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Diran war in seine Garnison in der Nähe von Toleas Behausung zurückgekehrt. Hier hatte er sich vom Mishar die Rufzeichen der befreundeten obersten Vendar von Dill, Logar und auch das Rufzeichen Seiner Frau auf New-Vendar-Prime in der Dimension der Tindaraner heraussuchen lassen und ihm befohlen, diese Rufzeichen auch gleich in eine Sammelverbindung einzufügen. Das hatte der Rechner auch getan und bald sah sich Diran den erwartungsvollen Gesichtern von Cryach, der Vertrauten von Dill, Iranach, der obersten Vendar Logars und dem von Sianach, seiner Frau, gegenüber. „Was ist der Grund, aus dem du mit uns sprechen willst?“, fragte Cryach.

„Hört mir gut zu!“, sagte Diran fest, nachdem er aufgestanden war und sich in eine Pose gestellt hatte, wie man sie im Allgemeinen nur großen Rednern zugestehen würde. „Meine Gebieterin Tolea hat eine Vision gehabt, in der sie das Ende der Welten vorausgesehen hat! Ich soll euch sagen, dass die Bewohner des Raum-Zeit-Kontinuums das wohl nicht allein verhindern können und werden. Sie werden unser aller Hilfe benötigen. Das bedeutet, dass ihr euren Herren, beziehungsweise euren Freunden sagen werdet, was ich euch gesagt habe. Wir werden alle zusammen planen müssen, was zu tun ist!“ „Hat Tolea genau gesagt, wer das verursachen wird?“, fragte Iranach. „Ich meine, es ist immer gut, seinen Feind zu kennen.“ „Das hat sie nicht konkretisiert.“, sagte Diran. „Sie hat nur gesagt, dass es etwas mit den Einhörnern zu tun hat. Mehr weiß ich im Moment auch noch nicht. Sie war nach der Vision sehr niedergeschlagen und meine Leute und ich haben erst einmal dafür gesorgt, dass sie sich hinlegt. Ich werde später noch einmal zu ihr gehen und versuchen, etwas Konkreteres zu erfahren. Dann werde ich euch hoffentlich auch sagen können, wer genau die Einhörner entzweit hat.“ „Die Einhörner sind Verwandte der Quellenwesen.“, stellte Cryach fest. „Sagtest du gerade, sie sind entzweit? Wenn das der Fall ist, dann wird es den Dimensionen bald sehr schlecht gehen. Am besten ist, du wartest ab, bis Tolea sich erholt hat und redest dann noch einmal mit ihr. Dann wissen wir sicher auch genauer Bescheid und können viel besser handeln.“ „Das denke ich ja auch.“, sagte Diran. „Aber es muss sich etwas sehr Schlimmes zugetragen haben. Tolea hat gegenüber mir das Bannwort verwendet. Ich muss jedem Vendar, dem ich begegne, dies offenbaren!“

Sianach stockte der Atem. Dass ihr Mann unter dem Bann stand, hatte sie sich schon gedacht. Sie hatte jenen Ausdruck in seinen Augen gesehen, den jeder Vendar hat, wenn ein Mächtiger ihn unter den Bann gestellt hat. Seit ihrer Zeit als Novizin wusste sie, wie das aussah. Da konnte ihr niemand etwas vormachen. Joran, der sie ausgebildet hatte, hatte immer sehr genau darauf geachtet, dass sie alles extrem exakt lernte und sich keine Fehler einschlichen, oder es gar Raum für Fehlinterpretationen gab. So hatte sie auch gelernt, sehr genau zuzuhören! Bei dem, was sie aber gehört hatte, war es ihr eiskalt den Rücken heruntergelaufen. Was hatte er gesagt? Er musste jeden Vendar informieren, dem er begegnete? Was wäre, wenn Sytania an dieser Sache schuld war und was war, wenn sie wusste, dass Tolea Diran unter den Bann gestellt hatte? Joran hatte ihr beigebracht, auf alle Eventualitäten gefasst zu sein. Zwar war er zu dem Zeitpunkt, als Sianach seine Novizin war, noch auf der Seite der Prinzessin gewesen, aber er wollte aus ihr eine gute Strategin und Kämpferin machen. Aufgrund ihrer Talente hätte er sie sogar als seine eigene Nachfolgerin in Betracht gezogen, wenn er nicht gegen die Prinzessin rebelliert hätte. Das hatte die Situation total verändert.

