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Shimar und sein Schiff hatten die übliche Patrouille hinter sich gebracht. Ihr gemeinsamer Dienstplan hatte vorgesehen, dass sie im Universum der Föderation an deren Grenzen patrouillierten, um die Kräfte der Sternenflotte zu unterstützen. Seit der politischen Freundschaft zwischen der Föderation und Tindara war das durchaus üblich geworden. Auch in der tindaranischen Dimension waren zuweilen Sternenflottenschiffe zu sehen.

„Es gab keine besonderen Vorkommnisse, Shimar.“, hatte IDUSA ihrem Piloten gemeldet. „Denken Sie, wir können dem Oberkommando der Sternenflotte Entwarnung geben und dann wieder nach Hause fliegen?“ „Ich denke schon, IDUSA.“, erwiderte der junge Tindaraner. „Obwohl es mich sehr wundert, dass sich Sytania noch nicht wieder gerührt hat. Es sieht doch eigentlich sehr gut für sie aus und … Oh nein!“

Eine plötzliche telepathische Wahrnehmung hatte ihn zusammenfahren und diesen Ausruf tätigen lassen. Das Schiff, das ja durch den Neurokoppler auch sah, was sich in den Gedanken ihres Piloten abspielte, änderte sofort selbstständig den Kurs in die unbewusst von Shimar angegebene Richtung. „Sehr gut, IDUSA.“, sagte dieser und strich mit einem Finger über einige leere Ports. „Ich danke Ihnen, Shimar.“, sagte das tindaranische Schiff. „Obwohl ich mir nicht wirklich erklären kann, was Sie da gesehen haben. Seit wann gibt es Wesen, die aus Energie bestehen und wie Pferde mit Hörnern auf der Stirn aussehen? Und warum werden diese von Genesianern verfolgt?“ „Deine Datenbank müsste dir sagen, dass es im Dunklen Imperium die Einhörner gibt, IDUSA.“, sagte Shimar, um seinem Schiff eine Erklärung zu geben. „Das Einhorn wird sich in eine Energiewolke verwandelt haben, um im Universum überleben zu können.“ „Aber sind die Einhörner nicht unsterblich und unverwundbar?“, fragte IDUSA. „Die Unbill des Weltraums dürfte ihnen doch an sich nichts ausmachen können.“

Shimar begann angestrengt damit, sich noch einmal genau auf die geistige Prägung des Einhorns zu konzentrieren, die er wahrgenommen hatte. „Es war nicht ganz unsterblich.“, sagte er dann. „Es fühlte sich für mich an, als wäre es halb sterblich. Das sind Dinge, die dir entgehen müssen, Weil ich sie fühle und du ja nur die Bilder siehst. Du könntest zwar an meinen Werten einiges ablesen, aber ich habe mich nicht lang genug mit der Prägung beschäftigt, dass du Daten hättest sammeln können. Es war meine Schuld, IDUSA. Bitte entschuldige.“ „Schwamm drüber, Shimar.“, sagte das Schiff. „Aber das nächste Mal. Würden Sie dann bitte auf Ihr langsames Schiff Rücksicht nehmen?“ Ihr Avatar hatte ihn angegrinst. „Aber sicher doch.“, sagte Shimar. „Aber jetzt gib mir bitte erst einmal Zirell. Ich muss sie über unseren neuen Kurs und über die neuen Vorkommnisse informieren.“ „Wie sie wünschen.“, sagte das Schiff und baute die gewünschte Verbindung für ihn auf.

Zirell und Maron hatten in der Kommandozentrale bereits auf Shimar gewartet. „Ich finde merkwürdig, dass er noch nicht zurück ist, Zirell.“, sagte der Erste Offizier und sah auf die Zeitanzeige seines Sprechgerätes. „Es sieht ihm gar nicht ähnlich, einfach so zu spät zu kommen und sich nicht zu melden.“ „Das kann ich nur bestätigen.“, sagte Zirell, die Shimar ja bereits etwas länger kannte als Maron. „Aber wir werden schon herausbekommen, was der Grund dafür ist. IDUSA, verbinde mich mit …“ „Das muss ich gar nicht, Commander.“, sagte der Stationsrechner. „Wir werden bereits von Shimar selbst gerufen.“ „Dann stell ihn durch.“, sagte Zirell.

