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Cirnach und ihr Mann waren wieder in Sytanias Schloss angekommen. Die Vendar empfand es aber als sehr wichtig, dass die Prinzessin nichts von der Pleite Telzans erfahren durfte, denn, wie sie es ihm auch schon erklärt hatte, konnte ihn dies sein Amt kosten und das würde auch nichts Gutes für sie selbst bedeuten. Das wusste die gewiefte Strategin. Aber sie wusste auch schon, wie sie Sytanias Aufmerksamkeit so umlenken konnte, dass sie gar nicht mehr an Telzan und das Feld denken würde.

Der Herold hatte sie angekündigt und Cirnach hatte Sytanias Thronsaal betreten. Sofort war sie vor ihrer Herrin auf die Knie gefallen. „Steh auf, Cirnach!“, befahl Sytania. „Und dann komm mit mir an meinen Audienztisch!“ „Ja, Gebieterin.“, sagte Cirnach und folgte ihren Befehlen.

Die Königstochter und sie setzten sich an den Tisch. Cirnach wollte den Platz auf Sytanias linker Seite einnehmen, aber Sytania schüttelte nur mit dem Kopf und sagte: „Nein, du setzt dich zu meiner Rechten, Cirnach! Ich weiß, eigentlich ist das Telzans Platz, aber du bist ja auch seine Stellvertreterin. Wenn er nicht selbst kommt, dann ist er wohl auch im Moment nicht abkömmlich, oder?“ „Ihr habt Recht, Milady.“, sagte Cirnach. „Er ist vollauf damit beschäftigt, seine Hälfte des Energiefeldes zu stabilisieren. Ich denke, dass dies noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird. Er wird mindestens noch acht Stunden lang das Fütterungsritual durchführen müssen und danach wird er so erschöpft sein, dass er sicher nur noch schlafen will, Hoheit. Ich halte es also für nicht gut, wenn Ihr ihn in diesem Zustand sehen würdet. Es würde Euch nur traurig machen, denn er würde sehr erschöpft aussehen. Ich will ja nicht riskieren, dass Ihr unter Umständen noch ein schlechtes Gewissen bekommt.“ „Du kennst mich doch, Cirnach.“, sagte Sytania. „Das bekomme ich so leicht nicht. Aber ich könnte ihm doch helfen, das Feld zu stabilisieren, oder was meinst du, he?! Umso schneller kommen wir doch an unser Ziel!“

Jetzt war Cirnach in einer Zwickmühle. Wenn Sytania ihre geistigen Fähigkeiten benutzen würde, um das angebliche Feld in Telzans Sifa zu stabilisieren, dann würde sie sehen, dass er gar keines trüge. Das war eine Situation, zu der es auf keinen Fall kommen durfte. Sie musste sich jetzt dringend etwas einfallen lassen, um das zu verhindern!

„Oh das kriegt mein Mann schon hin.“, sagte sie, nachdem sie eine Weile nachgedacht hatte, die aber nicht so lang war, dass Sytania hätte misstrauisch werden können. „Außerdem würdet Ihr ja riskieren, dass die Quellenwesen unser Vorhaben bemerken könnten. Dann würden sie Telzan das Feld bestimmt nehmen und Ihr hättet dann auch keine Gelegenheit mehr zur Ausführung unseres Plans. Von uns würde ich in dem Zusammenhang gar nicht erst reden. Bitte lasst das in Telzans Händen. Ich weiß, dass es nicht gerade eine Eurer Stärken ist, Geduld zu zeigen, aber in diesem Fall wird es sich lohnen, Hoheit! Es wird sich lohnen! Das versprechen Telzan und ich Euch.“

Sie war über sich selbst erschrocken. Eigentlich hatte sie jetzt einen Tadel von Sytania erwartet, da sie diese auf eine ihrer wenigen Unzulänglichkeiten angesprochen hatte. Umso erleichterter war sie dann, als sie Sytania sagen hörte: „Ich will noch einmal über deinen kleinen Fehlgriff hinwegsehen, Cirnach! Aber du scheinst mit noch etwas hinter dem Berg zu halten. Als du sagtest, dass es sich für mich lohnen würde zu warten, da hast du gegrinst. Du scheinst noch etwas im Schilde zu führen. Was ist es?“ „Ich denke.“, setzte Cirnach an. „Dass ich durchaus eine Möglichkeit kenne, wie Ihr Eure Macht noch vergrößern könnt, obwohl Ihr das Feld noch nicht habt.“