Sie wusste, dass Joran ihr zwar immer noch vertraute, denn sonst hätte er die Rebellen auf keinen Fall ihr unterstellt, um selbst frei für die Tindaraner arbeiten zu können. Auch das Liebste, das er hatte, seine kleine Tochter Tchiach, hätte er nach dem Tod seiner Frau Namach wohl kaum Sianach als Ziehkind anvertraut, würde er nicht glauben, dass sie mit diesen beiden Aufgaben hervorragend zurechtkäme.

Die kluge Vendar wusste, dass sie jetzt dringend handeln musste. Sie ahnte, dass Tolea einen Fehler gemacht hatte! Das würde sie Diran gegenüber zwar nicht sagen, weil sie wusste, dass dies keinen Einfluss auf sein Handeln haben würde, denn der Bann würde trotzdem dafür sorgen, dass er es jedem Vendar erzählen würde, dem er begegnete. Sianach würde sich aber an alle wenden, die Gegenmaßnahmen ergreifen könnten, Falls Diran einem Vendar von Sytania begegnen sollte. Wenn er gezwungen war, auch ihm oder ihr die Pläne und das Wissen über die Situation offenzulegen, dann könnte das gefährliche Konsequenzen nach sich ziehen! Dessen war sich die strategisch sehr gut geschulte Vendar-Kriegerin zu 100 % sicher!

Sianach richtete jetzt das Wort an ihren Ehemann: „Diran, ich muss leider unser Gespräch beenden. Mich halten leider andere Verpflichtungen ab.“ „Was können das für Verpflichtungen sein, Telshanach?“, fragte Diran. „Meiner Meinung nach kann es im Moment nichts Wichtigeres geben, als alle vor dem Ende der Welt zu warnen und gemeinsam zu planen, wie wir es verhindern können!“ „Das ziehe ich auch auf keinen Fall in Zweifel, mein Ehemann.“, versuchte Sianach, Diran zu beruhigen. Dabei hatte sie allerdings schwer zu kämpfen, dass sie selbst ruhig blieb. Zu beängstigend waren die Szenarien, die sich in ihrem Kopf abgespielt hatten.

„Im Augenblick.“, sagte sie schließlich. „Kann ich es nicht. Aber wenn ich von meinen Pflichten wieder entbunden bin, kann und werde ich erneut zu euch stoßen. Bitte vertrau mir, mein lieber Diran.“ „Also gut, Telshanach.“, sagte Diran, um sie zu beschwichtigen. Ihr ängstlicher Ton und ihr angespanntes Gesicht waren ihm nicht entgangen. Ihm war zwar nicht klar, warum sie sich so verhielt, denn der Bann ließ keinen Zweifel an seinem jetzigen Verhalten und schon gar keinen an dem Befehl seiner Herrin zu, aber er würde wohl jetzt nichts mehr aus ihr herausbekommen. Er hatte auch keine Zeit, dies weiterhin zu versuchen. Da waren ja auch noch die anderen in der Leitung und er befürchtete, sie könnten das Gespräch beenden, wenn er sich jetzt nur mit Sianach allein beschäftigte. Also blieb ihm nichts anderes übrig als zuzulassen, dass sie die Verbindung beendete.

Aufatmend hatte Sianach zur Kenntnis genommen, dass die Gesichter ihrer Gesprächspartner vom Schirm ihres Hausrechners verschwunden waren. Das war für sie das Signal, endlich mit dem Vorhaben zu beginnen, das sie schon angestrebt hatte, als sie Dirans Gesichtsausdruck gesehen hatte.

Sie drehte sich dem Mikrofon des Rechners zu und sagte mit leicht zitternder Stimme: „Mishar, eine Verbindung zu Basis 281 Alpha aufbauen!“ „Bitte warten.“, kam es sachlich und nüchtern von der männlichen Computerstimme des Rechners zurück. „Befehl wird ausgeführt.“

Sianach lehnte sich zurück und dachte nach. Die Situation war nicht gerade rosig, aber von Zirell und ihren Leuten hatte sie immer Hilfe erwarten können. Außerdem gab es auf der Basis ihren ehemaligen Ausbilder Joran und der würde genau einschätzen können, ob und in wie weit Sytania sich einmischen würde und könnte und in wie weit ihr dies einen Vorteil brächte. Davon, das wusste sie, würde alles Weitere abhängen. Aber Commander Zirell war da ja immer eine zuverlässige Alliierte gewesen. Wenn hier also noch jemand den Karren aus dem Dreck ziehen konnte, dann nur die Truppe um Zirell!