Auf dem virtuellen Schirm vor ihrem geistigen Auge erschien das sehr gut bekannte Bild des jungen tindaranischen Fliegers. „Ich bin in Eile, Zirell!“, sagte dieser Aufgeregt. „Ich kann leider nicht lange mit dir reden!“ „Was ist denn los?“, fragte Zirell. „Ich habe eine Art telepathischen Notruf erhalten.“, antwortete Shimar. „Offenbar wird das kleine Einhorn von Genesianern verfolgt!“ „Welches kleine Einhorn?“, fragte die Kommandantin. „Und warum Genesianer? Wo bist du? Bist du etwa im Dunklen Imperium? Warum bist du so sehr von deinem Kurs abgewichen, ohne mir das zu melden? Das ist sonst ja nie deine Art gewesen. Du bist eigentlich nicht nachlässig. Wenn du solche Dinge tust, Dann hast du immer deine Gründe.“ „Die habe ich auch dieses Mal, Zirell.“, sagte Shimar. „Ich werde dir einen schriftlichen Bericht zukommen lassen, sobald ich selbst mehr weiß. Nur so viel. Ich bin immer noch im Universum der Föderation, in das du mich geschickt hast. Das kleine Einhorn ist hier. Ich weiß nicht, was es hier tut. Aber das werden IDUSA und ich schon herausbekommen. Bitte verlass dich auf uns.“ Er beendete die Verbindung.

Ratlos hatte Zirell ihren Ersten Offizier angesehen. „Ich bin der Letzte, den du fragen solltest, Zirell.“, gab Maron zu. „Ich kann die Situation am allerwenigsten verstehen. Wir werden wohl auf Shimars Bericht warten müssen.“ „Das befürchte ich auch, Maron.“, gab die ältere Tindaranerin zurück.

Leandra und ihre Kriegerinnen waren dem kleinen Einhorn jetzt in ein Sonnensystem gefolgt. Hier hatten sie es eingekreist und den Kreis immer enger gezogen. Dann hatte Leandra selbst Den Phaser auf das Feuern mit Rosannium eingestellt. Langsam näherte sie sich jetzt mit ihrem Schiff ihrem Ziel.

Shimar und IDUSA war dies nicht verborgen geblieben. „Können Sie sich erklären, warum die Genesianer auf das Halbblut schießen wollen?“, fragte das Schiff, das ihrem Piloten alle Bilder durchgestellt hatte. „Ich dachte immer, Shashanas Leute schießen nicht auf Schwächere. Das ist doch unehrenhaft.“ „Ich kann mir denken, dass diese Situation einen mittleren Datenkonflikt bei dir auslöst, IDUSA.“, sagte Shimar, der sich sichtlich mühte, den Überblick über die Situation zu behalten. Dies fiel ihm nicht sehr leicht, denn er verstand sie teilweise selbst nicht. Er konnte sich aber denken, dass dies für sein Schiff, eine Maschine also, für die es in vielen Fällen nur an oder aus, also 0 oder 1 gab, noch schwieriger zu durchschauen war. In so einem Fall war IDUSA auf ihn als biologischen Piloten angewiesen, deshalb wusste er, dass er jetzt der Souveräne sein musste, der sie durch diese Situation führte. Wenn ihm das nicht gelang, würden beide einfach hilflos dem Treiben zusehen müssen, etwas, das sie auf keinen Fall wollten!

„Was liest du aus den Transpondersignalen der Genesianer?“, überlegte Shimar. „Aus denen lese ich gar nichts.“, sagte IDUSA. „Ich kann nämlich noch nicht einmal welche finden, die diese Schiffe identifizieren. Meiner Ansicht nach tut so etwas nur jemand, der etwas zu verbergen hat. Vielleicht handelt es sich um einen unehrenhaften Clan, der aus der Gesellschaft der Genesianer ausgestoßen worden ist. Solche Kriegerinnen gelten als vogelfrei und dürfen von jedem zur Strecke gebracht werden, der ihrer habhaft werden kann. Dann wären sie schön blöd, wenn sie sich dann noch als solche zu erkennen geben würden.“ „Da war doch was!“, sagte Shimar. „Aus den Daten, die wir mittlerweile haben, geht doch hervor, dass es da einen ausgestoßenen genesianischen Clan gibt, dem sich Valora als Göttin verkauft. Das Fohlen ist die Tochter von Invictus und Kipana, stellt also für Valora einen Schandfleck da. Ich halte für möglich, dass sie die Genesianer die Drecksarbeit für sich erledigen lassen will! Aber diese Suppe werden wir ihr gewaltig versalzen! Komm!“