Sie machte eine Pause, um ihre Worte auf Sytania wirken zu lassen. Sie wollte zunächst sehen, wie die Prinzessin reagieren würde, bevor sie weitersprach. Sie dachte sich allerdings schon, dass die Aussicht auf mehr Macht genau das bei ihr auslösen würde, was sie jetzt gebrauchen konnte, nämlich eine Ablenkung von dem Feld.

Sytanias schwarze Augen begannen erfreut zu leuchten, als sie Cirnach fragte: „Und was ist das für eine Möglichkeit, meine Macht zu vergrößern, Cirnach?“ „Ich denke, dass die Chancen sehr gut stehen, dass Ihr die Macht im gesamten Dunklen Imperium übernehmen könntet. Wenn Ihr gemeinsam mit Valora Logars Palast angreifen würdet. Ich denke sogar, dass Euer Vater nicht argwöhnisch sein wird. „Das Auftauchen Valoras an Eurer Seite dürfte für einige Verwirrung bei ihm und vor allem bei seinen Soldaten sorgen. Diese einfältigen Narren werden glauben, dass alles in Ordnung ist, wenn sie die Einhörner sehen.“

Die imperianische Prinzessin grinste boshaft. „Das klingt ja alles sehr vielversprechend, was du da sagst, Cirnach.“, sagte sie. „Aber denkst du nicht, dass er argwöhnisch werden wird, wenn er Valora mit mir auf sein Schloss zukommen sieht?“ „Ihr sollt Euch doch gar nicht sofort zeigen.“, erklärte die Vendar. „Zuerst schickt Ihr Imperianer als Kanonenfutter vor. Euer Vater soll glauben, dass er seinen Palast leicht verteidigen kann. Dann kommen unsere Truppen. Wir werden es seinen Vendar schon etwas schwerer machen. So sehr sogar, dass er sich Hilfe wünschen wird. Dann kommen Valoras Einhörner! Alle werden glauben, dass jetzt alles wieder in Ordnung ist und Euer Vater wird sogar zum Rückzug blasen lassen. Zum Schluss kommen dann Valora und ihr! Sozusagen als Sahnehäubchen auf der teuflischen Torte, die wir ihm backen werden!“

Die Königstochter dachte nach. Dabei lief ihr schier der Speichel aus dem Mund, wenn sie daran dachte, dass ihr bald alle Macht in ihrer Heimatdimension gehören könnte und sie dann nicht mehr befürchten musste, dass ihr Vater sich einmischte. Dazu würde er ja nicht mehr in der Lage sein, wenn er entmachtet in ihrem Kerker säße.

Die Aussicht darauf ließ sie aufspringen und erfreut in die Hände klatschen. „Das ist ein sehr guter Plan, Cirnach!“, sagte sie. „Aber ist dein Mann denn in der Lage, in seiner Situation eine Angriffswelle zu führen?“ „Das ist er im Moment wohl nicht.“, sagte Cirnach. „Aber ich werde die Vendar mit Eurer Erlaubnis gern selbst in die Schlacht führen.“ „Diese Erlaubnis hast du, meine treue kluge Cirnach!“, sagte Sytania. „Wir müssen jetzt nur noch herausfinden, wie Valora zu der Idee steht.“ „Sagt ihr bitte, dass sie bedenken sollte, dass dann auch ihr bald alle Macht gehören könnte gemeinsam mit Euch. Eurem Ziel, alle Dimensionen zu beherrschen und die bestehende Ordnung umzustoßen, dürftet Ihr dann auch ein großes Stück näher gekommen sein.“ „Oh ja!“, sagte Sytania hocherfreut. „Und zwar ein sehr großes! Wir sollten aber sofort Kontakt mit Valora aufnehmen und du wirst ihr deinen eigenen Plan selbst präsentieren!“ „Ich fühle mich geehrt, Herrin.“, sagte Cirnach und wurde fast rot. „Das Ganze muss dir überhaupt nicht peinlich sein.“, tröstete Sytania. „Ehre, wem Ehre gebührt. Du bist eine ebenso gute Strategin, wie dein Mann ein guter Stratege ist. Du wirst schon gut auf deine Truppen im Kampf aufpassen. Und du wirst sicher auch dafür Sorge tragen, dass der Plan zu unser beider Zufriedenheit ausgeführt wird. Da vertraue ich dir voll und ganz, Cirnach. Aber nun lass uns Kontakt mit Valora aufnehmen.“

