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Wie Recht Zirell und Maron mit ihrem Gespräch über Sytanias Motivation hatten, sollte sich zur gleichen Zeit im Dunklen Imperium herausstellen. Die Königstochter und ihre Vertraute Cirnach, die ihren Mann Telzan immer noch vertrat, saßen vor dem Kontaktkelch und hatten sich das Geschehen angesehen. „Ach wie wunderschön, Cirnach!“, stellte Sytania fest und warf der Vendar einen seligen Blick zu. „Damit haben wir einen Widersacher weniger und die Tindaraner haben sich auch noch selbst ein Ei ins Nest gelegt.“ „Da wäre ich mir unter diesen Umständen noch nicht so sicher, Hoheit.“, sagte Cirnach. Dabei betonte sie das „Noch“ sehr stark. „Was meinst du damit?“, fragte Sytania. „Wir müssten dafür sorgen, dass sie Shimars Körper nicht mehr gebrauchen können. Erinnert Euch bitte, was Euch Allrounder Scotts Verbindungen das letzte Mal eingebracht haben. Wir dachten auch, ihr Tod sei endgültig, aber …“ „An diese schmachvolle Zeit brauchst du mich nicht zu erinnern!“, sagte Sytania wütend. „Aber sag mir. Du hast doch bestimmt schon eine Idee!“ „In der Tat, Milady.“, sagte Cirnach. „Ich habe da einen bestimmten Ferengi im Auge, der mit Sicherheit unseren Auftrag annehmen wird, wenn Ihr ihn nur fürstlich genug dafür bezahlt. Deshalb eignen sie sich ja so gut als Auftragsverbrecher, weil sie bei entsprechender Bezahlung keine Fragen stellen. Er hat außerdem sicher noch die Schlappe vom letzten Mal in Erinnerung und wird sicher auf Rache sinnen. Er soll sich den Körper holen, wenn er im Weltraum begraben wird und ihn von mir aus an das nächste Schiff der Cobali zu verscherbeln versuchen! Dass sie nichts damit anfangen können, muss ihn ja nicht interessieren. Hauptsache er kriegt sein Geld. Vielleicht trifft er ja sogar auf Cobali, die dumm genug sind, zu glauben, sie könnten Shimars Körper benutzen. Wie die sich dabei fühlen, wenn sie feststellen, dass es doch nicht geht, ist ihm und uns doch egal.“ „Ich weiß.“, sagte Sytania und grinste. Ihr Plan hatte ihr immer besser und besser gefallen.

„So machen wir es, Cirnach!“, Sagte Sytania und schlug sich auf die Schenkel. „Und ich glaube, ich kenne sogar den Namen des Ferengi, den du im Auge hast. Er lautet Gorg, nicht wahr?“ „Woher wisst Ihr, Milady.“, fragte Cirnach erstaunt. „Ihr habt Eure seherischen Kräfte nicht benutzt. Das hätte ich gespürt.“ „Du hast mir genug Hinweise gegeben, dass ich es auch so herausfinden konnte, meine Liebe.“, sagte Sytania. „Ich bin ja auch nicht dumm. Aber genauso werden wir es machen. Schicke am besten deinen Mann mit einer kräftigen Anzahlung von mir zu Gorg.“

Damit gab es einen schwarzen Blitz und vor den Frauen stand eine Schatztruhe aus braunem Eichenholz mit einem schweren eisernen Schloss, in dem ein reich verzierter Schlüssel steckte. Die Truhe war etwa fünf Meter lang, drei Meter breit und vier Meter hoch. Sie war mit Blöcken von in Gold gepresstem Latinum bis unter den Deckel angefüllt. „Sag deinem Mann, er soll sie auf sein Schiff beamen und dann abfliegen! Du wirst ja kaum selbst hinfliegen wollen. Du weißt ja, wie Ferengi zu Frauen stehen.“, befahl die Prinzessin und deutete auf die Truhe. „Ja, Hoheit.“, erwiderte Cirnach und verließ hastigen Schrittes den Raum.

Sedrin und ich waren ein Stück vorausgegangen. Jaden würde mit dem Gepäck nicht so schnell hinterherkommen, das wussten wir beide, aber er hatte es ja selbst angeboten. Mein Angebot, mein Gepäck selbst zu nehmen, hatte er ja ausgeschlagen. Ich musste zugeben, dass er Recht gehabt hatte. In der Schleuse zum Transportbereich war es mit zwei Personen schon sehr eng. Wenn dann auch noch zwei Koffer dabeistanden, dann konnte es wirklich schon kriminell werden. Da Sedrin mich aber weiterhin am Arm halten musste, oder besser ich mich bei ihr, würde es aber wohl notwendig werden, dass wir zu zweit in die Schleuse gingen.