Eine kleine Gestalt hatte den Raum betreten. Sie hatte schwarzweißes Fell, da sie mit dem Fellwechsel noch nicht ganz fertig war. Reste ihres weißen Kinderfells waren immer noch zu sehen. Aber das war ja auch kein Wunder, wenn man bedachte, dass sie erst 13 Jahre alt und somit gerade erst im ersten Jahr ihrer Novizenzeit war. Sianach war ihre Lehrerin und Ziehmutter. Wusste also über diese Umstände genau Bescheid. Die Kleine maß ca. 1,64 m.

Tchiach trat jetzt an Sianachs Stuhl heran und tippte ihr auf die Schulter. Die in ihre Gedanken vertiefte Vendar erschrak und fuhr herum. Ihre Gesichtshaare stellten sich auf, ein Zeichen dafür, dass sie blass wurde. „Bitte verzeih mir, Ziehmutter.“, sagte Tchiach. „Ich wollte dich nicht erschrecken.“ „Ach, das ist doch nicht deine Schuld, Tchiach.“, sagte Sianach mild und lächelte der Novizin freundlich zu. „Ich bin nur gerade sehr in Gedanken.“ „Und warum bist du so in Gedanken?“, wollte die kleine Vendar wissen. „Das darf und werde ich dir noch nicht erklären, Tchiach!“, sagte Sianach fest. „Davon würdest du nur Albträume bekommen.“ „Aber ich werde doch auch einmal eine Vendar-Kriegerin sein.“, widersprach das Mädchen. „Dann muss ich doch wissen, was …“ „Sashnachi!“, unterbrach Sianach sie. Das ist Vendarisch und heißt so viel wie kleine Maulwürfin, was, da der Maulwurf für die Vendar ein heiliges Tier ist, ein sehr lieb gemeinter Kosename ist. „Du bist erst im ersten Jahr deiner Novizenzeit. Hab Geduld. Der Zeitpunkt wird kommen, an dem ich dich über alles informieren werde. Er wird kommen. Das versichere ich dir! Aber jetzt ist es eindeutig noch zu früh! Bitte geh jetzt und lass mich allein!“

Ein Signal hatte sie jäh unterbrochen und sie gezwungen, ihre Aufmerksamkeit wieder auf den Hausrechner zu lenken. Hier hatte sich etwas verändert. Auf dem Schirm war das Gesicht des Avatars der Station 281 Alpha zu sehen. Sianach war klar, was das bedeutete. Jetzt war es umso wichtiger, dass ihre Ziehtochter sie allein ließ. Das, was Tchiach sonst zu hören bekommen hätte, hätte sie bei weitem überfordert!

Auch das Kind hatte IDUSA gesehen. „Warum willst du mit den Tindaranern reden und mich nicht dabei haben, Ziehmutter?“, fragte sie. „Das habe ich dir doch schon gesagt.“, sagte Sianach. „Bitte, Tchiach, sei vernünftig und geh jetzt! Was ich mit den Tindaranern zu bereden habe, würde dich nur in Angst machen, für die du dich nachher bestimmt schämen würdest. Bei deinem kindlichen Gemüt wäre das zwar nicht schlimm, aber ich möchte nicht, dass du in so eine unangenehme Situation gerätst. Verstehst du, Sashnachi, ich will dich doch nur schützen! Du wirst noch früh genug über die Situation informiert werden, aber jetzt bist du noch zu jung.“ „Das heißt.“, sagte Tchiach, die ihrem Namen, der auf Deutsch die Kluge heißt, jetzt alle Ehre machte: Ich muss nur älter werden und dann wirst du mir alles erklären?“ „Genau das.“, sagte Sianach. „Das verspreche ich dir! Sieh es doch einfach, als würdest du auf ein Geschenk warten. Wenn es zum Beispiel um deinen Geburtstag geht, quengelst du ja auch nicht.“ „Nein, Ziehmutter.“, sagte Tchiach. „Weil ich sicher bin, dass er sowieso kommt und ich meine Geschenke dann bekomme.“ „Siehst du.“, sagte Sianach. „Und genauso ist es auch mit dieser Information. Du wirst sie bekommen, wenn du alt genug dafür bist. Aber da musst du dich gar nicht drum kümmern. Älter wirst du ja schließlich von ganz allein.“ „Ich verstehe, Ziehmutter.“, sagte Tchiach, wandte sich um und verließ den Raum wieder. Sie befahl dem Rechner sogar noch, die Tür zu schließen, was Sianach beruhigt zur Kenntnis nahm.