Sie schickte nach einem Diener, der ihr wenig später den Kontaktkelch brachte. Dann legten Cirnach und sie jeweils eine ihrer Hände auf den Fuß des Kelchs und gaben einander die andere. Sofort begann Sytania damit, sich das Bild des Einhorns vorzustellen. Alsbald erschien Valora vor ihren geistigen Augen. Dein Ersuchen scheint sehr dringend zu sein, meine Freundin., stellte sie gegenüber Sytania fest. Was ist dein Begehr und warum bist du so aufgeregt? Ich spüre genau, wie es dir geht! Dass ich etwas aufgeregt bin, das stimmt., gab Sytania zu. Dazu habe ich auch allen Grund! Du kennst doch sicher Cirnach, die Ehefrau und Vertreterin meines obersten Vendar Telzan. Sie hat mir einen Vorschlag gemacht, wie wir meinen Vater besiegen und damit alle Macht an uns reißen können, die es in dieser Dimension zu holen gibt! Wenn wir das Dunkle Imperium erst einmal unter unserer Kontrolle haben, dann dürfte der Rest leicht folgen. Aber was rede ich denn eigentlich so lange? Cirnach sollte dir ihren Plan besser selbst erläutern.

Sie sah auffordernd zu der Vendar hinüber. „Also gut, Hoheit.“, sagte Cirnach und dachte: Bitte pass jetzt gut auf, Valora. Mein Plan sieht folgendes vor. Wir werden Logars Wolkenburg angreifen! Sytanias und deine Macht sind vereint. Das bedeutet also, es besteht tatsächlich eine Chance. Der Rest wird durch eine gut durchdachte Strategie erfolgen müssen., aber die habe ich auch schon längst. Als erstes werden wir eine Angriffswelle aus Imperianern vorschicken. Logar wird leichtes Spiel mit ihnen haben. Dann kommen wir Vendar, die seine Soldaten dann in so schwere Gefechte verwickeln werden, dass sie sich Hilfe herbeiwünschen werden. Diese vermeintliche Hilfe wird dann auch kommen in Form deiner Einhörner. Du aber hältst dich noch im Hintergrund. Wenn du gleich dabei wärst, dann würden wir ja riskieren, dass Logar Lunte riecht und das darf auf keinen Fall passieren! Wenn seine Generäle und er die Einhörner sehen, dann werden sie denken, dass die ersehnte Hilfe da ist. Aber sie ahnen ja nicht, wem sie wirklich helfen werden. Du und Sytania, ihr werdet erst ganz zum Schluss in die Schlacht eingreifen, nämlich dann, wenn Logar längst besiegt ist. Dann werdet ihr beide eure Plätze als die rechtmäßigen Herrscherinnen des Dunklen Imperiums einnehmen. Das klingt sehr gut, Cirnach!, lobte das verblendete Einhorn. Und auch Invictus dürfte uns nicht im Wege stehen können, da ja Sytanias und meine vereinte Macht viel größer sein werden als seine! Ich frage mich, woher du so eine brillante Idee genommen hast! Nun, sie ist eine meiner schlauesten Vendar., mischte sich Sytania in das telepathische Gespräch. Du kannst dich glücklich schätzen, dass wir sie in unseren Reihen haben. Aber wie gefällt dir denn nun ihr Vorschlag? Ihn theoretisch brillant zu finden, sagt meiner Meinung nach ja gar nichts darüber aus, ob du es wirklich auch durchziehen willst. Du denkst doch wohl nicht noch immer an die Sache mit den Genesianern!, vergewisserte sich Valora. Das haben doch deine Vendar sicher längst ausgebügelt, oder? Das haben sie tatsächlich., antwortete Sytania. Und es war wieder die geniale Cirnach, auf die ich mich auch in diesem Fall verlassen konnte. Und zwischen uns beiden ist auch wieder alles gut, Valora! Ich habe dir verziehen. Schließlich brauche ich dich gegen meinen Vater und auch dafür, endlich die Macht in allen Dimensionen ergreifen zu können. Mit unserer Zusammenarbeit schlagen wir auch noch zwei Fliegen mit einer Klappe. Ich werde meinen Vater los und du den ungeliebten Invictus. Beide werden uns, wenn Cirnachs Plan aufgeht, nicht mehr im Weg sein! Da hast du Recht, meine Schwester im Kampfe!, bestätigte Valora. Das werden sie nicht mehr!