Er gab ihr die nötigen Gedankenbefehle für einige Flugmanöver, die beide dann unterhalb der genesianischen Sensoren hindurch führte und sie dann direkt vor dem Bug des Führungsschiffes auftauchen ließ. Dann befahl er: „Schilde hoch, IDUSA! Wenn sie jetzt auf das Einhorn schießen will, muss sie erst an uns vorbei! Wenn sie versucht, sich wegzudrehen oder krumme Touren plant, passt du unseren Kurs einfach an!“ „Verstanden!“, sagte IDUSA. „Ich versuche inzwischen, das Einhorn zu beruhigen.“, sagte Shimar und begann damit, sich auf das Bild des Einhorns zu konzentrieren, um mit ihr telepathischen Kontakt aufzunehmen. Das gelang ihm auch, aber da es bisher nur die Pferdesprache gewohnt war, da es ja bei seiner sterblichen Mutter aufgewachsen war, verstand es seine Worte nicht und schwebte nur ängstlich in die Atmosphäre eines nahen Klasse-M-Planeten ein, wo es Dann landete und sich in seine ursprüngliche Gestalt zurückverwandelte.

„Verdammt!“, zischte Shimar. „Das ist gründlich in die Hose gegangen! Jetzt sitzt die Kleine in der Falle!“ „Vielleicht nicht.“, sagte IDUSA. „Wir müssen jetzt eben flexibel sein. Ich könnte Sie auf den Planeten beamen und dort könnten Sie sich mit dem Einhorn direkt beschäftigen. Ich würde mich dann um die Genesianer kümmern. Vorausgesetzt, Sie erteilen mir freie Hand und den Schutzbefehl. Sie wissen, dass mir dieser, im Gegensatz zum reinen Verteidigungsbefehl, auch erlaubt, eventuell von Kriegskonventionen abzuweichen. Ich denke, das könnte nötig werden bei diesen unehrenhaften Gegnern.“ „OK.“, sagte Shimar, dem selbst auch nichts anderes eingefallen war, nahm seine Tasche mit seiner Ausrüstung und stand vom Sitz auf. Den Neurokoppler hatte er bereits an sein Handsprechgerät angeschlossen. „Du hast freie Hand!“, befahl er in Richtung des Computermikrofons. „Beschütze das Einhorn! Und jetzt beam mich zu ihr!“ „Vielen Dank, Shimar.“, sagte IDUSA und führte seine Befehle aus.

Den Genesianerinnen war nicht entgangen, was an Bord des tindaranischen Schiffes geschehen war. Leandra und die ihr gebliebenen Kriegerinnen hatten gesehen, dass IDUSA ihren Piloten auf die Oberfläche gebeamt hatte.

Ishara, eine junge Kriegerin, die vorübergehend Lostris‘ Platz eingenommen hatte, wandte sich Leandra zu: „Was hat das zu bedeuten, Prätora? Warum beamt dieses Schiff ihn einfach so auf den Planeten. Dann ist doch niemand mehr da, der es fliegen kann. Wir werden leichtes Spiel mit ihm haben.“ Die Prätora wendete sich ihr mit einem ernsten Blick zu. Dann sagte sie zu der hoch gewachsenen jungen Frau mit schlanker Figur und flammend rotem Haar: „Da sehe ich ganz genau, dass du noch nicht viel von tindaranischen Schiffen weißt. Sie können auch ohne ihre Piloten agieren. Wir müssen auf der Hut sein. Er könnte ihr einen Befehl erteilt haben, der ihr auch ermöglicht, uns sehr stark zu gefährden.“