Aufatmend hatte sie sich jetzt der vom Rechner befehlsgemäß aufgebauten Verbindung zugewandt. Sie nahm das Mikrofon in die Hand, drückte den Sendeknopf und sagte: „Ich grüße dich, IDUSA. Wo ist Joran?“ „Joran ist leider im Augenblick indisponiert, Sianach.“, antwortete der Rechner der Basis 281 Alpha wahrheitsgemäß, denn ein körperliches Bedürfnis hatte den sehr pflichtbewussten Vendar gezwungen, seine Arbeit an der Kommunikationskonsole der Basis kurz zu unterbrechen und den Platz zu verlassen. Seine Aufgabe hatte er temporär dem Stationsrechner übertragen. Diese Tatsache erklärte aber auch, warum Diran ihn nicht erreicht hatte und Joran somit noch gar nichts von der Situation wissen konnte. Da Diran in Unkenntnis des Dienstplans von 281 Alpha nicht wissen konnte, wo Joran war, hatte er versucht, ihn in seinem Quartier zu erreichen, was natürlich nicht funktioniert hatte. Sein Rechner hatte ihn darauf zwar aufmerksam gemacht und ihm gesagt, dass die angeforderte Konferenzverbindung so nicht vollständig aufgebaut werden konnte, Diran aber hatte ihm aber nur darauf befohlen, diesen Umstand zu ignorieren und mit dem weiteren Aufbau der Verbindung fortzufahren.

Sianach hatte angespannt das Gesicht verzogen. „Wo sind Anführerin Zirell oder Maron El Demeta?“, fragte sie mit fast vor Nervosität kippender Stimme. „Die Schicht von Commander Zirell und Agent Maron beginnt erst in fünf Minuten, Sianach.“, sagte der Rechner, nachdem sie Zugriff auf die Datei mit den Dienstplänen genommen hatte. „Wenn Sie mit ihnen reden wollen, wäre es vielleicht besser, wenn Sie es dann noch einmal versuchen.“ „Oh nein!“, sagte Sianach hektisch. „Dann kann es schon zu spät sein! Wer weiß, was mein armer Ehemann bis dahin angerichtet hat, ohne es zu wollen!“ „Ihre Stimmfrequenzen und Ihr Gesichtsausdruck.“, erwiderte IDUSA. „Weichen extrem vom Normalzustand ab. Das bedeutet, Sie sind alarmiert. Da sich in 80 % der Fälle, in denen Sie alarmiert waren, herausgestellt hat, dass Ihre Angst berechtigt war, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass sie es auch in diesem Fall sein könnte. Ich werde mit den internen Sensoren der Station nach Commander Zirell und Agent Maron suchen.“

Das Bild auf dem Schirm veränderte sich. Sianach sah jetzt ein Modell der gesamten Station und eine kleinere Ausgabe von IDUSAs Avatar, die darin herumlief. Dann sah sie, wie sich Maron und der Avatar auf dem Korridor zur Kommandozentrale begegneten. Auch Commander Zirell hatte sie gefunden, allerdings noch in ihrem Quartier, das Sianach auch ausschnittweise gezeigt wurde.

Die Bilder rückten in den Hintergrund und dann war der Avatar wieder vollständig zu sehen. „Ich habe sie gefunden, Sianach.“, sagte sie beruhigend sachlich und nüchtern. „Es ist allerdings wahrscheinlicher, dass ich Sie eher mit Agent Maron, als mit Commander Zirell verbinden kann. Der Agent ist bereits viel näher an seinem Arbeitsplatz. Der Commander allerdings steht immer noch unter der Schalldusche.“ „So genau wollte ich es gar nicht wissen, IDUSA.“, sagte Sianach verschämt. „Nun ja.“, antwortete der Rechner. „Ich weiß ja, dass Sie schweigen können und dass diese Tatsache garantiert unter uns bleibt. Außerdem war es mein Bestreben, Sie ein wenig aufzuheitern. Ich hörte, dass biologische Wesen es zuweilen sehr amüsant finden, hochgestellte Persönlichkeiten in privaten Situationen vorzufinden.“ „Ach so.“, lachte die Vendar. „Dann entschuldige bitte, dass ich darauf nicht eingegangen bin. Aber ich habe im Moment wirklich andere Sorgen.“ „Verstehe.“, sagte IDUSA. „Aber Agent Maron betritt gerade den Raum. Ich werde Sie ankündigen und Sie dann so schnell wie möglich mit ihm verbinden.“ „Danke, IDUSA.“, sagte Sianach erleichtert und nahm erneut eine wartende Position ein.