Ich war plötzlich stehengeblieben und hatte mich an ihrem Arm festgekrallt. Dann hatte ich zu zittern begonnen. „Ruhig, ganz ruhig.“, sagte Sedrin souverän und vermittelte mir dabei den Eindruck, die Situation im Griff zu haben. Dass ich nicht in Ordnung war, war offensichtlich, aber dass ihre Ahnungen so weit gehen würden, wie sie eben gingen, ahnte ich dann doch nicht.

„Dort vorn ist eine Bank.“, sagte sie und zog mich zu dem öffentlichen Sitzmöbel. Hier setzten wir uns hin. Jaden, der es inzwischen geschafft hatte, zu uns aufzuschließen, rief sie nur zu: „Warte bitte, Jineron!“

Huxley stellte die Koffer ab und setzte sich zu uns. „Hat sie jetzt auch schon am helllichten Tag Anfälle, Jinya?“, wandte er sich seiner Frau zu. „Ich denke nicht.“, sagte Sedrin, die wohl in diesem Moment schmerzlich ihren Erfasser vermisste. Aber sie wollte sich ja auch an die Regeln halten, die Cupernica für unseren Kuraufenthalt festgelegt hatte. „Was hat sie dann?“, fragte Jaden erneut nach. „Sie.“, mischte ich mich ein. „Kann auch sehr gut für sich selbst sprechen. Shimar ist tot. Ich habe ihn gerade sterben sehen.“ Ich ließ niedergeschlagen den Kopf sinken. „Wieso haben Sie …?“, setzte der Amerikaner zu einer Frage an. „Die Schutzverbindung, Sir.“, erinnerte ich ihn. „Sie wissen doch, was passiert, wenn ein Tindaraner eine Beziehung mit jemandem eingeht. Aber mit seinem Tod ist auch die erloschen. Ich fühle mich gerade etwas allein und bin froh, dass ich Sie beide habe.“ „Ach du Scheiße!“, fluchte Jaden. „Hat das Konsequenzen für unseren Urlaub?“ „Das werde ich herausfinden.“, sagte Sedrin und stand auf. Dann zeigte sie nach links und sagte: „In dieser Straße ist ein öffentliches Sprechgerät. Von dort werde ich mit Cupernica reden und nachfragen. Bleib du bitte bei ihr und lenk sie ab!“ Damit deutete sie auf mich und dann schritt sie von dannen.

Hilflos saß er neben mir und starrte mich an. Jedenfalls hatte ich diesen Eindruck. „Wie soll ich denn …?“, fragte er schließlich halblaut. Er war nie gut in so etwas gewesen. Er war die Sorte Amerikaner, die immer noch alles gern mit dem Holzhammer löste. Sensibilität lag ihm nicht. Er war wohl eindeutig in der falschen Zeit geboren. Darin ähnelte er meiner Meinung nach sehr Captain Archer.

Ich war es schließlich, die das Gespräch auf ein unverfänglicheres Thema lenkte: „Heute ist doch der Tag der Neuwahl. Haben Sie schon Ihre Stimme abgegeben, Commander?“ „Ja, das habe ich, Allrounder.“, sagte er. Dann grinste er hörbar und fügte hinzu: „Meine Frau und ich haben es gemeinsam gemacht. In einer Ehe hat man ja schließlich keine Geheimnisse voreinander. Aber dabei is’ was ganz Komisches passiert. Der Computer hat gesagt, dass unsere Stimmen ungültig wären, wenn wir die Wahlformulare so abschicken würden, weil wir alle Kästchen angeklickt hätten. Er wollte wissen, ob wir es denn trotzdem tun wollten. Das war übrigens ihre Idee. Wir haben dann beide „ja“ gesagt.“ „Hm, komisch.“, grinste ich zurück. „Wissen Sie, Sir, das Gleiche ist mir heute Morgen auch passiert. Seltsam, nicht?“ Er gab einen Laut von sich und grinste dabei. Der Laut hatte mich an eine Figur aus einer bekannten Kinderserie erinnert, die das auch immer tat, wenn sie lachte. Sicher hatte Jaden das aufgegriffen und es so gemacht, damit ich in jedem Fall mitbekam, dass er lachte. „Ich wusste, wir verstehen uns.“, sagte er. „Nur war ich nie wirklich gut in Politik und hatte daher wohl nicht aufgepasst, als es darum ging, wie man auch auf legalem Weg eine Wahl boykottieren kann. Aber Sedrin weiß da ja Bescheid und Sie ja sowieso.“ Ich grinste ihn ebenfalls an. „Wenn das auch noch genug andere tun, dann hat sich das was mit der Bildung einer neuen Regierung.“, flüsterte ich ihm zu. Er führte meine rechte Hand auf seinen Hinterkopf und nickte.