Die Prinzessin hatte ihre Hand vom Kelch genommen und die andere ebenfalls aus der von Cirnach gezogen. Das hatte die telepathische Verbindung direkt getrennt. „Ich hätte mir nicht träumen lassen, dass sie so schnell mit meinem Plan einverstanden ist.“, sagte Cirnach bescheiden. „Schließlich bin ich nur eine Vendar und es steht mir sicher nicht zu, darüber zu urteilen, wie Ihr Eure Macht ausbauen könnt.“ „Du magst zwar nur eine Vendar sein.“, sagte Sytania. „Aber du bist ein sehr kluges und gerissenes Exemplar deiner Gattung! Telzan kann sich glücklich schätzen, dich seine Ehefrau nennen zu dürfen. Da du deshalb auch seine Stellvertreterin bist, profitieren wir alle!“ „In der Tat, Milady.“, sagte Cirnach.

Sie stand von ihrem Stuhl auf. „Bitte lasst mich jetzt wieder zu Telzan gehen.“, bat sie. „Ich werde ihm von unseren neuen Plänen berichten. Sicher wird er seine Truppen gern selbst in den Kampf führen wollen, aber er hat ja jetzt eine viel größere Aufgabe.“ „Ja, die hat er.“, bestätigte Sytania. „Oh was werden sich die Quellenwesen wohl grämen, wenn sie bemerken, dass ein Teil ihres eigenen Feldes sich gegen sie wendet!“ „Oh ja.“, sagte Cirnach. „Und ich kann gar nicht genug davon bekommen, mir ihre verdatterten Gesichter vorzustellen!“ Beide Frauen lachten böse auf.

Es war Mittag geworden auf Zirells Basis und Nidell hatte eine letzte Trainingseinheit mit Diran beendet. Erstaunlich schnell war der Vendar wieder zu Kräften gekommen. Er hatte sich in den physiotherapeutischen Stunden mit Ishan oder seiner jungen tindaranischen Assistentin sehr bemüht und diese Bemühungen hatten jetzt Früchte getragen.

„Ich glaube, du bist so weit.“, sagte Nidell zufrieden. „Ishan und ich werden dich entlassen können.“ „Das ist sehr gut, Nidell El Tindara.“, sagte Diran. „Aber ich nehme an, ihr könnt noch nicht verantworten, dass ich zu meiner Herrin Tolea gehe, nicht wahr?“

Die Tür zum Krankenzimmer öffnete sich und Ishan betrat es. Über sein Haftmodul hatte er alles beobachtet, was IDUSA ihm bezüglich Diran und Nidell gezeigt hatte. „Das solltest du wirklich noch nicht tun.“, mischte er sich ins Gespräch. „Du solltest dich wahrhaftig noch etwas schonen. Wie wäre es, wenn du zu deiner Frau nach New-Vendar-Prime fliegst. Dort bist du jetzt sicher sehr gut aufgehoben.“ „Du wirst Recht haben.“, sagte der Vendar besonnen. „In Ordnung.“, sagte der Androide. „Dann werde ich Zirell Bescheid geben. Geh du doch schon mal zu Jenna in den Maschinenraum und bitte sie, dein Schiff zu warten, damit du so schnell wie möglich abfliegen kannst.“ „Das werde ich tun.“, versprach Diran und nahm aus Ishans Hand einen Datenkristall mit seinen Entlassungspapieren entgegen. Dann verließ er die Krankenstation.