Die Türen der Kommandozentrale waren vor dem Ersten Offizier von Basis 281 Alpha auseinandergeglitten und Maron hatte einige Schritte in den Raum getan. Dann war er zwischen den Konsolen kurz stehengeblieben und hatte sich umgesehen. Was er gesehen hatte, musste ihm sehr gefallen haben. Anders waren das breite Grinsen auf seinem Gesicht und seine Äußerung: „Ja! Geschafft!“, nicht zu erklären. Der Demetaner hatte sich nämlich geschworen, es irgendwann einmal hinzubekommen, vor allen anderen am Arbeitsplatz zu erscheinen. Sonst war er meistens zu spät oder gemeinsam mit Zirell eingetroffen. Dafür war er aber heute nicht etwa früher aufgestanden, nein! Er hatte den Ehrgeiz entwickelt, dieses Ziel in der gleichen Zeit wie sonst zu erreichen. Er wusste zwar, dass er sich dann sehr beeilen musste, das war aber eine Schwierigkeit, die er sehr wohl in Kauf nahm.

Zufrieden setzte sich der Agent an seine Arbeitskonsole und zog seinen Neurokoppler aus der Tasche, um ihn dann an einem Port, den IDUSA ihm bereits ausgeleuchtet hatte, anzuschließen. Sofort lud sie seine Reaktionstabelle, was dafür sorgte, das Maron des leicht aufgeregt wirkenden Gesichts des Avatars schnell ansichtig wurde. „IDUSA, Bericht!“, forderte der erste Offizier. „Die Nacht verlief weitgehend störungsfrei, Agent.“, sagte der Rechner. „Nur Technical Assistant O’Riley war kurz auf der Krankenstation wegen einer Magenverstimmung. Sie hatte wohl zu viele Pralinen genascht, wenn Sie mich fragen. Ishan hat sie aber schon wieder dienstfähig geschrieben. Aber heute Morgen ist wohl etwas auf New-Vendar-Prime geschehen. Ich habe nämlich eine sehr alarmierte Sianach für Sie in der Leitung.“

Maron war erschrocken. Er konnte sich denken, dass Sianach, wenn sie so verängstigt war, sicher keine guten Nachrichten für ihn hatte. Er fand das sehr schade. Der Tag hatte doch so schön angefangen. Aber er wusste auch, dass er auf seine eigenen Befindlichkeiten keine Rücksicht nehmen konnte, wenn er im Dienst war. Das Schicksal tat es ja auch nicht und es war, wer die Demetaner genauer kennt weiß das, ja auch schließlich seine oberste Göttin. Genauer war Mutter Schicksal, wie es von den Demetanern genannt wurde, ihre einzige Göttin.

Maron riss sich zusammen, nahm Haltung an und sagte dann, nachdem er sich zwei bis dreimal geräuspert hatte, „Stell sie zu mir durch.“ IDUSAs Avatar nickte und dann führte der Rechner seinen Befehl aus.

IDUSAs gleichmütiges Gesicht war vor Marons geistigem Auge nun dem sehr ängstlichen Sianachs gewichen. Der Demetaner ahnte, wie beschämend diese Situation für sie, eine ausgebildete Vendar-Kriegerin, sein musste. Er musste unbedingt einen Weg finden sie aufzufangen. Deshalb sagte er so fest er nur konnte: „Es ist alles in Ordnung, Sianach! Ich bin hier!“ „Gar nichts ist in Ordnung, Maron El Demeta!“, sagte Sianach sehr aufgeregt. „Wenn du nur wüsstest!“

Maron konnte ihre Nervosität sehr gut hören und sehen. Was die aufgestellten Gesichtshaare seiner Gesprächspartnerin bedeuteten, wusste er genau. Schließlich hatte er selbst schon oft mit einem von ihrem Volk zusammengearbeitet. Wenn Joran blass wurde, passierte ja schließlich das Gleiche. Ich verliere sie!, dachte Maron. IDUSA, hilf mir!

