivierte das Licht ja nur in Ihrer direkten Umgebung. Die Tür zum Schlafraum ist geschlossen. Techniker McKnight wird es nicht sehen. Sie könnte aber sehr wohl auf unsere Diskussion aufmerksam werden, die Sie allerdings begonnen haben, indem Sie mich versuchten, in meinem Verhalten zu korrigieren.“ „Da hast du Recht, IDUSA.“, gab Joran zu. „Da habe ich mir wohl selbst ein Ei ins Nest gelegt. Hätte ich dich einfach machen lassen, dann wäre jetzt sicher nichts passiert.“ „Das ist korrekt.“, sagte der Rechner der Station.

Die Tür zum Flur öffnete sich und Jenna trat aus dem Schlafraum. Sie sah sehr müde aus. „Kannst du mir mal verraten, was IDUSA und du mitten in der Nacht auf dem Flur zu diskutieren habt, Joran?“, fragte sie und streckte sich, um danach einmal laut und demonstrativ zu gähnen. Dann sagte sie noch mit etwas Nachdruck: „Es ist vier Uhr morgens!“ „Es tut mir leid, Telshanach.“, sagte Joran und machte eine beschwichtigende Kopfbewegung in ihre Richtung. „Eigentlich wollte ich dich nicht wecken. Aber zwischen IDUSA und mir gab es ein kleines Missverständnis.“ „Warum bist du denn überhaupt aufgestanden?“, fragte Jenna, die sein Verhalten sehr ungewöhnlich fand.

Joran kam ins Grübeln. Er wusste nicht genau, ob er sie mit seinem Problem behelligen sollte oder nicht. Schließlich wusste er noch nicht einmal, ob es überhaupt eines gab. Er wusste aber auch, dass ihre Beziehung auf Ehrlichkeit basierte und er sie deshalb nicht belügen durfte und wollte. Als Vendar nahm er das damit sehr genau. Das war eine seiner Rasse angeborene Eigenschaft.

Er nahm McKnights Hand und führte sie wieder in den Schlafraum zurück. Dann setzten sich beide auf das Bett. „Ich glaube, dass etwas mit mir nicht stimmt, Telshanach.“, sagte er. „Wenn es dir nicht gut geht, dann werde ich besser mal Ishan holen.“, sagte Jenna und wollte aufstehen. Er aber zog sie zurück. „Nein, Telshanach.“, sagte er ruhig, aber bestimmt. „Wenn es das ist, was ich vermute, dann wird Ishan mir nicht helfen können. Das kann nur ich selbst, indem ich sofort mit dem Fütterungsritual beginne. Sonst verliere ich vielleicht das Feld der Quellenwesen!“ „Du machst mir Angst.“, sagte die hoch intelligente Halbschottin. „Das liegt nicht in meiner Absicht, Telshanach.“, sagte Joran und streichelte zärtlich ihr Gesicht. „Aber wenn du möchtest, kannst du mir vielleicht tatsächlich helfen. Bitte hol meinen Erfasser und scanne mich damit. Wir müssen sichergehen.“ „Sofort!“, sagte Jenna und sprang alarmiert auf.

Wenig später war sie mit dem Erfasser zurück und hatte ihn auf Joran gerichtet. Was sie dort aber sah, erschreckte auch sie. „Es sieht aus, als hätte dir jemand die Hälfte des Feldes aus der Sifa gebeamt. Ich erkenne eine Transportersignatur!“

Sie stellte etwas am Gerät um und scannte ihn erneut. Dann sagte sie: „Sie ist vendarisch! Das Feld scheint erheblich in seiner Struktur geschädigt zu sein! Du hast Recht. Es wird zusammenbrechen, wenn du es nicht stützen kannst und dann wirst du es verlieren!“ „Deshalb muss ich das ja auch tun.“, sagte Joran. „Geh du mit den Daten zu Anführerin Zirell und Maron El Demeta! Sag ihnen, was hier geschehen ist! Ich werde mein Möglichstes versuchen, um die Quellenwesen nicht enttäuschen zu müssen!“ „In Ordnung.“, sagte Jenna. „Aber ich bin mir sicher, dass ich noch weitaus mehr tun kann.“

Sie holte ihr Sprechgerät aus der Tasche und stellte eine Verbindung zu IDUSA her. Dann gab sie ihr einige Befehle ein. „Was hast du da getan, Telshanach?“, fragte Joran. „Das wirst du schon noch sehen.“, sagte Jenna und ging. Im Gehen rief sie ihm noch zu: „Du wirst es brauchen!“ „Also gut, Telshanach.“, sagte Joran. „Ich vertraue dir.“ Dann nahm er die für das Fütterungsritual notwendige Haltung ein und begann damit, sich auf das Bild vom leeren Raum und dem Tisch, an dem nur er und Illiane St. John als Entsprechung für das Feld saßen, zu konzentrieren. Er schwor sich selbst, nicht eher zu ruhen, bis er das Feld wieder stabilisiert hatte. Das würde zwar sicher bedeuten, dass er nicht zur Schicht in der Kommandozentrale erscheinen konnte, aber Jenna würde Zirell und Maron ja eh alles erklären und die Beiden würden dann schon die richtigen Schlüsse ziehen. Mit IDUSA sprach er ab, dass sie ihn körperlich überwachen durfte und ihn mittels eines leichten Stimulatorstoßes aus dem Zustand der Fütterung holen durfte, wenn es darum ging, körperliche Bedürfnisse zu stillen. Ansonsten sollte sie jedem sagen, dass er nicht gestört werden wollte.

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