Nidell sah ihren Vorgesetzten fragend an. „Warum hast du ihn so schnell weggeschickt?“, fragte sie. „Ich wollte verhindern, dass er über Tolea nachdenkt.“, sagte der Arzt. „Jede Aufregung könnte ihn sehr stark zurückwerfen und das wäre nun wahrlich nicht gut, wie du ja auch weißt, Nidell. Deshalb habe ich seine Aufmerksamkeit schnell auf seine Frau gelenkt.“ „Weißt du denn schon etwas Neues über Tolea?“, fragte die junge Tindaranerin. „Ja.“, bestätigte Ishan. „Scientist Ketna, meine Kollegin auf der Basis 818, hat mir berichtet, dass sich Tolea auch wieder recht gut erholt hat. Sie hat sie mittlerweile entlassen können. Sie sollte sich aber auch noch nicht zu viel zumuten genau wie Diran. Deshalb wollen Ketna und ich auch im Moment noch vermeiden, dass sie sich begegnen und Tolea denkt, dass sie wieder normal zur Tagesordnung über gehen kann.“ „Ich verstehe.“, sagte Nidell und ging wieder in das Labor, wo noch einige Arbeit auf sie wartete.

Zirell, mit der Ishan dann auch bald Kontakt aufgenommen hatte, war froh zu hören, dass es Diran schon wieder so gut ging. „Das ist sehr schön zu erfahren, Ishan.“, sagte die tindaranische Kommandantin. „Ich werde sofort Kontakt mit Sianach aufnehmen. Sie wird sich auch freuen, denke ich.“ „Tu das.“, sagte der androide Arzt. „Aber vergiss bitte nicht ihr zu sagen, sie solle dafür Sorge tragen, dass ihr Mann sich noch schont.“ „Das werde ich schon nicht vergessen!“, versicherte Zirell. Dann beendete sie das Gespräch mit Ishan, um sich danach gleich an Joran zu wenden, der inzwischen wieder frisch und ausgeruht an der Kommunikationskonsole saß: „Gib mir Sianachs Rufzeichen auf New-Vendar-Prime!“ „Wie du wünschst, Anführerin.“, sagte Joran und leitete die notwendigen Prozeduren ein.