IDUSA hatte sich langsam den genesianischen Schiffen genähert und hatte nun SITCH-Kontakt mit Leandras Schiff aufgenommen. Das war ihr möglich, da dessen Transponder zwar nicht die Clanzugehörigkeit, wohl aber das Rufzeichen übermittelte. „Mein Name ist IDUSA.“, sagte sie. „Ich bin ein Aufklärungsschiff der tindaranischen Streitkräfte. Mich interessiert vor allem gerade brennend, warum Ihr auf ein kleines wehrloses Einhorn schießt, Prätora. Schickt sich so etwas etwa für eine genesianische Kriegerin?!“ „Diese Angelegenheit muss nicht deine Sorge sein, tindaranisches Schiff.“, sagte Leandra, die sich jetzt sehr wohl sehr stark ertappt fühlte. „Lass uns doch einfach in Ruhe, sammle deinen Piloten wieder ein und fliegt dann gemeinsam eurer Wege. Es muss dich doch nicht scheren, was wir für Probleme mit diesem Einhorn haben. Du kannst uns sowieso nichts anhaben, denn wir handeln im Auftrag der Wächterin von Gore. Wir stehen also unter göttlichem Schutz.“ „Interessant.“, sagte IDUSA, die genau gemerkt hatte, dass es hier einen Punkt zum Ansetzen für sie gab. „Aber seit wann erlaubt die Wächterin von Gore denn das Töten schwächerer? Ich an Eurer Stelle, Prätora, ich wäre mir da nicht so sicher, ob das nicht eher jemand ist, die sich als Wächterin von Gore ausgibt, um Euch ein X für ein U vorzumachen und dafür zu sorgen, dass Ihr für sie die Schmutzarbeit erledigt.“ „Wie erdreistest du dich, über unsere allerhöchste Göttin zu reden?!“, empörte sich Leandra und gab Ishara, die am Waffenpult saß, den Befehl zum Feuern. Da der Phaser aber auf das Schießen mit Rosannium eingestellt war und dieses im Allgemeinen Materie durchdringen kann, ohne sie zu zerstören, außer es handelt sich um das Gewebe von telepathischen Zentren, hatte ihr Schuss so gut wie keine Wirkung auf IDUSA, lieferte ihr aber eine sehr gute Steilvorlage für eigene Strategien.

Das tindaranische Schiff nahm die Schildemitter des genesianischen Schiffes ins Visier, zielte und feuerte auf sie. Dabei traf sie auch sämtliche Energieknoten, die für die Verteilung und die Versorgung mit Energie zuständig waren. Da das Rosannium jetzt auch ungehindert in die Hülle ihres Schiffes strömen konnte, fühlte sich Leandra plötzlich sehr schwach. „Was hast du getan?“, fragte sie mit schwacher Stimme in ihr Sprechgerät. „Oh ich habe nur Eure Schilde außer Gefecht gesetzt.“, sagte IDUSA ruhig, als sei es das Normalste der Welt. „Für Eure jetzige Situation seid Ihr selbst verantwortlich, Prätora leichtgläubig. Schließlich wart Ihr es, die mit Rosannium geschossen hat. Ich habe nur Eure Schilde lahmgelegt und jetzt schluckt Ihr Eure eigene Medizin. Jetzt ist es wohl aus mit Eurer Unsterblichkeit, wie ich sehe. Meine Scans sagen mir, dass Eure Kriegerinnen Euch wohl auch nicht beistehen, wie? Sie scheinen nicht zu verstehen, was hier passiert, denke ich. Sie scheinen von der Situation überrascht zu sein. Allerdings sollte auch Euch die Situation zu denken geben, in der Ihr jetzt seid. Würde Eure wahre Göttin denn so einfach auszutricksen sein? Könnte man, wenn sie einer von euch die Unsterblichkeit verliehen hätte, die denn so einfach mit Rosannium umgehen? Ich gebe Euch Zeit, darüber nachzudenken.“ Sie beendete die Verbindung.

Leandra wandte sich ihrer Kommunikationsoffizierin und Pilotin zu: „Verbinde mich mit den anderen. Wir müssen uns beraten!“ „Ich fürchte, das wird nicht möglich sein, Prätora.“, sagte die Kriegerin. „Sie sitzen stocksteif da und können vor lauter Angst keinen Finger rühren, oder sie sind längst abgeflogen. Das tindaranische Schiff muss sie mit dieser Vorführung sehr beeindruckt haben. Wir sind wohl auf uns allein gestellt.“

Leandra gab einen Fluch von sich. Dann sagte sie: „Dann gib mir noch einmal das tindaranische Schiff!“ Die Kriegerin nickte und führte ihren Befehl aus.