Der Rechner, für den Marons Gedanken wegen der Verbindung über den Neurokoppler ein offenes Buch waren, griff befehlsgemäß auf ein Programm für psychologische Beratung zu. Dann legte sie die Verbindung mit Sianach temporär in eine Warteschleife, um mit dem ersten Offizier, zumindest aus ihrer Sicht, allein zu sein. Danach gab sie Maron das Gefühl, ihr Avatar würde ihm etwas ins Ohr flüstern wollen und sagte: „Gehen Sie auf sie ein. Fragen Sie, was sie genau damit meint, ohne sie weiter zu beschwichtigen. Ich denke, dass Sie damit nicht sehr weit kommen werden, denn das Geschehen, über das sie Ihnen berichten möchte, ist wohl zu schlimm für sie.“ „Also kein: Ist schon gut, oder so etwas?“, fragte Maron zurück. Der Avatar des Stationsrechners schüttelte energisch den Kopf. „OK.“, sagte Maron. „Verstanden. Gib sie wieder her!“ IDUSA nickte und tat, was ihr Maron gerade befohlen hatte.

Erneut sah der Demetaner in das ängstliche und angespannte Gesicht seiner vendarischen Kameradin. Sie hatten ja schon oft genug Seite an Seite gegen Sytania gekämpft. Deshalb sah er sie als eine Solche an. „Was ist denn jetzt genau passiert, Sianach?“, fragte Maron. „Es geht um meinen Mann.“, sagte Sianach. „Ihr müsst ihn aufhalten, bevor er zum Veshan wider Willen wird.“ „Veshan heißt Verräter, nicht wahr?“, fragte Maron, um Verständnis zu signalisieren. „Aber warum sollte er das tun, Sianach?“ „Weil seine Gebieterin Tolea einen Fehler gemacht hat, als sie ihn unter den Bann stellte, jedem Vendar, dem er begegnet, berichten zu müssen, dass sie das Ende aller Welten gesehen hat und was wir gedenken, dagegen zu tun. Die Einhörner, Maron El Demeta! Sie sind entzweit!“ „Nein, Sianach!“, sagte Maron fest. „Diesen schnellen Themenwechsel mache ich nicht mit. Lass uns erst einmal bei einem Thema bleiben. Also. Tolea hat das Ende aller Welten gesehen, sagst du. Und dann hat sie Diran befohlen, jedem Vendar davon zu berichten?“ „Ja, Maron El Demeta.“, sagte Sianach mit sehr viel Schrecken in der Stimme. „Und du weißt vielleicht, dass ein Vendar, der unter dem Bann steht, wörtlich ausführen muss, was der Befehl, der ihm gegeben wurde, beinhaltet.“ „Das weiß ich“, sagte Maron. „Aber wenn Tolea so einen Befehl gibt, dann wird sie sich doch vorher bestimmt mental vergewissert haben, das kein feindlicher Spion von Sytania in der Nähe ist, der Diran abfangen könnte. Ich kann mir nämlich jetzt langsam vorstellen, wovor du Angst hast, Sianach.“ „Da bin ich mir nicht so sicher, Maron El Demeta.“, sagte die Vendar. „Was ist, wenn sie durch Sytanias Vendar mit Hilfe von Technologie ausspioniert wurde? Dann dürfte sie nichts Telepathisches gespürt haben und ich denke, dass sie aufgrund der Dinge, die sie gesehen hat, wohl ziemlich fertig gewesen ist. Ich denke, dass ihr deshalb auch dieser Fehler unterlaufen ist.“ „Hältst du wirklich für möglich, dass Sytanias Vendar davon wissen?“, fragte Maron beruhigend. „Ich halte für sehr unwahrscheinlich, dass ihre Vendar gerade jetzt das Raum-Zeit-Kontinuum ausspionieren, zumal sich Tolea und Kairon lange nicht mehr eingemischt haben. Ich glaube nicht, dass Sytania sie im Moment für eine solch starke Bedrohung hält. Also wird sie Diran auch keine Falle stellen. Vertrau mir, Sianach! Ich bin ausgebildeter Spionageoffizier. Ich kenne mich da aus!“ Dein Wort in den Ohren der Götter, Maron El Demeta.“, sagte Sianach skeptisch und beendete die Verbindung. Im Gegensatz zu dem demetanischen Agenten war sie nicht so zuversichtlich, dass alles in Ordnung war. Dafür kannte sie Sytania zu gut!

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