Diran hatte den Maschinenraum der Basis betreten. Hier hatte er sich mit Jenna getroffen, die dann auch gleich sein Schiff gewartet hatte. „Ich muss dir etwas gestehen, Diran.“, sagte die hoch intelligente Halbschottin. „Ich habe den Rechner deines Schiffes ein wenig auf den Kopf gestellt. Wir mussten ja schließlich klären, was dir passiert war und du konntest es uns ja nicht mehr sagen.“ „Das ist schon in Ordnung, Jenna McKnight.“, sagte der Vendar ruhig. „Ich vertraue dir und weiß, dass du nichts getan hast, das meinem Schiff schadet oder das irgendwie gegen irgendwelche Datenschutzrechte verstoßen könnte. Was du tun musstest, war sicher notwendig.“ „Das war es, Diran.“, sagte Jenna. „Zumal dein Schiff uns die Daten auf dem Silbertablett serviert hat.“ „Dann hat es also alles so funktioniert, wie ich es geplant hatte.“, stellte Diran erleichtert fest. Er war nie ein guter Techniker gewesen und wusste daher nicht, ob die Ausführung der Befehle, die er seinem Computer vor seinem Fall ins Koma gegeben hatte, wirklich zu den richtigen Ergebnissen führen würde. „Das hat es, Diran.“, sagte Jenna. „Ansonsten wüssten wir ja nicht, dass du von einem Novizen übel gelinkt worden bist und dass es eine Weissagung gibt, aus der wir aber noch nicht ganz schlau werden. Die ist sogar so einprägsam, Dass wir sie fast alle mittlerweile auswendig kennen.“ „Ich denke, das war auch die Absicht der Quellenwesen.“, sagte Diran. „Das denke ich auch.“, antwortete Jenna. „Zumal mir etwas geschehen ist, das eventuell auch etwas mit der Auswahl zu tun haben könnte. Ich habe von Erlebnissen geträumt, die Lord Grandemought von Zeitland während seiner Jugend hatte. Maron und ich haben herausgefunden, dass er für die Situation in gewisser Weise verantwortlich war.“ „Du glaubst, dass der junge Grandemought das Kind ist, das wählen sollte?“, fragte Diran. „Ich weiß es nicht genau, Diran.“, sagte Jenna. „Aber vielleicht ist er ja auch nur eines der Kinder gewesen. Wenn man es genau nimmt, dann wissen wir ja gar nicht, ob es nur um ein Kind geht, das die Retter der Welten aussuchen soll, oder ob es nicht sogar mehrere sein können. Die Weissagung spricht nur allgemein von Kindeshand. Aber es fehlt eine weitere zahlenmäßige Beschränkung. Wenn jemand mehrere Kinder aufnimmt und sie adoptiert, dann spricht man auch von der Annahme an Kindesstatt, auch wenn es mehrere Kinder sind. Verstehst du?“ „Ich denke ja.“, sagte Diran. „Aber denkst du wirklich, dass die Quellenwesen auf solche sprachlichen Feinheiten achten, wenn sie Weissagungen tätigen?“ „Oh, ich denke, dass wir sehr genau aufpassen müssen, wie wir die Weissagungen interpretieren.“, sagte Jenna. „Sicher, die Aussagen der Quellenwesen oder auch anderer höherer Wesen sind oft sehr schwammig und ungenau. Aber Allrounder Scott, die ja auch eine Ausbildung zur Kommunikationsoffizierin hat, geht davon aus, dass diese Wesen das nicht tun, um uns zu ärgern, sondern sie reden so, weil sie so weit von unserer Art der Kommunikation entfernt sind, dass sie gar nicht mehr wissen, wie sie sich uns gegenüber ausdrücken sollen.“ „Sie meint also, diese Wesen können nichts dafür?“, fragte Diran. „Genau das.“, sagte Jenna. „Genauso wie wir nichts dafür können, dass wir sie dann nicht verstehen und ich für meinen Teil neige dazu, ihr zuzustimmen.“ „Ich auch, wenn du meine Meinung hören willst, Jenna McKnight.“ „Und ich müsste mich da ja eigentlich bestens auskennen. Schließlich habe ich Jahre lang einer Mächtigen gedient.“ „Deine Mächtige war aber viel direkter als die Quellenwesen.“, sagte Jenna und lächelte. „In der Tat.“, sagte Diran. „Obwohl ich nicht genau weiß, ob du jetzt von Tolea oder Sytania redest.“ „Ich rede in gewisser Weise von beiden.“, sagte Jenna. „Sytania war sehr rigoros und Tolea zwar sehr freundlich, aber auch immer sehr direkt und wenn sie uns etwas verdeutlichen will, dann tut sie das auch immer sehr anschaulich.“ „Da hast du Recht, Jenna McKnight.“, nickte Diran.

McKnight nahm einen Schaltschlüssel aus ihrer Uniformtasche und gab ihn Diran. „Dein Schiff ist in tadellosem Zustand.“, sagte sie. „Du kannst jetzt ruhig zu Sianach fliegen. Aber es wäre sicher besser, wenn du dort auch noch eine Weile bleiben würdest, um dich zu erholen.“ „Das werde ich, Jenna McKnight.“, sagte Diran. „Bitte verlass dich auf mich.“ Damit ging er in Richtung Andockrampe davon.