„Habt Ihr über meine Worte nachgedacht?“, fragte IDUSA. „Ja, das habe ich.“, sagte Leandra. „Und ich gehe davon aus, dass du vom Herrn der Zwischenwelt geschickt wurdest, um mich vom wahren Glauben abzubringen!“ „Faszinierend!“, lästerte IDUSA. „Ich unterwegs im Auftrag des Teufels. Das wollte ich immer schon mal tun! Und wisst Ihr was, Prätora, Ihr habt Recht, denn jetzt werde ich etwas wahrhaft Teuflisches tun, um Euch endlich wachzurütteln.“

Sie nahm die Lebenserhaltung des genesianischen Schiffes ins Visier. „Was tust du da?!“, fragte Leandra, der es langsam sehr mulmig wurde. Da das Rosannium im Weltraum in Verbindung mit den noch nicht wieder funktionsfähigen Schilden dafür gesorgt hatte, dass es aus war mit der ihr von Valora gegebenen Unsterblichkeit, ging ihr jetzt doch der Hintern ganz schön auf Grundeis. „Darfst du das denn überhaupt? Ich dachte, ihr kämpft auch ehrenhaft. Wenn du unsere Lebenserhaltung außer Gefecht setzt, dann werden wir jämmerlich ersticken. Ist dir das klar, tindaranisches Schiff?“ „Ja, das darf ich.“, sagte IDUSA nüchtern. „Mein Pilot hat mir freie Hand und den Schutzbefehl erteilt. Das bedeutet, ich darf alles tun, was es braucht, um das Einhorn vor Euch zu schützen, Prätora Leandra. Ich darf also auch von Konventionen abweichen. Aber Ihr solltet Euch schämen, das Wort Ehre überhaupt in den Mund zu nehmen. Davon besitzt Ihr nämlich auch keine! Gerade Ihr nicht! Und die Antwort auf Eure zweite Frage lautet auch ja. Mir ist klar, dass Ihr ersticken werdet. Deshalb mache ich das ja.“ „Selbst das wird mich nicht von meinem Glauben abbringen!“, sagte Leandra fest. „Ich freue mich schon darauf, nach Gore zu gelangen!“ „Na gut.“, sagte IDUSA. „Dann werde ich Euch nicht im Wege stehen. Wie sagt ein irdisches Sprichwort noch so schön? Reisende soll man nicht aufhalten. Ich kenne sogar eine Abkürzung für Euch.“ Damit feuerte sie.

IDUSAs Schuss hatte zur Folge, dass es einen solchen Kurzschluss in den Systemen gab, dass sogar die Reserven für die Lebenserhaltung betroffen waren. „Wir haben noch für etwa fünf Minuten Luft, Prätora.“, meldete Ishara. „Aber Sie hat uns zumindest den Antrieb gelassen. Wir sollten dieses Gebiet verlassen, um unsere Unverwundbarkeit wieder zu erlangen. Dann sollten wir das Schiff reparieren. Eine andere Möglichkeit haben wir nicht.“ „Also gut.“, sagte Leandra widerwillig, der es gar nicht gefallen wollte, so unfair geschlagen worden zu sein. Aber sie hatte ja tatsächlich keine andere Wahl.

Erneut wendete sie sich der jungen Frau an der SITCH-Konsole zu: „Signalisiere den anderen, dass wir abfliegen. Aber wir werden wiederkommen! Ganz bestimmt werden wir wiederkommen!“ „Ja, Prätora.“, nickte die Kriegerin und führte Leandras Befehl aus.

IDUSA hatte Shimar unweit der Stelle materialisiert, an der auch das Einhorn gelandet war. Allerdings hatte sie, um das Kleine nicht zu erschrecken, für genügend Abstand gesorgt. Jetzt ging der junge Tindaraner vorsichtig auf sie zu.