Sedrin hatte das öffentliche Sprechgerät aufgesucht, die Tür der Kabine hinter sich vom Computer verschließen lassen und dann das Rufzeichen von Cupernicas Praxis aus dem Menü des Ärzteverzeichnisses von Little Föderation herausgesucht und bestätigt. Merken hatte sie es sich noch nie wirklich können.

Oxilon war derjenige, der dort das Gespräch entgegennahm. „Warum rufen Sie uns von einer öffentlichen Sprechstelle.“, fragte der verwunderte Talaxianer. „Weil wir gerade auf dem Weg in den Urlaub sind.“, antwortete die Agentin. Allerdings gibt es Komplikationen mit Allrounder Scott. Ich muss dringend Ihre Vorgesetzte Sprechen, Mr. Oxilon!“ „Sofort, Agent!“, sagte Oxilon und verband sie mit Cupernica.

„Was ist geschehen, Agent?“, fragte die Androidin, die von ihrem Assistenten lediglich darüber informiert worden war, dass die Angelegenheit wohl dringlicher Natur sein musste. „Es geht um den Zustand von Allrounder Scott.“, sagte Sedrin. „Ich denke, er hat sich verschlechtert. Jedenfalls wollte ich darüber mit Ihnen reden, bevor mein Mann oder ich etwas Falsches tun.“ „Sehr löblich.“, erwiderte Cupernica. „Aber ich kann die Situation erst dann wirklich beurteilen, wenn Sie mich ins Bild setzen. Also, Agent. Was ist geschehen?“ „Sie hat Shimar sterben sehen.“, sagte Sedrin. „Jedenfalls hat sie mir das so gesagt. Die Schutzverbindung zwischen ihnen ist damit auch erloschen. Sie fühlt sich gerade sehr einsam, sagt sie. Sie wird sicher Gelegenheit benötigen, um Shimar zu trauern. Dürfen wir unseren Weg in den Urlaub fortsetzen oder nicht?“

Es vergingen einige Sekunden, die Cupernica wohl genutzt hatte, um in ihrer Datenbank nach vergleichbaren Fällen zu suchen. Da so etwas aber vorher nie aufgetreten war, fand sie nichts. Sedrin wusste, was die Pause bedeutete und hatte sie geduldig abgewartet.

Cupernica hatte die Verbindung wieder aufgenommen. „Es tut mir leid, dass Sie warten mussten, Agent.“, sagte sie. „So schlimm war das nicht, Cupernica.“, sagte Sedrin. „Aber was hat Ihre Suche denn nun ergeben?“ „Leider hat sie gar nichts ergeben, Agent.“, sagte die Androidin. „So ein Fall ist in keiner Datenbank verzeichnet. Aber auch in Mr. O’Gradys Haus gibt es ein Sprechgerät für Gäste. Halten Sie mich am besten mit dessen Hilfe einmal täglich auf dem Laufenden! Seien Sie und Ihr Mann bitte auch für den Allrounder da, wenn sie ein erhöhtes Gesprächsbedürfnis entwickeln sollte! Welche Auswirkungen der Tod Shimars auf den eigentlichen Grund für die Kur haben wird, kann ich jetzt noch nicht beurteilen. Dazu benötige ich mehr Daten. Aber die werden Sie mir ja geben.“ „Sicher, Cupernica.“, sagte die demetanische Agentin.

Sie beendete die Verbindung und hängte das Mikrofon wieder ein, um dann zu ihrem Mann und mir zurückzukehren. „Was hat sie gesagt, Jinya.“, fragte Jaden. „Cupernica sagt, wir dürfen unseren Weg fortsetzen. Aber wir müssen Betsy engmaschig überwachen und den Scientist durch tägliche Berichte auf dem Laufenden halten. Das werde ich übernehmen.“ „Also gut.“, sagte Jaden, stand auf und wandte sich wieder den Koffern zu. Sedrin bot mir ihren angewinkelten Arm, auf den ich meine Hand legte, an und dann zogen wir weiter.

 

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