Joran hatte für Zirell die von ihr gewünschte Verbindung hergestellt. Jetzt sah die ältere Tindaranerin das Bild der jüngeren Vendar vor ihrem geistigen Auge über den Neurokoppler. „Ich grüße dich, Zirell El Tindara.“, sagte Sianach. „Was verschafft mir die Ehre? Wir haben lange nicht mehr miteinander gesprochen.“ „Das stimmt.“, sagte Zirell. „Aber ich habe gute Nachrichten für dich, was deinen Mann angeht. Wir konnten ihn aus dem Koma holen und er ist jetzt auf dem Weg zu dir. Er sollte sich aber noch eine Weile schonen, meint Ishan.“ „Warum hast du mir das nicht eher gesagt, Zirell?“, fragte Sianach. „Ich wäre mit einem Freund hergekommen und wir hätten ihn abgeholt. Ich hätte sein Schiff geflogen und mein Begleiter dann das meine.“ „Oh so schlecht geht es Diran nicht mehr.“, sagte Zirell. „Die kurze Strecke bis zu dir schafft er schon. Außerdem hasst ihr Vendar es doch, wenn ihr bemuttert werdet, nicht wahr?“ „In der Tat!“, bestätigte Sianach laut und deutlich. „Aber hast du vielleicht auch Informationen über seine Herrin Tolea?“ „Die habe ich tatsächlich.“, sagte Zirell. „Aber es wäre nicht gut, wenn Diran die jetzt in seinem Zustand bekäme. Sie könnten ihn zu sehr aufregen und unter ganz dummen Umständen vielleicht bei ihm zu Handlungen führen, die vielleicht sogar dafür sorgen, dass er sich selbst in Gefahr bringt. Das will doch sicher keiner von uns verantworten.“ „Sicher nicht.“, sagte die Vendar. „Aber er hört uns ja jetzt nicht zu. Jetzt wäre also eine sehr gute Gelegenheit, es mir zu sagen.“ „Du hast Recht.“, sagte Zirell. „Aber du musst mir versprechen, dass du ihm wirklich nichts sagst!“ „Meine Lippen sind versiegelt, Zirell El Tindara.“, sagte Sianach. „Du weißt, wie gut ich darin bin, Geheimnisse zu bewahren.“ „Das weiß ich.“, entgegnete Zirell. „Und deshalb sage ich dir jetzt auch, dass Tolea sich zur Zeit auf der Basis unseres Freundes Commander Peter Time im Universum der Föderation der vereinten Planeten befindet und dort behandelt wird. Sie wollte sich das Leben nehmen, weil sie Diran in so eine Situation gebracht hat.“ „Du meinst die Sache mit dem Bann.“, versicherte sich die Vendar. Zirell nickte nur. „Aber wie habt ihr denn das Problem gelöst?“, fragte Sianach. „Das erzählt dir dein Mann am besten selbst.“, sagte Zirell. „Jedenfalls ist er den Bann los und wird nicht mehr zum Verräter wider Willen werden.“ „Darüber bin ich sehr froh, Zirell El Tindara.“, antwortete Sianach. Dann fragte sie: „Wann wird er eintreffen?“ „Ich denke in einigen Minuten.“, sagte Zirell und sah zu Joran hinüber, der ihr gegenüber bestätigte: „Dirans Schiff hat abgedockt, Anführerin!“ „Du siehst also, es wird nicht mehr lange dauern, Sianach.“, sagte Zirell mit tröstender Stimme. „Vielen Dank, Zirell El Tindara.“, sagte Sianach. „Ich werde hinaus zu unserem Raumflughafen gehen und ihn erwarten.“ Damit beendete sie das Gespräch.

Joran wandte sich seiner Kommandantin zu. „Auch wenn Diran es nicht wissen darf.“, sagte er. „So sollten wir uns doch zumindest über den Gesundheitszustand Toleas auf dem Laufenden halten. Wer weiß, wo zu das noch einmal wichtig sein kann.“ „Das werden wir auch.“, sagte Zirell. „Ishan steht in Kontakt mit Ketna, die Tolea behandelt. Er wird uns schon sagen, wenn es Neuigkeiten gibt.“ „Dann ist ja alles in Ordnung.“, sagte Joran beruhigt. „Ja, das ist es.“, bestätigte Zirell. „Da kannst du wirklich sicher sein.“ „Aus deinem Mund glaube ich das gern, Anführerin.“, sagte Joran, gab einen erleichterten Seufzer von sich und setzte sich entspannt hin.

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