Das Einhorn hatte sich gleich nach der Landung hinlegen müssen. So schwach hatte es sich gefühlt. Jetzt schaute es Shimar aus verängstigten Augen an. Seine Pupillen waren so weit, dass der Tindaraner das Weiße in seinen Augen gut sehen konnte. Außerdem atmete es sehr schnell. Das waren klare Anzeichen für Angst, die er bei Pferdeartigen einigermaßen interpretieren konnte, seit er selbst angefangen hatte, das Reiten zu erlernen. Er spürte genau, auch ohne seine geistigen Fähigkeiten einzusetzen, dass es große Angst haben musste.

Er blieb zunächst in einiger Entfernung stehen, um dem Wesen nicht zu starken Stress zu bereiten. Er wusste, dass es am Liebsten geflohen wäre, dies aber nicht konnte. Das musste unheimliche Bedrängnis bei ihm auslösen und die wollte er nicht noch verstärken. „Ist ja gut.“, sagte er sehr ruhig. „Ich will dir nichts tun. Im Gegenteil. Ich bin hier, um dir zu helfen.“

Er machte einen weiteren Schritt auf das Einhorn zu, aber dieses empfand seine Annäherung wohl eher als bedrohlich. Jedenfalls versuchte sie verzweifelt aufzustehen, was ihr aber nicht gelang. Shimar dachte sich, dass sie sich wohl noch ein Bein brechen könnte, wenn sie so weiter machte und wenn er sich weiter näherte, dann würde das auch passieren. Selbst wenn es ihr gelingen würde aufzustehen, dann würde sie sicher über ihre eigenen Füße stolpern, so unkoordiniert wie sie jetzt war. Verdammt!, dachte er bei sich. Ich darf nicht näher gehen. Wenn ich das tue, dann gefährde ich sie nur. Was mache ich jetzt? Ich wünschte, du wärst hier, Kleines! Er machte wieder einige Schritte zurück.

Sein Sprechgerät riss ihn aus seinen Überlegungen. In dessen Display hatte er IDUSAs Rufzeichen ablesen können. „Was gibt es, IDUSA?“, fragte er. „Ich habe die Genesianer vertreiben können.“, sagte das Schiff. „Sie und das Einhorn sind außer Gefahr. Sie müssen sich aber beeilen, ihr zu helfen. Sie ist sehr unruhig laut ihren Werten und wird hyperventilieren, wenn nicht …“ „Das sagt sich so leicht, IDUSA.“, sagte der junge Tindaraner. „Ich kann mich ihr nicht nähern. Wenn ich das tue, dann mache ich alles nur noch schlimmer. Verbinde mich mit Ishan und gib ihm die Daten. Vielleicht kann er mir helfen. Vielleicht kann er mir sagen, was ich tun muss.“ „Die interdimensionalen Veränderungen haben jede SITCH-Verbindung sehr instabil werden lassen.“, sagte IDUSA. „Für eine Datenverbindung ist unsere Verbindung auch viel zu instabil. Wir sind auf uns allein gestellt. Aber ich werde zu Ihnen kommen und in Ihrer Nähe landen. Dann habe ich auch einen anderen Blick auf die Situation.“ „Also gut.“, sagte Shimar.

IDUSA machte einen weiteren Scan der Umgebung. Sie dachte sich, dass sie wohl nach etwas suchen musste, in dem sie das Einhorn transportieren konnten. Sie würden es sicher mitnehmen müssen, damit es behandelt werden konnte. Ihr eigener Frachtraum war dafür aber zu klein.

Endlich erspähten ihre Sensoren eine verlassene Rettungskapsel. Sie musste von den Genesianern zurückgelassen worden sein. „Du kommst mir gerade recht.“, sagte sie und erfasste die Kapsel mit dem Traktorstrahl. Dann zog sie diese an sich und replizierte einige Pfund Stroh, die sie per Transporter auf ihrem Boden auslegte, nachdem sie auf gleichem Wege die Sitze und Konsolen entfernt hatte. Dann flog sie in die Atmosphäre des Planeten ein und landete ganz in Shimars Nähe.

Ihr Antriebsgeräusch ließ das Einhorn erneut ängstlich zusammenzucken. „Ganz ruhig.“, sagte Shimar. „Das ist nur mein Schiff. Das tut dir nichts.“

 

 

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